Grundlagen des Marketing - Wong / Kotler / Saunders - Beck-Shop

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Grundlagen des Marketing
von
Veronica Wong, Philip Kotler, John Saunders, Gary Armstrong
5., aktualisierte Auflage.
Grundlagen des Marketing – Wong / Kotler / Saunders / et al.
schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG
Thematische Gliederung:
Wirtschaft – Allgemeines
Pearson Education München 2011
Verlag C.H. Beck im Internet:
www.beck.de
ISBN 978 3 86894 014 5
Inhaltsverzeichnis: Grundlagen des Marketing – Wong / Kotler / Saunders / et al.
Strategisches Marketing
3.2
Einführung
Strategische Unternehmensplanung
3.2.1
3.2.2
3.3
3.4.2
...
....
....
....
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160
168
172
180
Marketing als Leitkonzept in der strategischen
Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Der Stellenwert des Marketing innerhalb betrieblicher
Funktionsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
181
182
Zentrale Bestandteile eines Marketingplans . . . . . 183
3.5.1
3.5.2
3.5.3
3.5.4
3.5.5
3.5.6
3.6
Unternehmensmission und strategische Ziele
Strategische Situationsanalyse . . . . . . . . . .
Strategische Analysemethoden . . . . . . . . .
Entwicklung von Wachstumsstrategien . . . .
Die Rolle des Marketing in der strategischen
Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
3.4.1
3.5
. . . . . . . . . . . 157
Zeithorizont und Hierarchie der Planung . . . . . . . . . 157
Der Planungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans . . 160
3.3.1
3.3.2
3.3.3
3.3.4
3.4
3
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
Executive Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Marketing-Audit – Analyse der Ausgangssituation
Marketingstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Entwicklung des Marketing-Mix . . . . . . . . .
Das Marketingbudget . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Marketingkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Marketingorganisation
Zusammenfassung . . . . . . .
Anregungen zur Diskussion
Anwendung der Konzepte
Literatur und Quellen . . . . .
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184
185
188
191
195
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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202
ÜBERBLICK
3.1
3
Strategisches Marketing
Lernziele
Nachdem Sie dieses Kapitel durchgearbeitet haben, können Sie
die unternehmensweite strategische Planung und ihre wichtigsten Schritte
erläutern.
erklären, wie Unternehmen einzelne Geschäftsfelder bewerten und daraus ihr
Geschäftsportfolio zusammenstellen.
beschreiben, wie Unternehmen Zielvorgaben und eine „Mission“ entwerfen.
Rolle und Stellenwert des Marketing innerhalb der strategischen Planung
bewerten.
die Elemente einer kundenorientierten Marketingstrategie und eines Marketingprogramms erläutern.
die Elemente eines Marketingplans beschreiben und die Bedeutung der Marketingkontrolle bewerten.
beschreiben, wie die Organisationseinheiten des Marketing sich verändern
und anpassen müssen.
3.1
Einführung
Unternehmen brauchen Strategien, um sich auf ihren Märkten behaupten zu können.
Es wird jedoch niemals eine Strategie geben, die sich als Patentrezept für alle Unternehmen anwenden ließe. Jeder Anbieter muss seinen Weg finden, um das Beste aus
der gegebenen Situation, den gegebenen Möglichkeiten, seinen Zielen und seinen Ressourcen zu machen. Das Marketing spielt eine wichtige Rolle in der strategischen Planung. Es liefert vor allem Informationen, aber auch weiteren Input, um einen strategischen Plan erstellen zu können. Gleichzeitig bildet die strategische Planung die erste
Stufe der Marketingplanung und legt die Rolle des Marketing innerhalb der Gesamtorganisation fest. Sie gibt Vorgaben an das Marketing, welches zur Erreichung der
strategischen Ziele mit anderen Abteilungen des Unternehmens zusammenarbeiten
muss.
Im Folgenden betrachten wir zunächst ganz allgemein die strategische Planung im
Unternehmen. Zuerst wird der gesamte Planungsprozess beleuchtet, dann werden die
zentralen Bestandteile eines strategischen Plans identifiziert und im Marketingplan
für den Bereich des Marketing konkretisiert. Schließlich gehen wir auf die Kontrolle
und Implementierung des Marketingplans ein.
150
3.1 Einführung
Einführende Fallstudie: Starbucks – Kaffee und mehr
Die Erfolgsgeschichte des modernen Kaffeebarbetreibers nimmt in den frühen
80er Jahren ihren Lauf. Sie entspringt nicht nur Howard Schultz’ Liebe für Kaffeekultur, sondern vor allem auch seinem ausgeprägten Geschäftssinn und seinem
Marketinggeschick. Als er 1981 die Monatsaufträge seines damaligen Arbeitgebers, einer Haushaltswarenfirma, überprüft, stößt er auf einen bestimmten Kunden, der außergewöhnlich viele Kaffeemaschinen bezieht. Interessiert recherchiert Schultz weiter und erfährt, dass der Betrieb namens Starbucks lediglich
vier kleine Kaffee-Geschäfte in Seattle besitzt, diese jedoch offensichtlich sehr
erfolgreich zu führen weiß. Schultz erkennt, dass Starbucks eine Marktlücke entdeckt hat und besucht das Unternehmen an der Westküste. Ein Jahr lang trifft er
sich immer wieder mit den Starbucks-Gründern und versucht, sie davon zu überzeugen, ihn einzustellen. Schließlich zahlt sich die Hartnäckigkeit von Schultz
aus. Die Firmenchefs willigen ein und Schultz wird Manager bei Starbucks. Während einer Geschäftsreise nach Mailand erhält Schultz einen Einblick in die reichhaltige Espressotradition des Landes. Beeindruckt von der Kultur und Leidenschaft der Italiener zum Kaffee, ist er von seiner Vision überzeugt, das Kaffeebarkonzept in die USA zu bringen: Er möchte die Menschen dazu bringen, die
Kaffeekultur zu zelebrieren, d.h. im Alltag einen Gang zurückzuschalten und das
Leben bewusster zu genießen. Schultz bewegt die Starbucks-Gründer dazu, sein
neuartiges Konzept an einem neuen Standort im Zentrum Seattles zu erproben
und zwar sollen nicht nur Kaffeebohnen, sondern auch frisch zubereitete Espressogetränke verkauft werden. Dieser Test verläuft sehr erfolgreich und überzeugt
Schultz, dass hier Starbucks’ Zukunft liegen wird. Da die Starbucks-Gründer
jedoch am reinen Verkauf von Kaffeebohnen festhalten möchten, kündigt Schultz
1985 und gründet seine eigene Kaffeekette namens „Il Giornale“. Er findet genügend Investoren, um den Wettbewerb mit Starbucks für sich zu entscheiden und
so übernimmt er schließlich 1987 das Unternehmen für 3,8 Millionen Dollar.
Das Starbucks Mission Statement lautet wie folgt:
Leitbild:
„Wir möchten Menschen Tasse für Tasse und in jeder Umgebung inspirieren und
fördern.
Nach diesen Prinzipien setzen wir dieses Ziel täglich in die Tat um:
Unser Kaffee Qualität steht im Mittelpunkt. Wir kümmern uns um den nachhaltigen Anbau und gerechten Handel der feinsten Kaffeebohnen, rösten sie mit
größter Sorgfalt und verbessern die Lebensbedingungen der Menschen, die den
Kaffee anbauen. All das ist uns sehr wichtig und wir werden daran stets weiterarbeiten.
Unsere Partner Wir Mitarbeiter heißen Partner, weil es nicht nur ein Job ist – es
ist unsere Leidenschaft. Gemeinsam begrüßen wir Vielfalt, um ein Arbeitsumfeld
151
3
Strategisches Marketing
zu schaffen, in dem wir alle so sein können, wie wir sind. Wir behandeln einander
stets mit Respekt und Würde. Wir verpflichten uns gegenseitig, diesem hohen
Standard zu entsprechen.
Unsere Gäste Auch wenn wir viel zu tun haben, gehen wir auf unsere Gäste ein,
lachen mit ihnen und verschönern ihren Tag, selbst wenn es sich nur um wenige
Augenblicke handelt. Natürlich geht es zunächst um das Versprechen, ein Getränk
perfekt zuzubereiten. Doch unsere Arbeit reicht weit darüber hinaus. Es geht im
Wesentlichen um zwischenmenschliche Beziehungen.
Unsere Coffee Houses Wenn unsere Gäste sich zugehörig fühlen, werden unsere
Coffee Houses zu einem Hafen, einer Zuflucht vor den Alltagssorgen, einem Ort,
an dem man sich mit Freunden trifft. Es geht um Genuss in der Hektik des Alltags – manchmal langsam ausgekostet, manchmal schneller genossen. Aber stets
voller Menschlichkeit.
Unser Umfeld Jedes Coffee House ist Teil einer Gemeinschaft. Und wir nehmen
unsere Verantwortung ernst, gute Nachbarn zu sein. Wo wir tätig sind, möchten wir gerne willkommen geheißen werden. Wir können positive Veränderungen
bewirken: unsere Partner, Gäste und die Gemeinschaft zusammenbringen. Unsere
Verantwortung – und unser Potenzial, Gutes zu tun – ist aber noch größer. Die Welt
erwartet von Starbucks neue Standards. Wir werden als Vorreiter vorangehen.
Unsere Aktionäre Wir wissen: Wenn wir unser Versprechen in jedem dieser
Bereiche erfüllen, erzielen wir den Erfolg, von dem auch unsere Aktionäre profitieren. Wir sind dafür verantwortlich, in all diesen Bereichen richtig vorzugehen,
sodass Starbucks und alle Menschen, die am Unternehmen beteiligt sind, anhaltenden Erfolg haben.“
Heute gehört das Unternehmen immer noch zu den wichtigsten Kaffeeketten der
Welt, wie folgende Zahlen veranschaulichen: Jede Woche besuchen etwa 35 Millionen Kunden eine der mehr als 15.000 Filialen in 43 Ländern, viele der Gäste
kommen sogar zweimal täglich. Im Geschäftsjahr 2007 wurde ein Umsatz in Höhe
von 9,4 Mrd. US-$ erzielt, was einen 21-prozentigen Anstieg zum Vorjahr darstellt. Dennoch verzeichnete Starbucks im Jahr 2007 einen Rückgang der Kundenzahlen in den USA. 2008 wurden sogar bis zu 600 Filialen geschlossen. Gründe
dafür sind auch die besser gewordenen Nachahmer, wie z. B. „Coffee Republic“
(UK), „Caribou Coffee“ (USA) oder „Balzac Coffee“ (Deutschland) und stärkerer
Druck durch alte Wettbewerber (z. B. McDonald’s mit seinem McCafé-Konzept).
Um auch weiterhin auf dem immer heftiger umkämpften Markt das Wachstum
voranzutreiben und sich so den Erfolg zu sichern, hat Starbucks einige strategische Maßnahmen ergriffen:
Mehr Wachstum: Starbucks realisiert nahezu 85 Prozent seiner Umsätze in
seinen Coffee Stores. Daher überrascht es nicht, dass das Unternehmen in rasantem Tempo immer neue Standorte eröffnet. Waren es Ende 1996, als sich
152
3.1 Einführung
Starbucks gerade auf das internationale Parkett gewagt hatte, noch 1.015 Niederlassungen, so stieg die Anzahl Ende 2007 auf mehr als 15.000 Filialen. 2008
gab es in Deutschland 143 Kaffeehäuser, in Österreich 13 Filialen und 45 in
der Schweiz. Angesichts dieser Zahlen könnte man meinen, es gäbe kaum eine
Stadt ohne Starbucks, doch es besteht noch genügend Expansionspotenzial.
So ist laut Unternehmensführung in Weltstädten wie New York, Paris oder
London noch keine Marktsättigung erreicht. Schultz verweist diesbezüglich
auf das Beispiel Vancouver. Dort stehen in einer Straße zwei Filialen einander genau gegenüber und dennoch erzielen beide einen Jahresumsatz, der
weit über dem eines durchschnittlichen Starbucks Coffee House liegt. Auch
in Deutschland möchte Starbucks noch stärker expandieren. In Hamburg beispielsweise soll es innerhalb von fünf Jahren bis zu 30 Kaffehäuser geben. Ziel
ist es, wie bereits in London realisiert, zu ermöglichen, dass jeder im Stadtzentrum nicht weiter als fünf Minuten von einer Starbucks-Filiale entfernt ist. In
den letzten Jahren wurden mehrere Filialen in einigen erfolgversprechenden
Märkten wie z. B. Russland, Brasilien und China eröffnet.
Neue Absatzkanäle: Der Großteil an Kaffee wird im Handel gekauft und zu
Hause getrunken. Um auch dieses Nachfragesegment zu erobern, hält Starbucks Einzug in die US-Supermarktregale. Anstatt sich dabei mit Riesen wie
Nestlé (Nescafé) und Kraft (Maxwell House) einen erbitterten Kampf zu liefern,
hat das Unternehmen eine Kooperationsvereinbarung mit Kraft geschlossen.
Starbucks sorgt weiterhin für die Röstung und die Verpackung der Kaffeebohnen, wohingegen Kraft diese vermarktet und vertreibt. Davon profitieren beide
Firmen: Starbucks kann aufgrund des mächtigen Kraft-Vertriebs einen raschen
Markteintritt in 25.000 Supermärkte erlangen, während Kraft seine Kaffeeproduktlinie mit einer der bekanntesten Premium-Marken abrunden und sich so
im schnell wachsenden Spitzenkaffeesegment positionieren kann.
Neue Vermarktungswege: Daneben hat sich das Kaffeebarunternehmen noch
weitere Möglichkeiten der Vermarktung erschlossen. Beispielsweise betreibt
die Hotelkette Marriott in vielen Flughäfen Starbucks-Verkaufsstände und stattet seine Hotels mit den Heißgetränken aus Seattle aus. Ferner bestehen Kooperationen mit den zwei größten US-Buchhandelsketten „Barnes & Nobles“ und
„Borders“ ebenso wie mit vielen Fluggesellschaften wie z. B. United Airlines.
Seit einigen Jahren setzt Starbucks insbesondere in Vorstädten und ländlichen
Gegenden vermehrt auf Drive In-Schalter.
Neue Produkte und neue Ladenkonzepte: Neben der Erschließung neuer
Standorte treibt Starbucks seine Expansionspolitik auch im kleineren Rahmen
voran, z. B. durch die ständige Erweiterung des Food-Sortiments. Neben den
größtenteils auch in Deutschland angebotenen Bagels, Muffins, Cookies und
Kuchen greift Starbucks in den USA je nach Standort und Nachfrage auch
auf lokale und regionale Lieferanten zurück. Ob Krispy Kreme Doughnuts
oder Gourmetsandwiches von Fresh Fields oder Greek Pasta Salads, der Coffee House-Spezialist testet alles. Durch ein breites Angebot an Snacks erhofft
sich das Unternehmen, die Durchschnittseinnahmen pro Gast zu erhöhen und
153
3
Strategisches Marketing
gleichzeitig das Geschäft zur Mittagszeit und in den Abendstunden anzukurbeln. Um geringerem Umsatz bei gutem Wetter zu begegnen, bietet Starbucks
nun auch Frappuccinos und andere gekühlte Produkte an. Um die Marke
auf neue Produktkategorien auszuweiten, geht Starbucks Partnerschaften mit
anderen Unternehmen ein. Diese Lizenzgeschäfte umfassen beispielsweise
eine Kooperation mit Pepsi-Cola Co., die die Starbucks-Spezialität „Frappuccino coffee drink“ in Flaschen abfüllt und unter dem Logo der Kaffeebars vertreibt. Auf dieselbe Weise werden auch Eiskreme (mit dem Partner Dreyer’s
Grand Ice Cream) sowie Kaffeelikörspezialitäten (gemeinsam mit Jim Beam)
vermarktet. Ein weiteres Absatzsegment ist der Verkauf von Accessoires und
Zubehör rund ums Kaffeetrinken, beispielsweise Tassen, Kaffeemaschinen und
-filter, aber auch Geschenkartikel, CDs und natürlich Kaffee und Tee. All diese
Produkte sind sowohl in den Coffee Houses als auch über das Internet erhältlich.
Abbildung 3.1: Eine Starbucks-Filiale
Quelle: Mit freundlicher Genehmigung von www.kdbusch.com.
Sicherlich verdankt Starbucks seinen Erfolg nicht nur dem Verkauf von Kaffeegetränken, sondern er hängt auch mit der Unternehmensphilosophie, der „Starbucks Experience“, zusammen. Dazu zählen Starbucks’ weltweites Engagement
für Umwelt und Mitmenschen, das sowohl die Unterstützung von Kaffeebauern
und den ökologischen Kaffeeanbau umfasst, als auch gemeinnützige und soziale
Projekte in der näheren Umgebung der einzelnen Coffee Houses. Weiterhin verkörpert das Unternehmen aus Seattle einen bestimmten modernen Lifestyle:
Bequeme Sessel, jazzige Musik und ein hohes Serviceniveau (so stehen in vielen Filialen Highspeed-Internetanschlüsse zur Verfügung) runden das Starbucks-
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3.1 Einführung
Angebot ab und sorgen für eine entspannte Wohlfühlatmosphäre. Gerade in jüngster Vergangenheit wurde ein Fokus auf den Bereich Musik gelegt. Starbucks investierte in ein eigenes Label und einen Radiosender und ging Partnerschaften mit
großen Plattenfirmen ein. Daraus ging die Marke „Hear Music“ hervor, unter der
Starbucks Musik-CDs produziert und vertreibt. 2004 erfolgte der entscheidende
Durchbruch im CD-Geschäft. Starbucks verkaufte mehr als 720.000 Kopien des
posthumen Ray-Charles-Albums.
Zu viel Koffein?
Obwohl Starbucks’ starke Ausrichtung auf Wachstum bisher großen Erfolg hatte,
äußern sich einige Experten kritisch. Das Unternehmen dehne seinen Markennamen übermäßig auf neue Geschäftsfelder und Produkte aus, sodass es Gefahr
läuft, seine Glaubwürdigkeit zu verlieren. Ein Kritiker beschreibt dies folgendermaßen: „Wenn ein Konsument bereit ist, bis zu drei Euro für einen Milchkaffee
zu bezahlen, erwartet er, dass es sich dabei um ein Produkt von höchster Güte
handelt. Denkt er dann an die Art von Kaffee, die er unter dem Namen Starbucks
in einem Flugzeug erhält, so stimmt dies nicht mit seiner Erwartung überein.“
Andere hingegen glauben weiter an den Erfolg von Starbucks. Sie sehen Ähnlichkeiten zwischen dem Kaffeehausbetreiber aus Seattle und dem frühen McDonald’s, das seinen Aufstieg zum Weltkonzern auf vergleichbare Art und Weise
erzielt hat. Ein Analyst von Goldman Sachs sieht bei beiden Unternehmen die
folgenden Analogien: ein starker Fokus auf ein bestimmtes Produkt, die Möglichkeit der internationalen Vermarktung und die Marktführerschaft in einer neu entstandenen Marktnische. Starbucks ist ein Premiumprodukt und hat es geschafft,
eine einzigartige Atmosphäre in seinen Coffee Houses zu schaffen, sodass Starbucks für viele Gäste zum „3rd Place“, einem Ort neben Arbeit und Zuhause,
geworden ist. Starbucks scheint mit seiner strategischen Ausrichtung auf dem
besten Weg, die Erfolgsgeschichte von McDonald’s zu wiederholen, allerdings ist
Vorsicht geboten und das Unternehmen muss einen starken Fokus auf das Management seines rapiden Wachstums legen.
Neben den positiven Analogien steht Starbucks jedoch auch ähnlichen Herausforderungen gegenüber wie McDonald’s. Ein Problem der zunehmenden Internationalisierung ist die Schwierigkeit, sich an die Verschiedenartigkeit der unterschiedlichen Länder anzupassen.
