10/14 Nr. 118 Themenauswahl Editorial Wissenswertes Krebs: Betroffene brauchen unsere Unterstützung! Opioid-Ersatztherapie 7 Uveitis 11 In Kürze 20 Neuheiten MEMANTIN® 2 Ich kann mich nicht mehr erinnern… ALOXI® 3 Spezifisches Antiemetikum GIOTRIF® 6 Sprechen wir über Krebs! Bild des Monats: Das Thema dieser Nummer: nicht goldene Scheren, sondern eine heimtückische Krankheit! Editorial In den Zangen einer schlimmen Krankheit… Sie haben es erraten: in dieser Nummer befassen wir uns mit dem Thema Krebs. Dabei meinen wir natürlich nicht das Tier, das seine Beute in den Zangengriff nimmt, sondern die beängstigende und häufig tödlich verlaufende Krankheit. Wussten Sie, dass Krebs die häufigste Todesursache zwischen 45 und 85 Jahren ist? Auch wenn wir in der Offizin noch relativ selten Rezepte mit Krebsbehandlungen validieren, müssen wir uns bewusst sein, dass viele Menschen unter Krebs leiden und sich von uns gerne beraten lassen würden. Je fundierter und aktueller unser Wissen über Krebs ist, desto selbstsicherer und offener werden wir unseren Patienten begegnen und sie unterstützen können. Es ist sicherlich einfacher, in der Komfortzone zu bleiben und sich in Schweigen zu hüllen, wenn jemand uns mit einer Krebsdiagnose konfrontiert, besonders wenn man auf der bequemen Seite der Theke steht. Diese Nummer soll Ihnen dazu Mut machen, den Bedürfnissen von Krebspatienten noch besser gerecht zu werden. Wir wünschen Ihnen eine gute Lektüre! Jérôme Berger Pierre Bossert Julia Farina Marie-Thérèse Guanter Germanier Séverine Huguenin Caroline Mir Martine Ruggli Neuheiten MEMANTIN-MEPHA® Bei MEMANTIN-MEPHA® handelt es sich um das erste Generikum von EBIXA® und AXURA® auf dem Schweizer Arzneimittelmarkt. MEMANTIN-MEPHA® ist zugelassen zur symptomatischen Behandlung von Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Alzheimer-Krankheit (Mini-Mental State Examination = MMSE, Werte von 3 bis und mit 19). Genauso wie die Originalpräparate gibt es vom Generikum eine Starterpackung mit je 7 Tabletten zu 5, 10, 15 und 20 mg sowie für die Folgebehandlung Packungen mit Tabletten zu 10 und 20 mg.1 Und die Wirksamkeit dieses Arzneistoffes? 1 www.swissmedicinfo.ch © Pharma-News Seite 2 Nummer 118, November 2014 2 Zwei Gruppen von Arzneimitteln sind für die Behandlung der Alzheimer-Demenz verfügbar: die CholinesteraseHemmer EXELON®, ARICEPT®, REMINYL®, die den Abbau des Überträgerstoffes Acetylcholin verhindern, und der NMDA-Rezeptorantagonisten Memantin. Allgemein wird der Stellenwert einer medikamentösen Therapie bei Alzheimer-Demenz kontrovers diskutiert. Die Wirksamkeit der verfügbaren Arzneistoffe scheint bescheiden, nicht immer gleich und zeitlich begrenzt. Das Verhältnis zwischen Wirksamkeit und unerwünschten Wirkungen wird als nur leicht positiv beurteilt. Und keines dieser Medikamente kann das Fortschreiten der degenerativen Krankheit bremsen.3 Gut zu wissen : Die Mini-Mental-Status-Examination- (MMSE) oder der Mini-Mental-Status-Test (MMST) ist ein psychometrischer Schnelltest, mit dem der Schweregrad einer Demenz-Erkrankung beurteilt werden kann. Die Aufgabenstellungen beinhalten Merkfähigkeit, Erinnerungsfähigkeit, Orientierung, Aufmerksamkeit, Rechenfähigkeit und Sprache. Die Befragten müssen in der Lage sein, Anweisungen zu befolgen, sie müssen rechnen, zeichnen und sich an Worte erinnern können. Die maximale Punktzahl ist 30. Eine Demenz wird bei weniger als 20 Punkten angenommen. Unter 10 Punkten spricht man 2 von einer schweren Demenz. Bei geringgradiger Alzheimer-Demenz war Memantin nicht wirksam. Bei mittelschwerer bis schwerer Alzheimer-Krankheit verbesserte der Wirkstoff in Studien die kognitive Leistungsfähigkeit leicht,4 allerdings scheint dieser Effekt keine klinischen Auswirkungen für die Patienten im Alltag zu haben.5 Die langfristige Wirksamkeit einer Memantin-Behandlung ist noch nicht bekannt.5 Diese Überlegungen/Einschränkungen gelten auch für die Cholinesterase-Hemmer. Die unerwünschten Wirkungen von Memantin sind hauptsächlich neurologisch und psychiatrisch:6 Schwindel (ca. 6% der Patienten), Kopfschmerzen (ca. 5% der Patienten), Müdigkeit, Halluzinationen und Verwirrtheit (die manchmal zu aggressivem Benehmen führen kann). Ca. 5% der Patienten leiden unter Verstopfung und 4% unter erhöhten Blutdruck.1 Die tägliche Höchstdosis beträgt 20 mg. Um das Risiko von Nebenwirkungen zu reduzieren, wird die Erhaltungsdosis durch eine wöchentliche Steigerung der Dosis um 5 mg während den ersten drei Behandlungswochen ermittelt. Zur einfachen Dosistitration steht die Starterpackung für die ersten vier Behandlungswochen zur Verfügung. Ab der vierten Woche kann die Behandlung mit der empfohlenen Erhaltungsdosis von 20 mg täglich fortgesetzt werden. Bei Patienten mit einer mittelschweren bis schweren Nierenfunktionsstörung sollte die Dosis 10 mg täglich betragen.1 Die Wirksamkeit der Behandlung sollte alle sechs Monate anhand des MMSE-Tests evaluiert werden. Bei MMSE-Werten unter 3 ist die Therapie zu stoppen. MEMANTIN-MEPHA® - wichtig für die Beratung: Medikamentöse Behandlung der Alzheimer-Demenz Wirksamkeit wird kontrovers beurteilt... wie bei allen anderen Arzneistoffe in dieser Indikation auch! Die Dosierung beträgt eine Tablette täglich Die häufigsten unerwünschten Wirkung sind neuropsychiatrischer Natur 2 www.alz.ch/index.php/examen-et-diagnostic.html Haute autorité de santé (HAS) France: mars 2012; place des médicaments du traitement symptomatique de la maladie d’Alzheimer 4 N Engl J Med 2010;362:2194-2201 5 Minerva 2011: La mémantine en monothérapie 6 Rev Prescrire 2013; 33 (362; suppl. Interactions) : 347-353 3 © Pharma-News Seite 3 Nummer 118, November 2014 ALOXI® (Palonosetron) ALOXI® ist ein neues orales Antiemetikum, zugelassen bei Erwachsenen zur Prävention von Übelkeit und Erbrechen bei mässig emetogener Chemotherapie im Rahmen der Behandlung einer Krebserkrankung.7 Die intravenöse Injektionslösung gibt es seit über acht Jahren in der Schweiz, neu ist die orale Darreichungsform in Form von Tabletten mit 500 µg Palonosetron zur einmaligen Einnahme. Zur Prävention bzw. Linderung der Symptome bei zytostatika-bedingter Übelkeit und Erbrechen können verschiedene Therapieoptionen kombiniert werden: - Die Serotoninantagonisten, auch Setrone genannt, wie ALOXI® und ZOFRAN® werden zusammen mit Dexamethason (dieses verstärkt ihre Wirksamkeit) verabreicht, um Toleranz und Lebensqualität der Patienten zu verbessern, die eine Chemotherapie durchmachen. - Dopaminantagonisten wie Metoclopramid (PRIMPERAN®) werden ebenfalls mit einem Steroiden kombiniert.10 - Diese Behandlungsoptionen scheinen gleichwertig bezüglich Wirksamkeit zu sein, unterscheiden sich aber leicht bei den unerwünschten Wirkungen.2 - Werden Übelkeit und Erbrechen trotz dieser Therapien ungenügend gelindert, kann der Neurokinin-Rezeptorantagonist EMEND® zusätzlich eingesetzt werden. EMEND® blockiert die Wirkung des Neurotransmitters Substanz P und wird zur Prävention von Chemotherapie-induzierter Nausea und Erbrechen (CINE) vor dem nächsten Zytostatikazyklus verabreicht. In den Studien führte die Beifügung von EMEND® zu einer Abnahme des Erbrechens, die Übelkeit blieb aber unbeeinflusst.2 Palonosetron zählt zur Gruppe der selektiven 5-HT3-Rezeptor-Antagonisten, wie auch Ondansetron (ZOFRAN® und Generika) oder Granisetron (KYTRIL®). Die Wirksamkeit von ALOXI® ist vergleichbar mit derjenigen der beiden anderen genannten Spezialitäten. Dies gilt für beide Darreichungsformen. Der Vorteil von ALOXI® liegt in seiner sehr langen Halbwertszeit, welche eine einmalige Einnahme ermöglicht: eine Kapsel mit 500 µg Palonosetron wird etwa eine Stunde vor Beginn der Chemotherapie verabreicht, also bevor Übelkeit und Erbrechen einsetzen. Bei ZOFRAN® und KYTRIL® muss die Therapie über drei bis fünf Tage nach Beginn der Chemotherapie weitergeführt werden, was bei starkem Erbrechen schwierig sein kann. Die unerwünschten Wirkungen von ALOXI® ähneln denen von ZOFRAN® und KYTRIL®: Kopfschmerzen, Verstopfung, Hitzewallungen und Schwindel. Funktionsstörungen des Herzens (QT-Verlängerung) sind unter Serotoninrezeptorantagonisten möglich, das Risiko scheint aber geringer zu sein mit ALOXI® als mit ZOFRAN® oder KYTRIL®. Gut zu wissen… Dennoch ist Vorsicht geboten bei Patienten mit Man spricht von einer mässig emetogenen Chemotherawenn diese „nur“ bei 30 bis 90% der Patienten erhöhtem Herzrisiko (Bradykardie, Hypokaliämie pie, 8 Übelkeit und Erbrechen verursacht. Stark emetogene oder bei der Einnahme anderer QT-verlängernden Chemotherapien verursachen Übelkeit und Erbrechen bei 9 über 90% der Patienten. Bei diesen Behandlungen Arzneimittel, wie z.B. Neuroleptika).8,9,10 verabreicht man in der Regel Arzneimittel zur Prävention im Rahmen der Therapie, ohne ihren Eintritt abzuwarten. 