Blattläuse An vielen Ziergehölzen, an Obst und Gemüse, an Zierpflanzen sowie Stauden treten diese saugenden Insekten auf. Die Vielfalt innerhalb der Läuse ist erstaunlich: Weltweit sind über 3000 Blattlausarten beschrieben, wobei über 800 Arten dabei allein bei uns auftreten. Blattlaus ist nicht gleich Blattlaus Blattläuse gehören zu den Pflanzensaugern, die mit Hilfe ihres Saugrüssels Pflanzen anstechen und aussaugen können. Bei einer kurzen Betrachtung lassen sich verschiedene Familien herausfiltern. Da gibt es die Gruppe der Blasenläuse mit der Blutlaus als einem ihrem bekannten Vertreter, die Gruppe der Wurzelläuse mit der Reblaus als Beispiel oder auch die eher aus dem Wald bekannte Gruppe der Fichtengallenläuse – sie alle gehören zu den Blattläusen. Was aber landläufig immer als „Blattlaus“ bezeichnet wird, gehört streng genommen zur Familie der so genannten Röhrenläuse. Hierher gehören die bekannten Läuse an den Knospen der Rosen, an den Trieben der Buschbohne oder auch an den Blättern der Kirsche. Von den eingangs erwähnten 800 Blattlausarten sind übrigens allein 600 in dieser Gruppe der Röhrenläuse anzutreffen. Mit ihnen wollen wir uns in diesem Kapitel auch bevorzugt beschäftigen. Innerhalb der Vegetationszeit trifft man bevorzugt ungeflügelte, weibliche Tiere an. Die Tiere sind länglich bis eiförmig, mehrere Millimeter lang, und lassen die für Insekten typische Gliederung in Kopf, Brust und Hinterleib erkennen. Der Kopf trägt ein langes Antennenpaar, den nach unten gerichteten Saugrüssel sowie zwei Komplexaugen. An den einzelnen Brustsegmenten setzen die für Insekten charakteristischen sechs Beine sowie bei den geflügelten Formen am zweiten und dritten Abschnitt je ein Flügelpaar an. Der Hinterleib weist keine Beine auf und besitzt am Ende paarige, der Verteidigung dienende, sekretgefüllte Hinterleibsröhren sowie ein klei- Gelbe Blattläuse an einer Seidenpflanze. 29 Die 13 Gartenplagen Röhrenblattlaus mit den namensgebenden Röhren am Hinterleib. nes Schwänzchen, unter dem sich der After als auch die Geschlechtsöffnung verbirgt. Vermehrung auf zweierlei Art Ein Grund für einen raschen Aufbau einer Blattlauspopulation ist die ineinander übergehende, verschachtelte Generationsfolge. Blattläuse vermehren sich auf zwei unterschiedlichen Wegen: Es gibt eine Vermehrungsphase, in der Geschlechtstiere, also männliche und weibliche Blattläuse auftreten. Bei einer weiteren werden von den weiblichen Blattläusen auf ungeschlechtlichem Wege, praktisch als „Jungfernzeugung“, lebende Blattläuse zur Welt gebracht. Ein einfacher Lebenszyklus einer Blattlaus – wählen wir als Beispiel die bekannte Sitkafichtenlaus – wäre dann: Im Herbst treten männliche und weibliche Geschlechtstiere auf, wobei die begatteten Weibchen Eier ablegen, die dann den Winter überdauern. Aus ihnen entwickeln sich im Frühjahr weibliche Tiere, die ohne weitere Geschlechtstiere junge, weibliche Blattläuse lebend zur Welt bringen und die Pflanzen bevölkern. Im Regelfall sind diese Blattläuse ungeflügelt. Erst auf Pflanzen, die bereits in hoher Zahl mit Blattläusen besiedelt sind, werden geflügelte Tiere gebildet, die dann für eine weitere Ausbreitung sorgen. Geflügelte Blattläuse sorgen für eine Verbreitung der Art. 30 Leb KT Zum Herbst hin treten auf den Pflanzen dann wieder männliche und weibliche Tiere auf, die den Zyklus mit der Ablage der befruchteten Wintereier wieder schließen. Dieser Ablauf wird von äußeren Faktoren beeinflusst. Nur in kalten Regionen wird bei der Sitkafichtenlaus die geschlechtliche Phase mit der Eibildung genutzt. In einem milden Winter muss sich somit nicht erst aus den Eiern eine Blattlauspopulation mühsam aufbauen, sondern zum Winterausgang sind bereits lebende, weibliche Tiere da, die sich weiter vermehren. Sie saugen an den Pflanzen und sorgen bereits frühzeitig für Schäden. Warum Blattläuse Pflanzen schädigen Die möglichen Schäden durch einen Blattlausbefall sind vielfältiger Natur. Es beginnt bei einer Schwächung der Pflanze, da dieser der zuckerhaltige Saft entzogen wird und damit wichtige Aufbauverbindungen fehlen. Der beim