In China sah Starbucks sich mit Protesten konfrontiert, als es im Jahr 2000
seine Filiale in der Verbotenen Stadt nahe des Palastmuseums eröffnete. Zunächst
verebbten die Proteste, flammten nach sieben für Starbucks erfolgreichen Jahren jedoch wieder auf. Grund war der Blog-Appell des Nachrichtensprechers
Rui Chenggang, der schrieb: „Das ist keine Globalisierung, sondern ein Missbrauch der chinesischen Kultur.“ Viele der 123 Millionen Internetnutzer in
China sind sehr empfindlich, wenn es um die Würde ihres Landes geht. Obwohl
mehr als eine halbe Million Menschen die Petition auf der Webseite des Sprechers des chinesischen Fernsehsenders CCTV unterschrieben, konnte Starbucks
zunächst nicht „vertrieben“ werden. Das US-Unternehmen hatte sich äußerst
dezent verhalten und selbst die Markenschilder an der Filiale abmontiert.
155
3
Strategisches Marketing
Im Juni 2007 hat Starbucks dann von sich aus den Rückzug angetreten und die
Filiale geschlossen.
Ein weiteres Problem ist die Konkurrenz, die mehr und mehr versucht, das
Konzept von Starbucks nachzuahmen. Einige Fast-Food-Ketten expandieren nun
beispielsweise ebenfalls in den Frühstücksmarkt und bieten Frühstücksmenüs
wie Starbucks an, jedoch zu einem niedrigeren Preis. Die schottische Kette „Costa
Coffee“ ist vor allem in Irland eine starke Konkurrenz für Starbucks und expandiert bereits in Teile Großbritanniens. Einen Imageverlust für Starbucks könnte
das Rating der US-Zeitschrift „Consumer Report“ bedeuten. Diese bewertete den
Kaffee von Dunkin’ Donuts und McDonald’s in Bezug auf Geschmack und Preiswürdigkeit besser als den von Starbucks.
Darüber hinaus warnt der Gründer und Vorsitzende Howard Schultz vor einer
„Verwässerung“ der Marke Starbucks. Der Grund dafür sind die immer steriler
werdenden und identischen Kaffehäuser, denen es immer häufiger an Authentizität und Charme fehlt. Schultz erkennt: „Wir haben einige Entscheidungen getroffen, die im Nachhinein zu einer Verwässerung der Marke geführt haben.“ Schritte,
die Prozesse effizienter gestalten sollten, wie beispielsweise die Nutzung neuer
automatischer Espressomaschinen, berauben Starbucks seines Charakters. Daher
ist Schultz’ Schlussfolgerung: „Wir müssen uns dringend klar darüber werden,
dass es notwendig ist, zum Kern zurückzukehren und die Tradition bzw. Leidenschaft, die wir zuvor hatten, wiederzuerlangen. Das Resultat der letzten Jahre sind
Filialen, die austauschbar sind und nicht mehr viel vom früheren Nachbarschaftscharme erkennen lassen.“
Fragen:
1. Was hat Menschen auf der ganzen Welt dazu gebracht, für einen Kaffee das
Drei- oder Vierfache des üblichen Preises zu bezahlen?
2. Vergleichen Sie die Wachstumsstrategie von Starbucks mit der von McDonald’s.
Welche Gemeinsamkeiten, welche Unterschiede stellen Sie fest?
Wodurch lassen sich die Unterschiede erklären?
3. Führen Sie eine SWOT-Analyse für Starbucks durch.
Wie sind in diesem Zusammenhang Trends wie Gesundheitsbewusstsein,
zunehmendes Alter der Gesellschaft und Globalisierungsablehnung einzuschätzen?
4. Ordnen Sie Starbucks in die Marktwachstums-/Marktanteils-Matrix der Boston Consulting Group ein.
Welche strategischen Empfehlungen lassen sich aus der Position von Starbucks ableiten?
Wo wird Starbucks in Zukunft im BCG-Portfolio positioniert sein? Welche
Strategie schlagen Sie für die zukünftige Position vor?
5. Inwieweit widersprechen sich Strategie und Leitbild des Unternehmens?
6. Welche Chancen und Risiken sehen Sie für Starbucks in der Idee des Drive
In-Konzepts?
156
3.2 Strategische Unternehmensplanung
Quellen:
Deborah Steinborn: „Der Kaffee-König. Wie Howard Schultz aus vier kleinen Läden in
Amerika die Starbucks-Kette mit weltweit 6.000 Filialen schuf.“, in: DIE ZEIT Nr. 17
(16. 04. 2003), Webseite unter: http://zeus.zeit.de/text/2003/17/Starbucks;
Tracy B. McGinnis: „Coffee going quick“ (05. 12. 2005), Webseite unter:
www.qsrweb.com/article.php?id=527;
o. V.: „Starbucks and United Airlines Enter Into Three-Year Supply and Cooperative Marketing Agreement“ (18. 08. 2004), Webseite unter:
www.industrypages.com/artman/publish/Industry News 4479.stm;
o. V.: „Starbucks soll aus der verbotenen Stadt verschwinden“, in: Spiegel Online
(19. 01. 2007), Webseite unter: www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,460884,00.html;
o. V.: Starbucks endlich nicht mehr in der Verbotenen Stadt in China, in: China Observer
(15. 07. 2007), Webseite unter:
http://www.china-observer.de/index.php?entry=entry070715-090233;
Starbucks Corporation: Fiscal 2007 Annual Report, Webseiten unter:
www.starbucks.com, www.starbucks.de.
3.2
Strategische Unternehmensplanung
3.2.1 Zeithorizont und Hierarchie der Planung
Viele Unternehmen arbeiten ohne formale Planung. In neu gegründeten haben die
Manager oftmals einfach nicht genug Zeit für fundierte Planungen, Inhaber von kleinen Unternehmen denken manchmal, dass nur große Konzerne Planung benötigen.
Stellt sich Erfolg auch ohne formale Planung ein, entsteht beim Management der Eindruck, Planung könne nicht sehr wichtig sein. Man verzichtet unter Umständen auf
eine systematische Planung mit dem Argument, die Daten seien schon veraltet, bevor
sie vorlägen.
Eine formalisierte Planung bringt jedoch viele Vorteile mit sich, für jede Art von
Unternehmen. Sie fördert systematisches Denken und zwingt das Management, Zielvorstellungen und Strategien zu präzisieren, führt zu besserer interner Koordination
und zu klaren Leistungsvorgaben für die Steuerung. Auch das Argument, dass Planung bei einem schnellen Wechsel der äußeren Bedingungen wenig nützlich sei,
trifft nicht zu. Das Gegenteil ist der Fall: Gründliche Planung hilft, Veränderungen
vorherzusagen und so schneller darauf reagieren zu können. Selbst plötzliche Veränderungen kommen bei gründlicher Beobachtung des äußeren Umfelds nicht mehr
überraschend. Eine solche Planung hätte auch Carrefour – Europas größtem Einzelhändler – helfen können, den Absturz des Aktienkurses zu verhindern. Dieser trat
ein, nachdem das Unternehmen lange den Einfluss des Internets auf sein Geschäft
als gering eingeschätzt hatte und später eine vage E-Commerce-Strategie mit einem
Budget von einer Milliarde Euro ankündigte.
157
3
Strategisches Marketing
Die Planung ist in den meisten Unternehmen nach folgendem Schema aufgebaut:
Jahresplanung
Eine kurzfristige Planung, die die gegenwärtig vorliegende Situation beschreibt. Sie
enthält die Ziele eines Unternehmens, die Strategie für das laufende Jahr, die geplanten Aktionen, die Budgets und die Steuerungsinstrumente.
Langfristige Planung
Diese Planung beschreibt die wesentlichen Faktoren und Kräfte, welche ein Unternehmen in den nächsten Jahren beeinflussen werden. Sie enthält die langfristigen Zielvorstellungen, die wesentlichen Marketingstrategien, um diese Ziele zu erreichen,
und die benötigten Ressourcen. Die langfristige Planung wird jedes Jahr überprüft
und aktualisiert, sodass sie stets auf gegenwärtigen Bedingungen beruht. Sowohl die
langfristige Planung als auch die Jahresplanung beschäftigen sich mit dem laufenden
Geschäft und wie dieses in Gang gehalten werden kann.
Strategische Planung
Diese Planung beschreibt, wie ein Unternehmen in einer sich ständig ändernden
Umwelt die neu entstehenden Möglichkeiten vorteilhaft nutzen kann. Es handelt sich
hierbei um einen Prozess der Entwicklung und Aufrechterhaltung einer strategischen
Übereinstimmung zwischen den Zielen und Ressourcen eines Unternehmens und den
sich ändernden Möglichkeiten des Marktes.
Die strategische Planung setzt die Vorgaben für den Marketingplan. Sie nennt den
übergeordneten Zweck und die Mission oder Philosophie des Unternehmens. Daraus
lassen sich messbare strategische Ziele ableiten. Anschließend erfasst man im Rahmen einer Situationsanalyse Informationen über das Unternehmen, seine Konkurrenten, den Zielmarkt und die allgemeine sozio-ökonomische Umgebung, in der es tätig
ist. Die sogenannte SWOT-Analyse gibt sowohl einen Überblick über die Stärken und
Schwächen des Unternehmens, als auch über die Chancen und Risiken, denen es
gegenübersteht. Als Nächstes entscheidet das Management, welches Geschäftsfeldund Produktportfolio das Beste für das Unternehmen ist, d.h. inwieweit einzelne
Geschäftsfelder und Produkte unterstützt werden sollen. Daraus entwickeln dann die
einzelnen Geschäftseinheiten detaillierte Pläne für das Marketing und die anderen
Funktionen, um die unternehmensweite Planung zu erfüllen. Die Marketingplanung
erfolgt also auf der Ebene der einzelnen Geschäftseinheiten, auf Produkt- und auf
Marktebene.
Nestlé, der größte Lebensmittelanbieter der Welt, entwickelt einen unternehmensweit geltenden strategischen Plan in der Konzernzentrale in Vevey (Schweiz). Auf der
Ebene darunter, zum Beispiel im Geschäftsfeld Schokolade, werden strategische Pläne
erstellt, die wiederum in die strategischen Planungen der nationalen Gesellschaften
einfließen. Auf jeder Ebene gibt es einen Marketingplan und einen entsprechenden
Plan für die anderen Unternehmensfunktionen. Auf der untersten Ebene existieren
Pläne für jeweils eine Marke auf einem nationalen Markt wie zum Beispiel KitKat in
Deutschland.
158
3.2 Strategische Unternehmensplanung
3.2.2 Der Planungsprozess
Die Durchführung der Planung lässt sich in vier Stufen einteilen: Analyse, Planung,
Implementierung und Kontrolle. Abbildung 3.2 zeigt die zwischen diesen Stufen existierenden Zusammenhänge. Sie bestehen auf der Ebene der strategischen Planung, der
Marketingplanung und der Planung für andere Funktionsbereiche.
Analyse
Planung
Implementierung
Kontrolle
Strategische
Planung
entwickeln
Den
verabschiedeten
Plan
ausführen
Ergebnismessung
Marketingplanung
entwickeln
Ergebnis mit
Plan vergleichen
Korrekturen
vornehmen
Rückkopplung
Abbildung 3.2: Stufen des strategischen Planungsprozesses
Analyse Die Planung beginnt mit einer vollständigen Analyse und Bestandsaufnahme der Unternehmenssituation. Das Unternehmen muss seine Märkte und sein
Umfeld untersuchen, um attraktive Geschäftschancen entdecken und Bedrohungen
aus dem Umfeld ausweichen zu können. Es muss die Stärken und Schwächen analysieren, ebenso wie aktuelle und denkbare Marketingaktionen, um festzulegen, welche
sich bietenden Gelegenheiten genutzt werden sollten. Die Analyse liefert Informationen und zusätzlichen Input für jede weitere Stufe des Planungsprozesses.
Planung Mittels der strategischen Planung legt man fest, wie man mit den einzelnen
Geschäftseinheiten vorgehen möchte. Die Marketingplanung gibt dann Marketingstrategien vor, die es ermöglichen sollen, die strategischen Ziele zu erreichen. Marketingpläne sowie Produkt- und Markenplanungen stehen hier im Mittelpunkt.
Implementierung Die Implementierung setzt strategische Pläne und Marketingpläne
in konkretes Handeln um, das die Zielvorgaben des Unternehmens erfüllen soll. Die
Realisierung erfolgt durch Mitarbeiter des Unternehmens, welche mit internen und
externen Partnern zusammenarbeiten.
Kontrolle Die Kontrolle besteht darin, die Ergebnisse der Pläne und Aktivitäten zu
messen und zu beurteilen und – falls nötig – korrigierende Eingriffe vorzunehmen.
159
3
Strategisches Marketing
Die Ergebnisanalyse liefert Informationen, die über einen Rückkopplungsprozess alle
anderen Stufen des Planungsprozesses beeinflussen.
3.3
Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans
Ein strategischer Plan hat mehrere Bestandteile:
die Mission des Unternehmens,
die strategischen Ziele,
die strategische Situationsanalyse (Strategie-Audit),
die SWOT-Analyse (Analyse der Stärken und Schwächen bzw. Chancen und Risiken)
die Portfolio-Analyse sowie
Wachstumsstrategien.
Diese Inhalte werden einerseits aus bestehenden Marketingplänen abgeleitet und fließen andererseits in die Entwicklung neuer Marketingpläne ein.
3.3.1 Unternehmensmission und strategische Ziele
Die Mission beschreibt den Unternehmenszweck. Häufig werden Unternehmen ausgehend von einer klaren Mission in der Vorstellung des Gründers aufgebaut. Im Laufe
der Zeit verblasst die ursprüngliche Mission, da das Unternehmen neue Produkte
und neue Märkte für sich entdeckt oder aber das Management hat sie verdrängt oder
vergessen. Eine extremes Beispiel hierfür waren die Missionare der Anglikanischen
Kirche in England, die ihren eigentlichen Auftrag vergaßen und wohl zugunsten ihrer
Institution „Geld machen“ wollten. Innerhalb kurzer Zeit verspekulierten sie rund ein
Drittel des Kirchenvermögens in internationalen Grundstücksgeschäften. Ein aktuelles Beispiel sind einige Landesbanken, bei denen man feststellte, als sie in den Sog der
Finanzkrise gerieten, dass sie sich weitab von ihren ursprünglichen Geschäftsfeldern
bewegten.
Wenn ein Unternehmen von der eigentlichen Richtung abweicht, muss sich das
Management erneut auf die Suche nach dem Unternehmenszweck begeben und ihn
neu definieren. Hierzu dienen folgende Fragen:
In welcher Branche sind wir tätig?
Wer sind unsere Kunden?
Was ist der Zweck unserer Tätigkeiten?
Welche Art von Unternehmen sind wir?
Diese einfach klingenden Fragen gehören zu den schwierigsten, die ein Unternehmen beantworten muss. Zu den Merkmalen erfolgreicher Unternehmen gehört es, dass
diese Fragen immer wieder neu gestellt und beantwortet werden. Sich diesen fundamentalen Fragen zu stellen, ist ein Kennzeichen der Stärke, nicht der Unsicherheit.
160
3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans
Viele Unternehmen entwickeln formale Leitbilder, die diese Fragen beantworten und die Unternehmensmission darstellen sollen. Ein Leitbild ist die Darlegung
des Unternehmenszwecks – dessen, was es letztlich im größeren Umfeld erreichen
möchte. Ein klares Leitbild wirkt wie eine „unsichtbare Hand“, die den Mitarbeitern
Richtlinien vorgibt, sodass sie unabhängig und dennoch gemeinsam am Erreichen der
generellen Ziele arbeiten können.
Traditionellerweise definieren Unternehmen ihre Tätigkeit gemäß ihren Produkten („wir produzieren Möbel“) oder ihren angewandten Technologien („wir sind ein
Chemieunternehmen“). Leitbilder sollten sich jedoch am Markt orientieren.
In welcher Branche sind wir tätig? Diese Frage hilft schon weiter. Definitionen mittels der Branchenzugehörigkeit oder anhand von Märkten sind besser geeignet als
Produkt- oder Technologiedefinitionen. Produkte oder angewandte Technologien können veralten, die grundsätzlichen Bedürfnisse eines Marktes bleiben jedoch bestehen. Ein marktorientiertes Leitbild zeigt die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens
anhand der Befriedigung grundlegender Kundenbedürfnisse auf. Demnach ist RollsRoyce in der Triebwerksbranche tätig, nicht in der Flugmotorenherstellung. Visa oder
American Express definieren sich nicht als Kreditkartenunternehmen, sondern ihre
Rolle ist es, den Kunden weltweit den Austausch von Vermögenswerten zu ermöglichen und zu erleichtern. Das kreative Unternehmen 3M stellt mehr als nur Klebstoffe
und Gesundheitsprodukte her. Es bietet dem Kunden innovative Problemlösungen an.
Wer sind unsere Kunden? Wen sieht zum Beispiel Rolls-Royce als Kunden für ein
neues Düsentriebwerk an? Zum einen sind es die Flugzeughersteller wie Boeing oder
Airbus. Sicher sind es aber auch die Fluglinien, die ihrerseits aufgrund der Zuverlässigkeit und des späteren Wiederverkaufs gebrauchter Maschinen Einfluss auf die
Triebwerksausstattung nehmen; oder sind die Finanzierungs- und Leasinggesellschaften die Kunden? Muss man die künftigen Piloten und Wartungsmannschaften auch zu
den Kunden rechnen? Gehören die Passagiere auch dazu? Der gute Name von Rolls
Royce wirkt sicher bis zu den Passagieren mit Vertrauenswürdigkeit, Prestige und
einem Hauch von Luxus, andere Hersteller haben es da schwerer.
Was ist der Zweck unserer Tätigkeit? Diese Frage ist besonders schwierig bei NonProfit-Organisationen zu beantworten. Was ist zum Beispiel die Aufgabe einer Universität – Studenten lediglich auszubilden oder sie für die Wirtschaft zu qualifizieren
und zu trainieren? Ist das Streben nach Wissen das Ziel, das eine Fakultät an erster
Stelle verfolgen sollte? Ist angewandte oder reine Wissenschaft der höchste Zweck?
Welche Art von Unternehmen sind wir? Diese Frage spiegelt die Strategien und
Strukturen einer Organisation wider. Firmen, die beispielsweise die Kostenführerschaft anstreben (in Deutschland z. B. Aldi), müssen Effizienz in allen betrieblichen
Funktionen erlangen und eine sorgfältige Kostenkontrolle betreiben. Im Gegensatz
zur Strategie der Kostenführerschaft steht die der Differenzierung, mittels derer man
zum Beispiel durch Anwendung neuer Technologien versucht, seine Produkte von
denen der Konkurrenz abzuheben. Beispielsweise erzielte Sony mit der Erfindung des
Walkmans einen Wettbewerbsvorteil, der auf dessen Einzigartigkeit zurückzuführen
war. Mit der Strategie der Fokussierung versucht ein Unternehmen bei der Markt-
161
3
Strategisches Marketing
Abbildung 3.3: Werbeanzeige von 3M – einem Unternehmen, das Innovation als seine Mission ansieht
Quelle: Mit freundlicher Genehmigung der 3M Deutschland GmbH.
162
3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans
bearbeitung Schwerpunkte zu setzen, indem es sich darauf konzentriert, eine genau
umrissene Käuferschicht ganz besonders gut zu bedienen. Der Erfolg liegt hierbei im
Angebot maßgeschneiderter Produkte für einen speziellen Zielmarkt. Einige Banken
haben z. B. Privatbankhäuser aufgekauft und führen diese unter den Traditionsnamen
weiter, um insbesondere vermögende Kunden gesondert ansprechen zu können. Nach
Porter ist ein Unternehmen, das sich nicht klar für eine dieser Strategien entscheidet,
unprofitabel, da es sich im Markt nicht profilieren kann. Diesen Zustand bezeichnet
er als „stuck in the middle“.
Die hier beschriebene Unternehmensmission sollte nicht zu eng und nicht zu weit
definiert werden. Ein Hersteller von Bleistiften, der sein Unternehmen der Branche „Kommunikationsausrüstung“ zuordnet, hat sicherlich zu ungenau definiert. Die
Unternehmensmission sollte folgenden Anforderungen gerecht werden:
1. Die Unternehmensmission muss realistisch sein. Singapore Airlines ist sicherlich
eine hervorragende Fluglinie, aber sie würde sich selbst überschätzen, wenn sie
schon morgen die größte Fluglinie der Welt sein wollte.
