Herz-Kreislauf-Erkrankungen - Innere

Werbung
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 1
Herz- und Kreislauferkrankungen
1. Grundlagen und allgemeine Diagnostik
Herz und Gefäßsystem bilden eine funktionelle Einheit. Gemeinsame Aufgabe ist,
Stoffwechsel zwischen verschiedenen Körperzellen zu ermöglichen, die wichtigste
Stoffwechselaktivität ist der Sauerstofftransport zu den Körperzellen. Der vorrübergehende Ausfall aller anderen Teilfunktionen wird für ein bestimmtes Zeitintervall toleriert, für einen Ausfall der Sauerstoffversorgung besteht nur ein Zeitfenster von 2-4
Minuten.
Man unterscheidet
kleiner Kreislauf: Rechter Ventrikel
Art. pulmonalis
Lungenkapillaren
(Sauerstoffaufnahme, Kohlendioxidabgabe)
Vv. pulmonales
Linker
Vorhof
linker Ventrikel
großer Kreislauf: Linker Ventrikel
Aorta
Arterien
Kapillaren (Sauerstoffabgabe, Kohlendioxidaufnahme)
Venen
Vena cava superior
und inferior
Rechter Vorhof
Rechter Ventrikel
eine Besonderheit stellt die Pfortader dar: Sie transportiert gemischtvenöses Blut vom Darm und der Milz zur Leber, erst dann gesellt sich das Blut
dem normalen venösen Blut wieder zu.
Das Herz ist Vierkammerorgan, nahezu ausschließlich aus Muskulatur bestehend. In
der Systole kontrahiert der Muskel und treibt Blut durch die Pulmonalklappe (kleiner
Kreislauf) bzw. die Aortenklappe (großer Kreislauf) in das Gefäßsystem sowie in die
eigenen Versorgungsgefäße, die sog. Koronararterien oder Herzkranzgefäße, diese
entspringen der Aorta. In der Diastole erschlafft der Herzmuskel, die Hauptkammern
werden aus den Vorhöfen über Trikuspidal- bzw. Mitralklappe gefüllt.
Drucke im Herzen:
Rechter Vorhof = Zentraler Venendruck
2-4 mmHg (6-8 cmH2O)
Rechter Ventrikel, systolisch
25 mmHg
Rechter Ventrikel, diastolisch
2-4 mmHg
Linker Vorhof
6-12mmHg
Linker Ventrikel, systolisch
120-140mmHg
Linker Ventrikel, diastolisch
6-12mmHg
Aorta, systolisch
120-140mmHg
Aorta, diastolisch
70-90mmHg
Untersuchung
Anamnese:
Belastungsdyspnoe (Einteilung nach der New York Heart Assocation)
NYHA I: Keine
NYHA II: Dspnoe bei schwerer körperl. Belastung
NYHA III: Dyspnoe bei leichter körperl. Belastung
NYHA IV: Ruhedyspnoe
Orthopnoe: Dyspnoe im Liegen
Nykturie: vermehrtes Wasserlassen in der Nacht
Inspektion
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 2
Zyanose: zentrale Zyanose (blaue Zunge und Mundschleimhäute) als Zeichen eines zyanotischen Herfehlers, periphere Zyanose als Zeichen bei
verschiedensten Erkrankungen.
Ödeme (Wassereinlagerung): Beinödeme und Aszites v.a. bei
Rechtsherzinsuffizienz, Lungenödem bei Linksherzinsuffizienz
Einflußstauung: gestaute Halsvenen bei Rechtsherzinsuffizienz
Palpation:
Lebergröße und hepatojugulärer Reflux: Vergrößerung der Leber und
Stauung
der
Halsvenen
nach
Druck
auf
die
Leber
bei
Rechtsherzinsuffizienz
Auskultation
1. Herzton: Schluß der Trikuspidal- und Mitralklappe
2. Herzton: Schluß der Pulmonal- und Aortenklappe
Geräusche zwischen 1. und 2. HT: Systolikum
Geräusche zwischen 2. und 1. HT: Diastolikum
Röntgen-Thorax in zwei Ebenen im Stehen
Nachweis von Herzvergrößerungen
Nachweis einer Lungenstauung als Ausdruck einer Herzinsuffizienz
EKG
Untersuchung der elektrischen Aktivität des Herzens
Nachweis von Herzrhythmusstörungen
Nachweis von Durchblutungsstörungen, insbesondere des Infarktes
Nachweis von Entzündungen am Herzen
Langzeit-EKG
Nachweis von Herzrhythmusstörungen
Belastungs-EKG
Nachweis von belastungsabhängigen Durchblutungsstörungen
Elektrophysiologische Untersuchung (EPU)
EKG-Untersuchung mit Elektroden im Herzen selbst, ggf. gezielte Reizung
des Herzens mit Stromimpulsen mit der Frage, ob das Herz zu schwerwiegenden Rhythmusstörungen neigt.
Echokardiographie
Darstellung des Herzmuskels und der Herzklappen im Bewegungsablauf
Darstellung des Blutflusses im Herzens mittels Farbdoppler, Darstellung
von Klappeninsuffizienzen
Ausmessung der Flußgeschwindigkeit des Blutes und Errechnung
von Klappenstenosen
Die Streß-Echokardiographie (unter körperlicher oder medikamentöser Belastung) ist ein sehr gutes
Verfahren zur Erkennung von
Durchblutungsstörungen
Myokardszintigraphie
Nachweis von Durchblutungsstörungen am Herzen, indem den
Pat. ein radioaktiver Stoff gespritzt
wird, der sich im Herzmuskel anreichert.
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 3
Coronarangiographie (Herzkatheter)
Direkte Darstellung der Herzkranzgefäße sowie des linken Ventrikels mittels Kontrastmittel, das über einen Verlängerungsschlauch in die Herzkranzgefäße gespritzt wird.
Mit Hilfe von Druck- und Flußmessungen können auch Klappen- und andere Herzfehler qualitativ und quantitativ erfaßt werden.
Mit Hilfe spezieller Ballonkatether können Gefäßverengungen (Stenosen)
in gleicher Sitzung evtl. erweitert werden.
Das EKG
Das Elektrokardiogramm ist ein Untersuchungsverfahren,
mit dem die elektische Aktivität des Herzens dargestellt
werden kann. Mit einem Monitor-EKG, für das mindestens
drei Aufkleber mit Leitungen angebracht werden müssen,
kann man Rhythmusstörungen feststellen, aber keine Aussagen dazu machen, ob vielleicht ein Herzinfarkt möglich
ist. Das Standart-EKG benötigt zwölf Ableitungen. Damit
sind in Grenzen der Nachweis eines Infarktes, einer Entzündung, oder einer Muskelverdickung (sog. Hypertrophie)
möglich.
2. Herzinsuffizienz
Fallvorstellung:
Ein 30jähriger Patient kommt wg. Luftnot unter körperlicher Belastung zur Aufnahme.
Er könne nicht mehr flach liegen ohne Luftnot. Er berichtet über eine zunehmende
Belastungseinschränkung in den letzten Wochen, bei geringer körperlicher Anstrengung (z.B. Treppensteigen 1 Stockwerk) komme er aus der Luft. Die Beine schwellen
gegen abends an, nachts müsse er mehrfach zum Wasserlassen aufstehen.
Schmerzen oder Enge in der Brust habe er nicht.
Vor einem Monat habe er einen grippalen Infekt gehabt, der nicht so richtig ausgeheilt sei, ansonsten sei er bislang immer gesund gewesen, Herzfehler seien nicht
bekannt.
Def
PPh
Unter Herzinsuffizienz versteht man die Unfähigkeit des Herzens, das vom
Körper benötigte Blutvolumen pro Zeit (ausgedrückt als Herzminutenvolumen
in l/min) zur Verfügung zu stellen.
Das Herz hat gegen zwei Lasten anzuarbeiten, man bezeichnet sie als Vorlast
und als Nachlast.
Unter Vorlast versteht man die Menge an Blut, die in der Diastole in das
Herz strömt und somit vom Herzen weiterbewegt wird. Je höher die Vorlast, desto höher der Druck am Ende der Diastole im Herzen.
Unter Nachlast versteht man den Widerstand, gegen den das Herz anpumpen muß. Das rechte Herz pumpt gegen den Widerstand der pulmonalen Gefäße, das linke gegen den Widerstand der Körpergefäße. Der pulmonale Widerstand liegt unter normalen Bedingungen viel niedriger als der
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 4
sog. systemische Widerstand. Deswegen ist der rechte Ventrikel auch
nicht so muskelstark wie der linke.
Kommt es zu einer Herzinsuffizienz so äußert sie sich in einem Vorwärtsund in einem Rückwärtsversagen: Blut kann nicht mehr in ausreichender
Menge nach vorne gepumpt werden und zum Herzen fließendes Blut staut
sich vor dem Herzen an.
Etl
Man unterscheidet nach dem primären Ort der Herzinsuffizienz Links- und
Rechtsherzinsuffizienz.
Vorwärtsversagen
Rückwärtsversagen
Linksherzinsuffizienz
Hypotonie, LeistungsStauung vor dem linken
schwäche durch niedriges Herzen, also in den LunHerzminutenvolumen
gengefäßen, im schlimmsten Fall Lungenödem
Rechtsherzinsuffizienz
Hypotonie, LeistungsStauung vor dem rechten
schwäche durch niedriges Herzen, also in den Venen
Herzminutenvolumen
Globalherzinsuffizienz
wie oben
beide Befunde kombiniert
Tabelle 1 Pathophysiologie des Herzversagens
Sy
Ät
gemeinsame Symptome:
Belastungsdyspnoe, Einteilung nach NYHA, siehe S. 1.
Leistungsminderung
Zyanose: periphere Zyanose, meist als Akrozyanose (Blaufärbung
der Fingerkuppen, der Lippen)
Spezielle Symptome der Linksherzinsuffizienz
Asthma cardiale: asthmatische Beschwerden durch Anstrengung infolge Lungenstauung
schwerste Dyspnoe und Todesangst mit auf Distanz hörbaren Rasselgeräuschen (‚Kochen‘) der Lunge bei Lungenödem
Spezielle Symptome der Rechtsherzinsuffizienz
gestaute Halsvenen (obere Einlußstauung)
Übelkeit, Schmerzen im Leberbereich durch Lebervenenstauung mit
Lebervergrößerung
Beinödeme
Bauchvergrößerung durch Aszites (Flüssigkeitsansammlung in der
Bauchhöhle)
Bei der Globalherzinsuffizienz können alle diese Symptome auftreten.
Kardiale Ursachen der Herzinsuffizienz
Koronare Herzerkrankung: Durchblutungsstörungen des Herzmuskels, Herzinfarkt
sog. Kardiomyopathien: Muskelerkrankungen des Herzens unbekannter Ursache, auf dem Boden von toxischen Wirkungen oder
Entzündungen
Myokarditis: Herzmuskelentzündung entweder infektiöser Genese
(meist Viren) oder durch Störung des Immunsystems bei Erkrankungen aus dem Bereich 'Rheuma'.
Herzklappen- und Herzfehler
Herzrhythmusstörungen
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 5
Perikarderguß (Herzbeutelerguß)
Nicht-kardiale Ursachen der Herzinsuffizienz
hypertensive Blutdruckentgleisung ( Linksherzinsuff.)
pulmonalarterielle Druckerhöhung ( Rechtsherzinsuff.)
Volumenüberlastung (z.B. nach Infusionen)
seltener: Anämie (Blutarmut), Shunts (Kurzschlüsse zwischen Venen und Arterien, z.B. bei Dialysepatienten)
Th
Die beste Therapie der Herzinsuffizienz ist die kausale Therapie (siehe Ursachen). Diese ist aber oft nicht oder nicht sofort möglich.
Allgemeinmaßnahmen: Bettruhe oder körperliche Schonung, Hochlagerungdes Oberkörpers, Diät (ggf. Gewichtsreduktion, kochsalzarme Diät, kleine
Mahlzeiten), Trinkmengenbeschränkung, Sauerstoffgabe, Thromboseprohylaxe mit Heparin
Medikamentöse Maßnahmen
Steigerung der Kontraktionskraft des Herzmuskels: Hierfür stehen Auszüge aus dem Fingerhut, das sog. Digitalis zur Verfügung.
