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GEDENKVERANSTALTUNG
GEGEN GEWALT UND RASSISMUS
IM GEDENKEN AN DIE OPFER
DES NATIONALSOZIALISMUS
4. Mai 2012
Historischer Sitzungssaal des Parlaments
Tobias Moretti liest nach den Reden von Brigitte Bailer und Brigitte Kepplinger jeweils aus
historischen Dokumenten der NS-Euthanasie-Zentren „Am Steinhof“ und Schloss Hartheim
Musikalische Umrahmung durch das Adamas Quartett und Otto Lechner
PROGRAMM
Pavel Haas: Streichquartett Nr. 2 op. 7 – 2. Satz Kutsche, Kutscher und Pferd
Gregor Hammerl, Präsident des Bundesrates
Mag.a Barbara Prammer, Präsidentin des Nationalrates
Erich Wolfgang Korngold: Streichquartett Nr. 2 Es-Dur op. 26 – 4. Satz Walzer
Hon.-Prof.in Univ.-Doz.in Dr.in Brigitte Bailer, wissenschaftliche Leiterin des DÖW
Joseph Haydn: Streichquartett op. 76,2 – 2. Satz Allegretto (für Akkordeon)
Otto Lechner: Flut
Mag.a Dr.in Brigitte Kepplinger, stv. Obfrau des Vereins Schloss Hartheim
Otto Lechner: Plubutsch
Otto Lechner: In den Kellern der Köpfe
Grußworte der Präsidentin des Nationalrates
© Parlamentsdirektion/
WILKE
4
Der Gedenktag gegen Gewalt und
Rassismus im Gedenken an die Opfer
des Nationalsozialismus, den wir jedes
Jahr zum 5. Mai, dem Tag der Befreiung
des Konzentrationslagers Mauthausen,
begehen, ist uns Erinnerung, Mahnung und
Handlungsauftrag gleichermaßen.
Dieser Tag fordert uns, in besonderer Form
jener Menschen zu gedenken, die in der Zeit
des Nationalsozialismus verfolgt, vertrieben
und ermordet wurden, und ihnen an diesem
Tag eine Stimme zu geben.
Als Österreicherinnen und Österreicher
­haben wir offen Bekenntnis darüber abzu­
legen, dass wir aufgrund unserer Geschich­
te Verantwortung gegenüber den Opfern,
den Überlebenden und ihren Nachkom­
men ­
tragen. Eine Verantwortung, der wir
in vielfältiger Weise bereits nachkommen,
die wir uns aber immer wieder aufs Neue
ins Gedächt­nis rufen müssen. Gleichzeitig
verbinden wir mit dem Gedenktag die Mah­
nung an uns alle, als Demokratinnen und
Demokraten wachsam zu sein, nicht nur in
Österreich, auch auf europäischer Ebene,
wo es gilt, das begonnene Friedenswerk
zu verteidigen. Gerade im Bewusstsein um
­unsere gemeinsame europäische Vergangen­
heit wird deutlich, wie wichtig es ist, die
Wurzeln jeder Form von Diktatur, Unter­
drückung oder Verfolgung zu bekämpfen.
Der Handlungsauftrag, der sich aus dem
Gedenken für uns heute ergibt, lautet daher,
Ungerechtigkeiten zu erkennen und coura­
giert dagegen aufzutreten. Dann könnten
wir einlösen, was der ehemalige polnische
Außenminister Wladyslaw Bartoszewski als
Überlebender der größten menschlichen Ka­
tastrophe von uns allen fordert, wenn er sagt:
„Gleichgültigkeit gegenüber dem Bösen ist
die größte Sünde.“
Barbara Prammer
Grußworte des Präsidenten des Bundesrates
Zwischen 1940 und 1941 wurden über
18.000 Menschen mit körperlichen und
geistigen Behinderungen und psychischen
Erkrankungen in Schloss Hartheim bei
Linz ermordet. Alleine aus meinem
Heimat­
bundesland Steiermark waren es
1.574 Personen.
v­ erantwortlich, dass Verbrechen wie jene,
die zwischen 1938 und 1945 begangen
wurden, nie wieder geschehen. Das bedeu­
tet nichts anderes als das aktive Eintreten
für Demokratie und Menschenrechte als
Basis unseres Zusammenlebens in einer
friedlichen Gesellschaft.
An die Opfer der NS-Euthanasie wollen
wir am diesjährigen Gedenktag gegen
Gewalt und Rassismus im Gedenken an die
Opfer des Nationalsozialismus besonders
erinnern. Ihre Namen und Lebensdaten
legen Zeugnis dafür ab, wie grausam
und mitleidlos das nationalsozialistische
Regime mit den schwächsten Mitgliedern
der Gesellschaft umgegangen ist.
Gefordert ist jede und jeder Einzelne von
uns, natürlich auch die jüngeren Generati­
onen. Umso erfreulicher ist es, dass auch in
diesem Jahr ein Jugendprojekt im Vorfeld
des Gedenktages stattfinden konnte.
Blicken wir zurück auf die Geschich­
te des Nationalsozialismus, so wird un­
ser ­Handlungsauftrag für Gegenwart und
Zukunft deutlich. Wir sind heute dafür
­
© Parlamentsdirektion/
WILKE
Mein Appell gilt daher uns allen: Gemein­
sam müssen wir aktiv gegen Ausgrenzung,
Rassismus und Gewalt in unserem Umfeld
auftreten – couragiertes Handeln muss für
uns zur Selbstverständlichkeit werden, be­
sonders dann, wenn es um die Schwächsten
geht!