7 Swissmedicinfo.ch (consulté en août 2014) La Revue Prescrire 2014 ; 363 (34) : 13-14 9 La Revue Prescrire 2013 ; idées-force et vomissements liés aux anticancéreux cytotoxiques : en bref 10 La Revue Prescrire 2013 ; idées-force et vomissements liés aux anticancéreux cytotoxiques : prévention 8 © Pharma-News Seite 4 Nummer 118, November 2014 Eine fünftägige Behandlung mit ALOXI® ist allerdings deutlich teurer als mit ZOFRAN®: 114 CHF für eine Tablette versus 63 CHF mit dem letzteren Mittel. ALOXI® - wichtig für die Beratung: Neues Antiemetikum zur Prävention von Chemotherapie-bedingter Übelkeit und Erbrechen Gehört zur gleichen Arzneimittelgruppe wie ZOFRAN® Nur eine Dosis vor Beginn der Chemotherapie – wobei dieser Vorteil finanziell relativ teuer ist Kopfschmerzen, Hitzewallungen, Schwindel und Herzfunktionsstörungen bei Risiko-Patienten sind die häufigsten unerwünschten Wirkungen GIOTRIF® (Afatinib) zur Behandlung von nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom GIOTRIF® stellt eine neue orale Therapieoption zur Behandlung von Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom dar. Welchen Stellenwert hat dieses neue Arzneimittel auf dem Schweizer Arzneimittelmarkt? Für welche Patienten eignet es sich? Was darf man erwarten? Viele Fragen, die wir im Rahmen dieses Artikels beantworten möchten. Lungenkrebs In der Schweiz sterben 30% der Männer und 23% der Frauen an den Folgen von Krebs. Bei 23% der betroffenen Männern ist Lungenkrebs, bei 15% Prostatakrebs und bei 10% Dickdarmkrebs die Todesursache. Unter den betroffenen Frauen sterben 19% an Brustkrebs, 13% an Lungenkrebs und 11% an Dickdarmkrebs. 11 Anders formuliert, sind ein Mann von elf und eine Frau von 21 im Laufe ihres Lebens betroffen, ein Mann von zwölf und eine Frau von 22 werden daran sterben.12 Prognose Lungenkrebs hat eine erschreckend hohe Letalität. Im engen Kontakt mit Blut- und Lymphgefässen können sich kleine Wucherungen, die sich vom Haupttumor lösen, sehr schnell im Körper bewegen und Metastasen (Ableger) bilden. Diese Krebsform wird häufig zu spät diagnostiziert und weist die höchste Sterblichkeit überhaupt auf.12 In der Schweiz sterben jährlikch etwa 3000 Menschen an Lungenkrebs.11 Die fünfjährige Überlebensrate nach der Diagnose beträgt 17% bei den Frauen und 14% bei den Männern. Auch wenn der Patient am Anfang gut auf die Therapie anspricht, sind Rückfälle in den folgenden Monaten oder Jahren häufig.13 Häufigste Ursachen Selbst wenn es sich lohnt die Risikofaktoren zu vermeiden, kann Lungenkrebs leider auch auftreten, wenn diese Faktoren nicht vorhanden sind. Die wichtigsten Risikofaktoren sind: - Rauchen, 80 - 90% aller Erkrankungen werden dadurch ausgelöst. 13 Dieser 11 http://www.bag.admin.ch/themen/gesundheitspolitik/14296/14559/index.html?lang=fr Pharmactuel 2014; 47 (1) 13 http://www.passeportsante.net/ Le cancer du poumon 12 © Pharma-News Seite 5 Nummer 118, November 2014 Zusammenhang konnte bereits Mitte der sechziger Jahre sicher etabliert werden. - Einatmen von krebserregenden Stoffen in der Luft (Asbest, Arsen, Radon, Schadstoffe wie Kohlenstoffmonoxid, Ozon usw.) - Wiederholtes Einatmen von Schadstoffen wie Silicastaub, Anstrichfarbe, Dieselmotorabgase - Genetische Faktoren Symptome Die häufigsten Symptome sind nicht für diese Erkrankung typisch. Im Frühstadium löst Lungenkrebs oft kaum Symptome aus:13 - Hartnäckiger Husten (wobei einem Raucherhusten, der sich verschlechtert, besondere Beachtung gebührt) - Anhaltende Schmerzen im Brustbereich, die sich verstärken wenn der Patient hustet oder tief einatmet - Atemnot, pfeifende Atmung - Blutiger Auswurf beim Husten - Gewichtabnahme, chronische Müdigkeit, Knochenschmerzen usw.14 Krebszellen haben die Fähigkeit, 14 sich ungehemmt zu vermehren. Es entsteht eine Masse (ein Geschwulst, ein Tumor), die ungebremst wächst, weil plötzlich von bestimmten einander ähnlichen Zellen (in der Medizin spricht man von monoklonalen Zellen) mehr neue entstehen als absterben. Bleibt die Masse in einer Art „Beutel“ eingeschlossen, handelt es sich um einen gutartigen Tumor, dringt sie hingegen in die umliegenden Organe vor und bildet dort Metastasen, ist der Tumor bösartig. Mögliche Komplikationen - Obstruktion der Bronchien durch den Tumor - dies begünstigt wiederum Atemwegsinfekte wie z.B. Bronchitis und Lungenentzündungen - Am meisten gefürchtet und relativ häufig sind Metastasen (Krebsableger), die in der Lunge selbst oder auch ausserhalb der Lunge ins Gehirn, in die Knochen oder in die Leber wandern, sich dort niederlassen und vermehren. Die linke Lunge (Pulmo sinister) ist in zwei, die rechte Lunge (Pulmo dexter) in drei Lungenlappen (Lobi pulmonis) unterteilt Klassifikation nach Gewebetyp Lungenkrebs ist nicht gleich Lungenkrebs. Es gibt viele Unterformen, die generell zwei grossen Gruppen zugeordnet werden. Diese Zuordnung erfolgt nach dem Gewebe, aus dem der Tumor ursprünglich entstanden ist. Herrschen im Tumorgewebe kleine Zellen vor, handelt es sich um die sogenannten kleinzelligen Bronchialkarzinome (SCLC: small cell lung carcinoma). Überwiegt ein anderer Zelltyp, werden sie als nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome bezeichnet (NSCLC: non small cell lung carcinoma).13 14 www.e-cancer.fr © Pharma-News Seite 6 Nummer 118, November 2014 Diese Einteilung entspringt nicht akademischen Taxonomiewünschen, sondern hat eine weit darüber hinausgehende Bedeutung. Geschwulste der beiden Klassen unterscheiden sich deutlich bezüglich Prognose und Therapiemöglichkeiten. - Das kleinzellige Karzinom weist eine hohe Wachstumsrate auf. Es wird in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle (über 90%) erst sehr spät entdeckt, wobei Metastasen sich bereits in anderen Organen, insbesondere in den Knochen, der Leber, den Nebennieren oder dem Gehirn, eingelagert haben. Deshalb stellt die Chirurgie nur selten eine Behandlungsoption dar. Es spricht zwar gut auf eine Chemotherapie oder eine Radiotherapie an, rezidiviert aber häufig schon nach kurzer Zeit und hat daher eine sehr ungünstige Prognose. 