09. Wortstellung

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Syntax und Morphologie
Einführungskurs
9. Vorlesung
Das topologische Feldermodell
Verb-Erst (V1)
typische Abfolge in Entscheidungsfragen
finites Verb  übriger Satz
Hat Peter gestern beim Zahnarzt ein Eis gegessen?
Verb-Zweit (V2)
typische Abfolge in selbständigen Aussagesätzen
Konstituente  finites Verb  übriger Satz
Peter hat gestern beim Zahnarzt ein Eis gegessen.
Verb-End (VE)
typische Nebensatzabfolge
Konjunktion  übriger Satz  finites Verb
(Ich glaube,)
dass Peter gestern beim Zahnarzt ein Eis gegessen hat.
Das topologische Feldermodell
… nimmt fünf Felder an, um die möglichen Abfolgen in
deutschen Sätzen zu beschreiben:
Das topologische Feldermodell
Im Vorfeld steht fakultativ genau eine (beliebig komplexe)
Konstituente. Eine Bewegung ins Vorfeld wird auch Topikalisierung
genannt (Verschiebeprobe = Topikalisierungstest).
Die linke Satzklammer enthält entweder das finite Verb oder eine
nebensatzeinleitende Konjunktion (in eingebetteten Ergänzungsfragen
oder Relativsätzen kann sie auch leer bleiben).
Im Mittelfeld können beliebig viele Konstituenten stehen.
In der rechten Satzklammer stehen alle infiniten Verben und das finite
Verb, falls es nicht in der linken Satzklammer steht.
Im Nachfeld stehen meist Subjekt-, Objekt-, Adverbial- oder
Relativsätze (falls vorhanden), nicht-nominale Satzglieder (auch PP)
(!) Vor-, Mittel- und Nachfeld können Sätze enthalten, die selber wieder
nach dem Feldermodell analysiert werden können
Vor-Vorfeld / Linksversetzung: Einheiten dieses Bereichs sind nicht am
syntaktischen Aufbau des Satzes beteiligt.
Das topologische Feldermodell
Permutationen
Permutationen
Permutationen
!?
Klammern und Felder
Die Linke Klammer ist die Position, in der sich das finite
Verb befindet
Die Rechte Klammer ist der Ort für nicht-finite Verben
z.B. für das Partizip
oder mehrere nicht-finite Verben dort befinden,
beispielsweise
wenn sich im Satz noch ein Modalverb befindet,
oder wenn es sich um eine Passivkonstruktion im Präteritum
handelt.
Klammern und Felder
Zwischen Linker und Rechter Klammer befindet sich das
Mittelfeld.
Hier können beliebig viele Satzglieder stehen (und auch
fast in beliebiger Reihenfolge, s.o.)
Es kann aber auch leer sein, und zwar genau dann,
wenn der Satz nur aus einem finiten, intransitiven Verb
besteht und sich das einzige Satzglied im Vorfeld
befindet.
Klammern und Felder
Vor der Linken Klammer befindet sich das Vorfeld.
In ihm darf nur ein Satzglied stehen,
aber das wichtige ist: es ist egal, welches,
insbesondere muss es nicht immer das Subjekt sein.
Nach der Rechten Klammer befindet sich das Nachfeld.
In ihm können Satzglieder stehen;
allerdings nur solche, die nicht-nominal sind,
also entweder eingebettete Sätze
oder Satzglieder, die mit einer Präposition eingeleitet
werden.
Klammern und Felder
Klammern und Felder
Wenn wir jetzt für Satzglieder die bekannten Begriffe
Subjekt, Objekt, Verb (Prädikat) nehmen, wird klar,
dass Deutsch nicht wie Englisch eine SVO Sprache ist,
sondern wir sprechen von einer Verb-Zweit (V2)
Sprache.
• Das bedeutet, dass die (auf den ersten Blick) einzige Restriktion für
die Wortstellung im Deutschen darin besteht, dass das finite Verb
(V-fin) sich immer an der zweiten Position im Satz befinden muss.
• Und insbesondere macht es keinen Unterschied, ob sich an der
ersten Stelle (im Vorfeld) das Subjekt, das Objekt oder ein ganz
anderes Satzglied befindet.
• Neben Lokal- oder Temporal-Angaben, die im Vorfeld sehr häufig
auftreten, gibt es auch Sätze, in denen sich im Vorfeld ein
sogenanntes Expletivum befindet.
