Luxation - Humanomed

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Schulterinstabilität – Luxationen
Univ.Doz. Dr. Georg Lajtai
1. Was ist eine Schulterverrenkung?
Was bedeutet eine instabile
Schulter?
verstanden. Dabei rutscht der Oberarmkopf aus
seiner Gelenkspfanne, die vom Schulterblatt
gebildet wird. Zumeist kugelt der Oberarmkopf
nach vorne unten aus. Es gibt Menschen, die
sehr laxe und dehnbare Bänder haben und daher
Das Schultergelenk ist ein Kugelgelenk. Es setzt
auch ohne einen Unfall oder eine besondere
sich zusammen aus dem Oberarmkopf und der
Krafteinwirkung die Schulter verrenken können.
flachen Gelenkspfanne des Schulterblattes.
An deren Rand verläuft eine faserknorpelige
Gelenklippe, das Labrum glenoidale, welche die
Gelenksfläche vergrößert und den Oberarmkopf
umschließt und der Gelenkkapsel als Ansatz dient.
Muskulär wird das Gelenk durch die
Rotatorenmanschette, eine Gemeinschaft von
vier Muskeln, umspannt.
Das Schultergelenk ist das Gelenk mit der
größten Beweglichkeit im menschlichen Körper.
Diese hohe Beweglichkeit ist sowohl durch
die Gleitfähigkeit des Schulterblattes auf dem
Brustkorb, als auch durch den deutlichen
Größenunterschied der beiden Gelenkkörper
(Oberarmkopf und Gelenkspfanne) bedingt. Der
Nachteil dieser hohen Beweglichkeit liegt in der
vergleichsweise geringen Stabilität des Gelenks.
Die knöcherne Gelenkspfanne, das Glenoid, bietet
dem Oberarmkopf nur wenig Halt und erst durch
das umlaufende Labrum glenoidale entsteht
eine Gelenkpfanne mit einer signifikanten
Tiefe. Zudem schützt es die Knochenkante des
Glenoids und vergrößert die Gelenksfläche. Das
Zusammenspiel von knöchernen, muskulären
und kapsulären Anteilen führt schließlich zur
Stabilität des Schultergelenkes.
Unter einer Luxation wird eine Verrenkung,
das heißt Auskugelung des Schultergelenkes,
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Nach einer traumatischen Verrenkung sind
die Bänder und die Gelenkskapsel gerissen
oder gezerrt, wodurch eine Instabilität nach
Reponierung (Zurückbringen des Oberarmkopfes
in die Pfanne) entstehen kann. Wenn die Lippe
am Gelenksrand einreißt (=Bankart Läsion), dann
kann der Oberarmkopf dort leichter wieder aus
dem Gelenk rutschen und die Schulter verrenkt
sich erneut. Entweder verrutscht der Kopf in
der Pfanne nur ein wenig (=Subluxationen) oder
er verliert gänzlich den Kontakt zur Pfanne
(=wiederkehrende
vollständige
Luxation).
Bei Luxationen kann auch der Pfannenrand
brechen (knöcherne Bankartverletzung). Eine
weitere Möglichkeit der Schädigung ist durch
das Einhaken des Oberarmes am Pfannenrand
gegeben, es entsteht eine Delle (Hill Sachs Delle).
Weiters können bei Verrenkungen auch noch die
Rotatorenmanschette (v.a. bei Patienten über
40 Jahren), das hintere oder das obere Labrum
(SLAP Läsion) bzw. auch die Kapselbänder (v.a.
IGHL) zeitgleich einreißen und für zusätzliche
Probleme sorgen.
3. Welche Symptome können auftreten?
Bei einer akut auftretenden Luxierung klagt
der Patient meist über massive Schmerzen
bei Bewegungen im Schultergelenk. Nach
einer
Reposition
sind
die
betroffenen
Patienten in der Regel schmerzfrei oder
haben nur gering ausgeprägte Schmerzen. Die
Schmerzsymptomatik kann bei dieser Art der
Verletzung individuell unterschiedlich sein,
abhängig auch von Begleitverletzungen.
Die Befürchtung, durch eine unwillkürliche
Bewegung wieder eine schmerzhafte Verrenkung
zu verursachen, zwingt die Patienten zu einer
Schonhaltung, die zu Verspannungen im
Halswirbelsäulen- und Schultergürtelbereich
führen kann. Bei längerem Bestehen der
Schonhaltung im Schultergelenk kann dadurch
auch eine Bewegungseinschränkung resultieren.
Schmerzen im Schultergelenk können durch
Verletzung von Blutgefäßen und die daraus
resultierende Schwellung verstärkt auftreten. Bei
Gefühlsstörungen oder Lähmungserscheinungen
im Bereich des Musculus deltoideus, vor allem
während und nach Verrenkungen ist ein Zeichen
für eine Zerrung des Nervus axillaris. Sollten
2. Arten der Instabilität:
derartige neurologische Defizite des Nervus
axillaris nach einer Schulterluxation auftreten,
Luxationen im Schultergelenk kommen bei etwa
muss unbedingt eine neurologische Abklärung
1.7% der Bevölkerung zwischen 18-70 Jahren vor.
der Nerven durchgeführt werden.
Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Am
häufigsten ist die vordere Schulterinstabilität
(95%).