20% der Lungenkarzinome gehören zu dieser Gruppe, 95% sind dem Rauchen zuzuschreiben. - In der Gruppe der nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinome NSCLC wiederum gibt es Tumore, die relativ gut zu behandeln sind. Der nicht-kleinzellige Typ macht 80% der Krebserkrankungen der Lunge aus. Er wird weiter in Geschwulste unterschiedlicher Gewebeherkunft unterteilt, wobei das Plattenepithelkarzinom, das den Plattenepithelien der Bronchien entstammt, und das Adenokarzinom, das aus Drüsenzellen entsteht, die weitaus wichtigsten und häufigsten Unterformen sind. o Das Adenokarzinom (∼40%) wird am häufigsten bei Nichtrauchern und Frauen beobachtet, nimmt aber bei Rauchern zu, was dem Rauchen von Light-Zigaretten zuzuschreiben ist (die Raucher ziehen stärker an der Zigarette und verursachen somit andere Läsionen als beim kleinzelligen Karzinom). Das Adenokarzinom taucht häufig in der Lungenperipherie auf. o Das Plattenepithelkarzinom (∼40%) ist meist zentral in den Bronchien lokalisiert und bildet eine weisslich-graue und bröckelige Masse, die die Bronchien einengt. Es ist sehr häufig mit Rauchen assoziiert und stark bei Männern verbreitet.15 o Das grosszellige Karzinom (∼20%), ist immer eine Ausschlussdiagnose. Das grosszellige Bronchialkarzinom ist wahrscheinlich entdifferenziertes Adeno- oder Plattenepithelkarzinom und zeigt histologisch grosse Zellen mit grossen Kernen, viel Zytoplasma und reichlich Nukleoli. Es kann überall in den Bronchien auftreten und soll zu 95% mit Rauchen assoziiert sein. Er wächst schneller als die anderen NSCLC. Prävention Rauchstopp: Fünf Jahre nach dem Rauchstopp ist das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, bereits halbiert. Nach zehn bis fünfzehn Jahren ist das Risiko wieder auf dem Niveau von Personen, die nie geraucht haben.13 Behandlung Bei der Auswahl der Behandlungsformen spielen verschiedene Faktoren wie Art, Grösse, Ausbreitung, Stadium des Tumors sowie Alter, Zustand des Patienten und Begleiterkrankungen (Komorbidität) eine Rolle. Überwiegen die unerwünschten Wirkungen die Vorteile der denkbaren Therapieoptionen, entscheidet man sich in der Regel für eine palliative Behandlung, welche nicht der (kaum mehr möglichen) Heilung dient, sondern bestenfalls der begrenzten, beschwerdelindernden Tumorrückbildung, also dem symptomkontrollierten, besseren Überleben auf Zeit. Die drei Pfeiler der schulmedizinischen Krebstherapie sind die Chirurgie, die Radiotherapie und die medikamentöse Tumortherapie (klassische Chemotherapie und gezielte Krebstherapie), wobei oftmals nicht nur eine, sondern eine Kombination von verschiedenen Behandlungsformen eingesetzt wird. Dabei zielen die lokalen Behandlungen (Chirurgie, Radiotherapie) direkt auf den Tumor und behandeln auch das umliegende Gewebe. Die systemischen Therapien (klassische Chemotherapie 15 www.arcagy.org, infocancer © Pharma-News Seite 7 Nummer 118, November 2014 oder gezielte Krebstherapie) greifen Krebsableger (Metastasen) an, wo immer diese lokalisiert sind. - Kleinzelliges Bronchialkarzinom: Hier werden in der Regel Chemo- und Radiotherapie kombiniert. Diese Behandlungen ermöglichen es, sowohl die Grösse des Tumors zu reduzieren, das Wachstum zu bremsen und die Bildung von Metastasen zu verhindern. Die Behandlung dauert mehrere Wochen bis Monate, mit Unterbrechungen damit der Körper sich von der aggressiven Behandlung wieder erholen kann. Rückfälle sind häufig.12 - Nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom: Im frühen Stadium I, wenn der Tumor auf das Lungengewebe begrenzt ist und sich noch nicht in die benachbarten Lymphknoten ausgebreitet hat, ist die Operation die Therapie der Wahl. Gelingt es, das Krebsgewebe dabei vollständig zu entfernen, kann der Patient von der Krankheit geheilt werden. Je nach Ausbreitung des Tumors werden ein kleiner Teil der Lunge, ein Lungenlappen oder das gesamte Lungengewebe entfernt. Der chirurgische Eingriff benötigt nur einen kurzen Krankenhausaufenthalt, der Patient hingegen braucht in der Regel mehrere Monate, um sich zu erholen. Bei Tumoren, die grösser als 4 cm sind, sich aber noch nicht über das Lungengewebe hinweg ausgebreitet haben, kann eine zusätzliche unterstützende, sogenannte adjuvante Chemotherapie in Betracht gezogen werden. Gezielte Krebstherapie 12 Der Begriff gezielte Krebstherapie (engl. targeted therapy) ist ein Schlagwort, unter dem die Behandlung mit verschiedenen neuartigen Arzneistoffen gegen Krebs zusammengefasst wird, die auf biologische und zytologische Eigenarten des Krebsgewebes gerichtet sind. Dazu gehören zum Beispiel gentechnisch hergestellte monoklonale Antikörper (Namensendung "-mab") oder sogenannte small molecules (Namensendung "-mib" oder "-nib"). Da diese bei gesunden Zellen meist kaum oder gar nicht vorkommen, soll die gezielte Krebstherapie verträglicher und wirksamer sein. In der Regel werden die neuartigen Substanzen mit den konventionellen Therapiemethoden (Chirurgie, Chemo- und Strahlentherapie) kombiniert. Drei orale Wirkstoffe sind zugelassen zur Behandlung von Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom im lokal fortgeschrittenem Stadium III oder mit Metastasierung (Stadium IV): Erlotinib (TARCEVA®), Gefitinib (IRESSA®) und Afatinib (GIOTRIF®). Diese Wirkstoffe hemmen die Tyrosinkinasen aus der EGFR-Familie (Epidermal Growth Factor Receptor, Rezeptor für den Epidermiswachstumsfaktor). In einigen Tumoren sind EGF-Rezeptoren überexprimiert. Eine Hemmung der EGF-Rezeptoren führt 18 zur Verlangsamung des Tumorwachstums oder sogar zur Tumorregression. Im fortgeschrittenen Stadium, wenn sich der Tumor bereits innerhalb der Lunge sehr weit ausgedehnt und entfernt gelegene Lymphknoten befallen bzw. Tochtergeschwulste, sogenannte Metastasen, in anderen Organen gebildet hat, kommt eine Operation nicht mehr in Frage. Stattdessen wird in diesem Fall eine medikamentöse Therapie empfohlen, meist eine Kombinations-Chemotherapie, oder eine Kombination aus Chemo- und Strahlentherapie. Diese Behandlungen können das Leben des Patienten verlängern, wobei oftmals viele unerwünschte Wirkungen in Kauf genommen werden. Stellenwert von GIOTRIF® (Afatinib) zur Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms: Giotrif® ist angezeigt als Monotherapie für Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom mit aktivierenden Mutationen des EGFR. Es darf nur bei Patienten mit dieser Mutation eingesetzt werden. Die empfohlene Dosis beträgt einmal täglich 40 mg oral. GIOTRIF® sollte nüchtern eingenommen werden. Über einen Zeitraum von mindestens 3 Stunden vor und mindestens 1 Stunde nach der Einnahme von Giotrif® sollte keine Nahrung eingenommen werden, und die Tabletten sollten als Ganzes mit etwas Wasser geschluckt werden. Bei Schluckbeschwerden oder falls sonst die Einnahme der Tabletten als Ganzes nicht möglich ist, können diese in ungefähr 100 ml kohlensäurefreiem Trinkwasser aufgelöst werden. Andere Flüssigkeiten sollten nicht verwendet werden. Die Tablette wird dazu unzerbrochen ins Wasser gegeben werden. Danach soll die Mischung ungefähr 15 Minuten lang gelegentlich umgerührt werden, bis die Tablette in sehr kleine Partikel zerfallen ist. Nach der Einnahme wird das Glas nochmals mit © Pharma-News Seite 8 Nummer 118, November 2014 etwa 100 ml Wasser gefüllt und ausgetrunken. Die Dispersion kann auch über eine Magensonde verabreicht werden. Die Tabletten dürfen auf keinen Fall zermörsert werden.16 Wer mehr wissen möchte: Stadien bei Lungenkrebs 15 Um jedem Lungenkrebspatienten die beste Behandlung zukommen zu lassen, reicht es nicht aus zu wissen, um welche Form von Lungenkrebs es sich handelt. Der Arzt muss zusätzlich den Schweregrad, also das Stadium der Erkrankung kennen. Ist der Tumor auf das Lungengewebe begrenzt, ist eine Operation Therapie der Wahl. Hat sich der Tumor bereits sehr weit ausgedehnt, stehen Chemotherapie und/oder Bestrahlung im Vordergrund. Die Einteilung der Stadien bei Lungenkrebs erfolgt heute meist nach der internationalen TNM-Klassifikation. Diese bezieht sich darauf, wie tief der Tumor in das betroffene Organ eingedrungen ist oder wie gross er ist, ob die Lymphknoten, die um das Organ liegen Tumorzellen aufweisen, und ob sich in anderen Organen oder Körperbereichen Metastasen gebildet haben. - Der T-Wert (Tumor) ist in vier Stufen eingeteilt und gibt die Grösse und Ausbreitung des Tumors an. T1 und T2 bedeutet, dass der Tumor auf die Lunge beschränkt ist. Bei T3 und T4 sind dagegen angrenzende Organe mit betroffen. - Der N-Wert (Lymphknoten - Nodes) wird in drei Stufen eingeteilt. N0 weist auf keinen Lymphknotenbefall hin. Bei N3 wurden dagegen in Lymphknoten des gegenüberliegenden Lungenflügels Tumorzellen gefunden. - Der M-Wert (Metastasen) besteht aus zwei Stufen. M0 bedeutet, dass keine Metastasen vorhanden sind, bei M1 dagegen sind auch weit entfernt liegende Organe mit betroffen. Wichtig bei kleinzelligen Karzinomen ist, ob eine beschränkte Erkrankung ("limited disease") oder eine ausgedehnte Erkrankung ("extensive disease") vorliegt. In einem "begrenzten Stadium" sind die Tumore auf einen Lungenflügel beschränkt. Jede Form der Ausbreitung darüber hinaus wird als erweitertes Stadium bezeichnet. Somit bedeutet Stadium 1A mit der Diagnose T1, N0 und M0: Der Tumor hat einen Durchmesser von weniger als drei Zentimetern und hat keinen Hauptbronchus befallen (T1). Es sind keine Lymphknoten betroffen (N0) und es liegen keine Metastasen vor (M0). Eine weitere Klassifikation basierend auf molekularbiologische Veränderungen (Krebsmutationen) ermöglicht zudem den Einsatz von zielgerichteten Behandlungen. 