Klammern und Felder
Das Expletivum hat eine reine „Lückenbüßer-Funktion“.
Es wird genau dann eingesetzt, wenn sich kein anderes
Satzglied im Vorfeld befindet.
Es hat keinen semantischen Gehalt und wenn ein anderes
Satzglied sich im Vorfeld befindet, muss es wieder
verschwinden.
Komplexe Sä
Sätze
Ein Satz kann selbst Satzglied sein, wenn er eingebettet ist.
Ein Matrixsatz ist ein Satz, in dem sich noch ein weiterer Satz
befindet.
Kennzeichen von subordinierten Sätzen ist, dass sie von
einer Konjunktion eingeleitet werden.
Die gesamte Konstruktion nennt sich Satzgefüge oder
komplexer Satz.
Komplexe Sä
Sätze
Die Einbettungsoperation ist rekursiv,
d.h. sie kann unendlich oft angewendet werden und zwar auf das
Ergebnis der ersten Operation.
d.h. ein Satz, der schon eingebettet ist, kann wiederum einen Satz
einbetten.
Der eingebettete Satz befindet sich im Nachfeld des Hauptsatzes:
Damit wird auch ausgedrückt, dass der eingebettete Satz zum
Hauptsatz gehört, also ein Satzglied des Hauptsatzes ist.
Komplexe Sä
Sätze
Als Satzglied müsste ein eingebetteter Satz dieselben
Stellungsmöglichkeiten wie andere Satzglieder haben,
z.B. Vorfeldposition
im Mittelfeld aber problematisch
Es ist unklar, ob es sich hier tatsächlich um grammatische
Restriktionen handelt oder ob es mehr eine Frage der
Satzverarbeitung ist, da solche komplexen Strukturen häufig
schwer zu verstehen sind.
Komplexe Sä
Sätze
Dass das Nachfeld die bevorzugte Position für Sätze ist,
kann man auch daran sehen, dass Relativsätze, die ja
eigentlich ein Nomen modifizieren sollen, sich von
diesem „wegbewegen“ können.
Man spricht hier von Extraposition.
Überzeugen Sie sich selbst, dass in diesem Fall wirklich
beides geht!
Komplexe Sä
Sätze
der Nebensatz im Feldermodell
durch kleine Änderung / Erweiterung der Regeln für die
Felderbesetzung können wir sowohl Hauptsätze als auch
eingebettete Sätze mit demselben Schema beschreiben
Im Nachfeld des eingebetteten Satzes kann sich wiederum
ein Satz befinden.
Komplexe Sä
Sätze
 Damit man sich bei der Analyse zurechtfindet, werden die Sätze durchnummeriert, wobei der
Wurzelsatz die Nummer (S1) erhält und die danach eingebetteten werden dann entsprechend
weiter nummeriert.
Komplexe Sä
Sätze
Kennzeichen von eingebetteten Sätzen
leeres Vorfeld
die Konjunktion befindet sich in der Linken Satzklammer
Das finite Verb selbst
in der Rechten Satzklammer
nach den infiniten Verben
D.h. dass das finite Verb den Satz abschließt.
Der Regelkanon muss also wie folgt ergänzt werden:
Annahme
Deutsch ist zugrundeliegend eine V-letzt-Sprache
die Hauptsätze (V2) werden abgeleitet:
Evidenz dafür bieten die sogenannten Partikelverben
die Partikel bleibt an ihrem „Ursprungs“-ort zurück
Wichtige begriffliche Unterscheidung
Satzart: Unterscheidung nach Gebrauchskriterien:
Wird der Satz als Frage, als Feststellung (Aussage), als Befehl
verwendet?
Deklarativsatz, Interrogativsatz, Imperativsatz, Exklamativsatz,
Optativsatz oder Wunschsatz.
Satztyp: Unterscheidung nach formalen Kriterien
Wo steht das finite Verb?