Hintere
Schulterinstabilität
und
multidirektionale Instabilitäten (hierbei handelt 4. Diagnostik der Instabilität
es sich um eine Luxationstendenz in mehr als
Neben der genauen, durch die betreuenden
eine Richtung) sind bei weitem seltener.
Schulterspezialisten durchgeführten klinischen
Untersuchung, bei der verschiedene Tests
angewandt werden, sind weiterführende
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Untersuchungen und Diagnostik sinnvoll.
Spezielle Tests zeigen dem untersuchenden
Arzt die Art der Instabilität. Ein Röntgen
der Schulter sollte bei Verdacht auf eine
Luxation standardmäßig durchgeführt werden.
Abriss des Labrums und/oder Muskeln der
Rotatorenmanschette, Impressionsfrakturen und
Gelenkabsprengungen können jedoch nur mit
einer erweiterten Schnittbildidagnostik verifiziert
werden. Dabei kommen Computertomographie
und Magnetresonanztomographie zum Einsatz.
5. Behandlung einer Verrenkung
Eine ausgekugelte Schulter sollte von einem Arzt
nach einer Röntgenkontrolle zum Ausschluß
eines
Bruches
im
Oberarmkopfbereich
möglichst schnell wieder eingerenkt werden
(Repositionsmanöver nach Matsen, Hippokrates
oder Arlt). Je länger der Zeitraum zwischen
Luxation und Reposition ist, desto schwieriger
wird es, die Schulter wieder in ihre korrekte
Position zu bringen. Manchmal ist dafür auch
eine Narkose notwendig, da so die Muskulatur
durch Medikamente entspannt (relaxiert) werden
kann. Bei wiederkehrenden Verrenkungen und
chronisch instabilem Schultergelenk können
Patienten manchmal selbst das ausgekugelte
Gelenk
wieder
reponieren.
Anschließend
sollte eine Röntgenkontrolle durchgeführt
werden, um etwaige knöcherne Verletzungen
des Pfannenrandes und des Oberarmkopfes
zu dokumentieren. Eine MRT-Kontrolle zum
Aufzeigen von Labrumverletzungen sollte
ebenfalls veranlasst werden. Anschließend
erhält der Patient einen Schulterarmverband
zur Ruhigstellung für mindestens 3 Wochen
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mit begleitender passiver und aktiv assistierter
Physiotherapie, bis die gezerrte Gelenkskapsel
wieder in den Ausgangszustand geschrumpft ist.
Meist lässt sich so aber keine 100%ige Stabilität
erreichen. Außenrotationen bei gleichzeitiger
Abduktion (z.B. das Liegen mit Händen hinter
dem Kopf) sollte vermieden werden.
6. Operative Möglichkeiten zur
Behandlung von instabilen Schultern
Operativ versorgt werden müssen: nicht
reponierbare
Luxationen,
verschobene
Knochenfragmente,
Oberarmkopffrakturen,
wiederkehrende absolute Schulterinstabilitäten
und
Rotatorenmanschettenrupturen.
Die
Indikation einer Operation hängt auch vom
funktionellen Bedarf der Schulter des Patienten
ab. Bei Patienten, welche häufig Überkopfarbeiten
bei gleichzeitiger Abduktion ausführen müssen,
sowie bei Sportlern kann eine Operationsindikation
schon bei geringen Instabilitäten gestellt werden.
In offener oder arthroskopischer Operation
wird die instabile Schulter mittels anatomischer
Refixation
des
Kapsel-Labrumkomplexes
mit Dübeln und Fadenankern sowie durch
Anschrauben der abgesprengten Pfannenränder
wieder in ein stabiles Gelenk überführt. Falls
durch diese sogenannte Bankart-Operation
kein stabiles Ergebnis erzielt werden kann,
bleibt als weitere operative Option die Raffung
des ventralen Kapselkomplexes, ein Versetzen
des Rabenschnabelfortsatzes und der daran
ansetzenden Sehnen des Muskeln (kurze
Bizeps und coracobrachialis) an den vorderen
Pfannenrand zur Stabilisierung des vorderen
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Schultergelenkes (Operation nach Laterjet).
Die Erfolgschancen sind heutzutage sehr gut,
sodass etwa 95% der Stabilisierungsoperationen
Erfolg haben.
7. Nachbehandlung
Anfänglich
erhält
der
Patient
einen
Schulterarmverband zur Schonung der Schulter
für 6 Wochen. Passive und aktiv assistierte
Physiotherapie zum Erhalt der Beweglichkeit
wird sofort postoperativ begonnen, jedoch
sollte eine Abduktion und gleichzeitige
Außenrotation des Armes vermieden werden.
Ebenso darf der Arm zu Pendelübungen aus der
Schlinge genommen werden. Bei gleichzeitigen
Rotatorenmanschettenrekonstruktionen
kann
ein Abduktionspolster zum leicht abgespreizt
fixierten Arm verordnet werden.
Anschließend sind leichte Arbeiten und sportliche
Aktivitäten möglich. Kontaktsportarten und
Wurfbewegungen, sowie stärkere Belastungen
und Überkopfarbeiten sollten aber erst nach 3
Monaten ausgeführt werden. Als Komplikation
ist vor allem das Wiedekehren einer Luxation
als Zeichen der Instabilität, aber auch die
Entzündung der Gelenkskapsel und die daraus
resultierende Bewegungseinschränkung der
Schulter anzusehen.
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