Das Kind mit hypoplastischem Linksherzsyndrom

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pädiat. prax. 78, 71–84 (2011/2012)
Hans Marseille Verlag GmbH München
Das Kind
mit hypoplastischem
Linksherzsyndrom
R. WEINZETTEL, M. GROSS, R. MAIR,
G. TULZER und J. STEINER
Abteilung für Kinderkardiologie
der Landes-, Frauen- und Kinderklinik,
Kinderherzzentrum Linz
Einleitung
Die palliative Versorgung von Patienten
mit singulärem Ventrikel wurde in den
1960er-Jahren von FONTAN et al. (1) entwickelt. Zentraler Ansatzpunkt war, dass ein
systemventrikulärer Ausflusstrakt samt
Aorta (z. B. Patienten mit Trikuspidalatresie) vorlag, sodass eine komplexe Rekonstruktion des linksventrikulären Ausflusstraktes nicht notwendig war. Die Diagnose
des hypoplastischen Linksherzsyndroms
hingegen war bis zur Mitte der 1980erJahre infaust. Eine besondere Variante
stellten Patienten mit hypoplastischem linken Ventrikel, aber normal großen Aortenbogen dar, bei denen durch eine DAMUSKAYE-STANZEL-Operation (Anastomose zwischen Aorta und Pulmonalis, ohne Aortenbogenerweiterung) eine systemische Perfusion erzielt werden konnte.
WILLIAM NORWOOD entwickelte eine Operationstechnik, welche ein Überleben mit der
Diagnose »hypoplastisches Linksherzsyndrom« möglich machte (2). Verschiedenen
Modifikationen der operativen Technik
sowie der Weiterentwicklung der extrakorporalen Zirkulation ist es zu verdanken, dass die perioperative Mortalität der
NORWOOD-Operation drastisch gesenkt werden konnte.
Pathophysiologie und intrauterine
Entwicklung
Mithilfe der pränatalen Echokardiographie entwickelte sich ein grundlegendes Verständnis für
die intrauterine Hämodynamik und die pränatale
Entwicklung des hypoplastischen Linksherzsyndroms. Es umfasst ein weites Spektrum an anatomischen Variationen, an dessen Ende das Vollbild
des hypoplastischen Linksherzsyndroms mit fehlendem linken Ventrikel sowie Aorten- und Mitralatresie steht. Die operative Versorgung und der
weitere Verlauf hängen im Detail von der Ausprägung der einzelnen Merkmale des hypoplastischen Linksherzsyndroms ab.
Neoaortenbogen – Trennung von Systemund Pulmonalkreislauf – passive Lungendurchblutung
Ein wesentlicher Schlüssel zum Verständnis dieser Erkrankung liegt in der i n t r a u t e r i n e n
H ä m o d y n a m i k. Im normalen fetalen Herzen
werden vom linken Ventrikel etwa ein Drittel, vom
rechten Ventrikel etwa zwei Drittel des Blutes aus-
71
Herz – Kreislauf
Atmungsorgane
Blut – Onkologie
WEINZETTEL, R., M. GROSS, R. MAIR,
G. TULZER und J. STEINER: Das Kind mit
hypoplastischem Linksherzsyndrom
geworfen. Der linke Ventrikel (LV) erhält über den
Ductus venosus und das Foramen ovale das besser oxygenierte Blut aus der Nabelvene und versorgt damit Koronararterien und die Kopf-HalsGefäße. Der rechte Ventrikel (RV) hingegen wirft
überwiegend über den Ductus Botalli in die untere Körperhälfte aus. Über den Aortenisthmus fließen nur etwa 8% des gemeinsamen Blutes.
Herz – Kreislauf
Atmungsorgane
Blut – Onkologie
Eine nur geringe Reduktion des linksventrikulären Auswurfs kann daher schon zu einem verminderten Wachstum des Isthmus aortae und damit
zu einer Aortenisthmusstenose führen. Sinkt der
linksventrikuläre Auswurf weiter, dann kommt es
zu einer Flussumkehr im Aortenisthmus. Der Aortenbogen wird in der Folge retrograd perfundiert,
erst bis zu den Kopf-Hals-Gefäßen, bei einer Aortenatresie bis zu den Koronararterien. In diesem
Fall bleibt die Aorta aszendens hochgradig hypoplastisch.
Das Vollbild dieser Entwicklung ist das hypoplastische Linksherzsyndrom. Der Begriff SHONEKomplex umfasst ein weites Spektrum von Stenosen des linksventrikulären Einfluss- und Ausflusstraktes, kombiniert mit einer LV-Hypoplasie.
Die Tab. 1 zeigt typische Veränderungen
der linksventrikulären Strukturen und die
Ausprägung der Hypoplasien, wobei Kom-
binationen und zahlreiche Varianten entstehen.
Im Folgenden wird explizit auf das hypoplastische Linksherzsyndrom eingegangen, mit besonderem Augenmerk auf die
Versorgung dieser Patienten in der täglichen Praxis.
Geburt und Erstversorgung
Ist die Diagnose bekannt, wird eine Entbindung in einem tertiären Zentrum angestrebt. Eine spontane Entbindung ab der
37. SSW ist möglich, sofern keine anderen
Indikationen zur Sectio caesarea bestehen.
Da es sich beim hypoplastischen Linksherzsyndrom um eine Krankheit mit duktusabhängiger Systemperfusion handelt,
besteht die Therapie post partum im Offenhalten des Ductus arteriosus mit Prostaglandinen. In der Regel reichen hierbei
0,0125 ␮g/kg KG/min. Aufgrund der durch
die parenterale Prostaglandingabe verursachten Vasodilatation besteht ein erhöhter Flüssigkeitsbedarf.