Gregor Hammerl
5
NS-Euthanasie in Österreich
Der Nationalsozialismus strebte danach,
eine vermeintlich homogene „Volksgemein­
schaft“ zu schaffen, aus der all jene ausge­
schlossen wurden, die aus den unterschied­
lichsten Gründen nicht der nazistischen
Ideologie entsprachen. Jüdinnen und Juden,
Roma und Sinti wurden aus rassistischen
Gründen ausgegrenzt, vertrieben und rund
66.000 österreichische Jüdinnen und Juden
und 10.000 Roma ermordet.
Politisch abweichende Haltungen wurden
bekämpft, Andersdenkende verfolgt, in Kon­
zentrationslagern inhaftiert oder vor Gericht
gestellt, Tausende zum Tode verurteilt.
Menschen mit körperlichen und geistigen
Behinderungen sowie psychischen Erkran­
kungen, so genannte „unnütze Esser“, wur­
den erfasst und schließlich ermordet. Schon
früh richtete sich die nationalsozialistische
Propaganda gegen diese Gruppe, die als
Gefahr für die Gesundheit des deutschen
6
Volkes dargestellt wurde. Außerdem sollte
der „Volksgemeinschaft“ vor Augen geführt
werden, wie hoch die Kosten für diese Men­
schen angeblich für den Staat waren. Dazu
dienten Artikel in Zeitungen, Filme oder
auch Rechenbeispiele an Schulen.
Schon 1933 wurde im nationalsozialistischen
Deutschen Reich das Gesetz zur Verhütung
erbkranken Nachwuchses beschlossen. Am
1. Jänner 1934 trat es in Kraft.
Die so genannten „Rassenhygieniker“ gin­
gen von der unbedingten Vererbung jeder
Form von Behinderung oder psychischen
Erkrankung (darunter auch Alkoholismus)
­
aus und forderten daher die Zwangssteri­
lisation dieser Menschen. Die Anzeigen
dazu kamen von Hebammen, behandelnden
Ärzt/innen, von Anstaltsleiter/innen oder
aus der direkten Nachbarschaft. Insgesamt
wurden rund 375.000 Personen Opfer dieses
Gesetzes.
Die Heil- und Pflegeanstalt „Am Steinhof“
in Wien beherbergte neben einem NSErziehungsheim auch eine der größten
„Kinderfachabteilungen“ des Deutschen
Reiches. Knapp 800 Kinder wurden hier
ermordet. Insgesamt geht man von rund
5.000 Kindern aus, die Opfer dieses
„Euthanasieprogrammes“ wurden. Die
Eltern und Angehörigen wiegten die NSBehörden in Sicherheit. Oft wohnten sie
weit entfernt und wurden zu den Kindern
teilweise gar nicht vorgelassen. Eine
besonders mutige Mutter, die Wienerin
Anna Wödl, kämpfte bis zuletzt für ihren
Sohn Alfred und sprach sogar in Berlin für
sein Überleben vor – vergeblich.
NS-Euthanasie
Der Mord an Kindern und Jugendlichen
mit Behinderungen
Ab 1939 wurden Kinder mit Behinderungen
nach der Geburt erfasst und an den
„Reichsausschuss zur wissenschaftlichen
Erfassung von erb- und anlagebedingten
schweren Leiden“ gemeldet. Dieser diente
als Tarnorganisation für eine „geheime
Reichssache“: die Verlegung der betroffenen
Kinder in eigene „Kinderfachabteilungen“,
schmerzhafte, unnötige „Forschung“ an
den Opfern und deren systematische Tötung
durch Überdosen von Medikamenten
oder das bewusste Herbeiführen von
Krankheiten.
Die „Aktion T4“ – Schloss Hartheim
1940 begannen die Morde in sechs
Euthanasieanstalten – Pflegeeinrichtungen,
die zu Tötungszentren umfunktioniert
wurden. Eine dieser Anstalten befand sich im
Schloss Hartheim bei Linz. Ein komplexes
Geflecht von Tarnorganisationen sicherte
die Geheimhaltung. Zentraler Sitz war die
Berliner Tiergartenstraße Nummer 4, die der
Aktion nach 1945 ihren Namen gab. Adolf
Hitler persönlich ermächtigte Ärzt/innen
7
zu diesen Tötungen durch einen Erlass. Die
Durchführung war wieder als „geheime
Reichssache“ geplant.
fielen allein in Hartheim 18.269 Menschen
zum Opfer, im Deutschen Reich waren es
insgesamt über 70.000.
Die Patient/innen wurden in Heil- und
Pflegeanstalten auf Meldebögen erfasst,
welche von Gutachtern in Berlin mit einem
„plus“ oder einem „minus“ versehen wurden.
Das „plus“ stand dabei für den Einbezug
in das Mordprogramm. In Folge erhielten
die Anstalten Listen mit den Namen der zu
verlegenden Patient/innen.
Alle darauf Genannten, Kinder wie
Erwachsene wurden mit Bussen unter
anderem nach Hartheim verbracht und dort
sofort nach ihrer Ankunft in der Gaskammer
ermordet. Die Leichen wurden verbrannt und
die Überreste in der Umgebung verscharrt
oder in die Donau geschüttet. Um die
Tötungen zu verbergen, wurden Todesdaten
und -orte gefälscht. Der „Aktion T4“
8
„Euthanasie-Ermächtigung“ Adolf Hitlers,
datiert auf den 1. September 1939
Quelle: Dokumentationsarchiv des österreichischen
Widerstandes
Nach 1945 wurde über die Verbrechen
geschwiegen. Zwangssterilisierte Menschen
litten ein Leben lang an den Folgen. Die
Angehörigen von Ermordeten wussten oft
jahrzehntelang nichts vom tatsächlichen
Schicksal ihrer Verwandten. Eltern wiegten
sich in Sicherheit, dass ihr Kind in einer
„Kinderfachabteilung“ tatsächlich an einer
Lungenentzündung verstorben war.
