KANINCHEN LEIDEN STILL Petra Pirnus

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Petra Pirnus
KANINCHEN LEIDEN STILL
www.sinneerleben.at
KANINCHEN LEIDEN STILL
Der Grund diese Broschüre zu schreiben ist jener, endlich das stille Leiden
der Kaninchen zu unterbinden. In meiner Arbeit als PranaVita Therapeutin
für Mensch und Tier und Tierkommunikatorin bin ich auf vielen Bauernhöfen, Ställen aber auch bei Privatpersonen zu Gast.
Immer wieder sehe ich das Leid der Kaninchen, die in engen, dunklen und
durch und durch nicht artgerechten Stallungen dahin vegetieren. Trotz sofortiger Aufklärung meinerseits bleiben meist die Kaninchen ihrem Schicksal überlassen. „Denen geht’s schon gut. Die brauchen nicht mehr“, höre ich oft
als Antwort. Mit hängendem Kopf über die Uneinsicht der Menschen muss
ich zahlreiche Höfe verlassen.
Ich will nun die verschiedenen Irrtümer und falschen Haltungsbedingungen
endgültig aufzeigen, um eine Besserung für Mensch und Tier zu erreichen.
Warum ich? Gibt es nicht schon genug Literatur über Kaninchenhaltung?
Ja, die gibt es zwar, aber Papier ist geduldig. Viele Ratschläge in diesen netten illustrierten Büchern sind in der Realität schwer umsetzbar, bzw. die
Umsetzung und die Pflege gestalten sich aufwändiger als beschrieben und
somit als erwartet. Außerdem wird viel zu wenig auf die Auswirkungen der
falschen Haltungsweisen hingewiesen.
Dies ist kein neuer Ratgeber, sondern ein Erfahrungsbericht in jeglicher
Hinsicht. Echte Erfahrungen in Bezug auf die artgerechte Haltung eines
Kaninchens. Einfach authentisch.
In zahlreichen Gesprächen mit Kaninchenbesitzer fiel mir immer wieder
auf, weshalb falsche Haltungsweisen eigentlich zustande kommen. Zum Teil
ist es die mangelnde Aufklärung der Zoofachverkäufer oder auch der Züchter. Andererseits kann aber auch die beste Literatur nicht beratend wirken,
wenn sowieso vieles „schöngelesen“ wird. Auch Schuld daran sind oft die
sehr veralteten Haltungsweisen der Eltern oder Großeltern.
Wahrscheinlich resultieren daher die vier großen Kaninchenirrtümer.
1.
2.
3.
4.
Kaninchen kann man alleine halten
Kaninchen werden nur 3-4 Jahre alt.
Kaninchen brauchen keinen Auslauf
Kaninchenbaby werden nicht größer
1. Kaninchen kann man alleine halten
Kaninchen sind Herdentiere. Ein Leben alleine, ob nun in einem großen
Käfig oder auch in einem Freigehege im Garten, ist Tierquälerei. Kaninchen
vereinsamen und können anfangen aufgrund der Langeweile sich selbst zu
verstümmeln. Kaninchen brauchen einen Sozialkontakt und sollten mindestens mit einem Artgenossen zusammen sein. WICHIG: Ein Meerschweinchen stellt keinen Ersatz für ein zweites Kaninchen dar. Meerschweinchen
haben eine andere Kommunikationsart als Kaninchen. Das führt dazu,
das Kaninchen und Meerschweinchen sich in ihrer Lebensart nicht verstehen. Zur Information: Im österreichischen Bundestierschutzgesetz ist seit
01.01.2005 vorgeschrieben, dass soziale Tiere wie die Kaninchen mindestens zu zweit gehalten werden müssen.
2. Kaninchen werden nur 3-4 Jahre alt
Vielen Kaninchen würde ich es wünschen, wenn ihre Lebensqual bereits
mit 3 bis 4 Jahren vorbei wäre. Obwohl doch die Sachliteratur deutlich auf
eine Lebenserwartung von bis zu 8 Jahren und mehr hinweist, werden falsche Altersbegrenzungen in Umlauf gebracht. Wahrscheinlich kommt dieser Irrglaube daher, dass aufgrund der falschen Haltungsbedingungen viele
Kaninchen nicht älter werden können. Ein Kaninchen das alleine im Käfig,
ohne jegliche Abwechslung vor sich hinvegetiert, wird aufgrund sehr vieler
körperlicher und emotionaler Mängel verfrüht versterben.