Sehr unterschiedlich kann der Verlauf bei
Neugeborenen sein, bei denen die Dia-
Tab. 1
Veränderung der linksventrikulären
Strukturen
Merkmale
Ausprägung
Sehnenfaden im Cavum des linken Ventrikels
Isthmusstenose
Ventrikelseptumdefekt
Hypoplastischer Aortenbogen
Bikuspidale Aortenklappe
Hypoplastische Aortenklappe
Mitralstenose, parachute Mitralklappe
Grenzwertig großer linker Ventrikel
Aortenklappenstenose
Hypoplastischer linker Ventrikel
Mitralstenose
Subaortenstenose
Mitralatresie
Aortenklappenatresie
72
Abb. 1
Echokardiographie
eines hypoplastischen
Linksherzsyndroms
1 weite Kommunikation auf
Ebene der Vorhöfe
2 hypoplastischer linker
Ventrikel
3 Trikuspidalklappe
4 Mitralstenose
1
4
2
G
P
Tab. 2
Erstversorgung duktusabhängiger Vitien
R
Wiedereröffnung
0,05 ␮g/kg KG/min
für 30 Minuten
Echokontrolle
Konstriktion
0,025 ␮g/kg KG/min
Echokontrolle
Erhaltungsdosis
0,0125 ␮g/kg KG/min
Flüssigkeitsbedarf: bis zu 140 ml/kg KG/d
gnose nicht präpartal bekannt ist. Die ersten Anzeichen dieser Neugeborenen sind
oftmals diskret. Kommt es zur Duktuskonstriktion, bzw. zum Duktusverschluss, zeigen sich Symptome der Systemminderperfusion mit Laktatanstieg, Blutdruckabfall und Sättigungsdifferenzen. Klassischerweise imponieren diese Neugeborenen im Sinne eines »septischen Zustandsbildes«, jedoch ohne erhöhte Entzündungsparameter. Die Diagnose wird echokardiographisch gestellt (Abb. 1). Die rettende Therapie ist die Wiedereröffnung
des Ductus arteriosus. Die hierfür benötigte Dosis an Prostaglandinen ist in der
klinischen Praxis meistens höher als die
Erhaltungsdosis (Tab. 2).
Ein restriktives Vorhofseptum kann sowohl
beim bekannten wie beim unbekannten
Vitium Probleme verursachen. Bei hypoplastischen linksventrikulären Strukturen
ist ein nicht restriktiver Links-rechts-Shunt
auf Vorhofebene eine grundlegende Bedingung. Ist dieser restriktiv, kommt es zur
pulmonalvenösen Stauung, die sich klinisch in Sättigungsabfällen präsentieren
kann. Ein RASHKIND-Manöver (Ballonatrioseptostomie) kann Abhilfe schaffen. In der
klinischen Praxis zeigt sich aber, dass die
Vorhofsepten dieser Neugeborenen oftmals so rigide sind, dass eine RASHKINDProzedur nicht von Erfolg gekrönt ist.
Eine Alternative ist die Implantation eines
Stents im Vorhofseptum. Ist dies nicht
möglich, so muss eine chirurgische Atrioseptektomie eingesetzt werden.
Bei unklarer Diagnose sollten diese Patienten unverzüglich an ein tertiäres Zentrum verlegt werden, welches auch die operative Versorgung anbietet.
Unter stabilen Bedingungen wird unter
laufender Prostaglandingabe der optimale
73
Herz – Kreislauf
Atmungsorgane
Blut – Onkologie
3
Zeitpunkt der Operation abgewartet. Dieser liegt zwischen dem 5. und 10. Lebenstag, da der Lungengefäßwiderstand soweit
abgefallen sein sollte, dass keine gravierende pulmonale Widerstandserhöhung
mehr besteht.
NORWOOD-Operation
Herz – Kreislauf
Atmungsorgane
Blut – Onkologie
Die präoperative Evaluation der genauen
Anatomie geschieht in der Regel mittels
Echokardiographie. Wie bereits erwähnt,
gibt es ein weites anatomisches Spektrum
des hypoplastischen Linksherzsyndroms.
Wenige Details beeinflussen das operative
Vorgehen. Als relevant zu betrachten sind
Abb. 2
Zustand nach NORWOOD-Operation
mit rechtsseitigem SANO-Shunt
Neoaorta mit
Anastomose zur
nativen Aorta
A. pulmonalis
sinistra
A.
pulmonalis
dextra
SANOShunt
Vorhofseptumdefekt
fehlmündende Lungenvenen, ein restriktives Vorhofseptum oder Anomalien der Trikuspidalklappe. Bei der NORWOOD-Operation wird der Neoaortenbogen aus der
nativen Pulmonalarterie rekonstruiert, die
native Aorta wird anastomosiert, sodass
die Koronardurchblutung gesichert ist.
Die pulmonale Durchblutung erfolgt entweder durch einen modifizierten BLALOCKTAUSSIG-Shunt oder durch ein RV/PA-Conduit (SANO-Shunt), einem Goretex-Shunt
vom rechten Ventrikel zur Pulmonalarterie. Das Ergebnis der Operation zeigen die
Abb. 2 und 3.
Aufgrund der Aufwändigkeit und Komplexität der NORWOOD-Operation benötigen die
Patienten oftmals eine länger andauernde
Intensivtherapie. Ziel ist ein balanzierter
Zustand zwischen systemischer und pulmonalarterieller Perfusion, welcher jedoch
labil sein kann.
