GIST - Dr. Falk Pharma GmbH

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Falk
Gastro-Kolleg
Oberer
GI-Trakt
PD Dr. R. Fischer
Diagnostik und Therapie von
Medizinische Klinik II
Albert-Ludwigs-Universität
gastrointestinalen Stromatumoren Freiburg
Str. 55
B
CHugstetter
79106
Freiburg
(GIST)
Zusammenfassung
Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) sind die häufigsten Weichteilsarkome des
Gastrointestinaltrakts, von denen sie sich durch aktivierende Mutationen des KIT-Rezeptors
oder des PDGF-Rezeptors unterscheiden. GIST sind sehr strahlen- und chemotherapie­
resistent, und die Operation ist die einzige kurative Option. Die Entwicklung des ziel­
gerichteten Tyrosinkinase-Inhibitors Imatinib (Glivec®), der beide Rezeptoren blockiert,
verbessert die Prognose von Patienten mit metastasierten GIST signifikant und erzielt in
der neoadjuvanten Situation häufig eine sekundäre Operabilität. Seit Kurzem wird
Imatinib in der adjuvanten Situation für GIST mit intermediärem und hohem Rezidivrisiko empfohlen. Nach Imatinib-Versagen steht mit Sunitinib (Sutent®) eine effektive
Zweitlinien­therapie des fortgeschrittenen inoperablen GIST zur Verfügung. Weitere
medikamentöse Therapieoptionen sind in Entwicklung.
Schlüsselwörter
Gastrointestinale Stromatumoren | GIST | c-Kit | PDGFR-α | platelet-derived
growth factor receptor-α | Glivec® | Imatinib | Sutent® | Sunitinib
Fragebeantwortung unter
www.falkfoundation.de
Falk Gastro-Kolleg
Titelbild:
Endoskopisches Bild eines GIST des Magens mit zentraler Nekrose und konsekutiver Blutung
37
Diagnostik und Therapie von gastrointestinalen
Stromatumoren (GIST)
1. Historie und Definition von GIST
Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) wurden in der früheren Literatur den Leiomyomen, Leiomyoblastomen und Leiomyosarkomen zugeordnet. Elektronenmikroskopische Untersuchungen in den 60er-Jahren zeigten jedoch, dass typische Merkmale
von glatten Muskelzellen in GIST häufig fehlten, wohingegen Strukturen, ähnlich
­denen von autonomen Nerven, zunehmend beschrieben wurden. Die immunhistochemischen Methoden in den frühen 80er-Jahren belegten eine eher neuroektodermale Differenzierung, und mit der Entdeckung der regelmäßigen Expression des
Stammzellmarkers und Wachstumsrezeptors CD117 (c-Kit) 1998 konnte die Entität
„GIST“ definiert werden. Weitere Arbeiten zeigten eine „gain-of-function“-Mutation im
c-Kit-Gen bei etwa 90% der Patienten, welche zu einer Daueraktivierung des Rezeptors c-Kit führt. In etwa 70% der Fälle ist das Exon 11, in etwa 15% das Exon 9 betroffen,
seltener Exon 13 und 17. Etwa 5% der GIST weisen keine aktivierende Mutation im
c-Kit-Gen auf („Wildtyp-Gen“) und sind immunhistochemisch c-Kit-negativ; diese GIST
haben in der Regel Mutationen des Wachstumsrezeptors PDGFR-α (platelet-derived
growth factor receptor-α) im Exon 18 (selten Exon 12 oder 14) und sind in der Regel
im Magen lokalisiert.
P GIST weisen fast immer eine Aktivierung des Wachstumsrezeptors c-Kit auf.