2. Die Unternehmensmission sollte unternehmensspezifisch sein. Die Unternehmensmission soll auf dieses eine Unternehmen zutreffen und auf sonst kein anderes. Häufig wird die Mission für die Öffentlichkeit entworfen, für die Arbeit im
Unternehmen selbst enthält sie jedoch keine klaren Richtlinien. Eine Aussage wie
„wir wollen Marktführer werden, indem wir die besten Erzeugnisse der Branche
mit dem besten Kundendienst zu den niedrigsten Preisen anbieten“ klingt nur auf
den ersten Blick gut, denn sie ist viel zu allgemeingültig und enthält viele Widersprüche. Eine solche Mission ist wenig hilfreich bei der Vorbereitung präziser Entscheidungen.
3. Die Unternehmensmission sollte auf besonderen Kompetenzen des Unternehmens beruhen. Der Hi-Fi-Hersteller Bang & Olufsen hätte sicher auch das Knowhow, PCs herzustellen. Auf diesem Markt wäre er jedoch ein Anbieter unter vielen
und er könnte nicht von der herausragenden Marktstellung profitieren, die er im
Laufe der Jahre auf dem Markt für exklusive Unterhaltungselektronik erworben hat.
4. Die Unternehmensmission sollte Begeisterung hervorrufen. Die Mission des
Unternehmens sollte den Leuten etwas geben, an das sie glauben können, und Begeisterung hervorrufen. Als Mission genügt es nicht, höhere Umsatz- oder Gewinnerwartungen anzusprechen. Bei den Mitarbeitern sollte die Botschaft ankommen,
dass ihre Arbeit wichtig ist und sie einen wichtigen Beitrag für das Leben der Menschen leisten. Man vergleiche doch nur die beiden Aussagen, die als Unternehmensmission von Apple und von IBM etwa zur gleichen Zeit im Umlauf waren:
IBM machte 50 Mrd. Dollar Jahresumsatz und der Vorstandsvorsitzende verkündete, dass es die Unternehmensmission sei, zum Ende des Jahrhunderts als
100 Mrd.-Dollar-Unternehmen dazustehen.
Bei Apple hieß es, es sei Unternehmensziel, es zu ermöglichen, dass in naher
Zukunft jeder einen Computer bedienen und sich leisten könnte.
Es lässt sich leicht erkennen, dass die Aussage von Apple besser geeignet sein dürfte,
als Unternehmensmission die Mitarbeiter und Partner zu motivieren.
163
3
Strategisches Marketing
Visionen sind vielleicht die besten Unternehmensmissionen. Eine Vision wirkt wie
ein Traum, der andere ansteckt. Die Vision ist eine kommunizierte Botschaft oder
ein Slogan und geht auf die Bedürfnisse der Zeit ein. Sonys Präsident Akio Morita
wollte, dass jeder ein persönliches mobiles Musikgerät haben kann und seine Firma
erfand den „Walkman“. Richard Branson meinte, dass Fliegen Spaß machen solle
und gründete die Virgin Airlines. Ein gewisser Thomas Monaghan meinte, dass es
möglich sein müsse, jeden Haushalt innerhalb von 30 Minuten mit einer heißen Pizza
zu bedienen und gründete „Domino’s Pizza“.
In der Mission eines Unternehmens sollte neben einer Vision eine konkrete Richtung für die nächsten zehn bis zwanzig Jahre enthalten sein. Sie sollte sich nicht
ständig ändern oder jedem Trend folgen. Auch Organisationen im Non-Profit-Bereich
geben sich immer häufiger ein Leitbild, um ihr Handeln mittel- und langfristig daran
ausrichten zu können.
Wie eine solche Unternehmensmission konkret in der Praxis aussehen kann, stellen wir im Folgenden anhand des Beispiels eines weltweit führenden Herstellers in
den Bereichen der Mess- und Verfahrenstechnik, der Schenck Process Group, sowie
der Hochschule Darmstadt als Non-Profit-Unternehmen dar.
Fallstudie: Unternehmensmission Schenck Process GmbH und
Hochschule Darmstadt
Vision, Leitbild und Erfolgsfaktoren der Schenck Process GmbH
Unsere Vision
Wir sorgen dafür, dass Prozesse funktionieren; wir sind der Lieferant der Wahl,
wenn es um branchenführende Lösungen für die Anforderungen unserer Kunden in den Bereichen Wägen, Dosieren, Sieben und Automatisieren geht.
Schenck Process entwickelt, produziert, montiert, vertreibt und verkauft eine
komplette Palette an Lösungen, Produkten und schlüsselfertigen Systemen, in
denen sich prozess-technisches Know-how und bewährte Technologien vereinen.
Unser Leitbild
Wir akzeptieren und sind uns einig, . . .
dass unser Ziel die Optimierung der Prozesse und Ergebnisse unserer Kunden
ist,
dass wir mit Innovation und effizienten Prozessen beste Lösungen garantieren,
dass wir unsere Kunden weltweit vor Ort betreuen, soweit wirtschaftlich vertretbar,
dass wir tolerant und anderen Kulturen gegenüber verständnisvoll sind,
dass Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und Produktqualität für uns gleichermaßen
wichtig sind,
164
3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans
dass nachhaltige Ertragskraft wichtiger ist als kurzfristiger Erfolg,
dass jeder Mitarbeiter sein Bestes für den Gesamterfolg von Schenck Process
gibt,
dass wir uns ständig weiterbilden und neuen Herausforderungen stellen,
dass wir unsere Zusammenarbeit auf Vertrauen, Ehrlichkeit und offene Kommunikation gründen,
dass wir bestehendes Know-how innerhalb von Schenck Process allen zur
Verfügung stellen.
Erfolgsfaktoren
Die folgenden Erfolgsfaktoren bilden die Grundlage für anhaltende Zufriedenheit
unserer Kunden:
Zusammenfassung in einem globalen Netzwerk nationaler Unternehmen zur
Verbesserung der Prozesse und der Ergebnissituation unserer Kunden
Kernkompetenzen in Schüttgut-Handling, Wägen, Dosieren, Sieben und Automatisieren
Kundennaher Vertrieb, technischer Support und Service
Branchenführende und einzigartige Bandbreite an Lösungen rund um das
Wägen, Dosieren, Sieben und Automatisieren, ausgelegt auf optimale Handhabung eines breitestmöglichen Materialspektrums
Herausragende Kompetenz im Projektmanagement
Branchenführend bei Konstruktion, Fertigung und Montage
Quelle: Schenck Process GmbH, Webseite unter: www.schenckprocess.com.
Leitbild der Hochschule Darmstadt
Mission Statement
Unseren Studentinnen und Studenten bieten wir ein exzellentes Studium. Eine
an der Praxis und der aktuellen Forschung orientierte Lehre motiviert und befähigt junge Menschen, die Welt und die Zukunft unserer Gesellschaft mitzugestalten.
Für Fachwelt und Gesellschaft sind wir ein herausragender, verlässlicher Partner bei der Gestaltung aktueller Entwicklungen sowie bei der Erarbeitung kreativer und praxistauglicher Problemlösungen.
Wir befähigen unsere Absolventinnen und Absolventen zu Kritikfähigkeit,
sozialer Verantwortung und politischer Teilhabe.
Durch innovative Weiterbildungsangebote unterstützen wir die Bewältigung
der Herausforderungen, die sich aus dem Wandel von Technologie und
Arbeitswelt ergeben.
165
3
Strategisches Marketing
Die Weiterentwicklung und Sicherung unserer Position im regionalen und globalen Wettbewerb erreichen wir durch den Fokus auf die Qualität unserer
Arbeit. Mit unseren Ressourcen gehen wir verantwortlich um.
Durch das Verfolgen gemeinsam formulierter Ziele und durch intensive Kommunikation fördern wir die Identifikation aller Mitglieder, Alumni und Partner
mit unserer Hochschule.
Exzellente Lehre – Attraktive Studienbedingungen
Wir bieten innovativ und interdisziplinär ausgestaltete Studiengänge, die an
den Anforderungen des Arbeitsmarktes orientiert sind.
Wir sorgen für ein attraktives Lernumfeld, unsere Studentinnen und Studenten
arbeiten und lernen in überschaubaren Gruppen.
Wir bieten moderne didaktische Konzepte und flexible Studiengestaltung
durch den Einsatz neuer Medien.
Ein vielfältiges Campusleben in Darmstadt und Dieburg rundet die attraktiven
Studienbedingungen ab.
Forschung und Entwicklung
Wir fördern aktiv angewandte Forschung und Entwicklung.
Gemeinsam bilden sie die Basis für exzellente Lehre und unterstützen die Einbeziehung der Studierenden in ein modernes Projektstudium.
In unseren Forschungsprojekten arbeiten wir eng mit externen Partnern zusammen und tragen damit zur Stärkung der Region bei.
Weiterbildung
Unsere Weiterbildungskonzepte entwickeln sich aus dem beruflichen Bedarf
und den gesellschaftlichen Herausforderungen.
Mit unseren Weiterbildungsangeboten begleiten und unterstützen wir die Vertiefung und Weiterentwicklung von Wissen und Erfahrungen im Sinne des
„lebenslangen Lernens“.
Internationalität
Wir ermöglichen unseren Studierenden, sich auf die Anforderungen einer globalisierten Arbeitswelt vorzubereiten und die Fähigkeit zur interkulturellen
Zusammenarbeit zu entwickeln.
Wir fördern die Mobilität unserer Studierenden und Lehrenden im Studium
und in gemeinsamen Projekten sowie durch internationale Abschlüsse in
Zusammenarbeit mit unseren Partnerhochschulen.
Chancengleichheit
Wir fördern aktiv die Chancengleichheit und räumen deshalb unabhängig von
Geschlecht, sozialer Herkunft, Alter, Behinderung, Nationalität und Religion
einen gleichberechtigten Zugang zu Qualifikationen und Karrieren ein.
166
3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans
Kundenorientierung
Wir bieten professionelle und kompetente Dienstleistungen für unsere internen und externen Kunden.
Unsere Leistungen und deren kontinuierliche Weiterentwicklung entsprechen
in Inhalt und Form höchsten Qualitätsansprüchen.
Partnerschaftliche Zusammenarbeit und Führung
Unser Umgang miteinander ist respektvoll, offen und vertrauensvoll. Die kritische Diskussion von Zielen und Wegen unter Beteiligung aller Gruppen ist ein
konstruktives Element unserer Hochschulkultur.
Wir verpflichten uns zu zuverlässiger, kompetenter und zielgerechter Zusammenarbeit. Unsere Prozesse und Zuständigkeiten sind geregelt und bekannt.
Wir unterstützen und fördern die Weiterentwicklung aller Mitglieder unserer
Hochschule.
Unsere Führungskräfte nehmen ihre Aufgaben verantwortungsbewusst wahr
und pflegen einen kooperativen Führungsstil.
Quelle: Hochschule Darmstadt, Webseite unter: www.h-da.de.
Fragen:
1. Warum benötigen auch Non-Profit-Organisationen wie beispielsweise eine
Hochschule heutzutage ein Leitbild?
2. Vergleichen Sie das Leitbild von Schenck Process mit dem der Hochschule
Darmstadt:
– Welche Gemeinsamkeiten, welche Unterschiede bezüglich der angesprochenen Themenfelder stellen Sie fest?
– An welche Zielgruppen richten sich die beiden Leitbilder?
Jede Mission muss in messbare strategische Zielvorgaben umgesetzt werden. Diese
sollten für jeden einzelnen Manager verfügbar sein, damit er Verantwortung für die
Zielerreichung übernehmen kann. In einem großen Chemieunternehmen ist z. B. der
Bereich Düngemittel eines der zahlreichen Geschäftsfelder des Unternehmens. Dieser Geschäftsbereich sieht nicht etwa die Produktion von Düngemitteln als seine
Mission an, sondern die „Erhöhung der Produktivität in der Landwirtschaft“. Aus dieser Mission lässt sich eine Hierarchie von Zielen ableiten, die sowohl Unternehmensals auch Marketingziele in sich vereint. Der Auftrag, die Produktivität in der Landwirtschaft zu erhöhen, führt zunächst zum Unternehmensziel der Erforschung und
Entwicklung neuer Düngemittel, die höhere Erträge ermöglichen. Forschung und
Entwicklung sind jedoch sehr kostspielig und erfordern die Erwirtschaftung hoher
Gewinne, die in die Forschung reinvestiert werden können. Deshalb ist die Gewinnerhöhung als ein weiteres Unternehmensziel anzusehen. Höhere Gewinne lassen sich
durch höhere Umsätze oder durch Reduktion von Kosten erzielen. Der Umsatz kann
durch Steigerung des Marktanteils im heimischen Markt, durch den Eintritt in neue
167
3
Strategisches Marketing
Märkte oder durch eine Kombination dieser Optionen erreicht werden. Diese Teilziele bilden schließlich die aktuellen Marketingziele des Unternehmens. Hier kommt
es dann noch auf eine gewisse Präzisierung der Ziele an. Die Formulierung „unseren
Marktanteil erhöhen“ ist nicht so geeignet wie die Zielvorgabe „unseren Marktanteil
auf 15 Prozent innerhalb der nächsten zwei Jahre erhöhen“. Der Unterschied zwischen
der Unternehmensmission und den strategischen Zielvorgaben liegt darin, dass die
Mission die Philosophie, die Richtung und den Weg des Unternehmens im Ganzen
vorgibt, während die strategischen Zielvorgaben objektiv messbare Größen sind.
3.3.2 Strategische Situationsanalyse
„Wissen ist Macht“ (Francis Bacon) oder „ein Führer, der keine Information kaufen will, ist nachlässig und kann nicht gewinnen“. (Sun Zi)
Diese Aussagen eines Philosophen und eines chinesischen Strategen unterstreichen
die Bedeutung einer grundlegenden strategischen Situationsanalyse. Ähnlich wie
beim Schachspiel ist es auch im Marketing nützlich, die Regeln sehr gut zu kennen,
sich in die anderen Mitspieler (die Konkurrenten) hineindenken und möglichst einige
Züge vorausahnen zu können. Je genauer die ermittelten Daten über den Markt, die
Konkurrenten und die Einschätzung über deren voraussichtliches Verhalten vorliegen, desto präziser können Ziele und Strategien formuliert werden. Am Beginn einer
jeden Strategiekonzeption steht daher das Strategie-Audit, das solch grundlegende
Informationen erfasst. Es besteht aus einer umfassenden Analyse der Ausgangssituation und setzt sich aus einem externen und einem internen Teil zusammen.
Externe Analyse
Im externen Teil des Strategie-Audits untersucht man die makro-ökonomische Umgebung und die von außen an das Unternehmen herangetragene Aufgabenstellung.
Die Anlaufschwierigkeiten manchen Projektes wie zum Beispiel des DisneylandFreizeitparks „EuroDisney“ in der Nähe von Paris lassen sich teilweise auf eine
falsche Einschätzung der makro-ökonomischen Umgebung zurückführen. Die DisneyFirmengruppe führte die Analyse des makro-ökonomischen Umfelds offensichtlich
zu oberflächlich durch. Sie hatte übersehen, dass der Park bei Paris wegen der hohen
Arbeitskosten in Frankreich viel teurer würde als ein Park in den USA, dass die
Anreise für eine Familie aus dem übrigen Europa teurer würde als in den USA und
dass das wechselhafte Wetter im Pariser Becken keinen Ganzjahresbetrieb erlauben
würde, wie man es in Florida oder Kalifornien gewohnt ist. Demgegenüber erscheinen die zahlreichen überdachten Freizeitparks, wie sie zum Beispiel die Center-ParkGruppe oder viele regionale Betreiber anbieten, den Verhältnissen in Mittel- und
Nordeuropa besser angepasst.
Interne Analyse
Die interne Analyse widmet sich dem Unternehmen selbst und umfasst dessen
gesamte „Wertschöpfungskette“, wie sie von Michael Porter beschrieben wird. Diese
interne Analyse beinhaltet die grundsätzlichen Primäraktivitäten, die dem Warenstrom oder der Dienstleistungserstellung im Unternehmen folgen: Beschaffungs-
168
3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans
und Eingangslogistik, alle vorgenommenen Verrichtungen der Leistungserstellung,
Ausgangslogistik, Marketing und Vertrieb sowie Kundendienst. Im Rahmen dieser
Bestandsaufnahme erfolgt auch eine Analyse der betrieblichen Unterstützungsfunktionen, auf denen die Primäraktivitäten basieren: Beschaffung aller Industriegüter,
Weiterentwicklung der angewendeten Technologien, Personalbeschaffung und Personalentwicklung, schließlich die technologische, bautechnische und organisatorische
Infrastruktur des Unternehmens im weitesten Sinne. Alles, was das Unternehmen
koordinieren und bestimmen kann, wie zum Beispiel auch das Händlernetz eines
Automobil-Importeurs, gehört zu dieser Infrastruktur. Obwohl einige dieser Funktionen über das Marketing hinausgehen, wird die Marketingstrategie von diesen Größen
bestimmt.
Marketing-Highlight: Zara – Fast Fashion
Der Textilhersteller Zara ist die bekannteste internationale Einzelhandelskette des
spanischen Kleidungsherstellers Inditex. Als einer der größten weltweit tätigen
Modekonzerne ist Inditex in 73 Ländern in Europa, Amerika, Asien und Afrika
mit verschiedenen Einzelhandelsketten vertreten. Neben Zara gehören sieben
weitere Handelsketten dem Konzern an. Die drei größten Mitbewerber der Einzelhandelskette sind GAP, Benetton und H&M.
Weltweit gibt es über 1.530 Zara-Filialen, davon befinden sich 275 in Spanien. Im Jahr 2007 erzielte Inditex einen Umsatz von 9,4 Milliarden Euro, 66,4 %
davon wurden durch Zara erwirtschaftet. Dieser enorme Erfolg der Einzelhandelskette ist auf die Gestaltung ihres Geschäftssystems und ihrer Wertschöpfungskette zurückzuführen. Das Besondere an diesem System ist, dass Zara die gesamte
Wertschöpfungskette von der Produktion bis zum Verkauf selbst unter Kontrolle
hat. Damit kann Zara Modetrends sehr schnell aufgreifen und kurzfristig auf den
Markt reagieren. Der Wettbewerbsvorteil des Systems liegt in der vertikalen Integration der Vorstufen, was flexible und schnelle Kollektionswechsel ermöglicht.
Beinahe die Hälfte der Ware, insbesondere die mode- und zeitkritischen Artikel, wird in eigenen Fertigungsstätten in Europa hergestellt. Dadurch kann Zara
auf Nachfrageschwankungen kurzfristig durch eine Ausweitung oder Reduktion
der Produktion reagieren. Der restliche Teil der Produktion wird ausgelagert,
wobei dies meist trendunabhängige Artikel betrifft. So produziert Zara etwa
20.000 unterschiedliche Artikel im Laufe eines Jahres, die Hauptkonkurrenten
hingegen lediglich 2.000–4.000.
Zara benötigt für den Entwurf, die Herstellung und die Auslieferung eines
neuen Artikels nur 4–5 Wochen und bei bereits bestehenden Produkten für Nachbestellung und Lieferung sogar nur zwei Wochen. In einer Branche, in der die
Lagerkosten hoch sind und Zyklen von bis zu sechs Monaten für einen Entwurf
und drei Monaten für die Produktion als notwendig gelten, stellt dies einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil dar.
Dieser kurze Produktions- und Lieferzyklus ermöglicht die fortlaufende Herstellung neuer Ware sogar innerhalb der halbjährlichen Verkaufssaison. Daher
muss Zara sich erst viel später als seine Schlüsselkonkurrenten auf eine Produkt-
169
3
Strategisches Marketing
Abbildung 3.4: Außenansicht einer Zara-Filiale in Stuttgart
Quelle: Mit freundlicher Genehmigung von www.kdbusch.com.
linie für die kommende Saison festlegen. So führt das Unternehmen 35 Prozent
des Produktentwurfs und des Einkaufs von Rohstoffen, 40–50 Prozent des Einkaufs von Fertigwaren externer Lieferanten sowie 85 Prozent der betriebsinternen
Produktion erst durch, nachdem die Saison begonnen hat.
