Nr. 2 Reibung Teil A

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KFUG, Inst. f. Experimentalphysik,
Nr. 2 Reibung
Laborübungen aus Experimentalphysik I
Teil A
Die verschiedenen Arten der Reibung sind für unterschiedliche Bewegungsvorgänge zu
bestimmen.
1.
Notwendiges Basiswissen
Einfache Bewegungsvorgänge; Newton´sche Gesetze, Kenntnis über Begriffe wie: Masse,
Kraft, Beschleunigung, Geschwindigkeit, Ort und Zeit; Haftreibung, Gleitreibung,
Rollreibung, laminare Strömung, Viskosität, Hagen-Poiseuille´sches Gesetz, Stokes´sche
Reibung, Reynolds´sche Zahl.
2.
Aufgabenstellungen
a) Bestimme die Haftreibung für verschiede Materialien (Aluminium auf Aluminium,
Teflon auf Aluminium, Stahl auf Aluminium, Kunststoff auf Aluminium).
b) Bestimme die Gleitreibung für verschiedene Materialien (Aluminium auf Aluminium,
Teflon auf Aluminium, Stahl auf Aluminium, Kunststoff auf Aluminium).
c) Bestimme die Viskosität einer zähen Flüssigkeit (Glycerin) mithilfe der
Kugelfallmethode mit Korrektur für den endlichen Durchmesser des Gefäßes.
d) Bestimme die Viskosität einer Flüssigkeit (Wasser) mithilfe des Hagen-Poiseuille´schen
Gesetzes (Ostwald-Viskosimeter).
e) Bestimme die Temperaturabhängigkeit der Viskosität und stelle diese in einem
Diagramm dar.
f) Bestimme die Reynolds´sche Zahl für die bewegte Kugel in einer zähen Flüssigkeit.
Trage diese in Abhängigkeit des Kugeldurchmessers auf.
Vorgangsweise
ad a) Die verschiedenen Probekörper (Klötze aus Alu, Stahl, Teflon, Kunststoff) sind
nacheinander in die V-förmige Schiene zu legen. Die Neigung der Schiene wird
solange erhöht, bis der Probekörper hinuntergleitet. Der Grenzwinkel α, bei dem
Bewegung des Probekörpers einsetzt, ist zu bestimmen. Aus diesem Winkel ist für
den Fall einer 90° V-förmigen Schiene (β = 45°) der Haftreibungskoeffizient für
diesen Probekörper zu bestimmen. Das Experiment ist an verschiedenen Stellen (ca.
30) der Schiene zu wiederholen und aus den verschiedenen Ergebnissen des
Haftreibungskoeffizienten Mittelwert und Standardabweichung zu bestimmen. Das
Experiment ist für die verschiedenen Materialien (Alu, Stahl, Teflon, Kunststoff)
durchzuführen.
ad b) Die verschiedenen Probekörper (Klötze aus Alu, Stahl, Teflon, Kunststoff) werden
in der V-förmigen Schiene, welche um den Winkel ϕ gegenüber der Horizontalen
geneigt ist, zum Rutschen gebracht. Die dafür benötigte Zeit wird elektronisch
erfasst. Für verschiedene Neigungswinkel ϕ ist der Gleitreibungskoeffizient zu
bestimmen und Mittelwert und Standardabweichung anzugeben. Das Experiment ist
für die verschiedenen Materialien (Alu, Stahl, Teflon, Kunststoff) durchzuführen.
ad c) Die konstante Geschwindigkeit einer fallenden Stahlkugel in einer zähen Flüssigkeit
ist zu bestimmen. Dazu wird die Zeit zwischen 2 Wegmarken mithilfe der
elektronischen Stoppuhr gemessen. Der Bereich konstanter Geschwindigkeit
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
1
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Laborübungen aus Experimentalphysik I
zwischen den Wegmarken wird dadurch erreicht, dass die Fallhöhe über der
Flüssigkeitsoberfläche entsprechend gewählt wird. Dies kann iterativ erfolgen: Nach
dem ersten Versuch wurde die konstante Geschwindigkeit mit v0 ermittelt; die
v2
benötigte 1. Abschätzung der Fallhöhe ergibt sich aus: s1 = 0 . Mit dieser Fallhöhe
2g
wird der nächste Versuch gestartet. Für den i-ten Versuch ergibt sich die Fallhöhe
v2
zu: si = i −1 . Nach wenigen Versuchen ist bereits die geeignete Fallhöhe bestimmt.
2g
(g = 9,81m/s2). Das Experiment ist mit Stahlkugeln mit verschiedenen Radien
durchzuführen. Für jeden Kugelradius sind aus ca. 10 Versuchen der Mittelwert der
2 r 2 (ρ K − ρ Fl )
r
Geschwindigkeit zu ermitteln. Trägt man
gegen
auf, so kann mit
9v r
R
lim
die Viskosität η bestimmt werden. Gleichzeitig erhält man die
r
R
→0
r
r
Korrekturfunktion f   , welche mit 1 + C linear approximiert werden kann.
R
R
ρK, Dichte der Kugel; wird durch Masse und Volumen bestimmt.
ρFl, Dichte der Flüssigkeit; wird mit Aräometer bestimmt oder aus Tabelle
(Glycerin) entnommen.
r, Radius der Kugel; wird aus Durchmesser, welcher mit Schiebelehre bestimmt
wird, ermittelt.
R, Radius des Gefäßes; wird aus Durchmesser, welcher mit Schiebelehre bestimmt
wird, ermittelt.
vr, Geschwindigkeit der Kugel mit Radius r; wird wie oben beschrieben gemessen.
