Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 1 Herz- und Kreislauferkrankungen 1. Grundlagen und allgemeine Diagnostik Herz und Gefäßsystem bilden eine funktionelle Einheit. Gemeinsame Aufgabe ist, Stoffwechsel zwischen verschiedenen Körperzellen zu ermöglichen, die wichtigste Stoffwechselaktivität ist der Sauerstofftransport zu den Körperzellen. Der vorrübergehende Ausfall aller anderen Teilfunktionen wird für ein bestimmtes Zeitintervall toleriert, für einen Ausfall der Sauerstoffversorgung besteht nur ein Zeitfenster von 2-4 Minuten. Man unterscheidet kleiner Kreislauf: Rechter Ventrikel Art. pulmonalis Lungenkapillaren (Sauerstoffaufnahme, Kohlendioxidabgabe) Vv. pulmonales Linker Vorhof linker Ventrikel großer Kreislauf: Linker Ventrikel Aorta Arterien Kapillaren (Sauerstoffabgabe, Kohlendioxidaufnahme) Venen Vena cava superior und inferior Rechter Vorhof Rechter Ventrikel eine Besonderheit stellt die Pfortader dar: Sie transportiert gemischtvenöses Blut vom Darm und der Milz zur Leber, erst dann gesellt sich das Blut dem normalen venösen Blut wieder zu. Das Herz ist Vierkammerorgan, nahezu ausschließlich aus Muskulatur bestehend. In der Systole kontrahiert der Muskel und treibt Blut durch die Pulmonalklappe (kleiner Kreislauf) bzw. die Aortenklappe (großer Kreislauf) in das Gefäßsystem sowie in die eigenen Versorgungsgefäße, die sog. Koronararterien oder Herzkranzgefäße, diese entspringen der Aorta. In der Diastole erschlafft der Herzmuskel, die Hauptkammern werden aus den Vorhöfen über Trikuspidal- bzw. Mitralklappe gefüllt. Drucke im Herzen: Rechter Vorhof = Zentraler Venendruck 2-4 mmHg (6-8 cmH2O) Rechter Ventrikel, systolisch 25 mmHg Rechter Ventrikel, diastolisch 2-4 mmHg Linker Vorhof 6-12mmHg Linker Ventrikel, systolisch 120-140mmHg Linker Ventrikel, diastolisch 6-12mmHg Aorta, systolisch 120-140mmHg Aorta, diastolisch 70-90mmHg Untersuchung Anamnese: Belastungsdyspnoe (Einteilung nach der New York Heart Assocation) NYHA I: Keine NYHA II: Dspnoe bei schwerer körperl. Belastung NYHA III: Dyspnoe bei leichter körperl. Belastung NYHA IV: Ruhedyspnoe Orthopnoe: Dyspnoe im Liegen Nykturie: vermehrtes Wasserlassen in der Nacht Inspektion © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 2 Zyanose: zentrale Zyanose (blaue Zunge und Mundschleimhäute) als Zeichen eines zyanotischen Herfehlers, periphere Zyanose als Zeichen bei verschiedensten Erkrankungen. Ödeme (Wassereinlagerung): Beinödeme und Aszites v.a. bei Rechtsherzinsuffizienz, Lungenödem bei Linksherzinsuffizienz Einflußstauung: gestaute Halsvenen bei Rechtsherzinsuffizienz Palpation: Lebergröße und hepatojugulärer Reflux: Vergrößerung der Leber und Stauung der Halsvenen nach Druck auf die Leber bei Rechtsherzinsuffizienz Auskultation 1. Herzton: Schluß der Trikuspidal- und Mitralklappe 2. Herzton: Schluß der Pulmonal- und Aortenklappe Geräusche zwischen 1. und 2. HT: Systolikum Geräusche zwischen 2. und 1. HT: Diastolikum Röntgen-Thorax in zwei Ebenen im Stehen Nachweis von Herzvergrößerungen Nachweis einer Lungenstauung als Ausdruck einer Herzinsuffizienz EKG Untersuchung der elektrischen Aktivität des Herzens Nachweis von Herzrhythmusstörungen Nachweis von Durchblutungsstörungen, insbesondere des Infarktes Nachweis von Entzündungen am Herzen Langzeit-EKG Nachweis von Herzrhythmusstörungen Belastungs-EKG Nachweis von belastungsabhängigen Durchblutungsstörungen Elektrophysiologische Untersuchung (EPU) EKG-Untersuchung mit Elektroden im Herzen selbst, ggf. gezielte Reizung des Herzens mit Stromimpulsen mit der Frage, ob das Herz zu schwerwiegenden Rhythmusstörungen neigt. Echokardiographie Darstellung des Herzmuskels und der Herzklappen im Bewegungsablauf Darstellung des Blutflusses im Herzens mittels Farbdoppler, Darstellung von Klappeninsuffizienzen Ausmessung der Flußgeschwindigkeit des Blutes und Errechnung von Klappenstenosen Die Streß-Echokardiographie (unter körperlicher oder medikamentöser Belastung) ist ein sehr gutes Verfahren zur Erkennung von Durchblutungsstörungen Myokardszintigraphie Nachweis von Durchblutungsstörungen am Herzen, indem den Pat. ein radioaktiver Stoff gespritzt wird, der sich im Herzmuskel anreichert. © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 3 Coronarangiographie (Herzkatheter) Direkte Darstellung der Herzkranzgefäße sowie des linken Ventrikels mittels Kontrastmittel, das über einen Verlängerungsschlauch in die Herzkranzgefäße gespritzt wird. Mit Hilfe von Druck- und Flußmessungen können auch Klappen- und andere Herzfehler qualitativ und quantitativ erfaßt werden. Mit Hilfe spezieller Ballonkatether können Gefäßverengungen (Stenosen) in gleicher Sitzung evtl. erweitert werden. Das EKG Das Elektrokardiogramm ist ein Untersuchungsverfahren, mit dem die elektische Aktivität des Herzens dargestellt werden kann. Mit einem Monitor-EKG, für das mindestens drei Aufkleber mit Leitungen angebracht werden müssen, kann man Rhythmusstörungen feststellen, aber keine Aussagen dazu machen, ob vielleicht ein Herzinfarkt möglich ist. Das Standart-EKG benötigt zwölf Ableitungen. Damit sind in Grenzen der Nachweis eines Infarktes, einer Entzündung, oder einer Muskelverdickung (sog. Hypertrophie) möglich. 2. Herzinsuffizienz Fallvorstellung: Ein 30jähriger Patient kommt wg. Luftnot unter körperlicher Belastung zur Aufnahme. Er könne nicht mehr flach liegen ohne Luftnot. Er berichtet über eine zunehmende Belastungseinschränkung in den letzten Wochen, bei geringer körperlicher Anstrengung (z.B. Treppensteigen 1 Stockwerk) komme er aus der Luft. Die Beine schwellen gegen abends an, nachts müsse er mehrfach zum Wasserlassen aufstehen. Schmerzen oder Enge in der Brust habe er nicht. Vor einem Monat habe er einen grippalen Infekt gehabt, der nicht so richtig ausgeheilt sei, ansonsten sei er bislang immer gesund gewesen, Herzfehler seien nicht bekannt. Def PPh Unter Herzinsuffizienz versteht man die Unfähigkeit des Herzens, das vom Körper benötigte Blutvolumen pro Zeit (ausgedrückt als Herzminutenvolumen in l/min) zur Verfügung zu stellen. Das Herz hat gegen zwei Lasten anzuarbeiten, man bezeichnet sie als Vorlast und als Nachlast. Unter Vorlast versteht man die Menge an Blut, die in der Diastole in das Herz strömt und somit vom Herzen weiterbewegt wird. Je höher die Vorlast, desto höher der Druck am Ende der Diastole im Herzen. Unter Nachlast versteht man den Widerstand, gegen den das Herz anpumpen muß. Das rechte Herz pumpt gegen den Widerstand der pulmonalen Gefäße, das linke gegen den Widerstand der Körpergefäße. Der pulmonale Widerstand liegt unter normalen Bedingungen viel niedriger als der © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 4 sog. systemische Widerstand. Deswegen ist der rechte Ventrikel auch nicht so muskelstark wie der linke. Kommt es zu einer Herzinsuffizienz so äußert sie sich in einem Vorwärtsund in einem Rückwärtsversagen: Blut kann nicht mehr in ausreichender Menge nach vorne gepumpt werden und zum Herzen fließendes Blut staut sich vor dem Herzen an. Etl Man unterscheidet nach dem primären Ort der Herzinsuffizienz Links- und Rechtsherzinsuffizienz. Vorwärtsversagen Rückwärtsversagen Linksherzinsuffizienz Hypotonie, LeistungsStauung vor dem linken schwäche durch niedriges Herzen, also in den LunHerzminutenvolumen gengefäßen, im schlimmsten Fall Lungenödem Rechtsherzinsuffizienz Hypotonie, LeistungsStauung vor dem rechten schwäche durch niedriges Herzen, also in den Venen Herzminutenvolumen Globalherzinsuffizienz wie oben beide Befunde kombiniert Tabelle 1 Pathophysiologie des Herzversagens Sy Ät gemeinsame Symptome: Belastungsdyspnoe, Einteilung nach NYHA, siehe S. 1. Leistungsminderung Zyanose: periphere Zyanose, meist als Akrozyanose (Blaufärbung der Fingerkuppen, der Lippen) Spezielle Symptome der Linksherzinsuffizienz Asthma cardiale: asthmatische Beschwerden durch Anstrengung infolge Lungenstauung schwerste Dyspnoe und Todesangst mit auf Distanz hörbaren Rasselgeräuschen (‚Kochen‘) der Lunge bei Lungenödem Spezielle Symptome der Rechtsherzinsuffizienz gestaute Halsvenen (obere Einlußstauung) Übelkeit, Schmerzen im Leberbereich durch Lebervenenstauung mit Lebervergrößerung Beinödeme Bauchvergrößerung durch Aszites (Flüssigkeitsansammlung in der Bauchhöhle) Bei der Globalherzinsuffizienz können alle diese Symptome auftreten. Kardiale Ursachen der Herzinsuffizienz Koronare Herzerkrankung: Durchblutungsstörungen des Herzmuskels, Herzinfarkt sog. Kardiomyopathien: Muskelerkrankungen des Herzens unbekannter Ursache, auf dem Boden von toxischen Wirkungen oder Entzündungen Myokarditis: Herzmuskelentzündung entweder infektiöser Genese (meist Viren) oder durch Störung des Immunsystems bei Erkrankungen aus dem Bereich 'Rheuma'. Herzklappen- und Herzfehler Herzrhythmusstörungen © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 5 Perikarderguß (Herzbeutelerguß) Nicht-kardiale Ursachen der Herzinsuffizienz hypertensive Blutdruckentgleisung ( Linksherzinsuff.) pulmonalarterielle Druckerhöhung ( Rechtsherzinsuff.) Volumenüberlastung (z.B. nach Infusionen) seltener: Anämie (Blutarmut), Shunts (Kurzschlüsse zwischen Venen und Arterien, z.B. bei Dialysepatienten) Th Die beste Therapie der Herzinsuffizienz ist die kausale Therapie (siehe Ursachen). Diese ist aber oft nicht oder nicht sofort möglich. Allgemeinmaßnahmen: Bettruhe oder körperliche Schonung, Hochlagerungdes Oberkörpers, Diät (ggf. Gewichtsreduktion, kochsalzarme Diät, kleine Mahlzeiten), Trinkmengenbeschränkung, Sauerstoffgabe, Thromboseprohylaxe mit Heparin Medikamentöse Maßnahmen Steigerung der Kontraktionskraft des Herzmuskels: Hierfür stehen Auszüge aus dem Fingerhut, das sog. Digitalis zur Verfügung. Bei besonders schweren Fällen (Intensivstation) können Dopamin und Dobutamin (Dobutrex) gegeben werden.Sie gehören zu den Katecholaminen, also Verwandten des Adrenalins. Senkung der Vorlast: Diuretika reduzieren über vermehrte Wasserausscheidung die Blutmenge (bei akuten Beschwerden wird v.a. Lasix verwendet, weil es sofort und stark wirkt). Weitere häufig verwendete Diuretika: Dytide H, Aquaphor, Arelix, Osyrol ... Senkung der Nachlast: ACE-Hemmer (Endung der Substanzen endet immer auf –pril, z.B. Captopril=Lopirin, Enalapril=Xanef) senken den Blutdruck und damit den Gefäßwiderstand. Sie sind besonders beliebt, weil sie auch einen günstigen Einfluß auf die Kontraktionskraft des Herzens und auf die Vorlast haben. Vorsicht ist aber bei vorbestehender Niereninsuffizienz geboten: Gefahr der Funktionsverschlechterung der Nieren und der Hyperkaliämie (= zu viel Kalium im Blut). Unter den Digitalispräparaten gibt es zwei wichtige Gruppen: Digoxin (Novodigal) und Digitoxin (Digimerck). Digoxin wird überwiegend renal ausgeschieden, es kumuliert daher bei Niereninsuffizienz. Digitoxin dagegen wird über die Leber und Galle ausgeschieden, es kann daher bei Leberinsuffizienz kumulieren. Nach diesen Gesichtspunkten sollten die Präparate ausgewählt werden. Akute Linksherzinsuffizienz, Lungenödem Ät PPh Sy Th Infarkt, hypertensive Blutdruckentgleisung, schwerwiegende Rhythmusstörungen Seltene Ursachen sind: toxisches Lungenödem, z.B. nach Rauchgasinhalation oder bei Heroinintoxikation Durch die akute Herzschwäche staut sich Blut in der Lunge, es kommt zum Austritt von Flüssigkeit in die Lungenbläschen (Alveolen). Hochgradige Dyspnoe und Orthopnoe, Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, Todesangst, ‚Kochen‘ der Lunge, Zyanose, Kaltschweißigkeit, Blässe evtl. sogar Schäumen aus dem Mund Allgemeinmaßnahmen noch vor Eintreffen des Arztes: © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 6 Oberkörper hoch, Beine tief Sauerstoff geben, Fenster auf, beengende Kleidung entfernen Beruhigen RR/Puls messen (wichtige Information für den Arzt!) Maßnahmen durch den Arzt: Diuretika und Nitro (letzteres nur bei Druck über 120 systolisch) Verminderung der Vorlast Beseitigung einer erkennbaren Ursache: RR-Senkung mit Nitro und anderen Blutdrucksenkern, Bekämpfung von Rhythmusstörungen Morphin s.c. und/oder i.v. zur Sedierung und Schmerzbekämpfung bei vitaler Gefährdung: Intubation und Beatmung mit 100% Sauerstoff Auf Intensivstation: Beatmung in Narkose Gabe von Katecholaminen (Dopamin/Dubutrex) bei Vorwärtsversagen, von Nitro und Lasix bei Rückwärtsversagen Digitalis ist in Deutschland ein beliebtes Medikament zur Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz (nicht so sehr in anderen Ländern), die Grenze zwischen therapeutischer und toxischer Wirkung ist aber eng (geringe therapeutische Breite). Digitalis entfaltet keine Sofortwirkung, es ist somit auch kein Medikament, das zur Akuttherapie des Lungenödems geeignet wäre. Fallvorstellung: Der oben vorgestellte Mann wird durchuntersucht: In der Echokardiographie zeigt sich ein deutlich vergrößerter, schlecht kontraktiler linker Ventrikel, kein Herzfehler. Im Thoraxbild ist ebenfalls ein vergrößertes Herz sowie eine Lungenstauung zu sehen. Gegen Abend hat der Pat. tief eindrückbare Unterschenkelödeme. Bei der Herzkatheteruntersuchung wird eine KHK ausgeschlossen. Im Labor Entzündungszeichen und Anstieg der Herzenzyme CK, GOT und HBDH. Nachweis von hohen Antikörpertitern gegen den Coxsackie-Virus. Diagnose: Herzinsuffizienz bei Virusmyokarditis. Therapie: Bettruhe, Kortison anfänglich, Gabe von Diuretika und ACE-Hemmern. Hierunter deutl. Beschwerdebesserung. Nach 3 Monaten ist das Herz wieder klein, die Beschwerden sind weg, die Entzündungszeichen haben sich normalisiert. 3. Koronare Herzerkrankung (KHK) Def Unter Koronarer Herzerkrankung versteht man Erkrankungen mit einem Mißverhältnis von Sauerstoffbedarf des Herzmuskels und Sauerstoffangebot durch die versorgenden Gefäße. PPh Das Herz wird aus zwei Arterien mit Blut versorgt, die aus der Aorta direkt nach ihrem Abgang aus dem Herzen entspringen. Diese Gefäße umgeben das Herz wie ein Kranz (=Corona) und werden deshalb Koronargefäße genannt. Man unterscheidet rechte und linke Koronararterie. Die linke Koronararterie bildet nur einen kurzen Stamm (sog. Hauptstamm) und zweigt © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 7 sich dann in zwei große Äste auf, den Ramus descendens anterior (auch RIVA, R. interventricularis anterior oder LAD, left anterior descendent genannt) und den Ramus circumflexus. Unter Koronarreserve versteht man die Fähigkeit des Herzens, unter Belastungsbedingungen noch mehr Sauerstoff zu erhalten. Diese Reserve ist sehr gering. Bereits unter Ruhebedingungen wird 75% des Manifestationsformen maximal Möglichen an Sauerstoff aus dem Blut aufgeder KHK: nommen, eine Steigerung der Durchblutung ist nur in geringem Umfang möglich. 1. Angina pectoris Ät Atherosklerose der Koronararterien: häufigste 2. Myokardinfarkt Ursache der KHK. Der Begriff KHK wird daher praktisch 3. Herzinsuffizienz synonym mit dieser Ursache benutzt. 4. plötzlicher Herztod seltene Ursachen: Koronarspasmen (Krämpfe der Arterienmuskulatur), Koronararteriitis sekundäre KHK auf der Grundlage anderer Erkrankungen: Hypertrophie des Herz- Beeinflussbare RF der KHK: muskels, Herzrhythmusstörungen, Anämie Häu Häufigste Todesursache in entwickelten 1. Rauchen Ländern!! Die wichtigsten Risikofaktoren der KHK sind: 2. Hypertonie nicht beeinflußbare RF: Männliches Ge- 3. Hypercholesterinämie 4. Diabetes schlecht, familiäre Disposition, Lebensalter 5. Adipositas beeinflußbare RF: siehe Textfenster oben Die KHK kann sich unterschiedlich manifestieren 6. Hyperuricämie 7. Bewegungsmangel siehe Textfenster oben D Ruhe- und Belastungs-EKG: Leitsymptom 8 Dysstress der KHK ist die sog. ST-Senkung Myokardszintigraphie (unter körperl. Belastung): aufdecken von Zonen mit kritisch niedriger Durchblutung Herzecho- und Streßechokardiographie: Gesamtbeurteilung des Herzens, seiner Kontraktionskraft und belastungsabhängiger Durchblutungsstörungen Koronarangiographie (Herzkatheter): Der ungeschlagene Standart der Diagnostik der KHK 3.1. Angina pectoris Def Sy Ät Etl ‚Brustenge‘ in direkter Übersetzung Retrosternaler Druck oder Brennen, Ausstrahlung der Beschwerden in den linken Arm, den linken Hals, den Oberbauch, selten auch in die rechte Schulter ist möglich. Die AP ist das Kardinalsymptom der Sauerstoffnot des Herzmuskels, Ursache ist fast immer eine KHK Unter stabiler AP versteht man Beschwerden, die unter bestimmten Belastungssituationen auftreten, in Ruhe aber wieder verschwinden. Ursache ist meistens eine Stenose eines Koronargefäßes, hervorgerufen durch einen Kalkplaque. Unter labiler bzw. instabiler AP versteht man eine in Häufigkeit und Stärke zunehmende Symtpomatik, die schließlich nicht einmal mehr auf Medikamentengabe anspricht. Auch jede Erstangina ist definitionsgemäß labil. Ursache ist © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 8 meist ein Plaque, der ‚aufgebrochen‘ und oft zusätzlich mit Blutplättchen behaftet ist, sodaß es zu einer hochkritischen Stenose des Gefäßes kommt. Wird die Stenose zum Beinaheverschluß, so kann es bereits zu einem kleinen Infarkt kommen. Für die instabile AP und den Minimalinfarkt (intramuraler Infarkt genannt) wird seit neuestem auch der Begriff ‚akutes Koronarsyndrom‘ verwendet. Prinz-Metal-Angina: sehr seltene Sonderform der AP mit infrakttypischen EKG, das nach Medikamentengabe sich sofort wieder normalisiert. Ursache ist ein Koronarspasmus. Akutes Koronarsyndrom: D Th Das Verständnis, wie es zur instabilen AP und zum Myokardinfarkt kommt, hat durch die Analyse von Gefäßverkalkungen erheblich zugenommen. Gefäßverkalkungen laufen in mehreren Stadien ab: 1. Lipidfleck: Bereits in der Jugend und frühem Erwachsenenalter kommt es zu Fetteinlagerungen unter der Gefäßinnenhaut (Endothel). Ein wesentlicher Faktor für die Bildung von Lipidflecken ist Cholesterin (während die normalen Fette keine Rolle spielen). Durch weitere Fetteinlagerung, Einwanderung von Leukozyten und Ausfällung von Kalzium entsteht über viele Jahre über Zwischenstadien schließlich ein 2. artheroskerotischer Plaque: Ein teils verkalktes Fettpolster wölbt sich ins Lumen vor, die Gefäßinnenhaut deckt dieses Polster allerdings noch ab. Es kommt dadurch zur Stenose des Gefäßes. Übersteigt die Stenose 75% des Gefäßlumens, kann es zu Durchblutungsmangel kommen. Leitsymptom am Herzen wäre hier die stabile AP. 3. sog. komplizierte Läsion: Die Gefahr besteht, daß der ‚Deckel‘ des Endothels reißt. Dann wird durch den Blutstrom das Fett-Kalkmaterial ausgespült. Dieses kann das Gefäß wieter hinten verstopfen (embolisieren), was am Herzen zum Infarkt (am Bein z.B. zur Embolie) führt. Oder aber es heften sich Blutplättchen (Thrombozyten) an die rauhe Oberfläche des ausgewaschenen Plaques. Der so entstandene Blutpropf (Thrombus) engt das Gefäß hochgradig ein oder verschließt es. Leitsymptom wäre hier die instabile AP oder der Infarkt. Da dieses Aufreißen des Plaques ein akutes Ereignis ist, spricht man inzwischen auch gerne vom akuten Koronarsyndrom. siehe KHK, im akuten Anfall ist ein EKG und die Abnahme der Herzfermente wichtig. 