2. Epidemiologie von GIST
Während nur etwa 5% aller Sarkome GIST entsprechen, stellen GIST ca. 80% aller mesenchymalen Tumoren des Gastrointestinaltrakts dar. Die jährliche Inzidenz von GIST in
Europa wird auf etwa 15/1 Mio. Einwohner geschätzt, mit einer Prävalenz von etwa
129/1 Mio. Einwohner. Eine objektive Zunahme der Erkrankungsinzidenz wird nicht
beschrieben. Somit ist für Deutschland von ca. 1200 Neuerkrankungen/Jahr auszugehen. Das Erkrankungsalter ist typischerweise zwischen dem 55. und 65. Lebensjahr,
extrem selten sind GIST bei Kindern. GIST sind fast immer sporadisch, und familiäre
GIST-Syndrome (z. B. Neurofibromatose) selten. GIST können ubiquitär im Gastrointestinaltrakt einschließlich Harnblase und Mesenterium auftreten, jedoch sind die häufigsten Lokalisationen im Magen (60%), Dünndarm (25%), Dickdarm (10%) und Ösophagus (5%) zu finden. Magen-GIST haben eine signifikant bessere Prognose als
extragastrische GIST. In der Regel wachsen GIST verdrängend und nicht lokal infiltrierend, jedoch liegt eine primäre Metastasierung in 15–47% der Fälle vor. Lymphknotenmetastasen sind selten, hingegen werden vor allem Lebermetastasen und Peritonealmetastasen beschrieben. Im Gegensatz zu anderen Sarkomen werden Lungenund Knochenmetastasen erst spät und selten im Erkrankungsverlauf manifest.
Hirnmetastasen sind eine Rarität.
P GIST sind seltene mesenchymale
Sarkome des Gastrointestinaltrakts, die
am häufigsten im Magen vor­kommen.
Metastasen sind oft hepatisch oder
peritoneal, selten lymphatisch
oder pulmonal.
Risikofaktoren sind nicht bekannt, weshalb weder Früherkennungsuntersuchungen
noch vorbeugende Maßnahmen beschrieben sind.
3. Klinik
Etwa ein Drittel aller GIST werden zufällig im Rahmen von Endoskopien, radiologischen Untersuchungen oder Operationen entdeckt. Die meisten GIST verursachen
unspezifische abdominelle Beschwerden, Stuhlunregelmäßigkeiten und nicht selten
(10–25%) gastrointestinale Blutungen. Fortgeschrittene Erkrankungen werden durch
tastbare Tumoren und Allgemeinsymptome wie Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit
und Anämie symptomatisch.
P GIST sind oft asymptomatisch
und werden daher häufig erst
im Spätstadium diagnostiziert.
38
4. Diagnose
Endoskopie und bildgebende Verfahren
Die Diagnose wird histologisch gestellt, und die wichtigste nicht-invasive Methode
zur Histologiegewinnung ist die endoskopische Untersuchung, verbunden mit der
Endosonografie. Endoskopisch ist typischerweise eine submuköse Raumforderung
darstellbar, häufig mit zentraler Einziehung und Ulzeration bei ansonsten unauffälliger
Schleimhaut, die oft Ursache von Blutungen ist (Titelbild, Abb. 1).
AAA
BBB
P Die Diagnose von GIST wird
histologisch gestellt.
Endoskopisch ist eine submuköse
Raumforderung mit zentraler
Nekrose typisch.
Abb. 1
CCC
Endoskopisches Bild eines GIST des Magens mit zentraler Nekrose (A) und GIST des Jejunums (B)
mit dazugehöriger Röntgendurchleuchtung (C)
© Dr. Schwacha, Universitätsklinik Freiburg
Die Endosonografie zeigt häufig einen aus der 2. oder 4. echoarmen Schicht (Lamina
muscularis mucosae bzw. muscularis propria) hervorgehenden Tumor bei erhaltener
Wandschichtung mit guter Abgrenzbarkeit zu umliegenden Geweben und, im Gegensatz zu Karzinomen, selten infiltrativem Wachstum (Abb. 2).
Abb. 2
P GIST wachsen nicht infiltrierend;
submuköse Raumforderungen des
Ösophagus < 2 cm können endo­
skopisch kontrolliert werden.