In der Phase zwischen NORWOOD-Operation
und der darauf folgenden GLENN-Operation
sind die Patienten durch Infektionen, Hypovolämie und allen Affektionen, welche den
Volumenstatus bzw. den System- oder pulmonalarteriellen Widerstand verändern
können, gefährdet.
Eine passive Immunisierung mit Palivizumab (je nach Saison) und alle Impfungen
nach dem länderspezifischen Impfplan
sind streng und zeitgerecht zu verabreichen. In dieser Phase sind kurzfristige klinische und echokardiographische Kontrollen die Regel. In der kinderärztlichen
Praxis sind die klinische Untersuchung,
Blutdruckmessungen an oberer und unterer Extremität sowie pulsoximetrische
Messungen der Sauerstoffsättigung wichtige Schritte zur hämodynamischen Beurteilung dieser Kinder.
Rechter Vorhof
Rechter Ventrikel
Dies bedeutet einen hohen technischen, apparativen und personellen Aufwand: Es ist aber von
höchster Bedeutung, auch diskrete Veränderungen zu diagnostizieren und die Patienten gegebenenfalls an das operative Zentrum zu überweisen.
Bei O2-Sättigungen ⬍75% ist eine dringliche Kontrolle indiziert. Stenosen im SANOoder BLALOCK-TAUSSIG-Shunt bzw. Re-Isth74
Abb. 3
Der SANO-Shunt in voller
Darstellung
,98
1 Abgang: Ventrikulotomie
2 SANO-Shunt
3 distaler Shunt und periphere Pulmonalarterien
3
,98
6
Herz – Kreislauf
Atmungsorgane
Blut – Onkologie
2
4
1
2
V
Tab. 3
Check up nach
NORWOOD-Operation
Echokardiographie
Ekg
Item
Funktion
AV-Klappeninsuffizienz
Neoaorta/Aortenbogen
SANO-Shunt/
BLALOCK-TAUSSIG-Shunt
Periphere Pulmonalarterien
Bauchaortenflow
Eingeschränkt?
Ja/nein
Stenose?
Stenose?
Darstellbar? Gradient?
Rhythmus
Blutdruckmessung
Gradient obere/untere
Extremität
Pulsoxymetrie
SaO2 ⬎75%; ⬍90%
Labor
musstenosen können deletäre Folgen für
die Patienten haben. Die Säuglinge werden prophylaktisch mit Acetylsalicylsäure
(3–5 mg/kg KG) antithrombotisch behandelt.
In den ersten Wochen nach der Entlassung werden die meisten Patienten noch
antikongestiv behandelt, da tendenziell
NT-pro-BNP
Ionogramm
Serumlaktat, Bikarbonat
Tendenzieller Verlauf
Hyponatriämie?
Azidose?
eine pulmonalarterielle Überzirkulation
bestehen kann. Das Verhältnis von systemischer und pulmonalarterieller Durchblutung wird in hohem Maße durch den
systemischen, pulmonalarteriellen Widerstand sowie der physikalischen Drucktrennung durch den Shunt (SANO- oder
BLALOCK-TAUSSIG-Shunt) und der Körperoberfläche des Säuglings bestimmt. Da
75
die therapeutischen Standards aber uneinheitlich sind, kann hierfür keine generelle Empfehlung gegeben werden. In unserem Zentrum erhalten die Patienten vorzugsweise eine Kombination aus Furosemid und Enalapril (0,1 mg/kg KG/d; q 24 h).
Herz – Kreislauf
Atmungsorgane
Blut – Onkologie
Zu hohe pulsoxymetrische Sättigungswerte können ein Indikator für eine Überzirkulation der Lunge sein. Dies kann in
weiterer Folge zu einem »high output failure« bei gleichzeitiger Minderperfusion
des Systemkreislaufes führen. Die Tab. 3
bietet eine Zusammenfassung der diagnostischen Schritte.
Oftmals bedürfen diese Patienten einer
intensivierten häuslichen Pflege mit eng-
Abb. 4
GLENN-Anastomose
maschigen Gewichtskontrollen. Teilweise
ist selbstständiges Trinken nicht möglich,
und die Säuglinge werden sondiert.
Dies bedeutet eine besondere Herausforderung
für die interdisziplinäre Versorgung. Eine intensive Zusammenarbeit zwischen Klinik, niedergelassenem Facharzt und Hauskrankenpflege ist
notwendig.
Ob die Sicherstellung der pulmonalen
Durchblutung mittels modifiziertem BLALOCK-TAUSSIG- oder SANO-Shunt Vorteile
bringt, ist noch nicht geklärt und Inhalt
laufender Evaluierungen (3).
Nach Anlage eines BLALOCK-TAUSSIG-Shunts
besteht die Gefahr eines vermehrten
diastolischen »Run-off-Phänomens«, was
durch den diastolischen Links-RechtsShunt (Aorta in die Lunge) zu einer verminderten Koronardurchblutung mit deletären Folgen führen kann. Darauf ist in
den postoperativen Kontrollen zu achten.
Eine Alternative zur NORWOOD-Operation ist
das »H y b r i d v e r f a h r e n«, auch »hybrid procedure« genannt. Hierbei ist die
systemarterielle Durchblutung dadurch
gewährleistet, dass der Ductus arteriosus
Botalli gestentet wird und so eine permanente Verbindung zwischen Pulmonalarterie und Aorta besteht. Der in der Neugeborenenperiode abfallende Lungengefäßwiderstand würde in weiterer Folge zu einer Lungenüberflutung führen, sodass ein
bilaterales Pulmonalarterien-Banding notwendig ist. Dies wird ohne Herz-LungenMaschine durchgeführt, was sicherlich
ein Vorteil der Methode ist. Die NORWOODOperation muss aber dann zeitgleich mit
der GLENN-Operation erfolgen, wodurch
dieser 2. Eingriff aber wesentlich komplexer und risikoreicher wird (4).
