Drähte

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8 – Quellen des Magnetfeldes
Wir hatten bei der Diskussion der Kräfte, die bewegte Ladungen im Magnetfeld erfahren, schon diskutiert, dass magnetische Felder durch bewegte Ladungen erzeugt werden. Das wollen wir nun im Detail betrachten.
8.1 – Magnetfeld eines geraden Drahtes
Wir hatten schon gesehen, dass das Magnetfeld um einen stromdurchflossenen, geraden Draht die Form konzentrischer Kreise hat. Es ist plausibel anzunehmen, dass bei einer Verdopplung des Stromes auch die Feldstärke sich verdoppelt. Wie aber verändert sich die Feldstärke mit dem radialen Abstand zum Draht? Das Experiment lehrt
B∝
I
r
Dies gilt, solange der Draht nur sehr lang ist, und wir nicht das Feld in der Nähe der Drahtenden betrachten.
Die Proportionalitätskonstante im SI­Einheitensystem ist µ0/2
B=
0 I
2 r
Der Wert der Konstanten µ0 ist 4∙10­7 Tm/A. Sie wird Permeabilität des Vakuums genannt.
Hörsaal­Übung: Eine vertikale Stromleitung an der Fassade eines Gebäudes trägt einen
Strom von 25 A. Wie groß ist das resultierende Magnetfeld im Radialabstand 10 cm?
Hätte das Konsequenzen für eine Bestimmung der Himmelsrichtung mit einem Kompass?
8.2 – Kraft zwischen zwei parallelen, stromdurchflossenen Drähten
Wir betrachten zwei lange, parallele Drähte im Abstand d, die die Ströme I1 und I2 tragen sollen. Welche Kräfte üben die Drähte aufeinander aus?
­ Der erste Draht erzeugt am Ort des zweiten Drahtes ein Magnetfeld der Stärke
B1=
0 I 1
2d
Der zweite Draht erfährt pro Einheitslänge die Kraft F/L
F
= I 2 B1
L
Natürlich erzeugt auch Draht 2 ein Magnetfeld, er spürt aber keine Kraft in seinem eigenen Feld. Draht 2 spürt also die Kraft/Längeneinheit
F 0 I 1 I 2
=
L
2d
Unter Verwendung der Rechte­Hand­Regel stellen wir fest, dass diese Kraft anziehend ist, wenn die Stromrichtungen in den beiden Drähten gleichsinnig ist. Ist sie gegensinnig, so stoßen sich die Drähte ab.
I1
F
I2
F
I1
F
I2
F
Natürlich wird eine gleichgroße, entgegengesetzt gerichtete Kraft auf Draht 1 im Feld von Draht 2 erzeugt.
Das erwarten wir schon allein wegen des dritten Newtonschen Axioms.
8.3 – Definition des Ampere und des Coulomb
Mit der ursprünglichen Definition des Ampere wurde experimentell der Wert von µ0 auf nahezu 4∙10­7 Tm/A bestimmt. Heute wird µ0 exakt auf diesen Wert gesetzt. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Festlegung des Ampere. Dies geschieht nun über die Kräfte, die zwischen zwei stromdurchflossenen, parallelen Leitern herrschen. Das Coulomb wird über das Ampere definiert.
Ein Ampere ist definiert als der Strom, der zwischen zwei parallelen, geraden Leitern im
Abstand 1 m fließend, eine Kraft von genau 2∙10­7 N/m pro Meter Leiterlänge verursacht.
Ein Coulomb ist 1 As.
Im Gegensatz dazu wird der Wert von 0 aus dem Experiment bestimmt.
Derartige Definitionen folgen aus dem Wunsch, präzise durchführbare Messvorschriften als Grundlage der Grundgrößendefinition zu haben. So lässt sich ein Strom sehr präzise einstellen und messen, ebenso wie die Kraft. 0 hingegen kann man nur schwer präzise aus der Messung der Kraft nach dem Coulomb­Gesetz erhalten. Dazu müsste Ladung genau portionierbar und messbar sein. Sie dürfte auch nicht – was leicht geschieht – über Leckströme abfließen.
Die elektrische und magnetische Feldstärke werden ebenfalls über eine Kraftwirkung definiert.