Die Stahlkugeln können mit Hilfe eines Siebes, das an einem Schuber befestigt ist,
aus der Flüssigkeit entfernt werden. Bitte auf Sauberkeit des Arbeitsplatzes achten.
ad d)
ad e)
Im U-förmig gebogenen Rohr des Ostwald-Viskosimeters (Hagen-Poiseuille´sches
Gesetz) wird mithilfe einer Ballonpumpe eine Druckdifferenz erzeugt, welche die
Flüssigkeit (Wasser) in dem Schenkel des U-Rohres mit der kapillaren Verengung
über die Marke M1 steigen lässt. Nach Abnehmen der Ballonpumpe strömt die
Flüssigkeit (Wasser) mit konstanter Geschwindigkeit durch die verengte Röhre. Die
Geschwindigkeit des bekannten Volumens zwischen den Markierungen wird durch
Messen der Zeit, welche der Flüssigkeitsmeniskus von der Marke M1 zur Marke M2
benötigt, mit der elektronischen Stoppuhr bestimmt. Daraus wird die Viskosität
berechnet. Die Druckdifferenz wird aus dem Höhenunterschied der Wassersäulen
ermittelt, welche durch eine mittlere konstante Höhe genähert wird. Verwendung
findet das Viskosimeter mit der roten Markierung.
Mithilfe des Kugelfallviskosimeters nach Höppler wird die Viskosität unter
Berücksichtigung der Gerätekonstanten K bestimmt. Durch Spülen mit aufgeheiztem
Wasser wird die Temperatur erhöht. Die Messung ist im Bereich 20°C bis 70°C für
mindestens 10 verschiedene Temperaturen durchzuführen. In einem Diagramm ist
die Viskosität gegen die Temperatur aufzutragen. Dabei wird für diesen
Temperaturbereich von konstanter Dichte ausgegangen (Fehler kleiner als 0,5%).
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
2
KFUG, Inst. f. Experimentalphysik,
Laborübungen aus Experimentalphysik I
ad f)
Für die Stokes´sche Reibung (Aufgabe c) ist für die verschiedenen Kugelradien die
Reynolds´sche Zahl zu bestimmen und zu überprüfen, ob man sich noch im
Gültigkeitsbereich laminarer Strömung befindet.
3.
ad a)
Zur Auswertung notwendige Zusammenhänge
µH =
ad b)
sin ϕ −
µG =
2 + 2 cos 2 β sin α 1
≡
tan α
2 cos α
2
β = 45°
RH 1
=
FN 1
2s
g t2
cos ϕ
2 + 2 cos 2 β
≡
2
2s
g t2
2 cos ϕ
sin ϕ −
β = 45°
ad c)
ad d)
2r 2 (ρ K − ρ Fl )
r

r
r
FR = − 6 π η r v r f   = (ρ Fl − ρ K )VK g ,
= ηf   ≈ η 1 + C 
9v r
R

R
R
FR = − 8 π η l v = −
8ηl V
∆pA hρ Fl gA hρ Fl gr02π hρ Fl gr04 tπ
=
−
∆
pA
,
=
=
=
=
η
8πlv
8πlv
8πlv
8lV
r02 t
ad e)
η = K (ρ K − ρ Fl )t mit der Gerätekonstanten K aus dem Datenblatt
ad f)
Re =
rρ Fl v r
η
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
3
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Nr. 2 Reibung
4.
4.1.
Teil B
Beschreibung der Geräte
Geräteliste
1.
V-förmige Schiene aus Aluminium. Öffnungswinkel der beiden Schenkelflächen = 90°
(β=45°). 2 Endkontakte für elektronische Stoppuhr. Ständer für Höhenverstellung.
2.
Fallrohr mit Flüssigkeit (Glycerin), Messmarken und einem Sieb mit Schieber, Kugeln mit
verschiedenen Durchmessern und Dichte.
3.
Ostwald Viskosimeter (Hagen-Poiseuille).
4.
Kugelfallviskosimeter nach Höppler
5.
Schiebelehre, Maßband,
Haftreibungsbestimmung
Aräometer
und
verschiedene
Quader
für
Gleit-
und
6.
elektronische Stoppuhr
4.2.
Detailbeschreibungen
V-Schiene
Computer
Fallrohr
Ostwald
Viskosimeter
Stoppuhr
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
Kugelfall
Viskosimeter
4
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Laborübungen aus Experimentalphysik I
Ad 1) Die V-förmige Alu-Schiene wird mit dem entsprechenden Kabel für die Endkontakte
mit der elektronischen Stoppuhr verbunden. Durch Veränderung der Höhe am Ständer kann
der Winkel der Schiene verändert werden. Die Höhe der Lagerung der Schiene am Ständer
entspricht der Ablesung des Maßstabes an der unteren Kante des Aluminiumblockes plus 2mm
(mit Maßband überprüfen!). Da die Schiene vom Lager bis zur Auflage auf der Tischfläche
120cm lang ist ergibt sich der Winkel α = arcsin h[cm ]
.
120
Ad 2)
Schieber
mit Sieb
Marke
Marke
Kugeln
Ad 3)
Marke1
Marke2
Werte: mittlere Höhe: h = h1 + h2 = 11,5cm
2
Kapillare: l = 100mm, r = 0,35mm(rot)/0,20mm(blau)
Volumen zwischen den Marken: V = 0,5ml
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
5
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Laborübungen aus Experimentalphysik I
Ad 4)
Heizung mit
Thermostat
und Pumpe
Fallrohr
Heizflüssigkeit
Werte des Gerätes:
Kugel Dichte Durch- Konstante K
messer  mPa ⋅ s ⋅ cm 3 
ρK

[g/cm3] [mm] 
g⋅s

Messbereich
für η
[Pa s]
1
2,2
15,81 0,00673
0,2 – 2,5
2
2,2
15,66 0,0519
2,0 – 20
3
4
8,1
8,1
15,62 0,0757
15,25 0,528
15 – 200
100 – 1200
5
6
7,7
7,7
14,29 4,51
11,11 33,2
800–10000
6000 –
75000
Bei diesem Kugelfallviskosimeter ist der Fallzylinder
um 10° gegenüber der Senkrechten geneigt. Dadurch
rollt die Kugel auf der Innenseite des Zylinders und hat
daher eine definierte Drehrichtung. Der Messkolben des
Gerätes kann um 180° geschwenkt werden (Rücklauf
der Kugel) und rastet in diesen Stellungen ein. Durch
eine angebrachte Libelle kann das Gerät waagrecht
einjustiert werden (Kalibrierung!). Die Temperatur
kann am Thermostaten eingestellt werden. Nach einiger
Die Kalibrierung des Gerätes ist für waagrechte Zeit wird Temperaturgleichgewicht erreicht (erkennbar
Aufstellung mit Heizflüssigkeitsanschluss unten. am Ein- und Ausschalten der Heizung) und die
Derzeit ist Kugel Nr. 4 eingesetzt. Die Fallzeit wird Temperatur des Wasserbades kann abgelesen werden.