GLENNAnastomose
A. pulmonalis dextra
Rechter Vorhof
Rechter
Systemventrikel
V. cava inferior
76
GLENN-Operation,
partielle cavopulmonale Anastomose
Zugrunde liegender Gedanke der Palliation
aller univentrikulären Physiologien ist die
schrittweise Kreislauftrennung. Der singuläre Ventrikel ist für die Systemperfusion
verantwortlich. Die pulmonale Durchblu-
Tab. 4
Check up nach
GLENN-Operation
Echokardiographie
Ekg
Item
Funktion
AV-Klappeninsuffizienz
Neoaorta/Aortenbogen
Bauchaortenflow
Eingeschränkt?
Ja/nein
Stenose?
Rhythmus
Blutdruckmessung
Gradient obere/untere
Extremität
Pulsoxymetrie
SaO2 ⬎85%
Labor
tung erfolgt dann passiv und ist nicht
mehr pulsatil, sondern laminar.
Der 1. Schritt ist die GLENN-Anastomose.
Hierbei wird die obere Hohlvene vom Vorhof abgesetzt und mit der Pulmonalarterie
anastomosiert. Das Blut des Stromgebietes der V. cava superior wird also passiv
durch die Lunge geleitet, das Blut der
V. cava inferior fließt über den rechten
Vorhof und mischt sich mit dem Blut des
linken Vorhofes, fließt also als Mischblut
über die Neoaorta. Der vorher bestehende
SANO- oder modifizierte BLALOCK-TAUSSIGShunt wird entfernt. Das Ergebnis der
Operation zeigt Abb. 4.
Das Hybridverfahren ist eine Kombination
aus NORWOOD- und GLENN-Operation, der
sog. Comprehensive Stage II. Das postoperative Ergebnis ist anatomisch gleich.
Nachdem das Blutvolumen der oberen
Körperhälfte beim Säugling noch relativ
größer ist als bei älteren Kindern oder Erwachsenen, erreicht man in dieser Phase
Sättigungen im Bereich von 80–85%.
NT-pro-BNP
Ionogramm
Tendenzieller Verlauf
Hyponatriämie?
frühen postoperativen Phase werden Diuretika sowie ACE-Hemmer zur antikongestiven bzw. diuretischen Therapie verwendet. Bei problemlosem Verlauf sollte
diese Therapie aber nach einer angemessenen Dauer beendet werden können.
Auch hier können keine allgemeinen Empfehlungen gegeben werden. Bei unauffälligem Verlauf wird ab dem 3. postoperativen Monat die medikamentöse Therapie
beendet.
Echokardiographisch sollte man bei diesen
Patienten eine weite Kommunikation auf
Vorhofebene, eine kompetente Trikuspidalklappe, eine gute Systemventrikelfunktion,
einen normalen antegraden Fluss über der
Neoaortenklappe sowie normale Flussverhältnisse im Isthmus finden (Tab. 4).
Die weitere Betreuung der Kinder hat 2
Schwerpunkte: die intrinsischen Funktionen des Herzens und die Lunge.
Affektionen des Herzens
Der postoperative Verlauf ist in der Regel
kürzer und die Kreislaufbalance wesentlich stabiler.
Bis der GLENN-Shunt endothelialisiert ist
(nach 6 Monaten), erhalten die Kinder
Acetylsalicylsäure (3–5 mg/kg KG). In der
Bei manchen Kindern findet man eine reduzierte Funktion des Systemventrikels.
Das Monitoring der Funktion stellt aufgrund der Morphologie des rechten Ventrikels ein Problem dar. Als guter Surrogatparameter für den Pädiater eignet sich
77
Herz – Kreislauf
Atmungsorgane
Blut – Onkologie
das NT-pro-BNP, welches nach der GLENNOperation ⬍400 pg/ml sein sollte (5). Dieser Parameter ist leicht bestimmbar. Eine
reduzierte Funktion des rechten Ventrikels
kann auch durch erhöhte Nachlast bedingt
sein. Echokardiographisch muss immer
eine Isthmusstenose oder eine Enge ausgeschlossen werden, eine Hypertonie sollte konsequent behandelt werden. Einige
Patienten zeigen eine reduzierte Funktion
des Systemventrikels ohne ersichtlichen
Grund.
Für die weitere Therapie gibt es keine evidenzbasierten Daten, sodass jedes Zentrum seine eigene Strategie entwickelt hat.
Unsere Strategie besteht in einer konsequenten antikongestiven Therapie. Zum
Einsatz kommen Diuretika, ACE-Hemmer,
eventuell ␤-Bocker und die intermittierende Gabe von Levosimendan. Die letzte Option ist die autologe Herztransplantation.
Die weitere Diagnostik dieser Patienten sollte einem operativen Zentrum vorbehalten bleiben, da
oftmals ein invasives Vorgehen mit Herzkatheter
vonnöten ist. Als weitere diagnostische Möglichkeit hat sich die Magnetresonanzuntersuchung
des Herzens etabliert, was aber auch besondere
Anforderungen stellt und in der Regel nur in speziellen Zentren durchgeführt wird.
Im eigenen Patientengut sind solche Verläufe aber selten. Die Kinder entwickeln
sich im Großen und Ganzen sehr erfreulich. Valide Langzeitdaten fehlen noch und
werden aufgrund der Heterogenität der
Therapien auch in Zukunft schwer zu erheben sein.