17 GIOTRIF® (Afatinib) zur Behandlung von Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom – wichtig für die Beratung: Lungenkrebs tötet jährlich 3000 Personen in der Schweiz 80-90% der Lungenkrebsfälle werden durch Rauchen verursacht Schwer behandelbarer Krebs, der häufig spät entdeckt wird und zu Rückfällen neigt Verschiedene Behandlungsoptionen im fortgeschrittenen Stadium, GIOTRIF® ist eine der neuesten GIOTRIF® ist ein neues orales Präparat zur Behandlung von Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom Nur geeignet für Patienten mit aktivierenden Mutationen des EGFR Schwerwiegende unerwünschte Wirkungen, wie alle anderen Arzneistoffe in dieser Indikation Scheint keinen Vorteil gegenüber den anderen verfügbaren gezielten Therapien bei Patienten mit aktivierenden Mutationen des EGFR zu bieten Die Tabletten sind nüchtern einzunehmen. Man darf sie weder zerkauen noch zermörsern, dafür aber für die erleichterte Einnahme in kohlensäurefreiem Trinkwasser aufschwemmen Die wichtigsten unerwünschten Wirkungen von GIOTRIF® betreffen den Magen-Darm-Trakt und die Haut: schwerer anhaltender Durchfall (15%) mit 7 bis 8 Stuhlgängen/Tag, schwere Entzündungen der Mundschleimhaut (Stomatitis) mit Schwellungen und Ulzerationen (8%) sowie schwere Hautausschläge (14%) und Nagelbettentzündungen (Paronychie) (12%). 18 Sie erfordern einen Therapieabbruch bzw. eine Dosisreduktion. Die Behandlung mit Giotrif® sollte so lange fortgesetzt 16 Compendium suisse du médicament, 2014 www.e-santé.fr 18 HAS, Giotrif®, synthèse d’avis de la commission de la tansparence, 2014 17 © Pharma-News Seite 9 Nummer 118, November 2014 werden, bis es zu einer Tumorprogression kommt oder der Zustand des Patienten die Behandlung nicht mehr zulässt. Gemäss der Haute autorité de Santé (unabhängige Gesundheitsbehörde in Frankreich) bringt GIOTRIF® keinen klinischen Vorteil gegenüber vergleichbaren Arzneistoffen wie Erlotinib (TARCEVA®) und Gefitinib (IRESSA®). Wissenswertes OPIOIDERSATZTHERAPIE Die Zahl der Opioidabhängigen, insbesondere der Heroinabhängigen in der Schweiz wird vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) aktuell auf ca. 25000 geschätzt. Der intravenöse Konsum von Heroin („fix“ oder „shoot“) ist wohl die bekannteste Konsumform. Heroin kann aber auch durch die Nase eingeatmet („sniffen“) oder inhaliert werden (geraucht), wobei das Heroin auf einem Stück Alufolie verdampft wird. Unabhängig vom Aufnahmeweg verursacht der Konsum von Heroin zunächst eine zunehmende Euphorie („rush“), welche von einem Wärmegefühl in der Haut begleitet wird, einem trockenen Mund und einem Schweregefühl der Extremitäten. Der anfänglichen Euphorie folgt ein Zustand der als „on the nod“ bekannt ist und in dem man zwischen wachen und schläfrigen Phasen wechselt. Heroin löst Ängste und Spannungen und bewirkt beim Konsumenten einen angstfreien, entspannten und glückseligen Zustand. Dieser wird von einer Reihe negativer Erscheinungen begleitet: geistige Beeinträchtigungen wie Verwirrung, Desorientierung, Erinnerungslücken, eine undeutliche und verwaschene Sprache sowie Koordinationsstörungen, extreme Verstopfung, eine Verringerung der sexuellen Lust und – durch die Dämpfung des Husten- und Atemzentrums – eine mitunter starke und lebensbedrohliche Reduktion der Atemfrequenz auf 2-4 Atemzüge pro Minute. Regelmässiger, mehrwöchiger Konsum von Heroin führt zu einer sogenannten “Toleranz” gegenüber den schmerzstillenden, euphorisierenden und beruhigenden Wirkungen. Es muss mehr genommen werden, um die erwünschten Zustände wieder zu erreichen. Bei fortdauerndem Konsum reagiert der Organismus schliesslich mit psychischer und körperlicher Abhängigkeit: obwohl die negativen Effekte immer deutlicher werden, ist das Verlangen nach den beruhigenden und euphorisierenden Wirkungen der Substanz ungebrochen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt ist man von Opioiden abhängig und süchtig. Sobald sich eine Toleranz entwickelt hat und dem Körper nicht die notwendige Substanzmenge zugeführt wird, treten 8-12 Stunden nach der letzten Heroineinnahme Entzugserscheinungen auf. Wird die jeweilige Substanz nach einer längeren Konsumphase schliesslich abgesetzt, reagiert der Organismus – der sich an die Zufuhr der körperfremden Stoffe gewöhnt hat – mit unangenehmen und häufig kaum zu ertragenden Entzugssymptomen (Schweissausbrüche und Kälteschauer, tränende Augen- und Nasenlaufen, Erbrechen, Durchfall, Unruhe, Gereiztheit, Schwäche, Angst, depressive © Pharma-News Seite 10 Nummer 118, November 2014 Zustände, schmerzhafte Krämpfe, Schlaflosigkeit und seltener auch Halluzinationen, psychotische Phasen und Krampfanfälle).19 Unter substitutionsgestützter Behandlung bei Opioidabhängigkeit (SGB) versteht man den ärztlich verordneten Ersatz eines konsumierten Opioids, welches die Abhängigkeit erzeugt, durch ein legales Medikament (Methadon, Buprenorphin, orales retardiertes Morphin, Diazetylmorphin = Heroin, u.a.) mit flankierenden medizinischen, psychiatrischen, psychotherapeutischen und sozialpädagogischen Massnahme.20 In der verschriebenen Dosierung vermindert bzw. beseitigt die SGB die euphorisierende Wirkung des Opioids, sie verhindert die Entzugssymptome und hat eine antidepressive Wirkung. Ziele der SBG sind:21 • Senkung der Mortalität und allgemeine Verbesserung des Gesundheitszustands • Verminderung oder Verhinderung von Folgeerkrankungen - wie beispielsweise Infektionen mit HCV oder HIV • Entkriminalisierung und Verminderung der Beschaffungskriminalität • Erhöhung sozialer Kompetenzen und der sozialen Integration • Steigerung der Lebensqualität In der Praxis und für eine gute Kontrolle sollte die Substitutionstherapie mit einer möglichst geringen Anzahl täglicher Einnahmen erfolgen und einen ausreichenden Blutspiegel sicherstellen, um Entzugssymptome zu verhindern. Dies ist möglich mit Arzneimitteln: • mit einer langen Halbwertszeit, wie z.B. Methadon • mit einer langen Halbwertszeit am Rezeptor, wie z.B. Buprenorphin (SUBUTEX®) • in retardierter Form, wie z.B. oralem Morphin mit verzögerter Freisetzung (SROM: slow release oral morphine - SEVRE-LONG®) • in hoher Dosierung: Heroin (= Diazetylmorphin) bei zweimal täglicher Einnahme21 2010 nahmen ca. 19 400 Opioidabhängige eine SGB in Anspruch; knapp 83% von ihnen wurden mit Methadon, 9% mit Buprenorphin, 7% mit Heroin und 1% mit anderen Opioiden behandelt.21 Die nachfolgende Tabelle zeigt die wichtigsten Unterschiede zwischen den verschiedenen Behandlungen, die in der Offizin abgegeben und von der Grundversicherung bezahlt werden auf.21 Methadon orale Lösung, Kapseln, Darreichungsform Tabletten, Zäpfchen PM: z.B. Lösung 