1. des akuten AP-Anfalles Allgemeinmaßnahmen: Befreiung von beengter Kleidung, Fenster auf, beruhigen, Sauerstoffgabe, RR- und Puls messen (Voraussetzung für die Gabe von Nitro) Gabe von Nitroglycerin (dasselbe wie im Dynamit) als Spray oder Kapsel. Die Wirkung tritt innerhalb weniger Minuten ein. Nitro wird hervorragend über die Haut und Schleimhäute aufgenommen. Es erweitert die Gefäße, auch die Koronarien, senkt die Nachlast und die Vorlast des Herzens und erleichtert © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 9 dem Herzen dadurch die Arbeit. Nitro sollte nur bei einem Druck von über 100 mmHg systolisch bis zum Eintreffen des Arztes gegeben werden. Analgesie (=Schmerzbekämpfung): Gabe von Morphin oder Verwandten des Morphins (Opiate) senkt auch den Streß für den Pat., damit Blutdruck und erleichtert ebenfalls die Herzarbeit. Die Gabe von Acetylsalicylsäure (Aspirin, Godamed, Aspisol i.v.) intravenös macht immer dann Sinn, wenn der Pat. diese noch nicht genommen hatte. ASS hemmt die Thrombozyten am Verklumpen (Thrombozytenaggregationshemmer) und kann somit ein akutes Koronarsyndrom abwenden helfen. Noch stärker als ASS wirksam gegen Thrombusbildung wirkt Abciximab (Rheo Pro). Es handelt sich um künstlich hergestellte Antikörperfragmente gegen Zelloberflächenstrukturen (Rezeptoren) der Thrombozyten, mit denen diese normalerweise gegenseitig zusammenkleben. Rheo Pro wird nur als Infusion oder Injektion unter intensivmedizinischer Überwachung gegeben (Blutungsgefahr). Herzkatheter und Akut-PTCA (=perkutane transluminale Coronarangioplastie = Ballonkatheter): Auffinden und Beseitigung einer kritischen Koronarstenose 2. der chronischen stabilen Angina pectoris: Nitro als Tabletten (z.B. Isoket, Mono Mack, Corangin). Erweitert Venen und Arterien. Wg. sehr rascher Gewöhnung dürfen die Medikamente nicht kontinuierlich über den Tag verteilt gegeben werden, meist läßt man eine Pause am Abend (z.B. Isoket ret. 60 1-1-0). Nebenwirkung: RR-Senkung, Kopfschmerzen Molsidomin (Corvaton) wirkt ähnlich wie Nitro, es tritt aber keine Gewöhnung auf, daher kann es kontinuierlich gegeben werden (z.B. Corvaton ret. 10-1). ASS (Aspirin, Godamed): Wirkung s.o., ASS senkt das Risiko eines Infarktes bei KHK deutlich. Es hemmt die Zusammenballung von Blutplättchen und damit die Thrombusentstehung. Es wird für diese Indikation in einer weitaus geringeren Dosis gegeben, als als Schmerzmittel (100mg/die statt 5001000mg/die). Nebenwirkungen: Minimal verstärkte Blutungsneigung, Gefahr des Magen- oder Duodenalgeschwürs. Sog. Calcium-Antagonisten (Adalat, Munobal, Norvasc u.a.) erweitern auch die Gefäße und senken auch den Druck, eine Verbesserung der Prognose ist für diese Substanz aber nicht nachgewiesen. ß-Blocker (Beloc, Tenormin, Concor, Dilatrend): Sie blockieren die sog. ßRezeptoren am Herzen, die normalerweise von Adrenalin und verwandten Substanzen erregt werden. Dadurch wird das Herz gegen die ‚Streßhormone‘ abgeschirmt. ß-Blocker verbessern nachweislich die Prognose bei KHK. Nebenwirkungen: Verstärkung eines Asthma bronchiale, bei Diabetikern können Unterzuckerzustände (Hypoglykämien) evtl. nicht mehr frühzeitig auffallen, Müdigkeit, Mundtrockenheit Herzkatheter und PTCA im beschwerdefreien Intervall. PTCA (perkutane transluminale Coronarangioplastie): Röntgen- und Kontrastmittelgesteurtes Verfahren, bei dem mit Hilfe eines aufdehnbaren Ballons eine Coronarstenose auseinandergedrückt werden kann. © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 10 Komplikationsmöglichkeiten: in 30% der Fälle kommt es im Laufe des ersten Vierteljahres zu einer ReStenose nochmalige PTCA Dissektion: Einreißen der Gefäßinnenwand mit erneuter Gefäßverlegung Einlage eines Stützröhrchens (Stent), der das Gefäß offenhalten soll Kammerflimmern: Herzstillstand infolge maligner Rhythmusstörung wegen der Sauerstoffnot des Herzens während der Ballondehnung Blutung aus dem Einstich in der Leiste ACB (Aortokoronarer Bypass): Operatives Anlegen von Umgehungsgefäßen, die eine Stenose oder einen Verschluß überbrücken sollen. Hierfür werden Beinvenen oder eine Brustarterie (Art. thoracica interna) hergenommen. Die OP erfordert den Einsatz der Herz-LungenMaschine und künstlich erniedrigte Körpertemperatur (Hypothermie). Die ACB-OP kommt v.a. in Frage, wenn die PTCA inkl. Stent erfolglos war oder wenn mehrere Gefäße gleichzeitig behandlungspflichtig sind. Das (Sterbe-)Risiko einer ACB-OP liegt heute unter 5% und wird auch bei Älteren erfolgreich durchgeführt. Komplikationsmöglichkeiten: Schlaganfall und Herzinfarkt perioperativ Herzrhythmusstörungen nach OP (oft sog. Vorhofflimmern) Herzbeutelerguß (Blut oder Wundflüssigkeit) mit Gefahr der Tamponade Bypässe unterliegen einem schnellen ‚Alterungsprozeß‘ und können sich ebenfalls wieder verschließen (v.a. Venenbypässe). 3.2. Akuter Herzinfarkt (Myokardinfarkt) Ein 65jähriger Pat. kommt zur Aufnahme in die Intensivstation. Er hat seit 1 Stunde schwerste pectanginöse Beschwerden. Er ist blaß kaltschweißig und dyspnoisch. Er erbricht mehrfach. Der Puls beträgt 130/min, der Blutdruck 80/40 mmHg. Das EKG zeigt die typischen Veränderungen (ST-Hebung) bei akutem Vorderwandinfarkt. Es entwickeln sich Rhythmusstörungen, schließlich sog. Kammerflimmern mit HerzKreislaufstillstand, das eine elektrische Defibrillation erforderlich macht. Der Pat. muß intubiert werden. Diagnose: Akuter Vorderwandinfarkt mit kardiogenem Schock, Defibrillation bei Kammerflimmern. Def Pg Sy Absolute Sauerstoffnot (Ischämie) eines Herzmuskelareals, in der Regel durch Verschluß einer Koronararterie mit Zelluntergang und Herzmuskelnekrose. In aller Regel kommt es auf dem Boden einer vorbestehenden KHK zu einem Aufbrechen eines Plaques, Thrombusbildung und damit zum Verschluß einer Koronarterie. Seltener sind Einschwemmung eines Blutgerinnsels in die Koronararterien (Embolie) oder eine Koronariitis. Schwere Angina pectoris ohne Besserung auf Nitro, teilweise Vernichtungsschmerz mit Todesangst Blässe und Kaltschweißigkeit, Übelkeit und Erbrechen © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen D Ko Th Seite 11 Im schlimmsten Fall Kollaps mit Herz-Kreislaufstillstand wg. Kammerflimmern oder Symptome eines akuten Lungenödems wg. akuter Herzinsuffizienz. V.a. bei Diabetikern können die Symptome aber auch infolge Nervenschädigung kaum oder gar nicht vorhanden sein (sog. stummer Infarkt in 15% der Fälle). EKG: Wichtigstes Kriterium, ob ein Infarkt vorliegt. Leitsymptom des akuten Infarktes ist die sog. ST-Strecken-Hebung. Solche Hebungen in mehr als zwei verschiedenen Ableitungen gelten als sicheres Infarktzeichen. Es gitb auch (meist kleine) Infarkte ohne sichere Zeichen im EKG, sie nennt man enyzmatische Myokardinfarkte, weil man sie nur über das Labor erkennen kann. Labor: Bestimmung der Herzenzyme CK (Kreatinkinase), GOT (Glutamyl-Oxalat-Transaminase) und LDH bzw. HBDH (Lactat- bzw. Hydroxybutyratdehydrogenase). Als erstes steigt die CK, sie fällt als erstes auch wieder ab. Danach folgt die GOT und die HBDH. Am längsten erhöht bleibt die HBDH. Herzrhythmusstörungen: Kammerflimmern mit Herzstillstand (häufige Todesursache) oder Bradykardie mit Schrittmacherpflichtigkeit Kardiogener Schock (akute Herzinsuffizienz aufgrund des großen Infarktes) chronische Herzinsuffizienz Herzwandruptur mit Voraussetzung für eine Lysetherapie: Perikardtamponade Beschwerdedauer kleiner 6 Stunden Akute MitralklappenST-Hebungen in mehr als 2 Ableitungen im insuffizienz durch Abriß EKG eines Papillarmuskels Keine Kontraindikationen (Erkrankungen mit Herzwandaneurysma erhöhter Blutungsneigung): i.m.-Spritze zuvor, (Aussackung der beOP in den letzten 3 Wochen, Hirnblutung oder troffenen Herzwand) Apoplex in den letzten 6 Monaten, schwerster mit Gefahr der AnlageHochdruck, schwere Augenschäden, Geschwürung eines Thrombus re, Tumoren, Nierensteine Die Therapie des akuten Myokardinfarktes umfaßt mehrere Schritte 1. Akuttherapie: Sedierung und Schmerzbekämpfung: Gabe von Morphin Heparin und ASS (Aspisol) i.v., bei ausreichendem Blutdruck Gabe von Nitro i.v. (Isoketinfusion) Sauerstoffgabe 2. Kausale Therapie: Entscheidung über Rekanalisationsmöglichkeiten PTCA oder Lyse: Lysetherapie: i.v.-Gabe eines Thrombus-auflösenden Medikamentes, z.B. Streptokinase, Actilyse (rTPA) oder neuerdings auch Rapilysin (rPA). Die Lyse © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 12 macht nur einen Sinn, wenn sie innerhalb der ersten 6 Stunden erfolgt. Danach sind die Herzmuskelzellen abgestorben. Bei der Lysetherapie kommt im Erfolgsfall oft zu schwereren Rhythmusstörungen, die aber gut behandelbar sind (z.B. Kammerflimmern Defibrillation). Akut-PTCA: Herzkatheter mit Ballondilatation im akuten Infarkt. Man erhofft sich dadurch eine bessere Eröffnung des Infarktgefäßes als durch Lyse. Die Verbesserung der Früh- und Langzeitprognose ist nach den ersten Studien aber fraglich und der Aufwand enorm (24h-Bereitschaft eines Herzkathe- EKG beim Infarkt terteams). Notfall-Bypass-Operation: Wird beim normalen Infarkt nie durchgeführt (hohes Risiko), aber bei einer geplanten PTCA, wenn es hierbei zu einer nicht behebbaren Komplikation mit Gefäßverschluß kommt. 3. Nachbehandlung Frühzeitige Mobilisation: bei stabilem Patient schon am Tag nach dem Infarkt in einem langsamen Stufenprogramm und KG-Anleitung. Coronarangiographie im beschwerdefreien Intervall (falls keine Akut-PTCA erfolgt ist) Erhebung eines Gefäßstatus v.a. unter der Fragestellung, ob dem Pat. ein weiterer Infarkt droht. Ggf. Revaskularisationsmaßnahmen wie PTCA oder ACB (Bypass): Rehabilitation: Anschlußheilbehandlung im Anschluß an den Aufenthalt im Akutkrankenhaus, die v.a. der Wiederherstellung der körperlichen Leistungsfähigkeit dient. Dauer: etwa 3 Wochen Tertiärprophylaxe: Verhinderung eines weiteren Infarktes durch sportl. Betätigung, am besten in Herzsportgruppen unter ärztlicher Anleitung Therapie von Risikofaktoren, z.B. fettarme Kost zur Cholesterinsenkung, Einstellen von Rauchen, gute Blutzuckereinstellung bei Diabetikern etc. Dauertherapie mit ASS und evtl. ß-Blockern: Für ASS und ß-Blocker ist gesichert, daß sie das Risiko eines Re-Infarktes senken. Prg 30% der Patienten versterben an ihrem Infarkt noch vor Eintreffen im Krankenhaus (meist am Kammerflimmern), weitere 10% versterben noch unter stationärer Behandlung. Fallvorstellung: Nach Intubation des Patienten entschließt man sich, obwohl Kontraindikationen einer Lyse nicht genau erfragt werden können, bei typischem EKG und Beschwerdedauer von nur 45 Minuten zu einer Lysetherapie mit rTPA. Während der Lyse kommt es erneut zu mehrfachem Kammerflimmern, das mehrere Elektroschocks notwendig macht. Das EKG nach Lyse zeigt keine ST-Hebungen mehr, der Kreislauf ist stabil, der Pat. kann nach 4 Stunden extubiert werden. Die weiteren Untersuchungen der nächsten Tage zeigen keine wesentliche Infarktnarbe. Nach PTCA einer Koronarstenose, Mobilisation und AHB kann der Pat. nach insgesamt 6 Wochen wieder in seinen Beruf zurückkehren. © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 13 3.3. Plötzlicher Herztod Def Weitere Manifestationsmöglichkeit der KHK mit Tod innerhalb Sekunden durch Herz-Kreislaufstillstand Ät Ursache des plötzlichen Herztodes ist fast immer Kammerflimmern, das durch Sauerstoffnot des Herzmuskels ausgelöst wird, ohne das der Pat. Angina pectoris verpüren muß. Diagnostik und Therapie: Der plötzliche Herztod kann nur verhindert werden, wenn innerhalb von ca. 4 Minuten Kreislaufaktivität wiederhergestellt oder durch kardiopulmonale Reanimation auf niedrigem Niveau überbrückt werden kann. Das heißt: jede Bewußtlosigkeit mit Pulslosigkeit (zu tasten an den Halsgefäßen) erfordert sofortige kompetente Reanimationsmaßnahmen. Kommt es nicht im Krankenhaus zu Kamerflimmern, entscheidet die Qualität der Reanimation durch Laien über das Überleben des Patienten. 