Zara schneidet Stoffe im eigenen Betrieb zu und sendet den Entwurf an einen
von hundert lokalen Partnern zur Näharbeit. Deren Maschinen produzieren bis
zu 80.000 Teile pro Stunde, sortieren, etikettieren und verpacken die Ware.
170
3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans
Schließlich werden die Filialen per LKW oder per Schiff bzw. Flugzeug mit
den fertigen Kleidungsstücken beliefert. Zara verfügt hierfür über eine große Distributionszentrale in Nordwest-Spanien. Diese Vertriebsbasis durchlaufen sämtliche Artikel mit einer Lagerzeit von maximal drei Tagen. Von dort aus wird die
Ware zweimal pro Woche in die einzelnen Filialen ausgeliefert. Durch das zentralisierte Distributionssystem kann das Unternehmen die Lagerkosten minimieren und Nachbestellungen schnell durchführen. Zara gewinnt so einen Zeitvorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern, die ihre Ware aus Kostengründen häufig
in Fernost produzieren lassen. In den USA überlegen erste Bekleidungshersteller
und Händler, ihre Produktion aus dem Ausland zurückzuholen. Dadurch steigen
zwar die Kosten, aber man gewinnt an Flexibilität und Schnelligkeit, was in der
Modebranche immer wichtiger wird.
Der Verkauf bildet nicht den Schlusspunkt der Wertschöpfungskette, sondern
ist eine wichtige Informationsquelle für die Designteams von Zara. Informationen
über die Kunden bezüglich Modellen und Farben werden in den Läden gesammelt und anschließend telefonisch der Designabteilung übermittelt. Unter Einbeziehung von Trendanalysen entstehen so die Entwürfe für neue Modelle.
Inlandsfertigung zahlt sich aus
Die Strategie der schnellen Produktion zahlt sich für den Konzern Inditex aus.
2006 beispielsweise stieg der Umsatz um 15 % im Vergleich zum Vorjahr. Der
Gewinn stieg um bis zu 25 % im selben Bilanzjahr. Das gute Ergebnis wurde größtenteils durch die Marke Zara bewirkt, die momentan Platz 73 der 100 weltweit
wertvollsten Marken inne hat. Dies lässt Inditex zum ersten Mal vor H&M rücken.
Darüber hinaus gehören Inditex nun auch neue Ketten an wie z. B. Oysho,
Bershka, Stradivarius, Massimo Dutti, Pull and Bear und Uterqüe. Hinzu kommt
mit „Zara Home“ die erste Kette, die keine Kleidungsstücke verkauft. Jede dieser
Ketten nutzt ebenfalls die vertikale Integration.
Es hat sich also für Zara nicht nur ausgezahlt, der schnellste Textilhändler
zu sein, das Unternehmen hat auch die Modewelt komplett umgekrempelt. Zara
hat den Weg freigemacht für günstigere Mode und den Wettbewerbsdruck auf
Modemarken im mittleren und sogar im gehobenen Preissegment verstärkt.
Aufgrund des exzellenten Marketing in der Unternehmenspraxis wurde José
María Castellano Ríos, Deputy Chairman von Zara, im Juli 2005 mit der Auszeichnung „Distinguished European Marketer“ geehrt.
Quellen:
Inditex, Webseite von Inditex unter: www.inditex.com; Inditex Annual Report 2007;
Mazaira, A., González, E., Avendaño, R., The role of market orientation on company performance through the development of sustainable competitive advantage: the Inditex-Zara
case, in: Marketing Intelligence & Planning, Volume 21, Number 4 2003, S. 220–229;
Finkenzeller, K., Hart & Schnell, in: Financial Times Deutschland, 12. Oktober 2005, S. 29.
171
3
Strategisches Marketing
Um die interne Situation eines Unternehmens und deren Entwicklung zu verstehen, ist es darüber hinaus unerlässlich, eine genaue und ehrliche Analyse der Bilanz
und der Gewinn- und Verlustrechnung vorzunehmen. Dies sind die beiden zentralen Finanzberichte in einem Unternehmen. Die Bilanz zeigt die Vermögenswerte, die
Verbindlichkeiten und den Wert eines Unternehmens zu einem gegebenen Zeitpunkt.
Die Gewinn- und Verlustrechnung ist für die Zwecke des Marketing noch aussagekräftiger als die Bilanz. Sie weist Periode für Periode die Umsätze, die entstandenen
Kosten für die verkaufte Ware und die übrigen Ausgaben aus. Günstige oder ungünstige Entwicklungen lassen sich an der Gewinn- und Verlustrechnung erkennen, sodass
entsprechende Maßnahmen ergriffen werden können.
3.3.3 Strategische Analysemethoden
SWOT-Analyse
Die SWOT-Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats) extrahiert aus
den im strategischen Audit ermittelten Informationen die entscheidenden Stärken und Schwächen des Unternehmens, aber auch die Chancen und Risiken, die
die Unternehmenstätigkeit begrenzen. Das Strategie-Audit liefert eine Vielzahl an
Daten von unterschiedlicher Wichtigkeit und Verlässlichkeit, die mithilfe der SWOTAnalyse gefiltert werden, um die erfolgskritischen Faktoren aus der internen und
externen Analyse aufzuzeigen. Die Anzahl dieser Faktoren sollte gering sein, um sie
anschaulich kommunizieren zu können und um zu verdeutlichen, worauf das Unternehmen seine Aufmerksamkeit fokussieren sollte.
Chancen und Risiken
Das Management muss die Chancen und die Risiken, denen das Unternehmen gegenübersteht, erkennen, um wichtige Entwicklungen, die einen Einfluss auf dessen
Zukunft haben, voraussehen und vorwegnehmen zu können.
Der Geschäftsbereich „Tiernahrung“ eines großen internationalen Unternehmens
hat für einen nationalen Markt beispielsweise folgende Chancen identifiziert:
Wirtschaftliches Umfeld Aufgrund der verbesserten allgemeinen Wirtschaftslage
nimmt die Tierhaltung in nahezu allen Bevölkerungsschichten zu.
Demografische Veränderungen Die Zunahme der Zahl allein erziehender Elternteile und der Doppelverdienerhaushalte sowie das Altern der Bevölkerung verstärken den erkennbaren Trend hin zu bequemer Tier-Fertignahrung. Die Gruppe der
Senioren wächst weiter, sodass erwartet werden kann, dass die Haustierhaltung
zunimmt.
Markttrends Analog zur Entwicklung auf den Märkten für menschliche Nahrung
werden gesunde Nahrung und vorgefertigte Produkte des hochwertigen Segments
(z. B. als Tiefkühlkost) wachsende Marktanteile erringen.
Neue Technologien Auch auf dem Markt für Tiernahrung werden Produkte mit
wenig Fett und Kalorien eine zunehmende Bedeutung erlangen. Diese Produkte
werden vor allem Käufer ansprechen, die für sich selbst auf solche Produkteigen-
172
3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans
schaften achten und ihr eigenes Gesundheitsbewusstsein auch auf ihre Haustiere
ausdehnen.
Den Chancen stehen folgende Risiken gegenüber:
Aktivitäten der Konkurrenz Ein großer und wichtiger Konkurrent hat gerade angekündigt, dass er eine neue Produktlinie für Tierfutter in Premium-Qualität einführen will. Die Einführung soll mit einer aufwändigen Werbekampagne und mit
aggressiven Verkaufsförderungsmaßnahmen unterstützt werden.
Die Macht des Handels Branchenspezialisten schätzen, dass jährlich etwa 10.000
neue Produkte im Einzelhandel eingeführt werden. Davon werden allerdings nur
knapp 40 Prozent von den Käufern akzeptiert. Neue Produkte müssen sich im Handel innerhalb von nur fünf Monaten durchsetzen, sonst nimmt man sie aus dem
Sortiment.
Demografische Veränderungen Die steigende Anzahl allein erziehender Eltern
und Doppelverdiener verstärkt die Tendenz zu kleineren „pflegeleichten“ Tieren
(eher Katzen als Hunde). Diese Tiere benötigen kleinere Mengen an Tiernahrung,
wodurch der Umsatz sinkt.
Politik/EU-Gesetzgebung Die EU erlässt zunehmend Vorschriften zur Inhaltsdeklaration von Tiernahrungsmitteln. Die Kennzeichnungspflicht führt dazu, dass
Produkte, die z. B. Känguru- oder Pferdefleisch enthalten, an Attraktivität verlieren.
Die unterschiedlichen Risiken, die das Unternehmen bedrohen, haben weder die gleiche Intensität noch das gleiche Gefahrenpotenzial. Sie unterscheiden sich auch im
Hinblick auf ihre Eintrittswahrscheinlichkeit. Die Geschäftsleitung muss die Risiken
diesbezüglich einschätzen können und für die wichtigsten Bedrohungssituationen
Reaktions- und Abwehrkonzepte erarbeiten.
Ein neuer Trend oder eine neue Entwicklung kann für ein Unternehmen eine
Bedrohung oder aber auch eine Chance sein. Dies hängt davon ab, wo die Stärken
und Schwächen des Unternehmens liegen. Chancen ergeben sich insbesondere, wenn
die Veränderung des Umfeldes einer Stärke des Unternehmens entgegenkommt. Eine
unerwartete Chance kann sich z. B. auch aus neuen Gesetzen ergeben. Die verschärfte
Umweltgesetzgebung mag für manchen Unternehmer, der ökologisch unbedenkliche
Produkte oder Neuerungen anbietet, verbesserte Absatzchancen bedeuten.
Ein vorausschauender Unternehmer sollte jede Gelegenheit, die sich bietet, überprüfen und sie in Bezug auf ihre potenzielle Attraktivität und unternehmensspezifische Erfolgswahrscheinlichkeit abschätzen. Die Entstehung von Chancen ist meist
auch mit Risiken verbunden. Eine Chance, die exakt zu den Zielen und Ressourcen
des Unternehmens passt, ist eher selten. Bei der Beurteilung von Chancen muss das
Management daher entscheiden, ob die zu erwartenden Erträge die Risiken rechtfertigen.
Stärken und Schwächen
Die Stärken und Schwächen im Rahmen der SWOT-Analyse zählen nicht alle Eigenschaften des Unternehmens auf, sondern nur diejenigen, die für Erfolg oder Misserfolg bestimmend sind. Wird die Liste zu lang, erschwert das die Konzentration auf die
relevanten Punkte. Stärken und Schwächen sind stets relativ zu sehen, nicht absolut.
173
3
Strategisches Marketing
Was nützt es einem Unternehmen, in einem bestimmten Bereich gut zu sein, wenn die
gesamte Konkurrenz besser ist? Mercedes-Benz zum Beispiel war viele Jahre auf dem
US-Markt der führende Importeur bei hochwertigen Autos, aber irgendwann empfanden viele Käufer das Angebot der Japaner auch bei teuren Fahrzeugen bezüglich
Qualität, Luxus und Zuverlässigkeit als insgesamt günstiger, sodass Mercedes-Benz
und weitere deutsche Hersteller ihre dominierende Rolle einbüßten.
Letztendlich sollten die Stärken auf Fakten basieren. Der Volkswagen-Konzern
kaufte mit der Marke Skoda einen Namen und eine Tradition. Doch ist der Markenname eine Stärke? Hätte der Name auch genügt, wenn Volkswagen nicht auch enorme
Investitionen zur Modernisierung des Produktspektrums und der Fertigungsanlagen
vorgenommen hätte?
Es kann sehr schädlich sein, die wahren Stärken nicht zu erkennen. Ein Flugzeughersteller warb jahrelang mit der Qualität seines Kundendienstes. Als das Unternehmen dann von einem Konkurrenten übernommen wurde, erfuhr man, dass man
gerade beim Kundendienst den schlechtesten Ruf in der Branche hatte.
Am Beispiel des Herstellers von Heimtiernahrung lassen sich die Stärken und
Schwächen, die den bereits aufgezeigten Chancen und Risiken gegenüberstehen, darstellen. Das Unternehmen hat folgende Stärken:
Marktführer bei trockenem Heimtierfutter
Zugang zu den jeweils neuesten Technologien aufgrund der Zugehörigkeit zu
einem weltweit agierenden Konzern
Marktführer bei Tiernahrung im Premium- und Luxussegment
ausgezeichnete weltweite Vertriebsstruktur
Marktführer bei Tiernahrung auf wichtigen Volumenmärkten einschließlich Frankreich, Italien, Spanien und Lateinamerika
Dem stehen die folgenden Schwächen gegenüber:
auf dem Markt für nicht getrocknete Tiernahrung nur Nummer Drei
sehr breites Produktspektrum mit einigen Marken, die keine hohen Verkaufszahlen
erreichen
zersplitterte Unternehmensidentität, zahlreiche Markennamen stammen aus Unternehmensakquisitionen und haben einen niedrigen Bekanntheitsgrad
im Verhältnis zu Umsatz und Marktanteil in der Branche zu niedriges Werbebudget
das breite Produktspektrum bedingt zu viele verschiedene Produktionsmethoden
und damit verbundene umfangreiche Fach- und Methodenkenntnisse bei den Mitarbeitern
geringe Marktpräsenz auf den wichtigen Märkten Deutschland, Großbritannien,
USA und Kanada
zu geringe Umsatzrendite
Dieses Praxisbeispiel zeigt, wie sich verschiedene Teile der SWOT-Analyse aufwiegen. Die Stärke bei Trocken- und Luxusprodukten passt gut zu den beobachteten demografischen Entwicklungen und Trends. Diese Chance sollte für Wachstum
174
3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans
genutzt werden. Der Zugang zu den neuesten Technologien in der Heimtiernahrungsbranche sollte es dem Unternehmen ermöglichen, den veränderten Kundenwünschen
wie auch den neuen Gesetzesauflagen zu entsprechen. Die Schwächen verdeutlichen die Notwendigkeit für das Unternehmen, Schwerpunkte zu setzen. Die Einstellung unwirtschaftlicher Produktlinien im Bereich nicht getrockneter Tiernahrung, die
Bereinigung der Markenstruktur sowie die Konzentration auf weniger Fertigungslinien könnten Ressourcen für die Entwicklung der Trocken- und Luxusmärkte freisetzen. Das Unternehmen sollte die höheren Erträge der „starken Produkte“ für einen
Durchbruch bei nicht getrockneter Tiernahrung nutzen und in Gebieten mit Knowhow-Vorsprung den internationalen Absatz forcieren. Schließlich könnte man durch
Nutzung der weltweiten Distributionsstruktur für Produkte, die Produktions- und
Kostenvorteile aufweisen, die Profitabilität erhöhen.
Portfolio-Analyse
Die Gesamtheit der Produktlinien und Geschäftsfelder eines Unternehmens wird auch
als dessen Geschäftsportfolio bezeichnet. Die Definition, Abgrenzung und Gewichtung der einzelnen Geschäftsfelder bilden die Nahtstellen zwischen der Gesamtstrategie des Unternehmens und den Strategien der einzelnen organisatorischen Teileinheiten. Die Portfolio-Analyse unterstützt das Management dabei, die unternehmensspezifischen Geschäftstätigkeiten zu beurteilen und zu steuern. Ein optimales Portfolio
passt die Stärken und Schwächen des Unternehmens an die Geschäftsmöglichkeiten
des Umfelds an. Es gilt zunächst, das bestehende Geschäftsportfolio zu untersuchen,
um dann zu entscheiden, welche Bereiche mehr, welche weniger oder welche keine
Finanzmittel erhalten sollen.
Die Intention der Portfolio-Analyse ist es, den zukunftsträchtigsten Geschäftsfeldern weitere Ressourcen zuzuführen und andererseits ausgesprochen schwache
Bereiche auf das Nötigste zu reduzieren oder aufzugeben. Lange Jahre galt „Diversifikation“ als das Zauberwort für erfolgreiche Unternehmensführung. Im Rahmen der
Portfolio-Analyse kann es sich allerdings herausstellen, dass ein vor Jahren im Zuge
dieser Diversifizierung aufgekaufter Pharma- und Kosmetikbereich in einem Automobilkonzern nur noch wie das fünfte Rad am Wagen nebenher mitläuft, ohne Gewinne,
ohne starke Position am Markt und ohne jegliche Synergie-Effekte mit den anderen
Geschäftsfeldern. Hier wäre es sicher die richtige Entscheidung, diesen Geschäftsbereich zu verkaufen und die erzielten Mittel in das Kerngeschäft (PKW, LKW, Busse)
oder in die Entwicklung von damit verbundenen Zukunftstechnologien (Datentechnik im Fahrzeug, Leitsysteme, neue Antriebe) zu investieren.
Identifikation der einzelnen strategischen Geschäftseinheiten Die Analyse sollte
zunächst die wichtigsten Aktivitäten des Unternehmens benennen. Diese Aktivitäten können als strategische Geschäftseinheiten bezeichnet werden. Jede dieser strategischen Geschäftseinheiten (SGE) ist eine Teileinheit des Unternehmens mit separaten Zielen, die unabhängig von anderen Geschäftseinheiten definiert werden können.
Eine SGE kann ein Unternehmensbereich, eine Produktlinie innerhalb eines Unternehmensbereichs oder manchmal auch ein Einzelprodukt oder eine einzelne Marke
sein.
175
3
Strategisches Marketing
Beurteilung der Zukunftsaussichten der strategischen Geschäftseinheiten Nachdem
diese SGE benannt sind, muss die Unternehmensführung deren Bedeutung und
Zukunft bewerten und Entscheidungen darüber treffen, in welchem Umfang die
einzelnen SGE unterstützt werden sollen. In vielen Unternehmen mag dies ohne
formalen Entscheidungsprozess stattfinden. Die Unternehmensleitung diskutiert,
wie der Stand und die Zukunftsperspektiven der einzelnen Geschäftseinheiten
zu beurteilen sind. Andere Unternehmen benutzen strikt formalisierte PortfolioAnalysemethoden.
Der Zweck der strategischen Planung ist es, Wege zu finden, wie das Unternehmen
am besten seine Stärken einsetzen kann, um attraktive Geschäftsmöglichkeiten in seinem Umfeld zu nutzen. Die meisten Methoden zur Analyse des Geschäftsportfolios
bewerten SGE deshalb nach zwei Kriterien: nach der Attraktivität des Marktes oder
der Branche der SGE und nach der Position, die die SGE in diesem Markt oder in dieser Branche einnimmt. Die bekanntesten Methoden zur Geschäftsportfolio-Planung
sind die der Unternehmensberatung Boston Consulting Group und die von General
Electric.
Die Marktwachstums-/Marktanteils-Matrix nach der Boston Consulting Group
Ein Unternehmen, das den Ansatz der Boston Consulting Group anwendet, untersucht seine SGE daraufhin, welche Position sie innerhalb der zweidimensionalen
Marktwachstums-/Marktanteils-Matrix einnehmen. Auf der y-Achse misst das Wachstum des jeweiligen Teilmarkts die Marktattraktivität. Die x-Achse zeigt den relativen
Marktanteil, den ein Unternehmen in diesem Markt erreicht hat und spiegelt damit
dessen Stärke wider. Mithilfe dieses Vorgehens lassen sich die SGE in vier Typen
einteilen:
1. Stars. Stars sind geschäftliche Aktivitäten oder Produkte mit hohen Wachstumsraten, bei denen das Unternehmen einen hohen Marktanteil hat. Häufig sind sehr
hohe Investitionen nötig, um das rapide Wachstum dieser SGE zu finanzieren. Verlangsamt sich das Wachstum, können aus Stars Cash Cows werden.
2. Cash Cows. So werden in der Boston Consulting-Matrix Produkte oder Leistungen mit hohem Marktanteil bei niedrigen Wachstumsraten bezeichnet. Für diese
etablierten und erfolgreichen SGE benötigt man nur geringe Investitionen, um den
Marktanteil halten zu können. Sie erbringen hohe Umsätze und Gewinne, die sich
verwenden lassen, um neue oder schwache SGE zu stützen und um die Existenz
insgesamt zu sichern.
