Tranquilizer und Hypnotika (S. 64-65)

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Tranquilizer und Hypnotika (S. 64-65)
Tranquilizer (Beruhigungsmittel) und Hypnotika (Schlafmittel) sind die ältesten Formen
medikamentöser Behandlung psychischer Störungen. Bereits im 19. Jahrhundert gab es beruhigende und
Schlaf fördernde pflanzliche und später auch chemische Substanzen, die wegen dieser Wirkung genutzt
wurden. Eine davon, Chloralhydrat (Chloraldurat®), ist heute noch in Gebrauch.
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts kam die Gruppe der Barbiturate* auf den Markt, die sowohl als
Beruhigungs- und Schlafmittel als auch als Antiepileptika (Mittel gegen Krampfleiden) genutzt wurden.
Von diesen untereinander chemisch verwandten Mitteln sind nur noch das lang wirksame Phenobarbital
(Luminal®) – vor allem zur Epilepsiebehandlung – und das sehr kurz wirksame Barbital – vor allem in
der Anästhesie zur Narkoseeinleitung – in Gebrauch. In der Psychiatrie sind sie fast vollständig
verdrängt worden durch die Gruppe der Benzodiazepine*, die seit den 1960er Jahren nach und nach auf
den Markt kamen und hinsichtlich der Nebenwirkungen günstiger sind als die Barbiturate. Die
Benzodiazepine sind seit Jahrzehnten vorherrschend, wenn es um die Lösung von Spannungen und
Ängsten, um allgemeine Beruhigung und um die Ermöglichung von ausreichendem Nachtschlaf geht.
Früher übliche, z. B. bromhaltige Mittel sind in den Hintergrund getreten. Einige neuere Substanzen
(Zolpidem und Zopiclon) sind hinzugekommen, haben aber hinsichtlich erwünschter und unerwünschter
Wirkungen keine entscheidende Verbesserung gebracht. Die meisten Tranquilizer und Hypnotika
wirken in niedriger Dosis beruhigend, in hoher Dosis als Schlafmittel. Wir besprechen darum diese
beiden Wirkungen in einem gemeinsamen Kapitel.
Viele Beruhigungs- und Schlafmittel sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich, obwohl nicht alle frei
von gefährlichen Nebenwirkungen sind. Insbesondere raten wir Ihnen von der Einnahme von
bromhaltigen Verbindungen ab, weil diese zu Bromvergiftungen führen können.
Beruhigungs- und Schlafmittel werden zum weitaus größten Teil von Hausärzten verschrieben. Die
meisten Menschen mit Schlafstörungen, Stress oder unspezifischen Störungen des seelischen und
körperlichen Befindens mögen nicht gleich zum Psychiater gehen. Vielfach ist das sicher auch nicht
erforderlich, andererseits werden dadurch oft ernstere seelische Störungen übersehen, bei denen
Psychopharmaka aus anderen Gruppen sowie eine Psychotherapie besser helfen könnten als
Tranquilizer oder Hypnotika. Das gilt besonders für mittelschwere und schwere Depressionen, die oft
über Jahre hinweg unzureichend behandelt werden. Wir raten Ihnen darum trotz aller Vorurteile
(»Irrenarzt«), sich zum Besuch eines Facharztes und eines Psychologischen Psychotherapeuten zu
entschließen, wenn Ihre Beschwerden nicht eindeutig auf körperliche Ursachen zurückzuführen sind!
Benzodiazepine
Die meisten Medikamente, die als Beruhigungs- und Schlafmittel verschrieben werden, gehören zur
Gruppe der Benzodiazepine, die wir deshalb ausführlicher vorstellen wollen. Weitere Beruhigungs- und
Schlafmittel besprechen wir im Anschluss daran.
Wirkmechanismus
Um Ihnen den Wirkmechanismus der Benzodiazepine erläutern zu können, möchten wir Ihnen zunächst
einen Neurotransmitter* vorstellen, die GABA (Gamma-Amino-Buttersäure). Wie die übrigen
Transmittersubstanzen hat auch die GABA ihre spezifischen Rezeptoren*. Allerdings entfaltet sie eine
etwas andere Wirkung: Wenn ein GABA-Molekül sich an »seinen« Rezeptor andockt, führt dies zu
einer elektrischen Abdichtung (Hyperpolarisation) der postsynaptischen* Nervenstruktur. In der Folge
ist sie weniger leicht erregbar als sonst, das heißt, die Weiterleitung eintreffender Reize wird gehemmt.
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