Verb-erst; Verb-zweit; Verb-end
(!) keine eins-zu-eins-Beziehung zwischen Satzart und Satztyp
V1V1-Sätze: das Vorfeld bleibt unbesetzt (oder leer)
Hauptsächlich als Entscheidungsfragen (38-39), aber
auch als Deklarativsätze in eingeschränkten Kontexten
(40) und als Exklamativsätze mit der obligatorischen
Partikel „doch“ (41)
Imperativsätze (42-43) sowie einige Wunschsätze (44)
V2V2-Sätze: das Vorfeld ist durch das Fragewort besetzt
Konstituentenfragen (W-Fragen)
In einer W-Frage muss sich das W-Pronomen im Vorfeld befinden,
ansonsten wird der Satz nicht als Interrogativsatz interpretiert:
Das Fragepronomen kann auch an seiner Ursprungsposition
bleiben, aber dann muss es stark betont werden: Echo-Frage.
Man kann auch nur mehr als ein Fragewort in einem Satz
haben. Man spricht dann von Mehrfachfragen.
Eingebettete Fragen
Indirekte Fragen
subordinierte Sätze
Gesamtkonstruktion ist eine Aussage!
eingebettete Sätze sind V-End
(51): in der Linken Klammer befindet sich die Konjunktion „ob“, die einen
indirekten Entscheidungsfragesatz kennzeichnet
(52) & (53): Konjunktion fehlt; W-Wort im Vorfeld
Also halten wir fest:
Die vorgegebene Struktur ist immer dieselbe.
Satztypen unterscheiden sich aber genau darin, welchen
Gebrauch sie von den einzelnen Positionen machen.
Generalisierung:
Relativsätze:
das Vorfeld wird durch das Relativpronomen besetzt
die Linke Klammer bleibt immer leer
Das topologische Feldermodell
… ist keine generative Grammatik, d.h. es enthält keine
Regeln zur Bildung deutscher Sätze, sondern nur
Strukturbeschreibungen.
Mit Hilfe der Felderanalyse lässt sich die lineare Abfolge
innerhalb von deutschen Sätzen adäquat beschreiben.
Da das Feldermodell genau alle deutschen Sätze
erfasst, erfüllt es die Anforderungen an eine
beobachtungsadäquate Grammatik.
Das topologische Feldermodell
… kann nicht alle Phänomene erfassen, die mit der
hierarchischen Struktur von Sätzen zusammenhängen.
 strukturelle Ambiguitäten
 die Beziehung zwischen getrennten Subkonstituenten
einer Konstituente
Aus diesen Gründen erfüllt Feldermodell nicht die
Anforderungen an eine beschreibungsadäquate
Grammatik.
Das topologische Feldermodell
1. Wir schreiben unserem Freund aus Japan einen Brief.
Diesem Satz können zwei verschiedene Strukturen zugeordnet
werden, die auf der selben linearen Abfolge basieren:
Lesart 1: Wir haben einen Freund aus Japan und schreiben ihm
einen Brief.
Lesart 2: Wir haben einen Freund und schreiben ihm von Japan aus
einen Brief.
2. Mit seinem Experiment hat er nicht viel Glück gehabt.
In diesem Satz ist die vorangestellte Konstituente ein Attribut der
nominalen Konstituente viel Glück.
Topologisch besteht allerdings keine Verbindung zwischen beiden.
Zuordnung von Satzart zu Satztyp
Wenn wir uns zunächst auf die zwei wichtigsten Satzarten beschränken,
nämlich Deklarative und Interrogative, und außerdem auch noch darauf
achten, welche Typen von Satzgliedern (W-Wörter oder andere) im Vorfeld
auftauchen, bzw. welches Aussehen die Konjunktion hat, dann kriegen wir
doch ein recht systematisches Bild:
Zusammenfassung
Erläuterungen zum Schema
Dicke Linien sollen die kanonische Realisierung darstellen
Durchbrochene dünne Linien zeigen die Ausnahme-Realisierung an.
Gepunktete Linien bedeuten zusätzliches grammatisches Merkmal (besondere Verbform etc.)
Bemerkung zum nichtnicht-referentiellen „es“
es“
Expletivum “es”  nicht-thematisches Argument
z.B. bei Wetter-Prädikaten; nicht weglassbar
Es regnet heute.
Heute regnet es.
*Heute regnet.
Korrelat “es”  nebensatzbezogener Platzhalter
korreliert mit einem propositionalem Argument im Satz
( beide zusammen bilden eine funktionale Einheit); meistens optional
Es freut mich, dass ...
Mich freut es, dass ...
Mich freut, dass ...
Vorfeld “es”  echter Platzhalter
füllt die 1. Position im Satz und verschwindet, wenn das Vorfeld besetzt wird
Es naht ein Gewitter.