Bei besonders schweren Fällen (Intensivstation) können Dopamin
und Dobutamin (Dobutrex) gegeben werden.Sie gehören zu den
Katecholaminen, also Verwandten des Adrenalins.
Senkung der Vorlast: Diuretika reduzieren über vermehrte Wasserausscheidung die Blutmenge (bei akuten Beschwerden wird v.a.
Lasix verwendet, weil es sofort und stark wirkt). Weitere häufig verwendete Diuretika: Dytide H, Aquaphor, Arelix, Osyrol ...
Senkung der Nachlast: ACE-Hemmer (Endung der Substanzen
endet immer auf –pril, z.B. Captopril=Lopirin, Enalapril=Xanef) senken den Blutdruck und damit den Gefäßwiderstand. Sie sind besonders beliebt, weil sie auch einen günstigen Einfluß auf die Kontraktionskraft des Herzens und auf die Vorlast haben. Vorsicht ist aber
bei vorbestehender Niereninsuffizienz geboten: Gefahr der Funktionsverschlechterung der Nieren und der Hyperkaliämie (= zu viel
Kalium im Blut).
Unter den Digitalispräparaten gibt es zwei wichtige Gruppen: Digoxin (Novodigal)
und Digitoxin (Digimerck). Digoxin wird überwiegend renal ausgeschieden, es kumuliert daher bei Niereninsuffizienz. Digitoxin dagegen wird über die Leber und Galle
ausgeschieden, es kann daher bei Leberinsuffizienz kumulieren. Nach diesen Gesichtspunkten sollten die Präparate ausgewählt werden.
Akute Linksherzinsuffizienz, Lungenödem
Ät
PPh
Sy
Th
Infarkt, hypertensive Blutdruckentgleisung, schwerwiegende Rhythmusstörungen
Seltene Ursachen sind: toxisches Lungenödem, z.B. nach Rauchgasinhalation
oder bei Heroinintoxikation
Durch die akute Herzschwäche staut sich Blut in der Lunge, es kommt zum
Austritt von Flüssigkeit in die Lungenbläschen (Alveolen).
Hochgradige Dyspnoe und Orthopnoe, Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, Todesangst, ‚Kochen‘ der Lunge, Zyanose, Kaltschweißigkeit, Blässe
evtl. sogar Schäumen aus dem Mund
Allgemeinmaßnahmen noch vor Eintreffen des Arztes:
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 6
Oberkörper hoch, Beine tief
Sauerstoff geben, Fenster auf, beengende Kleidung entfernen
Beruhigen
RR/Puls messen (wichtige Information für den Arzt!)
Maßnahmen durch den Arzt:
Diuretika und Nitro (letzteres nur bei Druck über 120 systolisch)
Verminderung der Vorlast
Beseitigung einer erkennbaren Ursache: RR-Senkung mit Nitro und anderen
Blutdrucksenkern, Bekämpfung von Rhythmusstörungen
Morphin s.c. und/oder i.v. zur Sedierung und Schmerzbekämpfung
bei vitaler Gefährdung: Intubation und Beatmung mit 100% Sauerstoff
Auf Intensivstation:
Beatmung in Narkose
Gabe von Katecholaminen (Dopamin/Dubutrex) bei Vorwärtsversagen, von
Nitro und Lasix bei Rückwärtsversagen
Digitalis ist in Deutschland ein beliebtes Medikament zur Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz (nicht so sehr in anderen Ländern), die Grenze zwischen therapeutischer und toxischer Wirkung ist aber eng (geringe therapeutische Breite). Digitalis entfaltet keine Sofortwirkung, es ist somit auch kein
Medikament, das zur Akuttherapie des Lungenödems geeignet wäre.
Fallvorstellung:
Der oben vorgestellte Mann wird durchuntersucht:
In der Echokardiographie zeigt sich ein deutlich vergrößerter, schlecht kontraktiler
linker Ventrikel, kein Herzfehler. Im Thoraxbild ist ebenfalls ein vergrößertes Herz
sowie eine Lungenstauung zu sehen. Gegen Abend hat der Pat. tief eindrückbare
Unterschenkelödeme. Bei der Herzkatheteruntersuchung wird eine KHK ausgeschlossen. Im Labor Entzündungszeichen und Anstieg der Herzenzyme CK, GOT
und HBDH. Nachweis von hohen Antikörpertitern gegen den Coxsackie-Virus.
Diagnose: Herzinsuffizienz bei Virusmyokarditis.
Therapie: Bettruhe, Kortison anfänglich, Gabe von Diuretika und ACE-Hemmern.
Hierunter deutl. Beschwerdebesserung. Nach 3 Monaten ist das Herz wieder klein,
die Beschwerden sind weg, die Entzündungszeichen haben sich normalisiert.
3. Koronare Herzerkrankung (KHK)
Def Unter Koronarer Herzerkrankung versteht
man Erkrankungen mit einem Mißverhältnis von
Sauerstoffbedarf des Herzmuskels und Sauerstoffangebot durch die versorgenden Gefäße.
PPh Das Herz wird aus zwei Arterien mit Blut
versorgt, die aus der Aorta direkt nach ihrem Abgang aus dem Herzen entspringen. Diese Gefäße umgeben das Herz wie ein Kranz (=Corona)
und werden deshalb Koronargefäße genannt.
Man unterscheidet rechte und linke Koronararterie. Die linke Koronararterie bildet nur einen
kurzen Stamm (sog. Hauptstamm) und zweigt
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 7
sich dann in zwei große Äste auf, den Ramus descendens anterior (auch
RIVA, R. interventricularis anterior oder LAD, left anterior descendent genannt) und den Ramus circumflexus.
Unter Koronarreserve versteht man die Fähigkeit des Herzens, unter Belastungsbedingungen noch mehr Sauerstoff zu erhalten. Diese Reserve ist sehr
gering. Bereits unter Ruhebedingungen wird 75% des
Manifestationsformen
maximal Möglichen an Sauerstoff aus dem Blut aufgeder KHK:
nommen, eine Steigerung der Durchblutung ist nur in
geringem Umfang möglich.
1. Angina pectoris
Ät
Atherosklerose der Koronararterien: häufigste
2. Myokardinfarkt
Ursache der KHK. Der Begriff KHK wird daher praktisch
3. Herzinsuffizienz
synonym mit dieser Ursache benutzt.
4. plötzlicher Herztod
seltene Ursachen: Koronarspasmen (Krämpfe
der Arterienmuskulatur), Koronararteriitis
sekundäre KHK auf der Grundlage anderer Erkrankungen: Hypertrophie des Herz- Beeinflussbare RF der
KHK:
muskels, Herzrhythmusstörungen, Anämie
Häu Häufigste Todesursache in entwickelten
1. Rauchen
Ländern!!
Die wichtigsten Risikofaktoren der KHK sind: 2. Hypertonie
nicht beeinflußbare RF: Männliches Ge- 3. Hypercholesterinämie
4. Diabetes
schlecht, familiäre Disposition, Lebensalter
5. Adipositas
beeinflußbare RF: siehe Textfenster oben
Die KHK kann sich unterschiedlich manifestieren 6. Hyperuricämie
7. Bewegungsmangel
siehe Textfenster oben
D
Ruhe- und Belastungs-EKG: Leitsymptom 8 Dysstress
der KHK ist die sog. ST-Senkung
Myokardszintigraphie (unter körperl. Belastung): aufdecken von Zonen mit
kritisch niedriger Durchblutung
Herzecho- und Streßechokardiographie: Gesamtbeurteilung des Herzens,
seiner Kontraktionskraft und belastungsabhängiger Durchblutungsstörungen
Koronarangiographie (Herzkatheter): Der ungeschlagene Standart der Diagnostik der KHK
3.1. Angina pectoris
Def
Sy
Ät
Etl
‚Brustenge‘ in direkter Übersetzung
Retrosternaler Druck oder Brennen, Ausstrahlung der Beschwerden in den
linken Arm, den linken Hals, den Oberbauch, selten auch in die rechte Schulter ist möglich.
Die AP ist das Kardinalsymptom der Sauerstoffnot des Herzmuskels, Ursache
ist fast immer eine KHK
Unter stabiler AP versteht man Beschwerden, die unter bestimmten Belastungssituationen auftreten, in Ruhe aber wieder verschwinden. Ursache ist
meistens eine Stenose eines Koronargefäßes, hervorgerufen durch einen
Kalkplaque.
Unter labiler bzw. instabiler AP versteht man eine in Häufigkeit und Stärke
zunehmende Symtpomatik, die schließlich nicht einmal mehr auf Medikamentengabe anspricht. Auch jede Erstangina ist definitionsgemäß labil. Ursache ist
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 8
meist ein Plaque, der ‚aufgebrochen‘ und oft zusätzlich mit Blutplättchen behaftet ist, sodaß es zu einer hochkritischen Stenose des Gefäßes kommt. Wird
die Stenose zum Beinaheverschluß, so kann es bereits zu einem kleinen Infarkt kommen.
Für die instabile AP und den Minimalinfarkt (intramuraler Infarkt genannt) wird
seit neuestem auch der Begriff ‚akutes Koronarsyndrom‘ verwendet.
Prinz-Metal-Angina: sehr seltene Sonderform der AP mit infrakttypischen
EKG, das nach Medikamentengabe sich sofort wieder normalisiert. Ursache
ist ein Koronarspasmus.
Akutes Koronarsyndrom:
D
Th
Das Verständnis, wie es zur instabilen AP und zum Myokardinfarkt kommt, hat
durch die Analyse von Gefäßverkalkungen erheblich zugenommen. Gefäßverkalkungen laufen in mehreren Stadien ab:
1. Lipidfleck: Bereits in der Jugend und frühem Erwachsenenalter kommt es zu Fetteinlagerungen unter der Gefäßinnenhaut
(Endothel). Ein wesentlicher Faktor für die Bildung von Lipidflecken ist Cholesterin (während die normalen Fette keine Rolle
spielen). Durch weitere Fetteinlagerung, Einwanderung von
Leukozyten und Ausfällung von Kalzium entsteht über viele
Jahre über Zwischenstadien schließlich ein
2. artheroskerotischer Plaque: Ein teils verkalktes Fettpolster
wölbt sich ins Lumen vor, die Gefäßinnenhaut deckt dieses
Polster allerdings noch ab. Es kommt dadurch zur Stenose des
Gefäßes. Übersteigt die Stenose 75% des Gefäßlumens, kann
es zu Durchblutungsmangel kommen. Leitsymptom am Herzen
wäre hier die stabile AP.
3. sog. komplizierte Läsion: Die Gefahr besteht, daß der
‚Deckel‘ des Endothels reißt. Dann wird durch den Blutstrom
das Fett-Kalkmaterial ausgespült. Dieses kann das Gefäß wieter hinten verstopfen (embolisieren), was am Herzen zum Infarkt (am Bein z.B. zur Embolie) führt. Oder aber es heften sich
Blutplättchen (Thrombozyten) an die rauhe Oberfläche des
ausgewaschenen Plaques. Der so entstandene Blutpropf (Thrombus) engt das
Gefäß hochgradig ein oder verschließt es. Leitsymptom wäre hier die instabile
AP oder der Infarkt. Da dieses Aufreißen des Plaques ein akutes Ereignis ist,
spricht man inzwischen auch gerne vom akuten Koronarsyndrom.
siehe KHK, im akuten Anfall ist ein EKG und die Abnahme der Herzfermente
wichtig.
1. des akuten AP-Anfalles
Allgemeinmaßnahmen: Befreiung von beengter Kleidung, Fenster auf, beruhigen, Sauerstoffgabe, RR- und Puls messen (Voraussetzung für die Gabe
von Nitro)
Gabe von Nitroglycerin (dasselbe wie im Dynamit) als Spray oder Kapsel.
Die Wirkung tritt innerhalb weniger Minuten ein. Nitro wird hervorragend über
die Haut und Schleimhäute aufgenommen. Es erweitert die Gefäße, auch die
Koronarien, senkt die Nachlast und die Vorlast des Herzens und erleichtert
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 9
dem Herzen dadurch die Arbeit. Nitro sollte nur bei einem Druck von über 100
mmHg systolisch bis zum Eintreffen des Arztes gegeben werden.
Analgesie (=Schmerzbekämpfung): Gabe von Morphin oder Verwandten
des Morphins (Opiate) senkt auch den Streß für den Pat., damit Blutdruck und
erleichtert ebenfalls die Herzarbeit.