zwischen Marke A und B bestimmt.
Zur besseren Durchmischung und Temperaturverteilung
vor eigentlicher Messung einen Probelauf durchführen.
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
6
KFUG, Inst. f. Experimentalphysik,
Laborübungen aus Experimentalphysik I
Ad 5)
Ad 6)
Durch Drücken der Mode-Taste wird der Clock-modus aktiviert. Durch die Reset-Taste wird
die Stoppuhr auf Null gestellt. Durch drücken der Start Taste wird Zeitnehmung ausgelöst,
nochmaliges Drücken unterbricht, bei jedem weiteren Drücken wird abwechselnd gestartet und
gestoppt. Erst mit Reset wird Stoppuhr auf Null gesetzt. Durch Anschließen des Kabels an die
Remote-Buchse, kann Start und Stop von externen Schaltern übernommen werden. Reset wird
nach wie vor durch die Reset-Taste vorgenommen.
5.
Besondere Hinweise zum Umgang mit dem Gerät, Sicherheitshinweise
Unbedingt den Arbeitsplatz sauber halten! Die dazu vorhandene Küchenrolle verwenden.
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
7
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Laborübungen aus Experimentalphysik I
Nr. 2 Reibung
6.
Teil C
Literatur
• Siehe z.B. Bergmann-Schäfer Bd1.
7.
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Kontrollfragen
Wie erfolgt die idealisierte Bewegung ohne Reibung?
Welche Reibung ist geschwindigkeitsunabhängig?
Welche Reibung ist abhängig von der Geschwindigkeit?
Wodurch entsteht Reibung?
Was ist der Unterschied zwischen Haft- und Gleit-Reibung?
Warum ist Gleitreibung meist kleiner als die Haftreibung?
Warum driften Ralley-Fahrer durch die Kurven und nicht Formel 1 Piloten?
Was ist die Einheit der Viskosität?
Was ist das Besondere der laminaren Strömung?
Was ist die Reynolds´sche Zahl und was bedeutet sie?
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
8
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Laborübungen aus Experimentalphysik I
8. Grundlagen
8.1 Einfache Bewegungen
Die Bewegungen von Körpern entstehen durch das Zusammenspiel von folgenden
r
r
physikalischen Größen: Kräften ( F ), Massen (M), Ort ( x )und Zeit (t). Weitere Größen wie
r
r
r
r
∂x
zum Beispiel der Impuls ( p = M
= Mx& = Mv ) oder der Energieinhalt (potentielle und
∂t
kinetische) können daraus abgeleitet werden. Die physikalischen Gesetzmäßigkeiten, die nun
zwischen diesen Größen wirken, wurden von Newton durch Beobachtung herausgefunden.
Insbesondere ist dabei die Kraft als die Änderung des Bewegungszustandes einer Masse
erkannt worden. Die Newton'schen Axiome lauten:
1. Jeder Massepunkt verharrt im Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen Bewegung auf
geradliniger Bahn solange keine Kräfte auf ihn einwirken.
r
2. Definition der Kraft: Kraft ist die Ursache einer Impulsänderung (Beschleunigung ( b )).
3. actio = reactio: Jede Kraft erzeugt eine gleich große Gegenkraft.
Diese mit Worten definierten Gesetze lassen sich etwas kompakter mathematisch
formulieren. Die beiden ersten Gesetze ergeben die bekannte Beziehung:
r
r
r
r ∂pr r
r
r
r
∂2 x
∂x
&
&
&
F=
= p = Mb + Mv = M 2 + M
= M&x& + M& x& .
∂t
∂t
∂t
Dabei wurde gleich von der Vektorschreibweise Gebrauch gemacht. Bei konstanter Masse
trägt nur mehr der Term mit der Beschleunigung bei.
r
r
Das 3. Newton'sche Axiom, dass es zu jeder Kraft auch eine Gegenkraft gibt, also Fi = − F j ,
führt zur wichtigen Beziehung, dass bei Berücksichtigung sämtlicher Kräfte offenbar gilt:
r
∑F
i
= 0.
i
Solche Systeme, wo es keine mehr nach außen gerichteten Kräfte gibt, nennt man
abgeschlossene Systeme. Diese beiden mathematischen Ausdrücke bilden die Grundlagen für
die Behandlung sämtlicher Bewegungsprobleme. Wählen wir als einfachen Fall eine
konstante Masse M auf die eine zeitlich und örtlich konstante Kraft F in Richtung x wirken
soll. Da hier ein streng eindimensionales Problem vorliegt, können wir auf die
r
Vektorschreibweise verzichten. Aus ∑ Fi = 0 folgt, dass es eine gleich große Gegenkraft
i
r
r
geben muss. Dies ist die sogenannte Trägheitskraft, welche nach F = M&x& für die Änderung
des Bewegungszustandes verantwortlich ist. Wir erhalten direkt die Bewegungsgleichung:
F − M&x& = 0 .