Ein Gewitter naht.
*Ein Gewitter naht es.
Einfache Komponenten im Vorfeld
Komplemente
Die Stadt kann sich einen sozialpsychologischen Dienst nicht mehr leisten.
Adjunkte
Heute ist der tägliche Fernsehkonsum auf fast vier Stunden angestiegen.
Während seines Studiums hat er oft bei Siemens gearbeitet.
Nebensätze in Komplementfunktion
Was glänzt, ist für den Augenblick geboren.
Nebensätze in Adjunktfunktion
Wenn sie nicht in fünf Minuten hier ist, fahre ich allein los.
Infinite Verbteile
Auferstanden ist er wahrscheinlich nicht.
Komplexere Komponenten im Vorfeld
erweiterte NPs
Das Bundesland mit der besten Wirtschaftspolitik ist für 68,5 v.H. der
befragten Baden-Württemberg.
Das Haus am See ist über hundert Jahre alt.
Adverbialverbindungen
Jetzt im Januar werden die Tage wieder länger.
Infinitverbindungen
An die Fraktionsspitze gewählt wurde neben Kerstin Müller auch Rezzo
Schlauch.
Partikelverbindungen
Nicht der Sinn des Lebens ist futsch, sondern die Werte des letzten
Jahrzehnts.
Aus dem Inland konnte BBC um 12 v.H. mehr Bestellungen hereinnehmen.
Im Ausland dagegen blieb der Auftragseingang (...)um 7 v.H.(...) zurück.
VDIVDI-nachrichten (4.Juni 2004 Nr.23 S.7)
Durch Abramovich und den immer noch in russischer
Untersuchungshaft sitzenden früheren Yukos-Chef
Khodorkovsky, den russischen Milliarden-Deal des
Mineralölkonzerns BP und die Kooperation des BASFKonzerns mit der russischen Gazprom, dem größten
Erdgasförderer der Welt, rückte die Öl- und Gaswirtschaft
Russlands in den Brennpunkt westlichen Interesses.
VDIVDI-nachrichten (4.Juni 2004 Nr.23 S.7)
Durch Abramovich und den immer noch in russischer
Untersuchungshaft sitzenden früheren Yukos-Chef
Khodorkovsky, den russischen Milliarden-Deal des
Mineralölkonzerns BP und die Kooperation des BASFKonzerns mit der russischen Gazprom, dem größten
Erdgasförderer der Welt, rückte die Öl- und Gaswirtschaft
Russlands in den Brennpunkt westlichen Interesses.
Nicht vorfeldfä
vorfeldfähig ?
die Akkusativformen des anaphorischen und expletiven es
(Sie hat es eigentlich nie bedauert.)
* Es hat sie eigentlich nie bedauert.
Abtönungspartikel
(Wir haben ihn da wohl falsch verstanden.)
* Wohl haben wir ihn da falsch verstanden.
das lexikalische sich
(Der Schatzmeister konnte sich daran nicht erinnern.)
* Sich konnte der Schatzmeister daran nicht erinnern.
die Dativ-/ Akkusativersatzformen von man
(Das kann einem in China öfter passieren.)
* Einem kann das in China öfter passieren.
"Mehrfache" Vorfeldbesetzung ?
Ständig aktualisierte Datensammlung
(Version vom 11.01.2010):
http://hpsg.fu-berlin.de/~stefan/PS/mehr-vf-daten.pdf
Stefan Müller (2003) Mehrfache Vorfeldbesetzung. Deutsche
Sprache 31(1), S. 29-62.
Stefan Müller (2004) Zur Analyse der scheinbar mehrfachen
Vorfeldbesetzung. Linguistische Berichte
Weitere Besonderheiten
Linke Satzklammer nicht besetzt
Infinitivsatz: Einer nach dem anderen (MF) vorkommen (RK)!
Eingebettete W-Fragen: ..., welche Geschichte (VF) du (MF) glaubst
(RK), dass sie erzählt hat (NF)
Relativsatz: ..., die (VF) jedem (MF) gefallen wird (RK)
Leeres Mittelfeld
Wer (VF) raucht (LK)?
Hör (LK) auf (RK)!
Es (VF) hat (LK) geschneit (RK).
Rechte Satzklammer nicht besetzt
Erzählt (VF) hat (LK) sie eine Geschichte (MF).