3. Question Marks. Question Marks sind SGE mit derzeit niedrigen Marktanteilen in
schnell wachsenden Märkten. Sie benötigen Finanzmittel, um ihren Marktanteil zu
halten oder ihn auszubauen. Die Unternehmensleitung muss diese Question Marks
genau prüfen und entscheiden, ob sie zu Stars ausgebaut werden können oder ob
man sie lieber aufgeben sollte.
4. Poor Dogs. SGE dieses Typs haben keinen nennenswerten Marktanteil in Märkten
mit niedrigem Marktwachstum. Im günstigsten Fall bringen sie genug Geld ein, um
sich selbst zu erhalten, aber sie versprechen keine großen Gewinne. Es gilt deshalb
zu überlegen, ob man solche SGE besser aufgibt.
176
3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans
Die Kreisflächen in der Matrix zeigen die Positionen von zehn SGE eines Unternehmens. Das Unternehmen hat zwei Stars, zwei Cash Cows, drei Question Marks und
drei Poor Dogs. Die Flächen der Kreise in Abbildung 3.5 sind proportional zu dem
Anteil der SGE am gesamten Umsatz. Dieses Unternehmen ist in einem annehmbaren,
aber nicht in einem guten Zustand. Es wird voraussichtlich in die aussichtsreichen
Question Marks investieren, um Stars aus ihnen zu machen, und die Stars behalten,
um sie zu gegebener Zeit in Cash Cows überführen zu können. Glücklicherweise hat
dieses Unternehmen auch noch zwei Cash Cows im Portfolio. Damit kann es die Question Marks, die Stars und die Poor Dogs finanzieren. Das Gesamtbild sähe schlechter
aus, wenn das Unternehmen keine Stars hätte oder zu viele Poor Dogs bzw. wenn es
nur eine schwächliche und kränkelnde Cash Cow hätte.
Relativer Marktanteil
Marktwachstum
Niedrig
Hoch
Hoch
Niedrig
»Stars«
»Question Marks«
hohes Wachstum,
hoher Marktanteil,
auch hohe Investitionen,
werden meist »Cash Cows«
niedriger Marktanteil,
hohes Marktwachstum:
zum »Star« entwickeln
oder aufgeben
»Cash Cows«
»Poor Dogs«
hoher Marktanteil,
geringes Wachstum,
geringer Investitionsbedarf,
echte »Geldbringer«
niedriger Marktanteil,
niedriges Wachstum,
selbsterhaltend,
aber ohne Zukunft
»Stars«
»Question Marks«
»Cash Cows«
»Poor Dogs«
Abbildung 3.5: Die Marktwachstums-/Marktanteils-Matrix nach Boston Consulting
Sobald man seine Geschäftseinheiten in diese Kategorien eingeteilt hat, muss man
entscheiden, welche Rolle jede SGE in der Zukunft spielen soll. Es stehen vier strategische Alternativen zur Wahl. Das Unternehmen kann derart in die SGE investieren, dass es seinen Marktanteil in diesem Geschäftsfeld ausbauen kann. Es kann
auch auf Investitionen verzichten bzw. die Investitionen auf gleichem Niveau halten,
sodass sich der Marktanteil gerade halten lässt. Ferner kann man eine bestehende
177
3
Strategisches Marketing
SGE ausnehmen oder abernten, wenn man, ohne auf die Langzeitwirkungen zu achten, Finanzmittel aus einem Geschäftsfeld abzieht. Schließlich kann eine SGE aufgelöst werden, indem sie verkauft bzw. stillgelegt wird, um die Ressourcen an anderer
Stelle einzusetzen.
Im Zeitablauf ändern die SGE ihre Positionen in der Marktwachstums-/Marktanteils-Matrix. Jede SGE hat einen eigenen Lebenszyklus. Viele SGE beginnen als Question Marks und steigen bis in die Kategorie der Stars auf, soweit sie Erfolg haben.
Sie wandeln sich in Cash Cows um, wenn sich das rapide Wachstum der ersten Zeit
verlangsamt. Schließlich verschwinden sie oder sie dämmern noch einige Zeit als
Poor Dogs am Ende ihres Lebenszyklus dahin. Ein Unternehmen sollte laufend neue
Produkte und neue SGE zu seinem Portfolio hinzufügen, mit dem Ziel, dass sich möglichst einige davon zu Stars entwickeln und schließlich Cash Cows werden, die dann
andere SGE mitfinanzieren können.
Das Planungsmodell von General Electric
Bei General Electric (GE) wurde ein sehr umfassendes Portfolio-Planungsinstrument
eingeführt (Abbildung 3.6). Ähnlich wie bei Boston Consulting werden zwei Dimensionen verwendet, wovon die eine die Attraktivität der Branche und die andere die
relative Position des Unternehmens in der Branche darstellt. Die besten Geschäftsfelder befinden sich in hoch attraktiven Branchen, in denen das Unternehmen eine
starke Position erreicht hat.
Relative Position des Unternehmens
Mittel
Schwach
Hoch
A
Mittel
C
Niedrig
Attraktivität der Branche
Stark
B
D
Abbildung 3.6: Portfolio-Matrix nach General Electric
Die Methode von General Electric bezieht neben der Wachstumsrate viele weitere Faktoren in die Beurteilung der Branchenattraktivität ein. Hierzu berechnet man einen
Branchenattraktivitätsindex, in den die Marktgröße, das Wachstum des Marktes, die
Gewinnerwartungen und die Wettbewerbsintensität in der Branche, die saisonale Verteilung der Nachfrage und branchentypische Kostenstrukturen eingehen. Jeder dieser
Faktoren wird bewertet und in den Gesamtindex einbezogen.
178
3.3 Zentrale Bestandteile eines strategischen Plans
Ein Unternehmen wie die Kraft-Gruppe des Altria-Konzerns beurteilt beispielsweise Süßwaren und Snacks, Fertiggerichte und Kaffee als attraktiv. Aus weniger
attraktiven Geschäftsfeldern wie dem Ölhandel und aus der Herstellung von Kartonagenverpackungen hat Kraft sich zurückgezogen. Die niederländische Chemiegruppe Akzo Nobel identifiziert bestimmte Chemiespezialprodukte, Beschichtungen
und Arzneimittel als attraktiv. Produkte der Grundstoffchemie und Kunstfasern wurden indessen abgestoßen, da sie als weniger attraktiv eingestuft wurden.
Für die relative Position oder Stärke eines Geschäftsfelds benutzt GE ebenfalls
einen Index und nicht nur den Marktanteil. In diesen Index der relativen Stärke
bezieht GE Größen wie den Marktanteil, die Wettbewerbsfähigkeit in Bezug auf das
Preis-/Leistungs-Verhältnis, die Produktqualität, Kenntnisse und Verbindungen zu
Markt und Kunden und damit verbunden die Effizienz des Außendienstes sowie unter
Umständen geografische Vorteile ein. Diese Faktoren werden gewichtet und beurteilt
und ergeben einen Index der relativen Stärke in dem beurteilten Geschäftsfeld mit
den Ausprägungen stark, durchschnittlich oder schwach.
Die Beurteilungsmatrix lässt sich in drei Zonen einteilen. Die hellrote Zone zeigt
die Geschäftsfelder, in die das Unternehmen investieren sollte. Die helle, mittlere
Zone kennzeichnet Geschäftsfelder, die allenfalls als durchschnittlich in Bezug auf
eine Gesamtattraktivität bewertet werden können. Man sollte dort sein bisheriges
Investitionsverhalten beibehalten. Die rote Zone zeigt drei Zellen der Matrix, die nur
eine sehr geringe Attraktivität aufweisen. Hier sollte man erwägen, diese strategischen
Geschäftsfelder aufzugeben.
Die in der Matrix eingezeichneten Kreise stellen vier SGE eines Unternehmens dar.
Die Fläche dieser Kreise entspricht der relativen Größe der Branche, in der diese SGE
sich dem Wettbewerb stellt. Die Markierung innerhalb eines Kreissegments gibt den
Marktanteil der SGE auf dem jeweiligen Markt an. Dementsprechend stellt Kreis A
eine SGE dar, die in einer attraktiven Branche mit hohen Umsätzen einen Marktanteil
von 75 Prozent erreicht hat. Kreis B zeigt eine SGE, die 50 Prozent Marktanteil erreicht
hat, dies jedoch in einer insgesamt wenig attraktiven Branche. Kreis C und Kreis D
stellen SGE dar, die ohne besondere Stärken und ohne herausragende Erfolge operieren. Insgesamt sollte das Unternehmen Ressourcen einsetzen, um A auszubauen
und B mit vernünftigem Aufwand weiterzuführen. In Bezug auf C und D bedarf es
klarer Entscheidungen, die gemäß obiger Beurteilung eigentlich nur zu einer Beendigung dieser Aktivitäten führen können. Die Unternehmensleitung sollte bei ihren
Entscheidungen grundsätzlich auch berücksichtigen, welche Position eine SGE mit
und ohne Änderung der angewandten Strategie zukünftig voraussichtlich einnehmen
wird.
Schwächen der Matrix-Modelle Die formalen Methoden der Boston Consulting
Group und von General Electric revolutionierten die strategische Planung. Dennoch
weisen sie auch Schwächen auf. In erster Linie sind sie schwierig durchzuführen,
zeitaufwändig und kostspielig. In Großunternehmen mag es oft schwer sein, SGE zu
definieren und Marktanteil sowie Marktwachstum richtig zu ermitteln. Die MatrixMethoden konzentrieren sich außerdem auf die gegenwärtige Situation, geben aber
keine Hilfestellung für ein künftiges Vorgehen. Die Unternehmensleitung muss sich
nach wie vor auf ihre eigene Beurteilung verlassen, um die Ziele für jede SGE zu
bestimmen, festzulegen, welchen Anteil an den Ressourcen sie erhalten sollen, oder
179
3
Strategisches Marketing
um herauszufinden, welche neuen Geschäftsfelder dem Portfolio hinzugefügt werden
sollen.
Solche Konzepte formalisierter Planung können außerdem dazu verleiten, die Steigerung des Marktanteils oder das Wachstum durch Eintritt in neue Märkte zu stark
zu gewichten. Viele Unternehmen, die diese Methoden verwendet haben, stürzten
sich auf unbekannte Märkte mit vermeintlich hohen Wachstumschancen, die jedoch
wenig mit ihrer eigentlichen Geschäftstätigkeit zu tun hatten. Sie mussten häufig
anhand sehr schlechter Ergebnisse erkennen, dass ihnen jegliche Voraussetzungen
für eine erfolgreiche Betätigung auf diesen Märkten fehlten. Gleichzeitig waren dieselben Unternehmen oft zu schnell dabei, wenn es darum ging, Geschäftsfelder, die
sich viele Jahre bewährt hatten und an sich gesund waren, aufzugeben, abzustoßen
oder bis zum Zusammenbruch auszuschlachten und nötige Ersatzinvestitionen nicht
mehr zu tätigen. Viele Unternehmen, die in der Vergangenheit diversifiziert haben,
besinnen sich jetzt wieder auf ihre eigentlichen Stärken und besonderen Fähigkeiten
und kehren in die Branchen zurück, deren Know-how sie am besten beherrschen.
Trotz der diskutierten Schwächen sind die Matrix-Modelle nach wie vor sehr populär. Viele Unternehmen haben sie auf ihre Situation zugeschnitten und individualisiert. Gleichsam sind sie kein Allheilmittel, um eine einzige beste Strategie zu ermitteln. Jedoch können sie der Unternehmensleitung dabei helfen, die Gesamtsituation
des Unternehmens zu verstehen und zu erkennen, welchen Beitrag einzelne Produkte
oder Geschäftsfelder für das Ganze erbringen. Sie sind eine Hilfestellung, um Ressourcen sinnvoll zu verteilen und das Unternehmen auf die Aufgaben der Zukunft
auszurichten und vorzubereiten.
3.3.4 Entwicklung von Wachstumsstrategien
Um dem Unternehmensportfolio neue Produkte oder neue Geschäftsfelder hinzuzufügen, bedarf es der systematischen Entwicklung geeigneter Wachstumsstrategien.
Die in Abbildung 3.7 dargestellte Produkt/Markt-Matrix stellt vier Optionen vor, mit
denen ein Unternehmen Wachstum erzielen kann: Marktdurchdringung, Marktentwicklung, Produktentwicklung und Diversifikation.
Am Beispiel von Mercedes-Benz soll gezeigt werden, welche Marketingmaßnahmen den einzelnen Feldern der Produkt/Markt-Matrix zugeordnet werden können.
Marktdurchdringung Die Strategie der Marktdurchdringung beschreibt den verstärkten Einsatz von Marketingaktivitäten mit dem Ziel, bestehende Produkte auf angestammten Märkten zu unterstützen und so deren Marktanteil und Marktvolumen auszubauen. Die Einführung einer neuen, innovativen S-Klasse kann als Beispiel für ein
solches Vorgehen gelten.
Marktentwicklung Die Marktentwicklung zielt darauf ab, mit bestehenden Produkten in neue Märkte einzutreten, um zusätzliches Absatzpotenzial zu erschließen. Dieses Ziel verfolgte Mercedes-Benz beispielsweise mit der Einführung der A-Klasse in
Japan.
180
3.4 Die Rolle des Marketing in der strategischen Planung
Bestehende
Produkte
Neue
Produkte
Bestehende
Märkte
Marktdurchdringung
Produktentwicklung
Neue
Märkte
Marktentwicklung
Diversifikation
Abbildung 3.7: Produkt/Markt-Matrix nach Ansoff
Produktentwicklung Mit der Produktentwicklung verfolgt man das Ziel, den Umsatz
auf bestehenden Märkten mit neuen Produkten zu sichern bzw. auszuweiten. So entwickelte Mercedes-Benz die neue R-Klasse speziell für den europäischen Markt in
einer kurzen und für den amerikanischen Markt in einer langen Version.
Diversifikation Mit der Strategie der Diversifikation begibt sich ein Unternehmen
auf neue Betätigungsfelder. Mit der Einführung des Stadtautos smart und der Luxuslimousine Maybach wurden eigene Marken etabliert, um eine möglichst weit gehende
Abgrenzung von der Marke mit dem „Stern“ zu gewährleisten.
3.4
Die Rolle des Marketing in der strategischen
Planung
3.4.1 Marketing als Leitkonzept in der strategischen Planung
Die strategische Gesamtplanung eines Unternehmens legt fest, in welchen Bereichen es tätig sein will und welche Ziele es dabei verfolgt. Innerhalb der einzelnen
Geschäftseinheiten findet dann eine genauere Planung statt. Die betrieblichen Funktionen innerhalb einer Geschäftseinheit wie Marketing, Finanzen, Rechnungswesen,
Einkauf, Produktion und Personal müssen zur Erreichung der strategischen Ziele
eng und abgestimmt zusammenarbeiten. Zum Beispiel generiert der Marketingbereich
Umsätze, indem er Verkäufe an die Kunden einleitet und durchführt. Der Finanzbereich besorgt Geldmittel, indem er Kredit- bzw. Anlagevorgänge abwickelt. Die Personalabteilung rekrutiert die benötigten Arbeitskräfte, während die Einkaufsabteilung
das Material für die Produktion und für alle übrigen Aktivitäten besorgt. Jeder Funktionsbereich verhandelt mit anderen internen und externen Partnern, um Ressourcen
wie Finanzmittel, Arbeitskräfte, Material, Entwicklungskonzepte und Fertigungsverfahren zu erhalten.
181
3
Strategisches Marketing
Es existieren zahlreiche Überschneidungen zwischen der Gesamtstrategie eines
Unternehmens und der Marketingstrategie. Das Marketing beobachtet die Wünsche
und Bedürfnisse der Verbraucher und das Potenzial des Unternehmens, diese Wünsche und Bedürfnisse zu befriedigen. Diese Faktoren bestimmen Mission und Ziele
des Unternehmens. Der überwiegende Teil der strategischen Planung des Unternehmens geht von Marketingvariablen aus: Marktanteil, Stand der Marktentwicklung,
Wachstum der Märkte usw. Häufig lässt sich keine klare Trennlinie zwischen strategischer Planung und Marketingplanung ziehen. Einige Unternehmen bezeichnen daher
ihre strategische Planung als strategische Marketingplanung.
Das Marketing nimmt auf mehrere Arten eine Schlüsselrolle in der strategischen
Planung ein.
1. Marketing ist eine Leitlinie oder Philosophie für die gesamte Tätigkeit des Unternehmens. Da das Marketing die wichtigsten Kundengruppen identifiziert und die
Unternehmensstrategie sich um die Befriedigung der Bedürfnisse dieser Kunden
dreht, stellt es ein Leitkonzept für die gesamte Unternehmenstätigkeit dar.
2. Marketing liefert Input für strategische Entscheidungen. Das Marketing liefert
Input für die strategische Planung, indem neue attraktive Marktchancen aufgespürt
werden und den Planern die Möglichkeit gegeben wird, gegenwärtige und künftige
Potenziale des Unternehmens daraufhin zu überprüfen, wie es hieraus Vorteile
erlangen könnte.
3. Marketing unterstützt die Zielerreichung der einzelnen Geschäftseinheiten mit
konkreten Strategien. Für die einzelnen Geschäftseinheiten erarbeitet das Marketing konkrete Strategien, die es ermöglichen, die Zielvorgaben zu erfüllen. Für jede
Geschäftseinheit des Unternehmens entscheiden die Verantwortlichen im Marketing, wie sie mit konkreten Maßnahmen zur Zielerreichung beitragen können.
Dabei besteht das Ziel nicht immer darin, den Umsatz zu steigern. Es kann auch
darum gehen, existierende Umsätze mit einem geringeren Marketingbudget aufrecht zu erhalten oder sogar die Nachfrage zu senken. Die Aufgabe des Marketing
ist es daher, das Potenzial jeder Geschäftseinheit zu ermitteln, Zielvorgaben für sie
zu finden und zu spezifizieren und diese Ziele zu erreichen.
3.4.2 Der Stellenwert des Marketing innerhalb betrieblicher
Funktionsbereiche
In manchen Unternehmen ist das Marketing eine gleichberechtigte Funktion unter
anderen. Viele Marketing-Manager sind jedoch der Meinung, dass Marketing die absolut wichtigste Funktion im Unternehmen sei. Sie beziehen sich auf Peter Drucker, der
sagte: „Das Ziel eines Unternehmens ist es, Käufer zu schaffen.“ Die Anhänger dieser
Denkrichtung sehen es als Aufgabe des Marketing, die Mission des Unternehmens
festzulegen, seine Produkte und Märkte zu definieren und alle übrigen Funktionsbereiche zu führen, mit dem Ziel, den Kunden zu dienen.
Viele Marketingfachleute sehen heute eher den Kunden und nicht die Marketingabteilung im Zentrum des Unternehmens. Sie argumentieren, dass das Unternehmen
182
3.5 Zentrale Bestandteile eines Marketingplans
ohne Kunden nicht erfolgreich sein kann und dass es daher die zentrale Aufgabe sei,
Kunden zu werben und zu halten. „Kunden werden mit Versprechungen geworben
und mit Zufriedenstellung gehalten – das Marketing definiert die Versprechungen
und stellt ihre Erfüllung sicher.“
Die tatsächliche Zufriedenstellung des Käufers ist jedoch von der Arbeit aller
Abteilungen im Unternehmen abhängig, aus diesem Grunde müssen alle Funktionsbereiche im Unternehmen zusammenarbeiten, um die Bedürfnisse des Kunden herauszufinden, den Kunden zu bedienen und seine Wünsche und Bedürfnisse zu befriedigen. Jede Abteilung ist dabei ein Teil der unternehmensweiten Wertschöpfungskette. Dem Marketing kommt innerbetrieblich eine wichtige integrierende Rolle als
Koordinator zu, um sicherzustellen, dass alle Abteilungen für eine möglichst perfekte
Zufriedenstellung des Kunden zusammenarbeiten.