Die Gabe von Acetylsalicylsäure (Aspirin, Godamed, Aspisol i.v.) intravenös macht immer dann Sinn, wenn der Pat. diese noch nicht genommen hatte.
ASS hemmt die Thrombozyten am Verklumpen (Thrombozytenaggregationshemmer) und kann somit ein akutes Koronarsyndrom abwenden helfen.
Noch stärker als ASS wirksam gegen Thrombusbildung wirkt Abciximab
(Rheo Pro). Es handelt sich um künstlich hergestellte Antikörperfragmente gegen Zelloberflächenstrukturen (Rezeptoren) der Thrombozyten, mit denen diese normalerweise gegenseitig zusammenkleben. Rheo Pro wird nur als Infusion oder Injektion unter intensivmedizinischer Überwachung gegeben
(Blutungsgefahr).
Herzkatheter und Akut-PTCA (=perkutane transluminale Coronarangioplastie = Ballonkatheter): Auffinden und Beseitigung einer kritischen Koronarstenose
2. der chronischen stabilen Angina pectoris:
Nitro als Tabletten (z.B. Isoket, Mono Mack, Corangin). Erweitert Venen und
Arterien. Wg. sehr rascher Gewöhnung dürfen die Medikamente nicht kontinuierlich über den Tag verteilt gegeben werden, meist läßt man eine Pause am
Abend (z.B. Isoket ret. 60 1-1-0). Nebenwirkung: RR-Senkung, Kopfschmerzen
Molsidomin (Corvaton) wirkt ähnlich wie Nitro, es tritt aber keine Gewöhnung auf, daher kann es kontinuierlich gegeben werden (z.B. Corvaton ret. 10-1).
ASS (Aspirin, Godamed): Wirkung s.o., ASS senkt das Risiko eines Infarktes
bei KHK deutlich. Es hemmt die Zusammenballung von Blutplättchen und damit die Thrombusentstehung. Es wird für diese Indikation in einer weitaus geringeren Dosis gegeben, als als Schmerzmittel (100mg/die statt 5001000mg/die). Nebenwirkungen: Minimal verstärkte Blutungsneigung, Gefahr
des Magen- oder Duodenalgeschwürs.
Sog. Calcium-Antagonisten (Adalat, Munobal, Norvasc u.a.) erweitern
auch die Gefäße und senken auch den Druck, eine Verbesserung der Prognose ist für diese Substanz aber nicht nachgewiesen.
ß-Blocker (Beloc, Tenormin, Concor, Dilatrend): Sie blockieren die sog. ßRezeptoren am Herzen, die normalerweise von Adrenalin und verwandten
Substanzen erregt werden. Dadurch wird das Herz gegen die ‚Streßhormone‘
abgeschirmt. ß-Blocker verbessern nachweislich die Prognose bei KHK. Nebenwirkungen: Verstärkung eines Asthma bronchiale, bei Diabetikern können
Unterzuckerzustände (Hypoglykämien) evtl. nicht mehr frühzeitig auffallen,
Müdigkeit, Mundtrockenheit
Herzkatheter und PTCA im beschwerdefreien Intervall.
PTCA (perkutane transluminale Coronarangioplastie):
Röntgen- und Kontrastmittelgesteurtes Verfahren, bei dem mit Hilfe eines aufdehnbaren Ballons eine Coronarstenose auseinandergedrückt werden kann.
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 10
Komplikationsmöglichkeiten:
in 30% der Fälle kommt es im Laufe des ersten Vierteljahres zu einer ReStenose nochmalige PTCA
Dissektion: Einreißen der Gefäßinnenwand
mit erneuter Gefäßverlegung
Einlage eines Stützröhrchens (Stent), der das Gefäß
offenhalten soll
Kammerflimmern: Herzstillstand infolge
maligner Rhythmusstörung wegen der Sauerstoffnot des Herzens während der Ballondehnung
Blutung aus dem Einstich in der Leiste
ACB (Aortokoronarer Bypass):
Operatives Anlegen von Umgehungsgefäßen, die eine Stenose oder einen Verschluß überbrücken sollen. Hierfür werden Beinvenen oder eine Brustarterie (Art.
thoracica interna) hergenommen. Die OP erfordert den Einsatz der Herz-LungenMaschine und künstlich erniedrigte Körpertemperatur (Hypothermie). Die ACB-OP
kommt v.a. in Frage, wenn die PTCA inkl. Stent erfolglos war oder wenn mehrere
Gefäße gleichzeitig behandlungspflichtig sind. Das (Sterbe-)Risiko einer ACB-OP
liegt heute unter 5% und wird auch bei Älteren erfolgreich durchgeführt.
Komplikationsmöglichkeiten:
Schlaganfall und Herzinfarkt perioperativ
Herzrhythmusstörungen nach OP (oft sog. Vorhofflimmern)
Herzbeutelerguß (Blut oder Wundflüssigkeit) mit Gefahr der Tamponade
Bypässe unterliegen einem schnellen ‚Alterungsprozeß‘ und können sich
ebenfalls wieder verschließen (v.a. Venenbypässe).
3.2. Akuter Herzinfarkt (Myokardinfarkt)
Ein 65jähriger Pat. kommt zur Aufnahme in die Intensivstation. Er hat seit 1 Stunde
schwerste pectanginöse Beschwerden. Er ist blaß kaltschweißig und dyspnoisch. Er
erbricht mehrfach. Der Puls beträgt 130/min, der Blutdruck 80/40 mmHg. Das EKG
zeigt die typischen Veränderungen (ST-Hebung) bei akutem Vorderwandinfarkt. Es
entwickeln sich Rhythmusstörungen, schließlich sog. Kammerflimmern mit HerzKreislaufstillstand, das eine elektrische Defibrillation erforderlich macht. Der Pat. muß
intubiert werden.
Diagnose: Akuter Vorderwandinfarkt mit kardiogenem Schock, Defibrillation bei
Kammerflimmern.
Def
Pg
Sy
Absolute Sauerstoffnot (Ischämie) eines Herzmuskelareals, in der Regel durch
Verschluß einer Koronararterie mit Zelluntergang und Herzmuskelnekrose.
In aller Regel kommt es auf dem Boden einer vorbestehenden KHK zu einem
Aufbrechen eines Plaques, Thrombusbildung und damit zum Verschluß einer
Koronarterie. Seltener sind Einschwemmung eines Blutgerinnsels in die Koronararterien (Embolie) oder eine Koronariitis.
Schwere Angina pectoris ohne Besserung auf Nitro, teilweise Vernichtungsschmerz mit Todesangst
Blässe und Kaltschweißigkeit, Übelkeit und Erbrechen
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
D
Ko
Th
Seite 11
Im schlimmsten Fall Kollaps mit Herz-Kreislaufstillstand wg. Kammerflimmern
oder Symptome eines akuten Lungenödems wg. akuter Herzinsuffizienz.
V.a. bei Diabetikern können die Symptome aber auch infolge Nervenschädigung kaum oder gar nicht vorhanden sein (sog. stummer Infarkt in 15% der
Fälle).
EKG: Wichtigstes Kriterium, ob ein Infarkt vorliegt. Leitsymptom des akuten Infarktes ist die
sog. ST-Strecken-Hebung. Solche Hebungen in
mehr als zwei verschiedenen Ableitungen gelten
als sicheres Infarktzeichen. Es gitb auch (meist
kleine) Infarkte ohne sichere Zeichen im EKG, sie
nennt man enyzmatische Myokardinfarkte, weil
man sie nur über das Labor erkennen kann.
Labor: Bestimmung der Herzenzyme CK (Kreatinkinase), GOT (Glutamyl-Oxalat-Transaminase)
und LDH bzw. HBDH (Lactat- bzw. Hydroxybutyratdehydrogenase). Als erstes steigt die CK, sie
fällt als erstes auch wieder ab. Danach folgt die
GOT und die HBDH. Am längsten erhöht bleibt
die HBDH.
Herzrhythmusstörungen: Kammerflimmern mit
Herzstillstand (häufige Todesursache) oder Bradykardie mit Schrittmacherpflichtigkeit
Kardiogener Schock (akute Herzinsuffizienz aufgrund des großen Infarktes)
chronische Herzinsuffizienz
Herzwandruptur mit
Voraussetzung für eine Lysetherapie:
Perikardtamponade
Beschwerdedauer kleiner 6 Stunden
Akute MitralklappenST-Hebungen in mehr als 2 Ableitungen im
insuffizienz durch Abriß
EKG
eines Papillarmuskels
Keine Kontraindikationen (Erkrankungen mit
Herzwandaneurysma
erhöhter Blutungsneigung): i.m.-Spritze zuvor,
(Aussackung der beOP in den letzten 3 Wochen, Hirnblutung oder
troffenen
Herzwand)
Apoplex in den letzten 6 Monaten, schwerster
mit Gefahr der AnlageHochdruck, schwere Augenschäden, Geschwürung eines Thrombus
re, Tumoren, Nierensteine
Die Therapie des akuten
Myokardinfarktes
umfaßt mehrere Schritte
1. Akuttherapie:
Sedierung und Schmerzbekämpfung: Gabe von Morphin
Heparin und ASS (Aspisol) i.v., bei ausreichendem Blutdruck Gabe von Nitro
i.v. (Isoketinfusion)
Sauerstoffgabe
2. Kausale Therapie: Entscheidung über Rekanalisationsmöglichkeiten
PTCA oder Lyse:
Lysetherapie: i.v.-Gabe eines Thrombus-auflösenden Medikamentes, z.B.
Streptokinase, Actilyse (rTPA) oder neuerdings auch Rapilysin (rPA). Die Lyse
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 12
macht nur einen Sinn, wenn sie innerhalb der ersten 6 Stunden erfolgt. Danach sind die Herzmuskelzellen abgestorben.
Bei der Lysetherapie kommt im Erfolgsfall oft zu
schwereren Rhythmusstörungen, die aber gut behandelbar sind (z.B. Kammerflimmern
Defibrillation).
Akut-PTCA: Herzkatheter mit Ballondilatation im
akuten Infarkt. Man erhofft sich dadurch eine bessere Eröffnung des Infarktgefäßes als durch Lyse.
Die Verbesserung der Früh- und Langzeitprognose
ist nach den ersten Studien aber fraglich und der
Aufwand enorm (24h-Bereitschaft eines Herzkathe- EKG beim Infarkt
terteams).
Notfall-Bypass-Operation: Wird beim normalen Infarkt nie durchgeführt
(hohes Risiko), aber bei einer geplanten PTCA, wenn es hierbei zu einer nicht
behebbaren Komplikation mit Gefäßverschluß kommt.
3. Nachbehandlung
Frühzeitige Mobilisation: bei stabilem Patient schon am Tag nach dem Infarkt in einem langsamen Stufenprogramm und KG-Anleitung.
Coronarangiographie im beschwerdefreien Intervall (falls keine Akut-PTCA
erfolgt ist)
Erhebung eines Gefäßstatus v.a. unter der Fragestellung, ob
dem Pat. ein weiterer Infarkt droht. Ggf. Revaskularisationsmaßnahmen wie
PTCA oder ACB (Bypass):
Rehabilitation: Anschlußheilbehandlung im Anschluß an den Aufenthalt im
Akutkrankenhaus, die v.a. der Wiederherstellung der körperlichen Leistungsfähigkeit
dient. Dauer: etwa 3 Wochen
Tertiärprophylaxe: Verhinderung eines weiteren Infarktes durch
sportl. Betätigung, am besten in Herzsportgruppen unter ärztlicher
Anleitung
Therapie von Risikofaktoren, z.B. fettarme Kost zur Cholesterinsenkung, Einstellen von Rauchen, gute Blutzuckereinstellung bei Diabetikern etc.
Dauertherapie mit ASS und evtl. ß-Blockern: Für ASS und ß-Blocker ist gesichert, daß sie das Risiko eines Re-Infarktes senken.
Prg 30% der Patienten versterben an ihrem Infarkt noch vor Eintreffen im Krankenhaus (meist am Kammerflimmern), weitere 10% versterben noch unter stationärer Behandlung.
