Syntax und Morphologie Einführungskurs 9. Vorlesung Das topologische Feldermodell Verb-Erst (V1) typische Abfolge in Entscheidungsfragen finites Verb übriger Satz Hat Peter gestern beim Zahnarzt ein Eis gegessen? Verb-Zweit (V2) typische Abfolge in selbständigen Aussagesätzen Konstituente finites Verb übriger Satz Peter hat gestern beim Zahnarzt ein Eis gegessen. Verb-End (VE) typische Nebensatzabfolge Konjunktion übriger Satz finites Verb (Ich glaube,) dass Peter gestern beim Zahnarzt ein Eis gegessen hat. Das topologische Feldermodell … nimmt fünf Felder an, um die möglichen Abfolgen in deutschen Sätzen zu beschreiben: Das topologische Feldermodell Im Vorfeld steht fakultativ genau eine (beliebig komplexe) Konstituente. Eine Bewegung ins Vorfeld wird auch Topikalisierung genannt (Verschiebeprobe = Topikalisierungstest). Die linke Satzklammer enthält entweder das finite Verb oder eine nebensatzeinleitende Konjunktion (in eingebetteten Ergänzungsfragen oder Relativsätzen kann sie auch leer bleiben). Im Mittelfeld können beliebig viele Konstituenten stehen. In der rechten Satzklammer stehen alle infiniten Verben und das finite Verb, falls es nicht in der linken Satzklammer steht. Im Nachfeld stehen meist Subjekt-, Objekt-, Adverbial- oder Relativsätze (falls vorhanden), nicht-nominale Satzglieder (auch PP) (!) Vor-, Mittel- und Nachfeld können Sätze enthalten, die selber wieder nach dem Feldermodell analysiert werden können Vor-Vorfeld / Linksversetzung: Einheiten dieses Bereichs sind nicht am syntaktischen Aufbau des Satzes beteiligt. Das topologische Feldermodell Permutationen Permutationen Permutationen !? Klammern und Felder Die Linke Klammer ist die Position, in der sich das finite Verb befindet Die Rechte Klammer ist der Ort für nicht-finite Verben z.B. für das Partizip oder mehrere nicht-finite Verben dort befinden, beispielsweise wenn sich im Satz noch ein Modalverb befindet, oder wenn es sich um eine Passivkonstruktion im Präteritum handelt. Klammern und Felder Zwischen Linker und Rechter Klammer befindet sich das Mittelfeld. Hier können beliebig viele Satzglieder stehen (und auch fast in beliebiger Reihenfolge, s.o.) Es kann aber auch leer sein, und zwar genau dann, wenn der Satz nur aus einem finiten, intransitiven Verb besteht und sich das einzige Satzglied im Vorfeld befindet. Klammern und Felder Vor der Linken Klammer befindet sich das Vorfeld. In ihm darf nur ein Satzglied stehen, aber das wichtige ist: es ist egal, welches, insbesondere muss es nicht immer das Subjekt sein. Nach der Rechten Klammer befindet sich das Nachfeld. In ihm können Satzglieder stehen; allerdings nur solche, die nicht-nominal sind, also entweder eingebettete Sätze oder Satzglieder, die mit einer Präposition eingeleitet werden. Klammern und Felder Klammern und Felder Wenn wir jetzt für Satzglieder die bekannten Begriffe Subjekt, Objekt, Verb (Prädikat) nehmen, wird klar, dass Deutsch nicht wie Englisch eine SVO Sprache ist, sondern wir sprechen von einer Verb-Zweit (V2) Sprache. • Das bedeutet, dass die (auf den ersten Blick) einzige Restriktion für die Wortstellung im Deutschen darin besteht, dass das finite Verb (V-fin) sich immer an der zweiten Position im Satz befinden muss. • Und insbesondere macht es keinen Unterschied, ob sich an der ersten Stelle (im Vorfeld) das Subjekt, das Objekt oder ein