Jede Abteilung in einem Unternehmen hat Vorstellungen darüber, welche Zielgruppe und welche Aktivitäten am wichtigsten sind. Die Produktion konzentriert
sich auf Lieferanten und Fertigungsabläufe. Die Abteilung Finanzen bemüht sich
um die Aktionäre und um seriöse Investitionen. Die Marketingabteilung hebt Verbraucher und Produkte, Preise, Werbemaßnahmen und die Distribution hervor. Im
Idealfall bringen diese verschiedenen Blickrichtungen eine optimale Zufriedenstellung des Kunden mit sich. In der täglichen Praxis sind die Beziehungen zwischen
den einzelnen Abteilungen jedoch von Missverständnissen und Konflikten geprägt.
Wenn sich zum Beispiel die Marketingabteilung den Standpunkt des Kunden zu Eigen
macht, kann das bedeuten, dass die anderen Abteilungen in ihren Interessen zurückstecken müssen. Vorgaben der Marketingabteilung im Sinne der Kunden können die
Beschaffungskosten erhöhen, Produktionsabläufe durcheinander bringen, Lagerbestände erhöhen und Probleme mit den Finanzen verursachen. Aus diesem Grunde
kann eine starke innerbetriebliche Opposition aus den anderen Abteilungen gegenüber dem Marketing entstehen.
Trotz dieser Widerstände muss das Marketing andere Abteilungen dahin bringen,
stets im Interesse des Kunden zu denken und diesen in den Mittelpunkt aller Aktivitäten zu stellen. Die Zufriedenstellung des Kunden erfordert die Anstrengung des
ganzen Unternehmens, um den Zielgruppen den höchstmöglichen Gegenwert zu bieten.
Kundenwert zu schaffen, ist viel mehr als nur eine „Marketingtätigkeit“. Ähnlich
wie bei einem großen Sinfonieorchester, in dem auch einige Untergruppen unter der
Gesamtleitung eines Dirigenten spielen, müssen alle ihren Beitrag zum Gelingen leisten. An einem Angebot, das die Kunden überzeugt, sind alle Abteilungen beteiligt,
nicht nur eine einzelne.
3.5
Zentrale Bestandteile eines Marketingplans
Innerhalb der strategischen Planung bedarf es für jede Geschäftseinheit und jedes einzelne Produkt eines konkreten Marketingplans. Die Entwicklung eines solchen Marketingplans ist Teil des in Tabelle 3.1 beschriebenen Planungsprozesses. Ein Marketingplan für ein Produkt oder eine Marke sollte folgende Bestandteile aufweisen:
183
3
Strategisches Marketing
Executive Summary
Kurzfassung des Plans als Überblick und Entscheidungsvorlage für das Management
Aktuelle Marketingsituation
Ausführliches Marketing-Audit mit Informationen zu Markt-, Produkt- und Konkurrenzsituation sowie
möglichen Absatzwegen und -partnern
SWOT-Analyse
Identifikation der Stärken und Schwächen und Feststellung der Chancen und Risiken des Unternehmens im Hinblick auf das Produkt
Ziele und Einflussfaktoren
Festlegung der Unternehmensziele bezüglich Absatz, Umsatz, Marktanteil und Gewinn sowie Analyse
möglicher Faktoren, die diese Ziele beeinflussen
Marketingstrategie
Allgemeiner Marketingansatz, der zur Erreichung der geplanten Ziele eingesetzt werden soll
Marketingprogramm
Beschreibung des anzuwendenden Marketinginstrumentariums (Marketing-Mix) zur Zielerreichung
mit Angaben zu ausführenden Personen, zum Zeitpunkt der Ausführung und den anfallenden Kosten
Budget
Prognose der finanziellen Ergebnisse des Plans anhand einer erwarteten Gewinn- und Verlustrechnung
Kontrolle
Maßnahmen zur Begleitung und Überwachung des Programms
Tabelle 3.1: Bestandteile eines Marketingplans
Im Folgenden soll der Bestandteil Executive Summary kurz skizziert werden. Für
das Marketing-Audit wird an dieser Stelle ein konkretes Beispiel zur Vorgehensweise
aufgeführt. Anschließend gehen wir näher auf die Marketingstrategie, den MarketingMix, das Budget sowie die Marketingkontrolle ein. Die SWOT-Analyse sowie die übrigen Teile des Marketingplans wurden bereits im Rahmen der allgemeinen strategischen Planung ausführlich erläutert.
3.5.1 Executive Summary
Der Marketingplan sollte mit einer kurzen Zusammenfassung der Hauptziele und
Empfehlungen beginnen. Hier ein Beispiel:
„Der Marketingplan für 2010 beschreibt, wie eine erhebliche Zunahme bei Umsatz
und Gewinn gegenüber dem Vorjahr erreicht werden kann. Die Zielvorgabe für
den Umsatz beträgt 240 Mio. Euro, das entspricht einer Zunahme um 20 Prozent.
Wir halten diesen geplanten Zuwachs für erreichbar, weil zwischenzeitlich andere
wirtschaftliche Rahmenbedingungen herrschen, sich unsere Situation im Wettbewerb verbessert hat und wir die Effizienz unserer Vertriebsorganisation erheblich
verbessern konnten. Das Betriebsergebnis vor Steuern soll auf 25 Mio. Euro erhöht
werden, dies entspricht einer Zunahme um 25 Prozent. Um diese Ziele zu erreichen, wollen wir 4,8 Mio. Euro in besondere Maßnahmen der Verkaufsförderung
investieren und 7,2 Mio. Euro in Werbung. Das entspricht zwei bzw. drei Prozent
des geplanten Umsatzes.“
184
3.5 Zentrale Bestandteile eines Marketingplans
Eine derartige Übersicht fasst alle wichtigen Punkte zur Vorlage bei der Unternehmensleitung präzise zusammen.
3.5.2 Marketing-Audit – Analyse der Ausgangssituation
Im ersten Hauptabschnitt des Marketingplans werden die Zielmärkte und die Position, die das Unternehmen in diesen einnimmt, beschrieben. Im folgenden Exkurs
sind die einzelnen Fragestellungen wiedergegeben, die im Laufe eines MarketingAudits ausgearbeitet werden. Zunächst werden die Ziele, die Handlungsgrundsätze
und die Strategie-Elemente aufgeführt, die aus übergeordneten Planungen abzuleiten
sind. Dann wird die aktuelle Marketingsituation mit Marktdaten, Position des Produkts am Markt, Konkurrenzsituation und Vertriebsnetz dargestellt. Dazu gehört in
der Regel eine ausführliche Charakterisierung des Marktes und seiner wichtigsten
Segmente. Anhand aktueller Zahlen der absoluten und segmentspezifischen Marktgröße in Relation zu Vergangenheitswerten prognostiziert der Planer den Bedarf unter
Berücksichtigung der Entwicklungen im Umfeld des Marketing, die Auswirkungen
auf das Käuferverhalten haben. Ein Produktlinienbericht zeigt Absatz und Absatzerwartungen, Preise und Gewinnerwartungen für die wichtigsten Produkte innerhalb
der einzelnen Produktgruppen. Ein Konkurrenzbericht benennt die wichtigsten Wettbewerber und ihre Strategien in Bezug auf Qualitätsanspruch, Preissetzung, Vertriebsnetz und Verkaufsförderung. Die Marktanteile des Unternehmens und seiner Konkurrenten und erwartete Verschiebungen gehören ebenfalls in diesen Teilbericht. Der
Vertriebsbericht informiert als letzter Abschnitt über Situation, Trends und künftige
Entwicklungen in den Vertriebskanälen.
Marketing wäre an sich schon herausfordernd genug, wenn man es nur mit den
beeinflussbaren Variablen des Marketing-Mix zu tun hätte. Die Wirklichkeit bringt
jedoch noch weit mehr Probleme mit sich. Das Unternehmen ist innerhalb eines
komplexen Marketingumfelds tätig, das sich aus unzähligen nicht beeinflussbaren
Kräften zusammensetzt. Daraus ergeben sich sowohl Chancen als auch Gefahren. Je
genauer das Unternehmen sein Umfeld analysiert, desto besser sind die Aussichten,
den Gefahren zu entgehen und die Chancen wahrnehmen zu können.
Das Marketingumfeld eines Unternehmens besteht aus dem internen Umfeld mit
den Abteilungen, die zur Leistungserstellung beitragen, und den externen Partnerunternehmen in den Vertriebskanälen sowie Lieferanten, Konkurrenten und der Öffentlichkeit im weitesten Sinne. In einem erweiterten Verständnis gehören auch die
demografische, die wirtschaftliche und politische Entwicklung zum Marketingumfeld, ebenso wie Technologie, Ökologie, Kultur und Gesellschaft. Alle diese Größen
müssen bei der Entwicklung und Positionierung des eigenen Angebots im Zielmarkt
einbezogen werden.
185
3
Strategisches Marketing
Exkurs
Das Marketing-Audit als Situationsanalyse des Marketingumfelds
I. Das Makro-Umfeld des Marketing
1. Demografie: Welche Trends schaffen Geschäftschancen, welche stellen ein
Risiko dar?
2. Wirtschaft und Wirtschaftspolitik: Welche Entwicklungen im Bereich der Einkommen und Einkommensverteilung, der Preise, Sparquoten und im Bereich
von Krediten und Zinsen beeinflussen die Tätigkeit des Unternehmens?
3. Natur und Umwelt: Sind natürliche Ressourcen und Energie verfügbar? Wie
werden sich deren Kosten entwickeln? Betreibt das Unternehmen eine verantwortliche Umweltpolitik?
4. Technologie: Welche entscheidenden Technologieveränderungen sind zu erwarten? Stehen dem Unternehmen alle derzeit und in Zukunft benötigten
Technologien zur Verfügung?
5. Politik und Gesellschaft: Welche aktuellen und zu erwartenden politischen
Veränderungen betreffen die Strategie des Unternehmens?
6. Kultur und öffentliche Meinung: Wie ist die öffentliche Meinung gegenüber
Wirtschaftsunternehmen allgemein und gegenüber dem eigenen Unternehmen
und seinen Produkten? Welche Veränderungen im Lebensstil sind zu erwarten
und welche haben Einfluss auf die Tätigkeit oder den Absatz des Unternehmens?
II. Das Aufgabenumfeld des Marketing
1. Märkte: Wie werden sich Marktgröße, Marktwachstum, die regionale Verteilung innerhalb der Märkte und die Gewinnaussichten verhalten? Welche
großen und wichtigen Marktsegmente sind zu erkennen?
2. Konsumenten: Wie wird das Unternehmen von den Konsumenten in Bezug
auf Produktivität, Kundendienst und Preis beurteilt? Wie laufen ihre Kaufentscheidungsprozesse ab?
3. Konkurrenz: Wer sind die Hauptkonkurrenten? Welche Strategien verfolgen
sie? Welche Marktanteile haben sie? Was sind ihre Stärken und Schwächen?
4. Vertriebswege: Welche Vertriebswege nutzt das Unternehmen, um die Produkte
an den Käufer zu bringen? Funktionieren diese Vertriebswege optimal?
5. Lieferanten: Welchen Einflüssen unterliegen die Zulieferer des Unternehmens?
Können alle benötigten Produktionsressourcen uneingeschränkt beschafft werden?
6. Öffentliche Meinung: Welche Schlüsselgruppen der Öffentlichkeit stellen ein
Problem oder eine Geschäftschance dar? Wie sollte das Unternehmen mit
ihnen umgehen?
III. Marketingstrategie-Audit
1. Mission: Gibt es eine klare und in der Definition auf den Markt ausgerichtete
Mission?
186
3.5 Zentrale Bestandteile eines Marketingplans
2. Ziele: Hat das Unternehmen klare Ziele gesetzt, um daraus den Marketingplan
abzuleiten? Entsprechen diese Ziele den Stärken und Chancen des Unternehmens?
3. Strategie: Hat das Unternehmen eine klar umrissene Strategie, um die vorgegebenen Ziele zu erreichen?
4. Budget: Hat das Unternehmen genügend Ressourcen für die Segmente, Produkte, Regionen und Elemente des Marketing-Mix bereitgestellt?
IV. Marketingorganisations-Audit
1. Formale Struktur: Hat der oberste Marketingverantwortliche im Unternehmen ausreichend Vollmacht, um alle Aktivitäten zu steuern, die die Kundenzufriedenheit beeinflussen? Ist die organisatorische Struktur in Bezug auf
Funktions-, Produkt-, Markt- und Gebietsabgrenzungen optimal?
2. Effizienz der Funktionsbereiche: Findet ausreichender und effizienter Austausch zwischen dem Marketing, dem Außendienst und den übrigen Abteilungen des Unternehmens statt? Sind die Mitarbeiter gut ausgebildet, motiviert
und werden sie gut geführt und beurteilt?
3. Effizienz der Funktionsschnittstellen: Funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Marketing, Fertigung, Entwicklung, Einkauf, Personalabteilung als echte
Kooperation für die gemeinsamen Aufgaben?
V. Marketingsystem-Audit
1. Marketing-Informationssystem: Liefert das Marketing-Informationssystem genaue und zeitgerechte Informationen über aktuelle Entwicklungen? Benutzen
die Entscheidungsträger vorhandene Ergebnisse der Marktforschung?
2. Planungssystem: Erarbeitet das Unternehmen jährliche, langfristige und strategische Planungsunterlagen? Werden sie benutzt?
3. Marketing-Kontrollsystem: Werden die Zielvorgaben des Jahresplans in der
Regel erreicht? Überprüft die Geschäftsleitung regelmäßig den Umsatz und den
Gewinnbeitrag der einzelnen Produkte, Märkte, Regionen und Vertriebswege?
4. Entwicklung neuer Produkte: Hat das Unternehmen eine Organisationsstruktur, die geeignet ist, neue Produktideen zu sammeln, zu entwickeln und vor
Markteinführung zu testen? Werden Produkt- und Markttests durchgeführt?
Hat das Unternehmen Erfolge bei der Einführung neuer Produkte vorzuweisen?
VI. Produktivitäts-Audit
1. Wirtschaftlichkeitsanalyse: Wie hoch sind die Gewinne bei den unterschiedlichen Produktlinien, Märkten, Regionen und Vertriebswegen, die das Unternehmen bedient? Ergibt sich daraus, dass das Unternehmen in bestimmten
Geschäftsfeldern tätig werden, dort expandieren oder sich aus bestimmten
Geschäftsfeldern zurückziehen sollte? Welche Konsequenzen hätte diese Vorgehensweise?
2. Kosteneffizienzanalyse: Haben bestimmte Geschäftsfelder unbegründet extrem
hohe Kostenanteile? Wie können die Kosten reduziert werden?
187
3
Strategisches Marketing
VII. Marketingfunktions-Audit
1. Produkte: Hat das Unternehmen präzise und umfassende Zielvorstellungen
für die einzelnen Produktlinien entwickelt? Sollten bestimmte Produkte eingestellt oder neue Produkte aufgenommen werden? Würden einige Produkte
von Veränderungen in der Qualität, im Design oder in ihren sonstigen Eigenschaften profitieren?
2. Preis: Was sind die unternehmensinternen Zielvorstellungen, Strategien und
Abläufe zur Preisfindung? Stimmen die Preisvorgaben des Unternehmens mit
dem empfundenen Produktnutzen und den Wertvorstellungen der Konsumenten überein? Werden Sonderpreisaktionen in geeignetem Umfang eingesetzt?
3. Vertriebswege: Welche Zielvorstellungen und Strategien hat das Unternehmen
in Bezug auf die Vertriebswege? Ist die Abdeckung durch den eigenen Vertrieb
oder Vertriebspartner und durch den Kundendienst angemessen? Müssen neue
Vertriebswege aufgebaut oder bestehende modernisiert und intensiviert werden?
4. Werbung, Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit: Wie sind die Zielvorstellungen für die Werbemaßnahmen des Unternehmens festgelegt? Wie hoch
ist das Werbebudget? Sind die veranschlagten Mittel ausreichend? Wurden die
Werbebotschaften und die eingesetzten Medien sorgfältig ausgewählt und wie
ist der Erfolg? Hat das Unternehmen ausgearbeitete Programme für die Verkaufsförderung und die Öffentlichkeitsarbeit?
5. Außendienst: Was sind die Aufgaben und Ziele des Außendienstes? Ist der
Außendienst groß genug? Ist er zweckmäßig organisiert? Ist er gut ausgebildet
und motiviert? Wie werden die Außendienstmitarbeiter im Vergleich zu denen
der Konkurrenz beurteilt?
3.5.3 Marketingstrategie
In diesem Teil des Marketingplans geht es um die Beschreibung der Strategie, also des
Weges oder „Spielplans“, mit dem die zuvor definierten Ziele erreicht und der zur
Etablierung von Kundenbeziehungen notwendige Kundennutzen geschaffen werden
sollen. Den Unternehmen ist bewusst, dass sie nicht alle Kunden auf einem gegebenen
Markt zufriedenstellen können, zumindest nicht auf die gleiche Weise. Es gibt einfach
zu viele unterschiedliche Käufertypen mit unterschiedlichen Wünschen und Bedürfnissen. Zudem fällt es einigen Unternehmen leichter, bestimmte Kundengruppen zu
bedienen, als anderen.
Wie in Kapitel 1 bereits aufgezeigt, stellt Kundenorientierung eine wesentliche
Voraussetzung dar, um erfolgreich im Wettbewerb zu bestehen. Unternehmen sind
darauf angewiesen, Kunden von Konkurrenten abzuwerben, diese zu halten und auszubauen, indem sie ihnen einen größeren Nutzen stiften. Aber bevor ein Unternehmen
Kunden befriedigen kann, muss es zunächst deren Wünsche und Bedürfnisse kennen.
Daher erfordert seriöses Marketing eine sorgfältige Kundenanalyse.
188
3.5 Zentrale Bestandteile eines Marketingplans
Jedes Unternehmen muss entscheiden, welche Kunden bedient werden sollen
(Segmentierung und Auswahl von Zielgruppen) und auf welche Weise (Positionierung). Es unterteilt den Gesamtmarkt in kleinere Segmente, sucht sich die vielversprechendsten aus und konzentriert sich darauf, die Kunden in diesen Marktsegmenten
gewinnbringend zu bedienen und zufriedenzustellen.
3.5.3.1 Marktsegmentierung
Unter Marktsegmentierung versteht man die Aufteilung eines Marktes in Käufergruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen, Eigenschaften und Verhaltensweisen, die
möglicherweise verschiedene Produkte oder ein spezielles Marketing-Mix erfordern.
Innerhalb eines Marktsegments sollte sich dementsprechend eine Gruppe von Konsumenten befinden, die ähnliche Bedürfnisse haben und in ähnlicher Weise auf eine
Reihe von Marketingstimuli reagieren.
Es stehen viele Möglichkeiten bereit, einen Markt in Segmente aufzuteilen. Eine
Segmentierung kann z. B. anhand einfacher Kriterien wie geografisch-regionalen,
demografischen, psychografischen oder Verhaltensmerkmalen vorgenommen werden.
geografischregionale
Merkmale
Staaten und
Großregionen
Regionen, Länder,
Kantone
Großstadt,
Kleinstadt,
Land
unterschiedliche
Stadtteile
demografische
Merkmale
Geschlecht und
Alter
Einkommen
Bildung
Inländer/Ausländer
Status
Lebensstil,
Religion usw.
ethnische Gruppe
psychografische soziale KlassenMerkmale
zugehörigkeit
Verhaltensmerkmale
Nutzenerwartung Nutzungshäufigkeit Kaufanlass
Wiederkaufverhalten
Tabelle 3.2: Merkmale der Marktsegmentierung
Jeder Markt weist Marktsegmente auf, aber nicht immer ist eine Segmentierung sinnvoll. Wer Werbung für Orangensaft macht, muss nicht in Männer und Frauen, Studenten und Angestellte usw. segmentieren, solange diese Gruppen nicht unterschiedlich
auf die Anreize des Marketing reagieren. Auf dem Markt für Automobile hingegen
würden beispielsweise alle Personen, die das größte und bequemste Fahrzeug auswählen, egal wie hoch der Preis wäre, ein Marktsegment bilden. Ein anderes wären
diejenigen Kaufinteressenten, für die ein niedriger Anschaffungspreis und niedrige
Betriebskosten im Vordergrund der Entscheidungsfindung stehen.