Viele Kinder wussten im Erwachsenenalter
nur mehr schemenhaft, dass sie einmal in
einer „Kinderfachabteilung“ waren und nur
mit großem Glück überlebt hatten. Andere
konnten und wollten nicht darüber sprechen.
NS-Euthanasie
Widerstand gegen das Morden
Nur wenige Menschen, wie Anna Wödl,
leisteten aktiv Widerstand. Die Proteste
wurden aber immer lauter und auch Priester
– darunter der sehr bekannte Clemens
August Kardinal Graf von Galen, Bischof
von Münster – predigten gegen die NSEuthanasie. Das offensichtliche Morden
wurde daher im August 1941 auf persönlichen
Befehl von Adolf Hitler eingestellt. In
Hartheim aber wurden weiterhin Menschen
ermordet – ausländische Zwangs- und
Zivilarbeiter/innen und KZ-Häftlinge. Bis
zur Befreiung am 8. Mai 1945 zählte man
rund 12.000 weitere Opfer. Weiter im Fokus
blieben auch die Anstaltspatient/innen. Das
Töten verlagerte sich in die Anstalten selbst:
Rund 3.500 Menschen fielen allein „Am
Steinhof“ dem „Hungersterben“ zum Opfer.
Wir kennen heute nur wenige Personen,
die bereit sind, über ihre Kindheit
in
„Kinderfachabteilungen“ und NSErziehungsheimen zu berichten. De facto
keine Zeitzeug/innen kennt dagegen die
„Aktion T4“. Nur einige wenige Berichte
weisen auf Rückstellungen von Personen
aus Zwischen- oder den Euthanasieanstalten
selbst hin.
9
Brigitte Bailer
Brigitte Bailer absolvierte das Studium der
Sozial- und Wirtschaftswissenschaften und
später das Doktoratsstudium der Geschichte
an der Universität Wien.
© Parlamentsdirektion/
Michael Buchner
Seit 1979 ist sie als wissenschaftliche
­Mitarbeiterin, seit Dezember 2004 als
­wissenschaftliche Leiterin im Dokumenta­
tionsarchiv des österreichischen Wider­
standes tätig. Zwischem dem Winterse­
mester 1993/94 und dem Wintersemester
2003/04 wirkte sie als Lehrbeauftragte am
Institut für Politikwissenschaft der Univer­
sität Wien.
1998 wurde sie in die Historikerkommission
der Republik Österreich zur Erforschung
von Vermögensentzug während der NS-Zeit
sowie Rückstellungen und Entschädigung
seit 1945 in Österreich nominiert und dort
zur stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.
Sie gehörte der Kommission bis zum
10
Ende deren Tätigkeit 2003 an. Im
selben Jahr erfolgte die Habilitation zur
Universitätsdozentin für Zeitgeschichte
an der Universität Wien, 2010 wurde sie
zur Honorarprofessorin am Institut für
Zeitgeschichte ernannt.
Brigitte Bailer forscht, publiziert und lehrt zu
den Themenbereichen NS-Zeit in Österreich,
insbesondere Widerstand und Verfolgung,
Rassismus und Rechtsextremismus nach
1945 mit dem Schwerpunkt NS-Apologetik
und Holocaust-Leugnung sowie Problematik
der Entschädigung für Opfer des National­
sozialismus bzw. Auseinandersetzung mit
der NS-Vergangenheit in Österreich.
Das Dokumentationsarchiv (DÖW) wurde
1963 von Verfolgten des NS-Regimes und
ehemaligen Widerstandskämpfer/innen so­
wie engagierten Wissen­
schaftler/innen als
überparteilicher und pluralistisch ausgerich­
teter Verein gegründet. Neben Wissenschaft­
ler/innen und Personen des öffentlichen
Lebens sind die drei Ver­bände der politisch
Verfolgten, die Katholi­sche Kirche, die Isra­
elitische Kultusgemeinde sowie Roma und
Sinti im Vorstand vertreten.
Die 1983 erfolgte Gründung der von der
Republik Österreich, der Stadt Wien und dem
Verein DÖW getragenen Stiftung sicherte
das DÖW finanziell ab. Heute ist das DÖW
ein im In- und Ausland anerkanntes Institut.
Die Tätigkeit des DÖW umfasst die Bereiche
Sammlung und Archivierung von Dokumen­
ten, wissenschaftliche Forschung und päda­
gogische Vermittlung.
Jacke eines
­jüdischen Kindes
in der ständigen
Ausstellung des
Dokumentations­
archives des
­österreichischen
Widerstandes
© Parlamentsdirektion/
Michael Buchner
DÖW
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes
Folgende Themen werden dabei bearbeitet:
Widerstand und Verfolgung, Flucht und
Exil, Holocaust und NS-Medizinverbrechen,
Aufarbeitung der NS-Verbrechen durch die
österreichische Justiz nach 1945, Rechts­
extremismus und Neonazismus nach 1945
sowie Rückstellung und Entschädigung für
NS-Opfer nach 1945.
11
Brigitte Kepplinger
Die Soziologin und Historikerin studierte am
Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik
der Johannes Kepler Universität Linz.
© Digidall
Fotografie Linz
Ihre Forschungsschwerpunkte und Publi­
kationen verfasste sie in den Bereichen der
Geschichte der Sozialpolitik, Geschichte
sozialer Bewegungen, politische Ideen und
politische Systeme, Biologisierung des So­
zialen, Eugenik sowie der Geschichte der
NS-Euthanasie.