Endosonografisches Bild
eines GIST des Ösophagus,
ausgehend von der Muscularis propria, ohne Infiltra­
tion oder Aufhebung der
Wandschichtung
© PD Dr. Spangenberg,
Prof. Dr. Thimme,
Universitätsklinik Freiburg
Im Ösophagus sind mesenchymale Tumoren (submuköse Raumforderungen) in der
Regel Leiomyome und nur selten GIST. Bei GIST < 2 cm ist eine erfolgreiche Biopsieentnahme endoskopisch häufig schwierig, und oft kann nur mittels Laparoskopie/
Laparotomie eine aussagekräftige Probe gewonnen werden. Viele dieser kleinen Tumoren sind jedoch „low-risk“-GIST oder andere nicht-maligne Entitäten (v. a. im Ösophagus), weshalb bei submukösen Raumforderungen < 2 cm engmaschige endoskopisch-endosonografische Verlaufskontrollen den Standard gemäß ESMO-Leitlinien
(2008) darstellen. Eine Ausnahme hiervon stellen rektale Tumoren dar, deren zugrunde liegende Genese aufgrund höherer Aggressivität und chirurgischer Problematik
diagnostiziert werden sollte. Bei endoskopisch nicht erreichbaren, z. B. peritonealen
Raumforderungen ist die perkutane/endosonografische Nadelbiopsie indiziert. Zum
Staging wird zusätzlich eine Schnittbildgebung empfohlen, hierfür eignet sich sowohl
das Kontrastmittel-CT als auch -MRT. Ein GIST zeigt typischerweise eine definierte vaskularisierte Raumforderung, ggf. mit zentraler Nekrose oder Einblutung. Mittels FDG39
Positronenemissionstomografie (PET) lässt sich der Glukosemetabolismus von Ge­
weben darstellen. GIST sind im FDG-PET in der Regel stark positiv, weshalb sich das
FDG-PET gut zur Erfolgskontrolle medikamentöser Therapien eignet.
P GIST sind im FDG-PET positiv.
Labordiagnostik und Histologie
GIST werden histologisch in den Spindelzelltyp (70%), Epitheloidzelltyp (20%) oder
gemischtzelligen Typ (10%) eingeteilt, wobei kein Zusammenhang zu c-Kit-Mutationen oder Therapieansprechen und Prognose bekannt ist. C-Kit ist in 95% der Fälle
positiv (Abb. 3), CD34 in 60–70% und SMA (smooth muscle actin) in 30–40%.
Abb. 3
B
A
P Wesentlich für die Malignitätsbeur­
teilung von GIST ist der Mitose-Index.
Immunhistochemie eines GIST mit c-Kit (CD117), Epitheloidzelltyp (A); HE-Färbung eines GIST
vom Spindelzelltyp (B)
© Prof. Dr. Schmitt-Gräff, Universitätsklinik Freiburg
Wesentlich für die Malignitätsbeurteilung ist neben der Tumorgröße der sog. Mitotische Index, der die Anzahl von Mitosen auf 50 HPF (high power fields) angibt. Die
Mutationsanalyse von c-Kit und PDGFR-α wird empfohlen, da diese häufig von prognostischer und therapeutischer Relevanz ist.
Klassifikation von GIST und Prognose
Zur Beurteilung der Aggressivität werden GIST nach Größe, Mitotischem Index und
Lokalisation in Risikogruppen von „sehr niedrig“ bis „hoch“ unterschieden (Tab. 1).
Tab. 1
Risikostratifizierung von GIST
Tumoreigenschaften
Progressionsrisiko
Mitotischer Index
Tumorgröße (cm)
Magen
Dünndarm/andere
Lokalisation
< 5 auf 50 HPF
≤2
sehr niedrig
sehr niedrig
>2≤5
sehr niedrig
niedrig
> 5 ≤ 10
niedrig
intermediär
> 10
intermediär
hoch
≤2
sehr niedrig
intermediär
>2≤5
intermediär
hoch
> 5 ≤ 10
hoch
hoch
> 10
hoch
hoch
≥ 5 auf 50 HPF
P GIST werden je nach Größe,
Mitotischem Index und Lokalisation
in unterschiedliche Malignitätsgruppen unterteilt.