4. Herzrhythmusstörungen (HRST) Phys Der normale Herzrhythmus wird als Sinusrhythmus bezeichnet. Der Taktgeber, der Sinusknoten sitzt im rechten Vorhof und gibt elektrische Impulse mit einer Frequenz von 60-120/min ab, je nach Bedarf. Er wird über das autonome Nervensystem und über die Katecholamine (Adrenalin, Noradrenalin) reguliert. Die Impulse werden über die Vorhöfe geleitet, erreichen, den AV-Knoten, werden kurz verzögert und dann über die HIS-Bündel in die beiden Hauptkammern weitergeleitet. Dieser Erregungsabluaf ist im EKG nachzuvollziehen. Setzt der Sinusknoten als Taktgeber aus, so springt der AV-Knoten als Ersatzzentrum ein. Seine Frequenz ist niedriger (40/min). Kommt es auch zu einem Ausfall dieses Zentrums, oder wird die Erregung von den Vorhöfen nicht auf die Hauptkammer weitergeleitet, springen Zellen des HIS-Bündels ein, deren Frequenz liegt allerdings nur noch bei 25-30/min. Etl Man untersscheidet HRST nach verschiedenen Kriterien: nach der Pulsfreuquenz in tachykarde (schnelle) und bradykarde (langsame) HRST. nach dem Ort der Entstehung werden zusätzlich die tachykarden HRST in supraventrikuläre HRST und ventrikuläre HRST unterschieden. Supraventrik. HRST erkennt man am schmalen QRS-Komplex, ventrik. HRST am breiten QRS-Komplex (hiervon gibt es Ausnahmen, z.B. die sog. Schenkelblöcke). Allgemeine Diagnostik: Für alle HRST eignen sich zur Diagnostik das EKG. V.a. das Langzeit-Ekg kann auch nur sporadisch oder nächtlich auftretende HRST aufspüren. © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 14 4.1. Bradykarde Herzrhythmusstörungen Sy Alle Bradykardien fallen durch Symptome auf, die durch eine plötzlich erniedrigte Blutzirkulation entstehen: Schwindel, Übelkeit, Schwarzwerden vor den Augen Kollaps mit Bewußtseinstrübung oder -verlust Krampfanfälle: Krampfanfälle, die durch Bradykardien ausgelöst sind, nennt man Adams-Stokes-Anfälle Beispiel 1: Hypersensitiver Carotissinus-Syndrom (HCSS) PPh Sy D Die Halsschlagadern haben Blutdrucksensoren, die v.a. im Alter übersensibel reagieren können und bereits bei Kopfwendung oder Druck auf die Gefäße eine Bradykardie auslösen können. Kollapssymptomatik, die durch bestimmte Kopfbewegung provoziert werden kann. Carotisdruckversuch: EKG-Erfassung während absichtlichen Drucks auf die Halsgefäße. Vorsicht: Es kann damit auch ein Herzstillstand provoziert werden. Beispiel 2: AV-Block (AVB) PPh Ät Sy D Der AV-Knoten leitet die Erregung aus den Vorhöfen in die Ventrikel weiter. Er kann krankheitsbedingt oder durch Medikamente so gestört sein, daß er die Überleitung teilweise oder vollständig blockiert. Typische Auslöser für einen AV-Block sind u.a. ein Herzinfarkt, v.a. ein Hinterwandinfarkt Medikamente, die das Herz langsamer machen, v.a. ß-Blocker, Isoptin, Dilzem und Digitalispräparate selten auch Infektionen, v.a. für die Lyme-Borreliose (typische Zeckeninfektion in Oberfranken) ist der AV-Block typisch. Beim vollständigen AV-Block (AVB III°) Kollaps, Hypotonie und evtl. AdamsStokes-Anfall EKG: Beim kompletten (III°igen) AVB normaler Schlag der Vorhöfe (P-Wellen) im EKG, langsamer Schlag der Ventrikel, beide Aktionen sind völlig unabhägig voneinander. Therapie bradykarder Herzrhythmusstörungen: Th Th im Akutfall: Versuch einer Gabe pulssteigernder Medikamente (Atropin 1-2 Amp., Alupent) falls ohne Erfolg: Anlage eines vorläufigen Schrittmachers extern (durch Klebeelektroden von außen) oder intern (über ein in das Herz vorgeführtes Schrittmacherkabel) bei chronischen Bradykardien: Anlage eines permanenten Herzschrittmachers © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 15 Herzschrittmacher Herzschrittmacher geben kleine elektrische Impulse (im mV-Bereich) an das Herz ab, sodaß der Puls nicht langsam werden kann. Sie erkennen eigene Aktionen des Herzens (Sensing) Sie geben, falls innerhalb einer eingestellten Zeit keine Eigenaktionen erkennbar sind, Impulse an das Herz ab (Pacing). Man unterscheidet zwei wichtige Schrittmachertypen: VVI-Schrittmacher haben nur ein Kabel, daß in den rechten Ventrikel führt. Der Vorhof kann weder erkannt, noch stimuliert werden. Er ist besonders dann sinnvoll, wenn der Vorhof sowieso nicht mehr normal schlägt (sog. Vorhofflimmern, siehe weiter unten) Der DDD-Schrittmacher hat zwei Kabel für Vorhof und Ventrikel. Beidseits kann er sowohl sensen als auch pacen (erkennen und stimulieren). Damit ist es möglich, künstlich einen normalen Erregungsablauf im Herzen (Erst Erregung der Vorhöfe, dann, mit einer kurzen zeitlichen Verzögerung, Erregung der Kammern) zu erzeugen. Schrittmacher werden in örtlicher Betäubung unter Haut gesetzt. Sie können von außen umprogrammiert werden. Die Batterie hält je nach Einsatzhäufigkeit im Mittel 5-7 Jahre, dann muß das gesamte Gerät ausgetauscht werden. Die Funktion wird alle 6 Monate kontrolliert. 4.2. Tachykarde supraventrikuläre Rhythmusstörungen Kennzeichen der meisten tachykarden supraventrikulären Rhythmusstörungen sind die schmalen QRS-Komplexe im EKG. (Ausnahmen bestätigen die Regel) Vorhofflimmern PPh Normalerweise funktioniert die Erregung der Vorhöfe geordnet nach Abgabe eines Impulses durch den Sinusknoten (Sinusrhythmus). Beim Vorhofflimmern kreisen Erregungswellen chaotisch und unkoordiniert durch die Vorhöfe, sodaß es zu keinen geordneten Kontraktionen der Vorhöfe mehr kommt. Die Erregungen werden vom AV-Knoten unregelmäßig auf die Kammer übergeleitet (Absolute Arrhythmie). Er funktioniert dabei wie ein Filter und läßt nicht jede Vorhoferregung durvh, sonst käme es zu einer Pulsfrequenz von 250-300/min, die nicht mit dem Leben vereinbar wäre. Dennoch kann es manchmal zu zu schneller (Tachyarrhythmie) oder zu langsamer Überleitung (Bradyarrhythmie) des AV-Knotens kommen, die zu Beschwerden führen. Ät idiopathisch (Ursache nicht bekannt) in 10% der Fälle kardiale Ursachen: Herzklappenfehler, KHK (häufigste Ursache bei Älteren), Kardiomyopathie, Z.n. Herzoperationen © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 16 extrakardiale Ursachen: art. Hypertonie (Bluthochdruck), Schilddrüsenüberfunktion, Alkohol (Holiday-heart-Syndrome), medikamentös Sy Palpitationen: Pat. bemerken eine Pulsunregelmäßigkeit, dies kann zu Beklemmungsfeühlen, Kloß im Hals oder zu Herzklopfen führen Kollapssymptomatik v.a. bei Bradyarrhythmie Ebenfalls Kollapssymptomatik, Dyspnoe, Orthopnoe u.a. Zeichen der akuten Linksherzinsuffizienz v.a. bei Tachyarrhythmie Ko Akute Herzdekompensation v.a. bei Tachyarrhythmien Schwere Bradykardie spontan oder nach Therapieversuch einer Tachyarrhythmie Am gefürchtetsten ist: Embolie aus dem Herzen (kardiale Embolie). Kardiale Embolie bei Vorhofflimmern PPh Beim Vorhofflimmern ziehen sich die Vorhöfe nicht mehr geordnet zusammen. Dadurch wird das Blut nicht mehr so effektiv transportiert, es fließt langsamer und es kann, besonders in versteckten Winkeln der Vorhöfe (linkes Herzohr) zu Blutgerinnseln (Thromben) kommen. Lösen sich diese aus dem linken Vorhof, werden sie in die Blutbahn fortgeschleppt und verstopfen irgendwo ein Gefäß = Embolie. Sy Embolie eines Gehirngefäßes Schlaganfall (Apoplex) Embolie eines Darmgefäßes Mesenterialinfarkt Embolie eines Beingefäßes Akute Beinembolie Th Die Therapie des Vorhofflimmern hat mehrere Ziele, nicht alle müssen unbedingt erreicht werden 1. Ziel: Normale Kammerfrequenz bei Tachyarrhythmie Gabe von Medikamenten, die die Überleitung von den Vorhöfen auf die Kammern abbremsen: Digitalis, Ca-Antagonisten (Isoptin, Dilzem), ß-Blocker (z.B. Sotalex) und zahlreiche weitere Antiarrhythmika (z.B. Cordarex). Leider kann es häufig dazu kommen, daß das Ziel überschritten wird und es zur Bradyarrhythmie kommt. Auch ständige, nicht kontrollierbare Wechsel können vorkommen. bei Bradyarrhythmie (auch unter Therapie einer ursprünglichen Tachyarryhthmie) hilft nur der Schrittmacher. Hier genügt oft der einfachere VVISchrittmacher. 2. Ziel: Umwandlung (Kardioversion) in Sinusrhythmus Dieses Ziel ist umso eher erreichbar, je kürzer das Vorhofflimmern angedauert hat. Medikamentöse Kardioversion mit der o.g. Medikamente Elektrische Kardioversion: Mit Hilfe eines Stromstosses werden die Vohöfe ‚lahmgelegt‘, der Sinusknoten hat die Chance, nun als erstes wieder einzuspringen und ‚das Kommando zu übernehmen‘. Die Elektrische Kardioversion wird in Kurznarkose durchgeführt. Merke: Für eine Kardioversion von Vorhofflimmern (mit welcher Methode auch immer) ist immer eine ausreichende Blutverdünnung (Antikoagulation) über mehrere Wochen (meist mit dem Medikament Marcumar) notwendig, da beim Umspringen in Sinusrhythmus die Emboliegefahr am größeten ist. 3. Ziel: Vermeiden einer Embolie durch Blutverdünnung Egal ob VHF kardiovertiert wird oder lediglich eine normale Kammerfrequenz angestrebt wird, eine aureichende Blutverdünnung ist in aller Regel immer © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 17 empfehlenswert, da es sonst leichter zu kardialen Embolien kommen kann. Insbesondere der Schlaganfall ist gefürchtet. Die Blutverdünnung wird meist mit dem Medikament Marcumar durchgeführt. Der Therapieerfolg muß mit Hilfe regelmäßig durchgeführter Gerinnungstests (sog. Quickwert, in Zukunft jedoch immer öfter der sog. INR-Wert) überwacht werden. Die Pat. tragen einen Ausweis mit sich, in den auch die Dosis und der Gerinnungswert eingetragen werden. WPW-Syndrom (Wolff-Parkinson-WhiteSyndrom) Def PPh Th Angeborenes Syndrom, bei der eine zusätzliche elektrische Verbindung zwischen Vorhöfen und Kammern besteht. Über diese zusätzliche Bahn kann sich eine Kreiserregung aufbauen, die zu einer meist plötzlich (paroxysmal) auftretenden Tachykardie führt Die zusätzliche Verbindung kann in speziellen Zentren mittels Katheter verödet werden. Dies führt meist zur definitiven Heilung. 