Solch einfache Kriterien geben allerdings nur bedingt Aufschluss für das Marketing, da z. B. selbst unter Jungen im Teenager-Alter, die der Mittelklasse angehören,
eine große Bandbreite verschiedener Interessen existiert: Fußball, Videospiele, PunkMusik etc. Dagegen können Segmentierungsansätze, die mehrere Kriterien gleichzeitig berücksichtigen, Gruppen wie die sogenannten GUPPIEs (gay urban professionals)
aufspüren, die eine hohe Kaufkraft aufweisen und viele neue Trends in der Musik,
der Mode und der Unterhaltung begründen.
189
3
Strategisches Marketing
Auswahl von Marktsegmenten als Kundenzielgruppe
Nachdem ein Unternehmen die Einteilung in Marktsegmente vorgenommen hat, kann
es in einem oder mehreren dieser Segmente den Markteintritt anstreben. Deren Auswahl als Zielmarkt geht eine Beurteilung in Bezug auf ihre Attraktivität und der
zugrunde liegenden Marktchancen voraus. Hierbei werden die Stärken des Unternehmens in Relation zur Konkurrenz berücksichtigt und geprüft, welches der Segmente
die besten Aussichten bietet, die Zielvorgaben des Unternehmens zu erreichen. Ein
Unternehmen sollte diejenigen Segmente auswählen, in denen es einen Wettbewerbsvorteil erarbeiten und dauerhaft halten und wo es auf lange Sicht die Käufer optimal
bedienen kann.
Verfügt ein Anbieter über begrenzte Ressourcen, so sollte er nur ein oder sehr
wenige Segmente bedienen. Diese Strategie mag den Gesamtabsatz einschränken,
kann sich aber als sehr gewinnbringend erweisen. Diese Unternehmen konzentrieren sich auf Kundensegmente, welche die Konkurrenz noch nicht entdeckt hat oder
nicht zu bedienen beabsichtigt.
Ein Beispiel hierfür ist der Automobilhersteller Ferrari, welcher pro Jahr 3.500 seiner leistungsstärksten Automobile zu sehr hohen Preisen verkauft. Für den Ferrari
FXX beispielsweise, der nur auf Rennstrecken gefahren werden kann, verlangt Ferrari über 1,5 Mio. Euro. Ein weiteres Beispiel ist die Lebensmittelmarke Benecol, die
eine Nische im Margarinemarkt abdeckt. Benecol ist positioniert als die Margarinemarke für alle, die ihren Cholesterinspiegel senken möchten. Mittlerweile wurde das
Angebot auf Yoghurt und Käseaufstrich ausgeweitet.
Andererseits kann man durchaus mehrere verbundene Segmente bedienen. Das
geht am besten, wenn es zum Beispiel unterschiedliche Käufergruppen gibt, die
aber alle ähnliche Grundbedürfnisse haben. Hierbei handelt es sich oftmals um Segmente mit verschiedenen Kundentypen, jedoch mit demselben Ausgangsprodukt. Ein
Bespiel hierfür ist das Unternehmen „Lego“, welches für kleine Kinder unter fünf Jahren das Produkt „Duplo“ anbietet, während sich „Lego Factory“ mit kleineren Bausteinen an Kinder ab acht Jahren richtet. Viele kleinere Anbieter betreten einen neuen
Markt zunächst nur in einem Segment. Sind sie erfolgreich, dehnen sie ihre Tätigkeit
auf weitere Segmente aus.
Große Unternehmen hingegen streben häufig die Abdeckung des gesamten Marktes mit ihren Produkten an. Sie wollen, ähnlich wie General Motors in den USA, der
Marktführer ihrer Branche sein, ganz nach dem Motto von General Motors „ein Produkt für jede Person, jeden Geldbeutel und jeden Charakter“. Jedoch musste auch GM
schon feststellen, dass es schwierig ist, es jedem recht zu machen. General Motors verlor durch diese Strategie Marktanteile und wurde im Jahr 2007 von Toyota überholt,
die weltweit mehr Automobile verkauften mit einer Strategie, die auf weit weniger
Modellen, Marken und Produktionsstandorten basierte.
Positionierung
Wenn die Entscheidung gefallen ist, welche Segmente bedient werden sollen, muss
man überlegen, welche Position man mit seinen Produkten im jeweiligen Segment
besetzen will. Die Positionierung im Markt räumt dem Produkt eine klare, wünschenswerte und trennscharfe Position in der Vorstellung der Zielkunden und im Vergleich
zu Konkurrenzprodukten ein. Die Position des Produkts ist die Art und Weise, wie
190
3.5 Zentrale Bestandteile eines Marketingplans
ein Produkt von den Konsumenten im Hinblick auf wichtige Eigenschaften gesehen
wird. Dadurch erhält es eine eindeutige Position in der Vorstellung der Käufer. Wenn
es eine solche Positionierung nicht gäbe, also alle Produkte von den Kaufinteressenten als gleich empfunden würden, gäbe es keinen Grund, ein Produkt einem anderen
vorzuziehen.
Die Aufgabe der Marketingfachleute ist es, eine Position zu definieren und zu besetzen, die das Produkt gegenüber den Konkurrenzprodukten hervorhebt und ihm den
größtmöglichen strategischen Vorteil auf seinen Zielmärkten verschafft. Zur Positionierung eines Produkts identifiziert das Unternehmen zunächst eigene Stärken, auf
welche die Position gestützt werden kann. Um daraus einen Vorsprung zu realisieren,
muss man den gewählten Marktsegmenten einen höheren Nutzen bieten, sei es durch
niedrigere Preise oder durch zusätzliche Eigenschaften, die einen gleichen oder höheren Preis rechtfertigen. Eine wirkungsvolle Positionierung differenziert das Angebot
eines Unternehmens so, dass der Kunde mehr Wert erhält als durch jenes der Wettbewerber.
Marke
Slogan zur Positionierung
Seat
Auto Emocion (Hinweis auf Emotionalität)
VW Golf
Wertigkeit neu erleben (Hinweis auf Qualität)
BMW
Freude am Fahren (Hinweis auf Fahrspaß)
Toyota Prius
Die Zukunft atmet auf. (Hinweis auf Ökologie)
Audi
Vorsprung durch Technik (Hinweis auf technische Überlegenheit)
Citroen
Nichts bewegt Sie wie ein Citroen. (Hinweis auf Komfort)
Tabelle 3.3: Positionierung einiger bekannter Automobilmarken
Die Positionierung am Markt kann der Schlüssel zum Erfolg sein. Ein Spielwarengeschäft vermarktete sich z. B. als „Center für spielerisches Lernen“. Ein solches Angebot muss natürlich mehr sein als nur ein Name. Um Eltern und ihre Kinder anzusprechen, konzentrierte sich das Geschäft auf Spielzeuge und Bücher, die einen pädagogischen Nutzen aufweisen und vermied Massenware (Barbie- und Disney-Produkte)
und elektronische Spielsachen.
Die Positionierung kann auf einem oder auf mehreren wichtigen Faktoren aufbauen. Wenn jedoch zu viele Faktoren herangezogen werden, endet das nicht selten mit Verwirrung oder mangelnder Glaubwürdigkeit bei den Kaufinteressenten. Hat
sich ein Unternehmen für eine bestimmte Positionierung entschieden, müssen weitere Schritte unternommen werden, um diese Position an die potenziellen Kaufinteressenten zu übermitteln. Im Idealfall unterstützt das gesamte Marketingprogramm des
Unternehmens die gewählte Positionierungsstrategie.
3.5.4 Die Entwicklung des Marketing-Mix
Sobald eine Entscheidung bezüglich der Marketingstrategie getroffen wurde, kann
mit der Detailplanung für den Marketing-Mix begonnen werden. Wir definieren den
Marketing-Mix als eine Gesamtheit steuerbarer taktischer Werkzeuge, die ein Unternehmen kombiniert und einsetzt, um auf dem Zielmarkt bestimmte erwünschte Reak-
191
3
Strategisches Marketing
tionen hervorzurufen. Zum Marketing-Mix gehört alles, was man tun kann, um die
Nachfrage nach seinem Produkt zu beeinflussen. Die vielen Möglichkeiten lassen sich
in vier Gruppen von Maßnahmen aufteilen, die als die „vier Ps“ bekannt sind: Produkt, Preis, Platzierung und Promotion. Häufig wird Platzierung auch als Distribution
und Promotion als Kommunikation bezeichnet. Abbildung 3.8 zeigt ausgewählte Marketinginstrumente und ihre Zuordnung zu diesen vier Gruppen.
Der Marketing-Mix
Produkt
Promotion
Preis
Platzierung
Varianten
Qualität
Design
Ausstattung
Markenname
Verpackung
Kundendienst
Garantie
Werbung
Sonderaktionen
Außendienst
Bekanntheit
Listenpreise
Rabatte
Nachlässe
Zahlungsziel
Kundenkredit
Vertriebskanäle
Marktabdeckung
Sortiment
Angebotsorte
Lagerhaltung
Transport
Der Zielmarkt
Abbildung 3.8: Die „vier Ps“ als Instrumente des Marketing-Mix
Das Produkt
Das Produkt beinhaltet die Gesamtheit aus Gütern und Dienstleistungen, die ein
Unternehmen auf dem Zielmarkt anbietet. Ein Automobil zum Beispiel besteht aus
Schrauben, Muttern, Zündkerzen, Kolben, Scheinwerfern, Scheiben und vielen anderen Teilen. Daraus bauen die Automobilhersteller Fahrzeuge in unterschiedlichen
Karosserie- und Ausstattungsvarianten und mit vielen zusätzlichen Ausstattungsdetails. Das Auto wird fahrbereit geliefert, eine umfassende Garantie gehört dazu und,
wenn der Käufer es wünscht, auch ein Finanzierungspaket, das ebenso selbstverständlich Bestandteil des „Produkts Automobil“ zu sein hat wie zum Beispiel der Auspuff
oder der Rückspiegel.
Der Preis
Der Preis ist das, was die Kunden für das Produkt bezahlen. Die Hersteller empfehlen Verkaufspreise, aber selten kann ein Händler den vollen Preis durchsetzen. In
der Regel wird der Preis mit dem Kunden ausgehandelt. Dabei werden Rabatte eingeräumt, Gebrauchtfahrzeuge in Zahlung genommen und günstige Zahlungsbedingungen gewährt, um der herrschenden Konkurrenzsituation zu entsprechen und den
Preis in Einklang mit dem Wertempfinden des Käufers zu bringen.
192
3.5 Zentrale Bestandteile eines Marketingplans
Die Platzierung
Die Platzierung beinhaltet Aktivitäten des Unternehmens, die das Produkt dem Kaufinteressenten zugängig und verfügbar machen. Die meisten Automobilmarken haben
eine größere Anzahl unabhängiger Händlerbetriebe, die ihre Automobile vertreiben.
Die Hersteller wählen die Händlerbetriebe sorgfältig aus und unterstützen sie dann
intensiv. Die wichtigsten Händler unterhalten ein größeres Lager an verkaufsfertigen
Fahrzeugen, sind jederzeit bereit, sie den Kaufinteressenten vorzuführen, handeln
Preise aus, nehmen Bestellungen an, arrangieren die Finanzierung für die Kunden
und warten und pflegen das Auto auch noch viele Jahre nach dem Verkauf.
Die Promotion
Unter Promotion versteht man diejenigen Aktivitäten, mit denen die Vorzüge des Produkts an die Kaufinteressenten kommuniziert werden und mit denen man diese als
Kunden gewinnen will. Automobilhersteller geben jährlich Millionen von Euro für
Werbung aus, um den Kaufinteressenten auf das Unternehmen und seine Produkte
aufmerksam zu machen. Die Verkäufer der Händlerbetriebe informieren mögliche
Käufer im Sinne des Herstellers und versuchen, diese zu überzeugen, dass zum Beispiel ein BMW das für sie am besten geeignete Auto ist. BMW als Hersteller und die
jeweiligen Händler führen spezielle Sonderaktionen durch – Sonderverkäufe, Rabatte,
besonders niedrige Zinsen usw. – um weitere Kaufanreize zu schaffen.
Ein wirkungsvolles Marketingprogramm stellt die Elemente des Marketing-Mix
zu einem koordinierten Gesamtprogramm derart zusammen, dass die Marketingziele
des Unternehmens erreicht werden können. Der Marketing-Mix ist wie ein taktischer Werkzeugkasten anzusehen, mit dem eine starke Position auf den Zielmärkten erreicht werden kann. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass die vier Ps
des Marketing-Mix Instrumente aus der Sicht des Anbieters sind, mit denen der
potenzielle Käufer beeinflusst werden kann. Aus der Perspektive des Kaufinteressenten müssen diese Instrumente Wünsche und Bedürfnisse erfüllen und einen Nutzen schaffen. Den „vier Ps“ sollte auf Seiten des Konsumenten etwas gegenüberstehen, das sie anspricht. Der Marketingexperte Lauterborn schlug folgende Einteilung
vor:
beim Anbieter: „vier Ps“
beim Kaufinteressenten: „vier Ks“
Produkt
Käuferbedürfnisse und -wünsche
Preis
Kosten für den Käufer – Anschaffungs- und Folgekosten
Platzierung (Distribution)
Komfort: Wie leicht kann ich das Produkt erwerben?
Promotion (Kommunikation)
Kommunikationsbedarf über das Produkt
Tabelle 3.4: „Vier Ps“ beim Anbieter, „vier Ks“ beim Käufer
193
3
Strategisches Marketing
Exkurs
Erfolgsfaktoren der Marketingimplementierung
Die Implementierung von Maßnahmen stellt eine schwierigere Aufgabe dar als
deren Konzeption. Viele Manager stehen auf dem Standpunkt, dass es genauso
wichtig oder sogar noch wichtiger ist, „die Dinge richtig zu tun“ (Implementierung), als „die richtigen Dinge zu tun“ (Strategie). In der Regel kann man wohl
davon ausgehen, dass beides erfolgskritisch ist. Allerdings lässt sich durch eine
effektive Implementierung unter Umständen auch ein Wettbewerbsvorteil erzielen. Eine Firma kann beispielsweise prinzipiell die gleiche Strategie wie eine
andere haben und dennoch durch eine schnellere und bessere Umsetzung dieser
Strategie im Markt erfolgreicher sein.
In einer zunehmend vernetzten Welt müssen Mitarbeiter auf allen HierarchieEbenen des Unternehmens daran beteiligt sein, wenn ein neuer Marketingplan
umgesetzt werden soll. Die Implementierung erfordert von Tag zu Tag Entscheidungen und Maßnahmen aller Beteiligten innerhalb und außerhalb des
Unternehmens. Entscheidungen über Zielsegmente, Markennamen, Verpackungen, Preise, Werbung und Vertriebswege müssen getroffen werden. Schon während des teilweise Jahre dauernden Vorlaufs sollte das Marketing das Gespräch
mit der Produktentwicklung, der Produktion und der Finanzabteilung suchen.
Auch außerhalb des eigenen Unternehmens werden Beiträge für das Gelingen
einer Markteinführung gesucht: Häufig werden Aufträge an Werbeagenturen vergeben und manchmal sind die Medien zur Berichterstattung bereit, insbesondere
dann, wenn ein neues Produkt neue Technologien oder einen neuartigen Nutzen
beinhaltet. Darüber hinaus wird der Außendienst mit dem Handel über den Platz
in den Regalen (bei Produkteinführungen z. B. im Lebensmittelbereich) oder Platz
im Ausstellungsraum (z. B. Vorstellung eines neuen PKWs) verhandeln.
Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Marketingimplementierung werden
durch die Integration von fünf Schlüsselelementen geschaffen:
Aktionsprogramm Ein Aktionsprogramm, das alle Beteiligten und alle Aktivitäten benennt.
Organisationsstruktur Die bestehende Organisationsstruktur des Unternehmens muss für die geplanten Maßnahmen geeignet sein.
Anreizsystem Verfahren der Planung, der Budgetierung und der Entlohnung
beeinflussen den Erfolg der Implementierung. Zum Beispiel haben Mitarbeiter
wenig Anreiz, sich für langfristige Ziele einzusetzen, wenn das Unternehmen
kurzfristige Erfolge belohnt. Anreizsysteme sollten daher erweitert werden und
mehr als nur Umsatzzahlen enthalten. Das Entlohnungssystem bei Xerox beinhaltet zum Beispiel die Kundenzufriedenheit, bei Ferrero wird die Frische der
Produkte in den Regalen honoriert.
Mitarbeiter Das Unternehmen benötigt auf allen Ebenen Mitarbeiter, die die
erforderlichen Kenntnisse, die Motivation und die persönlichen Eigenschaften
mitbringen, um die Strategie umzusetzen. Hierzu bedarf es der systematischen
Personalbeschaffung und -entwicklung.
194
3.5 Zentrale Bestandteile eines Marketingplans
Unternehmenskultur Für eine erfolgreiche Implementierung muss die Marketingstrategie zur Kultur des Unternehmens passen. Die Unternehmenskultur
ist ein System von Überzeugungen und Werten, die die Menschen in einem
Unternehmen teilen. Sie ist die Identität und der Charakter des Unternehmens
und leitet das Verhalten der Mitarbeiter auf allen Ebenen. Marketingstrategien,
die sich nicht in diese Kultur einfügen, können nur schwer umgesetzt werden.
Unternehmen gestalten ihre Strategien gewöhnlich so, dass sie zu ihrer gegenwärtigen Kultur passen, anstatt zu versuchen, ihre Kultur zu ändern. Letzteres
stellt ein äußerst schwieriges Unterfangen dar.
3.5.5 Das Marketingbudget
Während noch vor einigen Jahren viele Marketingleiter ihr Budget ohne große Überlegungen zur Rentabilität der ergriffenen Maßnahmen ausgeben konnten, fragt man
heute immer häufiger nach der Rendite von Marketinginvestitionen. Es wird somit
wichtiger, die Wirkung von Marketingmaßnahmen messen zu können und Verantwortung für das zur Verfügung stehende Budget zu übernehmen.
Deshalb entwickeln immer mehr Unternehmen Messverfahren, um die Kapitalrendite von Marketingmaßnahmen (return on marketing investment oder auch
Marketing-ROI) bestimmen zu können. Der Marketing-ROI ergibt sich aus dem
Gewinn, der aus einer Marketinginvestition resultiert, dividiert durch die Kosten für
die entsprechende Maßnahme. Insbesondere die Messung des Ertrages von Marketingmaßnahmen birgt jedoch einige Schwierigkeiten. Im Gegensatz zur Bestimmung der
Kapitalrendite eines Unternehmens (ROI), bei der sich sowohl das eingesetzte Kapital als auch der Gewinn klar in Zahlen messen und ausdrücken lassen, kann man
die Erträge aus Marketingmaßnahmen oftmals nur schwer quantifizieren. So bereitet
es beispielsweise große Schwierigkeiten, die Wirkung von Werbemaßnahmen oder
von Aktivitäten im Bereich Public Relations zu messen. Es gibt deshalb derzeit noch
keine einheitliche Definition für den Marketing-ROI und kein allgemein akzeptiertes
Verfahren für seine Messung.
Die meisten Unternehmen entwickeln jedoch für die Messung der Wirkung ihrer
Marketingmaßnahmen Kennzahlensysteme, die sowohl eher qualitative (Image, Markenbekanntheit, Kundenzufriedenheit) als auch quantitative (Absatz, Umsatz, Marktanteil) Kriterien enthalten. Einige Unternehmen bilden solche Marketingkennzahlen auch grafisch in „marketing dashboards“ ab. Diese Darstellungen sollen dem
Marketing-Manager auf einen Blick die nötigen Informationen zur Bewertung und
Anpassung von Strategien und Maßnahmen liefern.
Neben den klassischen Messgrößen nutzt man immer häufiger kundenorientierte
Kennzahlen zur Bewertung von Marketinginvestitionen. Abbildung 3.9 zeigt ein
Modell, in dem beispielsweise Größen wie Kundennutzen, -zufriedenheit und -bindung sowie der Kundenwert zur Bestimmung des Marketingertrages herangezogen
werden.