Durch Lösen dieser Differentialgleichung erhalten wir sämtliche Zusammenhänge zwischen
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
9
KFUG, Inst. f. Experimentalphysik,
Laborübungen aus Experimentalphysik I
Weg, Zeit, Geschwindigkeit und Beschleunigung:
b = &x& =
F
= const.
M
bzw. durch Integrieren:
t
t
t0
t0
v (t ) = x& = ∫ &x&dt = ∫
F
F
(t − t0 ) + v0 .
dt =
M
M
Besonderer Augenmerk ist hier auf die Integrationsgrenzen und die Integrationskonstante zu
legen, da diese die entsprechenden Randbedingungen festlegen. In unserem Fall wurde ganz
allgemein als Randbedingung festgelegt, dass zur Zeit t0 die Geschwindigkeit v0 vorliegen
soll. Durch weiteres Integrieren erhält man:
t
t
F
F

(t − t0 )2 − F t0 (t − t0 ) + v0 (t − t0 ) .
s (t ) = s0 + ∫ v (t )dt = s0 + ∫  (t − t0 ) + v0 dt = s0 +
2M
M
M

t0
t0 
Im besonderen Fall der Randbedingungen, dass t0=0, s0=0 und v0=0 sind, erhalten wir die
bekannte Gesetzmäßigkeit der gleichförmig beschleunigten Bewegung:
s (t ) =
F 2 1 2
t = bt .
2M
2
Bis jetzt wurden nur die Abhängigkeiten gegenüber der Zeit angegeben. Von allen anderen
möglichen Beziehungen soll lediglich noch die Frage geklärt werden, welche
Geschwindigkeit liegt an welchem Ort vor. Dies erhält man durch Elimination der Zeit,
welche durch den Weg ausgedrückt werden kann. Wir gehen von den einfachen
Randbedingungen aus und erhalten:
v( s) =
F
F
t=
M
M
2 Ms
=
F
2 Fs
= 2bs .
M
Nachteil der hier verwendeten Methode, aus den Kräftegleichungen zu
Bewegungsgleichungen zu kommen, ist, dass in komplexeren Systemen nicht immer alle
Kräfte leicht zu erkennen sind und dadurch leicht Fehler entstehen. Deswegen wurden
weitere Verfahren entwickelt, welche von der kinetischen und potentiellen Energie eines
Systems ausgehen, welche oft einfacher zu erkennen sind. Der Vollständigkeit halber sollen
sie hier kurz angeführt werden.
Das Lagrange Verfahren:
Aus der kinetischen Gesamtenergie eines Systems T und der gesamten potentiellen Energie V
r r
wird die Lagrange-Funktion L( x , x& ) = T − V gebildet, welche als Variablen den
generalisierten Ort und seine zeitliche Ableitung beinhaltet. Die Bewegungsgleichungen
∂ ∂L ∂L
erhält man dann nach folgender Vorschrift:
−
= 0.
∂t ∂x& ∂x
In unserem vorigen Beispiel der einfachen gleichförmigen Beschleunigung lautet die
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
10
KFUG, Inst. f. Experimentalphysik,
Lagrange-Funktion: L( x, x& ) =
M&x& − F = 0 .
1
Mx& 2 + Fx
2
Laborübungen aus Experimentalphysik I
und
man
erhält
als
Bewegungsgleichung:
Hamilton Formulismus:
Hier geht man von der Gesamtenergie eines Systems aus, welche durch generalisierten Ort
r r
und Impuls in Form der Hamiltonfunktion H ( x , p ) = T + V angegeben wird. Die
r
∂H
Bewegungsgleichung erhält man dann nach folgender Vorschrift: p& = − r zusammen mit
∂x
r ∂H
x& = r .
∂p
In unserem vorigen Beispiel der einfachen gleichförmigen Beschleunigung lautet die
1
p2
Hamilton-Funktion: H ( x, p ) = Mx& 2 − Fx =
− Fx . Als Bewegungsgleichungen erhält
2
2M
p
. Daraus erhält man wiederum die bereits bekannte
man: p& = F und x& =
M
Bewegungsgleichung als Differentialgleichung 2. Ordnung in x: M&x& = F . Dieser
Formalismus leitet bereits zur quantenmechanischen Behandlung über.
8.2 Schiefe Ebene
Der einfache Fall der gleichförmig beschleunigten Bewegung kann am ehesten beim freien
Fall oder, allgemeiner, auf einer schiefen Ebene realisiert werden. Der in der Abbildung
dargestellte Körper mit Masse M sollte dabei reibungsfrei (keine Tangentialkräfte an der
Auflagefläche des Körpers) entlang der schiefen Ebene hinuntergleiten. Diese Richtung wird
als x-Richtung angenommen. In diese Richtung wirkt jedoch nicht die volle Gewichtskraft
G = Mg (M Masse des Körpers, g Erdbeschleunigung), sondern nur ein Teil davon, welcher
aus der Komponentenzerlegung in die Kraft FN normal zur schiefen Ebene und die Kraft FP
parallel dazu gewonnen wird. Man erhält: FN = Mg cos α und FP = Mg sin α .
Die senkrecht zur Ebene wirkende Kraft FN wird durch eine gleich große Kraft FU
kompensiert, welche die Unterstützung der Last durch die Ebene darstellt. Nur die
Parallelkomponente FP ist mit einer Bewegung verbunden und wird durch eine
entsprechende Trägheitskraft kompensiert. Analog zu vorigem Beispiel erhalten wir die
Bewegungsgleichung:
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
11
KFUG, Inst. f. Experimentalphysik,
Laborübungen aus Experimentalphysik I
M&x& = Fp = Mg sin α .
