PDF - Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin

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Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin
Pressemitteilung
29. Juni 2016
Nervenfasern regulieren ihre Energieversorgung durch Myelin
Gliazellen stellen Axonen genau die erforderliche Energiemenge zur Verfügung
Die Nervenfasern unseres Nervensystems sind von einer mehrlagigen Membran umgeben, die
die Fasern elektrisch isoliert. Diese Myelinschicht wird von Zellen produziert – sogenannten
Oligodendrozyten. Forscher des Max-Planck-Instituts für Experimentelle Medizin in Göttingen
haben zusammen mit Kollegen anderer Institute entdeckt, dass die Oligodendrozyten die
Fortsätze der Nervenzellen, die Axone, nicht völlig von der Außenwelt abschirmen. Diese enge
Zusammenarbeit verhindert, dass die Axone verhungern. Der Neurotransmitter Glutamat besitzt
dabei eine Schlüsselfunktion in der Kommunikation zwischen elektrisch aktiven Axonen und
Oligodendrozyten spielt. Den Wissenschaftlern zufolge steuert das Glutamat, wie viel Energie
die Oligodendrozyten den Nervenfasern zur Verfügung stellen.
Schematische
Darstellung
eines
Oligodendrozyten,
der
ein
Axon
myelinisiert.
Der
Neurotransmitter
Glutamat, von Axonen freigesetzt, bindet an
NMDA-Rezeptoren und aktiviert dadurch
Glukosetransporter. Der Einstrom von
Glukose in Oligodendrozyten führt zur
Bildung von Milchsäure (Laktat), die an das
Axon
abgegeben
wird
und
zur
Energieproduktion (ATP) dient.
Oligodendrozyten gewinnen aus Glukose Milchsäure und
geben diese zur Energiegewinnung an das umhüllte Axon ab.
Wie viel Energie ein Axon benötigt, hängt von seiner Aktivität
ab: Besonders aktive Fortsätze haben einen höheren, schwach
aktive einen geringeren Energiebedarf. Ruhende oder wenig
aktive Axone können so leicht überversorgt werden. Für die
Nervenzellen wäre dies jedoch gefährlich, denn die zur
Energiegewinnung zur Verfügung gestellte Milchsäure kann
wie bei einem Muskelkater zur Übersäuerung der
Leitungsbahnen führen. Wie kann die Versorgung der Axone
daher dem tatsächlichen Energiebedarf angepasst werden?
Wie unterscheiden Oligodendrozyten bei der Herstellung von
Milchsäure zwischen aktiven und weniger aktiven Axonen?
Eine verstärkte Glutamat-Ausschüttung durch stark aktive
Axone aktiviert den Einstrom von Glukose in die
Oligodendrozyten und führt dort zur Freisetzung von mehr
Milchsäure. Klaus-Armin Nave und sein Team vom Göttinger
Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin haben nun an
© Saab et al., 2016
Mäusen herausgefunden, dass Glutamat-Rezeptoren auf den
Oligodendrozyten, die sogenannten NMDA-Rezeptoren, den
Neurotransmitter binden und das Signal senden, mehr Transportmoleküle für Glukose in die
Zellmembran einzubauen. Die daraus gewonnene Milchsäure kann dann den Axonen zur Verfügung
gestellt werden.
Die Ergebnisse zeigen auch, dass die Oligodendrozyten myelinisierte Axone nicht mit genügend
Energie versorgen können, wenn ihre Glutamat-Rezeptoren ausgeschaltet werden. Unter Stress wie
etwa bei einem Schlaganfall können Oligodendrozyten aufgrund der fehlenden Stimulierung durch
Glutamat ihre Axone nur unzureichend vor dem Absterben schützen. Im höheren Alter entwickeln
Mäuse ohne funktionierende NMDA-Rezeptoren auf den Oligodendrozyten zudem Nervenschäden.
„Wir vermuten, dass die Unterstützung des Nervenzellstoffwechsels durch Oligodendrozyten nicht nur
für Multiple Sklerose, sondern auch für den Verlauf anderer neuro-psychiatrischer Krankheiten wie
Alzheimer oder Amyotropher Lateralsklerose (ALS) von Bedeutung sein könnte“, erklärt Nave.
Originalpublikation:
Aiman S. Saab, Iva D. Tzvetavona, Andrea Trevisiol, Selva Baltan, Payam Dibaj, Kathrin Kusch,
Wiebke Möbius, Bianka Goetze, Hannah M. Jahn, Wenhui Huang, Heinz Steffens, Eike D. Schomburg,
Alberto Pérez-Samartín, Fernando Pérez-Cerdá, Davood Bakhtiari, Carlos Matute, Siegrid Löwel,
Christian Griesinger, Johannes Hirrlinger, Frank Kirchhoff, und Klaus-Armin Nave
Oligodendroglial NMDA Receptors Regulate Glucose Import and Axonal Energy Metabolism
Neuron, im Druck (publiziert online: 9. Juni, 2016)
MPG Ansprechpartner:
Klaus-Armin Nave, PhD
Department of Neurogenetics
Max Planck Institute of Experimental Medicine
Hermann-Rein-Strasse 3
D-37075 Goettingen
Tel. +49 (0) 551-3899757
Fax. +49 (0) 551-3899758
E-mail: [email protected]
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