Auch wenn das Konzept des Marketing-ROI derzeit noch nicht klar definiert und
operationalisiert ist, so wird seine Bedeutung in Zukunft steigen. Das Marketing sieht
195
3
Strategisches Marketing
Marketinginvestitionen
Marketingertrag
Steigerung von Kundennutzen und
Kundenzufriedenheit
Erhöhte Attraktivität
für Neukunden
Erhöhte
Kundenbindung
Kosten der Marketinginvestition
Steigerung von customer lifetime value und
Kundenwert (customer equity)
Kapitalrendite der Marketinginvestition
Abbildung 3.9: Die Marketingrendite
sich immer stärker der Forderung ausgesetzt, die Effizienz seiner Maßnahmen zu belegen.
3.5.6 Marketingkontrolle
Da auf dem Wege zur erfolgreichen Implementierung eines Marketingplans viele
Abweichungen und Überraschungen auftreten können, ist es notwendig, den Ablauf
konstant zu überwachen. Marketingkontrolle ist der Prozess der Messung und Bewertung der Ergebnisse eingesetzter Marketingstrategien und die Ergreifung von Korrekturmaßnahmen, um die Erreichung der Marketingziele sicherzustellen.
Zweckmäßigerweise erfolgt die Marketingkontrolle in vier Schritten (Abbildung 3.10). Die Unternehmensleitung hat spezifische Marketingziele vorgegeben.
Darauf basierend werden die tatsächlichen Leistungen im Markt gemessen und die
Ursachen eventueller Abweichungen zwischen erwarteten und tatsächlichen Ergebnissen untersucht. Schließlich wird die Unternehmensleitung Korrekturmaßnahmen
vornehmen, um die Lücke zwischen Ziel und Zielerreichung zu schließen. Das
mag im Einzelfall erfordern, die Aktionsprogramme oder sogar die Ziele zu verändern.
Die operative Kontrolle befasst sich damit, die Leistung zu überprüfen, die das
Unternehmen im Laufe eines Geschäftsjahres erbringt. Diese Leistung wird mit den
Planvorgaben des Jahresplans verglichen. Soweit möglich und nötig, werden dann
Korrekturen vorgenommen. Der Zweck der operativen Kontrolle ist die Sicherstellung
196
3.6 Marketingorganisation
Ziele
vorgeben
Was wollen wir
erreichen?
Leistung
messen
Was
geschieht?
Leistung
beurteilen
Abweichungen
gegenüber Plan –
warum?
Korrekturen
vornehmen
Was sollen
wir unternehmen?
Abbildung 3.10: Der Kontrollprozess
der Erreichung der im Jahresplan gesetzten Ziele. Sie umfasst auch die Ermittlung der
Rentabilität verschiedener Produkte, Gebiete, Märkte und Distributionskanäle.
Die strategische Kontrolle überprüft, ob die grundlegenden Strategien des Unternehmens mit den Geschäftschancen und den Stärken übereinstimmen. Marketingstrategien und -programme können sehr schnell veralten und den Erfordernissen der aktuellen Situation nicht mehr genügen. Aus diesem Grunde sollte jedes Unternehmen
seine Marketingstrategien in regelmäßigen Abständen einer Prüfung unterziehen. Das
in diesem Kapitel vorgestellte Marketing-Audit eignet sich nicht nur als Instrument
zur Marketingplanung, sondern auch als solches für die Marketingkontrolle.
3.6
Marketingorganisation
Jede Organisation benötigt Mitarbeiter, die die Marketinganalyse, die Marketingplanung, ihre Durchsetzung und Kontrolle ausführen können. In sehr kleinen Unternehmen kann vielleicht eine Person alle Marketingaktivitäten durchführen, in großen
werden sich mehrere Personen mit den Marketingaktivitäten beschäftigen müssen.
Dort gibt es zahlreiche Spezialisten: Verantwortliche für die einzelnen Marken und
Produkte, Außendienstmitarbeiter, Verkaufsleiter, Marktforscher, Werbeleiter und
andere Fachleute. Um große Marketingabteilungen besser führen zu können, haben
in den letzten Jahren einige Unternehmen die Position des Chief Marketing Officers
(CMO) geschaffen. Moderne Marketingorganisationen lassen sich anhand verschiedener Kriterien gliedern:
197
3
Strategisches Marketing
Funktionale Marketingorganisation
Die am häufigsten anzutreffende Form ist die funktionale Organisation des Marketing. Hier stehen Spezialisten jeweils einem Teilbereich vor: ein Verkaufsleiter, ein
Werbeleiter, ein Marktforschungsleiter, ein Kundendienstleiter, ein Leiter Produktentwicklung.
Geografische Marketingorganisation
Ein Unternehmen, das auf einem größeren Staatsgebiet oder international tätig ist,
nimmt häufig eine regionale Gliederung des Marketing vor. Länder, Regionen oder
Verwaltungsbereiche werden spezifisch betreut. Eine regionale Gliederung des Vertriebs ist oftmals sinnvoll, da die Außendienstmitarbeiter vor Ort leben, ihre Kunden
gut kennen und Reisezeit und Reisekosten minimieren können.
Produkt- oder markenorientierte Marketingorganisation
Unternehmen mit vielen sehr unterschiedlichen Produkten oder Marken führen häufig eine produkt- oder markenorientierte Organisation ein. Bei dieser Organisationsform ist jeweils ein leitender Mitarbeiter für die Strategie und das komplette Marketingprogramm einer Marke oder eines Produkts zuständig. Produktmanagement in
dieser Form gab es zum ersten Mal bei Procter & Gamble in den USA im Jahre 1929.
Eine Neueinführung auf dem Seifenmarkt, die Seife „Camay“, drohte ein Misserfolg
zu werden. Daraufhin erhielt ein junger Mitarbeiter den Auftrag, sich ausschließlich
um dieses neue Produkt zu kümmern. Seine Arbeit wurde ein großer Erfolg und das
Unternehmen übernahm das Konzept des Produktmanagers in vielen weiteren Bereichen. Von da ab führten zahlreiche Unternehmen, besonders in Branchen wie Lebensmittel, Kosmetik oder chemische Industrie, das System der Produkt- oder Markenverantwortlichen (product manager, brand manager) ein.
Markt- oder kundenorientierte Marketingorganisation
Für Unternehmen, die eine Produktlinie auf verschiedenen Märkten und an Kunden
verkaufen, die unterschiedliche Bedürfnisse und Präferenzen haben, bietet sich die
markt- oder kundenorientierte Organisation des Marketing an. Die marktorientierte
Organisation ähnelt der Produktorganisation. Ein Marktverantwortlicher verantwortet die Entwicklung von Marketingstrategien und -plänen für seinen Markt oder seine
Kunden. Der Hauptvorteil dieser Organisationsform ist, dass das Unternehmen entsprechend den Bedürfnissen spezifischer Kundensegmente organisiert ist.
Große Unternehmen, die eine Vielzahl von Produkten für unterschiedliche geografische Märkte und Kundengruppen herstellen, verwenden häufig eine Kombination
der funktionalen, geografischen, produktorientierten und marktorientierten Organisationsformen. Damit wird sichergestellt, dass jede Funktion, jedes Produkt und jeder
Markt genügend Aufmerksamkeit erhält. Andererseits kann dies zu erhöhten Managementkosten führen und die Flexibilität des Unternehmens einschränken. Dennoch
überwiegen die Vorteile einer Spezialisierung der Organisation.
198
Zusammenfassung
ZUSAMMENFASSUNG
Die strategische Planung befasst sich damit, eine Strategie für das langfristige
Überleben und Wachstum eines Unternehmens zu entwickeln. Das Marketing
trägt seinen Teil zur strategischen Planung bei und die strategische Planung weist
dem Marketing seine Rolle zu. Planungsaktivitäten lassen sich in drei große Gruppen einteilen:
Jahresplanungen
Langzeitplanung
strategische Planung
Die Vorgaben aus der strategischen Planung setzen den Rahmen für alle übrigen
Planungen im Unternehmen. Der Prozess der strategischen Planung besteht darin,
die Mission des Unternehmens festzulegen, Stärken und Schwächen zu erkennen,
das gesamte Umfeld zu verstehen, die Schwerpunkte innerhalb des Geschäftsportfolios zu setzen und die qualitativen und quantitativen Zielvorstellungen und
Pläne für die betrieblichen Funktionsbereiche zu entwickeln. Eine Aufgabe mit
hohen Ansprüchen ist es, eine schlüssige und geeignete Unternehmensmission
herauszuarbeiten. Sie sollte marktorientiert, realisierbar und motivierend sein
und sich insbesondere auf spezifische Stärken des Unternehmens stützen, um
damit dauerhaft eine optimale Position am Markt zu erreichen und abzusichern.
Pläne werden auf unterschiedlichen Ebenen entwickelt. Die Pläne höherer Ebenen enthalten Ziele und Strategien, die als Zielvorgaben in die nachgeordneten
Planungen eingehen. Auf jeder dieser Ebenen sollte ein strategisches Audit das
Unternehmen und sein Umfeld analysieren. Die daraus resultierenden Informationen werden mithilfe der SWOT-Analyse zusammengefasst, die die Stärken und
Schwächen des Unternehmens herausfiltert und die Chancen und Risiken aufzeigt.
Darüber hinaus erfordert die strategische Planung die Überprüfung des unternehmensspezifischen Geschäftsportfolios. Formale Portfolio-Analysen wie die
Marktwachstums-Marktanteils-Matrix der Boston Consulting Group oder das Planungsmodell von General Electric unterstützen das Management dabei, die einzelnen Geschäftseinheiten zu beurteilen und zu entscheiden, welche Bereiche
mehr oder weniger Ressourcen erhalten sollen. Manche Unternehmen nutzen
jedoch auch individualisierte Ansätze der Portfolio-Planung, die besser auf ihre
Situation zugeschnittenen sind.
Aus der Unternehmensmission und der Situationsanalyse lassen sich strategische Ziele ableiten und Wachstumschancen erkennen. Um die Wachstums- und
Gewinnziele zu erreichen, bieten sich grundsätzlich vier Strategien an, die in der
Produkt-Markt-Matrix aufgezeigt werden:
Marktdurchdringung
Marktentwicklung
Produktentwicklung
Diversifikation
199
3
Strategisches Marketing
Wenn die strategischen Zielvorstellungen und Ziele festgelegt sind, muss das
Management eine ganze Reihe funktionaler Pläne aufstellen, die die Aktivitäten
in den Bereichen Marketing, Finanzen, Produktion und in allen übrigen Abteilungen koordinieren. Jeder funktionale Bereich liefert wiederum Input für die strategische Planung. Jede Abteilung hat jedoch auch unterschiedliche Vorstellungen
darüber, welche Ziele und Aktivitäten die wichtigsten sind. Die Marketingabteilung stellt den Standpunkt des Konsumenten in den Vordergrund. MarketingManager sollten andererseits auch die Standpunkte der anderen Funktionsbereiche verstehen und mit den anderen Funktionen zusammenarbeiten, um ein System von Plänen zu entwickeln, das den übergeordneten strategischen Zielen am
besten entspricht.
Jedes Unternehmen muss Marketingpläne für seine Produkte, Marken und
Märkte vorbereiten. Bestandteile eines Marketingplans sind das Executive Summary, die aktuelle Marketingsituation, die SWOT-Analyse, Ziele und Einflussfaktoren, die Marketingstrategie, das Marketingprogramm, die Budgetierung und die
Marketingkontrolle.
Im Mittelpunkt der Marketingstrategie steht der Konsument. Da es viele Käufertypen mit unterschiedlichen Wünschen und Bedürfnissen gibt, teilt man den
Gesamtmarkt in einzelne Segmente auf, definiert ausgewählte Marktsegmente als
Zielsegmente und positioniert sein Angebot entsprechend.
Daraufhin wird ein Marketing-Mix entwickelt, der die Detailplanung für die
Instrumente der als „vier Ps“ bekannten Kategorien Produkt, Preis, Platzierung
und Promotion enthält.
Nahezu jede Marketingorganisation führt auch eine Marketingkontrolle durch.
Die operative Kontrolle besteht darin, dass das Erreichen der Planzahlen für
Umsatz und Gewinn überwacht wird. Daraus lassen sich die Gewinnanteile der
einzelnen Produkte, Regionen, Marktsegmente oder Vertriebswege ermitteln. Die
strategische Kontrolle prüft, ob die Ziele, Strategien und die Organisationsstruktur des Unternehmens mit dem Marketingumfeld übereinstimmen. Ein Instrument der strategischen Planung und Kontrolle ist das Marketing-Audit, das Marketingchancen und -probleme benennt und daraus kurz- und langfristige Aktionen empfiehlt, um eine optimale Unternehmensleistung zu erzielen.
Sich gute Strategien auszudenken, ist in der Regel leichter, als sie auszuführen.
Um schließlich Erfolg zu haben, müssen die ausgearbeiteten Strategien optimal
umgesetzt werden. Mit Implementierung beschreiben wir den Vorgang, der aus
Marketingstrategien konkrete Marketingaktionen macht. Als Schlüsselelemente
für die erfolgreiche Implementierung der Marketingstrategie können folgende
Faktoren genannt werden:
1.
2.
3.
4.
5.
Aktionsprogramm
Organisationsstruktur
Anreizsystem
Mitarbeiter
Unternehmenskultur
Der größte Teil der Verantwortung für die erfolgreiche Umsetzung liegt bei der
Marketingabteilung. Für die Organisation des Marketing gibt es mehrere Möglich-
200
Zusammenfassung
keiten. Am weitesten verbreitet ist die funktionale Marketingorganisation, in der
einzelne Marketingfunktionen von Managern geleitet werden, die wiederum an
den Marketingdirektor berichten. Andere Unternehmen benutzen eine regionale
Organisationsstruktur, innerhalb derer sich Außendienst, Verkauf oder andere
Funktionen entsprechend geografischer Gebiete spezialisieren. Eine weitere Variante ist die Produktmanagement-Organisation, bei der Produkte oder Marken einzelnen Produktmanagern zugeordnet werden, deren Aufgabe es ist, ihr Produkt
oder ihre Marke zu fördern. Für Unternehmen, die eine Produktlinie auf verschiedenen Märkten und an Kunden verkaufen, die unterschiedliche Bedürfnisse und
Präferenzen haben, bietet sich die markt- oder kundenorientierte Organisation
des Marketing an. Hier verantwortet der einzelne Mitarbeiter die Entwicklung
von Marketingstrategien und -plänen für seinen Markt oder seine Kunden. Mit
der Größe einer Organisation steigt die Wahrscheinlichkeit, dass man eine Kombination der genannten Gliederungsebenen antrifft.
ANREGUNGEN ZUR DISKUSSION
1. Was sind die Vorteile eines langfristigen Plans? Warum sollte sich die Unternehmensleitung unbedingt die Zeit nehmen, einen langfristigen Plan aufzustellen, der jedes Jahr überarbeitet wird? Sollte man ihn aufstellen, auch wenn
neue Realitäten wie zum Beispiel E-Commerce oder eine wirtschaftliche Krise
die Ausgangspositionen schnell verändern können?
2. Viele Unternehmen geben ein Marketing-Audit in Auftrag, um Stärken und
Schwächen im Verhältnis zu den Konkurrenten festzustellen, insbesondere in
Bezug auf die Chancen und Risiken aus dem Umfeld. Warum ist es wichtig,
dass solch eine Analyse vor allem die relativen, nicht nur die absoluten Stärken
und Schwächen des Unternehmens aufzeigt?
3. Ein Hersteller von Unterhaltungselektronik muss feststellen, dass der Absatz
bei Digitalkameras, einer seiner Hauptproduktlinien, stagniert. Offensichtlich
nähert sich dieser Markt einem Sättigungszustand. Welche Wachstumsstrategien kann das Unternehmen jetzt für diese Produktlinie anwenden?
4. Das Raster für strategische Unternehmensplanung nach General Electric bietet
eine breite Übersicht, die bei der strategischen Entscheidungsfindung hilfreich
sein kann. Für welche Arten von Entscheidungssituationen ist dieses Raster
besonders geeignet? Für welchen Typ einer strategischen Entscheidung ist es
nicht sehr geeignet?
5. Durch die verzögerte Einführung der PlayStation 3 hat Sony Marktanteile an
die innovative Wii von Nintendo, die auch bei jungen Mädchen sehr beliebt
ist, verloren. Wie kann Sony den Markt neu segmentieren und die PlayStation
neu positionieren, um Marktanteile zurückzuerobern?
201
3
Strategisches Marketing
ANWENDUNG DER KONZEPTE
1. Denken Sie über den Stadtteil, in dem Sie wohnen, nach. Nehmen wir an, Sie
wollten dort ein Geschäft eröffnen und suchen nun nach einer herausragenden Gelegenheit, sich mit einem Restaurant, einem Modegeschäft oder einem
Musikgeschäft selbstständig zu machen.
Gibt es bei Ihnen im Umfeld eine Gelegenheit, um ein Geschäft, das sich
von den anderen abhebt und Erfolg verspricht, zu eröffnen? Beschreiben
Sie Ihren Zielmarkt und was Sie anders machen würden als die gegenwärtig
dort vorhandenen Geschäfte!
Welchen Marketing-Mix würden Sie anwenden?
2. Nehmen Sie ein Produkt oder eine Dienstleistungsorganisation, die Sie gut
kennen! (Sie können auch Ihre Hochschule wählen.)
Welches sind die wichtigsten externen Chancen und Risiken, denen sich
diese Organisation gegenübersieht?
Welches sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Stärken und Schwächen
dieser Organisation?
Schlagen Sie Lösungen vor, wie diese Organisation auf die externen Bedrohungen reagieren könnte.
Empfehlen Sie eine mögliche Marketingstrategie, die sicherstellt, dass die
Organisation ihre internen Fähigkeiten bezüglich der bestehenden Chancen
optimal nutzt.
Literatur und Quellen
Weiterführende Literatur auf Deutsch
Backhaus, Klaus; Schneider, Helmut: Strategisches Marketing, Stuttgart 2007.
Bea, Franz X.; Haas, Jürgen: Strategisches Management, Stuttgart 2005.
Becker, Jochen: Marketing-Konzeption, München 2009.
Benkenstein, Martin: Strategisches Marketing, Ein wettbewerbsorientierter Ansatz,
3. Aufl., Stuttgart 2009.
Grant, Robert M.; Nippa, Michael: Strategisches Management. Analyse, Entwicklung
und Implementierung von Unternehmensstrategien, 5. Aufl., München 2006.
Hungenberg, Harald: Strategisches Management in Unternehmen: Ziele – Prozesse –
Verfahren, 5. Aufl., Wiesbaden 2008.
Welge, Martin K.; Al-Laham, Andreas: Strategisches Management, Wiesbaden 2007.
202
Literatur und Quellen
Zusätzliche Quellen der deutschen Bearbeitung
Die hier aufgeführten Webseiten finden Sie als Linksammlung auf der Companion
Website unter www.pearson-studium.de.
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2005), S. 29.
Hochschule Darmstadt, Webseite der Hochschule Darmstadt unter: www.h-da.de
[30. 09. 2009].
Inditex, Webseite von Inditex unter: www.inditex.com [30. 09. 2009].
Inditex, Annual Report 2007; Webseite von Inditex unter: www.inditex.com
[30. 09. 2009].
Mazaira, A.; González, E.; Avendaño, R.: „The role of market orientation on company
performance through the development of sustainable competitive advantage“: the
Inditex-Zara case, in: Marketing Intelligence & Planning, (21) 4, 2003, S. 220–229.
McGinnis, Tracy B.: „Coffee going quick“ (05. 12. 2005), Webseite unter:
www.qsrweb.com/article.php?id=527 [30. 09. 2009].
o. V.: „Starbucks and United Airlines Enter Into Three-Year Supply and Cooperative
Marketing Agreement“ (18. 08. 2004), Webseite unter:
www.industrypages.com/artman/publish/Industry News 4479.stm [30. 09. 2009].
o. V.: „Starbucks soll aus der verbotenen Stadt verschwinden“, in: Spiegel Online
(19. 01. 2007), Webseite unter: www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,460884,00.html
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