Einstechen in das Gewebe mit abgegebene Speichel führt bei vielen Pflanzen zu einer Kräuselung und Verkrümmung der Blätter und Triebe. Der von den Blattläusen als „Abfallprodukt“ abgegebene Honigtau bewirkt aber nicht nur eine Schwächung der Pflanze. Folgeprobleme bereitet er insbesondere dadurch, dass sich auf ihm dunkel gefärbte Pilze ansiedeln („Rußtaupilze“), die zum einen optisch eine Beeinträchtigung darstellen. Zugleich wird die Pflanze aber auch geschwächt, da durch die Abdeckung der Blattoberfläche die Photosynthese nicht mehr in Schadbild der Sitkafichtenlaus. gewohntem Maße ablaufen kann. Nicht zu unterschätzen ist die je nach Blattlausart auftretende Fähigkeit, Viren auf Pflanzen zu übertragen. Von den bisher untersuchten Blattläusen sind etwa zwei Drittel als Virusüberträger einzustufen, wobei aber nicht jede Blattlaus jedes Virus übertragen kann, sondern hier gewisse Spezialisierungen in der Kombination vorliegen. Sehr effektiv in Bezug auf eine Virusübertragung ist z. B. die Grüne Pfirsichblattlaus (Myzus persicae), 31 Die 13 Gartenplagen Honigtau ist zuckerhaltiger Blattlausabfall. die rund 40 verschiedene Viren übertragen kann. Da Blattläuse häufig von Ameisen besucht und mit ihren Fühlern zur Abgabe des nahrhaften Honigtaus „betrillert“ werden, sorgen diese für weiteren Kummer. Da sie als „Gegenleistung“ die Blattläuse vor Räubern schützen, haben es dann auch die Nützlinge nicht mehr so leicht und die Blattläuse können ungestört an den Pflanzen saugen. Blattläuse in die Schranken weisen Vorbeugende Maßnahmen Wer mit Blattlausproblemen zu kämpfen hat, sollte mit Blick auf die Nährstoffversorgung insbesondere die Stickstoffdüngung beachten. Grundsätzlich fördert eine erhöhte Stickstoffdüngung die Entwicklung von Blattläusen und damit zugleich den auftretenden Schaden. 32 Was ist Honigtau? Blattläuse saugen mit ihren Stechborsten in den Siebröhren der Pflanzen, die einen hohen Zuckergehalt, aber nur geringe Anteile von stickstoffhaltigen Verbindungen aufweisen. Um von diesen Verbindungen jedoch genügend aufnehmen zu können, muss die Blattlaus große Flüssigkeitsmengen aus den Siebröhren aufnehmen. Der auftretende Überschuss an für die Blattlaus nicht verwertbaren Zuckerverbindungen wird dann einfach über den After ausgeschieden. Und genau dieser zuckerhaltige „Abfall“ stellt dann den Honigtau dar, der chemisch aus Frucht-, Trauben- und Rohrzucker besteht. Honigtau wird aber nicht nur von Blattläusen abgegeben, sondern auch andere Pflanzensauger entledigen sich auf diesem Wege ihrer zuckerhaltigen Überschüsse. Hierzu zählt beispielsweise die Weiße Fliege oder auch die Woll- und Schmierläuse. Blattläuse Bodenuntersuchungen geben über die Nährstoffversorgung nähere Auskünfte und helfen damit, die richtigen Mengen einzusetzen. Außerdem ist auf eine ausreichende Bewässerung zu achten, da Pflanzen unter Trockenstress vermehrt Substanzen in den Siebröhren produzieren, die die Blattläuse benötigen und sie indirekt damit auch fördern. Ein eleganter und zugleich effektiver Weg, um Blattläuse zu bekämpfen ist die Verwendung von blattlausresistenten Pflanzen. Hier sind insbesondere beim Gemüse größere Erfolge erzielt worden, beispielsweise beim Salat (Kopfsalat-Sorten: ‘Dynamite’, ‘Fiorella’; ‘Eissalat-Sorten: ‘Bennie’, ‘Barcelona’). Zu beachten ist allerdings, dass jeweils nur Resistenzen gegen bestimmte Blatt- läuse vorliegen – häufig gegen die Grüne Salatblattlaus (Nasonovia ribis-nigri) – und nicht gegen alle an der Kultur Salat auftretenden Läuse. Biologische Bekämpfung Im Garten treten meist eine Vielzahl von Nützlingen auf, die uns bei der Blattlausbekämpfung unterstützen. Anzuführen sind hier insbesondere die Larven der Schwebfliegen, Larven und erwachsene Tiere der Marienkäfer, die Florfliegen mit den gefräßigen Larven sowie die Larven der räuberischen Gallmücke. Für den Wintergarten, das Blumenfenster oder Gewächshaus im Garten können auch bestimmte Nützlinge gekauft und gezielt eingesetzt werden. Im Angebot Kraussalat ‘Smile’ – eine läuseresistente Sorte. 