Geschichte der medizinischen Mikrobiologie Generatio spontanea: Lebewesen können spontan und direkt aus totem Material entstehen. Aus Käse entstehen Maden; aus eitrigen Wunden Fliegen; aus faulendem Weizen Mäuse usw. Diese Theorie wurde erst endgültig durch Louis Pasteur (1822-1895) widerlegt ("Pasteurisierungsversuche")---> "Leben kann nur weitergegeben werden, aber nicht de novo entstehen". Pasteur lieferte die Grundlagen der modernen, experimentellen Mikrobiologie. Pasteur hat sich intensiv mit der Frage beschäftigt, ob man, in Analogie zu den Vorgängen der Gärung und der Fäulnis, die übertragbaren Krankheiten als Folge einer Besiedelung des Organismus mit Bakterien erklären könne. Der endgültige Beweis gelang Robert Koch (1843-1910) mit der Entdeckung, dass der Milzbrand bei Haustieren nur durch Infektion mit bestimmten Bakterien entsteht. Koch identifizierte weiters die Erreger der Tuberkulose und der Cholera. Geschichte der medizinischen mikrobiologie Die Frage, ob seuchenhaft auftretende Krankheiten durch ein übertragbares, vermehrungsfähiges Agens verursacht werden, ist schon vor R. Koch diskutiert worden. Auf Grund der verschiedenartigen Verbreitungsmodi wurden aber auch unbelebte Kausalfaktoren z.B. in Form von Miasmen (Miasma, gr. Verunreinigung) angenommen. Als Miasmen bezeichnete man krankheitserzeugende, quasi immaterielle Ausdünstungen aus dem Boden, aus Sümpfen oder von Leichen (Malaria = mala aria it. schlechte Luft). Auch Ignaz Semmelweis (1818-1865) hatte schon vor Kochs Arbeiten erkannt, daß das Kindbettfieber von verstorbenen Wöchnerinnen auf gesunde Gebärende über die Hände des Arztes übertragen wurde ---> Wegbereiter der modernen Infektionsprophylaxe. Milzbrand 1876; Gonorrhöe 1879, Typhus 1880, Tuberkulose 1882, Cholera 1883, Diphtherie 1884, Tetanus 1884, Gasbrand 1892, Pest 1894, Syphilis 1905, Keuchhusten 1906, …… 1 Viren * ultramikroskopische, obligate Zellparasiten * nur ein Typ von Nukleinsäure; DNA oder RNA * keine Enzymsysteme zur Energiegewinnung * infizierte Wirtszelle wird zur Synthese von Virusbausteinen gezwungen * Strukturelemente: nukleinsäurehältiger Innenkörper + Proteinmantel (Kapsid) + Hülle Bakteriophagen: befallen nur (spezifisch) Bakterien "Prionen": keine Nukleinsäure; nur Proteine Viroide: nackte Nukleinsäuren niedrigen Molekulargewichts (Hepatitis D) PROKARYONTEN + Prokaryonte Zelle: kein von einer Membran umgebener Zellkern, keine Zellorganellen Bakterien * Nukleoid = Kernäquivalent * Zytoplasma * Zytoplasmamembran * Zellwand Blaualgen EUKARYONTEN + Eukaryonte Zelle: Zellkern mit Kernmembran, Zellorganellen Protozoen, Algen, Pilze 2 Protozoen frei oder parasitisch lebende, eukaryonte Mikroorganismen wechselnder Gestalt; Vermehrung vegetativ, sexuell Pilze Pilze stellen pflanzenähnliche Mikroorganismen dar, die kohlenstoffheterotroph und nicht zur Photosynthese befähigt, eukaryontische, zumeist unbeweglich sind und eine dicke, der Pflanzenzelle ähnliche Zellwand aufweisen. - Sproßpilze: Einzelzellen, asexuelle Vermehrung durch knospenartige Ausstülpungen ("Sproße") oder sexuell; - Fadenpilze: Hyphe - Myzel Vermehrung: vegetativ: Hyphe!Myzel; Sproß!Sproßkolonie fruktikativ: Bildung von Reproduktionsorganen! asexuelle Sporen (Sporen, Konidien, Sporangien...) oder