4.3. Ventrikuläre Tachykardie, Kammerflattern, Kammerflimmern Kennzeichen aller ventrikulären tachykarden Rhythmusstörungen (ohne Ausnahme) sind die breiten, deformierten QRS-Komplexe im EKG. Def Ät Sy D Th Schwerwiegendste Rhythmusstörungen, akut lebensbedrohlich, bei der die Kammern zu schnell (ventrik. Tachykardie, Kammerflattern) bzw. unkoordiniert (Kammerflimmern) schlagen, sodaß die Funktion des Herzens, Blut zu transportieren, nicht mehr gewährleistet ist (feststellbar an der Pulslosigkeit des Pat.). Häufigste Ursache ist der Myokardinfarkt. Kammerflattern/-flimmern ist die häufigste Todesurache beim Myokardinfarkt. beim plötzlichen Herztod handelt es sich um spontan auftretendes Kammerflimmern meist auf dem Boden einer KHK schwere Herzerkrankungen aller Art, v.a. Myokarditis und Kardiomyopathie schwere Elektrolytentgleisungen, v.a. Hypokaliämien Kollaps mit Bewußtlosigkeit und Pulslosigkeit Bei Bewußtlosigkeit und Pulslosigkeit hat die Reanimation Vorrang vor der Diagnostik, Wiederbelebungsmaßnahmen sofort beginnen. im EKG: breite QRS-Komplexe (ventrik. Tachykardie) bis hin zu unregelmäßigen Flimmerwellen (Kammerflimmern) Präkordialer Faustschlag: bei beobachteten Kollaps mit Kammerflimmern © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 18 Elektrische Defibrillation: Elektroschock, der die chaotische Rhythmusstörungen abrupt unterbricht und somit den normalen Rhythmusszentren (Sinusknoten) die Chance gibt, das Kommando wieder zu übernehmen. Medikamente zur Rhythmusstabilsierung des Herzens nach erfolgreicher Defibrillation: Xylocain, Cordarex. Merke: JEDE tachykarde Rhythmusstörung, die zu einer schweren Beeinträchtigung der Herzfunktion führt, kann und soll mittels elektrischer Schockabgabe behandelt werden. Sie führt am schnellsten zur Wiederherstellung eines normalen Rhythmus. 4.4. Ventrik. und supraventrik. Extrasystolie Def Unter Extrasystolen versteht man elektrische Erregungen des Herzens, die nicht aus den normalen Reizbildungszentren stammen. Je nach dem Ort, wo Extrasystolen entstehen, unterscheidet man supraventrikuläre Extrasystolen (im Vorhof entstanden) und ventrik. Extrasystolen (im Ventrikel entstanden). SVES Supraventrikuläre Extrsystolen zeigen im EKG meist einen schmalen QRS-Komplex. Sie sind ohne jegliche Bedeutung. VES Ventrik. Extrasystolen entstehen irgendwo in einer Kammer. Einzelne VES haben ebenfalls keine patholog. Bedeutung. Von sensiblen Menschen können sie als Herzstolpern empfunden werden. Sie zeigen einen breiten QRS-Komplex. Vom Bigeminus spricht man, wenn sich jeweils ein Normalschlag und eine VES abwechseln. Da VES meist keinen Puls produzieren, kommt es bei der Pulsmessung zu langsamen Puls. Dies kann, v.a. bei vorbestehenden Erkrankungen, zu Beschwerden wie bei Bradykardie führen. Couplets und Triplets sind zwei bzw. drei aneinandergereihte VES. Einzelne Couplets oder Triplets sind ohne Relevanz. Treten mehr als 3 VES hintereinander auf so spricht man von ventrik. Salven, bei anhaltenden Salven handelt es sich um eine ventrik. Tachykardie. Salven und VT können für einen Pat. insbesondere dann bedrohlich sein, wenn eine Herzerkrankung, besonders mit Herzinsuffizienz vorliegt. D Durch das EKG Th SVES sowie vereinzelte VES bedürfen keiner Therapie Bigeminis, Couplets und Triplets bedürfen nur dann einer Therapie, wenn sie Beschwerden verursachen Salven und VT sind dann therapiepflichtig, wenn sie Beschwerden machen, oder wenn zusätzlich eine Herzerkrankung besteht. Anhaltende ventrik. Tachykardien entstehen praktisch immer auf dem Boden einer therapiepflichtigen Erkrankung. Zur Auswahl stehen: (1) Antiarryhthmika: Medikamente, die Rhythmusstörungen unterdrücken sollen. Besprochen wurden schon Cordarex, Xylocain. Isoptin hat bei ventrik. HRST keine Wirkung. Sotalex ist noch ein wirksames Medikament. © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 19 Fast alle Antiarrhythmika verbessern die Prognose nicht. Für das Medikament Flecainid wurde sogar nachgewiesen, daß mit Therapie mehr Menschen versterben als ohne. Die Therapie muß daher streng indiziert sein. (2) AICD: Automatischer Implantierbarer Cardioverter-Defibrillator. Gerät, das wie ein Schrittmacher eingepflanzt wird, jedoch mehr kann: Funktion eines Schrittmachers Abgabe von Elektroschocks (interne Defibrillation/Kardioversion) Aufzeichnen aller gefährlichen Rhythmusstörungen, die den AICD aktivieren, sodaß später eine Auswertung erfolgen kann. AICD sind sehr teuer (ca. 10.000 DM), daher ist auch ihr Einsatz nur bei strenger Indikation gerechtfertigt. 5. Erworbene Herzklappenfehler (Vitien) Erworbene Herzklappenfehler spielen sich fast immer an den Klappen des linken Herzens ab (Mitral- und Aortenklappe). Man unterscheidet Stenose: Klappe geht nicht mehr richtig auf, ist verengt Insuffizienz: Klappe schließt nicht mehr richtig, ist undicht Kombiniertes Vitium: Klappe geht weder richtig auf noch zu Ät Häufigste Ursache eines Klappenvitiums ist eine früher durchgemachte rheumatische Endokarditis i.R. eines akuten rheumatischen Fiebers. Das akute rheumatische Fieber ist eine Folgekomplikation einer verschleppten bakteriellen Infektion mit Streptokokken (z.B. Angina des Halses, Mandelentzündung). Seltener, aber dramatischer im Verlauf, ist eine akute bakterielle Endokarditis die Ursache. Hierbei werden die Klappen von Bakterien regelrecht ‚zerfressen‘, daher führt die bakterielle Endokarditis meist zu Insuffizienzen. Die Endokarditis lenta ist ebenfalls eine bakterielle Entzündung der Herzklappen, sie verläuft aber wesentlich weniger akut. Die Zerstörung der Herzklappe steht erst am Ende eines wochenlangen Krankheitsprozesses. Die Diagnose ist am Anfang (wo die Chancen einer Therapie besser stehen) oft schwierig. Zum Nachweis eines Keimes bedarf es oft eines Dutzend Blutkulturen. Auch die E. lenta führt immer zur Insuffizienz. daneben gibt es weitere sehr seltene Ursachen Gemeinsame therapeutische Prinzipien: Endokarditisprophylaxe Jeder Pat. mit einer defekten Klappe ist gefährdet, eine akute bakterielle Entzündung seiner Herzklappen zu entwickeln. Daher muß bei jedem Eingriff, bei dem Bakterien in die Blutbahn kommen könnten (z.B. Zahnarzt, OP) eine Prophylaxe mit Antibiotika eingenommen werden. Hierfür reicht die zweimalige Gabe eines Antibiotikums unmittelbar vor und kurz nach dem Eingriff. Operativer Klappenersatz Schwer funktionsgestörte Klappen müssen gegen Kunstklappen ersetzt werden. Hierbei unterscheidet man zwei Klappentypen: © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 20 Bioklappen: werden aus Schweineendokard hergestellt. Vorteil: Sie haben keine Neigung, Thromben zu bilden. Daher muß danach kein Marcumar gegeben werden. Nachteil: Sie halten nicht so lange. Kunststoff/Keramikklappen: Vorteil: Sie halten lange, Nachteil: Sie erfordern lebenslang Marcumar. 5.1. Mitralstenose PPh Sy D Th Die Mitralstenose läßt Blut nur noch unter Widerstand in den linken Ventrikel einfließen, es staut sich in den linken Vorhof und in die Lungenvenen zurück. Folge: Druckerhöhung im linken Vorhof, im Lungenkreislauf und nach einiger Dauer auch im rechten Ventrikel Folge der Drucksteigerung im linken Vorhof: Absolute Arryhthmie bei Vorhofflimmern, da der überdehnte Vorhof nicht mehr elektrisch normal funktioniert Gefahr des Schlaganfalls und von Embolien, da sich im linken Vorhof Thromben bilden können. Folge der Druckerhöhung im Lungenkreislauf: Symptome wie bei Linksherzinsuffizienz: Belastungsdyspnoe und Orthopnoe bei akuter Verschlechterung Lungenödem Folge der Rechtsherzbelastung: Symptome wie bei Rechtsherzinsuffizienz Beinödeme gestaute Halsvenen Stauungsleber und Stauungsmagen mit Bauchschmerzen und Appetitlosigkeit Fazies mitralis: Pat. mit Mitrastenose haben typischerweise eine leichte Zyanose mit rotbläulich gefärbten Bäckchen. Röntgenbild (ungenau) Auskultation (ungenau) Herzecho: sehr genaues Verfahren, bei dem auch der Grad der Verengung gut ausgemessen werden kann Herzkatheter: Dient v.a. zur Druckmessung im großen und kleinen Kreislauf; war früher die Standardmethode zur Feststellung, ob eine OP möglich ist. Ist jetzt noch wichtig, um eine begleitende KHK auszuschließen (die ansonsten gleich mitversorgt werden würde ACB). Konservative Therapie: Marcumar bei absoluter Arrhythmie und Gefahr von Embolien. Weitere Medikamente haben nur einen begrenzten Einfluß. Operative Therapie: Klappensprengung mit Hilfe eines Ballons bei nicht stark verkalkten Stenosen Klappenersatz (s.o.) 5.2. Mitralinsuffizienz PPh Bei der Mitralinsuffizienz (MI) kommt es in der Systole zu einem Rückfluß von Blut durch die undichte Klappe in den linken Vorhof. Folge ist daher eine Volumenbelastung des linken Vorhofes, die letztendlich ebenfalls zu einer Überdehnung des Vorhofes, zu einem Rückstau in die Lungenvenen und zu einer Rechtsherzbelastung führt (vergleiche Mitralstenose). © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Sy D Th Seite 21 Entscheidend für das Ausmaß der Symptome einer MI ist v.a. die Zeitspanne, in der der Fehler auftritt. Während bei der rheumatischen Endokarditis oft Jahre bis zu einer schwerwiegenden MI vergehen, tritt eine MI bei akuter bakterieller Endokarditis rasch auf. Bei einem Abriß der Papillarmuskel, die die Klapppe halten, z.B. beim Myokardinfarkt, tritt das Vitium perakut auf. Anpassungsmachanismen können nicht greifen und es kommt unvermittelt zum Lungenödem. Die Symptome gleichen denen der Mitralstenose, siehe dort! Auch die Diagnose wird mittels der gleichen Verfahren gestellt, wie bei der Mitralstenose Die entscheidende Therapie ist der operative Klappenersatz. Dieser muß rechtszeitig erfolgen. Die Chancen sinken bei bereits geschädigtem Herzmuskel, sie sind schlecht bei akuter bakterieller Endokarditis. 