3. Kaninchen brauchen keinen Auslauf
Dieser Punkt ist für mich fast der Tragischste. Ein Kaninchen zu beobachten, wie es über die Wiese hoppelt, hacken schlägt und plötzlich zu sprinten
beginnt, gehört zu einen meiner Lieblingsbeschäftigungen. Kaninchen sind
äußerst bewegungsfreudige Tiere, die es lieben zu graben und zu rennen.
Nur in einem großen Freigehege mit Platz, Versteck- und Grabmöglichkeiten, wird man einem Kaninchen gerecht. Mehrere Artgenossen locken und
verführen noch dazu zu Unternehmungen.
Das Hauptproblem neben den emotionalen Narben in der Käfighaltung
sind auch die durch falsche Körnerfütterung verfetteten Tiere. Ein richtiger
Auslauf ist weder in der Wohnung, da die Kaninchen auf den rutschigen
Wohnungsböden keinen Halt finden, noch in den kleinen meist sechsteiligen schnell aufgebauten Auslaufgehegen, möglich. Diese sind ebenfalls
ungeeignet für Kaninchen. Auch darin kann der Bewegungsdrang nicht abgegolten werden.
Ich möchte aber hier noch betonen, dass ein wenig Auslauf im Gras sehr
wohl eine gute Abwechslung für so manche Wohnungskaninchen wäre.
Aufzupassen ist da jedoch wieder mit dem nassen Gras. Kaninchen die ansonsten kein Gras fressen, können bei eventuellem nassem Gras sehr leicht
an Durchfall erkranken.
Im österreichischen Bundestierschutzgesetz ist seit 01.01.2005 ebenfalls
vorgeschrieben, das dafür zu sorgen ist, dass genügend Platzangebot und
auch die Bewegungsfreiheit gegeben ist.
4. Kaninchenbabys werden nicht größer
Auch im Punkt vier wird oft falsch beraten. Kaninchen, insbesondere die
Widder werden meist bis zu 3 Kilo schwer. Ich habe auch schon Zwergkaninchen gesehen, die mehr als 4,5 Kilo auf die Waage brachten. Jedes Tierbaby wächst, warum sollte es bei den Kaninchen anders sein? Nach ein paar
Wochen sind aus dem putzigen Wollknäuel bald stattliche Tiere geworden.
Für wen sind Kaninchen überhaupt geeignet?
Liebe Eltern, sicherlich nicht für kleine Kinder. Ein Kaninchen ist im Grunde kein Schmusetier, sondern ein Fluchttier. Es lässt sich ungern aufheben,
da es von Natur aus nie den Boden unter seinen Füssen verlieren will. So
kann es bei beim ungewollten Aufheben zu Verletzungen für beide, Mensch
und Tier, kommen. Kaninchen haben sehr scharfe und spitze Krallen, die
bei Panik bis tief unter die Haut kratzen können. Die Kinder lassen die
Kaninchen instinktiv fallen, was wiederum zu Verletzungen der Kaninchen
führen kann. Schnell ist so der Zauber der lieben kleinen Kaninchen verloren. Nur wenn sie selbst diese Tiere lieben und verstehen wollen, sollten Sie
sich für Kaninchen entscheiden, denn den meisten Kindern wird über kurz
oder lang das Interesse und die Motivation für die aufwendige Pflege fehlen.
Kaninchen ersetzen keine Katze!
Manche Eltern sagten mir, sie wollten keine Katze, da diese zu viel Arbeit
mache und darum bekommen die Kinder eben ein Kaninchen. Die sind
nicht laut und machen nicht so viel Arbeit.
Ein totaler Irrtum!
Aus eigener Erfahrung kann ich dem nur vehement widersprechen. Kaninchen machen bei artgerechter Haltung sehr viel mehr Arbeit als eine Katze.
Wegen dieser Fehlinformation kommt es in den meisten Fällen zu schweren
Haltungsfehlern und dem stillen Leid der Tiere.