Weitere Besonderheiten
Weitere Besonderheiten
VorVor-Vorfeld / Linksversetzung
Einheiten dieses Bereichs sind nicht am syntaktischen Aufbau
des Satzes beteiligt.
Interaktive Einheiten
Satzakzent
Interjektionen (1, 2), Responsive / Antwortpartikel (3, 4) und Anredeformen
bzw. Vokative (5, 6).
Das Vorfeld kann dabei besetzt sein (1, 3-6), muss es aber nicht (2, 7).
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
Hey, was machen Sie denn da?
Ach, gib dir doch mal einen Ruck!
Nein, das habe ich nie und nimmer behauptet.
Ja, das habe ich doch die ganze Zeit sagen wollen.
Gerhard, warum grinst du eigentlich immer so?
Frau Morgenthaler, wo waren Sie gestern zwischen 21 und 23 Uhr?
Gerhard, grinst du eigentlich immer so?
VorVor-Vorfeld / Linksversetzung
Einheiten dieses Bereichs sind nicht am syntaktischen Aufbau
des Satzes beteiligt.
Koordinierende Ausdrücke
stehen zwischen den Einheiten, die sie gleichrangig miteinander verbinden.
das gilt besonders für die Konjunktoren und, sondern, oder, d.h., denn
(umgangssprachlich auch weil )
(1) Nach dem Umsteigen verließ ihn der Schlaf, denn sein Ziel rückte
heran, und seine Aufträge fingen ihn an zu ängstigen.
(2) Und das soll ich glauben?
VorVor-Vorfeld / Linksversetzung
Einheiten dieses Bereichs sind nicht am syntaktischen Aufbau
des Satzes beteiligt.
Thematisierungsausdrücke
grafisch (durch Komma oder Gedankenstrich) oder intonatorisch markiert und
haben einen eigenen Gewichtungsakzent
thematisch aufgenommen oder fortgeführt durch anaphorische Pronomina (er,
es, sie) oder eine Anadeixis wie der, das, da , die im Vorfeld (1,3,4) und in
einem W-Fragesatz im Mittelfeld (2) stehen
(1)
(2)
(3)
(4)
Für seine Freunde, da hat er wirklich alles getan.
Seine Unschuld, wo ist sie geblieben?
Die Moritzburg, die kannte er immerhin.
Aber der von meinem Verlobten, der hat einige hundert gekostet.
Felderanalyse und Wackernagelposition
Wackernagel-Position (WP)
unmittelbar an der Spitze des Mittelfelds
kann nur von Pronomina besetzt werden
a)
[Geben] VF [wird]LK [[er ihr] WP das Buch wohl nicht mehr.]MF
b) ??[Geben] VF [wird]LK [[er] WP das Buch ihr wohl nicht mehr.] MF
c) *[Geben] VF [wird]LK [[ihr er] WP das Buch wohl nicht mehr.]MF
d) *[Geben] VF [wird]LK [[ihr] WP das Buch er wohl nicht mehr.] MF
e) [Geben] VF [wird] LK [[ihr] WP der Hans das Buch wohl nicht mehr.]MF
die Abfolge der Pronomina ist streng serialisiert: NOM < AKK < DAT
f)
[Geben] VF [wird]LK [[er es ihr] WP wohl nicht mehr.] MF
Wackernagel, Jacob (1892)
"Über ein Gesetz der indogermanischen Wortstellung"
Indogermanische
Forschungen, 1: 333-436.
Abfolgetendenzen im Mittelfeld
Ich glaube, dass [Fritz] [dem Karl] [die Teekanne] [gestern] [auf dem Gang] geschenkt hat.
Fünf Konstituenten können frei bewegt werden.
Insgesamt gibt es 5! (120) Stellungsvarianten, die aber nicht austauschbar sind.