sexuell (Oosporen, Zygosporen, Basidiosporen) Lebensmittelindustrie: Wein, Bier, Käse. Proteine... Pharmaindustrie: Antibiotika, Enzyme, Citronensäure, Gluconsäure... Lebensmittelverderber, Krankheitserreger Helminthen: parasitisch lebende Würmer 3 4 5 Pathogenese der Virusinfektionen Reaktion der Wirtszelle Zytozide Infektion: Virusvermehrung und daraus resultierendem Tod der Wirtszelle (zytopathischer Effekt) Nichtzytozide Infektion: keine Zerstörung der Wirtszelle; diese wird durch immunologische Reaktionen zerstört Latente Infektion: Virusgenom in Wirtszelle vorhanden, aber weder Virusvermehrung noch Zellzerstörung Tumortransformation: Virusinfektion wandelt Wirtszelle in Krebszelle um. 6 Pathogenese Infektion parenteral oder über eine Mukosa. Eintrittspforten sind Schleimhäute des Respirations- und Gastrointestinaltraktes. Lokale Infektion: Virusvermehrung nur an der Eintrittspforte (Rhinoviren/Schnupfen) Generalisierende Infektion: Hämatogen, lymphogen oder über Nervenbahnen in das Zielorgan! virusinduzierte Zellzerstörung (Polio, HAV, Tollwut, Herpes). Prophylaxe: aktive Schutzimpfungen, Expositionsprophylaxe, passive Immunisierung (Immunglobuline, Postexpositionsprophylaxe) Chemotherapie: Hemmung der Virusreplikation; Therapie möglichst früh im Krankheitsverlauf beginnen; BSE (bovine spongioforme Enzephalopathie) TSE, vCJK 1985 in GB erste Fälle bei Rindern Erreger: Prionen (extrem hitzeresistentes Protein) Übertragung: Verfütterung von kontaminiertem Tiermehl Auf andere Tierarten und auf den Menschen übertragbar vCJK: va GB, vereinzelt in Frankreich, Irland... Verhütung und Bekämpfung: Verbot der Verfütterung von Tiermehl, Entfernung von Risikomaterial bei geschlachteten Rindern (Hirn, Rückenmark, Darm...) 7 HSV (Herpes Simplex Virus) Erreger von bläschenförmigen Exanthemen: Herpes labialis, Herpes genitalis Erstinfektion im Kindesalter (Kontakt- oder Schmierinfektion der Mundschleimhaut); über Axone ins ZNS; bei Reaktivierung auf gleichem Weg wieder in die Peripherie; Rezidiva trotz Immunität (V. wandern entlang d. Nervenbahnen) HBV (Hepatitis-B-Virus) Reservoir: Mensch Übertragung: parenteral (Blut...); Bluttransfusionen, Dialyse, Spritzennadeln, Ohrstecher, Tätovierungsinstrumente IZ: 4-12 Wo.; Leberschädigung durch Immunreaktion gegen virusinduzierte Membranantigene auf Oberfläche infizierter Hepatozoen; 0,5-1% letal; 5-10% chronisch (Leberzirrhose, hepatozelluläres Karzinom), 80-90% vollständige Ausheilung; Diagnose: Antigen- oder Antikörpernachweis im Serum Prophylaxe: aktive Immunisierung (Risikogruppen) Superinfektion mit Hepatitis-D-Virus: kann sich nur in HBV-infizierten Menschen replizieren. 8 HAV (Hepatitis-A-Virus) Epidemische oder infektiöse Hepatitis Übertragung: Lebensmittel/Wasser; Schmutz- und Schmierinfektion; Vermehrung im Darm; befällt als Zielorgan die Leber; klinisch ähnlich der Hepatitis B aber meist gutartig uns nicht chronisch; Süd-NordGefälle (wichtige Reisekrankheit); Diagnose: Antikörpernachweis im Serum Prophylaxe: aktive Immunisierung HCV (Hepatitis-C-Virus) Übertragung durch Blut und Blutprodukte (Bluttransfusionen, Dialyse...) Klinisch ähnlich der HB mit häufig chronischem Verlauf, (Leberzirrhose, Karzinom); keine spezifische Prophylaxe; HEV (Hepatitis-E-Virus) Asien, Mittelamerika, Afrika: Reisekrankheit Fäkal-orale Übertragung (Wasser!); Keine spezifische Prophylaxe 9 Pockenviren Größte Viren (350 nm); komplex; DNA; Bocken (Variola) durch weltweite Kampagne der WHO im Laufe der 70er Jahre verschwunden; Aerogene Übertragung auf Schleimhäute des oberen Respirationstraktes; über lymphatischen Organe in die Haut mit typischen Eruptionen; Letalität bis 40%; Enteroviren RNA; Aufnahme per os, Vermehrung im lymphatischen Gewebe des Rachenraumes und später in der Darmwand, über den Blutweg ins Zielorgan; Polioviren: Poliomyelitis (Kinderlähmung); Meningitis, Enzephalitis; Schmierinfektion, IZ: 7-12d; aktive Immunisierung (Schluckimpfung) 10 Rhinoviren Schnupfen, Tröpfchen- oder Kontaktinfektion von Mensch zu Mensch; häufig bakterielle Superinfektionen; Rotaviren Häufigster Erreger von Diarrhöen bei Kindern (0,5 - 2 Jahre) und auch bei Immunsupprimierten (zB Transplantpatienten); Aufnahme per os; Rötelviren (Rubiviren) Kontaktinfektion mit harmlosen Verlauf (Exanthem) für Kinder und Jugendliche; Bei Schwangeren in den 3 ersten Schwangerschaftsmonaten diaplazentare Übertragung auf den Embryo mit Mißbildungen oder Fruchttod. Impfprophylaxe vor der Pubertät! 11 Flavoviren (Dengue-Fieber, Gelbfieber, japanische B-Enzephalitis, West-Nil-Fieber, FSME Durch Arthropoden übertragen; 1.Phase: Fieber- Kopf- und Muskelschmerzen; relativ harmlos 2.Phase: hämorrhagisches Fieber; Organschädigungen, hohe Letalität FSME: Zecken, IZ: 7-10d; uncharakteristische Symptome (grippeartig) symptomlose Phase - akute Phase (Fieber, Nackensteifheit...); Aktive Immunisierung; Influenzavirus Klassischer Grippeerreger; Übertragung aerogen, Tröpfcheninfektion; Schleimhäute des oberen Respirationstraktes, bakterielle Superinfektionen; Epidemien, Pandemien; Influenza A Viren sind genetisch sehr variabel (antigenic shift), Impfprophylaxe für beruflich Exponierte, Ältere, Herz-KreislaufVorgeschädigte Parainfluenza Va bei Kleinkindern grippeartige Erkrankungen; bakterielle Superinfektionen 12 Mumpsvirus Befall von Drüsen (Ohrspeicheldrüsen) und manchmal auch Meningitis, Impfprophylaxe Masernvirus Primäre Vermehrung im lymphatischen Gewebe und hämatogene Verteilung; Exantheme zuerst auf der Zunge und dann auf der Haut; Impfprophylaxe Rabies- oder Lyssavirus Erreger der Tollwut; Zoonose, Übertragung durch Biss eines infizierten Tieres (Wild- oder Haustier); Virusvermehrung im Binde- und Muskelgewebe an Eintrittspforte - über Nervenbahnen ins ZNS mit weiterer Virusvermehrung – auf gleichem Weg in periphere Organe (Speicheldrüse, Niere...); Enzephalitis mit hoher Letalität. Klinik: 1. Phase: Kribbeln und Brennen an Eintrittspforte, Übelkeit, melancholische Stimmung 2. Phase: Krämpfe und Spasmen des Larynx und Pharynx ! Hydrophobie; Krampf- und Wutanfälle; 3. Phase: Lähmung Inkubationszeit mehrere Wochen bis Monate; Prä- oder postexpositionelle Prophylaxe; Wundtoilette 13 HIV Erreger von AIDS = Aquired Immune Deficiency Syndrom (erworbenes Immun-Mangel-Syndrom); Übertragung durch Blut- und Blutprodukte und Geschlechtsverkehr; Risikogruppen: Homosexuelle, Drogenabhängige, Medizinpersonal... Inkubationszeit > 10 Jahre Nachweis: Antigennachweis („2 Wochen-Fenster“) Prophylaxe: Expositionsprophylaxe Therapie:Azidothymidin 14