Leider wird auch in den verkaufsorientierten Zoofachgeschäften wie gesagt
oft falsch beraten. Da werden die putzigen kleinen, meist noch viel zu früh
getrennten Kaninchenbabys, für die Wohnung verkauft. In einem meist
nicht ausreichend großen Käfig. Ich möchte hier schon einmal festhalten,
dass sich kein Kaninchen, in welch großem Käfig auch immer, wirklich
wohlfühlen kann. Mehr dazu im Kapitel: glückliche Kaninchen.
Die Kaninchenhaltung ist auch mit einigen Kosten verbunden. Das frische
Heu, das Futter, der Tierarzt und selbstverständlich die Anschaffung bzw.
der Bau eines artgerechten Geheges sollte nicht unterschätzt werden.
Glückliche Kaninchen
Für alle kommenden Kaninchenbesitzer oder für jene, die sich noch unsicher sind: Bitte nehmen Sie keine Kaninchen als Wohnungstiere. Sie können diesen Tieren nicht gerecht werden. Nur eine Haltung im Freigehege
entspricht am ehesten der natürlichen Lebensweise dieser Tiere.
In den entsprechenden Außenanlagen können die Kaninchen ohne Probleme auch im Winter gehalten werden, sofern das Tier bereits im Sommer im
Freigehege war und somit rechtzeitig ein Winterfell wachsen konnte. Die
im Handel erhältlichen Außenstallungen sind ungeeignet für die Ganzjahresfreihaltung.
Für unsere Kaninchen suchten wir in einigen Baumärkten nach Außenstallungen, entschlossen uns aber bald, selbst einen Stall zu bauen. Ergänzend dazu muss ich erwähnen, dass mein Lebensgefährte sehr geschickt ist und auch gerne diese Aufgabe übernehmen
wollte. Der Kostenfaktor für unsere Anlage belief sich insgesamt auf
ca. 700 - 800 €. Wir bauten eine 150x80x100 cm große Hütte, mit
10 cm Styropor als Isolationsschicht, separatem Dachboden für Zubehör,
und drei verschiedenen Türen.
Die kleinste Tür befindet sich seitlich mit anschließender Rampe, wo die
Kaninchen rein und raus hoppeln, wann immer es ihnen passt. Die zweite, etwas größere Tür, war für unsere Kinder gedacht, um die Kaninchen
zu füttern oder zu streicheln. Und die dritte Tür ist sozusagen die gesamte
Vorderfront des Hauses, und dazu gedacht, das Haus zu säubern und neu
einzustreuen. Stehend auf vier Pfosten, ist es geschützt vor Bodennässe und
bietet unter dem Haus einen natürlichen Witterungsschutz. Unser Dach
wurde mit einer dünnen Gummimatte überzogen und anschließend mit
Holzschindeln verziert. Bitte bedenken Sie, für die Ganzjahresaußenhaltung
muss der Stall vor Regenwasser, vor Wind und vor Hitze geschützt sein. Der
Stall sollte so isoliert sein, dass im Inneren nichts gefrieren kann.
Unsere Gehege umfasst eine Fläche von 18 m² und wurde selbstverständlich ausbruchssicher angelegt. Um die Grablust der Kaninchen ein wenig zu
minimieren, bauten wir eine unterirdische Verzweigung mit Drenageröhren. Die unterschiedlichen Ausgänge wurden mit Baumwurzeln, verkehrten
Tonvasen oder mit Dachschindeln so präpariert, dass die Röhrengänge vor
Regenwasser geschützt sind. Eine kleine Anhöhe und ein eigener Sandplatz
schließen unsere Anlage im Grunde ab. Im Sommer holen wir verschiedene
Äste, frische Baumrinden und machen so alles wieder interessanter.
Lohnt sich dieser Aufwand wirklich?
Selbstverständlich! Obwohl unsere Tiere sozusagen frei leben, sind sie überhaupt nicht scheu. Wenn wir das Gehege betreten und uns in die Wiese
setzen, dann springen sie über uns, knabbern ein wenig an den Jeans oder
lassen sich streicheln. Auch fremde Personen, besonders Kinder, lieben es
unsere Kaninchen von der Hand zu füttern. Viele Leute kommen immer
wieder an unseren Gehegen vorbei und beobachten unsere Tiere, wie sie
gemütlich und ohne Sorgen in der Wiese liegen oder gerade in einer Röhre
verschwinden und Sekunden später am anderen Ende aus der Vase sprinten.