ganz anderes Satzglied befindet. • Neben Lokal- oder Temporal-Angaben, die im Vorfeld sehr häufig auftreten, gibt es auch Sätze, in denen sich im Vorfeld ein sogenanntes Expletivum befindet. Klammern und Felder Das Expletivum hat eine reine „Lückenbüßer-Funktion“. Es wird genau dann eingesetzt, wenn sich kein anderes Satzglied im Vorfeld befindet. Es hat keinen semantischen Gehalt und wenn ein anderes Satzglied sich im Vorfeld befindet, muss es wieder verschwinden. Komplexe Sä Sätze Ein Satz kann selbst Satzglied sein, wenn er eingebettet ist. Ein Matrixsatz ist ein Satz, in dem sich noch ein weiterer Satz befindet. Kennzeichen von subordinierten Sätzen ist, dass sie von einer Konjunktion eingeleitet werden. Die gesamte Konstruktion nennt sich Satzgefüge oder komplexer Satz. Komplexe Sä Sätze Die Einbettungsoperation ist rekursiv, d.h. sie kann unendlich oft angewendet werden und zwar auf das Ergebnis der ersten Operation. d.h. ein Satz, der schon eingebettet ist, kann wiederum einen Satz einbetten. Der eingebettete Satz befindet sich im Nachfeld des Hauptsatzes: Damit wird auch ausgedrückt, dass der eingebettete Satz zum Hauptsatz gehört, also ein Satzglied des Hauptsatzes ist. Komplexe Sä Sätze Als Satzglied müsste ein eingebetteter Satz dieselben Stellungsmöglichkeiten wie andere Satzglieder haben, z.B. Vorfeldposition im Mittelfeld aber problematisch Es ist unklar, ob es sich hier tatsächlich um grammatische Restriktionen handelt oder ob es mehr eine Frage der Satzverarbeitung ist, da solche komplexen Strukturen häufig schwer zu verstehen sind. Komplexe Sä Sätze Dass das Nachfeld die bevorzugte Position für Sätze ist, kann man auch daran sehen, dass Relativsätze, die ja eigentlich ein Nomen modifizieren sollen, sich von diesem „wegbewegen“ können. Man spricht hier von Extraposition. Überzeugen Sie sich selbst, dass in diesem Fall wirklich beides geht! Komplexe Sä Sätze der Nebensatz im Feldermodell durch kleine Änderung / Erweiterung der Regeln für die Felderbesetzung können wir sowohl Hauptsätze als auch eingebettete Sätze mit demselben Schema beschreiben Im Nachfeld des eingebetteten Satzes kann sich wiederum ein Satz befinden. Komplexe Sä Sätze Damit man sich bei der Analyse zurechtfindet, werden die Sätze durchnummeriert, wobei der Wurzelsatz die Nummer (S1) erhält und die danach eingebetteten werden dann entsprechend weiter nummeriert. Komplexe Sä Sätze Kennzeichen von eingebetteten Sätzen leeres Vorfeld die Konjunktion befindet sich in der Linken Satzklammer Das finite Verb selbst in der Rechten Satzklammer nach den infiniten Verben D.h. dass das finite Verb den Satz abschließt. Der Regelkanon muss also wie folgt ergänzt werden: Annahme Deutsch ist zugrundeliegend eine V-letzt-Sprache die Hauptsätze (V2) werden abgeleitet: Evidenz dafür bieten die sogenannten Partikelverben die Partikel bleibt an ihrem „Ursprungs“-ort zurück Wichtige begriffliche Unterscheidung Satzart: Unterscheidung nach Gebrauchskriterien: Wird der Satz als Frage, als Feststellung (Aussage), als Befehl verwendet? Deklarativsatz, Interrogativsatz, Imperativsatz, Exklamativsatz, Optativsatz oder Wunschsatz. Satztyp: Unterscheidung nach formalen Kriterien Wo steht das finite Verb? Verb-erst; Verb-zweit; Verb-end (!) keine eins-zu-eins-Beziehung zwischen Satzart und Satztyp V1V1-Sätze: das Vorfeld bleibt unbesetzt (oder leer) Hauptsächlich als Entscheidungsfragen (38-39), aber auch als Deklarativsätze in eingeschränkten Kontexten (40) und als Exklamativsätze mit der obligatorischen Partikel „doch“ (41) Imperativsätze (42-43) sowie einige Wunschsätze (44) V2V2-Sätze: das Vorfeld ist durch das Fragewort besetzt Konstituentenfragen (W-Fragen) In einer W-Frage muss sich das W-Pronomen im Vorfeld befinden, ansonsten wird der Satz nicht als Interrogativsatz interpretiert: Das Fragepronomen kann auch an seiner Ursprungsposition bleiben, aber dann muss es stark betont werden: Echo-Frage. Man kann auch nur mehr als ein Fragewort in einem Satz haben. Man spricht dann von Mehrfachfragen. Eingebettete Fragen Indirekte Fragen subordinierte Sätze Gesamtkonstruktion ist eine Aussage! eingebettete Sätze sind V-End (51): in der Linken Klammer befindet sich die Konjunktion „ob“, die einen indirekten Entscheidungsfragesatz kennzeichnet (52) & (53): Konjunktion fehlt; W-Wort im Vorfeld Also halten wir fest: Die vorgegebene Struktur ist immer dieselbe. Satztypen unterscheiden sich aber genau darin, welchen Gebrauch sie von den einzelnen Positionen machen. Generalisierung: Relativsätze: das Vorfeld wird durch das Relativpronomen besetzt die Linke Klammer bleibt immer leer Das topologische Feldermodell … ist keine generative Grammatik, d.h. es enthält keine Regeln zur Bildung deutscher Sätze, sondern nur Strukturbeschreibungen. Mit Hilfe der Felderanalyse lässt sich die lineare Abfolge innerhalb von deutschen Sätzen adäquat beschreiben. Da das Feldermodell genau alle deutschen Sätze erfasst, erfüllt es die Anforderungen an eine beobachtungsadäquate Grammatik. Das topologische Feldermodell … kann nicht alle Phänomene erfassen, die mit der hierarchischen Struktur von Sätzen zusammenhängen. strukturelle Ambiguitäten die Beziehung zwischen getrennten Subkonstituenten einer Konstituente Aus diesen Gründen erfüllt Feldermodell nicht die Anforderungen an eine beschreibungsadäquate Grammatik. Das topologische Feldermodell 1. Wir schreiben unserem Freund aus Japan einen Brief. Diesem Satz können zwei verschiedene Strukturen zugeordnet werden, die auf der selben linearen Abfolge basieren: Lesart 1: Wir haben einen Freund aus Japan und schreiben ihm einen Brief. Lesart 2: Wir haben einen Freund und schreiben ihm von Japan aus einen Brief. 2. Mit seinem Experiment hat er nicht viel Glück gehabt. In diesem Satz ist die vorangestellte Konstituente ein Attribut der nominalen Konstituente viel Glück. Topologisch besteht allerdings keine Verbindung zwischen beiden. Zuordnung von Satzart zu Satztyp Wenn wir uns zunächst auf die zwei wichtigsten Satzarten beschränken, nämlich Deklarative und Interrogative, und außerdem auch noch darauf achten, welche Typen von Satzgliedern (W-Wörter oder andere) im Vorfeld auftauchen, bzw. welches Aussehen die Konjunktion hat, dann kriegen wir doch ein recht systematisches Bild: Zusammenfassung Erläuterungen zum Schema Dicke Linien sollen die kanonische Realisierung darstellen Durchbrochene dünne Linien zeigen die Ausnahme-Realisierung an. Gepunktete Linien bedeuten zusätzliches grammatisches Merkmal (besondere Verbform etc.) Bemerkung zum nichtnicht-referentiellen „es“ es“ Expletivum “es” nicht-thematisches Argument z.B. bei Wetter-Prädikaten; nicht weglassbar Es regnet heute. Heute regnet es. *Heute