WHO 2002, modifiziert nach Hornick/Fletcher 2007
40
Während Tumoren mit „sehr niedrigem“ Progressionsrisiko praktisch nicht metastasieren und nach Tumorresektion nicht rezidivieren, ist bei Tumoren mit „hohem“ Progressionsrisiko eine Heilung durch alleinige Operation unwahrscheinlich. Im Durchschnitt
liegt trotz kompletter (R0) Resektion das 5-Jahres-Überleben bei etwa 45%, bei etwa
einem Drittel kommt es zu Lokalrezidiven, bei etwa 50% zu Fernmetastasen, meistens
innerhalb der ersten 12 Monate postoperativ. Aktuelle Studien zeigen, dass der c-KitMutationsstatus gleichfalls prognostische Relevanz aufweist. Während Exon-11-Mutationen eine günstige Prognose aufweisen, sind Mutationen im Exon 9 oder bestimmte
Deletionen im Exon 11 mit einer schlechteren Prognose vergesellschaftet. Das durchschnittliche Überleben von nicht therapierten Patienten mit rezidivierten oder metastasierten GIST liegt bei 6–20 Monaten.
5. Stadiengerechte Therapie gastrointestinaler Stromatumoren
Lokalisierte Erkrankung
Die einzige kurative Therapie von GIST ist die vollständige operative Resektion (R0) mit
2 cm Sicherheitsabstand ohne Verletzungen des Tumors. In seltenen Fällen, mit niedrigmalignen GIST, kann auch eine R1-Resektion sinnvoll sein. Bei kleinen GIST des
­Magens wird eine Wedge-Resektion empfohlen, während Segmentresektionen für
­lokalisierte intestinale GIST empfohlen werden. Aufgrund der sehr seltenen Lymphknotenmetastasierung wird generell auf eine Lymphadenektomie verzichtet. Ist eine
primäre Operation nicht möglich, so ist eine neoadjuvante Therapie mit Imatinib
­indiziert. Ob auch primär operable Patienten von einer neoadjuvanten Therapie mit
Imatinib profitieren, wird in aktuellen Studien geprüft. Zwar liegen die Ansprechraten
der neoadjuvanten Imatinib-Therapie bei 80–90%, jedoch sollte aufgrund der unterschiedlichen Tumorresponse in Abhängigkeit vom c-Kit-Mutationsstatus, dieser vorher bestimmt werden. Die optimale Dauer der neoadjuvanten Therapie sollte etwa
6–12 Monate mit 400–800 mg Imatinib/Tag betragen, wobei sich die Dosierung und
die Therapiedauer nach dem c-Kit-Mutationsstatus und der operativer Notwendigkeit
richten sollten. Um möglichst frühzeitig Non-Responder identifizieren zu können,
kann bereits ab 1 Monat nach Therapiebeginn eine FDG-PET-Untersuchung durchgeführt werden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Tumoransprechen vorhersagen
kann.
P Die Operation ist das einzige kurative
Verfahren bei GIST. Inoperable GIST
sollten mit Imatinib neoadjuvant
behandelt werden.
Trotz kompletter Resektion liegt das krankheitsfreie 5-Jahres-Überleben nur bei etwa
40–60%; das Risiko eines Rezidivs lässt sich nach der Tumorklassifikation (Tab. 1) abschätzen. Mehrere Studien bestätigen einen deutlichen Vorteil einer adjuvanten Therapie von GIST mit Imatinib (400 mg/Tag) über 12 Monate mit rückfallfreien 1-JahresÜberlebensraten von 97% vs. 83% in der Kontrollgruppe. Daher ist die Zulassung
von Imatinib zur adjuvanten Therapie in Europa von der EMEA (European Medicines
Agency) im März 2009 befürwortet worden. Die optimale Zeitdauer der adjuvanten
Therapie wird in aktuellen Studien untersucht. Empfohlen wird die Therapie für intermediäre und Hochrisiko-GIST.
P Intermediäre und Hochrisiko-GIST
sollten 12 Monate adjuvant mit
Imatinib behandelt werden.