Ein paar gemütliche Eindrücke:
Wir haben keinen Schutz von oben gebaut. So könnten Katzen, Mader oder
auch Greifvögel ohne Hindernis in das Gehege kommen. Wir hatten aber
in den ganzen Jahren, noch nie irgendwelche Probleme. Das gilt für uns!
Ich übernehme keine Verantwortung für andere Orte oder Gegebenheiten.
Um die schöne Idylle ein wenig zu trügen will ich ehrlich sein und auch die
Nachteile und den enormen Aufwand als Halter nicht verschweigen. Um
immer ein mit Gras begrüntes Gehege zu haben, müssen wir unsere Kaninchen alle paar Wochen in unser zweites Außengehege umziehen lassen.
Selbstverständlich mit den gleichen Standards. Dann wird das benützte Gehege mit Grassamen wieder begrünt. Ansonsten würde bald alles aufgefressen sein und bei Regen der Boden matschig und unschön werden. Unsaubere Bedingungen können bei den Kaninchen zu Verklebungen bei den Pfoten
und schlimmsten Falles zu Madenbefall führen. Bei nicht behandeltem Madenbefall verenden die Kaninchen grausam. Verstreuter Rindenmulch und
ein paar gelegte Pflastersteine schützen nur bedingt und sind eben nicht
wirklich ansehbar. Bedenken Sie bitte beim Bau eines Außengeheges: umso
größer, umso leichter regeneriert sich der Boden von selbst. Auch bei Regen
müssen Sie mindestens zwei Mal am Tag in das Gehege gehen. Der Boden
ist abgerast und aufgeweicht. Mit jedem Schritt, wird es auch von Ihnen
matschiger. Das können Sie gar nicht aufhalten.
Ein Tipp: Ein Gehege mit 18m² ist für maximal 3 Kaninchen geeignet. Da
haben Sie eine gute Chance, dass sich alles selber regeneriert. Und noch was
kommt dazu: nicht alle unserer Kaninchen benützen die so genannte Kaninchentoilette. Nur die Kaninchen aus unserem unerwarteten Wurf gehen im
Stall auf eine Toilette. Das erleichtert mir das Ausmisten und hält den Stall
länger sauber. Der Rest verrichtet seine Notdurft überall im Gehege. Im
Sommer ist alles nicht so schlimm. Jeden Tag, aber spätestes jeden zweiten
Tag, mache ich mich auf uns sammle bzw. kehre alles ein. In den Übergangsmonaten wie Herbst oder Frühjahr ist es wesentlich anstrengender alles sauber zu halten. Der Regen oder der Tau läßt den Hasenkot matschig werden
und so verschmutzt alles ziemlich schnell, wenn nicht konsequent dahinter
nachgesäubert wird. Bitte bedenken Sie auch, das benützte Einstreu und der
Hasenkot müssen entsorgt werden. Eine Biotonne oder ein Komposthaufen
wäre sicherlich von Vorteil.
Sollte es im Winter sehr viel scheinen, schaufeln wir selbstverständlich
auch das Gehege ein wenig aus. Ansonsten könnten bei gefrorenem hohem
Schnee die Kaninchen schnell über die Zäune springen.
Diese Realität habe ich bis jetzt noch in keinem Kaninchenratgeber lesen
dürfen. Schade eigentlich!
Aufgrund dessen mussten wir unsere eigenen Erfahrungen machen. Unsere
Gehege haben wir insgesamt 4x umgebaut, bzw. doch an einem anderen
Gartenteil neu aufgebaut. Alles zum Leidwesen meines Lebensgefährten,
der einige Male die Geduld mit mir verlor. Aber erst die Erfahrung hat uns
gezeigt, welcher Platz im Garten doch der idealere ist. Seien Sie ehrlich! Hätten Sie das auch alles gemacht, wenn Sie diese Tiere nicht so lieben würden?
Nein, sicherlich nicht!
Kaninchenkolonie
Ich bin kein Experte und kann nur erzählen wie es sich bei uns entwickelt
und zugetragen hat. Mit unseren Erfahrungen. Derzeit besitzen wir 6 Kaninchen. Wir sind jedoch nicht zum Züchter oder in die Tierhandlung gelaufen und haben uns gleich verschiedene Kaninchen ausgesucht. Nein! Begonnen hat alles mit einem schwarzen und einem grauen Zwergkaninchen.
Beide Tiere wurde von einem „Züchter“ als Ausschussware verkauft.