Brigitte Kepplinger ist Gründungsmitglied
des „Vereins Schloss Hartheim“ (1995), der
es sich zum Ziel setzte, den Opfern der na­
tionalsozialistischen Euthanasieverbrechen
in der ehemaligen Tötungsanstalt in Schloss
Hartheim eine würdige Gedenkstätte zu
schaffen.
Seit dem Jahr 2000 ist sie stellvertretende
Vorsitzende dieses Vereins, der als Träger
12
des 2003 eröffneten „Lern- und Gedenkortes
Schloss Hartheim“ fungiert.
Sie zeichnet überdies für das wissenschaft­
liche Konzept der Ausstellung „Wert des
Lebens“ verantwortlich und leitete das
­
­entsprechende Projekt des Landes Oberös­
terreich von 1998 bis 2003 gemeinsam mit
Univ.-Prof. Dr. Josef Weidenholzer.
Zudem ist Brigitte Kepplinger mit der wis­
senschaftlichen Leitung der ­Internationalen
Hartheim-Konferenz betraut, die alle zwei
Jahre im Lern- und Gedenkort Schloss
­Hartheim stattfindet.
Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim
Von 1941 bis 1944 fielen zudem Häftlinge
aus den Lagern Mauthausen, Gusen, Dachau
und Ravensbrück der „Sonderbehandlung
14f13“ und Zwangsarbeiter/innen den
Mordaktionen in Hartheim zum Opfer –
insgesamt weitere rund 12.000 Personen.
1995 wurde der Verein Schloss Hartheim
gegründet. Sein Ziel war es, in Schloss
Hartheim einen angemessenen Ort der
Erinnerung, des Gedenkens und der
gesellschaftlichen Auseinandersetzung über
© Lern- und Gedenkort „Schloss Hartheim“
Voraussetzungen und Folgewirkungen der
NS-Euthanasie und Eugenik zu schaffen.
Als Ergebnis dieser Bestrebungen wurde
im Jahr 2003 aus Mitteln des Landes
Oberösterreich und der Republik Österreich
der Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim
mit der Gedenkstätte und der Ausstellung
„Wert des Lebens“ errichtet.
Schloss Hartheim
Im oberösterreichischen Schloss Hartheim
in Alkoven war von 1940 bis 1944 eine
von sechs NS-Euthanasieanstalten unterge­
bracht. Von Mai 1940 bis August 1941 wur­
den hier rund 18.000 Menschen im Zuge der
„Aktion T4“ ermordet. Sie waren Patient/
innen aus psychiatrischen Anstalten und Be­
wohner/innen von Behinderteneinrichtun­
gen und Für­sorgeheimen.
13
Jugendprojekt 2012
Zum mittlerweile dritten Mal hat das
Parlament im Vorfeld des Gedenktages
gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken
an die Opfer des Nationalsozialismus
ein Jugendprojekt initiiert. Ziel ist es,
jungen Menschen eine längerfristige
Auseinandersetzung mit einem konkreten
Teilbereich des Nationalsozialismus zu
ermöglichen. Der Erwerb von Wissen dient
dabei als Basis für eine kritische Reflexion
der Vergangenheit und der Gegenwart,
um Lehren für heutiges und zukünftiges
Handeln zu ziehen. Insbesondere gilt
dies für das Lernen um die Wichtigkeit
demokratischen Handelns auf der Basis
der unteilbaren Menschenrechte sowie der
Notwendigkeit des persönlichen Einsatzes
für Demokratie und Menschenrechte im
sozialen Nahraum.
In der Praxis bedeutet das, die Beschäftigung
mit der Vergangenheit in das Heute zu
14
holen und Anknüpfungspunkte in den
Lebensrealitäten der Jugendlichen zu finden.
Das kann z.B. über den erlernten Beruf oder
die eigene Herkunft erfolgen. Über all dem
steht die Frage, die auch die Gedenkstätte
Mauthausen oder das Institut _erinnern.at_
stellen: „Was hat das alles mit mir zu tun?“
Die Antworten der Teilnehmenden sind,
genauso wie ihre eigenen Hintergründe, sehr
unterschiedlich ausgefallen.
Das Projekt fokussierte ab Oktober 2011
­darauf, historisches Grundwissen zum Na­
tionalsozialismus durch einen Besuch der
Dauer­
ausstellung des Dokumentationsar­
chivs des österreichischen Widerstandes in
Wien zu vermitteln und dabei auch Zusam­
menhänge und Kontext zu den Zeitperioden
vor 1938 und nach 1945 herzustellen.
Inhalte zum Thema NS-Euthanasie wurden
im Rahmen von Workshops im Lern- und
Gedenkort Schloss Hartheim und in der
Alle Teilnehmer/innen haben sich am 3. Mai
im Parlament getroffen und miteinander
ihre Ergebnisse diskutiert. Friedrich Zawrel,
Überlebender der „Kinderfachabteilung“
„Am Spiegelgrund“ in Wien, gab
erschütternde Einblicke in seine Kindheit und
appellierte an die Jugendlichen, wachsam
gegenüber Gewalt und Ausgrenzung zu
bleiben. Ein Zusammentreffen mit Politiker/
innen bot am Nachmittag Gelegenheit,
das im Rahmen des Projekts Erarbeitete
vorzustellen und Fragen und Anregungen an
die Politik zu formulieren.