Fortgeschrittene Erkrankung
GIST sind nicht sensibel auf Strahlen- oder Chemotherapie mit den klassischen Zytostatika, die zur Behandlung von Sarkomen eingesetzt werden. Bis vor wenigen Jahren
waren nur operative Optionen verfügbar. Imatinib (Glivec®) ist ein Tyrosinkinase-Inhibitor, der die Rezeptor-Tyrosinkinasen c-Kit, PDGFR-α, Abl und Bcr-Abl kompetitiv
hemmt und somit eine Wachstumsinhibition sowie Apoptoseinduktion in Tumor­
zellen mit entsprechender Überaktivierung bewirkt. Zugelassen ist Imatinib zur Erst­
linientherapie von GIST und der chronischen myeloischen Leukämie. In einer Dosierung von 400 mg/Tag führt Imatinib bei ca. 80% der Patienten zur Tumorstabilisierung
und bei ca. 45% der Patienten zu einer messbaren Tumorregredienz. Das 2-JahresÜberleben unter Therapie beträgt ca. 75–80%; das Gesamtüberleben steht in vielen
­Studien noch aus und liegt in der Größenordnung von 3,5–5 Jahren (vs. 6–20 Monaten ohne Therapie). Das Ansprechen von GIST hängt dabei von der c-Kit-Mutation ab;
während Patienten mit Exon-11-Mutationen eine objektive Ansprechrate von 84%
P Definitiv inoperable GIST werden bis
zur Progression mit Imatinib behandelt.
Bei Tumorprogression wird die Dosis
von Imatinib von 400 mg/Tag auf
800 mg/Tag erhöht.
41
P GIST mit einer c-Kit-Mutation
im Exon 9 werden mit 800 mg
Imatinib pro Tag behandelt.
aufweisen, ist bei Patienten ohne c-Kit-Mutation keine objektive Tumorregredienz zu
erwarten (wohl aber eine Tumorstabilisierung). Patienten mit Exon-9-Mutation haben
eine etwa 45%ige Tumoransprechrate; eine Dosissteigerung von Imatinib auf 800 mg/
Tag führt bei dieser Mutation zu einer deutlich verbesserten Tumorkontrolle. Inoperable GIST sollten daher bis zur Tumorprogression eine Therapie mit Imatinib (400 mg/
Tag; bei bekannter Exon-9-Mutation 800 mg/Tag) erhalten. Die Therapie sollte kontinuierlich ohne Unterbrechung durchgeführt werden. Bei Tumorprogression sollte primär eine Dosiseskalation von Imatinib auf 800 mg/Tag durchgeführt werden. Wenn
nur einzelne, lokalisierte Tumormanifestationen progredient sind, sollten diese nach
Möglichkeit operiert und die Imatinib-Therapie fortgesetzt werden.
Im Allgemeinen wird Imatinib gut vertragen, und die meisten Nebenwirkungen
­nehmen mit der Behandlungsdauer ab. Typische Nebenwirkungen sind Flüssigkeitsretention mit peripheren Ödemen/Augenlidödemen (74%), welche auf Diuretikagabe
meist gut ansprechen, Diarrhö (44%) und Übelkeit (52%) sowie Asthenie, Myalgien
(39%) und Unterleibsschmerzen. Transient auftretende Hautausschläge sind mit Antihistaminika und Steroiden gut behandelbar. Leuko- oder Thrombopenien sind bei
Therapiepausierung rasch reversibel, können jedoch zu Dosisreduktionen zwingen.
Eine Besonderheit bei der Verlaufskontrolle von GIST mit CT/MRT-morphologischer
Bildgebung ist die bei Therapieansprechen häufige zystische Umwandlung (Nekrose)
des Tumors, welche initial zu keiner objektiven Tumorverkleinerung nach RECIST­Kriterien führt, sondern zu einer veränderten Gewebedichte (Abb. 4).