Interaktion unterschiedlicher Beschränkungen
morphologische Form der Konstituenten
deren syntaktischer Status
semantische und pragmatische Aspekte
Äußerungskontext
Betonungsstruktur
Thema-Rhema-Bedingung (Thema vor Rhema)
• Thema: 'alte' Information (= HINTERGRUND)
• Rhema: 'neue' Information
(= FOCUS)
Abfolgetendenzen im Mittelfeld
Subjekt steht vor Objekt bzw. Nominativ steht vor den anderen Kasus
… weil der Junge das Buch liest
#… weil das Buch der Junge liest
Agens steht vor allen anderen Argumenten
… weil der Arzt den Zahn aufbohrt
#… weil den Zahn der Arzt aufbohrt
Pronomen stehen vor vollen Nominalphrasen
… weil es ein Mädchen einem Jungen gegeben hat
#… weil ein Mädchen einem Jungen es gegeben hat
Definite Nominalphrasen stehen vor indefiniten Nominalphrasen
… weil dem Junge ein Buch gefällt
#… weil ein Buch dem Junge gefällt
Topik steht vor Fokus
Wem gibt der Jungen das Buch?
Der Jungen gibt das Buch einem Mann
#Der Jungen gibt einem Mann das Buch
Abfolgetendenzen im Mittelfeld
IO-DO ist unmarkiert
Wem hast du das Buch gegeben?
a) Ich habe dem SCHÜler das Buch gegeben.
b) Ich habe das Buch dem SCHÜler gegeben.
Was hast du dem Schüler gegeben?
a) Ich habe dem Schüler das BUCH gegeben.
b) M Ich habe das BUCH dem Schüler gegeben.
IO-DO
DO-IO
IO-DO
M
DO-IO
M
DO-IO
Definitheitsbedingung
M Ich
habe ein Buch dem Schüler geschenkt.
Abfolgetendenzen im Mittelfeld
Gesetz der wachsenden Glieder
Es besteht die stilistische Tendenz, bei zwei Satzgliedern die Reihenfolge
herauszustellen, bei der das gewichtigste Satzglied an zweiter Stelle steht.
M Er
hat das im Laufe der Jahre stark heruntergekommene Fahrrad, das er
damals zur Kommunion geschenkt bekommen hatte, dem Kind gegeben.
M
DO-IO
Satzklammerbedingung
Es besteht die stilistische Tendenz, Sätze mit leerer rechter Satzklammer
möglichst nicht auf ein ‘gewichtsloses‘ Satzglied enden zu lassen.
* IO-DO
* Er gibt dem Kind des Nachbarn es.
Subjekt / Agensbedingung
Eine Umstellung von Subjekt–Objekt zu Objekt-Subjekt ist nur dann möglich,
wenn das Objekt als Mitteilungszentrum angesehen werden kann.
Verben, die das Objekt als Mitteilungszentrum festlegen, sind z.B. die sog.
Psych-Verben (Verben der psychischen Einstellung) wie geffalen, auffallen,
anekeln
... dass dem Kritiker die Tänzerin geffalen hat.
IO-Subj
Nie im Mittelfeld
Komplementsätze von Verben
Peter hat gesagt, dass er niemanden leiden kann
*Peter hat dass er niemanden leiden kann gesagt
Vorfeld-es
Es steht jemand vor der Tür
*Jemand steht es vor der Tür
Nachfeldbesetzung
Typisch bei Objekt-, Adverbial- und Subjektsätzen:
Wir haben gehört, dass Peter das Buch nicht mehr gefunden hat. (Objektsatz im Nachfeld)
* Wir haben, dass Peter das Buch nicht mehr gefunden hat, gehört. (Objektsatz im Mittelfeld)
vgl. Dass Peter das Buch nicht mehr gefunden hat, haben wir gehört. (Objektsatz im Vorfeld)
Peter ist gegangen, als Maria gekommen ist.
* Peter ist, als Maria gekommen ist, gegangen.
vgl. Als Maria gekommen ist, ist Peter gegangen.
Es hat mich sehr überrascht, dass es heute geregnet hat.
* Es hat mich, dass es heute geregnet hat, sehr überrascht.
vgl. Dass es heute geregnet hat, hat mich sehr überrascht.
(Adverbialsatz im Nachfeld)
(Adverbialsatz im Mittelfeld)
(Adverbialsatz im Vorfeld)
(Subjektsatz im Nachfeld)
(Subjektsatz im Mittelfeld)
(Subjektsatz im Vorfeld)
Bei umfangreichen Konstituenten ist die Nachfeldbesetzung bevorzugt, aber nicht
obligatorisch:
Peter hat das Buch sofort gekauft, das ich ihm empfohlen habe.
Peter hat das Buch, das ich ihm empfohlen habe, sofort gekauft.
(Relativsatz im Nachfeld)
(Relativsatz im Mittelfeld)
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