1%, Spezialität KETALGIN® Kaps. KETALGIN Tabl.: 1 bis 40 mg Verfügbare KETALGIN Supp : 5 bis 150 mg Dosierungen KETALGIN Lösung: 0.1 bis 1% Anwendung 1 bis 2x /Tag grosse Erfahrung im Umgang mit der Substanz bei Vorteile Einstellung und Dosierung, günstiger als bei den anderen Behandlungen enge therapeutische Breite, Nachteile viele unerwünschte Wirkungen und Interaktionen Buprenorphin Morphin SROM Sublingualtabletten Retard-Kapseln SUBUTEX® SEVRE-LONG® 0.4, 2, 8 mg 30, 60, 120, 200 mg 1x /Tag bis 2x /Woche grössere therapeutische Breite und weniger Interaktionen als Methadon, antidepressive Wirkung 1x /Tag teurer als Methadon weniger sedierend und weniger Interaktionen als Methadon enge therapeutische Breite, teurer als Methadon 19 www.addictionsuisse.ch: focus 2011 OFSP : Dépendance aux opioïdes : Traitements basés sur la substitution ; Révision de juillet 2013 21 Swiss Society of Addiction Medicine : Recommandations médicales pour les traitements basés sur la substitution (TBS) de la dépendance aux opioïdes - 2012 20 © Pharma-News Seite 11 Nummer 118, November 2014 Die Verschreibung von Diazetylmorphin (Heroin) ist strikt reglementiert und nur in dafür spezialisierten Institutionen möglich. Es liegen keine Daten vor, welche eine Präferenz für die eine oder andere Substanz für bestimmte Patientengruppen belegen; mit einer Ausnahme: bei PatientInnen mit QTc-Verlängerung ist Buprenorphin oder retardiertes Morphin zu bevorzugen. Bestehen relevante Schwierigkeiten bei der Substitution mit der einen Substanz (z.B. Nebenwirkungen), ist ein Wechsel auf die andere möglich (von Methadon zu Buprenorphin und umgekehrt) und empfehlenswert.22 Zu Beginn der SGB sollte ein Vertrag erstellt und von allen Beteiligten also Patient, Arzt und Apotheker unterzeichnet werden: Dieser Vertrag hält Ziele, Modalitäten und Konditionen der Behandlung fest.22 Methadon Methadon, ein vollsynthetischer Opioidagonist, gilt immer noch als Goldstandard zur SGB von Opioidabhängigen. Aufgrund der langen Halbwertszeit von Methadon reicht eine einmalige tägliche Gabe zur Substitution aus. Repetitive Verabreichung von Methadon führt zur Kumulation, weshalb die Methadonsubstitution immer langsam und vorsichtig mit einer niedrigen Dosis begonnen werden soll, bis der „Steady State“ nach fünf bis sechs Tagen erreicht wird. Eine zu schnelle Dosissteigerung kann zu einer Intoxikation führen, besonders wenn andere Substanzen, wie z.B. Alkohol oder Benzodiazepine, nebenher konsumiert werden. Bei Intoxikationsanzeichen ist die Dosis unverzüglich stark zu reduzieren (z.B. zu halbieren). Eine starke Sedierung gilt als erstes Zeichen einer Intoxikation. Der Metabolismus von Methadon ist interindividuell u.a. durch genetischen Polymorphismus sehr verschieden und somit auch die Steady-State-Dosierung. Sie liegt häufig zwischen 20 und 100 mg/Tag, kann aber Patienten mit einem schnellen Metabolismus (sog. Ultrarapid Metabolizer) deutlich höher sein. Bei diesen Personen (ca. 10% der Bevölkerung) wird das Methadon in der Leber deutlich schneller abgebaut als bei der restlichen Bevölkerung.22 Methadon wird meistens geschluckt, wobei die flüssige Form (Lösungen zu 1% => 1 ml = 10 mg) die meist verabreichte galenische Form ist. Alternativ kann sie auch in fester Form verabreicht werden, wobei darauf zu achten ist, dass der Wirkstoff nicht extrahiert werden kann (Tabletten, Kapseln, PM). Methadon wird über das Cytochrom CYP 3A4 abgebaut und kann somit zu zahlreichen Arzneimittelinteraktionen führen. Es lohnt sich zu überprüfen, ob ein neues Medikament eingesetzt bzw. abgesetzt wurde, wenn der Patient über eine Veränderung der Methadonwirkung berichtet (zu stark, zu schwach). Methadon kann bei einer QTc-Verlängerung Herzrhythmusstörungen verursachen. Deshalb ist erhöhte Vorsicht geboten bei gleichzeitiger Anwendung von Arzneimitteln, die ebenfalls zu einer QTc-Verlängerung führen wie z.B. MOTILIUM®, KLACID® und viele andere.23 Buprenorphin Buprenorphin ist ein stark wirksames Analgetikum, das zur Behandlung ausgeprägter Schmerzen (TEMGESIC®), und relativ neu auch zur SGB bei Opioidabhängigkeit (SUBUTEX®) eingesetzt wird. Im Gegensatz zu Methadon kann die Substitution mit Buprenorphin mit grosszügigen Dosen eingeleitet werden: erste Dosis 2 mg, dann bis zu drei bis vier Mal 8 mg, auftitriert bis entsprechend 34 mg am ersten Tag. Der letzte Heroinkonsum sollte mindestens zwölf Stunden zurückliegen, um keine Entzugssymptome zu induzieren (Buprenorphin ist ein partieller Opioid-Agonist/Antagonist, d.h. kürzlich eingenommene Opioide können durch Buprenorphin vom Rezeptor verdrängt werden, was zu Entzugserscheinungen führt). Die Dosis am zweiten Tag liegt in der Regel nicht über 12 mg, auch wenn am ersten Tag wesentlich mehr verabreicht wurde. 22 23 www.fosumos.ch www.qtsyndrome.ch: liste des médicaments contre-indiqués chez les patients avec une prolongation de l’intervalle QT © Pharma-News Seite 12 Nummer 118, November 2014 SUBUTEX® ist in Form von Sublingualtabletten erhältlich. Um eine optimale Wirkung der Medikation zu erreichen, muss die Tablette bis zur völligen Auflösung unter der Zunge belassen werden (5 bis 10 Minuten). Die Einnahme erfolgt in der Regel täglich, aufgrund der langen Halbwertszeit des Buprenorphins sind auch grössere Abständen von zwei bis drei Wochen möglich. Buprenorphin verursacht weniger Interaktionen als Methadon. Morphin SROM Schon lange im Einsatz zur Behandlung von mittelstarken bis starken prolongierten Schmerzen ist SEVRE-LONG® seit ca. einem Jahr auch zur Substitutionsbehandlung bei Opioidabhängigkeit zugelassen. Die Dosierung erfolgt oral, wobei die Tagesdosis schrittweise über mehrere Tage gesteigert wird bis die geeignete Tagesdosis erreicht ist. Diese beträgt in der Regel 600-800 mg, wobei je nach Klinik erhebliche Abweichungen nach oben oder nach unten möglich sind. Interaktionen treten weniger häufig als mit Methadon auf. Versorgung der Patienten in der Offizin Patienten sollten über folgende Themen aufgeklärt werden: • Rückfall: Patienten mit Abstinenzabsicht sollten unbedingt über den Toleranzverlust und die erhöhte Gefahr einer Überdosierung bei erneutem Opioidkonsum nach erfolgreicher Entwöhnung mit Abstinenz oder sehr niedrigen Dosierungen informiert werden. Rückfälle in den illegalen Opioidkonsum nach Beendigung einer SGB sind sehr häufig und mit einer erheblichen Mortalität assoziiert.22 • Verhütung: Wegen fehlender Kontrazeption und fälschlich angenommener Unfruchtbarkeit bei Amenorrhoe ist das Risiko für ungewollte Schwangerschaft und sexuell übertragbaren Infektionskrankheiten hoch. Angesichts der wenig stabilen Lebenssituation vieler Opioidabhängiger ist eine Kontrazeption mit geringer Anforderung an die Compliance empfehlenswert. Bei entsprechenden Risikogruppen (häufiger Partnerwechsel, Prostitution) ist zum Schutz die zusätzliche Anwendung von Kondomen für beide Geschlechter (Femidom, Kondom) angezeigt. Wichtig: opioidabhängige Personen müssen informiert sein, dass trotz Amenorrhoe ein Schwangerschaftsrisiko besteht! Orale Kontrazeptiva interagieren nicht mit den Substitutionssubstanzen. • Mitgabe des Substitutionspräparats für Reisen: Die Organisation ist grundsätzlich Sache des Patienten und muss frühzeitig erfolgen. Bei der Mitgabe des Medikamentes für Reisen bis zu einem Monat müssen bei Überschreitung der Landesgrenzen die Bestimmungen des Ziellandes beachtet werden (siehe www.swissmedic.ch). Ausserdem soll bei Reisen Methadon nicht in flüssiger Form, sondern bevorzugt als Tabletten oder Kapseln abgegeben werden (Auslaufen, Kontrolle von Flüssigkeiten an Flughäfen). Auch muss der Haltbarkeit der Lösung Beachtung geschenkt werden. Vor allem bei Reisen in warme Länder sind Tabletten oder Kapseln besser geeignet als Medikamente in flüssiger