Mit den einfachen Randbedingungen t0=0, s0=0 und v0=0 erhalten wir die entsprechenden
Beziehungen:
b = &x& =
F
= g sin α .
M
Die auftretende Beschleunigung ist somit durch den Faktor sin α geschwächt. Für die
Geschwindigkeit erhält man:
t
v (t ) = x& = ∫ &x&dt =
0
F
t = gt sin α .
M
Für die Messung am einfachsten zugänglich ist die Bestimmung der Zeit, die für eine
bestimmte Wegstrecke gebraucht wird. Man erhält:
s (t ) =
F 2 1 2
t = t g sin α .
2M
2
Daraus kann bei bekanntem Winkel der schiefen Ebene die Erdbeschleunigung bestimmt
werden.
Entlang des Weges wird die jeweilige Differenz an potentieller Energie in kinetische Energie
umgesetzt. Ist die Bewegung nicht reibungsfrei, so ist die wirksame Kraft um die
Reibungskraft vermindert und die auftretende Beschleunigung kleiner (siehe Abschnitt IV).
Allerdings ist es recht aufwendig in dieser Anordnung eine fast reibungsfreie Bewegung zu
realisieren. Dies würde z.B. den Einsatz einer Luftkissenanordnung erfordern. Viel leichter
läßt sich fast reibungslose Fortbewegung durch das Rollen einer Kugel erreichen.
Das ideale Verhalten von Bewegungsvorgängen wird in der Praxis kaum beobachtbar sein.
Grund dafür ist, dass insbesondere immer auch Kräfte beobachtet werden, welche die
Relativgeschwindigkeit eines Körpers gegenüber seiner unmittelbaren Umgebung reduzieren
wollen. Diese Kräfte werden Reibungskräfte genannt. Zunächst sollen die bei einem
Bewegungsvorgang auftretenden Kräfte etwas näher untersucht werden.
8.3 Haft- Gleit- und Rollreibung
Im weiteren sollen einige einfache Beispiele von Reibungsarten besprochen werden.
Bewegen sich zwei einander berührende Körper gegeneinander, so üben sie aufeinander eine
Reibungskraft aus. Die Haftreibung ist gleich groß und entgegengesetzt gerichtet jener Kraft,
die erforderlich ist, die beiden Körper gegeneinander in Bewegung zu setzen. Die
Gleitreibung ist gleich groß und entgegengesetzt gerichtet der Kraft, die erforderlich ist, die
Körper mit konstanter Geschwindigkeit gegeneinander zu bewegen. Ein spezieller Fall ist
das Abrollen eines Körpers auf einem anderen, wo die Berührungspunkte zueinander keine
Geschwindigkeitsdifferenz haben. Die dabei doch geringe Rollreibung wird etwas später
besprochen. All diese Reibungsarten werden als unabhängig von der Geschwindigkeit
behandelt, solange der Geschwindigkeitsunterschied genügend gering ist. Auch wird bei
diesen Reibungen davon ausgegangen, dass die auftretende Reibungskraft nur in einem
linearen Zusammenhang mit der Belastung (Kraft normal auf die Berührungsfläche) steht
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
12
KFUG, Inst. f. Experimentalphysik,
Laborübungen aus Experimentalphysik I
und keine weiteren Größen (z.B. Größe der Berührungsfläche) zunächst eingehen.
Für die Haftreibung RH definiert sich der dimensionslose Haftreibungskoeffizient µH als
Proportionalfaktor zur Normalkomponente FN der Kraft, die beide Körper aneinander
drückt:
R H = µ H FN .
Er hängt von der Art und Oberflächenbeschaffenheit der beiden Körper ab. Zur Bestimmung
dieses Koeffizienten kann ein Körper auf eine schiefe Ebene gelegt und der Neigungswinkel
der Ebene solange vergrößert werden, bis der Körper bei einem bestimmten Winkel α zu
gleiten beginnt. Die Kraftkomponente normal zur schiefen Ebene ergibt sich dann aus der
Gewichtskraft und dem Winkel α:
FN = M g cos α
wobei M die Masse des Körpers und g die Erdbeschleunigung sind.
Die Haftreibung ist entgegengesetzt gleich der Gewichtskomponente parallel zur schiefen
Ebene:
RH = M g sin α
Für den Haftreibungskoeffizienten ergibt sich somit
µH =
RH
sin α
=
= tan α
cos α
FN
Hat sich der Körper einmal in Bewegung gesetzt, gleitet er beschleunigt die um den Winkel
ϕ geneigte Ebene nach unten. Dabei tritt Gleitreibung auf. Die Gleitreibung RG ist für die
Reibung zwischen festen Körpern annähernd unabhängig von der Relativgeschwindigkeit
und proportional zur Normalkomponente der Kraft:
RG = µ G FN .
Darin ist µG der Gleitreibungskoeffizient. Es gilt meistens µG< µH.
Der Körper bewegt sich beschleunigt. Die beschleunigende Kraft F ist die Differenz aus der
Parallelkomponente der Gewichtskraft und der Gleitreibung:
F = M g sin ϕ − RG = M g sin ϕ − µ G M g cos ϕ
Der Gleitreibungskoeffizient kann daher durch Messung der wirksamen Beschleunigung
b = F / M = g (sin ϕ − µ G cos ϕ ) ermittelt werden:
(sin ϕ −
µG =
cos ϕ
b
)
g
.
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
13
KFUG, Inst. f. Experimentalphysik,
Laborübungen aus Experimentalphysik I
2s
kann aus gemessenen Werten für
t2
den Weg s und die benötigte Zeit t beim Neigungswinkel ϕ erfolgen. Daraus ergibt sich für
den Gleitreibungskoeffizienten:
Die Bestimmung der wirksamen Beschleunigung b =
sin ϕ −
µG =
2s
gt2
cos ϕ
.