8.4 – Ampère'sches Gesetz
Wir haben noch die Aufgabe, die Magnetfeldberechnung auf beliebige Leitergeometrien zu verallgemeinern, soweit das überhaupt geht?! ­ Es geht, wie André Marie Ampère (1775­
1836) kurz nach Oersteds Arbeiten gezeigt hat.
Wir betrachten dazu einen beliebigen, geschlossenen Integrationspfad. Wir zerlegen den Pfad in Teilabschnitte s und bilden das Produkt mit der Projektion der magnetischen Flussdichte auf dieses Teilstück, B||. Nach Ampère gilt dann der folgende Zusammenhang:
∑ B ||  s =0 I i
Ii meint die Summe aller eingeschlossenen Ströme, die durch eine Fläche hindurchtreten, die von dem betrachteten geschlossenen Integrationsweg berandet wird.
Wir führen den Grenzübergang aus und erhalten das Ampère'sche Gesetz
∮ B⋅d s =0 I i
Wenden wir das gleich auf ein Problem an: Welche magnetische Flussdichte herrscht in der Nähe eines stromdurchflossenen geraden Leiters?
I
r
A
Wie schon bei den elektrostatischen Problemen wählen wir eine Integration, die der Symmetrie der felderzeugenden Größe (Strom) angepasst ist. Das erleichert die Integration erheblich. Mit dem kreisförmigen Integrationsweg erhalten wir
∮ B⋅d s =∮ B ds =B r ∮ ds =2 r B =0 I i
Nach kurzem Umformen
B r =
0 I i
2 r
Ampères Gesetz funktioniert nicht nur für solch einfache Fälle. Allerdings ist seine Anwendbarkeit insofern eingeschränkt, als es nur für Stromverteilungen mit einer gewissen Symmetrie wirklich verwendet werden kann. Insofern ähnelt es dem Gauss'schen Gesetz der Elektrostatik. Es hat große prinzipielle Bedeutung, da es mathematisch den Zusammenhang zwischen Strom und Magnetfeld herstellt. Wir halten noch fest:
Das Ampere'sche Gesetz ist im nur für stationäre Ströme in Abwesenheit
magnetisierbarer Materialien gültig.
Bald lernen wir eine Formulierung des Strom­Feld­Zusammenhangs kennen, die auf beliebige Leitergeometrien anwendbar ist: Das Biot­
Savart'sche Gesetz.
Das im Ampère'schen Gesetz einzusetzende B ist nicht notwendig als durch Ii erzeugt beschränkt. Alle Feldbeiträge entlang des gewählten Integrationsweges sind zu berücksichtigen. Betrachten wir bspw. zwei parallele gleichsinnig stromdurchflossene Drähte und wählen den Integrationsweg so, dass nur ein Draht umschlossen wird.
I1
x
I2
x
Für den Integrationsweg ist Ii = I1 aber für B muss die Vektorsumme der von I1 und I2 erzeugten magnetischen Flussdichten verwendet werden. Dennoch “funktioniert” das Ampère'sche Gesetz, da sich die beiden Feldbeiträge auf halber Strecke zwischen den Drähten aufheben und sich links vom Strom I1 addieren. Diese beiden Effekte heben sich gerade auf.
Hörsaal­Übung: Ein langer, zylinderförmiger Draht mit Radius R trägt einen Strom I.
Wie groß ist die magnetische Flussdichte im Inneren des Drahtes und außerhalb des
Drahtes? Was erhält man für R = 2,0 mm im Abstand 1,0 mm, 2,0 mm und 3,0 mm von
der Symmetrieachse, wenn ein Strom von 60 A fließt?
Hörsaal­Übung: Welche Besonderheit zeichnet ein Koaxialkabel im Hinblick auf das
Magnetfeld aus, wenn es von einem Strom durchflossen wird?
Eine besonders instruktive Anwendung des Ampère'schen Gesetzes ergibt sich aus dem Nachweis der Richtigkeit folgender Aussage:
In einem stromfreien Raumgebiet kann das Magnetfeld nicht gleichzeitig unidirektional
und nicht gleichförmig sein.