5.3. Aortenklappenstenose PPh Die Aortenklappenstenose (AS) führt zu einer Druckbelastung des linken Ventrikels. Dieser muß das Blut nicht nur gegen den Widerstand des Blutdrucks in die Arterien pumpen, sondern zustätzlich gegen den Widerstand der verengten Aortenklappe. Eine hochgradige Aortenstenose ist durch einen Druckgradienten zwischen LV und Aorta von mehr als 80 mmHg in der Systole gekennzeichnet. Beispiel: RR 130/80, Aortenstenose mit Druckgradienten von 85 mmHg Systolischer Druck im LV 215 mmHg! Sy Die Aortenstenose hat folgende Effekte: Herzmuskelhypertrophie als Anpassungsreaktion auf erhöhte Druckwerte bei Versagen des Kompensationsmechanismus: linksventrikuläre Dilatation und Linksherzinsuffizienz mit Lungenödem Vorwärtsversagen: Erniedrigtes Herzzeitvolumen mit Hypotonie, Einschränkung der Leistungsfähigkeit, Synkopen Eine Aortenstenose bleibt solange kompensiert und damit ggf. auch klinisch unbemerkt, solange das Herz durch Hypertrophie die erhöhte Druckbelastung bewältigen kann. Eine AS kann jahrelang symptomlos bleiben. Typische Erstsymptomatik ist die Synkope nach körperlicher Anstrengung. Th operativer Aortenklappenersatz, bevor es zu einer Dilatation des linken Ventrikels kommt 5.4. Aorteninsuffizienz Die Aortenklappeninsuffizienz (AI) führt zu einer Volumenbelastung des LV. Eine hochgradige AI ist durch einen diastolischen Rückfluß aus der Aorta in den LV gekennzeichnet, der fast den ganzen LV ausfüllt. Ähnlich wie für die Mitralinsuffizienz gilt: je schneller die Insuffizienz entsteht, desto geringer die Anpassungsmöglichkeiten, desto rascher und heftiger die Symptome. Typische Ursache der akuten AI ist die bakterielle Endokarditis. Sy Die AI hat folgende Effekte: Große Blutdruckamplitude (z.B. 160/30mmHg), da Blut in der Diastole zurückfließt und damit die Windekesselfunktion der Aorta gestört wird. Vergrößerung des LV durch die massive Volumenbelastung (sog. Pendelvolumen) © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Th Seite 22 Bei Versagen der Kompensationsmechanismen: Zeichen der Linksherzinsuffizienz, insbesondere Lungenödem operativer Aortenklappenersatz 5.5. weitere Vitien Erworbene Herzklappenfehler der Pulmonal- und Trikuspidalklappe sind eine Seltenheit, diese werden deshalb nicht besprochen. Daneben gibt es die große Gruppe der angeborenen Herzfehler. Beim heutigen Standard der Medizin in Deutschland ist es eine Seltenheit, daß diese Vitien nicht bereits im Kindesalter erkannt und ggf. behandelt werden. Sie kommen daher in der Erwachsenenmedizin in Deutschland praktisch nicht vor. Viele Erwachsene behaupten, sie hätten in der Kindheit einen ‚Herzfehler‘ gehabt, jetzt aber ist nicht mehr nachzuweisen. Tatsächlich aber haben 50% aller Kinder in ihrem Leben einmal ein auskultierbares Herzgeräusch, das jedoch funktioneller Natur ist und keinen Herzfehler widerspiegelt. 6. Kardiomyopathien Def Etl Sy D Th Unter (primärer) Kardiomyopathie (KMP) versteht man eine Herzmuskelerkrankung, deren Ursache unklar ist. Diskutiert werden v.a. unerkannte infektiöse Ursachen (idR. Viren) und toxische Schädigungen (z.B. Alkohol, Zytostatika). Die KMP betreffen meist den gesamten Herzmuskel. Dilatative KMP: Ist gekennzeichnet durch eine Erweiterung der Herzhöhlen, v.a. des LV. Hypertrophe KMP: Massive Verdickung des LV (ohne andere Ursache) Restriktive KMP: Selten, massive Versteifung des LV Arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie: Selten zu Lebzeiten diagnostiziert ist diese Form der KMP eine häufige Ursache des plötzlichen Herztodes, wie man bei Sektionen sieht. Gemeinsames Symptom fast aller KP ist die Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen Die Diagnose kann relativ zuverlässig mittels Echokardiographie gestellt werden, dennoch wird in aller Regel ein Herzkatheter durchgeführt, um die häufigste Ursache einer Herzinsuffizienz, die KHK, auszuschließen. In vielen Fällen wird auch eine Muskelbiopsie entnommen. Die KMP kann ursächlich nicht behandelt werden. Die Therapie ist daher eine Therapie der Herzinsuffizienz und der Herzrhythmusstörungen. Bei Versagen der medikamentösen Therapie verbleibt nur die Herztransplantation. 7. Perikarditis Def Ät Entzündung des Herzbeutels, als P. sicca ohne Ergußbildung, ansonsten mit Ergußbildung Entzündung durch Infektion: Viren, Bakterien (z.B. Tuberkulose), Mitbeteiligung des Perikards bei einer Pneumonie Postoperativ: sog. Postkardiotomiesyndrom Nach Herzinfarkt © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Sy D Th Seite 23 Im Rahmen einer rheumatischen Grunderkrankung (z.B. Lupus erythematodes) Urämisch: bei Nierenversagen mit Anhäufung toxischer Stoffe im Blut Die Symptome sind denen der Angina pectoris und des Herzinfarktes ähnlich Labor: Anstieg der Herzenzyme, Anstieg der Entzünungszeichen (BKS, CRP, Leukozytose) EKG: ST-Hebungen ⇐ Verwechslung mit dem Herzinfarkt möglich!! Auskultation: evtl. Reibegeräusch hörbar, bei großem Erguß leise Herztöne Echo: Perikarderguß! Antientzündliche Therapie (z.B. Voltaren), bei V.a. baketrielle Infektion auch antibiotische Therapie Bei großem Perikarderguß mit Gefahr der Perikardtamponade: Perikardpunktion 8. Arterielle Hypertonie Häu 20er-Regel: 20% der über 60jährigen haben einen Bluthochdruck, 20% davon wissen das gar nicht, und 20% derer, die von ihrem Hochdruck wissen, sind nicht adäquat behandelt. Def Von einer Hypertonie spricht man bei Werten über 140mmHg systolisch und 90mmHg diastolisch in Ruhe. Grenzwerthypertonie (oder labile Hypertonie): Werte zwischen 140 und 160 mmHg systolisch bzw. 90 und 95 mmHg diastolisch manifeste Hypertonie: Werte über 160 mmHg systolisch bzw. über 95 mmHg diastolisch alle Definitionen gelten für Werte in Ruhe, eine Messung während körperlicher oder psychischer Belastung hat keine Aussagekraft. Hierzu zählt auch der sog. ‚Weißkittelhochdruck‘: erhöhte Werte durch den psychischen Druck einer medizinischen Untersuchung. Ät essentielle Hypertonie: 90% aller Hochdruckpatienten haben keine umschriebene Ursache für den Hochdruck, es handelt sich vielmahr um ein mehrfaktorielles Zusammenspiel mehrerer Ursachen: genetische Disposition, Ernährungsgewohnheiten (Salzreiche Kost), Überernährung, Streß. charakteristich für die essentielle Hypertonie ist die erhaltene Tagesrhythmik des Blutdruckes mit niedrigeren Nachtwerten. Sekundäre Hypertonie: in 10% gibt es eine umschriebene Ursache, deren rechtzeitige Beseitigung auch zu einer Verbesserung des Blutdruckes führt. charakteristisch für die sekundäre Hypertonie ist die oft aufgehobene Tagesrhythmik des Blutdruckverlaufs Nierenerkrankungen (Nierenarterienstenose, jede chronische Nierenerkrankung) © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen PPh Sy Ko D Seite 24 Hormonelle Ursachen (M. Cushing: Überproduktion von Cortisol, M. Conn: Überproduktion von Aldosteron, Phäochromozytom: Überproduktion von Adrenalin, Hyperthyreose: Überproduktion von Thyroxin) Der hohe Blutdruck (RR) führt zu einer Druckbelastung des LV, dieser kann sich lange durch Hypertrophie an die erhöhte Arbeit anpassen, bei sehr schlecht eingestelltem RR kommt es im Verlauf aber zu einer Herzinsuffizienz und Erweiterung des LV ⇐ hypertensive Herzkrankheit. zu einer rascheren Arterienverkalkung (Atherosklerose) aller Gefäße. Die Entstehung von Plaques in den Arterien wurde unter ‚akutes Koronarsyndrom‘ (Seite 8) beschrieben und gilt vom Prinzip her für alle Gefäße. Atherosklerose der Koronararterien: Koronare Herzkrankheit Atherosklerose der Halsschlagadern: Gefahr des Schlaganfalls Atherosklerose der Aorta und der Beingefäße: periphere arterielle Verschlußkrankheit zu einer Schädigung der kleinen Arterien (Arteriolen) v.a. des Auges und der Nieren: Hypertensive Retinopathie: Sehstörungen Hypertensive Nephropathie (Nephrosklerose): chronische Niereninsuffizienz Hoher Blutdruck tut (leider) nicht weh! Pat. klagen oft gar keine Beschwerden, daher wird die Hypertonie meist im Rahmen eines Routinearztbesuches oder in der Apotheke festgestellt. Lediglich bei stark erhöhten Werten klagen Pat. manchmal über Kopfdruck, Schwindel, Ohrensausen, Nasenbluten oder Herzklopfen. Neben den oben beschriebenen Spätkomplikationen kann als Akutkomplikation die hypertensive Krise mit Werten über 230/115 mmHg auftreten. Folgen: Akute Herzinsuffizienz mit Lungenödem Hypertensive Enzephalopathie mit Bewußtseinsstörungen, Kopfschmerzen, Erbrechen Hypertensive Hirnblutung Häufigste Methode ist die indirekte Blutdruckmessung nach Riva-Rocchi (RR), die wohl nicht erklärt zu werden braucht. Vorteil: Sehr einfach anwendbar, beliebig wiederholbar, keine Risiken Nachteil: zahlreiche Fehlermöglichkeiten, relativ ungenau, +/- 15mmHg Direkte Blutdruckmessung durch Kanülierung einer Arterie, häufigste Punktionsorte sind: Art. radialis, Art. femoralis Vorteil: Sehr genau, kontinuierliche Messung möglich Nachteil: Risiken (Gefäßverschluß, Blutung, Infektion) 24-Stunden-Blutdruckmessung: Relativ kontinuierliche RR-Aufzeichnung mittels indirekter Messsung, die eine wesentlich bessere Beurteilung des RR und seiner Behandlungsbedürftigkeit zuläßt und außerdem die Tagesryhthmik beurteilen läßt. Ursachensuche: Bei der Erstdiagnose einer Hypertonie muß nach Ursachen einer möglichen sekundären Hypertonie gefahndet werden: Nierensono: Ein- oder beidseitige