Wird der Versuch in einer V-förmigen Schiene durchgeführt muss berücksichtigt werden,
dass der Körper auf 2 Flächen aufliegt. Wir bezeichnen den Winkel der Flanken gegenüber
der Horizontalen mit β. Es teilt sich die Normalkomponente der Kraft auf die beiden Flächen
zu gleichen Teilen (symmetrisches Profil) auf und man erhält:
FN
.
2 + 2 cos 2 β
FN 1 = FN 2 =
Ebenso tritt die Gleitreibungskraft auf beiden Flächen auf und wirkt in Summe entgegen der
Geschwindigkeit:
RG1 = RG 2 = µ G
FN
.
2 + 2 cos 2 β
Demnach ergibt sich die beobachtete Beschleunigung:
b=
2s
= g (sin ϕ − 2 µG
t2
cos ϕ
)
2 + 2 cos 2 β
und daraus der ermittelte Gleitreibungskoeffizient zu:
sin ϕ −
µG =
2s
g t2
cos ϕ
2 + 2 cos 2 β
.
2
Für eine 180° - 2β = 90° gewinkelte Schiene unterscheidet sich das Ergebnis gegenüber der
einfachen schiefen Ebene durch einen Faktor 1 2 . Gleiches gilt für die Haftreibung in einer
V-förmigen Schiene.
Rollt ein Körper auf einem anderen ab, so haben die beiden Berührungspunkte
gegeneinander die Geschwindigkeit null; es sollte also keine Reibung auftreten. In der
Realität deformieren sich jedoch beide Körper inelastisch, sodass Bewegungsenergie in
Wärme überführt wird, wodurch eine schwache Reibung vorliegt. Diese Tatsache wird als
Rollreibung bezeichnet. Strenggenommen liegt durch die endliche Ausdehnung der
Berührungsflächen beim Abrollen auf einer schrägen Flanke auch Gleitreibung vor, welche
jedoch zusammengefasst mit der eigentlichen Rollreibung beschrieben wird. Die Rollreibung
hängt wieder vom Material und der Oberflächenbeschaffenheit des Körpers und der Ebene
ab.
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
14
KFUG, Inst. f. Experimentalphysik,
Laborübungen aus Experimentalphysik I
Die Rollbewegung eines Körpers wird durch ein Drehmoment TR = r FR = µRFN gebremst,
worin FN die normal auf die schiefe Ebene wirkende Gewichtskomponente ist. Daraus folgt
die Definition des Rollreibungskoeffizienten µR zu:
µR =
FR
r.
FN
Die Rollreibungskraft FR ist dabei in erster Näherung als geschwindigkeitsunabhängig
angenommen worden und führt somit zu einer reduzierten, aber dennoch gleichförmigen,
beschleunigten Bewegung.
Für die Versuche zur Reibung zwischen festen Körpern ist anzumerken, dass die
Abhängigkeit von der Oberflächenbeschaffenheit sehr groß ist und dadurch entlang eines
Bewegungsvorganges kaum reproduzierbare Bedingungen zu erreichen sind. Etwas Abhilfe
kann durch eine große Anzahl von Versuchen an verschiedenen Stellen der Oberfläche
erreicht werden, wodurch über die vorhandenen Inhomogenitäten gemittelt wird. Gleiches
gilt auch für den Rollwiderstand, wo allerdings noch erschwerend dazu kommt, dass dieser
sehr klein ist.
8.4 Bewegungsabläufe mit geschwindigkeitsabhängiger Reibung
Reibungsverhältnisse sind besonders schwierig sowohl experimentell als auch theoretisch zu
erfassen. Neben komplizierten Abhängigkeiten von der Geschwindigkeit sind auch vielfach
Abhängigkeiten vom Ort maßgebend, welche a priori nicht bekannt sind. In diesem
Abschnitt sollen die Auswirkungen von Reibungskräften auf Bewegungsvorgänge erörtert
werden, welche nur geschwindigkeitsabhängig sind. Im allgemeinen kann davon
ausgegangen werden, dass die Reibungskraft in eine Polynomreihe in der Geschwindigkeit
entwickelt werden kann:
FR = F0 + F1v + F2 v 2 + .......
Streng genommen müsste berücksichtigt werden, dass sowohl Kraft als auch
Geschwindigkeit Vektoren sind und daher Tensoren als Koeffizienten auftreten. Wir wollen
uns hier aber nur auf jene Kraftkomponente konzentrieren, welche genau entgegen der
Richtung der Geschwindigkeit wirkt und anderer Kraftkomponenten, wie z.B. Tragflächen
mit Auf- und Abtrieb, sollen unberücksichtigt bleiben.
Die Bewegungsgleichung lässt sich dann sofort mit Hilfe der antreibenden Kraft FA und der
wirkenden Massenträgheit M anschreiben zu:
M&x& = Mv& = FA − FR = FA − F0 − F1v − F2 v 2 − ...... .
Dies entspricht einem Beschleunigungs-Geschwindigkeits-Diagramm von:
b( v ) =
FA − FR FA − F0 − F1v − F2 v 2 −
......
=
M
M
Daraus erhält man durch Integration die Geschwindigkeit als Funktion der Zeit:
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
15
KFUG, Inst. f. Experimentalphysik,
v(t )
∫
v0
dv
1
=
2
FA − F0 − F1v − F2 v − ..... M
Laborübungen aus Experimentalphysik I
t
1
∫ dt = M (t − t ) .
0
t0
Liegt nur eine lineare Abhängigkeit der Reibung von der Geschwindigkeit vor, so ergibt die
Integration das einfache Ergebnis:
−
1  FA − F0 − F1v (t )  1
=
(t − t0 ) .
ln
F1  FA − F0 − F1v0  M
Woraus sich
 − MF1 (t −t0 )
FA − F0  FA − F0
v (t ) =
− 
− v0 e
F1

 F1
ergibt. Das Beschleunigungs-Zeit-Diagramm kann daraus durch Differenzieren nach der Zeit
gewonnen werden:
b( t ) =
F1
M
 − F1 (t −t0 )  FA − F0 F1v0  − MF1 (t −t0 )
 FA − F0

.
