Presseaussendung (, 88 KB)

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PR-Ethik-Rat: OGH-Urteil leistet Koppelungsgeschäften und damit Lesertäuschung Vorschub und unterminiert die zentrale Korrektivrolle der Medien
Wien, 15. November 2016 | Das am 26.9.2016 gefällte und kürzlich publizierte Urteil des Obersten
Gerichtshofs zum Thema Gefälligkeitsberichterstattung (Geschäftszahl 4Ob60/16a) wird vom Österreichischen PR-Ethik-Rat aus mehreren Gründen als sehr kritisch gesehen:
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Potenziell negative Wirkung auf Kommunikationsbranche: Das Urteil öffnet Tür und Tor für
Koppelungsgeschäfte und damit für die Täuschung von LeserInnen. Es basiert auf der Annahme,
dass für redaktionelle „Gefälligkeitsartikel“ kein Entgelt bezahlt werde und sie daher nicht zu
kennzeichnen seien. Der PR-Ethik-Rat weiß aber aus seiner mehr als achtjährigen Praxis, dass
dies oft nicht der Fall ist, d.h. dass oft sehr wohl Geld fließt, und zwar meist in Form von intransparenten und damit schwer nachweisbaren Koppelungsgeschäften. Der Oberste Gerichtshof urteilt hier schlicht realitätsfern.
Vage Grundlage: Die Feststellung, dass LeserInnen heute keinen Zweifel mehr hätten, dass redaktionelle Artikel subjektiv gefärbt seien, ist zu hinterfragen: Es wird nicht offengelegt, woher
diese Aussage stammt und auf welchen Untersuchungen sie beruht. Somit hat sie nach Ansicht
des PR-Ethik-Rats den Status einer Behauptung, nicht den einer gesicherten Grundlage, auf der
ein Höchstgericht entscheiden könnte.
Legitimierung einer unethischen Praxis: Selbst wenn diese Feststellung durch repräsentative
Studien belegt werden würde, ist der Rückschluss nicht zulässig, dass damit Gefälligkeitsberichterstattung legitimiert ist. D.h. nur weil etwas Praxis ist, bedeutet das nicht, dass es auch normativ
richtig ist. Die vom OGH festgestellte „persönliche Meinung“ der Artikelverfasser wird mit gekaufter Berichterstattung verwechselt.
Schwächung der Medien: Dieses Urteil unterminiert den Status von Medien als kritischem Korrektiv einer demokratischen Gesellschaft – und damit die Existenzberechtigung von Medien. Das
Urteil hebelt die Gatekeeper-Rolle des Journalismus aus und schwächt damit die Medien und ihre
journalistischen Grundprinzipien, die wir gerade angesichts der Entwicklung in sozialen Medien
mehr denn je brauchen.
Content Marketing statt Journalismus: Immer mehr Auftraggeber umgehen (kritische) Journalisten als Ansprechpartner und wenden sich gleich an die Kooperations-Abteilung von Medien –
das OGH-Urteil birgt die Gefahr, diesen bedenklichen Trend noch mehr zu verstärken.
Kein Dienst an der PR: Seriöse PR braucht unabhängigen Journalismus als Gegenüber und
keine intransparenten Koppelungsgeschäfte. Beide Disziplinen – Journalismus und PR – werden
nicht umsonst als Glaubwürdigkeits-Gatekeeper bezeichnet: Journalisten nach außen und PRLeute nach innen, in die Unternehmen und Organisationen hinein.
Kein Anspruch auf Transparenz mehr: In einer Demokratie sind Transparenz und damit verbunden der Schutz von LeserInnen vor manipulierten Informationen zentrale Werte – das OGHUrteil stellt nicht nur diesen Anspruch auf klar erkennbare, unabhängige Informationen in Frage,
sondern öffnet die Tür für ein freies und sanktionsloses Verknüpfen von Redaktion und Werbung
– dies ist mit Sicherheit nicht im Sinne der LeserInnen.
Abschließendes Resümee von Gabriele Faber-Wiener, Expertin in Unternehmensethik und Vorsitzende des PR-Ethik-Rats: „Es ist sehr bedenklich, wenn ausgerechnet der OGH, der die Interessen
Österreichischer Ethik-Rat für Public Relations
Makartgasse 3, 1010 Wien
E: [email protected], W: www.prethikrat.at
Österreichs im Mittelpunkt haben sollte, ein Urteil fällt, das die zentrale Korrektivrolle der Medien unterminiert und damit demokratiepolitisch bedenklich ist. Nach der bisherigen Judikatur wurde unbezahlte Werbung in Gestalt redaktioneller Berichterstattung zutreffend als unzulässige Täuschung des
Publikums beurteilt. Das Abgehen von dieser Judikaturlinie ist ein politisch falsches Statement und ein
Schlag ins Gesicht jeder Medienethik.“
Faber-Wiener weiter: „Gerade angesichts solcher Urteile ist die Selbstkontrolle umso wichtiger – wir
müssen bedenkliche Entwicklungen aufzeigen, benennen und verhindern – und genau das tut der PREthik-Rat. “
Über den PR-Ethik-Rat
Der Österreichische Ethik-Rat für Public Relations steht für die freiwillige Selbstkontrolle der heimischen PR-Fachleute. Er überwacht die Einhaltung ethischer Grundsätze in der Öffentlichkeitsarbeit,
untersucht Streitfälle, zeigt Fehlverhalten und Missstände auf. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit liegt darin, Positionen, Prinzipien und Definitionen ethisch korrekten Verhaltens in der PR auszuarbeiten und
zu publizieren. Besonders gilt dies für jene Bereiche, in denen ethische Standards (noch) fehlen oder
unklar definiert sind. Der PR-Ethik-Rat wird aufgrund von Beschwerden tätig und greift auch selbst
Fälle auf. Dem Rat gehören 12 Mitglieder aus allen Bereichen der Gesellschaft an.
Rückfragen
Gabriele Faber-Wiener, Vorsitzende des PR-Ethik-Rats
[email protected]
+ 43 664 100 79 41
Brigitte Mühlbauer, stv. Vorsitzende des PR-Ethik-Rats
[email protected]
+43 676 619 95 94
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E: [email protected], W: www.prethikrat.at
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