HACCP 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 3.2.4 Festlegung der kritischen Kontrollpunkte Nach der Gefahrenanalyse muss der Prozess der Entscheidungsfindung eingeleitet werden. Für alle Prozessschritte, für die die Risikoklasse 4 ermittelt wurde, wird ein Entscheidungsbaum zu Hilfe genommen. Im Codex Alimentarius existiert hierzu ein vier Fragen enthaltender Entscheidungsbaum, der nach Beantwortung dieser Fragen zur Entscheidung für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines kritischen Kontrollpunktes führt [6]. Nach jüngerer Literatur kann dieser Entscheidungsbaum auch auf drei Fragen vereinfacht werden, ohne dass dabei die Entscheidungsfindung erschwert wird (Abb. 3-4). Abb. 3-4 Entscheidungsbaum nach N. ROUTE [8] CCP = kritischer Kontrollpunkt 42 Etablierung des HACCP-Konzeptes Für das gewählte Beispielunternehmen wird der Wareneingang mit seiner mikrobiologischen Gefahr hinsichtlich des Vorhandenseins pathogener Mikroorganismen sowie eventuell vorhandener Stoffwechselprodukte dem Frage- und Antwortspiel unterworfen. Wird die Frage 1 mit „ja“ eingeschätzt, so antwortet der Baum mit dem Vorliegen eines CCPs. In dem zweiten Beispiel, dem Vorliegen von Metallteilen in der Rohware, wird bei der Annahmenkontrolle nicht die Gefahr reduziert oder eliminiert. Die Gefahr ist aber nach der Einschätzung des HACCP-Teams relevant und wird deshalb bei dem Abpacken durch einen Metalldetektor kontrolliert. Die Frage Nr. 3 des Entscheidungsbaums ist in diesem Fall für die Warenannahme mit „ja“ zu beantworten, somit liegt in diesem Prozessschritt kein CCP vor. Dies wird dann zwangsläufig im Abpackprozessschritt der Fall sein. Die Entscheidungsfindung wird dann, wie in Tab. 3-4 dargestellt, dokumentiert. Tab. 3-4 Dokumentation der Entscheidungsfindung Nr. Prozessschritt Relevante Gefahr Risikoklasse 1 Wareneingang Wachstum pathoge- 4 Rohstoff 1, 2 etc. ner Mikroorganismen, z. B. Salmonellen, Mykotoxine Antworten auf Fragenbaum Nr. 1 2 3.2.5 Fremdkörper 4 Nr. 2 CCP Nr. 3 ja nein ja ja ja nein Erstellung des HACCP-Plans Für alle festgestellten kritischen Kontrollpunkte ist nunmehr ein HACCP-Plan zu erstellen, in dem für jeden kritischen Punkt die kritischen Grenzen und ein Überwachungs- oder auch Monitoringverfahren festgeschrieben werden. Für den Fall, dass einmal die festgelegten kritischen Grenzwerte überschritten werden, müssen die einzuleitenden Korrekturmaßnahmen bereits im Vorfeld definiert werden. Schließlich ist die korrekte Einrichtung des HACCP-Plans regelmäßig und systematisch durch weitere Maßnahmen zu überprüfen, was auch als Verifizierung bezeichnet wird. Alle Überwachungsmaßnahmen und eventuell eingeleiteten Korrekturmaßnahmen sowie die vorgenommenen Verifizierungen sind zu dokumentieren. In der Abb. 3-5 ist für das Beispielunternehmen ein HACCP-Plan für die beiden kritischen Kontrollpunkte im Wareneingang und beim Abpacken beschrieben. 43 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 7 Rückstände, Kontaminanten und unerwünschte Inhaltsstoffe 7.1 Einleitung VOLKMAR HEINKE Vereinfacht gesagt sind Kontaminanten Verunreinigungen, die in oder auf Lebensmitteln vorkommen können. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird allerdings überwiegend der Begriff des Rückstandes verwendet. Dieser drückt aus, dass ein Stoff, wie z. B. ein Pflanzenschutzmittel, an irgendeiner Stelle der Erzeugung eingesetzt worden und zurückgeblieben ist, z. B. weil er sich noch nicht vollständig abgebaut hat. Bei Öko-Lebensmitteln werden jedoch (bis auf spezielle, naturnahere Ausnahmen wie z. B. ein wässriges Extrakt der Tabakpflanze oder Pyrethrine aus Chrysanthemen) keine Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Daher gibt es auch keine Rückstände, so dass es hier besser ist, von Kontaminanten zu sprechen. Gesetzlich definiert ist der Begriff Kontaminant in der Verordnung Nr. 315/93 des Rates der Europäischen Union [1]: „Als Kontaminant gilt jeder Stoff, der dem Lebensmittel nicht absichtlich hinzugefügt wird, jedoch als Rückstand der Gewinnung (einschließlich der Behandlungsmethoden in Ackerbau, Viehzucht und Veterinärmedizin), Fertigung, Verarbeitung, Zubereitung, Behandlung, Aufmachung, Verpackung, Beförderung oder Lagerung des betreffenden Lebensmittels oder infolge einer Verunreinigung durch die Umwelt im Lebensmittel vorhanden ist. Der Begriff umfasst nicht Überreste von Insekten, Tierhaare und anderen Fremdbesatz.“ Diese Definition umfasst also chemische Verbindungen und grenzt sich bewusst von Partikeln, wie z. B. Insektenteilen oder dergleichen, ab. Ein Kontaminant kann während aller Stufen, die ein Produkt von seinem Ursprung bis hin zum Verbraucher durchläuft, auf oder in ein Lebensmittel gelangen. Dies kann bewusst geschehen, wie z. B. beim Besprühen mit einem Pflanzenschutzmittel oder beim Begasen mit einem Lagerschutzmittel. Diese Möglichkeit fällt bei Öko-Produkten weg, mit Ausnahme der dort zulässigen, naturnahen Mittel. Eine Kontamination kann aber auch ungewollt passieren, was auf unterschiedliche Weise geschehen kann: Ein Pflanzenschutzmittel, das in der Nähe des betreffenden Feldes eingesetzt wird, kann mit dem Wind herüber auf das Feld mit der Öko-Kultur geweht werden (Abdrift). Es können aber auch mit der Bewässerung ungewünschte Stoffe auf die Pflanzen gebracht werden. Weiterhin kann der 117 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 118 möglicher Weise betroffenes Lebensmittel prinzipiell alle Lebensmittel Eier prinzipiell alle Lebensmittel, Lebensmittel, die mit natürlichen Aromen aromatisiert wurden verarbeitete Lebensmittel vor allem Kaffee, Kakao, Haselnüsse, Reis Nüsse, andere Schalenfrüchte und Produkte daraus, Kaffee, Getreide, Obstsäfte, Feigen und zahlreiche andere Lebensmittel Gemüse (insbes. Rote Beete, Salat, Spinat), eventuell Wurstwaren * keine speziellen Lebensmittel Kontaminanten Bestandteile von Verpackungen, z. B. Monomere Dioxine Lösungsmittel mechanische Kontaminanten Mineralöl Mykotoxine Nitrat 4-Nonylphenole Organo-Zinn-Verbindungen (OZV) Übersicht möglicher Kontaminanten (beispielhafte Auflistung) Kontakt der Lebensmittel mit Materialien, welche mit OZV behandelt worden sind Kontamination der Umwelt (unterschiedliche Wege) in Gemüse sind gewisse Gehalte natürlich, zu hohe Gehalte können durch unsachgemäße Düngung hervorgerufen werden Bedingungen, die Pilzwachstum fördern, vor allem Feuchtigkeit Verpacken der Lebensmittel mit Jute-Säcken, Wachspapier oder Karton, welche entsprechend behandelt worden sind defekte Verarbeitungsanlagen Lagerung von Lebensmitteln in Räumen mit Lösungsmitteldämpfen, Extraktionsmittel von Aromen Rauchgase bei Bränden mit polychlorierten Biphenylen oder mit Polyvinylchlorid Verpacken mit entsprechenden Materialien mögliche Ursache einer Kontamination 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 Tab. 7-1 Rückstände, Kontaminanten und unerwünschte Inhaltsstoffe