=
−
− v0 e M
e
M 
 M

 F1
Die Beschleunigung nimmt somit mit der Zeit exponentiell ab. Die Geschwindigkeit erreicht
dabei nach unendlich langer Zeit den Grenzwert:
v(∞) =
FA − F0
.
F1
Durch weitere Integration erhält man:
s(t )
t
s0
t0
∫ ds = ∫
 − F1 (t −t0 )

 − F1 (t −t ) 
FA − F0  FA − F0
F − F0
(t − t0 ) + M  FA − F0 − v0  e M 0 − 1
− 
− v0 e M
dt = A
F1  F1
F1
F1
 F1



wodurch sich das Weg-Zeit-Diagramm ergibt:
s ( t ) = s0 +

 − F1 (t −t ) 
FA − F0
(t − t0 ) + M  FA − F0 − v0  e M 0 − 1 .
F1
F1  F1


8.5 Innere Reibung bei laminarer Strömung
Neben der Reibung zweier Festkörper besitzt auch die Relativbewegung eines Körpers in
einer Flüssigkeit oder Gas Reibung. Ebenso ist auch die Bewegung von zwei Flüssigkeitsoder Gasschichten zueinander mit Reibung behaftet. Diese Art der Reibung kann jedoch
nicht mehr als geschwindigkeitsunabhängig angesehen werden. Es treten lineare
Abhängigkeiten von der Geschwindigkeit (laminare Strömung), quadratische
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
16
KFUG, Inst. f. Experimentalphysik,
Laborübungen aus Experimentalphysik I
(Wirbelbildung) bis hin zu höheren Potenzen auf. Wir wollen uns hier zunächst der
laminaren Strömung widmen, welche eine lineare Geschwindigkeitsabhängigkeit der
Reibungskraft aufweist.
Bewegt sich ein fester Körper in einem flüssigen oder gasförmigen Medium erfolgt die
Reibung meist nicht an der Grenzschicht zwischen Festkörper und Medium, wo die
Flüssigkeits- oder Gasmoleküle durch Adhäsionskräfte an die Oberfläche des Festkörpers
gebunden sind, sondern zwischen benachbarten Schichten des Mediums selbst (innere
Reibung). Dies ist dadurch bedingt, daß die Adhäsionskräfte wesentlich stärker als die
inneren Kräfte im Medium selbst sind, wodurch die Reibung durch die inneren Kräfte des
Mediums verursacht wird.
Die Reibungskraft, die auf eine mit der Geschwindigkeit ν durch ein Medium bewegte ebene
Fläche Α wirkt, ist proportional der Größe dieser Fläche und dem Geschwindigkeitsgefälle
im Medium:
FR = − η A
dv
ds
worin s den Abstand von der Fläche bezeichnet. Die Proportionalitätskonstante η heißt die
Viskosität oder Zähigkeit des Mediums. Sie ist eine Materialeigenschaft, hängt aber von
äußeren Einflussgrößen (Druck, Temperatur etc.) ab. Die Viskosität bestimmt die
Reibungseigenschaften des Mediums, solange die Strömung laminar bleibt, d.h. keine Wirbel
auftreten.
v(s)
s
v=0
Fläche A
In der Abbildung ist zur Verdeutlichung der Definition der Viskosität ein linearer
Geschwindigkeitsgradient gezeichnet. Dies muss nicht immer gegeben sein. Bei der
laminaren Strömung einer Flüssigkeit durch ein Rohr bildet sich z.B. ein parabolisches
Geschwindigkeitsprofil über dem Rohrquerschnitt aus. Stellen wir uns ein Rohr der Länge l
zerlegt in Zylinder mit Radius r vor, so wirkt an jedem dieser Zylinder eine Reibungskraft
entlang seiner Oberfläche mit
FR ( r ) = −ηA
dv
dv
= −η 2πrl
= ∆pr 2π ,
dr
dr
welche als Druck über die Querschnittsfläche angeschrieben werden kann. Daraus erhält man
durch Integration das Geschwindigkeitsprofil unter der Randbedingung, dass die
Geschwindigkeit der Flüssigkeit am Begrenzungsrand r0 des Rohres Null sein muss:
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
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KFUG, Inst. f. Experimentalphysik,
v(r)
r
0
r0
Laborübungen aus Experimentalphysik I
∆p
∫ dv = ∫ − 2ηl rdr
∆p 2
(
r0 − r 2 ).
4ηl
Dabei transportiert der Zylinder mit Radius r an seiner Oberfläche mit infinitesimaler Dicke
dr das Volumen v ( r )dA = v ( r )2πrdr pro Zeiteinheit. Das gesamte durchströmte Volumen
pro Zeit ergibt sich aus der Integration über alle Zylinder innerhalb des Rohrquerschnittes:
v( r ) =
V ∆pπ
=
t
2ηl
r0
∫ (r
2
0
r − r 3 )dr =
0
∆pπ 4
r0 = vr02π .
8ηl
V
eingeführt, welche
tr02π
leichter beobachtbar ist. Die für diese mittlere Geschwindigkeit erforderliche Kraft ergibt
sich aus dem Druckunterschied zu:
Dabei wurde noch eine mittlere Strömungsgeschwindigkeit v =
F = ∆pA = ∆pr02π = 8πηlv =
8ηl V
.
r02 t
Diese Kraft ist entgegengesetzt gleich der Reibungskraft.
Bewegt sich eine Kugel mit Radius r langsam durch eine unendlich ausgedehnte Flüssigkeit,
so wird sie laminar umströmt. Für die auf die Kugel wirkende Reibungskraft kann ein
ähnliches Gesetz gefunden werden, das Stokes´sche Gesetz:
FR = − 6 π η r v .