Nierenverkleinerung, Nebennierentumor? © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Th Seite 25 Schilddrüsenwerte Cortisol- und Aldosteronabbauprodukte im 24-h-Urin, Cortisolbestimmung im Blut Adrenalinabbauprodukte im 24-h-Urin (Vanillinmandelsäure) 1. Behandlung der Grundkrankheit bei Nachweis einer sekundären Hypertonie 2. Allgemeinmaßnahmen: Abspecken salzarme Kost Meiden von Nikotin und anderen Blutdruck-steigernden Stoffen Körperliche Betätigung 3. Medikamentöse Therapie: Stufentherapie der WHO, siehe folgenden Abschnitt Stufentherapie der art. Hypertonie Zur medikamentösen Therapie der art. Hypertonie stehen zahlreiche Substanzgruppen zur Verfügung: Wirkstoffgruppe (Beispiele) besonders zu empfehlen bei Calcium-Antagonisten (z.B. Adalat, Isoptin, Munobal, Norvasc, Dilzem) ACE-Hemmer (Xanef, Delix, Lopirin) Diuretika (Dytide H, Arelix RR) ß-Blocker (Beloc, Tenormin, Dilatrend) -- nicht zu empfehlen oder mit Vorsicht anwenden bei bradykarde Rhythmusstörungen (gilt für einige Ca-Antagonisten) Diabetikern fortgeschrittener Niereninsuffizienz, Nierenarterienstenosen älteren Menschen -jüngere Menschen, Pat. nach Asthmapatienten, Pat. mit DiaHerzinfarkt betes und Neigung zu Hypoglykämien alpha-Blocker (Minipress) -Pat. mit Neigung zu Synkopen Gefäßdilatatoren (Nepresol) Schwangeren Reservemedikament (Nebenwirkungen) zentral wirksame Antihypertensi- -Reservemedikament (Nebenwirva (Catapressan, Ebrantil) kungen) Vorgehen bei der medikamentösen Therapieeinstellung: 1. Zielvorgabe: RR-Senkung nur in Ausnahmefällen sofort. Ziel ist vielmehr die langsame und möglichst nebenwirkungsarme RR-Senkung im Laufe der kommenden 2-3 Wochen. Daran denken: Hochdruck tut nicht weh, der Pat. spürt aber die Nebenwirkungen einer möglicherweise rasch wirksamen Hochdrucktherapie und die Gefahr steigt, daß er diese nicht oder nicht regelmäßig einnimmt, weil er sich nach Therapie schlechter fühlt als vorher. Daher langsame Therapieeinstellung und nicht zu ehrgeizige kurzfristige Ziele. 2. Stufentherapie: Stufe 1: Monotherapie mit einem Präparat aus obiger Tabelle (Ausnahme: nicht Reservemedikamente). Falls das Präparat trotz voller Dosis nicht ausreichend wirksam ist, zunächst Umstellung auf ein anderes Monopräparat. Neben der Wirkung ist ein wichtiges Auswahlkriterium: schonende nebenwir- © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 26 kungsarme Blutdrucksenkung, einfache Handhabung (z.B. 1mal tägliche Einnahme) Stufe 2: Kombination aus 2 der o.g. Präparate. Hierfür stehen fixe Kombinationen zur Verfügung (z.B. Delix plus= ACE-Hemmer + Diuretikum) Stufe 3: Kombination aus 3 der o.g. Präparate Stufe 4: Zugabe eines Reservemedikamentes. Diese haben häufig stärkere Nebenwirkungen (z.B. Müdigkeit und Mundtrockenheit bei Catapressan). 3. Bedarfstherapie bei Blutdruckspitzen: Hohe RR-Werte werden im allgemeinen zu rasch und zu aggressiv im Krankenhaus gesenkt. Vorüberlegung: Wie lange hat der Pat. bereits seine hohen Werte? Oft bereits Monate und Jahre, dies muß zwar korrigiert werden, aber nicht in einer Stunde. Hat der Pat. Beschwerden bei seinem hohen Blutdruck? Oft nicht und somit besteht kein massiver Therapiezwang. Wie wirkt sich meine Reaktion auf einen erhöht gemessenen Blutdruck auf den Pat. aus? Im Sinne des Weißkittelhochdrucks trägt das Verhalten des medizinischen Personals (‚Oh Gott, Ihr Blutdruck ist ja viel zu hoch!‘) zur weiteren Blutdruckerhöhung bei. Halbstündiges Nachmessen bei erhöhtem Blutdruck in der Nacht führt sicherlich ebenfalls nicht zur RR-Senkung. Konsequenz: Hoher Blutdruck mit Symptomen ist auf jeden Fall rasch behandlungsbedürftig, dies gilt besonders für die hypertensive Krise Hoher Blutdruck infolge Streß, Schmerzen, Aufregung, Schlaflosigkeit, Angst etc. sollte primär nicht mit Blutdruckmedikamenten sondern kausal behandelt werden: Schmerzmittel, Zuspruch, Beruhigungsmedikamente Hoher Blutdruck (in etwa: unter 200 mmHg syst.) ohne Symptome sollte besser aufmerksam beobachtet und mittelfristig behoben werden. Medikamentenauswahl für die Therapie der hypertensiven Krise: Medikament Adalat SL 5 oder 10mg als Kapsel sublingual Nitro-Spray (2 Hub sublingual) Ebrantil 25mg i.v. Wirkungseintritt binnen Minuten binnen Minuten binnen Minuten Catapressan ½ bis 1 Amp. s.c. ¼ Stunde oder i.v. Nepresol ½ bis 1 Amp. i.v. binnen Minuten Natriumnitroprussid als Perfusor sofort © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Nebenwirkung Flush (Hautrötung), Tachykardie, Kopfschmerzen, Ödeme Tachykardie, Kopfschmerzen oft überschießende RR-Senkung mit Schwindel Müdigkeit, Mundtrockenheit, bradykardisierende Wirkung Tachykardie stärkster bekannter Blutdrucksenker, RR kann bis auf 0 gesenkt werden. Bei mehrtägiger Therapie Gefahr der Zyanidvergiftung Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 27 9. Beinvenenthrombose und Lungenembolie PPh Thrombose: Ein Thrombus ist ein Blutgerinnsel. Bereits seit dem 19. Jh. (Virchow) ist bekannt, welche Faktoren zur Ausbildung eines Blutgerinnsels führen. Man nennt sie die Virchow’sche Trias: Veränderungen an der Gefäßwand (Entzündung, Verletzung, Verkalkung) Veränderungen in der Blutzusammensetzung (Erhöhung der roten Blutkörperchen oder der Blutplättchen, Verminderung von Hemmkörpern der Blutgerinnung) Veränderungen der Blutströmung (Verlangsamung des Blutflusses, Wirbelbildung Typische Ursachen für die Entstehung einer Thrombose in den Venen (meist des Beines oder des Beckens) ergeben sich aus dieser Trias: Operationen aller Art (Verletzung, Immobilisation) und schwere Erkrankungen mit Bettlägerigkeit, Verletzungen andere Ursachen der Immobilisation: Langstreckenflüge oder Busfahrten Gefäßveränderungen: Kaputte Venenklappen, v.a. nach bereits vorausgegangener Thrombose, Venenentzündungen, Kompression der Venen von außen (z.B. durch einen Tumor) Thrombophilie durch zu hohe Blutplättchenanzahl, durch zuviel Fibrinogen im Blut oder durch Mangel an Hemmern der Blutgerinnung. Die wichtigsten Hemmer der Blutgerinnung sind: Protein C und Protein S, AT III. Der Mangel dieser Hemmer ist meist angeboren. Die Pille und Rauchen begünstigen durch Veränderung der Gerinnungsneigung die Entstehung einer Thrombose. Die häufigste Ursache einer Thrombose, für die keine offensichtlichen Gründe vorliegen, ist die sog. APC-Resistenz. Aktiviertes Protein C, das normalerweise als Gerinnungshemmer arbeitet, wirkt aufgrund eines erblichen Defektes nicht richtig. Kommen noch weitere thrombosebegünstigende Faktoren hinzu (z.B. OP, Pille), steigt das Thromboserisiko beträchtlich. Thrombosen können natürlich nicht nur in den Venen entstehen, sondern auch in den Arterien oder im Herzen (siehe Vorhofflimmern). Embolie: Unter Embolie versteht man den akuten Gefäßverschluß durch einen wandernden Thrombus oder anderes Material (Luft, Fett; Fruchtwasser). Je nachdem, wo dieser Thrombus war, kann er sich lösen und im Blutdrom solange weiter wandern, bis er sich verfängt. Thromben aus den Venen wandern in der Regel bis in die Lungenstrombahn und führen damit zur Lungenembolie. Thromben aus dem linken Vorhof, dem linken Ventrikel oder den arteriellen Gefäßen wandern z.B.in die Halsschlagadern (Schlaganfall), in die Beinarterien (Beinembolie) oder die Darmgefäße (Mesenterialinfarkt). Von einer gekreuzten Embolie spricht man, wenn ein Thrombus aus dem venösen System durch ein Loch in der Herzscheidewand (meist Vorhofseptumdefekt) in die Arterien gelangt und zu einer arteriellen Embolie führt. © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 28 9.1. Tiefe Bein- und Beckenvenenthrombose Def Sy D Ko Im Gegensatz zur Entzündung und Thrombosierung oberflächlicher Venen, die weitaus weniger gefährlich ist und als Thrombophlebitis bezeichnet wird, handelt es sich bei der Phlebothrombose um eine thrombotische Verlegung der tiefen Hauptvenen. Die meisten Phlebothrombosen treten an der unteren Extremität auf und können sich nach proximal bis in die Beckenvenen, schlimmstenfalls bis in die untere Hohlvene fortsetzen. Thrombosen können, müssen aber keine Symptome zeigen. Symptome entstehen v.a. durch den Anstau venösen Blutes Schwellung, Schmerzen und Überwärmung der betroffenen Extremität Wadendruckschmerz Schmerz beim Überstrecken des Fußes bei der Untersuchung Schmerz bei Druck auf die Fußsohle Auftreten geschwollener oberflächlicher ‚Warnvenen‘ Die Diagnose kann heute mittels Ultraschall und Röntgen gestellt werden: Venendoppler: Untersuchung des Venengebietes mittels speziellem Ultraschallkopf und Doppler (macht Blutfluß sichtbar). Je nach Erfahrung des Untersuchers und der Dicke des Beines gute bis sehr gute Zuverlässigkeit der Untersuchung Phlebographie: Einspritzen von Kontrastmittel in eine Fußrückenvene und Darstellung der Venen. Verstopfte Venen stellen sich nicht oder kaum dar. CT: V.a. bei V.a. auf eine Beckenvenen- oder Cavathrombose und bei dem Verdacht auf ein Abflußhindernis (z.B. Tumorkompression einer Vene) wird zusätzlich das CT mit Kontrastmittel eingesetzt. Die Phlebothrombose ist wegen zweier möglicher Komplikationen gefürchtet: Akutkomplikation: Lungenembolie siehe folgendes Kapitel Spätkomplikation: Postthrombotisches Syndrom Postthrombotisches Syndrom PPh Sy Jede Phlebothrombose löst sich im Laufe der Wochen durch körpereigene Abbau- und Umbauvorgänge wieder auf. Hierbei kommt es aber nicht zu einer kompletten ‚Säuberung‘ der Venen. Vielmehr bleiben Thrombusreste zurück, die langsam zu Bindegewebe umgebaut werden, das sich wie eine Art ‚Strickleiternetz‘ von innen an die Venenwand legt und damit die für den venösen Rückfluß sehr wichtigen Venenklappen verklebt. Folge: Das Blut kann sich wegen Venenklappeninsuffizienz in das Bein zurückstauen. Durch die chronische venöse Insuffizienz werden die Venen wieterhin geschädigt, die Haut leidet unter Ernährungsstörungen. Auftreten von ‚Besenreißervarizen‘ vornehmlich im Unterschenkelbereich und im Bereich des Innenknöchels Stauungsdermatose: Bräunliche Verfärbung und Verdickung der Haut ebenfalls im