Abb. 4
A
B
C
Kontrastmittel-CT eines GIST des Magens (A), 6 Monate nach Therapie mit Imatinib (400 mg/Tag) mit deutlichen liquiden Anteilen durch therapie­
bedingte Tumornekrose (B); maximales Tumor­ansprechen nach 12 Monaten Imatinib-Therapie (C)
© Prof. Dr. Langer, PD Dr. Lohrmann, Universitätsklinik Freiburg
Verlaufskontrollen alle 3–6 Monate sind daher ausreichend. Eine Messung der Tumoraktivität im FDG-PET ist wahrscheinlich deutlich sensitiver als das CT, stellt jedoch
­keinen Standard dar.
Bei Imatinib-Unverträglichkeit oder Tumorprogress unter 800 mg Imatinib pro Tag
sollte als zugelassene Zweitlinientherapie Sunitinib (Sutent®) eingesetzt werden. Sunitinib ist ein Multi-Tyrosinkinase-Inhibitor, der über eine Hemmung der Wachstums­
rezeptoren PDGFR-α und -β, VEGF-R1 und -R2, FLT3 und c-Kit antiproliferativ und antiangiogen wirkt. Sunitinib (37,5 mg) wird kontinuierlich 4-wöchentlich im Wechsel mit
2-wöchentlicher Pause verabreicht; wahrscheinlich ist eine kontinuierliche Therapie
mit 25 mg/Tag genauso wirksam und besser verträglich. Nach Imatinib-Versagen
führt Sunitinib zu einer Tumorkontrolle bei bis zu 65% der Patienten und zu einer etwa
verdoppelten Überlebenszeit (74 vs. 36 Wochen). Ähnlich wie beim Imatinib hängt die
Wirksamkeit von Sunitinib vom c-Kit-Mutationsstatus ab; bei Patienten mit Exon-9Mutation und c-Kit-Wildtyp sowie Mutationen des PDGFR-α ist die Wirksamkeit in der
Zweitlinientherapie besonders hoch.
P Bei Imatinib-Versagen oder
-Unverträglichkeit ist Sunitinib zur
Therapie von GIST zugelassen.
42
Das Nebenwirkungsprofil von Sunitinib umfasst häufig eine Mukositis mit Bildung von
­enoralen Aphthen, Asthenie und Nausea, teilweise Diarrhö, Unterleibsschmerzen und
Hand-Fuß-Syndrom. Typisch für die antiangiogene Wirkung ist das häufige Auftreten
einer arteriellen Hypertonie. Die hämatologischen Nebenwirkungen (Anämie und
Neutropenie) sind ausgeprägter als bei Imatinib.
In kleineren Phase-II-Studien wurde die Wirksamkeit von Dasatinib und Nilotinib sowie von Sorafenib (Nexavar®) und dem Chaperon-Inhibitor IPI-504 gezeigt; aktuell
­fehlen zu diesen Substanzen aber noch randomisierte Phase-III-Studien.
Zusammenfassend hat die Identifizierung von GIST als eigenständige Tumorentität
den Einsatz von zielgerichteten Medikamenten erlaubt, die zu einer deutlichen Prognoseverbesserung geführt haben. Eine weitere Verbesserung der aktuellen Therapieerfolge mit zusätzlichen Wirksubstanzen ist zu erwarten.
Zu empfehlende Literatur
Literatur
1 Casali PG, Jost L, Reichardt P, Schlemmer M, Blay JY; ESMO Guidelines Working
Group.
Gastrointestinal stromal tumors: ESMO clinical recommendations for diagnosis,
treatment and follow-up.
Ann Oncol 2008; 19: ii35–ii38.
2 Heger U, Weitz J, Lordick F.
Indikationen zur prä- und postoperativen Therapie mit Imatinib bei gastrointestinalen Stromatumoren.
Chirurg 2008; 79: 630–637.
3 Jiang Y, Ming L, Montero AJ, Kimchi E, Nikfarjam M, Staveley-O’Carroll KF.
Optimizing imatinib mesylate treatment in gastrointestinal stromal tumors.
Gastrointest Cancer Res 2008; 2: 245–250.
4 Judson IR.
Prognosis, imatinib dose, and benefit of sunitinib in GIST: knowing the genotype.