Form. Substitutionsmedikamente sollten bei Flugreisen grundsätzlich im Handgepäck mitgeführt werden. Bei instabilen PatientInnen ist bei Ferien in der Schweiz ratsam, die Abgabe über eine Hausarzt oder Apotheker im geplanten Aufenthaltsort zu organisieren.21 • Unerwünschte Wirkungen: o Obstipation: allgemeine diätetische und Lebenstil-Empfehlungen (faserreiche Ernährung, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, körperliche Betätigung), bei Bedarf ein nicht-reizendes Abführmittel wie z.B. DUPHALAC® empfehlen. o Übelkeit und Erbrechen: Alkohol-, Tabak- und Kaffeekonsum reduzieren, evtl. ITINEROL B6® einsetzen. Erbricht der Patient: innerhalb von 15 min. nach oraler Einnahme: ist die Dosis vollständig zu wiederholen Innerhalb von 30 min. nach oraler Einnahme: ist die Hälfte der Dosis zu wiederholen © Pharma-News Seite 13 Nummer 118, November 2014 Achtung, die Verlässlichkeit der Aussagen des Patienten ist nicht immer klar! Dank der sublingualen Verabreichung entfällt dieses Problem bei Buprenorphin. o Exzessives Schwitzen: tritt hauptsächlich unter Methadon auf. Primäre Massnahme ist der Verzicht auf Alkohol, Kaffee und andere schweisstreibende Substanzen. Medikamentös kommen zentral wirkende Anticholinergika (Biperiden, Atropin) oder das Antihistaminikum Desloratadin zur Linderung der Symptomatik in Frage. o Libidoverlust: Tritt hauptsächlich unter Methadon auf. Therapieerfolg Eine in Neuenburg durchgeführte Studie über zehn Jahre mit opioid-abhängigen Patienten brachte folgende Ergebnisse:24 • Ein Viertel der Patienten konnte die SGB erfolgreich beenden und war abstinent • Mehr als die Hälfte der Patienten setzte nach zehn Jahren die SGB fort. • Eine allgemeine Stabilisierung des medizinischen und psychosozialen Zustands der Patienten, die eine Langzeit-Methadonersatztherapie durchführen: Abnahme des Heroinkonsums und der Kriminalität • … aber nur wenige berufliche Wiedereingliederungen • Eine langsame Verschlechterung der physischen Gesundheit wurde bei 30% der Patienten beobachtet, hauptsächlich im Zusammenhang mit chronischen Krankheiten wie Hepatitis C und HIV oder ungünstigen Lebensgewohnheiten (übermässiger Alkoholkonsum, Rauchen usw.)25 Wussten Sie das? Während die „Heroin-Epidemie“ der achtziger und neunziger Jahre am abklingen ist, hat der Kokainkonsum in den letzten Jahren stetig zugenommen. Im Gegensatz zu Heroin, Morphin und Codein ist Kokain kein Opioid. Demzufolge kann es auch nicht mit Arzneimitteln wie Methadon, Buprenorphin oder Morphin substituiert werden. Es gibt keine offiziell anerkannte Behandlung der Kokainabhängigkeit. Psychosoziale Massnahmen und Verhaltenstherapien werden zur Unterstützung eines Ent25 zugs angeboten. Hochdosiertes Methadon, Buprenorphin oder SROM können bestenfalls das „craving“ (engl., unwiderstehliches Substanzverlangen) lin25 dern. OPIOIDERSATZTHERAPIE - wichtig für die Beratung: Methadon, Buprenorphin (SUBUTEX®), orales Morphin mit verzögerter Freisetzung (SEVRELONG®) können im Rahmen einer Opioidersatztherapie in der Offizin abgegeben werden Methadon: ist das bekannteste und günstigste Präparat, gilt immer noch als Goldstandard. Verursacht allerdings viele unerwünschte Wirkungen (u.a. QTc-Verlängerung) und Interaktionen SUBUTEX® und SEVRE-LONG®: deutlich teurer, aber auch besser verträglich und mit weniger Interaktionen Achtung: Gefahr einer Überdosierung nach erfolgreichem Entzug, Verhütung ist ein wichtiges Thema, häufige unerwünschte Wirkungen wie Obstipation und Übelkeit 24 25 Revue Med Suisse : quelle évolution pour un patient substitué à la méthadone au long cours ? 1997-2006 Forum Med Suisse 2010 ; 10 (25) : 437-440 © Pharma-News Seite 14 Nummer 118, November 2014 UVEITIS Uvea ≠ UV Mit ca. 50 Neuerkrankungen pro Jahr und ca. 100‘000 Personen) ist die Uveitis eine häufige Augenerkrankung und die vierthäufigste Ursache für Erblindung nach der altersbedingten Makuladegeneration, dem Glaukom und der diabetischen Retinopathie. Tatsächlich sind 10% aller Sehstörungen in der westlichen Bevölkerung einer Uveitis zuzuschureiben.26 In diesem Sinne ist es wichtig, dass das Apothekenteam in der Lage ist, erste Zeichen einer Uveitis zu erkennen und die wichtigsten Massnahmen für eine optimale Versorgung zu ergreifen. Eine Uveitis ist eine Entzündung der mittleren Augenhaut (Uvea), die aus der Aderhaut (Choroidea), dem Strahlenkörper (Corpus ciliare) und der Regenbogenhaut (Iris) besteht. Der Glaskörper kann auch beteiligt sein. Im Deutschen wird der Terminus Regenbogenhautentzündung verwendet, für die Entzündung von Choroidea und Corpus ciliare existiert kein eigener deutscher Begriff. Es gibt eine Fülle von verschiedenen Krankheitsbildern, die eine Uveitis hervorrufen können. Eine Möglichkeit zur Differenzierung ist die Einteilung nach dem anatomischen Ort der Entzündung, also nach einem oder mehreren der drei Teile der Uvea wie auf dem Schema oben ersichtlich.27 • Die Uveitis anterior ist eine Entzündung des vorderen Bereichs der Uvea, vor allem der Iris und des Ziliarmuskels. Sind nur Zellen in der Augenvorderkammer betroffen, spricht man von einer Iritis, sind auch wenige Zellen hinter der Linse betroffen, u. a. im vorderen Glaskörper, spricht man von einer Iridozyklitis. Es handelt sich mit ca. 50% aller Fälle um die häufigste Form. • Die Uveitis intermedia betrifft den mittleren Teil der Uvea. Man findet hier die höchste Dichte freier Entzündungszellen im Glaskörper (Glaskörperentzündung oder Vitritis). Es können aber auch wenige Zellen in der Vorderkammer betroffen sein. • die Uveitis posterior umfasst jetzt auch Veränderungen (Infiltration mit Entzündungszellen) an der Netzhaut und Aderhaut. Man spricht dann je nach Befall von Retinitis, Chorioiditis und Chorioretinitis, bzw. Retinochorioiitis. 26 27 http://www.medicalforum.ch/docs/smf/archiv/fr/2007/2007-50/2007-50-022.pdf http://www3.chu-rouen.fr/Internet/services/ophtalmologie/patients/Maladies/Uveites © Pharma-News Seite 15 Nummer 118, November 2014 • die Panuveitis zeigt in allen drei Bereichen Entzündungszellen, sagt aber nichts über die Schwere der Entzündung aus. Eine Klassifikation der Uveitis-Formen lässt sich auch durch die Unterscheidung in „primär“ und „sekundär“ vornehmen. Primäre Formen sind alle Formen einer intraokularen Entzündung, , die nicht „erklärbar“ sind, also für die keine Ursache gefunden wird. Früher wurden die primären Formen auch „endogen“ oder „idiopathisch“ genannt. Die sekundäre Uveitis, von der ca. 60% aller Patienten betroffen sind, ist assoziiert mit extraokulären Erkrankungen (48%) wie Sarkoidose, Spondylarthropathien, Morbus Behçet als Erkrankung des rheumatischen Formenkreises oder Multipler Sklerose, okulären Syndromen (34%) wie Fuchs'sches Uveitis-Syndrom oder White-dotSyndromen, sowie infektiösen Erkrankungen (18%) wie zum Beispiel Herpes oder Toxoplasmose. Die Symptome unterscheiden sich je nach Art der Uveitis, die Behandlung ist mehr oder weniger gleich. Die Erkrankung kann akut oder chronisch verlaufen und nur eines oder beide Augen betreffen.28,29 Symptome Die Symptome hängen vom anatomischen Ort der Entzündung ab. Die Entzündung der hinteren Aderhautanteile (Posteriore Uveitis/Panuveitis) führt häufiger zu einer dauerhaften Herabsetzung der Sehschärfe („Wolkensehen“, „Verschwommensehen“) als eine anteriore Uveitis, bei der die Augenrötung im Vordergrund steht. Ferner treten auf: Schmerzen, Fremdkörpergefühl, Lichtempfindlichkeit, Tränenfluss. Generell gilt: je weiter vorne und aussen die Entzündung im Auge lokalisiert ist, desto mehr Beschwerden bereitet sie dem Patienten. Die typischen Symptome einer Uveitis anterior sind rotes Auge, Schmerzen und Lichtempfindlichkeit; die Symptome einer Uveitis intermedia sind hingegen Schleier- und Punktesehen bei äusserlich weissem