B
B
Für beide Feldkonfigurationen muss gelten (Stromfreiheit!):
∮ B⋅d s =0
Im linken Fall ist das offensichtlich nicht zu erreichen, rechts schon. Dies belegt die Richtigkeit der Aussage.
Problemlösung – Ampère'sches Gesetz
1. Das Ampère'sche Gesetz ist stets gültig (im Rahmen seiner Definition), ist aber in seiner
Anwendbarkeit auf symmetrische Stromverteilungen beschränkt.
2. Wähle einen geschlossenen Integrationspfad, der die Symmetrie des Problems
reflektiert. Wähle vorzugsweise solch einen Pfad, auf dem B = const wegen der Symmetrie
erfüllt sein muss.
3. Bestimme die Richtung von B aus der Symmetrie.
4. Bestimme das geschlosses Wegintegral aus dem Ampère'schen Gesetz und setze
es dem eingeschlossenen Strom gleich. Für kontinuierliche Stromverteilungen erhält man
den Strom durch Multiplikation der Stromdichte mit der umschlossenen Fläche.
8.5 – Magnetfeld einer langen Spule und einer Torroidspule
Wird ein Draht zu einer langen Spule mit vielen Windungen aufgewickelt erhält man einen Solenoiden. Wir verwenden das Ampère'sche Gesetz, um das Magnetfeld im Inneren eines Solenoiden zu ermitteln.
C
B
∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙
Wir wählen dazu den gezeichneten Integrationsweg B
D
A
mit den Teilabschnitten AB, BC, CD, DA.
x x x x x x x x x x
Die Integralbeiträge entlang des geschlossenen Pfades sind
B
C
D
A
∮ B⋅d s =∫A B⋅d s ∫B B⋅d s ∫C B⋅d s ∫D B⋅d s
Was lehrt uns die Symmetrie der Anordnung? ­ Zwischen den Drähten kommt es tendentiell zur Feldaufhebung. Im Innern wird das Feld, wenn die Spule sehr lang ist, näherungsweise homogen sein, als Folge der Addition der Feldbeiträge der einzelnen Wicklungen. Ausserhalb kann das Feld vernachlässigt werden, wenn der Solenoid nur lang genug ist. Innerhalb ist das Feld für die Teilabschnitte AB und CD senkrecht zum Integrationsweg. Es bleibt also nur ein Integralbeitrag entlang DA = L übrig
A
∮ B⋅d s =∫D B⋅d s =BL
Der umschlossene Strom ist I mal der Zahl der umschlossenen Windungen N der Spule. Wir erhalten also aus dem Ampère'schen Gesetz
BL = 0 N I
Das lässt sich eleganter über die Wicklungsdichte n = N/L formulieren:
B = 0 n I
Im Aussenraum ähnelt das Solenoid­Feld dem eines Stabmagneten.
Hörsaal­Übung: Welche magnetische Flussdichte herrscht im Innern eines 25 cm langen
Solenoiden mit 10000 Wicklungen bei einem Strom von 1.0 A?
Eine Toroid­Spule besteht aus Wicklungen, die um eine Kreisbahn geführt werden.
Aus Symmetriegründen wird das Feld im Innern die Form konzentrischer Kreise haben. Wir wählen deshalb als Integrationsweg einen konzentrischen Kreis im Innern:
∮ B⋅d s =B r 2 r =0 N I
Der umschlossene Strom ist die Wicklungszahl N mal dem aufgeprägten Strom I. Das Feld ist also:
B r =
0 N I
2 r
Das Feld ist im Innern also nicht uniform, sondern es ist am stärksten bei ri und am schwächsten bei ra. Ausserhalb des Toroiden ist das Feld 0, wie sich ebenfalls mit dem Ampere'schen Gesetz leicht zeigen lässt.
8.6 – Biot­Savart'sches Gesetz
Wie das Gauss'sche Gesetz der Elektrostatik ist das Ampère'sche Gesetz der Magnetostatik von fundamentaler Bedeutung aber beschränkter Anwendbarkeit. In der Elektrostatik mussten wir zur Feldberechnung bei beliebigen Ladungsverteilungen auf ein anderes Gesetz zurückgreifen: das Coulomb­Gesetz für kontinuierliche Ladungsverteilungen, d.h. zu einem Integrationsansatz über die Feldbeiträge infinitesimaler Ladungen dq.