Fallvorstellung:
Nach Intubation des Patienten entschließt man sich, obwohl Kontraindikationen einer
Lyse nicht genau erfragt werden können, bei typischem EKG und Beschwerdedauer
von nur 45 Minuten zu einer Lysetherapie mit rTPA. Während der Lyse kommt es
erneut zu mehrfachem Kammerflimmern, das mehrere Elektroschocks notwendig
macht. Das EKG nach Lyse zeigt keine ST-Hebungen mehr, der Kreislauf ist stabil,
der Pat. kann nach 4 Stunden extubiert werden. Die weiteren Untersuchungen der
nächsten Tage zeigen keine wesentliche Infarktnarbe. Nach PTCA einer Koronarstenose, Mobilisation und AHB kann der Pat. nach insgesamt 6 Wochen wieder in seinen Beruf zurückkehren.
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 13
3.3. Plötzlicher Herztod
Def
Weitere Manifestationsmöglichkeit der KHK mit Tod innerhalb Sekunden durch
Herz-Kreislaufstillstand
Ät
Ursache des plötzlichen Herztodes ist fast immer Kammerflimmern, das durch
Sauerstoffnot des Herzmuskels ausgelöst wird, ohne das der Pat. Angina pectoris verpüren muß.
Diagnostik und Therapie:
Der plötzliche Herztod kann nur verhindert werden, wenn innerhalb von ca. 4 Minuten Kreislaufaktivität wiederhergestellt oder durch kardiopulmonale Reanimation auf
niedrigem Niveau überbrückt werden kann. Das heißt: jede Bewußtlosigkeit mit Pulslosigkeit (zu tasten an den Halsgefäßen) erfordert sofortige kompetente Reanimationsmaßnahmen. Kommt es nicht im Krankenhaus zu Kamerflimmern, entscheidet
die Qualität der Reanimation durch Laien über das Überleben des Patienten.
4. Herzrhythmusstörungen (HRST)
Phys Der normale Herzrhythmus wird
als Sinusrhythmus bezeichnet.
Der Taktgeber, der Sinusknoten
sitzt im rechten Vorhof und gibt
elektrische Impulse mit einer
Frequenz von 60-120/min ab, je
nach Bedarf. Er wird über das
autonome Nervensystem und
über die Katecholamine (Adrenalin, Noradrenalin) reguliert.
Die Impulse werden über die
Vorhöfe geleitet, erreichen, den AV-Knoten, werden kurz verzögert und dann
über die HIS-Bündel in die beiden Hauptkammern weitergeleitet. Dieser Erregungsabluaf ist im EKG nachzuvollziehen. Setzt der Sinusknoten als Taktgeber aus, so springt der AV-Knoten als Ersatzzentrum ein. Seine Frequenz ist
niedriger (40/min). Kommt es auch zu einem Ausfall dieses Zentrums, oder
wird die Erregung von den Vorhöfen nicht auf die Hauptkammer weitergeleitet,
springen Zellen des HIS-Bündels ein, deren Frequenz liegt allerdings nur noch
bei 25-30/min.
Etl
Man untersscheidet HRST nach verschiedenen Kriterien:
nach der Pulsfreuquenz in tachykarde (schnelle) und bradykarde (langsame) HRST.
nach dem Ort der Entstehung werden zusätzlich die tachykarden HRST in
supraventrikuläre HRST und ventrikuläre HRST unterschieden. Supraventrik. HRST erkennt man am schmalen QRS-Komplex, ventrik. HRST am breiten QRS-Komplex (hiervon gibt es Ausnahmen, z.B. die sog. Schenkelblöcke).
Allgemeine Diagnostik:
Für alle HRST eignen sich zur Diagnostik das EKG. V.a. das Langzeit-Ekg
kann auch nur sporadisch oder nächtlich auftretende HRST aufspüren.
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 14
4.1. Bradykarde Herzrhythmusstörungen
Sy
Alle Bradykardien fallen durch Symptome auf, die durch eine plötzlich erniedrigte Blutzirkulation entstehen:
Schwindel, Übelkeit, Schwarzwerden vor den Augen
Kollaps mit Bewußtseinstrübung oder -verlust
Krampfanfälle: Krampfanfälle, die durch Bradykardien ausgelöst sind, nennt
man Adams-Stokes-Anfälle
Beispiel 1: Hypersensitiver Carotissinus-Syndrom (HCSS)
PPh
Sy
D
Die Halsschlagadern haben Blutdrucksensoren, die v.a. im Alter übersensibel
reagieren können und bereits bei Kopfwendung oder Druck auf die Gefäße eine Bradykardie auslösen können.
Kollapssymptomatik, die durch bestimmte Kopfbewegung provoziert werden
kann.
Carotisdruckversuch: EKG-Erfassung während absichtlichen Drucks auf die
Halsgefäße. Vorsicht: Es kann damit auch
ein Herzstillstand provoziert werden.
Beispiel 2: AV-Block (AVB)
PPh
Ät
Sy
D
Der AV-Knoten leitet die Erregung aus den
Vorhöfen in die Ventrikel weiter. Er kann
krankheitsbedingt oder durch Medikamente
so gestört sein, daß er die Überleitung teilweise oder vollständig blockiert.
Typische Auslöser für einen AV-Block sind
u.a.
ein Herzinfarkt, v.a. ein Hinterwandinfarkt
Medikamente, die das Herz langsamer
machen, v.a. ß-Blocker, Isoptin, Dilzem und
Digitalispräparate
selten auch Infektionen, v.a. für die Lyme-Borreliose (typische Zeckeninfektion in Oberfranken) ist der AV-Block typisch.
Beim vollständigen AV-Block (AVB III°) Kollaps, Hypotonie und evtl. AdamsStokes-Anfall
EKG: Beim kompletten (III°igen) AVB normaler Schlag der Vorhöfe (P-Wellen)
im EKG, langsamer Schlag der Ventrikel, beide Aktionen sind völlig unabhägig
voneinander.
Therapie bradykarder Herzrhythmusstörungen:
Th
Th
im Akutfall:
Versuch einer Gabe pulssteigernder Medikamente (Atropin 1-2 Amp., Alupent)
falls ohne Erfolg: Anlage eines vorläufigen Schrittmachers extern (durch
Klebeelektroden von außen) oder intern (über ein in das Herz vorgeführtes
Schrittmacherkabel)
bei chronischen Bradykardien:
Anlage eines permanenten Herzschrittmachers
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 15
Herzschrittmacher
Herzschrittmacher geben kleine elektrische Impulse (im mV-Bereich) an das Herz ab,
sodaß der Puls nicht langsam werden kann.
Sie erkennen eigene Aktionen des Herzens (Sensing)
Sie geben, falls innerhalb einer eingestellten Zeit keine Eigenaktionen erkennbar
sind, Impulse an das Herz ab (Pacing).
Man unterscheidet zwei wichtige Schrittmachertypen:
VVI-Schrittmacher haben nur ein Kabel, daß in den rechten Ventrikel führt. Der
Vorhof kann weder erkannt, noch stimuliert werden. Er ist besonders dann sinnvoll,
wenn der Vorhof sowieso nicht mehr normal schlägt (sog. Vorhofflimmern, siehe weiter unten)
Der DDD-Schrittmacher hat zwei Kabel für Vorhof und Ventrikel. Beidseits kann er
sowohl sensen als auch pacen (erkennen und stimulieren). Damit ist es möglich,
künstlich einen normalen Erregungsablauf im Herzen (Erst Erregung der Vorhöfe,
dann, mit einer kurzen zeitlichen Verzögerung, Erregung der Kammern) zu erzeugen.
Schrittmacher werden in örtlicher Betäubung unter Haut gesetzt. Sie können von außen umprogrammiert werden. Die Batterie hält je nach Einsatzhäufigkeit im Mittel 5-7
Jahre, dann muß das gesamte Gerät ausgetauscht werden. Die Funktion wird alle 6
Monate kontrolliert.
4.2. Tachykarde supraventrikuläre Rhythmusstörungen
Kennzeichen der meisten tachykarden supraventrikulären Rhythmusstörungen sind die schmalen
QRS-Komplexe im EKG. (Ausnahmen bestätigen die
Regel)
Vorhofflimmern
PPh
Normalerweise funktioniert die Erregung der
Vorhöfe geordnet nach Abgabe eines Impulses durch den Sinusknoten (Sinusrhythmus).
Beim Vorhofflimmern kreisen Erregungswellen chaotisch und unkoordiniert
durch die Vorhöfe, sodaß es zu keinen geordneten Kontraktionen der Vorhöfe
mehr kommt. Die Erregungen werden vom AV-Knoten unregelmäßig auf die
Kammer übergeleitet (Absolute Arrhythmie). Er funktioniert dabei wie ein Filter
und läßt nicht jede Vorhoferregung durvh, sonst
käme es zu einer Pulsfrequenz von 250-300/min,
die nicht mit dem Leben vereinbar wäre.
Dennoch kann es manchmal zu zu schneller
(Tachyarrhythmie) oder zu langsamer Überleitung
(Bradyarrhythmie) des AV-Knotens kommen, die zu
Beschwerden führen.
Ät
idiopathisch (Ursache nicht bekannt) in 10%
der Fälle
kardiale Ursachen: Herzklappenfehler, KHK
(häufigste Ursache bei Älteren), Kardiomyopathie,
Z.n. Herzoperationen
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 16
extrakardiale Ursachen: art. Hypertonie (Bluthochdruck), Schilddrüsenüberfunktion, Alkohol (Holiday-heart-Syndrome), medikamentös
Sy
Palpitationen: Pat. bemerken eine Pulsunregelmäßigkeit, dies kann zu Beklemmungsfeühlen, Kloß im Hals oder zu Herzklopfen führen
Kollapssymptomatik v.a. bei Bradyarrhythmie
Ebenfalls Kollapssymptomatik, Dyspnoe, Orthopnoe u.a. Zeichen der akuten
Linksherzinsuffizienz v.a. bei Tachyarrhythmie
Ko
Akute Herzdekompensation v.a. bei Tachyarrhythmien
Schwere Bradykardie spontan oder nach Therapieversuch einer
Tachyarrhythmie
Am gefürchtetsten ist: Embolie aus dem Herzen (kardiale Embolie).
Kardiale Embolie bei Vorhofflimmern
PPh Beim Vorhofflimmern ziehen sich die Vorhöfe nicht mehr geordnet zusammen.
Dadurch wird das Blut nicht mehr so effektiv transportiert, es fließt langsamer
und es kann, besonders in versteckten Winkeln der Vorhöfe (linkes Herzohr)
zu Blutgerinnseln (Thromben) kommen. Lösen sich diese aus dem linken Vorhof, werden sie in die Blutbahn fortgeschleppt und verstopfen irgendwo ein
Gefäß = Embolie.
Sy
Embolie eines Gehirngefäßes
Schlaganfall (Apoplex)
Embolie eines Darmgefäßes
Mesenterialinfarkt
Embolie eines Beingefäßes
Akute Beinembolie
Th
Die Therapie des Vorhofflimmern hat mehrere Ziele, nicht alle müssen unbedingt erreicht werden
1. Ziel: Normale Kammerfrequenz
bei Tachyarrhythmie Gabe von Medikamenten, die die Überleitung von den
Vorhöfen auf die Kammern abbremsen: Digitalis, Ca-Antagonisten (Isoptin,
Dilzem), ß-Blocker (z.B. Sotalex) und zahlreiche weitere Antiarrhythmika (z.B.
Cordarex). Leider kann es häufig dazu kommen, daß das Ziel überschritten
wird und es zur Bradyarrhythmie kommt. Auch ständige, nicht kontrollierbare
Wechsel können vorkommen.
bei Bradyarrhythmie (auch unter Therapie einer ursprünglichen Tachyarryhthmie) hilft nur der Schrittmacher. Hier genügt oft der einfachere VVISchrittmacher.
2. Ziel: Umwandlung (Kardioversion) in Sinusrhythmus
Dieses Ziel ist umso eher erreichbar, je kürzer das Vorhofflimmern angedauert
hat.
Medikamentöse Kardioversion mit der o.g. Medikamente
Elektrische Kardioversion: Mit Hilfe eines Stromstosses werden die Vohöfe
‚lahmgelegt‘, der Sinusknoten hat die Chance, nun als erstes wieder einzuspringen und ‚das Kommando zu übernehmen‘. Die Elektrische Kardioversion
wird in Kurznarkose durchgeführt.