Auge; die Beschwerden einer Uveitis posterior können für den Patienten entweder minimal (die Infiltrate liegen ausserhalb der Stelle des schärfsten Sehens) oder eine sich nicht bewegende Wolke vor der Stelle des schärfsten Sehens sein. Die Erkrankung kann, muss aber nicht, beidseitig auftreten und kann von Laien mit einer Bindehautentzündung verwechselt werden. Bestimmte Uveitiden bei Kindern mit einer rheumatischen Erkrankung können ohne die typischen Uveitis-Symptome ablaufen und deshalb unbemerkt bleiben. Kinder mit rheumatischen Erkrankungen sollten daher unverzüglich nach Diagnosestellung des Rheumas einem Augenarzt vorgestellt werden. Die folgende Tabelle fasst die Symptome zusammen:2,3,4 Art der Uveitis Symptome Uveitis anteriore Rotes Auge, Schmerzen, Herabsetzung der Sehschärfe Uveitis intermedia Keine Schmerzen, aber Herabsetzung der Sehschärfe, Schleier und Punktesehen Uveitis posteriore Weder Schmerzen noch Rötung, aber eine starke Abnahme der Sehschärfe, Verschwommensehen, sich bewegende Punkte im Sehfeld Häufig kommen Patienten in die Apotheke und verlangen Augentropfen, weil ihre Augen rot sind. Hier spielt das Apothekenteam eine Schlüsselrolle. Die Triage ist ausführlich durchzuführen und die Beschwerden des Patienten und Alarmzeichen sind ernst zu nehmen. Bei Augenschmerzen 28 29 Revue Prescire, tome 11 N®109, 367-370 http://www.asile-aveugles.ch/hôpital-ophtalmique-jules-gonin/pathologies-oculaires/uvéite.aspx © Pharma-News Seite 16 Nummer 118, November 2014 oder Abnahme der Sehschärfe ist der Patient immer an einen Augenarzt bzw. Notfallarzt zu verweisen. In diesen Fällen dürfen keine Augentropfen abgegeben werden! Ursachen und Risikofaktoren Die Ursachen sind vielfältig und in der Regel schwer zu bestimmen. Tatsächlich wird nur in ca. 30% der Fälle eine Ursache gefunden. Infektiöse Ursachen Zahlreiche sekundäre Formen der Uveitis sind infektiös bedingt. Eine Vielzahl von Infektionserregern wie Viren, Bakterien, Pilze und auch seltenen Parasiten kann zur Endophthalmitis (Entzündung der Augeninnenräume) mit exogener und endogener Keimbesiedlung führen. Problematisch sind opportunistische Infektionen bei immunsupprimierten Patienten, beziehungsweise bei Patienten nach Trauma oder Operation. Infektionen der Augenwand können bei Kontaktlinsenträgern auch auf exogenem Weg durch Befall mit Akanthamöben entstehen. Diese können sehr schmerzhafte Hornhautentzündung verursachen und gehen nicht selten mit einem erheblichen Sehverlust einher. Rheumatische und immunologische Ursachen Diese sekundären Formen der Uveitis sind komplex und bisher schlecht aufgeklärt. Sie können unter anderem durch Systemerkrankungen wie Spondylarthropathien hervorgerufen werden. Die Spondylarthropathien, inklusive der reaktiven Arthritis (früher: Reiter-Syndrom) und der Spondylitis ankylosans (früher: Morbus Bechterew), sind die häufigsten Systemerkrankungen in Assoziation mit einer Uveitis in westlichen Ländern und werden bei bis zu 21% der Uveitis-Patienten gefunden. Die Genetik scheint auch eine Rolle zu spielen. 70% der Patienten mit einer akuten anterioren und einseitigen Uveitis tragen das Human-Leukozyten-Antigen (HLA) B27. HLA-B27 spielt eine wichtige Rolle bei immunologischen Abwehrreaktionen des Körpers. Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen wie auch Patienten mit Psoriasis entwickeln zu circa 1-2% eine anteriore Uveitis, welche sich ganz ähnlich wie bei den Spondylarthropathien als einseitige, plötzlich auftretende und rekurrierende anteriore Uveitis oder aber auch als eher chronische, auch die hinteren Augenabschnitte betreffende Uveitis äussern kann. Zu den neurologischen Erkrankungen, welche mit einer Uveitis assoziiert sind, gehört auch die Multiple Sklerose.2,3,4 Verlauf und Folgen einer Uveitis Wird eine Uveitis schnell und richtig behandelt, hinterlässt sie in der Regel keine bleibenden Schäden beim Patienten. Dennoch können trotz korrekt durchgeführter Therapie Komplikationen auftreten wie Grüner und Grauer Star, Störungen der Blutversorgung im Bereich des Sehnervs oder Netzhautablösungen. Ca. 35% der Uveitis-Patienten erleiden eine deutliche Abnahme der Sehschärfe bis hin zur Erblindung.26,2,3,4 Behandlung Die Therapie der Uveitis erfolgt in Abhängigkeit von ihrer Schwere und ihrem Verlauf. Bei bakteriellen Infektionen ist eine gezielte antibiotische Therapie notwendig, bei Pilzerkrankungen auch eine gezielte antimykotische Therapie. Corticosteroide werden in Form von Tropfen (z.B. Dexamethason in SPERSADEX MONO® 0,1%), Gelen oder Salben in den vorderen Augenabschnitt appliziert. Ihre lokale oder intraokulare Injektion, beziehungsweise ihre systemische (orale/intravenöse) Gabe sind Hauptpfeiler in der Behandlung der Uveitis, nicht zuletzt aufgrund des umgehenden Wirkungseintritts der Corticosteriode. Damit als mögliche bleibende Folge der Entzündung keine Verklebungen zwischen Iris und Linse auftreten und die Sehfunktion nicht dauerhaft beeinträchtigt wird, gibt man zusätzlich Tropfen, die die Pupille erweitern (Mydriatikum, Atropin z.B. ATROPINE SDU® Faure 0.5 %). © Pharma-News Seite 17 Nummer 118, November 2014 Da sowohl aus dem Entzündungsprozess im Auge als auch durch die dagegen eingesetzten Medikamente eine Erhöhung des Augeninnendrucks resultieren kann, ist dessen Kontrolle wichtig. Ist der Augeninnendruck erhöht, kommen Augentropfen zur Glaukombehandlung zum Einsatz, wie z.B. der Betablocker Timolol (TIMISOL SDU® 0.25 %). Bei wiederholten Schüben wird eine dauerhafte Therapie mit niedrigdosierten Corticosteroiden und/oder eine systemische Immunsuppression empfohlen, z. B. Methotrexat, Cyclosporin A (SANDIMMUN®), Azathioprin (IMUREK®) oder anti-TNF (HUMIRA®).2,3,4 UVEITIS – wichtig für die Beratung: Eine Uveitis ist eine Entzündung der mittleren Augenhaut (Uvea), die aus der Aderhaut (Choroidea), dem Strahlenkörper (Corpus ciliare) und der Regenbogenhaut (Iris) besteht Die Folgen einer Uveitis können gravierend seind: Grüner Star oder Grauer Star, Erblindung… Uncharakteristische Symptome: das Auge kann rot sein und schmerzen, oder auch nicht, die Sehstärke nimmt allerdings immer ab. Erfordert eine rasche medizinische Versorgung In Kürze Rückzug von HYGROTON® (Chlortalidon): kein identisches Arzneimittel in der Schweiz HYGROTON® wurde vom Schweizer Markt zurückgezogen. Es steht kein Arzneimittel mit nur diesem Wirkstoff allein zur Verfügung. Chlortalidon ist ein harntreibender Wirkstoff aus der Gruppe der Thiazide. Man findet aber andere Präparate mit einem Diuretikum aus derselben Wirkstoffgruppe (Thiaziddiuretikum), die als Monopräparat verfügbar sind: Indapamid (FLUDEX® und Generika) und Hydrochlorothiazid (z.B. ESIDREX®). Dennoch ist Vorsicht geboten bei einem allfälligen Präparatewechsel, denn das Interaktionsprofil der verschiedenen Substanzen ist unterschiedlich. Zulassung von TRESIBA® (Insulin Degludec) mit 200 UI/ml: gut zählen, um Verabreichungsfehler zu vermeiden! TRESIBA® (Insulin Degludec) wurde ausführlich in den PN Nr. 107 vom Oktober 2013 vorgestellt. Es handelt sich um ein Insulin mit sehr langer Halbwertszeit (länger als 40 Stunden) zur Behandlung von Typ-1- und/oder Typ-2-Diabetes bei erwachsenen Patienten über 18 Jahren. Dieses Langzeit-Insulin hat den Vorteil, weniger nächtliche Hypoglykämien zu verursachen und mehr Flexibilität beim Anwendungszeitpunkt zu ermöglichen. Erfahrungen betreffend der klinischen Wirksamkeit fehlen noch. Seit Kurzem ist TRESIBA® mit einer Dosierung von 200 UI/ml erhältlich, was es ermöglicht, mehr Insulin im gleichen Volumen zu injizieren (bis 160 UI, in Stufen von zwei Einheiten). Es ist das erste in dieser Konzentration verfügbare Insulin. Bis jetzt herrschte Einheitlichkeit bei den Insulindosierungen (100 UI/ml), was dazu beitrug, Fehler beim Wechsel