Unser Gehege und unser Stall waren schon intakt und so zogen die beiden
in unseren Garten ein. Sofort ließen wir das Männchen (schwarz) kastrieren
um einem ungeplanten Wurf aus dem Wege zu gehen. Eines Tages fuhren wir an einem so genannten Züchter vorbei. Dieser hielt 50 Tiere in
seiner Garage. Ein Kaninchen, das ganz unten im dunklen Dreck hockte,
tat meinem Mann so leid, er kaufte es frei. Wir wissen, dass Mitleidskäufe
vermieden werden sollten! Zu diesem Männchen kam ein Weibchen und
unsere Kolonie war perfekt. Aufgrund der großen Anlage und den vielen
Versteckmöglichkeiten blieben die Rangkämpfe ohne Verletzungen und
bald herrschte Frieden und Harmonie. Wir haben uns sogar noch die Mühe
gemacht, einen zweiten Außenstall in das Gehege zu stellen, damit wir sichergehen konnten, das die „Neuzugänge“ auch einen Ruheplatz haben. Als
Laie ist es sicherlich schwieriger die passenden Kaninchen für einander zu
finden. Eine wichtige Rolle dabei spielt das Geschlecht und der Charakter
der Tiere.
Aber: Unser befreites Männchen wurde selbstverständlicherweise vor seinem Einzug auch kastriert. Eine Woche später, die Wunde war gut verheilt,
konnte die Zusammenführung dann auch stattfinden. Aber unsere Ruhe
war bald vorbei, denn schon kurz später waren beide Weibchen trächtig.
Wie das?
Bei Kaninchen können sich trotz der Kastration noch 14 Tage oder länger
Spermien im Samenleiter befinden, mit denen kann ganz normal gezeugt
werden. So bauten wir kurzerhand unsere Doppelgarage zu einem großen
Stall um, damit wir die Kaninchenbabys und die Mamis besser beobachten
konnten.
Wie ich schon berichtet habe, gehen viele Leute an unserem Garten vorbei
und bestaunen unsere Gehege und natürlich auch die Tiere. Immer wieder wurden wir gefragt, ob wir nicht noch ein paar Kaninchen aufnehmen
könnten, denn die eigenen würden nicht mehr „gebraucht“ und der Käfig
stehe nur noch in der Wohnung im Weg.
Nein danke, war stets meine Antwort. Ich erklärte auch, dass ein Zusammengewöhnen mit verschiedenen Altersgruppen und Geschlechter sehr aufwendig sei.
Aber Nachts, wenn ich dann von der Arbeit nach Hause fuhr, fand ich immer wieder Kaninchen vor unserem Garten. Teils im Käfig, teils frei und
zitternd vor Angst, vor der Garage. Was soll ich dazu sagen?
Ich habe sie behalten und versucht ordnungsgemäß zu vermitteln. Alle Neuzugänge wurden vorher tierärztlich untersucht, männliche Tiere wurde kastriert, trächtige Tieren separiert und eine Wurfbox gebaut. Zu Spitzenzeiten
kümmerten wir uns um 18 Kaninchen gleichzeitig. Alte Tiere zu vermitteln
ist sehr schwierig.
Und noch schwieriger wurde es, wie ich für die Tiere die gleichen Lebensbedingungen forderte, wie sie es bei uns haben. Es dauerte fast 1 ½ Jahre. In
dieser Zeit war unser Garten für Menschen nicht wirklich benutzbar, aber
alle Tiere haben nun einen guten Platz gefunden.
Wenn man sich für Kaninchen entscheidet, dann muss es nicht unbedingt
ein junges Tier sein. Auch alte Tiere und welche aus der Käfighaltung gewöhnen sich in kürzester Zeit an die Freiheit. In den Zeitungen stehen genügend „Gebrauchtkaninchen“, die voller Freude und Dankbarkeit aufgenommen werden wollen.
So wie unsere Wolli:
Unser erster Wurf: zusammengekuschelt ....