Merke: Für eine Kardioversion von Vorhofflimmern (mit welcher Methode auch
immer) ist immer eine ausreichende Blutverdünnung (Antikoagulation) über
mehrere Wochen (meist mit dem Medikament Marcumar) notwendig, da beim
Umspringen in Sinusrhythmus die Emboliegefahr am größeten ist.
3. Ziel: Vermeiden einer Embolie durch Blutverdünnung
Egal ob VHF kardiovertiert wird oder lediglich eine normale Kammerfrequenz
angestrebt wird, eine aureichende Blutverdünnung ist in aller Regel immer
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 17
empfehlenswert, da es sonst leichter zu kardialen Embolien kommen kann.
Insbesondere der Schlaganfall ist gefürchtet. Die Blutverdünnung wird meist
mit dem Medikament Marcumar durchgeführt. Der Therapieerfolg muß mit Hilfe regelmäßig durchgeführter Gerinnungstests (sog. Quickwert, in Zukunft jedoch immer öfter der sog. INR-Wert) überwacht werden. Die Pat. tragen einen
Ausweis mit sich, in den auch die Dosis und der Gerinnungswert eingetragen
werden.
WPW-Syndrom (Wolff-Parkinson-WhiteSyndrom)
Def
PPh
Th
Angeborenes Syndrom, bei der eine
zusätzliche elektrische Verbindung
zwischen Vorhöfen und Kammern besteht.
Über diese zusätzliche Bahn kann sich
eine Kreiserregung aufbauen, die zu
einer meist plötzlich (paroxysmal) auftretenden Tachykardie führt
Die zusätzliche Verbindung kann in
speziellen Zentren mittels Katheter
verödet werden. Dies führt meist zur
definitiven Heilung.
4.3. Ventrikuläre Tachykardie, Kammerflattern, Kammerflimmern
Kennzeichen aller ventrikulären tachykarden Rhythmusstörungen (ohne Ausnahme)
sind die breiten, deformierten QRS-Komplexe im EKG.
Def
Ät
Sy
D
Th
Schwerwiegendste Rhythmusstörungen, akut lebensbedrohlich, bei der die
Kammern zu schnell (ventrik. Tachykardie, Kammerflattern) bzw. unkoordiniert
(Kammerflimmern) schlagen, sodaß die Funktion des Herzens, Blut zu transportieren, nicht mehr gewährleistet ist (feststellbar an der Pulslosigkeit des
Pat.).
Häufigste Ursache ist der Myokardinfarkt. Kammerflattern/-flimmern ist die
häufigste Todesurache beim Myokardinfarkt.
beim plötzlichen Herztod handelt es sich um spontan auftretendes Kammerflimmern meist auf dem Boden einer KHK
schwere Herzerkrankungen aller Art, v.a. Myokarditis und Kardiomyopathie
schwere Elektrolytentgleisungen, v.a. Hypokaliämien
Kollaps mit Bewußtlosigkeit und Pulslosigkeit
Bei Bewußtlosigkeit und Pulslosigkeit hat die Reanimation Vorrang vor der
Diagnostik, Wiederbelebungsmaßnahmen sofort beginnen.
im EKG: breite QRS-Komplexe (ventrik. Tachykardie) bis hin zu unregelmäßigen Flimmerwellen (Kammerflimmern)
Präkordialer Faustschlag: bei beobachteten Kollaps mit Kammerflimmern
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 18
Elektrische Defibrillation: Elektroschock, der die chaotische Rhythmusstörungen abrupt unterbricht und somit den normalen Rhythmusszentren (Sinusknoten) die Chance gibt, das Kommando wieder zu übernehmen.
Medikamente zur Rhythmusstabilsierung des Herzens nach erfolgreicher
Defibrillation: Xylocain, Cordarex.
Merke: JEDE tachykarde Rhythmusstörung, die zu einer schweren Beeinträchtigung
der Herzfunktion führt, kann und soll mittels elektrischer Schockabgabe behandelt werden. Sie führt am schnellsten zur Wiederherstellung eines normalen Rhythmus.
4.4. Ventrik. und supraventrik. Extrasystolie
Def
Unter Extrasystolen versteht man elektrische
Erregungen des Herzens, die nicht aus den
normalen Reizbildungszentren stammen.
Je nach dem Ort, wo Extrasystolen entstehen,
unterscheidet man supraventrikuläre Extrasystolen (im Vorhof entstanden) und ventrik. Extrasystolen (im Ventrikel entstanden).
SVES Supraventrikuläre Extrsystolen zeigen im
EKG meist einen schmalen QRS-Komplex.
Sie sind ohne jegliche Bedeutung.
VES Ventrik. Extrasystolen entstehen irgendwo in
einer Kammer. Einzelne VES haben ebenfalls
keine patholog. Bedeutung. Von sensiblen
Menschen können sie als Herzstolpern empfunden werden. Sie zeigen einen breiten QRS-Komplex.
Vom Bigeminus spricht man, wenn sich jeweils ein Normalschlag und eine
VES abwechseln. Da VES meist keinen Puls produzieren, kommt es bei der
Pulsmessung zu langsamen Puls. Dies kann, v.a. bei vorbestehenden Erkrankungen, zu Beschwerden wie bei Bradykardie führen.
Couplets und Triplets sind zwei bzw. drei aneinandergereihte VES. Einzelne Couplets oder Triplets sind ohne Relevanz.
Treten mehr als 3 VES hintereinander auf so spricht man von ventrik. Salven, bei anhaltenden Salven handelt es sich um eine ventrik. Tachykardie.
Salven und VT können für einen Pat. insbesondere dann bedrohlich sein,
wenn eine Herzerkrankung, besonders mit Herzinsuffizienz vorliegt.
D
Durch das EKG
Th
SVES sowie vereinzelte VES bedürfen keiner Therapie
Bigeminis, Couplets und Triplets bedürfen nur dann einer Therapie, wenn sie
Beschwerden verursachen
Salven und VT sind dann therapiepflichtig, wenn sie Beschwerden machen,
oder wenn zusätzlich eine Herzerkrankung besteht. Anhaltende ventrik.
Tachykardien entstehen praktisch immer auf dem Boden einer therapiepflichtigen Erkrankung. Zur Auswahl stehen:
(1) Antiarryhthmika: Medikamente, die Rhythmusstörungen unterdrücken
sollen. Besprochen wurden schon Cordarex, Xylocain. Isoptin hat bei ventrik.
HRST keine Wirkung. Sotalex ist noch ein wirksames Medikament.
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 19
Fast alle Antiarrhythmika verbessern die Prognose nicht. Für das Medikament
Flecainid wurde sogar nachgewiesen, daß mit Therapie mehr Menschen versterben als ohne. Die Therapie muß daher streng indiziert sein.
(2) AICD: Automatischer Implantierbarer Cardioverter-Defibrillator. Gerät, das
wie ein Schrittmacher eingepflanzt wird, jedoch mehr kann:
Funktion eines Schrittmachers
Abgabe von Elektroschocks (interne Defibrillation/Kardioversion)
Aufzeichnen aller gefährlichen Rhythmusstörungen, die den AICD aktivieren, sodaß später eine Auswertung erfolgen kann.
AICD sind sehr teuer (ca. 10.000 DM), daher ist auch ihr Einsatz nur bei
strenger Indikation gerechtfertigt.
5. Erworbene Herzklappenfehler (Vitien)
Erworbene Herzklappenfehler spielen sich fast immer an den Klappen des linken
Herzens ab (Mitral- und Aortenklappe).
Man unterscheidet
Stenose: Klappe geht nicht mehr richtig auf, ist verengt
Insuffizienz: Klappe schließt nicht mehr richtig, ist undicht
Kombiniertes Vitium: Klappe geht weder richtig auf noch zu
Ät
Häufigste Ursache eines Klappenvitiums ist eine früher durchgemachte
rheumatische Endokarditis i.R. eines akuten rheumatischen Fiebers. Das
akute rheumatische Fieber ist eine Folgekomplikation einer verschleppten
bakteriellen Infektion mit Streptokokken (z.B. Angina des Halses, Mandelentzündung).
Seltener, aber dramatischer im Verlauf, ist eine akute bakterielle Endokarditis die Ursache. Hierbei werden die Klappen von Bakterien regelrecht
‚zerfressen‘, daher führt die bakterielle Endokarditis meist zu Insuffizienzen.
Die Endokarditis lenta ist ebenfalls eine bakterielle Entzündung der Herzklappen, sie verläuft aber wesentlich weniger akut. Die Zerstörung der Herzklappe steht erst am Ende eines wochenlangen Krankheitsprozesses. Die
Diagnose ist am Anfang (wo die Chancen einer Therapie besser stehen) oft
schwierig. Zum Nachweis eines Keimes bedarf es oft eines Dutzend Blutkulturen. Auch die E. lenta führt immer zur Insuffizienz.
daneben gibt es weitere sehr seltene Ursachen
Gemeinsame therapeutische Prinzipien:
Endokarditisprophylaxe
Jeder Pat. mit einer defekten Klappe ist gefährdet, eine akute bakterielle Entzündung
seiner Herzklappen zu entwickeln. Daher muß bei jedem Eingriff, bei dem Bakterien
in die Blutbahn kommen könnten (z.B. Zahnarzt, OP) eine Prophylaxe mit Antibiotika
eingenommen werden. Hierfür reicht die zweimalige Gabe eines Antibiotikums unmittelbar vor und kurz nach dem Eingriff.
Operativer Klappenersatz
Schwer funktionsgestörte Klappen müssen gegen Kunstklappen ersetzt werden.
Hierbei unterscheidet man zwei Klappentypen:
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 20
Bioklappen: werden aus Schweineendokard hergestellt. Vorteil: Sie haben
keine Neigung, Thromben zu bilden. Daher muß danach kein Marcumar gegeben werden. Nachteil: Sie halten nicht so lange.
Kunststoff/Keramikklappen: Vorteil: Sie halten lange, Nachteil: Sie erfordern lebenslang Marcumar.
5.1. Mitralstenose
PPh
Sy
D
Th
Die Mitralstenose läßt Blut nur noch unter Widerstand in den linken Ventrikel
einfließen, es staut sich in den linken Vorhof und in die Lungenvenen zurück.
Folge: Druckerhöhung im linken Vorhof, im Lungenkreislauf und nach einiger
Dauer auch im rechten Ventrikel
Folge der Drucksteigerung im linken Vorhof:
Absolute Arryhthmie bei Vorhofflimmern, da der überdehnte Vorhof
nicht mehr elektrisch normal funktioniert
Gefahr des Schlaganfalls und von Embolien, da sich im linken Vorhof
Thromben bilden können.
Folge der Druckerhöhung im Lungenkreislauf: Symptome wie bei
Linksherzinsuffizienz:
Belastungsdyspnoe und Orthopnoe
bei akuter Verschlechterung Lungenödem
Folge der Rechtsherzbelastung: Symptome wie bei Rechtsherzinsuffizienz
Beinödeme
gestaute Halsvenen
Stauungsleber und Stauungsmagen mit Bauchschmerzen und
Appetitlosigkeit
Fazies mitralis: Pat. mit Mitrastenose haben typischerweise eine leichte
Zyanose mit rotbläulich gefärbten Bäckchen.
Röntgenbild (ungenau)
Auskultation (ungenau)
Herzecho: sehr genaues Verfahren, bei dem auch der Grad der Verengung
gut ausgemessen werden kann
Herzkatheter: Dient v.a. zur Druckmessung im großen und kleinen Kreislauf; war früher die Standardmethode zur Feststellung, ob eine OP möglich
ist. Ist jetzt noch wichtig, um eine begleitende KHK auszuschließen (die ansonsten gleich mitversorgt werden würde
ACB).
Konservative Therapie: Marcumar bei absoluter Arrhythmie und Gefahr
von Embolien. Weitere Medikamente haben nur einen begrenzten Einfluß.
Operative Therapie:
Klappensprengung mit Hilfe eines Ballons bei nicht stark verkalkten
Stenosen
Klappenersatz (s.o.)
5.2. Mitralinsuffizienz
PPh
Bei der Mitralinsuffizienz (MI) kommt es in der Systole zu einem Rückfluß von
Blut durch die undichte Klappe in den linken Vorhof. Folge ist daher eine Volumenbelastung des linken Vorhofes, die letztendlich ebenfalls zu einer
Überdehnung des Vorhofes, zu einem Rückstau in die Lungenvenen und zu
einer Rechtsherzbelastung führt (vergleiche Mitralstenose).