25 Schüler/innen der Schule für allgemeine
Gesundheits- und Krankenpflege am
Sozialmedizinischen Zentrum Ost haben
die Rolle des Pflegepersonals in der Zeit
des Nationalsozialismus intensiv beleuchtet
und mit ihrer Ausbildung und Berufspraxis
verknüpft. Die Reflexion darüber, was
es bedeutet, ethisch und respektvoll mit
Patient/innen umzugehen, und welche
Grenzen dabei keinesfalls überschritten
werden dürfen, haben sie in Form einer
Zeitung zusammengefasst. Als zusätzlichen
Programmpunkt hat die Gruppe das Jüdische
Museum Wien sowie die Synagoge im ersten
Bezirk besucht.
Eine Gruppe von 27 Jugendlichen aus unter­
schiedlichen Lehrwerkstätten von „Jugend
am Werk“ in Wien hat, basierend auf der Be­
schäftigung mit dem Nationalsozialismus,
­eigene Fragen für unser heutiges Zusammen­
leben aufgeworfen. Alltagsrassismus, die
Sogwirkung von Propaganda, den Umgang
mit Menschen mit Behinderungen heute und
Jugendprojekt
Gedenkstätte „Am Steinhof“ vertiefend
bearbeitet. Im Rahmen von Diskussionen
und Projektarbeiten haben die Jugendlichen
Bezüge zu ihrer Gegenwart hergestellt und
in unterschiedlicher Form dokumentiert.
15
16
Namen der Opfer kennen: Gedenken in Hartheim
Einblick in die Geschichte: Besuch im DÖW
Vergegenwärtigen: Diskussion über Ethik in der
Medizin heute in Hartheim
Spurensuche: Lebensgeschichten von Opfern in
Hartheim erforschen
Alle Fotos © Parlamentsdirektion/Susanne Roth, Andrea Steiger, Stefan Taferner
Verarbeiten der Besuche in Workshops
„Wert des Lebens“: Ausstellung in Hartheim
Auseinandersetzung mit Pflege in der NS-Zeit:
Besuch der Gedenkstätte „Am Steinhof“
Ein florales Werkstück entsteht: Ideen sammeln in
der Lehrwerkstätte
17
die Frage nach dem „Wert“ des Lebens ha­
ben sie in Werkstücken verarbeitet. Entstan­
den ist auch eine kleine Ausstellung im Ge­
denken an die ermordeten Menschen.
Eine Gruppe von Florist/innen hat es auch
übernommen, die Räumlichkeiten für die
Gedenkveranstaltung am 4. Mai im Parla­
ment zu gestalten. Ein Teil der Gruppe hat
zudem die Gedenkstätte Mauthausen be­
sucht.
Die 31 teilnehmenden Schüler der HTL Steyr
haben in ihrer Auseinandersetzung die Frage
nach den Formen des Widerstandes in den
Mittelpunkt gerückt und darüber diskutiert,
ob auch sie dafür den notwendigen Mut
aufgebracht hätten. In engem Zusammenhang
damit stand natürlich auch die Frage nach
Zivilcourage heute. Eine Ausstellung zeigt
die von den Schülern erarbeiteten Biografien
von acht Personen, die Widerstand gegen
die NS-Euthanasie geleistet haben. Eine
18
Landkarte verknüpft die Heimatorte der
Schüler mit den Geburtsorten von Opfern
der NS-Euthanasie und schafft so lokale
Anknüpfungspunkte. Überdies hat die
Gruppe eine Broschüre mit Texten zum
Projekt erarbeitet.
Eingeladen zum Zusammentreffen der
­Teilnehmenden am 3. Mai und zur Gedenk­
veranstaltung am 4. Mai wurde auch die
Klasse 4b der Hauptschule Hartkirchen.
21 Schüler/innen haben die jährliche Ge­
denkfeier im Lern- und Gedenkort Schloss
Hartheim am 1. Oktober 2011 mitgestaltet
und sich dazu mit Biografien von Opfern
befasst und eigene Gedanken formuliert. Ihr
Projekt haben sie am 3. Mai nochmals im
Parlament vorgestellt.
Besonderer Dank gilt den beiden Koopera­
tionspartnern des Parlaments für das Jugend­
projekt 2012: dem Dokumentationsarchiv
Großer Dank gilt auch jenen Guides,
die die Jugendlichen begleitet haben:
Martin Hagmayr, Christa Memersheimer,
Alfred Merle, Michael Pammer, Markus
Rachbauer, Michael Schedl und Wolfgang
Schellenbacher.
Selbstverständlich möchte sich das Parlament
auch bei den Gruppenverantwortlichen, die
das Projekt durch ihre Arbeit in den einzelnen
Lehrwerkstätten und Schulen getragen
und die Jugendlichen vor Ort begleitet
haben, für die intensive Zusammenarbeit
und den offenen Austausch bedanken:
Michael Adolphi, Sabine Doods, Michaela
Dorfmeister, Desiree Hatzigmoser, Martina
Hiemetzberger, Julia Kemp, Monika Loicht,
Karl Ramsmaier, Josef Rieser, Martina
Rotter.
Für die pädagogische Beratung und die
hilfreichen Inputs dankt das Parlament
Yariv Lapid. Petra Bachleitner, Wolfgang
Bamberg, Werner Dreier, Barbara Glück,
Eva Kriss, Peter Larndorfer, Hannah
Lessing, Willi Mernyi, Silvia Polzer,
Gerhard Riegler, Christine Schindler und
Florian Schwanninger ist ebenso für die
Unterstützung des Projektes zu danken.
Jugendprojekt
des österreichischen Widerstandes, vertre­
ten durch Brigitte Bailer, und dem Lernund Gedenkort Schloss Hartheim, vertreten
durch Irene Leitner.
Beide Institutionen haben für die
Jugendlichen die Besuche sensibel gestaltet
und das Projekt durch umfangreiche
Recherchen, pädagogische und inhaltliche
Beratung und die Bereitstellung von
Materialien unterstützt.