Wolli kam zu uns da war sie bereits 6 Jahre alt. Sie lebte ohne Artgenossen, dafür mit einem Plüschhasen zusammen, in einem Käfig in einem
Büro. Es war Winter und ich konnte Wolli nicht in die Außenanlage
bringen. Sie hatte a) kein Winterfell und b) was schlimmer war, fast keine Muskeln mehr. Wir stellten den Käfig in unser Wohnzimmer, legten
Teppiche vor den Käfig und hielten die Türe offen, damit Wolli wieder
anfing zu hoppeln. Wenn Wolli am Teppich saß und zwei „Sprünge“ machte, war sie schon wieder müde und sie musste sich einmal ausruhen. Aber
sie regenerierte ganz schnell. Binnen zwei Monate hüpfe Wolli im Wohnzimmer umher. Um sie zum Laufen zu animieren, holten wir immer einen
Gefährten von draußen ins Wohnzimmer. Nur kurz, denn sonst wäre es
dem Kaninchen zu heiß geworden. Wolli, war sofort hin und weg. Sie suchte Kontakt, und das nach so langer Einzelhaft. Im späten Frühjahr ging es
für Wolli nach draußen, sie wurde eingegliedert und es war erstaunlich wie
schnell sie sich weiterentwickelte. Mittlerweile lebt Wolli zusammen mit 5
andern Kaninchen auf einem Biobauernhof in einem unglaublichen Außengehege von 200m², strahlt, wenn man das so sagen darf, und erfreut sich
bester Gesundheit.
... und später bei ein paar Turnübungen
Auch im Bezug auf die Fütterung kann ich nur wiedergeben, was sich bei
uns bewährt hat. Aufgrund unserer Erfahrung füttern wir unsere Tiere im
Sommer hauptsächlich mit frischem Gras. Unsere Tiere laufen sowieso den
ganzen Tag im Garten umher und fressen Gras. Abends holen wir uns nochmals Löwenzahn und Bärentatzen von der nahe gelegenen Wiese. Selbstverständlich haben wir unsere Landwirte vorher um Erlaubnis gebeten! Mir ist
schon bewusst, dass diese Fütterung in der Stadt sehr schwer umzusetzen
ist, aber mein Grundgedanke ist eben, nur dann Kaninchen zu halten, wenn
man es artgerecht halten kann. 1x in der Woche bekommen unsere Kaninchen ausgewähltes Körnerfutter. Frisches Heu gehört zur täglichen Grundausstattung und sollte immer vorhanden sein. Kaninchen müssen ständig
fressen um ihre Verdauung in Schuss zu halten. Ansonsten kommt es schnell
zu einem Stoffwechselproblem.
Leckerlis, die es in allen verschiedenen Geschmackssorten im Fachhandel
zu kaufen gibt, erhalten unsere Kaninchen nicht. Viel lieber gibt es frische
Äste, am liebsten Haselnuss, Himbeere oder Äste von verschiedenen Obstbäumen.
Im Herbst holen wir uns von Maisbauern einige Maiskolben und hängen
diese zum Trocknen in der Garage auf. In den kargen Wintermonaten, wo
eben kein frischen Gras oder frische Äste geholt werden können, sind die
1x wöchentlich Maiskolben eine wirkliche Leckerei. Im Winter füttern wir
unsere Kaninchen auch mit Salat, Karotten, Kohl nur bedingt und selbstverständlich wieder täglich Heu. Sollte ein Kaninchen doch mal an Durchfall erkrankt sein, geben wir etwas Kamillentee und vermeiden nasses Grünfutter. Wir kennen unsere Tiere, bei Krankheitsanzeichen führt der Weg
unverzüglich zum Tierarzt.
Apropos Tierarzt! Welche Kosten haben wir in den letzten Jahren auf
uns genommen? Aufgrund der teilweise großen Anzahl doch sind verschiedene Dinge zusammen gekommen. So sind etwa Kosten für
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die Kastration der Männchen,
Durchfallserkrankungen,
Untersuchungen für Jungtiere,
Anomalien im Gebiss, d.h. teilweise waren bei den Kaninchen
Operationen notwendig und bei einem anderen musste alle 6-8
Wochen die Zähne gekürzt werden,
Verletzungen,
Krallenpflege,
Einschläferung,
u.v.m
entstanden. Wie viel es genau war, kann ich nicht sagen. Es spielt für uns
auch keine Rolle. Wir lieben unsere Tiere und hätten für deren Wohlbefinden wahrscheinlich noch mehr ausgegeben.