regnet. Korrelat “es” nebensatzbezogener Platzhalter korreliert mit einem propositionalem Argument im Satz ( beide zusammen bilden eine funktionale Einheit); meistens optional Es freut mich, dass ... Mich freut es, dass ... Mich freut, dass ... Vorfeld “es” echter Platzhalter füllt die 1. Position im Satz und verschwindet, wenn das Vorfeld besetzt wird Es naht ein Gewitter. Ein Gewitter naht. *Ein Gewitter naht es. Einfache Komponenten im Vorfeld Komplemente Die Stadt kann sich einen sozialpsychologischen Dienst nicht mehr leisten. Adjunkte Heute ist der tägliche Fernsehkonsum auf fast vier Stunden angestiegen. Während seines Studiums hat er oft bei Siemens gearbeitet. Nebensätze in Komplementfunktion Was glänzt, ist für den Augenblick geboren. Nebensätze in Adjunktfunktion Wenn sie nicht in fünf Minuten hier ist, fahre ich allein los. Infinite Verbteile Auferstanden ist er wahrscheinlich nicht. Komplexere Komponenten im Vorfeld erweiterte NPs Das Bundesland mit der besten Wirtschaftspolitik ist für 68,5 v.H. der befragten Baden-Württemberg. Das Haus am See ist über hundert Jahre alt. Adverbialverbindungen Jetzt im Januar werden die Tage wieder länger. Infinitverbindungen An die Fraktionsspitze gewählt wurde neben Kerstin Müller auch Rezzo Schlauch. Partikelverbindungen Nicht der Sinn des Lebens ist futsch, sondern die Werte des letzten Jahrzehnts. Aus dem Inland konnte BBC um 12 v.H. mehr Bestellungen hereinnehmen. Im Ausland dagegen blieb der Auftragseingang (...)um 7 v.H.(...) zurück. VDIVDI-nachrichten (4.Juni 2004 Nr.23 S.7) Durch Abramovich und den immer noch in russischer Untersuchungshaft sitzenden früheren Yukos-Chef Khodorkovsky, den russischen Milliarden-Deal des Mineralölkonzerns BP und die Kooperation des BASFKonzerns mit der russischen Gazprom, dem größten Erdgasförderer der Welt, rückte die Öl- und Gaswirtschaft Russlands in den Brennpunkt westlichen Interesses. VDIVDI-nachrichten (4.Juni 2004 Nr.23 S.7) Durch Abramovich und den immer noch in russischer Untersuchungshaft sitzenden früheren Yukos-Chef Khodorkovsky, den russischen Milliarden-Deal des Mineralölkonzerns BP und die Kooperation des BASFKonzerns mit der russischen Gazprom, dem größten Erdgasförderer der Welt, rückte die Öl- und Gaswirtschaft Russlands in den Brennpunkt westlichen Interesses. Nicht vorfeldfä vorfeldfähig ? die Akkusativformen des anaphorischen und expletiven es (Sie hat es eigentlich nie bedauert.) * Es hat sie eigentlich nie bedauert. Abtönungspartikel (Wir haben ihn da wohl falsch verstanden.) * Wohl haben wir ihn da falsch verstanden. das lexikalische sich (Der Schatzmeister konnte sich daran nicht erinnern.) * Sich konnte der Schatzmeister daran nicht erinnern. die Dativ-/ Akkusativersatzformen von man (Das kann einem in China öfter passieren.) * Einem kann das in China öfter passieren. "Mehrfache" Vorfeldbesetzung ? Ständig aktualisierte Datensammlung (Version vom 11.01.2010): http://hpsg.fu-berlin.de/~stefan/PS/mehr-vf-daten.pdf Stefan Müller (2003) Mehrfache Vorfeldbesetzung. Deutsche Sprache 31(1), S. 29-62. Stefan Müller (2004) Zur Analyse der scheinbar mehrfachen Vorfeldbesetzung. Linguistische Berichte Weitere Besonderheiten Linke Satzklammer nicht besetzt Infinitivsatz: Einer nach dem anderen (MF) vorkommen (RK)! Eingebettete W-Fragen: ..., welche Geschichte (VF) du (MF) glaubst (RK), dass