Die Reibungskraft ist ebenfalls proportional zur Geschwindigkeit und wirkt dieser entgegen.
Wird die Kugel durch eine äußere Kraft beschleunigt, so wächst mit der Geschwindigkeit
auch die Reibungskraft. Die Beschleunigung wird dadurch verringert. Sie wird gleich null,
wenn die Reibungskraft gleich der äußeren Kraft geworden ist. Dann bewegt sich die Kugel
mit konstanter Geschwindigkeit.
Die Messung der Viskosität einer Flüssigkeit kann nach der sogenannten Kugelfallmethode
erfolgen. Auf eine in einer Flüssigkeit fallende Kugel wirken drei Kräft: die Gewichtskraft
FG, der Auftrieb FA und die Reibungskraft FR. Nach einer anfänglichen
Beschleunigungsphase bewegt sich die Kugel mit konstanter Geschwindigkeit ν, sobald die
Summe der Kräfte null geworden ist. Es gilt dann
FG + FA + FR = m g − ρ Fl VK g − 6 π η r v = 0
(m Kugelmasse, g Erdbeschleunigung, ρ Fl Dichte der Flüssigkeit, VK Kugelvolumen).
Werden die Kugelmasse, der Kugelradius, die Flüssigkeitsdichte und die konstante
Geschwindigkeit gemessen, kann daraus die Viskosität errechnet werden.
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
18
KFUG, Inst. f. Experimentalphysik,
Laborübungen aus Experimentalphysik I
FR
FA
FG
In der Praxis kann die Bedingung einer unendlich ausgedehnten Flüssigkeit nur sehr schlecht
erfüllt werden, wodurch für den endlichen Radius R des Flüssigkeitsgefäßes eine
Korrekturfunktion f(r/R) berücksichtigt werden muss. Das für endlichen Flüssigkeitsradius R
korrigierte Stokes'sche Gesetz lautet dann:
r
FR = − 6 π η r vf   .
R
Aus einer Messserie mit verschiedenen Kugelradien kann die Korrekturfunktion bestimmt
r
r
werden. In den meisten Fällen kann mit einem einfachen linearen Ansatz f ( ) = 1 + C
R
R
bereits gute Übereinstimmung mit dem Experiment erzielt werden. Die Viskosität ergibt sich
daraus zu:
η=
(ρ K − ρ Fl )VK g = (ρ K − ρ Fl )VK gt = K (ρ
r
6πrvf  
R
r
6πrsf  
R
K
− ρ Fl )t .
Dabei wurden alle für einen Kugelradius vorgegebenen Größen in einer Gerätekonstanten K
zusammengefasst. Die Viskosität ergibt sich dann direkt aus dem Dichteunterschied
zwischen Kugel und Flüssigkeit (Auftrieb) und der Messzeit t über der Fallstrecke s.
8.6 Allgemeine Reibung in Gasen und Flüssigkeiten
Der bisher behandelte Spezialfall laminarer Strömung und die daraus resultierende lineare
Abhängigkeit der Reibungskraft von der Geschwindigkeit ist bei höheren Geschwindigkeiten
nicht mehr gegeben. Die laminare Strömung bricht dann teilweise zusammen und es erfolgt
eine Wirbelbildung in der Flüssigkeit oder Gas, welche zusätzliche Energie dem
Bewegungsvorgang entzieht. Man geht davon aus, dass die Reibungskraft proportional zur
2
kinetischen Energie der Flüssigkeit ρv 2 und der angeströmten Fläche A ist:
FR = f
ρv 2
2
A.
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
19
KFUG, Inst. f. Experimentalphysik,
Laborübungen aus Experimentalphysik I
Der Proportionalitätsfaktor f wird Widerstandsbeiwert genannt. Man geht sogar soweit, dass
man für sämtliche Reibungsarten auf diese universelle Beziehung zurückgreift und nur den
Widerstandsbeiwert entsprechend anpasst. Für den Fall der Stokes'schen Reibung würde man
dann erhalten:
6πηrv = f
ρv 2
2
A, f =
12πηrv 12η
12
12
=
=
=
.
2
2
r πρv
rρv rρv Re
η
Dabei wurde die sogenannte Reynolds'sche Zahl Re = rρv
η eingeführt. Die Analyse
verschiedenster Reibungsvorgänge in Flüssigkeiten und Gasen ergibt, dass die dabei
auftretenden Widerstandsbeiwerte als Funktionen dieser Reynolds'schen Zahl geschrieben
werden können. Demnach kann ganz allgemein die Reibungskraft ausgedrückt werden:
FR = f (Re)
ρv 2
2
A.
Der Vorteil liegt darin, dass nun bei Variation der Größe eines Objektes (z.B. Modell) durch
Änderung von Zähigkeit, Dichte oder Geschwindigkeit gleiche Reynolds'sche Zahl und
damit gleiche Strömungsbedingungen erreicht werden können. In folgender Tabelle sind für
einige Strömungsvorgänge die entsprechenden Widerstandsbeiwerte als Funktion der
Reynolds'schen Zahl angegeben:
Strömungsvorgang
laminare Strömung um eine Kugel: (Stokes)
laminare Strömung in einem Rohr: (Hagen-Poiseuille)
turbulente Strömung in einem Rohr: (Blasius)
angeströmte ebene Platte (Druckwiderstand)
angeströmter Zylinder (Druckwiderstand)
9.
Widerstandsbeiwert und
Gültigkeitsbereich
12
, Re < 1
Re
8
f =
, Re<1160
Re
0,1582
f = 4
, Re>1160
2 2 Re
f = 1,56
f = 0,9
f =
Experimentpate: P.Knoll
P.Knoll, Reibung, Innere Reibung
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