An der eigenen Nase stupsen
Ich spreche wie gesagt in allen Bereichen aus eigener Erfahrung und mache niemandem einen Vorwurf für eine falsche Haltung aus Unwissenheit,
denn auch ich hielt mein erstes Kaninchen, aus heutiger Sicht, leider nicht
artgerecht. Mein Kaninchen lebte mit mir in einer Wohnung ohne Balkon
oder Garten. Der Käfig stand zwar den ganzen Tag lang offen und mein
Kaninchen konnte sich sozusagen frei in der Wohnung bewegen, hatte aber
keinen Artgenossen. Warum auch, denn im Grunde verhielt sich mein Kaninchen wie eine Katze. Es kam auf die Couch, wenn ich es rief. Es lief mir
hinterher und konnte gestreichelt werden. Zum Fressen gab es jeden Tag
Kaninchenfutter, ein bisschen Salat und viele Leckerlis. Frisches Gras war,
bedingt durch meine Stadtwohnung, äußerste Mangelware.
Leider meinte ich es viel zu gut mit meinem Kaninchen. Tägliches Körnerfutter, mangelnde Bewegung und die soziale Vereinsamung forderten ihren Tribut. Mein Kaninchen verstarb mit bereits 3 Jahren. Aber ich dachte
immer, was für ein tolles Leben mein Kaninchen doch hatte. Heute noch
möchte ich mich für meinen Irrglauben entschuldigen. Ich wusste es nicht
besser. Beraten wurde ich damals im Zoofachgeschäft. Freunde und Bekannte hielten Kaninchen auf die gleiche Weise, also musste dies doch in
Ordnung sein. Erst Jahre später konnte ich erkennen, welch einen Unterschied eine artgerechte Haltung auch auf das Wesen des Kaninchens hat.
Sicherlich gibt es immer wieder Menschen, die ihre Kaninchen auch sehr
gut in Wohnungen oder auf dem Balkon halten. Aber ich spreche über die
breite Masse, die ohne Nachzudenken schnell und voreilig Tiere kauft - und
das gilt sicherlich nicht nur für Kaninchen.
Vielleicht finden Sie diese Broschüre etwas zu extrem, aber vielleicht sind Sie
es nur nicht gewohnt, wahre Bedingungen zu lesen!
Kaninchen zeigen nicht offensichtlich ihren Wehmut. So wird das so glückliche und zufriedene ausschauende Tier falsch verstanden. Kaninchen leiden
eben still.
Danke für Ihre Zeit, danke für Ihre Einsicht.
Danke an unsere Kaninchen, an denen wir wachsen und lernen durften.
Howart, Merlin, Hermine, Lumpi, Stupsi, die kleine rote, Flocki, Don,
Paul, Mona, Leila, Speik, Fox, Prinzesschen, Charly, Hoppelhasehans, Wolli, Lilly.
Kurz nochmals die wichtigsten Überlegungen vor der Anschaffung eines
Kaninchens:
• Familie: Wollen wirklich alle Familienmitglieder ein Kaninchen und sind
sich alle wirklich über die verbundene Arbeit bewusst.
• Allergien: Nicht nur auf das Kaninchen kann allergisch reagiert werden,
sondern auch auf das Heu oder die Einstreu.
• Haltung: Können Sie dem Kaninchen überhaupt gerecht werden. Haben
Sie genug Platz für mindestens zwei oder mehrere Tiere?
• Aufbewahrung: Bitte denken Sie daran, Heu, Einstreu, Körnerfutter, evt.
Zweitkäfig für kranke Tiere - dafür müssen Sie auch einen Platz finden, wo
es trocken gelagert werden kann.
• Urlaub: Wer versorgt Ihre Tiere, wenn Sie im Urlaub sind?
• Finanzielles: Kaninchen können wie alle anderen Tiere auch erkranken.
Eventuelle Tierarztkosten, Futter und der Bau oder Kauf eines Stalles sind
mit vielen Kosten verbunden.
• Lebensdauer: Sind Sie sich dessen bewusst, das ein Kaninchen wie gesagt
8 Jahre und älter werden kann?
• Tierarzt: Suchen Sie schon vor der Anschaffung eines Kaninchens einen
Tierarzt auf. Der kennt eventuell gute Züchteradressen und kann für Sie ab
der ersten Minute beratend zur Seite stehen.
copyright by Petra Pirnus
copyright Fotos by Petra Pirnus und www.shutterstock.com
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