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Sy
D
Th
Seite 21
Entscheidend für das Ausmaß der Symptome einer MI ist v.a. die Zeitspanne,
in der der Fehler auftritt. Während bei der rheumatischen Endokarditis oft Jahre bis zu einer schwerwiegenden MI vergehen, tritt eine MI bei akuter bakterieller Endokarditis rasch auf. Bei einem Abriß der Papillarmuskel, die die
Klapppe halten, z.B. beim Myokardinfarkt, tritt das Vitium perakut auf. Anpassungsmachanismen können nicht greifen und es kommt unvermittelt zum
Lungenödem.
Die Symptome gleichen denen der Mitralstenose, siehe dort!
Auch die Diagnose wird mittels der gleichen Verfahren gestellt, wie bei der
Mitralstenose
Die entscheidende Therapie ist der operative Klappenersatz. Dieser muß
rechtszeitig erfolgen. Die Chancen sinken bei bereits geschädigtem Herzmuskel, sie sind schlecht bei akuter bakterieller Endokarditis.
5.3. Aortenklappenstenose
PPh
Die Aortenklappenstenose (AS) führt zu einer Druckbelastung des linken
Ventrikels. Dieser muß das Blut nicht nur gegen den Widerstand des Blutdrucks in die Arterien pumpen, sondern zustätzlich gegen den Widerstand der
verengten Aortenklappe. Eine hochgradige Aortenstenose ist durch einen
Druckgradienten zwischen LV und Aorta von mehr als 80 mmHg in der Systole
gekennzeichnet.
Beispiel: RR 130/80, Aortenstenose mit Druckgradienten von 85 mmHg
Systolischer Druck im LV 215 mmHg!
Sy
Die Aortenstenose hat folgende Effekte:
Herzmuskelhypertrophie als Anpassungsreaktion auf erhöhte Druckwerte
bei Versagen des Kompensationsmechanismus: linksventrikuläre Dilatation und Linksherzinsuffizienz mit Lungenödem
Vorwärtsversagen: Erniedrigtes Herzzeitvolumen mit Hypotonie, Einschränkung der Leistungsfähigkeit, Synkopen
Eine Aortenstenose bleibt solange kompensiert und damit ggf. auch klinisch unbemerkt, solange das Herz durch Hypertrophie die erhöhte Druckbelastung bewältigen kann. Eine AS kann jahrelang symptomlos bleiben. Typische Erstsymptomatik ist
die Synkope nach körperlicher Anstrengung.
Th
operativer Aortenklappenersatz, bevor es zu einer Dilatation des linken Ventrikels kommt
5.4. Aorteninsuffizienz
Die Aortenklappeninsuffizienz (AI) führt zu einer Volumenbelastung des LV. Eine
hochgradige AI ist durch einen diastolischen Rückfluß aus der Aorta in den LV gekennzeichnet, der fast den ganzen LV ausfüllt.
Ähnlich wie für die Mitralinsuffizienz gilt: je schneller die Insuffizienz entsteht, desto
geringer die Anpassungsmöglichkeiten, desto rascher und heftiger die Symptome.
Typische Ursache der akuten AI ist die bakterielle Endokarditis.
Sy
Die AI hat folgende Effekte:
Große Blutdruckamplitude (z.B. 160/30mmHg), da Blut in der Diastole zurückfließt und damit die Windekesselfunktion der Aorta gestört wird.
Vergrößerung des LV durch die massive Volumenbelastung (sog. Pendelvolumen)
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Th
Seite 22
Bei Versagen der Kompensationsmechanismen: Zeichen der Linksherzinsuffizienz, insbesondere Lungenödem
operativer Aortenklappenersatz
5.5. weitere Vitien
Erworbene Herzklappenfehler der Pulmonal- und Trikuspidalklappe sind eine Seltenheit, diese werden deshalb nicht besprochen.
Daneben gibt es die große Gruppe der angeborenen Herzfehler. Beim heutigen
Standard der Medizin in Deutschland ist es eine Seltenheit, daß diese Vitien nicht
bereits im Kindesalter erkannt und ggf. behandelt werden. Sie kommen daher in der
Erwachsenenmedizin in Deutschland praktisch nicht vor.
Viele Erwachsene behaupten, sie hätten in der Kindheit einen ‚Herzfehler‘ gehabt,
jetzt aber ist nicht mehr nachzuweisen. Tatsächlich aber haben 50% aller Kinder in
ihrem Leben einmal ein auskultierbares Herzgeräusch, das jedoch funktioneller Natur ist und keinen Herzfehler widerspiegelt.
6. Kardiomyopathien
Def
Etl
Sy
D
Th
Unter (primärer) Kardiomyopathie (KMP) versteht man eine Herzmuskelerkrankung, deren Ursache unklar ist. Diskutiert werden v.a. unerkannte infektiöse Ursachen (idR. Viren) und toxische Schädigungen (z.B. Alkohol, Zytostatika). Die KMP betreffen meist den gesamten Herzmuskel.
Dilatative KMP: Ist gekennzeichnet durch eine Erweiterung der Herzhöhlen,
v.a. des LV.
Hypertrophe KMP: Massive Verdickung des LV (ohne andere Ursache)
Restriktive KMP: Selten, massive Versteifung des LV
Arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie: Selten zu Lebzeiten diagnostiziert ist diese Form der KMP eine häufige Ursache des plötzlichen Herztodes, wie man bei Sektionen sieht.
Gemeinsames Symptom fast aller KP ist die Herzinsuffizienz und
Herzrhythmusstörungen
Die Diagnose kann relativ zuverlässig mittels Echokardiographie gestellt
werden, dennoch wird in aller Regel ein Herzkatheter durchgeführt, um die
häufigste Ursache einer Herzinsuffizienz, die KHK, auszuschließen. In vielen
Fällen wird auch eine Muskelbiopsie entnommen.
Die KMP kann ursächlich nicht behandelt werden. Die Therapie ist daher eine
Therapie der Herzinsuffizienz und der Herzrhythmusstörungen.
Bei Versagen der medikamentösen Therapie verbleibt nur die Herztransplantation.
7. Perikarditis
Def
Ät
Entzündung des Herzbeutels, als P. sicca ohne Ergußbildung, ansonsten mit
Ergußbildung
Entzündung durch Infektion: Viren, Bakterien (z.B. Tuberkulose), Mitbeteiligung des Perikards bei einer Pneumonie
Postoperativ: sog. Postkardiotomiesyndrom
Nach Herzinfarkt
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Sy
D
Th
Seite 23
Im Rahmen einer rheumatischen Grunderkrankung (z.B. Lupus erythematodes)
Urämisch: bei Nierenversagen mit Anhäufung toxischer Stoffe im Blut
Die Symptome sind denen der Angina
pectoris und des Herzinfarktes ähnlich
Labor: Anstieg der Herzenzyme, Anstieg der Entzünungszeichen (BKS,
CRP, Leukozytose)
EKG: ST-Hebungen
⇐ Verwechslung mit dem Herzinfarkt
möglich!!
Auskultation: evtl. Reibegeräusch
hörbar, bei großem Erguß leise Herztöne
Echo: Perikarderguß!
Antientzündliche Therapie (z.B. Voltaren), bei V.a. baketrielle Infektion auch
antibiotische Therapie
Bei großem Perikarderguß mit Gefahr der Perikardtamponade: Perikardpunktion
8. Arterielle Hypertonie
Häu
20er-Regel: 20% der über 60jährigen haben einen Bluthochdruck, 20% davon
wissen das gar nicht, und 20% derer, die von ihrem Hochdruck wissen, sind
nicht adäquat behandelt.
Def Von einer Hypertonie spricht man bei Werten über 140mmHg systolisch und
90mmHg diastolisch in Ruhe.
Grenzwerthypertonie (oder labile Hypertonie): Werte zwischen 140 und
160 mmHg systolisch bzw. 90 und 95 mmHg diastolisch
manifeste Hypertonie: Werte über 160 mmHg systolisch bzw. über 95
mmHg diastolisch
alle Definitionen gelten für Werte in Ruhe, eine Messung während körperlicher
oder psychischer Belastung hat keine Aussagekraft. Hierzu zählt auch der sog.
‚Weißkittelhochdruck‘: erhöhte Werte durch den psychischen Druck einer medizinischen Untersuchung.
Ät
essentielle Hypertonie: 90% aller Hochdruckpatienten haben keine umschriebene Ursache für den Hochdruck, es handelt sich vielmahr um ein mehrfaktorielles Zusammenspiel mehrerer Ursachen: genetische Disposition, Ernährungsgewohnheiten (Salzreiche Kost), Überernährung, Streß.
charakteristich für die essentielle Hypertonie ist die erhaltene Tagesrhythmik des Blutdruckes mit niedrigeren Nachtwerten.
Sekundäre Hypertonie: in 10% gibt es eine umschriebene Ursache, deren
rechtzeitige Beseitigung auch zu einer Verbesserung des Blutdruckes führt.
charakteristisch für die sekundäre Hypertonie ist die oft aufgehobene Tagesrhythmik des Blutdruckverlaufs
Nierenerkrankungen (Nierenarterienstenose, jede chronische Nierenerkrankung)
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
PPh
Sy
Ko
D
Seite 24
Hormonelle Ursachen (M. Cushing: Überproduktion von Cortisol, M.
Conn: Überproduktion von Aldosteron, Phäochromozytom: Überproduktion von Adrenalin, Hyperthyreose: Überproduktion von Thyroxin)
Der hohe Blutdruck (RR) führt
zu einer Druckbelastung des LV, dieser kann sich lange durch Hypertrophie
an die erhöhte Arbeit anpassen, bei sehr schlecht eingestelltem RR kommt es
im Verlauf aber zu einer Herzinsuffizienz und Erweiterung des LV ⇐ hypertensive Herzkrankheit.
zu einer rascheren Arterienverkalkung (Atherosklerose) aller Gefäße. Die
Entstehung von Plaques in den Arterien wurde unter ‚akutes Koronarsyndrom‘
(Seite 8) beschrieben und gilt vom Prinzip her für alle Gefäße.
Atherosklerose der Koronararterien: Koronare Herzkrankheit
Atherosklerose der Halsschlagadern: Gefahr des Schlaganfalls
Atherosklerose der Aorta und der Beingefäße: periphere arterielle
Verschlußkrankheit
zu einer Schädigung der kleinen Arterien (Arteriolen) v.a. des Auges und
der Nieren:
Hypertensive Retinopathie: Sehstörungen
Hypertensive Nephropathie (Nephrosklerose): chronische Niereninsuffizienz
Hoher Blutdruck tut (leider) nicht weh! Pat. klagen oft gar keine Beschwerden, daher wird die Hypertonie meist im Rahmen eines Routinearztbesuches
oder in der Apotheke festgestellt. Lediglich bei stark erhöhten Werten klagen
Pat. manchmal über Kopfdruck, Schwindel, Ohrensausen, Nasenbluten oder
Herzklopfen.
Neben den oben beschriebenen Spätkomplikationen kann als Akutkomplikation die hypertensive Krise mit Werten über 230/115 mmHg auftreten.
Folgen:
Akute Herzinsuffizienz mit Lungenödem
Hypertensive Enzephalopathie mit Bewußtseinsstörungen, Kopfschmerzen,
Erbrechen
Hypertensive Hirnblutung
Häufigste Methode ist die indirekte Blutdruckmessung nach Riva-Rocchi
(RR), die wohl nicht erklärt zu werden braucht.
Vorteil: Sehr einfach anwendbar, beliebig wiederholbar, keine Risiken
Nachteil: zahlreiche Fehlermöglichkeiten, relativ ungenau, +/- 15mmHg
Direkte Blutdruckmessung durch Kanülierung einer Arterie, häufigste
Punktionsorte sind: Art. radialis, Art. femoralis
Vorteil: Sehr genau, kontinuierliche Messung möglich
Nachteil: Risiken (Gefäßverschluß, Blutung, Infektion)
24-Stunden-Blutdruckmessung: Relativ kontinuierliche RR-Aufzeichnung
mittels indirekter Messsung, die eine wesentlich bessere Beurteilung des RR
und seiner Behandlungsbedürftigkeit zuläßt und außerdem die Tagesryhthmik
beurteilen läßt.