Affektionen der Lunge
Abb. 5
Extrakardial fenestrierte FONTAN-Operation
GLENNAnastomose
Eine gestörte Perfusion der Lunge führt
konsekutiv zu Entsättigungen, zu geringen
linksatrialen Drücken (wie bei Hypovolämie) und kann im Extremfall aufgrund
der fehlenden Vorlast auch zu systemarteriellen Druckabfällen führen. Eine positive
Druckbeatmung mit inadäquat hohem
PEEP kann die Problematik aggravieren,
sodass spezielle Beatmungstechniken notwendig sind.
Fenestration
Rechter
Vorhof
Rechter Ventrikel
FONTANTunnel
Für den betreuenden Kinderarzt bedeuten
Affektionen der Lunge das g r ö ß e r e
P r o b l e m, da es sich oftmals um akute
Ereignisse handelt. Auch nur geringe Erhöhungen des pulmonalvaskulären Widerstandes können aufgrund des fehlenden
subpulmonalen Ventrikels zu Komplikationen führen.
In der präklinischen Notfallmedizin kann dies zu
erheblichen Problemen führen, da die standardisierten Beatmungsstrategien nicht zum Erfolg
führen können. Ein erweitertes Monitoring (BGA
und endtitales CO2) während des Transportes,
soweit vorhanden und anwendbar, kann Abhilfe
schaffen. Der Transport in ein tertiäres Zentrum
ist prinzipiell anzustreben.
Von praktischer Bedeutung für den Pädiater ist also die Prävention pulmonaler Er78
Abb. 6
Zustand nach
extrakardialfenestrierter
FONTAN-Operation
1
10
2
3
,88
5
V
krankungen. Deshalb ist laut Konsensuspapier der Österreichischen Gesellschaft
für Kinder- und Jugendheilkunde in den
ersten beiden Lebensjahren eine passive
Prophylaxe der RSV-Infektion mit Palivizumab indiziert. Auf die zeitgerechte Immunisierung laut national geltendem Impfplan einschließlich Pneumokokken- und
Influenzaimpfung ist zu achten.
Weil es selbst bei kurzer Krankheitsdauer
zu schweren Beeinträchtigungen kommen
kann, ist die kurzfristige klinische Kontrolle
eine C o n d i t i o s i n e q u a n o n. Ist dies
nicht möglich, sollte der Patient stationär
betreut werden, wobei die allgemein-gültigen Standards angewendet werden.
Die FONTAN-Operation
,88
tiert eine progressive Zyanose. Weitere
Gründe für eine progressive Zyanose
können intrapulmonale Fisteln sein, also
Shunts zwischen Pulmonalarterien, die
das Blut aus dem Stromgebiet der V. cava
superior bekommen, und Pumonalvenen.
Diese intrapulmonalen Shunts kann man
mittels Kontrastmittelechokardiographie
oder im Herzkatheter darstellen. Als Ursache werden der laminare Fluss in den
Pulmonalgefäßen sowie das in der Lungenstrombahn fehlende Lebervenenblut
angeschuldigt.
Eine progrediente Zyanose mit Sättigungen von deutlich ⬍80% ist eine Indikation
für eine baldige Durchführung einer totalen cavopulmonalen Anastomose.
Bei der sog. extrakardial fenestrierten FONTAN-Operation wird das Blut der V. cava in-
Mit dem Wachstum der Patienten kommt
es in weiterer Folge zu einer zunehmenden
Inbalance zwischen Lungen- und Körperdurchblutung, da der Anteil des Blutes der
unteren Körperhälfte in Relation zur oberen Körperhälfte zunimmt. Dieses wird ja
über die V. cava inferior in den Vorhof drainiert und mischt sich mit dem oxygenierten Blut der Lungenvenen. Daraus resul-
ferior und des Lebervenenstromgebietes
über ein extrakardiales Goretex-Conduit
am Herzen vorbei zur Pulmonalarterie geleitet. Somit wird das gesamte Herzzeitvolumen ohne subpulmonalen Ventrikel
durch die Lunge geleitet, System- und
Pulmonalkreislauf sind wieder getrennt.
Das Ergebnis der Operation zeigen die
Abb. 5 und 6.
79
Herz – Kreislauf
Atmungsorgane
Blut – Onkologie
1 Einstrom in die Lungenvenen
2 Darstellung des Einstroms über der Fenestration (gestrichelte
Linie ⫽ Gradient über
Fenestration entspricht
transpulmonalem
Gradienten)
3 Vorhofseptumdefekt
Herz – Kreislauf
Atmungsorgane
Blut – Onkologie
Treibende Kräfte für die Lungenperfusion
sind der zentrale Venendruck und die diastolische Saugwirkung des Systemventrikels. Damit diese Kreislaufphysiologie
funktioniert, sind eine normale Anatomie
der Lungengefäße, ein normaler Lungengefäßwiderstand, eine gute (diastolische)
Funktion des Systemventrikels mit suffizienter AV-Klappe sowie ein regulärer Sinusrhythmus Voraussetzung.
Präoperativ werden eine Herzkatheteruntersuchung zur Bestimmung der Widerstände und die Darstellung der Anatomie
empfohlen. Ob die Herzkatheteruntersuchung durch eine Darstellung im MRI –
eine natürlich wesentlich weniger invasive
Methode – abgelöst werden wird, ist derzeit Inhalt wissenschaftlicher Diskurse (6).