33 Die 13 Gartenplagen Wichtige Blattlausarten (Röhrenläuse) und ihre Wirtspflanzen Name Winterwirt Sommerwirt Grüne Pfirsichblattlaus (Myzus persicae) u. a. Pfirsich Über 400 Pflanzen (u. a. krautige Pflanzen, Gräser, Gemüse, Zierpflanzen) Schwarze Bohnenlaus (Aphis fabae) Pfaffenhütchen, Schneeball u. a. Kräuter, Bohne, Zierpflanzen Große Rosenblattlaus (Macrosiphum rosae) Rose Rose, Baldriangewächse Grüne Apfelblattlaus (Aphis pomi) u. a. Apfel, Birne, Weißdorn, Ziergehölze u. a. Apfel, Birne, Weißdorn, Ziergehölze Apfelgraslaus (Rhopalosiphum insertum) Apfel Gräser Mehlige Blattlaus (Dysaphis plantaginea) Apfel Kerbel, Wegerich Rosige Apfelfaltenlaus (Dysaphis devecta) Apfel Apfel Schwarze Sauerkirschblattlaus (Myzus cerasi) Kirsche Krautige Pflanzen (Ehrenpreis, Labkraut) Kleine Pflaumenblattlaus (Brachycaudus helichrysi) Pflaume Kräuter, Löwenzahn, Aster Mehlige Pflaumenblattlaus (Hyalopterus pruni) Steinobst Schilfgräser Mehlige Kohlblattlaus (Brevicoryne brassicae) Kreuzblütler (Raps, Kohl) Kreuzblütler (Raps, Kohl) Grüne Erbsenblattlaus (Acyrtosiphon pisum) Leguminosen (Hülsenfrüchte) Leguminosen (Hülsenfrüchte) Johannisbeerblasenlaus (Cryptomyzus ribis) Johannis- und Stachelbeere Stachys-Arten (Ziest) Kleine Himbeerblattlaus (Aphis idaei) Himbeere Himbeere Mehlige Birnenblattlaus (Dysaphis pyri) Birne Krautige Pflanzen (Labkraut) 34 Blattläuse Marienkäfer: Sympathieträger und Nützling zugleich. Der Marienkäfer – punktet im Kampf gegen die Läuse Der Marienkäfer ist in allen seinen Entwicklungsstadien ein Nützling im Garten. Die Larven des Marienkäfers – zunächst schwarz, später dunkelgrau bis blau mit gelben Pünktchen – fressen bis zu ihrer Verpuppung 600 Blattläuse. Als Larve und später als erwachsener Käfer gehören Blattflöhe, Blattläuse (einige Arten auch Schildläuse), Spinnmilben und Wollläuse zum Speiseplan des Käfers. Um ihn in Ihrem Garten zu fördern, geben Sie ihm am besten eine Möglichkeit zur Überwinterung: in einem Stein- oder Laubhaufen, in locker aufgeschichteten Haufen aus großen Kieselsteinen oder in mit Laub vermischtem Heckenschnitt. Schutz bieten auch naturnahe Hecken und verfilzte Grasnarben. der Nützlingslieferanten (siehe Bezugsquellen Seite 118) sind hier FlorfliegenLarven sowie räuberische Gallmücken. Über ein Bestellkartensystem können die Tiere einsatzbereit über den Gartenfachhandel bestellt werden. Chemische Bekämpfung Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist ein häufiger Weg zur Bekämpfung von Blattläusen. Die Produktauswahl ist recht groß und ändert sich auch im Laufe der Jahre durch Neuentwicklungen auf dem Pflanzenschutzmittelmarkt. Wirkstoffe mit einer Tiefenwirkung oder gar einer systemischen Wirkung sind Dimethoat, Imidacloprid, Acetamiprid oder Azadirachtin. Auf eine Kontaktwirkung zielen hingegen die Wirkstoffe Kali-Seife, Pyrethrine oder Rapsöl ab. Die Produktnamen schwanken dabei je nach Herstellerfirma und sind im Gegen- 35 Die 13 Gartenplagen Blattläuse mögen kein Rock’n’Roll Kurios erscheinen Forschungsergebnisse aus Korea, die eine Senkung des Blattlausbestands durch eine lautstarke Beschallung mit Rock’n’Roll-Musik erzielt haben. Möglicherweise eine Idee für junge oder junggebliebene Gärtner? satz zu den Wirkstoffnamen nicht von Bestand. Für den konkreten Einzelfall lässt man sich am besten im Gartenfachhandel oder Gartencenter beraten. Die genannten Wirkstoffe werden meist in Wasser gelöst und gespritzt, daneben werden aber auch Sonderanwendungen verkauft. Hierzu gehören beispielsweise Stäbchen, Zäpfchen oder Sticks, die in das Topfsubstrat eingesteckt werden. Der darin enthaltene systemische Wirkstoff wird von den Wurzeln aufgenommen und schützt die Pflanze dann von innen her. Auch sind spezielle Pflaster für Rosen bekannt, die um den Trieb gebunden werden. Der in der Klebschicht eingebundene Wirkstoff dringt über die Rinde in die Pflanze ein und schützt auch hier auf systemische Weise die Rose vor einem Blattlausbefall. Als Alternative zu den Pflanzenschutzmitteln bietet der Handel zudem auch Pflanzenstärkungsmittel mit verschiedensten Inhaltsstoffen an. 36 Kapuzinerkresse hält Blattläuse von anderen Pflanzen fern.