gleichen Bereich, Auftreten von Unterschenkel- und Knöchelödemen Ulcera cruris: Auftreten von Hautgeschwüren mit © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 29 schlechter Heilungstendenz Durch Phlebographie und Doppler Hochlagerung und Kompression erleichtern den venösen Abstrom. Dauerhaftes Tragen von Venenkompressionsstrümpfen, kalte Bäder, Hautpflege. Venentonisierende Präparate (Fagorutin, Roßkastanienextrakt) haben beim postthrombotischen Syndrom keine Wirkung, da die Venenklappen hierdurch auch nicht wieder hergestellt werden können. D Th Therapiestrategien bei Phlebothrombose International herrscht derzeit noch Uneinigkeit über das Vorgehen bei Phlebothrombose. Die Therapie muß zwei Ziele haben: 1. Verhinderung einer akuten Lungenembolie: Diesem Aspekt wurde v.a. in Deutschland dadurch Rechnung getragen, daß Bettruhe (z.T. für 10 Tage) zusammen mit einer Heparinisierung verordnet wurde. Die Einhaltung einer strengen Bettruhe für bis zu 10 Tage wird in anderen Ländern (z.B. USA) nicht praktiziert aus zwei Gründen: a) kommt es statistisch auch unter Mobilisation nicht häufiger zu einer Lungenembolie und b) hat man unter Bettruhe ein Fortschreiten der Thrombose trotz Heparin beobachtet (Immobilisation fördert ja die Thrombusbildung!) ⇐ Daher werden Patienten in vielen Kliniken jetzt bereits dann mobilisiert, wenn die Extremität abgeschwollen ist. Inzwischen weiß man, daß die subkutane Gabe von Heparinspritzen, wenn sie in der Dosis angepaßt an das Körpergewicht erfolgt, gleich wirksam wie der Heparinperfusor ist, jedoch nicht einmal mittels Gerinnungswert kontrolliert werden muß. Die ersten zugelassenen Heparinspritzen für diese Indikation heißen Fraxiparin und Innohep. Einig ist man sich weltweit, daß rasch anschließend an die Akutphase eine weitere Blutverdünnung mittels Marcumar erfolgen sollte. Die Zeitdauer der Marcumartherapie beträgt im Schnitt etwa 6 Monate. Auch die Kompressionstherapie, am besten mittels angepaßten Venenkompressionsstrümpfen, ist anerkannter Standard. Bei höchster Gefahr einer Lungenembolie, z.B. bei einer Thrombose der V. cava inferior, Implantation eines sog. Cava-Schirms, der wie ein Filter wandernde Thrombi abfangen soll. 2. Verhinderung eines postthrombotischen Syndroms: Will man ein postthrombotisches Syndrom verhindern, dann muß man die Venenklappen erhalten, und dies geht nur durch restlose Thrombusauflösung. Diese ist innerhalb von etwa 2-3 Wochen möglich. Verwendet werden hierzu Lysemedikamente, wie sie auch beim Herzinfarkt verwendet werden, allerdings in nicht so hoher Dosis. Allerdings ist und bleibt die Lyse gefährlich (Blutungskomplikationen) und es muß kritisch abgewogen werden, ob der mögliche Nutzen das Risiko wirklich rechtfertigt. Derzeit geht der Trend weg von der Lysetherapie. 9.2. Lungenembolie Häu 1-2% aller stationären Patienten erleiden erkannt oder unerkannt eine Lungenembolie, nur ein Drittel aller Lungenembolien wird tatsächlich auch vor dem Tod eines Pat. diagnostiziert. © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen PPh Sy Die Risikofaktoren einer Lungenembolie (LE) entsprechen denen der Thrombose, da eine LE ja aus einer Thrombose entsteht. Der meist aus der unteren Extremität oder den Beckenvenen stammende Thrombus führt zu einem Verschluß einer Pulmonalarterie. Je größer der Thrombus, desto größer das Gefäß, das er verschließt, desto größer die Folgen: akuter Anstieg des Pulmonalarteriendruckes mit akuter Rechtsherzbelastung Ausfall des betroffenen Lungengebietes für die Sauerstoffversorgung mit Hypoxie akuter Abfall des Herzzeitvolumens (Vorwärtsversagen) mit Hypotonie bei kleinen LE muß es zu gar keiner Symptomatik kommen, nach den klinischen Symptomen und nach einigen Meßdaten kann die Schwere der LE in Stadien eingeteilt werden: Symptome Blutdruck Sauerstoff Blut D DD Th Ko Seite 30 Stadium I oft keine Thoraxschmerz (beim tiefen Einatmen) normal im normal Stadium II Stadium III Stadium IV Plötzlich auftretende Dyspnoe, thoraka- Schock, schwere ler Schmerz, Tachykardie, Angst, evtl. Hypotonie Hämoptysen (Bluthusten), Hypotonie leicht erniedrigt erniedrigt im unteren Normbereich stark erniedrigt Hypoxie Bei klassischer Symptomatik (plötzliche Dyspnoe, Thoraxschmerz, Tachykardie und Hypotonie, Zyanose) ist die Diagnose fast schon gestellt. Häufig sind die Symptome aber nicht so klar. EKG: unsicher, es gibt im EKG Hinweiszeichen für eine Lungenembolie, dennoch wichtig zum Ausschluß Herzinfarkt (siehe DD) Lungenperfussionsszintigraphie: Kann größere Embolieausfälle sicher nachweisen, dauert aber Spiral-CT mit KM: Neueres aber hochsensitives Verfahren zum Nachweis einer Lungenembolie, auch einer kleineren Blutgasanalyse: Nachweis einer Hypoxie Herz-Echo: Nachweis einer massiven pulmonalarteriellen Drucksteigerung Neben der Diagnose der LE muß natürlich auch der Nachweis einer Thrombose erfolgen, irgendwo muß der Thrombus ja herkommen. Herzinfarkt, dissezierendes AOaneurysma, Schock jeder anderen Ursache Die Therapie der Lungenembolie hat zwei Äste: Ziel 1: Verhinderung einer weiteren Embolie durch sofortige Blutverdünnung (Heparin i.v.), später durch Marcumar (siehe Thrombose) Ziel 2: bei größeren LE Versuch der Embolusauflösung und Wiedereröffnung der Pulmonalarterie. Dies geschieht meistens mit Lysemedikamenten, siehe hierzu Lyse bei Myokardinfarkt. Ausgesprochen selten und als letzte Maßnahme kann auch die operative Embolektomie (Trendelenburg-OP) unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine erfolgen. in 10% der Fälle Tod Entzündung der Lunge (Pneumonie) oder des Rippenfells (Pleuritis) im betroffenen Gebiet Embolierezidiv (ohne Blutverdünnung in 30% der Fälle) Cor pulmonale mit Rechtsherzinsuffizienz aufgrund der chronisch erhöhten Pulmonalisdrucke © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 31 10. Schock Def PPh Ät Unter Schock versteht man allgemein jede kritische Kreislaufsituation, bei der der Durchblutungs-, also der Sauerstoffbedarf einer Zelle nicht mehr erfüllt werden kann. Bis auf wenige Ausnahmen geht der Schock mit einem kritischen Abfall des Blutdruckes einher. Egal aus welchem Grund: sinkt die Durchblutung des Gewebes unter den Punkt, an dem gerade noch genügend Sauerstoff pro Zeit aus dem Blut extrahiert werden kann, wird das Gewebe nachhaltig geschädigt. Es schaltet auf einen anaeroben Stoffwechsel um, beim dem Lactat entsteht (meßbarer Lactatanstieg im Blut). Besteht der Schock fort, kommt es zu Gewebeschäden und Funktionsverlust. Zentralisation: Bei kritischem Absinken der Durchblutung versucht der Körper zunächst, die Durchblutung auf die lebenswichtigen Organe zu konzentrieren. Organversagen: Die ersten Organe, die hiervon meist betroffen werden sind Niere und Lunge (Schockniere mit akutem Nierenversagen, Schocklunge mit Lungenversagen und Beatmungspflichtigkeit). DIC (Disseminierte intravaskaluläre Coagulation): Bei weiterer Verschlechterung der Situation kommt es zur Auslösung der Gerinnungskaskade mit disseminierter Gerinnung in kleinen Kapillaren und Verbrauch von Gerinnungsfaktoren. Dies führt einerseits zur Verstopfung der Kapillaren mit Verschlimmerung der Durchblutungsstörung, andererseits andernorts zu Einblutungen, weil alle Gerinnungsfaktoren verbraucht sind. 1. Volumenmangelschock: in der Regel schwerer Blutverlust durch Wunden oder durch innere Blutungen (z.B. Verkehrsunfall, Blutendes Magengeschwür, geplatztes Bauchaortenaneurysma, ..). 2. Kardiogener Schock: Ausfall der Pumpleistung des Herzens durch akute Herzinsuffizienz, häufige Ursachen: Myokardinfarkt, akuter Herzfehler, Herzrhythmusstörung (tachykard oder bradykard), Lungenembolie 3. Anaphylaktischer Schock: Allergische Reaktion mit massiver Gefäßerweiterung und erhöhter Durchlässigkeit der Gefäße für Wasser. Dadurch kommt es zu einem relativen Volumenmangel, das Herz punpt sozusagen ins Leere. 4. Septischer Schock: initiales Vorgehen bei Schock Ebenfalls Gefäßerweiterung, verursacht Frage: durch Bakterientoxine. Kardiogener oder anderer Schock? Meist kann das Herz hier am Anfang noch Halsvenen gestaut: Halsvenen kollabiert: durch massive ErhöKardiogen andere Ursache hung des HerzzeitvoKardiale Tätigkeit Volumenmangel vordringl. lumens die Situation vordringl. Problem Problem teilkompensieren (hyperdyname Phase des Ersttherapie: Ersttherapie: septischen Schocks), Rhythmustherapie Volumen, Volumen, Volumen bis dieser MechanisKatecholamine Katecholamine mus zusammenbricht kein Volumen und es zur schweren © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001 Herz- und Kreislauferkrankungen Seite 32 Zentralisation kommt. Der Arzt sollte den septischen Schock tunlichst bereits in der hyperdynamen Phase erkennen. Therapieprinzipien: Die Therapie des Schocks ist zunächst einfach und richtet sich nach wenigen Grundsätzen (siehe Grafik). Die entscheidende Frage ist zunächst nur: Kardiogen oder Schock anderer Ursache? Ohne viel Aufwand ist diese Frage neben den Informationen, die man sonst noch hat, auf einen Blick zu beschränken: Beim akuten Herzversagen staut sich das Blut vor dem Herzen, die Halsvenen sind massiv gestaut. Bei einem Schock der direkt auf einen Volumenmangel zurückzuführen ist (Blutungsereignis) oder bei dem es durch Gefäßweitstellung zu einem relativen Volumenverlust kommt (anaphylaktischer Schock, septischer Schock), sind die Venen schlecht gefüllt, die Halsvenen kollabiert. Halsvenen gestaut: V.a. kardiogenen Schock Ursache rasch identifizieren, Katecholamine, bradykarde oder tachykarde Rhythmusstörunge beseitigen Halvenen nicht gestaut: Flüssigkeit geben, großvolumige Zugänge (keine rosa Nädelchen, ZVK nachrangig), am besten sogenannte Kolloide (Humanalbumin 5%, HAES), falls dies alleine nicht hilft, Katecholamine in beiden Fällen: IMMER für ausreichend Sauerstoff sorgen, im Zweifel frühzeitig intubieren. An einer verfrühten Intubation ist noch keiner gestorben, an einer verspäteten schon viele. © Dr. H. Bachmann, 08.12.2001