Die FONTAN-Operation bedingt postoperativ eine signifikante Kreislaufumstellung,
welche mit Symptomen des Rechtsherzversagens einhergehen kann. Um ein postoperativ akutes Kreislaufversagen bei pulmonalen Problemen zu verhindern, wird
eine Fenestration zwischen dem extrakardialen Conduit und dem rechten Vorhof angelegt, Dieser Rechts-Links-Shunt stellt bei
einer kritischen Erhöhung des Pulmonalwiderstandes sicher, dass der Systemventrikel genügend Volumen (wenn auch mit
schlechterer Sättigung) zur Aufrechterhaltung des Blutdrucks erhält. Die pulsoxymetrische Sättigung liegt daher in der postoperativen Phase nur bei etwa 85–90%. In
der frühen postoperativen Phase kann es
zur Ausbildung von Aszites und Pleuraergüssen kommen, bedingt durch den akut
höheren zentralen Venendruck. 3 Wochen
postoperativ ist in der Regel der Umstellungsprozess beendet und die Patienten
können in häusliche Pflege entlassen werden.
Medikamentöse Therapie
Für den Pädiater von praktischer Bedeutung ist nun die weitere medikamentöse
Therapie. Aufgrund der Möglichkeit, dass
es im laminaren Flussgebiet zur Thrombenbildung kommen kann, welche durch
den Rechts-Links-Shunt auf Fenestrationsebene systemische Embolien verursachen
80
kann, besteht die Indikation zur A n t i k o a g u l a t i o n mit einem Zielbereich von
INR 2,5–3,5. Des Weiteren wird in der
postoperativen Phase eine d i u r e t i s c h e
T h e r a p i e durchgeführt, die meist problemlos nach einigen Wochen beendet
werden kann. Zur Nachlastsenkung und
somit zur Kardioprotektion werden meist
ACE-Hemmer (zumindest für einige Monate hindurch) eingesetzt. Ob eine ACEHemmer-Therapie fortgeführt wird, hängt
vom systemischen Blutdruck, der Ventrikelfunktion und der eventuell vorliegenden Trikuspidalinsuffizienz ab.
Nach 6 Monaten erfolgt zur definitiven
Kreislauftrennung der interventionelle Fenestrationsverschluss im Katheterlabor.
Vor dem endgültigen Verschluss der Fenestration wird diese erst mit einem Ballonkatheter zur Probe okkludiert und dann die
Hämodynamik und damit auch die Indikation zum Verschluss reevaluiert. Nach dem
Verschluss erfolgt wieder eine Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten für einige Monate bis zur Endothelialisation des
Verschlussdevices.
Das weitere Vorgehen ist nicht standardisiert. Zentrumsabhängig bestehen unterschiedliche Vorgangsweisen. Einige Zentren stellen die Indikation zur lebenslangen
oralen Antikoagulation mit Kumarinderivaten, andere bevorzugen bei komplikationslosem Verlauf eine Low-dose-Therapie mit
Acetylsalicylsäure (3–5 mg/kg KG/d, maximal 100 mg). Hierbei wird 3 Monate nach
dem Fenestrationsverschluss auf Aspirin
gewechselt. 6 Monate nach Fenestrationverschluss wird eine genaue Evaluierung
des FONTAN-Tunnels in der transösophagealen Echokardiographie durchgeführt.
Bei thrombotischen Veränderungen oder
bei diagnostizierter Thrombophilie (APCResistenz, Homozysteinämie, Faktor-5-Leiden-Mutation usw.) besteht eine lebenslange Indikation zur oralen Antikoagulation.
Die Zeit nach der FONTAN-Operation
(Tab. 5)
Nach Verschluss der Fenestration bestehen 2 getrennte Kreisläufe (System- und
Tab. 5
Check up nach
FONTAN-Operation
Echokardiographie
Funktion
AV-Klappe
Neoaortenklappe
Aortenbogen
FONTAN-Tunnel
Ekg
Sinusrhythmus
Labor
NT-pro-BNP
Eiweiß, Immunglobuline
Pulmonalkreislauf), somit liegt die O2-Sättigung auch im Normbereich. Vorausgesetzt, die Systemventrikelfunktion ist normal und es liegt keine höhergradige AVKlappen- oder Aorteninsuffizienz vor, findet man nun stabile hämodynamische Verhältnisse, wenn auch mit deutlich höheren
zentralen Venendrücken.
Aufgrund des Fehlens eines subpulmonalen Ventrikels muss im weiteren Verlauf
ein besonderes Augenmerk auf die pulmonale Situation gelegt werden. Schwere
Infekte oder andere erworbene Krankheiten der Lunge können schwerwiegende
Konsequenzen haben, da ein Anstieg des
pulmonalvaskulären Widerstandes zu einer verminderten Lungenperfusion und in
der Folge zu einer verminderten Füllung
des Systemventrikels bis hin zum »Lowcardiac-Output« führen kann.
Eingeschränkt?
Insuffizienz
Stenose/Insuffizienz
Stenose
Thromben?
Normalwert?
Ödemen und einer Hypoimmunglobulinämie. Neuere Daten aus Amerika zeigen
eine gewisse Stabilisierung des Proteinverlustes durch perorale Gabe von Cortison zur Membranstabilisierung. Bei der
»plastic bronchitis« husten die Patienten
sog. »casts«, aus, das sind Ausgusspräzipitationen aus dem Bronchialsystem.
Liegen keine korrigierbaren hämodynamischen Probleme vor, kann man nur symptomatisch behandeln. Bei Hypoimmunglobulinämie werden Immunglobuline
substituiert, die »casts« mittels Inhalationen mit rTPAse lysiert. Die weitere Therapie ist auf die Reduktion des pulmonalvaskulären Widerstandes ausgerichtet. Eine
Umstellung auf MCT-Kost wird ebenfalls
empfohlen.