Ein analoges Gesetz existiert auch für die Magnetostatik. Es wurde von Jean Baptiste Biot (1774­1862) und Felix Savart (1791­1841) formuliert.
Nach Biot und Savart ist ein beliebig geformter Leiter, durch den ein Strom I fließt, als aus vielen infinitesimal kleinen Teilstücken ds bestehend zu betrachten. Der Strom in einem solchen Teilstück erzeugt einen Beitrag zur magnetischen Flussdichte dB nach folgendem Gesetz
∙ dB
I
r

r
=
dB
0 I d s ×r
4 r 2
ds
r ist der Vektor vom Teilstück ds aus gemessen; entsprechend ist der Einheitsvektor definiert als
r
r =
r
Der Betrag des magnetischen Flussdichtebeitrags dB ist demnach
dB =
0 I ds sin
4r 2
Die gesamte durch die Stromelemente erzeugte magnetische Flussdichte erhalten wir durch Integration über alle Beiträge dB:
 =∫ d B

B
Dies ist ein Vektorintegral und ist das zum Coulomb­Gesetz analoge Gesetze der Magnetostatik. Es hat ebenfalls eine 1/r2­Abhängigkeit.
Ein wesentlicher Unterschied zum Ampère'schen Gesetz ist, dass im Biot­Savart­Gesetz der Beitrag dB zur magnetischen Flussdichte tatsächlich nur vom jeweils betrachteten Stromelement Ids abhängt. Um also die gesamte Flussdichte in einem Raumgebiet zu erhalten, müssen etwaige “äußere” Beiträge noch vektoriell hinzu addiert werden.
Hörsaal­Übung: Es ist zu zeigen, dass das Magnetfeld eines geraden,
stromdurchflossenen Drahtes berechnet mit dem Biot­Savart­Gesetz das Ergebnis
der Berechnung nach dem Ampère'schen Gesetz reproduziert.
Hörsaal­Übung: Welches magnetische Feld herrscht auf der Achse einer kreisförmigen
Stromschleife mit dem Radius R, wenn sie von einem Strom I durchflossen wird?
Eine stromdurchflossenen Leiterschleife kann, wie wir schon gesehen hatten, als magnetischer Dipol betrachtet werden mit dem Dipolmoment µ = IA.
Die von der Leiterschleife auf der Achse erzeugte magnetische Flussdichte haben wir eben berechnet zu
B=
0 I R 2
2R
2
 x 2 3 / 2
Wir können das nun über das Dipolmoment ausdrücken (µ = IA = IR2)
B=
0

2  R 2 x 2 3 / 2
Für große Abstände (x >> R) gilt demnach für die Flussdichte auf der Dipolachse
0 
B≈
2 x 3
Wie schon beim elektrischen Dipol, fällt auch das Feld eines magnetischen Dipols im Fernbereich mit der dritten Potenz des Abstandes ab. Das gilt auch allgemeiner für alle Punkte, die nicht auf der Dipolachse liegen, nur mit einem anderen Vorfaktor.
8.7 – Magnetische Materialien ­ Ferromagnetismus
Magnetische Felder können durch Ströme und magnetische Materialien (Magnete) erzeugt werden. Den zweiten Aspekt wollen wir nun ein wenig diskutieren.
Materialien, die sich durch entsprechende Vorbehandlung in einem äußeren Magnetfeld in starke Magnete verwandeln lassen, sind ferromagnetisch. Dazu zählen bspw. Eisen (Fe), Cobalt (Co) und Nickel (Ni), aber auch viele Legierungen, wie Cobalt­Samarium (Co­Sm) und Neodym­Eisen­B (Nd­Fe­B). Fe, Co und Ni sind Übergangsmetalle, Sm und Nd gehören zu den seltenen Erden.
Was ist die mikroskopische Ursache des Ferromagnetismus? ­ Ein Blick mit einer geeigneten “Lupe” zeigt, dass ein Ferromagnet mikroskopisch in magnetische Domänen oder auch Weiss'sche Bezirke zerfällt. Ein Domäne meint einen Bereich, in dem alle Elementarmagnete – was das ist diskutieren wir gleich – ihre Nordpole (und natürlich auch Südpole) in die gleiche Richtung ausgerichtet haben.