Ursachensuche: Bei der Erstdiagnose einer Hypertonie muß nach Ursachen einer möglichen sekundären Hypertonie gefahndet werden:
Nierensono: Ein- oder beidseitige Nierenverkleinerung, Nebennierentumor?
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Th
Seite 25
Schilddrüsenwerte
Cortisol- und Aldosteronabbauprodukte im 24-h-Urin, Cortisolbestimmung im Blut
Adrenalinabbauprodukte im 24-h-Urin (Vanillinmandelsäure)
1. Behandlung der Grundkrankheit bei Nachweis einer sekundären Hypertonie
2. Allgemeinmaßnahmen:
Abspecken
salzarme Kost
Meiden von Nikotin und anderen Blutdruck-steigernden Stoffen
Körperliche Betätigung
3. Medikamentöse Therapie: Stufentherapie der WHO, siehe folgenden Abschnitt
Stufentherapie der art. Hypertonie
Zur medikamentösen Therapie der art. Hypertonie stehen zahlreiche Substanzgruppen zur Verfügung:
Wirkstoffgruppe (Beispiele)
besonders zu empfehlen bei
Calcium-Antagonisten (z.B. Adalat, Isoptin, Munobal, Norvasc,
Dilzem)
ACE-Hemmer (Xanef, Delix,
Lopirin)
Diuretika (Dytide H, Arelix RR)
ß-Blocker (Beloc, Tenormin,
Dilatrend)
--
nicht zu empfehlen oder mit
Vorsicht anwenden bei
bradykarde Rhythmusstörungen
(gilt für einige Ca-Antagonisten)
Diabetikern
fortgeschrittener Niereninsuffizienz, Nierenarterienstenosen
älteren Menschen
-jüngere Menschen, Pat. nach Asthmapatienten, Pat. mit DiaHerzinfarkt
betes und Neigung zu Hypoglykämien
alpha-Blocker (Minipress)
-Pat. mit Neigung zu Synkopen
Gefäßdilatatoren (Nepresol)
Schwangeren
Reservemedikament (Nebenwirkungen)
zentral wirksame Antihypertensi- -Reservemedikament (Nebenwirva (Catapressan, Ebrantil)
kungen)
Vorgehen bei der medikamentösen Therapieeinstellung:
1. Zielvorgabe: RR-Senkung nur in Ausnahmefällen sofort. Ziel ist vielmehr die langsame und möglichst nebenwirkungsarme RR-Senkung im Laufe der kommenden 2-3
Wochen.
Daran denken: Hochdruck tut nicht weh, der Pat. spürt aber die Nebenwirkungen
einer möglicherweise rasch wirksamen Hochdrucktherapie und die Gefahr steigt, daß
er diese nicht oder nicht regelmäßig einnimmt, weil er sich nach Therapie schlechter
fühlt als vorher. Daher langsame Therapieeinstellung und nicht zu ehrgeizige kurzfristige Ziele.
2. Stufentherapie:
Stufe 1: Monotherapie mit einem Präparat aus obiger Tabelle (Ausnahme:
nicht Reservemedikamente). Falls das Präparat trotz voller Dosis nicht ausreichend wirksam ist, zunächst Umstellung auf ein anderes Monopräparat. Neben der Wirkung ist ein wichtiges Auswahlkriterium: schonende nebenwir-
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 26
kungsarme Blutdrucksenkung, einfache Handhabung (z.B. 1mal tägliche Einnahme)
Stufe 2: Kombination aus 2 der o.g. Präparate. Hierfür stehen fixe Kombinationen zur Verfügung (z.B. Delix plus= ACE-Hemmer + Diuretikum)
Stufe 3: Kombination aus 3 der o.g. Präparate
Stufe 4: Zugabe eines Reservemedikamentes. Diese haben häufig stärkere
Nebenwirkungen (z.B. Müdigkeit und Mundtrockenheit bei Catapressan).
3. Bedarfstherapie bei Blutdruckspitzen:
Hohe RR-Werte werden im allgemeinen zu rasch und zu aggressiv im Krankenhaus
gesenkt.
Vorüberlegung:
Wie lange hat der Pat. bereits seine hohen Werte? Oft bereits Monate und
Jahre, dies muß zwar korrigiert werden, aber nicht in einer Stunde.
Hat der Pat. Beschwerden bei seinem hohen Blutdruck? Oft nicht und somit
besteht kein massiver Therapiezwang.
Wie wirkt sich meine Reaktion auf einen erhöht gemessenen Blutdruck auf
den Pat. aus? Im Sinne des Weißkittelhochdrucks trägt das Verhalten des
medizinischen Personals (‚Oh Gott, Ihr Blutdruck ist ja viel zu hoch!‘) zur weiteren Blutdruckerhöhung bei. Halbstündiges Nachmessen bei erhöhtem Blutdruck in der Nacht führt sicherlich ebenfalls nicht zur RR-Senkung.
Konsequenz:
Hoher Blutdruck mit Symptomen ist auf jeden Fall rasch behandlungsbedürftig, dies gilt besonders für die hypertensive Krise
Hoher Blutdruck infolge Streß, Schmerzen, Aufregung, Schlaflosigkeit, Angst
etc. sollte primär nicht mit Blutdruckmedikamenten sondern kausal behandelt
werden: Schmerzmittel, Zuspruch, Beruhigungsmedikamente
Hoher Blutdruck (in etwa: unter 200 mmHg syst.) ohne Symptome sollte
besser aufmerksam beobachtet und mittelfristig behoben werden.
Medikamentenauswahl für die Therapie der hypertensiven Krise:
Medikament
Adalat SL 5 oder 10mg als Kapsel sublingual
Nitro-Spray (2 Hub sublingual)
Ebrantil 25mg i.v.
Wirkungseintritt
binnen Minuten
binnen Minuten
binnen Minuten
Catapressan ½ bis 1 Amp. s.c. ¼ Stunde
oder i.v.
Nepresol ½ bis 1 Amp. i.v.
binnen Minuten
Natriumnitroprussid als Perfusor sofort
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Nebenwirkung
Flush (Hautrötung), Tachykardie,
Kopfschmerzen, Ödeme
Tachykardie, Kopfschmerzen
oft überschießende RR-Senkung
mit Schwindel
Müdigkeit,
Mundtrockenheit,
bradykardisierende Wirkung
Tachykardie
stärkster bekannter Blutdrucksenker, RR kann bis auf 0 gesenkt werden. Bei mehrtägiger
Therapie Gefahr der Zyanidvergiftung
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 27
9. Beinvenenthrombose und Lungenembolie
PPh
Thrombose: Ein Thrombus ist ein Blutgerinnsel. Bereits seit dem 19. Jh.
(Virchow) ist bekannt, welche Faktoren zur Ausbildung eines Blutgerinnsels
führen. Man nennt sie die Virchow’sche Trias:
Veränderungen an der Gefäßwand (Entzündung, Verletzung, Verkalkung)
Veränderungen in der Blutzusammensetzung (Erhöhung der roten
Blutkörperchen oder der Blutplättchen, Verminderung von Hemmkörpern der Blutgerinnung)
Veränderungen der Blutströmung (Verlangsamung des Blutflusses,
Wirbelbildung
Typische Ursachen für die Entstehung einer Thrombose in den Venen (meist
des Beines oder des Beckens) ergeben sich aus dieser Trias:
Operationen aller Art (Verletzung, Immobilisation) und schwere Erkrankungen mit Bettlägerigkeit, Verletzungen
andere Ursachen der Immobilisation: Langstreckenflüge oder Busfahrten
Gefäßveränderungen: Kaputte Venenklappen, v.a. nach bereits vorausgegangener Thrombose, Venenentzündungen, Kompression der
Venen von außen (z.B. durch einen Tumor)
Thrombophilie durch zu hohe Blutplättchenanzahl, durch zuviel Fibrinogen im Blut oder durch Mangel an Hemmern der Blutgerinnung. Die
wichtigsten Hemmer der Blutgerinnung sind: Protein C und Protein S,
AT III. Der Mangel dieser Hemmer ist meist angeboren.
Die Pille und Rauchen begünstigen durch Veränderung der
Gerinnungsneigung die Entstehung einer Thrombose.
Die häufigste Ursache einer Thrombose, für die keine offensichtlichen
Gründe vorliegen, ist die sog. APC-Resistenz. Aktiviertes Protein C, das normalerweise als Gerinnungshemmer arbeitet, wirkt aufgrund eines erblichen
Defektes nicht richtig. Kommen noch weitere thrombosebegünstigende Faktoren hinzu (z.B. OP, Pille), steigt das Thromboserisiko beträchtlich.
Thrombosen können natürlich nicht nur in den Venen entstehen, sondern auch
in den Arterien oder im Herzen (siehe Vorhofflimmern).
Embolie: Unter Embolie versteht man den akuten Gefäßverschluß durch
einen wandernden Thrombus oder anderes Material (Luft, Fett; Fruchtwasser).
Je nachdem, wo dieser Thrombus war, kann er sich lösen und im Blutdrom solange weiter wandern, bis er sich verfängt. Thromben aus den Venen wandern
in der Regel bis in die Lungenstrombahn und führen damit zur Lungenembolie.
Thromben aus dem linken Vorhof, dem linken Ventrikel oder den arteriellen
Gefäßen wandern z.B.in die Halsschlagadern (Schlaganfall), in die Beinarterien (Beinembolie) oder die Darmgefäße (Mesenterialinfarkt).
Von einer gekreuzten Embolie spricht man, wenn ein Thrombus aus dem
venösen System durch ein Loch in der Herzscheidewand (meist Vorhofseptumdefekt) in die Arterien gelangt und zu einer arteriellen Embolie führt.
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 28
9.1. Tiefe Bein- und Beckenvenenthrombose
Def
Sy
D
Ko
Im Gegensatz zur Entzündung und Thrombosierung oberflächlicher Venen,
die weitaus weniger gefährlich ist und als Thrombophlebitis bezeichnet wird,
handelt es sich bei der Phlebothrombose um eine thrombotische Verlegung
der tiefen Hauptvenen. Die meisten Phlebothrombosen treten an der unteren
Extremität auf und können sich nach proximal bis in die Beckenvenen,
schlimmstenfalls bis in die untere Hohlvene fortsetzen.
Thrombosen können, müssen aber keine Symptome zeigen. Symptome entstehen v.a. durch den Anstau venösen Blutes
Schwellung, Schmerzen und Überwärmung der betroffenen Extremität
Wadendruckschmerz
Schmerz beim Überstrecken des Fußes bei der Untersuchung
Schmerz bei Druck auf die Fußsohle
Auftreten geschwollener oberflächlicher ‚Warnvenen‘
Die Diagnose kann heute mittels Ultraschall und Röntgen gestellt werden:
Venendoppler: Untersuchung des Venengebietes mittels speziellem Ultraschallkopf und Doppler (macht Blutfluß sichtbar). Je nach Erfahrung des Untersuchers und der Dicke des Beines gute bis sehr gute Zuverlässigkeit der
Untersuchung
Phlebographie: Einspritzen von Kontrastmittel in eine Fußrückenvene und
Darstellung der Venen. Verstopfte Venen stellen sich nicht oder kaum dar.
CT: V.a. bei V.a. auf eine Beckenvenen- oder Cavathrombose und bei dem
Verdacht auf ein Abflußhindernis (z.B. Tumorkompression einer Vene) wird
zusätzlich das CT mit Kontrastmittel eingesetzt.
Die Phlebothrombose ist wegen zweier möglicher Komplikationen gefürchtet:
Akutkomplikation: Lungenembolie
siehe folgendes Kapitel
Spätkomplikation: Postthrombotisches Syndrom
Postthrombotisches Syndrom
PPh
Sy
Jede Phlebothrombose löst sich im Laufe der Wochen durch körpereigene
Abbau- und Umbauvorgänge wieder auf. Hierbei kommt es aber nicht zu einer
kompletten ‚Säuberung‘ der Venen. Vielmehr bleiben Thrombusreste zurück,
die langsam zu Bindegewebe umgebaut werden, das
sich wie eine Art ‚Strickleiternetz‘ von innen an die
Venenwand legt und damit die für den venösen
Rückfluß sehr wichtigen Venenklappen verklebt.
Folge: Das Blut kann sich wegen Venenklappeninsuffizienz in das Bein zurückstauen. Durch die
chronische venöse Insuffizienz werden die Venen
wieterhin geschädigt, die Haut leidet unter Ernährungsstörungen.