J Clin Oncol 2008; 26: 5322–5325.
5 Steigen SE, Eide TJ.
Gastrointestinal stromal tumors (GISTs): a review.
APMIS 2009; 117: 73–86.
6 Dematteo RP, Ballman KV, Antonescu CR, Maki RG, Pisters PW, Demetri GD,
Blackstein ME, Blanke CD, von Mehren M, Brennan MF, Patel S, McCarter MD,
Polikoff JA, Tan BR, Owzar K; American College of Surgeons Oncology Group
(ACOSOG) Intergroup Adjuvant GIST Study Team.
Adjuvant imatinib mesylate after resection of localised, primary gastrointestinal
stromal tumour: a randomised, double-blind, placebo-controlled trial.
Lancet 2009; 28: 1097–1104.
43
Fragen zur Diagnostik und Therapie
gastrointestinaler Stromatumoren
(GIST)
Falk
Gastro-Kolleg
Oberer
GI-Trakt
Frage 1:
Welche Antwort ist richtig?
w
w
w
w
w
IST sind semimaligne Tumoren ohne Metastasierung
G
GIST sind maligne Tumoren, welche strahlensensibel sind
GIST sind maligne Tumoren, welche chemotherapiesensibel sind
GIST sind sowohl strahlen- als auch chemotherapiesensibel
GIST sind maligne Tumoren, welche auf eine Therapie mit Tyrosinkinase-Inhibitoren
gut ansprechen
Frage 2:
Welche Antwort ist richtig?
w E ine erfolgreiche Behandlung von GIST mit Imatinib lässt sich mittels RECISTKriterien rasch im CT oder MRT nachweisen
w Häufig führt eine Therapie von GIST mit Imatinib zu einer Tumornekrose, ohne dass
sich die Tumorgröße (ausgemessen nach RECIST-Kriterien) signifikant verändert
w GIST sind im FDG-PET häufig negativ
w GIST zeigen in der Kontrastmittel-Sonografie ein pathognomonisches Gefäßmuster
w GIST sind mittels Endosonografie von anderen submukösen Tumoren eindeutig
unterscheidbar
Bitte beachten Sie:
Bei der Beantwortung der Fragen
ist immer nur 1 Antwort möglich.
Die Beantwortung der Fragen und
Erlangung des Fortbildungszertifikats
ist nur online möglich.
Bitte gehen Sie dazu auf unsere Homepage
www.falkfoundation.de.
Unter dem Menüpunkt Falk Gastro-Kolleg
können Sie sich anmelden und die Fragen
beantworten.
Bitte diesen Fragebogen nicht
per Post oder Fax schicken!
Frage 3:
Welches ist die empfohlene Therapie des metastasierten GIST bei
Imatinib-Versagen?
w
w
w
w
w
S trahlentherapie
Chemotherapie
Sunitinib (Sutent®)
Cetuximab (Erbitux®)
Bevacizumab (Avastin®)
Frage 4:
Welche Aussage trifft nicht zu?
w
w
w
w
w
ie Expression von c-Kit (CD117) ist für die Diagnose eines GIST nicht zwingend
D
Mutationen von c-Kit bestimmen das Ansprechen auf eine Imatinib-Therapie
GIST metastasieren häufig in lokale Lymphknoten
Die meisten GIST entstehen in Magen und Duodenum
Der Mitotische Index bzw. der Proliferationsindex bestimmen wesentlich die
Malignität von GIST
Frage 5:
Welche Aussage zur medikamentösen Therapie von GIST trifft
nicht zu?