Zwischen benachbarten Domänen muss sich die Ausrichtung der Elementarmagnete ändern. Dies geschieht durch langsames Verdrehen in den Domänenwänden. Je nachdem, wie diese Drehung erfolgt spricht man von Bloch­ oder Néel­Wänden (oder noch anderen Varianten). Die Ausdehnung der Domänen liegt im Bereich von wenigen 100 nm bis zu einigen mm. Die Ausdehnung der Domänenwände ist dagegen sehr gering. Nahezu alle Domänen sind gleich ausgerichtet, wenn ein Ferromagnet in eine ausreichend starkes äußeres Magnetfeld gebracht wird. Er ist dann aufmagnetisiert. Behält er diese Domänenausrichtung auch ohne äußeres Feld bei und ist sie darüberhinaus stabil gegen nicht zu große äußere Störfelder, so spricht man von einem Permanentmagneten.
schwach aufmagnetisiert
=
stark aufmagnetisiert
=
Domänen einer dünnen Co­Schicht
dunkel: Elementarmagnete zeigen in Bildebene
hell: Elementarmagnete zeigen aus Bildebene
Ferromagnetismus ist ein temperaturabhängiges Phänomen. Die Bildung magnetischer Domänen tritt nur unterhalb der Curie­Temperatur auf (1043 K für Eisen). Auch mechanische Stöße (bspw. Hammerschlag) beeinflussen die Domänenstruktur. Ein Permanentmagneten wird, wenn er wiederholt auf den Boden fällt, seinen aufmagnetisierten Zustand verlieren, weil die Domänenwände sich verschieben bzw. Domänen sich drehen.
Bleibt die Frage: Was sind Elementarmagnete? ­ Die Bezeichnung ist ein wenig irreführend und hat historische Gründe. Ursache des Ausbildung von magnetischen Domänen ist eine Wechselwirkung zwischen den Elektronen benachbarter Atome dergestalt, dass sich die Orbitalbewegungen und die Eigendrehungen (Spins) der Elektronen der Atome einer Domäne in gleicher Art ausrichten. Diese Wechselwirkung heisst Austauschwechselwirkung und basiert auf der Coulomb­Wechselwirkung in Verbindung mit einer quantenstatistischen Eigenschaft des Elektrons, die im sogenannten Pauli­Prinzip ihren Ausdruck findet. An dieser Stelle müssen wir dieses Thema leider verlassen, da es zu weit von der Vorlesung wegführt.
8.8 – Magnetische Felder in magnetischen Materialien ­ Hysterese
Wir hatten in einer Hörsaalübung abgeleitet, dass die magnetische Flussdichte einer langen Spule gegeben ist durch
B 0 = 0 I n
Das gilt nur, wenn die Spule lediglich Luft (oder gar nichts) enthält. Befindet sich ein ferromagnetisches Material in der Spule, so werden in diesem die magnetischen Domänen in Feldrichtung gedreht, bzw. Domänen, die nicht in Feldrichtung zeigen schrumpfen zugunsten von Domänen, die bereits in Feldrichtung ausgerichtet sind.
Die Flussdichte im Ferromagneten ist deshalb
B =B 0B M
Im Ferromagneten gilt oftmals BM >> B0.
Dieser Ausdruck kann auch kompakter geschrieben werden als
B = I n
unter Verwendung der magnetischen Permeabilität µ (bitte nicht mit dem µ für das magnetische Moment verwechseln!). Für Ferromagnetika ist µ/µ0 >> 1, für alle anderen Materialien hingegen ist µ/µ0  1
Die Neigung eines Ferromagneten, seine magnetischen Domänen im äußeren Feld auszurichten und diese Ausrichtung auch ohne äußeres Feld beizubehalten, führt nun zu einem interessanten Phänomen:
Durchläuft man mit der äußeren Flussdichte B0 (durch eine Spule erzeugt) einen kompletten Zyklus (B0: 0  Bmax 0  ­Bmax  0  Bmax) und bestimmt die magnetische Flussdichte B im Ferromagneten, so beobachtet man das Phänomen der magnetischen Hysterese.
