IL PONTE 13. Jahrgang / 3. Ausgabe 09/08 Seite 3 Giacomo Puccini zum 150. Geburtstag Wer kennt sie nicht, die Opernfiguren des Giacomo Puccini? Die Blumenstickerin Mimi aus „La Bohème“ oder die Sängerin Tosca, die Geisha Cho-Cho San, genannt Butterfly, oder die stolze und kalte Turandot und die sich aufopfernde Sklavin Liù? Neben Giuseppe Verdi ist Giacomo Puccini einer der Hauptvertreter der italienischen Oper. Am 22.12.1858, also vor 150 Jahren, wurde er in Lucca geboren und starb am 29.11.1924 in Brüssel. So wie Pietro Mascagni, Giuseppe Verdi und Ruggiero Leoncavallo bemühte er sich in seinen Werken um sozialkritische Themen. Vorlagen bildeten oft Texte von Autoren, die entweder vom französischen Naturalismus oder vom italienischen Verismo angeregt waren. Noch heute gehören die Opern von Giacomo Puccini zum Repertoire der Opernhäuser in der ganzen Welt, und auch in Hildesheim wurden manche schon aufgeführt. Viele der Leser haben wahrscheinlich auch vor kurzem den Vortrag von Sabine Sonntag zum Geburtstag von Puccini gehört. Dennoch möchte ich ihn an dieser Stelle einmal etwas ausführlicher vorstellen. Puccini stammte aus einer musikalischen Familie und erhielt seine erste musikalische Ausbildung von seinem Vater und seinem Onkel, bevor er ins Musikinstitut Pacini in Lucca kam und dann ans Mailänder Konservatorium wechselte. Seine ersten Kompositionen waren Orchesterwerke und sakrale Musik. Der Besuch einer Aufführung der „Aida“ von Giuseppe Verdi in Pisa faszinierte ihn so, dass er beschloss, sich ganz der Oper zu widmen. Seine ersten Opern wie „Edgar“ (1889) komponierte er noch unter dem Einfluss der französischen Opéra lyrique eines Jules Massenet oder Charles Gounod. Von letzterem gab es ja in der letzten Spielzeit die Oper „Faust und Margarethe“ im TfN zu sehen. Der Durchbruch gelang Puccini mit „Manon Lescaut“, die 1893 in Turin uraufgeführt wurde. Den Stoff zu dieser Oper fand er in einem Roman des Franzosen Abbé Prévost, er war schon durch Jules Massenet vertont worden. Doch bei Puccini ist alles anders, er greift auf die bewährten Formen der von Verdi übernommenen nationalen italienischen Operntradition zurück. Er schafft damit ein eigenständiges Werk mit italienischer Musik voll „Leidenschaft und Verzweiflung“ im Gegensatz zu der französischen Musik von Massenet, die mit „Puderquaste und Menuett“ daherkommt. „La Bohème“, 1896 unter Leitung von Arturo Toscanini in Turin uraufgeführt, fand erst später Anerkennung, genauso wie „Madama Butterfly“, die bei der Premiere 1904 in der Mailänder Scala ausgepfiffen wurde und erst nach einer unwesentlichen Umarbeitung voll anerkannt wurde. „Tosca“ dagegen, die 1900 in Rom uraufgeführt wurde, löste gleich auf Anhieb Begeisterung beim Publikum aus, nicht zuletzt wohl auch, weil sie in der „Ewigen Stadt“ spielte. Mit diesen Werken war der internationale Ruhm Puccinis begründet. Puccini erhielt glänzende Angebote aus den USA, denen er folgte. Doch in Amerika konnte er nicht an seine europäischen Erfolge anknüpfen, er erlebte einen menschlichen und künstlerischen Abstieg. 1910 entstand „La Fanciulla del West“, das „Mädchen aus dem Goldenen Westen“ erlebte zwar eine glanzvolle Uraufführung, ihm war jedoch nur kurzer Ruhm beschieden. Nach seiner Rückkehr nach Italien suchte er verzweifelt Stoff, um an seine alten Erfolge anzuknüpfen, doch der komischen Oper „La Rondine“ war noch kein dauerhafter Erfolg gegönnt. Erst mit den drei Einaktern „Der Mantel“, „Suor Angelica“ und „Gianni Schicchi“, die als „Trittico“ zusammengefasst werden und 1918 uraufgeführt wurden, konnte Puccini wieder überzeugen. Zwei davon, „Schwester Angelika“ und „Gianni Schicchi“, waren auch schon in Hildesheim zu sehen. Seine letzte und reifste Oper, „Turandot“, konnte er nicht mehr vollenden. Er litt an Kehlkopfkrebs und starb 1924 an den Folgen einer Operation. Die unvollendete Oper, die mit dem Trauermarsch für Liù endete, wurde am 25.4.1926 in der Mailänder Scala unter Toscanini uraufgeführt, und die durch Franco Alfano ergänzte Fassung ebenda am nächsten Tag. Puccini wollte in seinen Opern die einfachen Menschen auf die Bühne bringen, nicht mehr die Herrscher und Potentaten. Der liebende Mensch, besonders die Frau, steht im Mittelpunkt seiner Opern. Meist sind es die von der Gesellschaft unterdrückten oder verachteten Personen, denen die Sympathie des Komponisten gilt. Auch der Mensch Puccini liebte die Frauen. Musikalisch tendiert Puccini zu einem Mischstil aus melodischem Fluss und offenen Formen, deutlich wird hier der Einfluss des späten Verdi und Richard Wagners. Doch die Singstimme bleibt immer vorherrschend. (Heidemarie Zentgraf) Veranstaltungshinweis: Aus Anlass des 150. Geburtstags von Giacomo Puccini wird im Staatstheater Braunschweig in dieser Spielzeit seine Oper „Manon Lescaut“ aufgeführt. Die DIGH wird einen Besuch zur Nachmittagsvorstellung am Sonntag, 1.2.09 um 14.30 Uhr im Staatstheater Braunschweig anbieten. Einzelheiten erfahren Sie in der nächsten Ausgabe des „Ponte“ oder ab November bei unseren Veranstaltungen bei Frau H. Zentgraf (zen).