von einem Präparat zum anderen zu verhindern und somit den Patienten mehr Sicherheit zu gewährleisten. Es ist nun wichtig, die Patienten sorgfältig zu informieren. RIFAMPICIN Labatec®: Zulassung von neuen Dosierungen Rifampicin ist ein Antibiotikum das hauptsächlich zur Behandlung der Tuberkulose zum Einsatz kommt. Es gehört zur Basistherapie dieser Erkrankung sowohl bei latenten wie bei aktiven Formen (für mehr Details über die Tuberkulose, siehe PN Nr. 100 von Dezember 2012). Die Tagesdosis © Pharma-News Seite 18 Nummer 118, November 2014 hängt vom Gewicht des zu behandelnden Patienten ab. In diesem Sinne ist eine möglichst breite Dosierungsauswahl von Vorteil. RIFAMPICIN Labatec® Tabletten sind nun erhältlich mit 150, 300, 450 und 600 mg (wie RIMACTAN®), was die individuelle Dosierung erleichtert. Zur Erinnerung: Rifampicin ist ein potenter Enzyminduktor, der den Abbau einer Vielzahl von Arzneistoffen beschleunigt und somit ihre Wirkung vermindert. Hierzu gehören auch Kontrazeptiva. Zu Beginn einer Behandlung mit RIFAMPICIN®, bei jedem Dosierungswechsel oder bei Therapie-Ende ist es deshalb wichtig, mögliche Interaktionen mit anderen Medikamenten abzuchecken und ggf. Therapieänderungen vorzunehmen. Anmerkung des Herausgebers Die Empfehlungen in Pharma-News geben die Meinung der Autoren auf Grund der bei Redaktionsschluss vorhandenen Daten wieder. Der CAP trägt dafür keinerlei Verantwortung. Resultate des Lesetests der PN 116 – die Gewinnerinnen: Fehlerfrei ! Albertoni Véronique Kessler Céline Schmid Jaël Chenal Maude Pigozzi Katia Mourot Sonia Frésard Anne Laure Moullet Sylviane Niquille Laura Branche Véronique © Pharma-News Pharmacie de St-Sulpice Pharmacie de St-Sulpice Pharmacie Plus Centrale Sun Store Les Eplatures Sun Store Les Eplatures Sun Store Les Eplatures Sun Store Les Eplatures Sun Store Les Eplatures Pharmacie du Hêtre Pharmacie du Hêtre Seite 19 St-Sulpice St-Sulpice Fleurier La Chaux-de-Fonds La Chaux-de-Fonds La Chaux-de-Fonds La Chaux-de-Fonds La Chaux-de-Fonds Belfaux Belfaux Nummer 118, November 2014 Ein entschuldigter Fehler ! Panettieri Sophie Fioritto Priscille Guyot Alizée Baudin Angélique Hofer Isabelle Jourdain Elodie Fatio Marie-Jeanne Modolo Sonia Rollier Carine Sacco Bruno Maria-Angela Fonseca Solange Peguiron Nicole Membré Jennifer Werner Marie-Thérèse Ploivy-Coigné Béatrice Kramer Carine Bau Sandra Gonseth Agnès Cottier Tifanny Hofmann Evelyne Trepier Patricia Pharmacieplus schneeberger Pharmacieplus schneeberger Pharmacie Sun Store Pharmacie Sun Store Pharmacie Sun Store Pharmacie Pillonel Pharmacie de Chardonne Pharmacie Plus Centrale Pharmacie de Malagnou Pharmacie de Malagnou Pharmacie de Malagnou Pharmacie de la Vallombreuse Pharmacie Sun Store Pharmacie Populaire Tranchées Pharmacie Amavita pharmacieplus de la neuveville pharmacieplus de la neuveville Pharmacie du 1er Mars Pharmacie Vouilloz Pharmacie de St-PrexSA Pharmacieplus de colombier sa Tramelan Tramelan Le Locle Etoy Etoy La Chaux-de-Fonds Chardonne Fleurier Genève Genève Genève Prilly Sierre Genève Petit-Lancy La Neuveville La Neuveville Les Geneveys-sur-Coffrane Martigny St-Prex Colombier Die glückliche Gewinnerin ist Alizée Guyot! Sie gewinnt einen Bon ihrer Wahl über 100 CHF. NEUE OPTION: ab 2014 können Sie auch einen Bon beim CAP über 120 CHF anrechenbar für Kurse Ihrer Wahl auswählen © Pharma-News Seite 20 Nummer 118, November 2014 LESETEST Pharma-News Nr. 117 Kreuzen Sie die richtige Antwort oder die richtigen Antworten an, machen Sie einen Kreis um RICHTIG oder FALSCH oder beantworten Sie die Frage. 1) Kreuzen Sie die richtigen Aussagen zur Pflege der Kontaktlinsenmittel an: a) Steht kein spezifisches Reinigungspräparat zur Verfügung, kann man die Kontaktlinsen ohne Weiteres mit Leitungswasser spülen b) Eine falsche Handhabung der Kontaktlinsen kann zu Hornhautabszessen führen c) Alle Benetzungstropfen eignen sich gut zur Befeuchtung der Kontaktlinsen während dem Tragen d) Multifunktionslösungen (All-in-one-Lösungen) enthalten Konservierungsstoffe, die Reizungen verursachen können e) Man muss die Kontaktlinsen mit der All-in-one-Lösung abreiben, bevor man sie dann mehrere Stunden in der Lösung einweichen lässt 2) RICHTIG oder FALSCH zur Läusebehandlung mit Dimeticon? a) Dimeticon hat denselben Wirkmechanismus wie Permethrin und Malathion b) Das Risiko von Resistenzen ist kleiner mit Dimeticon als mit den chemischen Pedikuliziden c) Mit Dimeticon ist eine Nachbehandlung nach sieben Tagen nicht notwendig wie bei PRIODERM® d) HEDRIN® ist kontraindiziert bei schwangeren Frauen e) Dimeticon stellt neu die Behandlung der ersten Wahl zur Behandlung des Läusebefalls dar Richtig / Falsch Richtig / Falsch Richtig / Falsch Richtig / Falsch Richtig / Falsch 3) Wählen Sie aus! a) FLUTIFORM® ist zugelassen zur Behandlung der COPD des Asthmas b) FLUTIFORM® enthält denselben Bronchodilatator wie AXOTIDE® FORADIL® c) FLUTIFORM® kann angewendet werden in jedem Alter ab 12 Jahren d) FLUTIFORM® ist erhältlich als Inhalationspulver Dosieraerosol e) FLUTIFORM® wird einmal täglich zweimal täglich angewendet 4) PROXEED PLUS® ist (mehrere Antworten sind möglich): a) ein Nahrungsergänzungsmittel b) ein neues Arzneimittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion c) ein rezeptpflichtiges Medikament d) ein Nahrungsergänzungsmittel zur Steigerung der männlichen Fruchtbarkeit e) ein Pulver zum Auflösen in Fruchtsäften oder anderen kalten Getränken 5) Kreuzen Sie die Arzneimittelkombinationen an, die kontraindiziert sind bzw. Wechselwirkungen haben: a) XTANDI® - KLACID® b) TAXOTERE - ZYTIGA® c) FLUTIFORM® - VENTOLIN® d) AXOTIDE® - FORADIL® e) XTANDI® - SINTROM® © Pharma-News Seite 21 Nummer 118, November 2014 6) JA oder NEIN ? a) Regt Testosteron das Wachstum von Prostakrebszellen an? b) Deuten Miktionsstörungen beim Mann immer auf einen malignen Tumor in der Prostata hin? c) Gibt es rasant verlaufende Prostatakrebsformen ? d) Gehören ZYTIGA® und XTANDI® zu den ersten Vertreter der Anti-Androgenpräparate zur Behandlung von Prostatakrebs? e) Können ZYTIGA® und XTANDI® zu einer übermässigen Entwicklung der Brustdrüsen beim Mann führen? Ja / Nein Ja / Nein Ja / Nein Ja / Nein Ja / Nein 7) Betrifft SANADERMIL® Ectoin Care und/oder SANADERMIL® Acute oder keines der beiden? a) enthält 7% Ectoin Care / Acute b) wird angewendet zur Pflege der trockenen und gereizten Haut Care / Acute c) enthält weder Farbstoffe noch Parfum noch Konservierungsstoffe Care / Acute d) enthält Hydrocortison Care / Acute e) wird zweimal täglich oder nach Bedarf angewendet Care / Acute 8) Betrifft ZYTIGA® und/oder XTANDI®? a) verzögert das Auftreten von prostatakrebsbedingten Schmerzen b) muss immer zusammen mit Cortison angewendet werden c) unabhängig von den Mahlzeiten einnehmen d) die Dosierung beträgt vier Tabletten als Einmaldosis täglich e) begünstigt unerwünschte Herzwirkungen ZYTIGA® / XTANDI® ZYTIGA® / XTANDI® ZYTIGA® / XTANDI® ZYTIGA® / XTANDI® ZYTIGA® / XTANDI® 9) Kreuzen Sie die Massnahmen an, die der guten Anwendungspraxis von Kontaktlinsen entsprechen: a) Augen vor dem Herausnehmen der Linsen abschminken b) Weiche Kontaktlinsen nie länger als 12 Stunden tragen c) Immer denselben Behälter verwenden, unabhängig davon, welches Pflegesystem angewendet wird d) Ausser Benetzungstropfen dürfen keine Augentropfen während des Tragens der Linsen in die Augen eingeträufelt werden e) Zum Schminken "waterproof"-Produkte bevorzugen 10) Kreuzen Sie das Richtige an: Arzneimittel Medizinalprodukt Nahrungsergänzungsmittel SANADERMIL® Ectoin Care PROXEED PLUS® HEDRIN® ANTIDRY® LOXAZOL® Senden Sie einen Test pro Pharma-AssistentIn vor dem 25. November 2014 per Fax an die Nr. 0223630085 Name Vorname Unterschrift Stempel der Apotheke © Pharma-News Seite 22 Nummer 118, November 2014