B­B0
MR
B0
Die wichtigen Kenngrößen der Hysterese sind das Koerzitivfeld BC0 und die Remanenz MR.
BC0 ist das Feld, das angelegt werden muss, um den aufmagnetisierten Zustand im Gegenfeld wieder zu unterdrücken. MR gibt an, welcher Anteil der maximal möglichen Aufmagnetisierung noch verbleibt, wenn das äußere Feld gleich Null ist.
BC0
Für einen Permanentmagneten sollten BC0 und MR möglichst groß sein. Solche Materialien nennt man auch “magnetisch hart”. Die Kerne von Transformatoren hingegen müssen magnetisch weich sein. Für sie sollten idealerweise BC0 und MR gleich Null sein, da sonst die “Ummagnetisierungsverluste” zu groß werden.
8.9 – Paramagnetismus und Diamagnetismus
Alle Materialien sind bis zu einem gewissen Grad magnetisch. So gibt es, neben den Ferromagnetika, noch paramagnetische Materialien, für die µ/µ0 geringfügig größer als 1 ist. Es gibt weiterhin diamagnetische Materialien, für die µ/µ0 geringfügig kleiner als 1 ist.
Aus praktischen Gründen verwendet man als Kenngrößen auch die relative Permeabilitität km

k m=
0
und die magnetische Suszeptibilität m
m = k m − 1
Paramagnetische Substanz
Aluminium
Calcium
Sauerstoff (STD)
Platin
Wolfram
m
2,3∙10­5
1,9∙10­5
2,1∙10­6
2,9∙10­4
6,8∙10­5
Diamagnetische Substanz
Kupfer
Diamant
Gold
Stickstoff (STD)
Silizium
m
­9,8∙10­6
­2,2∙10­5
­3,6∙10­5
­5,0∙10­9
­4,2∙10­6
Die Frage, ob ein Material dia­ oder paramagnetisch ist, lässt sich nur auf der atomaren oder molekularen Ebene beantworten. Besitzt das Atom/Molekül ein permanentes magnetisches Dipolmoment (aufgrund der Orbitalbewegung und Eigendrehung all seiner Elektronen), so ist es paramagnetisch. Im äußeren Feld versuchen sich alle Momente in Feldrichtung auszurichten. Sie verstärken so ein wenig das äußere Feld. Ohne Feld sind die Momente in ihrer Richtung zufällig verteilt. Diese Unordnung ist thermisch bedingt. Eine nützliche Größe ist die Magnetisierung M

=
M
V
Sie ist definiert als das magnetische Dipolmoment pro Volumeneinheit der betrachteten Probe.
Experimentell findet man für Paramagnetika für die Temperaturabhängigkeit der Magnetisierung das sogenannte Curie­Gesetz nach Pierre Curie (1859­1906)
M T =C
B0
T
Es gilt nicht für sehr große Werte von B0/T, weil für sehr große äußere Felder B0 oder sehr kleine Temperaturen T die Magnetisierung einen Sättigungswert erreicht. Das sollte nicht überraschen, da das magnetische Gesamtmoment µ maximal den Wert erreichen kann, der sich einstellt, wenn alle Dipolmomente in Feldrichtung zeigen.
Ferromagnetika werden oberhalb der Curie­Temperatur zu Paramagneten.
Diamagnetika besitzen kein permanentes magnetisches Dipolmoment. Dipolmomente werden erst beim Anlegen eines Magnetfeldes induziert und zwar so, dass sie versuchen, das äußere Feld zu schwächen. Alle Materialien zeigen diesen Effekt, doch wird er in paramagnetischen Materialien durch die feldverstärkende Ausrichtung der permanenten Dipole überkompensiert (vgl. auch Tabelle).
Es existiert noch eine Vielzahl anderer magnetischer Erscheinungsformen, die wir hier nicht im Detail diskutieren können. Dazu zählen etwa der Dia­ und Paramagnetismus der Leitungselektronen in Metallen oder die Materialklasse der Antiferromagnetika oder Ferrimagnete. Festzuhalten bleibt noch, dass die quantitative Beschreibung der magnetischen Phänomene der Quantentheorie vorbehalten ist.
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