19
Lesungen aus historischen Dokumenten
Der Hartheimer
­Widerstandskämpfer Karl
Schuhmann nahm dieses
Foto des ­Krematoriums in
der Tötungsanstalt Schloss
Hartheim unter Lebensgefahr als ­Beweismittel auf.
Quelle: Wolfgang Schuhmann
© Karl Schuhmann
20
Tobias Moretti
Er spielte die Titelrolle in der Uraufführung
von Botho Strauß‘ „Pancomedia“ im Schau­
spielhaus Bochum, gab die Rolle „Teufel/
Guter Gesell“ im „Jedermann“ der Salzbur­
ger Festspiele und spielte 2005 dort und am
­Burgtheater die Titelrolle in „König Ottokar“.
Seit 2009 ist er am Burgtheater als
„Faust“ zu sehen; seit Oktober 2011 spielt
er die Hauptrolle in Schnitzlers „Das wei­
te Land“ am Bayerischen Staatstheater
München. Sein Opernregiedebüt gab er
mit Mozarts „Don Giovanni“ in Bregenz.
Es folgten 2006 „La finta giardiniera“ am
Opernhaus Zürich und 2009 Haydns „Il
mondo della luna“ am Theater an der Wien.
Seit Anfang der 1990er Jahre ist er verstärkt
im Medium Film präsent; nach Mitterers
„Piefke Saga“ und einem Serienausflug folg­
ten u.a. „Workaholic“ , „Todfeinde“, „Deine
besten Jahre“, „Krambambuli“, „Schwaben­
kinder“, „Die Rückkehr des Tanzlehrers“,
„Käthchens Traum“, „Der Liebeswunsch“,
„Speer & Er“, „Amigo“, „Jud Süß“ und
„Yoko“.
© Christian Schoppe
Lesung
Tobias Moretti studierte zunächst Musik an
der Hochschule für Musik und Darstellende
Kunst in Wien. Nach seiner Theaterausbil­
dung an der Otto-Falckenberg-Hochschule in
München war er Ensemblemitglied des Re­
sidenztheaters München und der Münchner
Kammerspiele (u.a. „Troilus und Cressida“
und „Der Theatermacher“).
Tobias Moretti wurde vielfach ausgezeich­
net, u.a. mit dem Bayerischen Filmpreis, dem
Goldenen Löwen, dem Grimmepreis, mehr­
fach der Romy, und ist Träger des GertrudEysoldt-Ringes der Deutschen Akademie der
Darstellenden Künste für „König Ottokar“.
21
„Am Spiegelgrund“
„Die Art der Todesbeschleunigung erfolgte zunächst durch Luminal, das eingenommen
wurde. Das waren an sich bewusst keine tödlichen Dosen, da man den Eltern dieser
Kinder Gelegenheit bieten wollte, ihre Kinder noch lebend zu sehen und andererseits
auch nach außen hin die Sache getarnt wurde, es sollte von diesen Todbeschleunigungen
niemand wissen. Es sollte ein allmählich schlechter werdender Krankheitsverlauf, der
zum Tod führte, eintreten [...].
Ich erkläre [...], dass ich die Art und Weise, wie diese Todbeschleunigungen
durchgeführt wurden als eine [...] natürliche und segensreiche auffasse und es in
meinen Augen durchaus abwegig ist, diese Handlungsweise auf eine Stelle wie Mord
zu stellen und dies als Mord anzusehen.“
Quelle: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes
Aus den Aussagen von Dr. Ernst Illing vor dem Volksgericht Wien am 22.10.1945 und am 25.01.1946.
Illing war von 1942 bis 1945 ärztlicher Direktor der Nervenklinik für Kinder „Am Spiegelgrund“
und einer der Hauptverantwortlichen für die Ermordung von Kindern mit Behinderungen in Wien.
Er wurde 1946 zum Tode verurteilt und hingerichtet.
22
„Am Spiegelgrund“
Bei diesen Unterredungen /auch ‚Am Spiegelgrund‘/ wurde mir schließlich bewusst,
dass ich mein Kind nicht retten könne. Daher wollte ich nur noch eines verhindern,
nämlich dass das Kind irgendwohin verschleppt wurde. Ich wollte dem Kind, wenn es
schon sterben musste, jede weitere Qual ersparen. Daraus, aus diesen Beweggründen
habe ich /den Arzt/ gebeten, wenn schon der Tod meines Kindes nicht verhindert
werden könnte, es schnell und schmerzlos zu machen. Das hat er mir versprochen [...]
Die Leiche meines Kindes habe ich gesehen. Mir ist der schmerzliche Ausdruck in den
Gesichtszügen aufgefallen.“
Lesung
„Als die Aktion gegen ‚unheilbar Kranke, Geisteskranke und alte Personen‘ eintrat,
war ich sehr besorgt um mein Kind, [...]. Als dann auch in Wien Aktionen durchgeführt
wurden und es deswegen zu Beunruhigungen in der Bevölkerung kam, habe ich den
Entschluss gefasst, [...] in Berlin vorzusprechen. [...]
Quelle: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes
Aus der Aussage von Anna Wödl vor dem Volksgericht Wien am 1. März 1945.
Die Wiener Krankenschwester, die vergeblich um das Leben ihres sechsjährigen Sohnes kämpfte,
drang bis in die Reichskanzlei und das Reichsinnenministerium vor und motivierte zahlreiche
andere Angehörige zu Protestschreiben nach Berlin.
23
„Am Steinhof“
„Liebe Eltern!