sie erzählt hat (NF) Relativsatz: ..., die (VF) jedem (MF) gefallen wird (RK) Leeres Mittelfeld Wer (VF) raucht (LK)? Hör (LK) auf (RK)! Es (VF) hat (LK) geschneit (RK). Rechte Satzklammer nicht besetzt Erzählt (VF) hat (LK) sie eine Geschichte (MF). Weitere Besonderheiten Weitere Besonderheiten VorVor-Vorfeld / Linksversetzung Einheiten dieses Bereichs sind nicht am syntaktischen Aufbau des Satzes beteiligt. Interaktive Einheiten Satzakzent Interjektionen (1, 2), Responsive / Antwortpartikel (3, 4) und Anredeformen bzw. Vokative (5, 6). Das Vorfeld kann dabei besetzt sein (1, 3-6), muss es aber nicht (2, 7). (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) Hey, was machen Sie denn da? Ach, gib dir doch mal einen Ruck! Nein, das habe ich nie und nimmer behauptet. Ja, das habe ich doch die ganze Zeit sagen wollen. Gerhard, warum grinst du eigentlich immer so? Frau Morgenthaler, wo waren Sie gestern zwischen 21 und 23 Uhr? Gerhard, grinst du eigentlich immer so? VorVor-Vorfeld / Linksversetzung Einheiten dieses Bereichs sind nicht am syntaktischen Aufbau des Satzes beteiligt. Koordinierende Ausdrücke stehen zwischen den Einheiten, die sie gleichrangig miteinander verbinden. das gilt besonders für die Konjunktoren und, sondern, oder, d.h., denn (umgangssprachlich auch weil ) (1) Nach dem Umsteigen verließ ihn der Schlaf, denn sein Ziel rückte heran, und seine Aufträge fingen ihn an zu ängstigen. (2) Und das soll ich glauben? VorVor-Vorfeld / Linksversetzung Einheiten dieses Bereichs sind nicht am syntaktischen Aufbau des Satzes beteiligt. Thematisierungsausdrücke grafisch (durch Komma oder Gedankenstrich) oder intonatorisch markiert und haben einen eigenen Gewichtungsakzent thematisch aufgenommen oder fortgeführt durch anaphorische Pronomina (er, es, sie) oder eine Anadeixis wie der, das, da , die im Vorfeld (1,3,4) und in einem W-Fragesatz im Mittelfeld (2) stehen (1) (2) (3) (4) Für seine Freunde, da hat er wirklich alles getan. Seine Unschuld, wo ist sie geblieben? Die Moritzburg, die kannte er immerhin. Aber der von meinem Verlobten, der hat einige hundert gekostet. Felderanalyse und Wackernagelposition Wackernagel-Position (WP) unmittelbar an der Spitze des Mittelfelds kann nur von Pronomina besetzt werden a) [Geben] VF [wird]LK [[er ihr] WP das Buch wohl nicht mehr.]MF b) ??[Geben] VF [wird]LK [[er] WP das Buch ihr wohl nicht mehr.] MF c) *[Geben] VF [wird]LK [[ihr er] WP das Buch wohl nicht mehr.]MF d) *[Geben] VF [wird]LK [[ihr] WP das Buch er wohl nicht mehr.] MF e) [Geben] VF [wird] LK [[ihr] WP der Hans das Buch wohl nicht mehr.]MF die Abfolge der Pronomina ist streng serialisiert: NOM < AKK < DAT f) [Geben] VF [wird]LK [[er es ihr] WP wohl nicht mehr.] MF Wackernagel, Jacob (1892) "Über ein Gesetz der indogermanischen Wortstellung" Indogermanische Forschungen, 1: 333-436. Abfolgetendenzen im Mittelfeld Ich glaube, dass [Fritz] [dem Karl] [die Teekanne] [gestern] [auf dem Gang] geschenkt hat. Fünf Konstituenten können frei bewegt werden. Insgesamt gibt es 5! (120) Stellungsvarianten, die aber nicht austauschbar sind. Interaktion unterschiedlicher Beschränkungen morphologische Form der Konstituenten deren syntaktischer Status semantische und pragmatische Aspekte Äußerungskontext Betonungsstruktur Thema-Rhema-Bedingung (Thema vor Rhema) • Thema: 'alte' Information (= HINTERGRUND) • Rhema: 'neue' Information (= FOCUS) Abfolgetendenzen im Mittelfeld Subjekt steht vor Objekt bzw. Nominativ steht vor den anderen Kasus … weil der Junge das Buch liest #… weil das Buch der Junge liest Agens steht vor allen anderen Argumenten … weil der Arzt den Zahn aufbohrt #… weil den Zahn der Arzt aufbohrt Pronomen stehen vor vollen Nominalphrasen … weil es ein Mädchen einem Jungen gegeben hat #… weil ein Mädchen einem Jungen es gegeben hat Definite Nominalphrasen stehen vor indefiniten Nominalphrasen … weil dem Junge ein Buch gefällt #… weil ein Buch dem Junge gefällt Topik steht vor Fokus Wem gibt der Jungen das Buch? Der Jungen gibt das Buch einem Mann #Der Jungen gibt einem Mann das Buch Abfolgetendenzen im Mittelfeld IO-DO ist unmarkiert Wem hast du das Buch gegeben? a) Ich habe dem SCHÜler das Buch gegeben. b) Ich habe das Buch dem SCHÜler gegeben. Was hast du dem Schüler gegeben? a) Ich habe dem Schüler das BUCH gegeben. b) M Ich habe das BUCH dem Schüler gegeben. IO-DO DO-IO IO-DO M DO-IO M DO-IO Definitheitsbedingung M Ich habe ein Buch dem Schüler geschenkt. Abfolgetendenzen im Mittelfeld Gesetz der wachsenden Glieder Es besteht die stilistische Tendenz, bei zwei Satzgliedern die Reihenfolge herauszustellen, bei der das gewichtigste Satzglied an zweiter Stelle steht. M Er hat das im Laufe der Jahre stark heruntergekommene Fahrrad, das er damals zur Kommunion geschenkt bekommen hatte, dem Kind gegeben. M DO-IO Satzklammerbedingung Es besteht die stilistische Tendenz, Sätze mit leerer rechter Satzklammer möglichst nicht auf ein ‘gewichtsloses‘ Satzglied enden zu lassen. * IO-DO * Er gibt dem Kind des Nachbarn es. Subjekt / Agensbedingung Eine Umstellung von Subjekt–Objekt zu Objekt-Subjekt ist nur dann möglich, wenn das Objekt als Mitteilungszentrum angesehen werden kann. Verben, die das Objekt als Mitteilungszentrum festlegen, sind z.B. die sog. Psych-Verben (Verben der psychischen Einstellung) wie geffalen, auffallen, anekeln ... dass dem Kritiker die Tänzerin geffalen hat. IO-Subj Nie im Mittelfeld Komplementsätze von Verben Peter hat gesagt, dass er niemanden leiden kann *Peter hat dass er niemanden leiden kann gesagt Vorfeld-es Es steht jemand vor der Tür *Jemand steht es vor der Tür Nachfeldbesetzung Typisch bei Objekt-, Adverbial- und Subjektsätzen: Wir haben gehört, dass Peter das Buch nicht mehr gefunden hat. (Objektsatz im Nachfeld) * Wir haben, dass Peter das Buch nicht mehr gefunden hat, gehört. (Objektsatz im Mittelfeld) vgl. Dass Peter das Buch nicht mehr gefunden hat, haben wir gehört. (Objektsatz im Vorfeld) Peter ist gegangen, als Maria gekommen ist. * Peter ist, als Maria gekommen ist, gegangen. vgl. Als Maria gekommen ist, ist Peter gegangen. Es hat mich sehr überrascht, dass es heute geregnet hat. * Es hat mich, dass es heute geregnet hat, sehr überrascht. vgl. Dass es heute geregnet hat, hat mich sehr überrascht. (Adverbialsatz im Nachfeld) (Adverbialsatz im Mittelfeld) (Adverbialsatz im Vorfeld) (Subjektsatz im Nachfeld) (Subjektsatz im Mittelfeld) (Subjektsatz im Vorfeld) Bei umfangreichen Konstituenten ist die Nachfeldbesetzung bevorzugt, aber nicht obligatorisch: Peter hat das Buch sofort gekauft, das ich ihm empfohlen habe. Peter hat das Buch, das ich ihm empfohlen habe, sofort gekauft. (Relativsatz im Nachfeld) (Relativsatz im Mittelfeld)