Als L a n g z e i t k o m p l i k a t i o n e n der
FONTAN-Zirkulation fürchtet man die proteinverlierende Enteropathie und die »plastic bronchitis« (7). Diese Krankheitsbilder
können auch unter dem Überbegriff »failing FONTAN« zusammengefasst werden.
Die zugrunde liegenden Pathomechanismen sind noch nicht endgültig geklärt.
Die Diagnose »failing FONTAN« bedeutet eine komplexe Herausforderung an das behandelnde Zentrum. Bei unklaren Ödemen, Diarrhöen und Hypoproteinämien sollte der Patient an das behandelnde tertiäre Zentrum überwiesen werden. Die
Wiedereröffnung der Fenestration ist um den
Preis einer mäßigen Zyanose zur Senkung der
zentralvenösen Drücke oft zielführend. Nur falls
alle genannten Maßnahmen keinen Erfolg zeigen,
ist eine Herztransplantation als Ultima ratio notwendig.
Es kommt bei beiden Krankheitsbildern
zum Proteinverlust, entweder in den Darm
oder in die Lunge. Die proteinverlierende
Enteropathie präsentiert sich mit Zeichen
eines intravasalen Proteinmangels mit
Bei der Betreuung von Patienten sollte
auch ein besonderes Augenmerk auf den
Herzrhythmus gelegt werden. Ein frequenzkompetenter Sinusrhythmus sollte
vorhanden sein. Leider kann es aber auch
81
zum Verlust des Sinusrhythmus kommen
(oft auch erst Jahre nach der Operation),
mit einem meist bradykarden junktionalen
oder AV-Rhythmus, der eine Versorgung
mit einem epikardialen DDDR-Schrittmachersystem notwendig machen kann.
Ergebnis und Lebensqualität
Herz – Kreislauf
Atmungsorgane
Blut – Onkologie
Nachdem die Palliation des hypoplastischen Linksherzsyndroms erst in den letzten 20 Jahren möglich wurde und sowohl
die Patienten als auch die operativen Prozeduren divergieren, ist es schwer möglich, wissenschaftlich exakte und gut vergleichbare Daten zu erheben. Eine Vielzahl von rezenten Publikationen befasst
sich mit Teilaspekten der Palliation (8–11).
Bedenken sollte man aber auch, dass das
hypoplastische Linksherzsyndrom mit anderen Fehlbildungen und Chromosomenaberationen kombiniert vorkommt. Im eigenen Patientengut (12), fanden wir bei
51% der Patienten extrakardiale Anomalien und bei 7,5% Chromosomenaberrationen. Diese Komorbidäten erschweren die
Interpretation aller Daten zur Evaluation
der Ergebnisse und der Lebensqualität.
Eine rezente Arbeit von KARAMICHALIS et al.
(8) aus dem Childrens Hospital in Boston
analysierte im Jahr 2010 retrospektiv 135
NORWOOD-Operationen. Dabei fanden die
Autoren eine Mortalität von 14,1%, die mit
inadäquater technischer Performance,
hohen präoperativen »illness severity
scores« und einem hohen ARISTOTELESScore (beschreibt die Komplexität des
Einzelfalles) vergesellschaftet war. In unserem Zentrum wurden seit 1997 insgesamt 161 NORWOOD-Operationen durchgeführt. Die 30-Tage-Mortalität im eigenen Patientenkollektiv liegt im Durchrechnungszeitraum von 2002–2009 bei 11,2%,
hängt jedoch auch von Komorbidäten ab.
Die Option, bei Kreislaufversagen perioperativ extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) einzusetzen, sichert einigen Patienten das Überleben, führt aber
sicherlich zum Anstieg von Komorbidäten
und Folgeerkrankungen; valides Zahlenmaterial liegt derzeit noch nicht vor.
82
Es gibt Hinweise dafür, dass eine pränatale
Diagnose möglicherweise die Mortalität
bei der NORWOOD-Operation senken kann,
sicher aber erleichtert sie wesentlich das
perinatale Management und die präoperative Phase (9). Neugeborene kommen so
früher und in besserem Allgemeinzustand
zur Operation, wodurch auch die Morbidität günstig beeinflusst werden kann.
Die GLENN-Anastomose kann sicher und
effektiv ab dem 2. Lebensmonat durchgeführt werden (10). Die unabhängigen Variablen für das Versterben nach GLENNOperation waren hierbei der präoperative
Pulmonalarteriendruck, eine AV-Insuffizienz sowie die postoperative Sauerstoffsättigung.
In einer Review einer kanadischen Arbeitsgruppe aus dem Jahr 2009 (11) kommen die Autoren zu dem Schluss, dass
aufgrund der Entwicklung einer Vielzahl
von operativen Techniken, kombiniert mit
einem besseren Verständnis der komplexen Physiologie, es zu einer signifikanten
Verbesserung der Prognose, aber auch
der Lebensqualität kommt (12).
Dies deckt sich weitgehend mit den Erfahrungen in unserem Zentrum. Eine retrospektive Analyse unserer Patienten ergab,
dass ein Großteil der Überlebenden die
Regelschule oder einen Kindergarten besuchen und im täglichen Leben nicht eingeschränkt sind. Selbst bei den Patienten,
welche einen komplexen Verlauf oder einen »failing FONTAN« haben, geben die Eltern oder der Patient keine wesentlichen
Einschränkungen der Lebensqualität an.