Auftreten von ‚Besenreißervarizen‘ vornehmlich
im Unterschenkelbereich und im Bereich des Innenknöchels
Stauungsdermatose: Bräunliche Verfärbung und
Verdickung der Haut ebenfalls im gleichen Bereich,
Auftreten von Unterschenkel- und Knöchelödemen
Ulcera cruris: Auftreten von Hautgeschwüren mit
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 29
schlechter Heilungstendenz
Durch Phlebographie und Doppler
Hochlagerung und Kompression erleichtern den venösen Abstrom. Dauerhaftes Tragen von Venenkompressionsstrümpfen, kalte Bäder, Hautpflege.
Venentonisierende Präparate (Fagorutin, Roßkastanienextrakt) haben beim
postthrombotischen Syndrom keine Wirkung, da die Venenklappen hierdurch
auch nicht wieder hergestellt werden können.
D
Th
Therapiestrategien bei Phlebothrombose
International herrscht derzeit noch Uneinigkeit über das Vorgehen bei Phlebothrombose. Die Therapie muß zwei Ziele haben:
1. Verhinderung einer akuten Lungenembolie:
Diesem Aspekt wurde v.a. in Deutschland dadurch Rechnung getragen, daß Bettruhe (z.T. für 10 Tage) zusammen mit einer Heparinisierung verordnet wurde.
Die Einhaltung einer strengen Bettruhe für bis zu 10 Tage wird in anderen
Ländern (z.B. USA) nicht praktiziert aus zwei Gründen: a) kommt es statistisch
auch unter Mobilisation nicht häufiger zu einer Lungenembolie und b) hat man
unter Bettruhe ein Fortschreiten der Thrombose trotz Heparin beobachtet
(Immobilisation fördert ja die Thrombusbildung!)
⇐ Daher werden Patienten in vielen Kliniken jetzt bereits dann mobilisiert,
wenn die Extremität abgeschwollen ist.
Inzwischen weiß man, daß die subkutane Gabe von Heparinspritzen,
wenn sie in der Dosis angepaßt an das Körpergewicht erfolgt, gleich wirksam
wie der Heparinperfusor ist, jedoch nicht einmal mittels Gerinnungswert kontrolliert werden muß. Die ersten zugelassenen Heparinspritzen für diese Indikation heißen Fraxiparin und Innohep.
Einig ist man sich weltweit, daß rasch anschließend an die Akutphase eine
weitere Blutverdünnung mittels Marcumar erfolgen sollte. Die Zeitdauer der
Marcumartherapie beträgt im Schnitt etwa 6 Monate.
Auch die Kompressionstherapie, am besten mittels angepaßten Venenkompressionsstrümpfen, ist anerkannter Standard.
Bei höchster Gefahr einer Lungenembolie, z.B. bei einer Thrombose der V.
cava inferior, Implantation eines sog. Cava-Schirms, der wie ein Filter wandernde Thrombi abfangen soll.
2. Verhinderung eines postthrombotischen Syndroms:
Will man ein postthrombotisches Syndrom verhindern, dann muß man die Venenklappen erhalten, und dies geht nur durch restlose Thrombusauflösung. Diese ist innerhalb von etwa 2-3 Wochen möglich. Verwendet werden hierzu Lysemedikamente, wie sie auch beim Herzinfarkt verwendet werden, allerdings in nicht so hoher
Dosis.
Allerdings ist und bleibt die Lyse gefährlich (Blutungskomplikationen) und es muß
kritisch abgewogen werden, ob der mögliche Nutzen das Risiko wirklich rechtfertigt.
Derzeit geht der Trend weg von der Lysetherapie.
9.2. Lungenembolie
Häu
1-2% aller stationären Patienten erleiden erkannt oder unerkannt eine Lungenembolie, nur ein Drittel aller Lungenembolien wird tatsächlich auch vor
dem Tod eines Pat. diagnostiziert.
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
PPh
Sy
Die Risikofaktoren einer Lungenembolie (LE) entsprechen denen der Thrombose, da eine LE ja aus einer Thrombose entsteht. Der meist aus der unteren
Extremität oder den Beckenvenen stammende Thrombus führt zu einem Verschluß einer Pulmonalarterie. Je größer der Thrombus, desto größer das Gefäß, das er verschließt, desto größer die Folgen:
akuter Anstieg des Pulmonalarteriendruckes mit akuter Rechtsherzbelastung
Ausfall des betroffenen Lungengebietes für die Sauerstoffversorgung mit
Hypoxie
akuter Abfall des Herzzeitvolumens (Vorwärtsversagen) mit Hypotonie
bei kleinen LE muß es zu gar keiner Symptomatik kommen, nach den klinischen Symptomen und nach einigen Meßdaten kann die Schwere der LE in
Stadien eingeteilt werden:
Symptome
Blutdruck
Sauerstoff
Blut
D
DD
Th
Ko
Seite 30
Stadium I
oft keine
Thoraxschmerz
(beim tiefen Einatmen)
normal
im normal
Stadium II
Stadium III
Stadium IV
Plötzlich auftretende Dyspnoe, thoraka- Schock, schwere
ler Schmerz, Tachykardie, Angst, evtl. Hypotonie
Hämoptysen (Bluthusten), Hypotonie
leicht erniedrigt
erniedrigt
im unteren Normbereich
stark erniedrigt
Hypoxie
Bei klassischer Symptomatik (plötzliche Dyspnoe, Thoraxschmerz, Tachykardie und Hypotonie, Zyanose) ist die Diagnose fast schon gestellt. Häufig sind
die Symptome aber nicht so klar.
EKG: unsicher, es gibt im EKG Hinweiszeichen für eine Lungenembolie,
dennoch wichtig zum Ausschluß Herzinfarkt (siehe DD)
Lungenperfussionsszintigraphie: Kann größere Embolieausfälle sicher
nachweisen, dauert aber
Spiral-CT mit KM: Neueres aber hochsensitives Verfahren zum Nachweis
einer Lungenembolie, auch einer kleineren
Blutgasanalyse: Nachweis einer Hypoxie
Herz-Echo: Nachweis einer massiven pulmonalarteriellen Drucksteigerung
Neben der Diagnose der LE muß natürlich auch der Nachweis einer
Thrombose erfolgen, irgendwo muß der Thrombus ja herkommen.
Herzinfarkt, dissezierendes AOaneurysma, Schock jeder anderen Ursache
Die Therapie der Lungenembolie hat zwei Äste:
Ziel 1: Verhinderung einer weiteren Embolie durch sofortige Blutverdünnung
(Heparin i.v.), später durch Marcumar (siehe Thrombose)
Ziel 2: bei größeren LE Versuch der Embolusauflösung und Wiedereröffnung der Pulmonalarterie. Dies geschieht meistens mit Lysemedikamenten,
siehe hierzu Lyse bei Myokardinfarkt. Ausgesprochen selten und als letzte
Maßnahme kann auch die operative Embolektomie (Trendelenburg-OP) unter
Einsatz der Herz-Lungen-Maschine erfolgen.
in 10% der Fälle Tod
Entzündung der Lunge (Pneumonie) oder des Rippenfells (Pleuritis) im betroffenen Gebiet
Embolierezidiv (ohne Blutverdünnung in 30% der Fälle)
Cor pulmonale mit Rechtsherzinsuffizienz aufgrund der chronisch erhöhten
Pulmonalisdrucke
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 31
10. Schock
Def
PPh
Ät
Unter Schock versteht man allgemein jede kritische Kreislaufsituation, bei der
der Durchblutungs-, also der Sauerstoffbedarf einer Zelle nicht mehr erfüllt
werden kann. Bis auf wenige Ausnahmen geht der Schock mit einem kritischen Abfall des Blutdruckes einher.
Egal aus welchem Grund: sinkt die Durchblutung des Gewebes unter den
Punkt, an dem gerade noch genügend Sauerstoff pro Zeit aus dem Blut extrahiert werden kann, wird das Gewebe nachhaltig geschädigt. Es schaltet auf
einen anaeroben Stoffwechsel um, beim dem Lactat entsteht (meßbarer Lactatanstieg im Blut). Besteht der Schock fort, kommt es zu Gewebeschäden
und Funktionsverlust.
Zentralisation: Bei kritischem Absinken der Durchblutung versucht der Körper
zunächst, die Durchblutung auf die lebenswichtigen Organe zu konzentrieren.
Organversagen: Die ersten Organe, die hiervon meist betroffen werden sind
Niere und Lunge (Schockniere mit akutem Nierenversagen, Schocklunge mit
Lungenversagen und Beatmungspflichtigkeit).
DIC (Disseminierte intravaskaluläre Coagulation): Bei weiterer Verschlechterung der Situation kommt es zur Auslösung der Gerinnungskaskade mit
disseminierter Gerinnung in kleinen Kapillaren und Verbrauch von Gerinnungsfaktoren. Dies führt einerseits zur Verstopfung der Kapillaren mit Verschlimmerung der Durchblutungsstörung, andererseits andernorts zu Einblutungen, weil alle Gerinnungsfaktoren verbraucht sind.
1. Volumenmangelschock: in der Regel schwerer Blutverlust durch Wunden
oder durch innere Blutungen (z.B. Verkehrsunfall, Blutendes Magengeschwür,
geplatztes Bauchaortenaneurysma, ..).
2. Kardiogener Schock: Ausfall der Pumpleistung des Herzens durch akute
Herzinsuffizienz, häufige Ursachen: Myokardinfarkt, akuter Herzfehler,
Herzrhythmusstörung (tachykard oder bradykard), Lungenembolie
3. Anaphylaktischer Schock: Allergische Reaktion mit massiver Gefäßerweiterung und erhöhter Durchlässigkeit der Gefäße für Wasser. Dadurch kommt
es zu einem relativen Volumenmangel, das Herz punpt sozusagen ins Leere.
4. Septischer Schock:
initiales Vorgehen bei Schock
Ebenfalls Gefäßerweiterung,
verursacht
Frage:
durch Bakterientoxine.
Kardiogener oder anderer Schock?
Meist kann das Herz
hier am Anfang noch
Halsvenen gestaut:
Halsvenen kollabiert:
durch massive ErhöKardiogen
andere Ursache
hung des HerzzeitvoKardiale Tätigkeit
Volumenmangel vordringl.
lumens die Situation
vordringl. Problem
Problem
teilkompensieren (hyperdyname Phase des
Ersttherapie:
Ersttherapie:
septischen Schocks),
Rhythmustherapie
Volumen,
Volumen, Volumen
bis dieser MechanisKatecholamine
Katecholamine
mus zusammenbricht
kein Volumen
und es zur schweren
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herz- und Kreislauferkrankungen
Seite 32
Zentralisation kommt. Der Arzt sollte den septischen Schock tunlichst bereits
in der hyperdynamen Phase erkennen.
Therapieprinzipien:
Die Therapie des Schocks ist zunächst einfach und richtet sich nach wenigen
Grundsätzen (siehe Grafik). Die entscheidende Frage ist zunächst nur: Kardiogen oder Schock anderer Ursache? Ohne viel Aufwand ist diese Frage neben den Informationen, die man sonst noch hat, auf einen Blick zu beschränken: Beim akuten Herzversagen staut sich das Blut vor dem Herzen, die
Halsvenen sind massiv gestaut. Bei einem Schock der direkt auf einen Volumenmangel zurückzuführen ist (Blutungsereignis) oder bei dem es durch Gefäßweitstellung zu einem relativen Volumenverlust kommt (anaphylaktischer
Schock, septischer Schock), sind die Venen schlecht gefüllt, die Halsvenen
kollabiert.
Halsvenen gestaut: V.a. kardiogenen Schock
Ursache rasch identifizieren, Katecholamine, bradykarde oder tachykarde Rhythmusstörunge beseitigen
Halvenen nicht gestaut: Flüssigkeit geben, großvolumige Zugänge (keine rosa Nädelchen, ZVK nachrangig), am besten sogenannte Kolloide (Humanalbumin 5%, HAES), falls dies alleine nicht hilft, Katecholamine
in beiden Fällen: IMMER für ausreichend Sauerstoff sorgen, im Zweifel
frühzeitig intubieren. An einer verfrühten Intubation ist noch keiner gestorben,
an einer verspäteten schon viele.
© Dr. H. Bachmann, 08.12.2001
Herunterladen