Wichtig:
Fragebeantwortung unter
www.falkfoundation.de
Falk Gastro-Kolleg
w Im Falle eines Progresses unter 400 mg Imatinib pro Tag sollte die Dosis auf 800 mg/Tag erhöht werden
w Ist bei mehreren GIST-Metastasen trotz Imatinib-Therapie eine Tumorlokalisation
progredient, sollte eine primäre Operation und die Beibehaltung von Imatinib
angestrebt werden
w Bei allen GIST sollte eine adjuvante Therapie mit Imatinib durchgeführt werden
w Bei großen GIST, die schlecht operabel sind, ist eine neoadjuvante Therapie mit
Imatinib indiziert
w Imatinib kann bei allen GIST unabhängig von der c-Kit-Mutation eingesetzt werden
44
Frage 6:
Welche Aussage ist richtig?
wDie Bestimmung der c-Kit-Mutation hat keine klinische Konsequenz und sollte
daher nicht erfolgen
wSunitinib sollte immer in Kombination mit Imatinib bei der Zweitlinientherapie des
GIST eingesetzt werden
wNilotinib und Sorafenib scheinen keine Wirkung beim GIST zu haben
wBei Tumorwachstum trotz Imatinib-Therapie profitieren 30–40% der Patienten von
einer Dosiseskalation
wPatienten mit einer c-Kit-Genmutation im Exon 9 sprechen besonders gut auf
Imatinib an und sollten primär mit 400 mg/Tag behandelt werden
Falk
Gastro-Kolleg
Oberer
GI-Trakt
Frage 7:
Welche Aussage zur adjuvanten Therapie von GIST ist richtig?
wDie adjuvante Therapie kann mit Imatinib oder Sunitinib durchgeführt werden
wDie Dauer der adjuvanten Therapie mit Imatinib sollte nicht länger als 2–3 Monate
betragen
wBei einer R0-Resektion eines 5 cm großen GIST des Duodenums mit einem
Mitotischen Index > 10/50 HPF ohne Lymphknotenmetastasen ist eine adjuvante
Therapie mit Imatinib wenig Erfolg versprechend
wDie adjuvante Therapie mit Imatinib sollte für 12 Monate durchgeführt werden
wDie adjuvante Therapie mit Imatinib sollte in jedem Fall mit 800 mg/Tag durch­
geführt werden
Frage 8:
Welche Aussage zur palliativen Therapie von GIST ist richtig?
wAnalog zur OPTIMOX-Studie beim kolorektalen Karzinom führen regelmäßige
Therapiepausen zu einem erhöhten Gesamtüberleben bei der Imatinib-Therapie
von GIST
wTypische und therapielimitierende Nebenwirkung von Imatinib ist das
Hand-Fuß-Syndrom
wDurch Imatinib auftretende periphere Ödeme sind medikamentös leicht behandelbar
wDie Kombination von Capecitabin (Xeloda®) und Imatinib erhöht die Ansprech­rate
deutlich
wImatinib führt nur zu einer Tumorstabilisierung, jedoch nie zu einer in der radiologischen Bildgebung sichtbar messbaren Tumorregression
Frage 9:
Welche Aussage zur Diagnose von GIST ist nicht richtig?
wGIST fallen klinisch häufig durch paraneoplastische Syndrome auf
wHäufige Erstsymptome von GIST sind Dysphagie, Obstipation, gastrointestinale
Blutungen oder abdominelle Schmerzen
wZunehmend werden GIST als Zufallsbefund bei Endoskopien diagnostiziert
wGIST werden in der Regel zwischen dem 55. und 65. Lebensjahr diagnostiziert
wDie Mehrheit der GIST besitzen eine onkogene Mutation im c-Kit-Gen
Frage 10:
Welche Aussage zum Verhalten von GIST trifft zu?
wBei gleicher Größe und Mitotischem Index sind GIST des Dünndarms mit einem
höheren Progressionsrisiko assoziiert als GIST des Magens
wBei einem GIST des Magens ist eine D2-Magenresektion onkologisch sinnvoll
wFernmetastasen des GIST treten typischerweise in Lunge und Knochen auf
wDer Mutationsstatus des c-Kit-Gens bestimmt das Ansprechen auf eine medikamentöse Therapie, jedoch nicht den Spontanverlauf der Erkrankung
wEin R0-resezierter GIST mit ungünstigen Merkmalen (Größe und Mitotischer Index)
führt häufig zu Lokalrezidiven, weshalb postoperativ eine lokale Nachbestrahlung
indiziert ist
45
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