Dem entgegen steht eine schwedische
Arbeit, welche Patienten mit hypoplastischem Linksherzsyndrom mit einer gesunden Kontrollgruppe verglichen hat (13)
und zu dem Schluss gekommen ist, dass
die psychologische Gesundheit und die
Lebensqualität signifikant niedriger in der
Gruppe der Patienten mit hypoplastischem Linksherzsyndrom war.
Nach SALZER (14) benötigen wir mächtige
multizentrische Studien und die Bereitschaft, interdisziplinäre Kooperationen
Fazit für die Praxis
䡩 Kinder mit hypoplastischem Linksherzsyndrom können aufgrund einer sich ständig verbessernden Operationstechnik und
moderner Intensivtherapie mit akzeptabler Lebensqualität überleben.
䡩 Die umfassende Betreuung durch niedergelassene Fachärzte in Kooperation mit
den versorgenden Zentren stellt einen zentralen Faktor dar.
䡩 Es gilt, klare Richtlinien einzuhalten.
䡩 In der Regel können die Patienten mit
wenig diagnostischem Aufwand, wie pulsoxymetrische Sättigung, Blutdruckwerte
an oberer und unterer Extremität sowie
NT-pro-BNP evaluiert werden.
䡩 Einen hohen Stellenwert besitzen aber
vor allem die genaue klinische Anamnese
und die Untersuchung.
䡩 Bei Komplikationen oder klinischer Verschlechterung soll rasch an ein tertiäres
Zentrum überwiesen werden.
WEINZETTEL, R., M. GROSS, R. MAIR, G. TULZER and
J. STEINER: The hypoplastic left heart syndrome in
pediatric praxis
S u m m a r y : Since the middle of the 1980s it has
been possible to palliate patients suffering from
hypoplastic left heart syndrome. In the first step
the hypoplastic aortic arch is reconstructed and
the lung is perfused by a shunt. In the further surgical step a separation of systemic and pulmonary circulation is performed. The pulmonary perfusion remains passive and the work load of the
right ventricle will be optimized. This operative
procedure has now become a standard procedure and helps these patients to survive with a good
quality of life.
K e y w o r d s : Aortic arch – reconstruction –
systemic circulation – pulmonary
circulation – passive pulmonary circulation –
quality of life
Literatur
1. Fontan F, Baudet E. Surgical repair of tricuspid atresia. Thorax 1971; 26: 240–248.
2. Norwood WI, et al. Physiologic repair of aortic atresia-hypoplastic left heart syndrome. N Engl J Med
1983; 308: 23–26.
3. Rüffer A, et al. The Norwood procedure – does the
type of shunt determine outcome? Thorac Cardiovasc
Surg 2009; 270–275.
4. Galantowicz M, et al. Hybrid approach for hypoplas-
Zusammenfassung
tic left heart syndrome: intermediate results after the
learning curve. Ann Thorac Surg 2008; 2063–2071.
Seit Mitte der 1980er-Jahre ist es möglich,
Patienten, die an einem hypoplastischen
Linksherzsyndrom leiden, einer operativen
Versorgung zuzuführen. Hierbei werden
im 1. Schritt der hypoplastische Aortenbogen rekonstruiert und die Durchblutung
der Lunge mittels Shunt sichergestellt,
gefolgt von weiteren Schritten mit einer
Trennung von System- und Pulmonalkreislauf mit passiver Durchblutung der
Lunge und Optimierung der Arbeit des
rechten Systemventrikels. Dieses operative Prozedere stellt einen Standard dar, der
den Patienten hilft, mit guter Lebensqualität zu leben.
5. Lechner E, et al. Aminoterminal brain-type natriuretic peptide levels correlate with heart failure in patients
with bidirectional Glenn anastomosis and with morbidity after the Fontan operation. J Thorac Cardiovasc
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technical performance improves outcomes irrespective
of preoperative physiologic status or case complexity.
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83
Herz – Kreislauf
Atmungsorgane
Blut – Onkologie
einzugehen, damit diese Erkenntnisse die
Lebensqualität nach NORWOOD-Operationen verbessern. Der Fokus aber sollte in
der Z u k u n f t unserer Patienten liegen.
9. Tworetzky W, et al. Improved surgical outcome after
fetal diagnosis of hypoplastic left heart syndrome. Circulation 2001; 103: 1269–1273.
10. Petrucci O, et al. Outcomes of the bidirectional
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J Thorac Cardiovascular Surg 2010; 139: 562–568.
11. Jaquiss RD, et al. Single ventricle physiology: surgical options, indications and outcome. Curr Opinion
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12. Peterlechner T. Das hypoplastische LinksherzsynHerz – Kreislauf
Atmungsorgane
Blut – Onkologie
drom: aktuelle und therapeutische Strategien und Outcome am Kinderherzzentrum Linz unter Berücksichtigung des Einflusses vom Diagnosezeitpunkt und präoperativen Risikofaktoren. Dissertation 2007.
13. Mellander M, et al. Quality of life in children with
hypoplastic left heart syndrome. Acta Paediatr 2007;
96: 53–57.
14. Salzer U. Life after Norwoodprocedure. Heart 2009;
95: 1211–1213.
I n t e r e s s e n k o n f l i k t : Die Autoren erklären,
dass bei der Erstellung des Beitrags keine
Interessenkonflikte im Sinne der Empfehlungen
des International Committee of Medical Journal
Editors bestanden.
Dr. R. WEINZETTEL
Abteilung für Kinderkardiologie
Kinderherzzentrum
Landes-, Frauen- und Kinderklinik
Krankenhausstraße 26–30
A-4020 Linz
[email protected]
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