Medizintechnologie.de Herzinsuffizienz Hoffnung auf neue Therapie Über einen Katheter wird eine Verbindung zwischen linkem und rechtem Vorhof hergestellt und ein Metallgeflecht platziert. Quelle: Corvia Medical, Inc. 13.05.2016 Für Patienten mit einer diastolischen Herzschwäche gibt es bislang keine wirksame Behandlung. Ein Shunt-System, das den linken und den rechten Vorhof des Herzens verbindet, soll das ändern. von Ulrich Kraft Allein in Deutschland leben rund zwei Millionen Menschen mit chronischer Herzinsuffizienz. Mitentscheidend für ihr Wohl und Wehe ist die Form der Erkrankung. Bei einer systolischen Herzinsuffizienz ist die linke Herzkammer zu schwach, um genügend Blut in den Körperkreislauf zu befördern. Bei der diastolischen Herzinsuffizienz hingegen kommt es wenn überhaupt nur zu einer leichten Einschränkung der Pumpkraft des Herzens. Dafür ist hier Herzmuskel so sehr verdickt und versteift, dass sich der linke Ventrikel nicht mehr ordnungsgemäß mit Blut füllen kann. Während sich die systolische Herzinsuffizienz mit Medikamenten behandeln lässt, sucht die Medizin bei der diastolischen Form bis heute nach einer nachweislich wirksamen Therapie. Doch jetzt gibt es möglicherweise einen neuen Hoffnungsträger. Eine internationale Studie hat ein innovatives Verfahren unter die Lupe genommen, bei dem zwischen linkem und rechtem Herzvorhof (Atrium) ein kleiner Verbindungskanal geschaffen und mit einer implantierten Spange offen gehalten wird. Die unlängst im renommierten Fachmagazin The Lancet vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass die Methode die Belastbarkeit und die Lebensqualität von Patienten mit einer diastolischen Herzschwäche verbessern kann. Öffnung senkt den Druck in den Lungengefäßen Durch die beeinträchtigte Füllung der linken Herzkammer staut sich das Blut in den linken Vorhof und von dort weiter in den Lungenkreislauf zurück. Folge sind die typischen Beschwerden der Herzinsuffizienz: Eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit, Kurzatmigkeit bis hin zur akuten Luftnot, Flüssigkeitsansammlungen in der Lunge und in den Beinen. Die Idee, die beiden Vorhöfe miteinander zu verbinden, um so den Druck im linken Atrium zu reduzieren und dem Blutstau in den Lungengefäßen entgegen zu wirken, existiert schon etwas länger. 2014 erschien eine Studie, in der die Effekte eines solchen Shunts mit einer Computersimulation untersucht wurden. Die Resultate fielen so positiv aus, dass die Autoren den Sprung in die weitere Erforschung am Patienten empfahlen. Mehr über Herzinsuffizienz Implantierter Drucksensor verhindert Klinikeinweisungen Nur wenig später bot das US-Startup Corvia Medical dann ein Shuntsystem an. Eingesetzt wird es mit Hilfe eines Herzkatheters, den der Kardiologe unter Röntgenkontrolle über eine Vene zum Herz vorschiebt. Dort stellt er zunächst eine kleine Öffnung zwischen linkem und rechtem Vorhof her, in die er dann ein feines, wie eine Blume aussehendes Metallgeflecht platziert. Die Spange sorgt dafür, dass sich der Verbindungskanal nicht wieder schließen kann. Inzwischen wurde Corvia Medicals InterAtrial Shunt Device (IADS) in einer kontrollierten klinischen Studie an 64 Probanden mit diastolischer Herzinsuffizienz erprobt – mit vielversprechenden Resultaten. Nach dem Beobachtungszeitraum von sechs Monaten hatte sich der Lungenkapillaren-Verschlussdruck, der dem Druck im linken Vorhof entspricht, signifikant verringert - sowohl in Ruhe als auch bei körperlicher Anstrengung. Zudem konnten die Patienten in sechs Minuten eine längere Gehstrecke zurücklegen als zuvor, fühlten sich belastbarer und gaben eine Verbesserung ihrer Lebensqualität zu Protokoll. Ernsthafte Komplikationen traten nach dem Einsetzen der Spange nicht auf. FDA erteilt Genehmigung für Multicenter-Studie „Die Studie zeigt, dass das Verfahren eine neue Behandlungsmöglichkeit darstellt“, sagt Gerd Hasenfuß, Direktor der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der Universitätsmedizin Göttingen. Hasenfuß hat die Untersuchung, an der sich 21 Zentren aus zehn Ländern beteiligten, koordiniert. In einem ebenfalls im Lancet erschienen Begleitkommentar kritisieren allerdings zwei Herzspezialisten aus Nancy, dass die Studienendpunkte teils „weich und subjektiv“ seien und deshalb keine sicheren Aussagen zum Nutzen der Methode gemacht werden könnten. Auch Gerd Hasenfuß meint, dass das Shunt-System seine Überlegenheit zunächst in einer größeren Vergleichsstudie mit konventionell behandelten Probanden unter Beweis stellen muss. „Erst dann kann das Verfahren zur routinemäßigen Behandlung von Patienten eingesetzt werden“, so der Vorsitzende des Herzzentrum Göttingen. Die Weichen dafür sind bereits gestellt. Anfang März bekam Corvia Medical von der US Food and Drug Administration die Genehmigung, ihr InterAtrial Shunt Device in einer randomisierten Multicenter-Studie zu testen. Mehr dazu im Internet: Studie im Lancet Kommentar im Lancet Video von Corvia Medical © Medizintechnologie.de