Die besten Grüße aus Wien sendet Dir Dein Sohn Josef. Hier ist es sehr schlecht,
wir kriegen nur eine Schnitte Brot und ein bisschen Kaffee. Wir wären in einer
Gefangenschaft. Wir liegen ganzen Tag im Bett. Komme mich bitte in zwei Tagen
besuchen ich will gerne noch nach Hause für ganz. [...]
Liebe Mutter, die Kinder werden nie satt gemacht. Die Männer kriegen mehr als wir,
wir sollen Hunger leiden. Viele Grüße an Franz und Johann Auf Wiedersehen, die
schlechten Grüße sendet Dir Dein Josef.“
Quelle: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes
Brief von Josef Pöhlen an seine Eltern, datiert handschriftlich 3. Jänner 1943.
Da er erst im Mai 1943 aus Mönchengladbach auf den „Steinhof“ gebracht worden war, wurde der
Brief vermutlich am 3. Jänner 1944 oder 3. Jänner 1945 verfasst. Josef Pöhlen starb an den Folgen
von Unterernährung und Infektionskrankheiten am 21. September 1945 im Alter von 18 Jahren.
24
Schloss Hartheim
Danke für die Karte ist der Vater zu Hause, hat er Urlaub? Mir geht es gut war jetzt
mit allen Kindern spazieren die Sonne scheint, trotzdem ist es nicht warm! Der Herbst
ist schön die Bäume sind gelb im Garten liegt viel Laub! Es sind 2 neue Mädchen
angekommen!
Ich gehe jeden Tag in die Werkstatt Fleckerl nähn! Geht es Euch allen gut seid Ihr alle
gesund wie ich auch?
Viele herzliche Grüße von Eurer Resi.“
Quelle: Dokumentationsstelle Hartheim
Lesung
„Liebe Eltern!
Undatierter Brief von Theresia Karas an ihre Eltern.
Am 13. Jänner 1941 wurde die 12-jährige Verfasserin dieser Zeilen nach Hartheim gebracht und
dort mit 59 Mitpfleglingen ermordet.
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Schloss Hartheim
„Werther Herr Hausvater!
[…] Ich möchte Sie schon im Interesse meiner Mutter, das ja für Sie ein furchtbarer
Schlag ist, ersuchen mir sofort mitzuteilen wie und warum er von dort einfach
weggerissen wird. Meine Mutter kränkt sich über dies so, sie wird uns ganz Krank.
Sie weint den ganzen Tag so daß wir nicht wissen, was wir machen sollen. Es ist ja
auch begreiflich daß sich eine Mutter über ihr Kind, und noch dazu ein krankes daß
sich nicht helfen kann, und sich gefallen lassen muß was ihm angetan wird, kränkt.
Wenn das wirklich der Fall wäre, daß Hansi wirklich von dort entrissen worden ist,
dann müßten wir ihn einfach von dort wegnehmen, da wir nicht wissen ob er dort in
gute Hände gelangt ist, oder ob er dort schwere Arbeit verichten muß.
Bei Ihnen haben wir sicher und unbesorgt sein können, weil wir gewußt haben daß er
liebevoll behandelt u. gepflegt wird, aber da draußen wissen wir nicht wie es ihm geht,
da nehmen wir ihn lieber zu Hause. […]“
Quelle: Dokumentationsstelle Hartheim
Brief von Josef Böckl vom 21. Jänner 1941 an den Hausvater des Diakoniewerks Gallneukirchen,
in dem sein Bruder Johann untergebracht war.
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„[…] ist mein Sohn Fritz, ohne eine Benachrichtigung an mich, gewaltsam von der
Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar, wo er rund 30 Jahre untergebracht war, zunächst
nach der Gau-Heil-und Pflegeanstalt Niedernhart bei Linz a.d.D. überführt worden
& anschließend daran an die Landes-Heil-und Pflegeanstalt Sonnenstein, wo er am
13.9.40 an „Grippe und Herzmuskelentzündung“ gestorben sein sollte. Dies passierte
alles innerhalb 13 Tagen, ohne daß mir Gelegenheit gegeben wurde, mit meinem Sohn
noch sprechen zu können. Der Tote mußte a u g e n b l i c k l i c h wegen angeblicher
Seuchengefahr eingeäschert werden. […]
Unsere Familie hat zeitlebens für meinen Sohn den Unterhalt […] bezahlt, & wenn
mein Sohn mit einem weiteren Haufen anscheinend aus der Welt geräumt werden
mußte – anders kann ich mir den ganzen Vorgang nicht vorstellen – hatte, nach meiner
Ansicht, niemand ein Recht, über Leben und Tod dieses unglücklichen Kranken, zu
entscheiden. Es ist fast anzunehmen, daß mein Sohn, wie ein Stück Vieh aus der Welt
geschafft worden ist. […]“
Lesung
Schloss Hartheim
Quelle: Dokumentationsstelle Hartheim
Brief von Maria D. an das Stadtpfarramt München vom 18. September 1940, in dem sie ihre
Empörung über den Mord an ihrem Sohn Fritz zum Ausdruck bringt.
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Otto Lechner
Otto Lechner wurde 1964 in Melk geboren
und lebt als Musiker und Komponist in Wien
und in Gars am Kamp.
© Doris Kittler
Von Geburt an stark sehbehindert und später
schließlich erblindet, spielte er bereits als
Vierjähriger in Gaststätten auf. Nach der
Absolvierung des Stiftsgymnasiums Melk
wählte er seine Leidenschaft, die Musik, als
seinen Beruf.
Er begleitete das Kabarettprogramm seines
langjährigen Freundes Josef Hader auf
dessen Bitte als Pianist. Im Mittelpunkt
seiner musikalischen Arbeit blieb jedoch
immer das Akkordeon.
Die kulturelle Vielfalt seiner Wahlheimat
Wien spiegelt sich in seinen musikalischen
Interpretationen und Arrangements wider.
Sein Musikstil ist geprägt von vielen
ethnischen Strömungen, Jazz und anderen
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Genres – häufig verbunden mit Theater,
Tanz und Literatur.
Otto Lechner trat unter anderem mit Iva
Bittova, Anne Bennent, Max Nagl, Sainkho
Namtchylak, Wolfgang Reisinger, Dhafer
Youssef und Joe Zawinul auf.
Er gab auch die Anregung zu dem
alljährlichen Internationalen Akkordeon
Festival in Wien, das im Jahr 2000 von
Friedl Preisl gegründet wurde und nach
kleinen Anfängen zu einem vierwöchigen
Programm ausgeweitet werden konnte.
Adamas Quartett
Das Adamas Quartett erzielte den 1. Preis
und den Sonderpreis für die beste SchubertInterpretation
beim
internationalen
Schubertwettbewerb in Ruse 2009 sowie
weitere internationale Preise in den folgenden
Jahren. Einen großen Erfolg brachte 2010
das Debut im Wiener Musikverein. Dem
Konzertabend folgte eine Einladung zum
„Klassik-Treffpunkt“ von Ö1, wo sich das
Adamas Quartett mit dem Streichquartett
in d-moll von Hugo Wolf live einer breiten
Öffentlichkeit präsentierte. Das Quartett
engagiert sich in Crossover-Projekten
mit anderen Kunstformen: Es entstand in
Zusammenarbeit mit Regisseur Jérôme Junod
die Bühnen-Performance „Talk Haydn“, bei
der gemeinsam mit Schauspieler/innen der
rhetorische Gehalt der Musik Joseph Haydns
dem Publikum nähergebracht wurde.
Die rege Konzerttätigkeit des Adamas
Quartetts in ganz Europa wird von der
Aufnahme in den Vorschlagskatalog
der Jeunesse Österreich sowie in das
Förderungsprogramm „New Austrian Sound
of Music“ des Außenministeriums begleitet.
Musik
Das Adamas Quartett (Claudia Schwarzl
und Maria Wahlmüller, Violinen; Anna
Dekan, Viola; Jakob Gisler, Violoncello)
wurde im Jahr 2004 gegründet und studiert
bei Prof. Johannes Meissl an der Universität
für Musik und darstellende Kunst Wien.
Die weitere Ausbildung erfolgt bei diversen
Meisterkursen, u.a. beim Juilliard Quartett
oder bei H. Beyerle und M. da Silva an der
Académie musicale de Villecroze.
© Julia Wesely
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Teilnehmer/innen am Jugendprojekt
Michael Adolphi | Matthias Aistleitner | Chev Benjie Amora | Hanife Arslan | Alexandra Arvaji |
Mamichan Atkajew | Anita Azdajic | Wolfgang Bamberg | Ivan Baresic | Samantha Berger | Mario
Brandl | Jakob Breurather | Matthias Bruckner | Beatrice Burger | Eva-Maria Burger | Angelina
Buschenreiter | Ümit Cenik | Sabine Doods | Michaela Dorfmeister | Aurelian-Marian Dumitrache |
Sinan Ertugrul | Katrin Eschberger | Petra Ettenauer | Florian Felbauer | Thomas Giezinger | Yvonne
Götz | Dominik Großbichler | Julia Halzl | Desiree Hatzigmoser | Andrea Hermann | Alexander
Herzog | Martina Hiemetzberger | Jannik Hildebrandt | Gerald Hirsch | Sebastian Hofer |
Johanna Horvath | Julian Hubauer | Florian Hudetz | Ivan Ilinovic | Oliver Jetzinger | Corinna
Kainz | Radica Katanic | Julia Kemp | Simon Kirchweger | Silvia Klapil | Christina Kocher | Julia
Kölbl | Tamara Koller | Marcel Koller | Tamara Koudela | Sandra Kremser |
Alexander Leitner | David Leitner | Monika Loicht | Mercedes Matezny | Omic Mehmedalija |
Kaleb Mertz | Armin Müller | Mathias Nemeth | Nuriye Özek | Katharina Pawlik | Dominik Peischl |
Philipp Peterseil | Christian Posch | Lukas Postlmayr | Lucas Mathias Rajda | Karl
Ramsmaier | Markus Ratzinger | Johanna Reichert | Josef Rieser | Philipp Rohrweck | Simona
Römiger | Martina Rotter | Kristina Rumpler | Renz Oliver Sartin | Stefanie Schaffhauser | Sarah
Schiel | Sabrina Schmidt | Daniel Sinn | Nadja Spirk | Christoph Steinbichler |
Vanessa Steiner | Christian Strohmeier | Josef Sulzer | Sarah Teubl | Jennifer Tod | Branko Tumara |
Manuel Wiesenberger | Sebastian Wolf | Manuel Wolfschwenger | Sibel Yigit | Felix Zoitl | Benjamin
Zöttl | Daniel Zöttl | Dominik Zouhar
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Impressum:
Herausgeber: Parlamentsdirektion
Redaktion: Julia Groiß, Susanne Roth, Andrea Steiger
Druck: Parlamentsdirektion
Grafische Gestaltung: Parlamentsdirektion/Andrea Steiger, Harald Brunner
Wien, im April 2012
Internetadressen:
Parlament
www.parlament.gv.at
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes
www.doew.at
Gedenkstätte „Am Steinhof“
www.gedenkstaettesteinhof.at
Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim
www.schloss-hartheim.at
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