GK Formen und DD HIK und Deszensus

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Formen und Differenzialdiagnosen
der
Harninkontinenz
und des
Descensus genitalis
AGUB GK Freiburg, 28.10.2016
Überblick
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Harninkontinenz
–
Belastungsinkontinenz
–
Dranginkontinenz
–
Nykturie
→ Mischformen
Überblick
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Harninkontinenz
–
Belastungsinkontinenz
–
Dranginkontinenz
–
Nykturie
→ Mischformen
Deszensus genitalis
–
Vorderes Kompartiment
–
Zentrales Kompartiment
–
Hinteres Kompartiment
→ Mischformen
Belastungsinkontinenz
„Als Belastungsinkontinenz wird der unwillkürliche
Urinverlust während körperlicher Anstrengung, beim
Niesen oder Husten definiert...“
Interdisziplinäre S2e-Leitlinie für die Diagnostik und Therapie der Belastungsinkontinenz der
Frau
Belastungsinkontinenz
Grad I-III
I° → Urinverlust beim Husten, Niesen und Lachen
II° → Urinverlust bei Bewegung
III° → Urinverlust in Ruhe
Belastungsinkontinenz
Fehlendes Widerlager für die Urethra:
→ Ausweichen der Urethra nach kaudal (hypermobil)
→ mangelnder Verschluss
→ Austritt von Urin
→ meist Teilmenge des Urins.
Belastungsinkontinenz
Uraschen:
Abriss oder Überdehnung der pubourethralen
Bandstrukturen
z.B. durch
- Geburten
- chron. Husten (Raucherinnen)
- 'schwaches' Bindegewebe
- schwerer körperlicher Arbeit.
Belastungsinkontinenz
Diagnosestellung in der Regel anamnestisch und klinisch!
Mit den Fragen:
- In welcher Situation genau kommt es zum Urinverlust?
- Situationen aktiv ansprechen (Husten, Niesen, Laufen, Lachen, Treppabsteigen,
vom Stuhl aufstehen, GV...)
Untersuchung:
- Mit gefüllter Blase: Hustentest!
- Bei negativem Hustentest: im Stehen husten lassen!
- PAD-Test
Belastungsinkontinenz
I) Diagnostisches Mittel Introitussonographie:
- hypermobile Urethra
- Trichterbildung
Sonographisch 'weite' Urethra
birgt kein Risiko für
Belastungsinkontinenz
Belastungsinkontinenz
II) Diagnostisches Mittel Urethra-Druckmessung:
Anamnestisch und klinisch eindeutige Belastungsinkontinenz bei wenig
mobiler oder starrer Urethra (sonographisch).
→ Urodynamische Untersuchung und Messung des max. Urethradrucks:
Druck < 30 mmHg
→ hypotone Urethra als Ursache der Belastungsinkontinenz!
Dranginkontinenz
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Synonyme :
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Reizblase
–
Detrusor-Hyperaktivität
–
Motorischer Dranginkontinenz
–
Urge-Incontinence
–
Overactive bladder (OAB)
Dranginkontinenz
Drangsymptomatik mit und ohne Urinverlust möglich
= OAB wet und OAB dry
(früher motorische und sensorische Drangsymptomatik)
Klinik:
- Häufig Verlust fast des gesamten Blaseninhalts!
- Unvermittelter Drang
→ sofortige Detrusorkontraktion mit Urinverlust
- Häufiger Drang
→ stündlich / nachts
Dranginkontinenz
Anamnese:
- in welcher Situation genau kommt es zum Urinverlust?
→ Angebote machen:
- Wenn der Drang kommt, müssen Sie sofort eine Toilette aufsuchen?
- Geht auf dem Weg zur Toilette oder beim Öffnen der Hose Urin ab?
- Kennen Sie alle öffentlichen Toiletten in Ihrem Umfeld?
- Bleiben Sie aufgrund der Problematik zu Hause?
- Wie häufig müssen Sie nachts aufstehen?
- Tragen Sie ständig Vorlagen?
Dranginkontinenz
Ursache:
Vermehrte Reizanflutung, Alterungsprozess,
Diffenzialdiagnosen: Tumoren, Blasenkonkremente, Multiple Sklerose
Untersuchung:
Sonographie:
Deszensus? Restharn? Wanddicke der Harnblase?
Zystoskopie:
Tumor? Stein? Trabekel?
Urodynamik:
1. HD? Autonome Detrusorkontraktion? Leak?
Belastungsinkontinenz DD Dranginkontinenz
Wichtig ist die exakte Unterscheidung:
Wann und wie genau geht Urin ab?
Ist die Urethra hypermobil oder hypoton? Besteht Drang?
→ Therapie ist grundsätzlich verschieden.
→ Erfolg der Therapie ist existentiell von der sorgfältigen
Diagnostik abhängig.
Aber: häufig liegen Mischformen vor!
Weitere Diffentialdiagnosen des Urinverlustes
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Nykturie
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Überlaufblase
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Fisteln
Nykturie
= nächtlicher Harndrang von mehr als 3 x
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1-2 x Nykturie muss im höheren Alter als normal angesehen werden
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Ursachen:
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Erhöhte Detrusoraktivität
–
Verminderte Blasenkapazität
–
Inadäquate ADH-Sekretion
Auswirkung:
–
Schlafmangel → Müdigkeit, Gereiztheit, Konzentrations- und
Leistungsschwäche am Tag, erhöhte Unfallgefahr nachts
Überlaufblase
Maximale Blasenfüllung → jede Zunahme der Harnmenge zur Freisetzung
kleiner Urinmengen in die Harnröhre führt. Der Blasendruck übersteigt den
Druck des Harnröhrenverschlusses, ohne dass die Blase sich kontrahiert.
Ursachen:
Medikamente, mechanische Einengung/Verschluss der
Harnröhre, z.B. postoperativ, neurologische Problematik
(Polyneuropathie z.B. D.m., Querschnitt)
Folgen:
akut
chronisch
Therapie:
Ableitung über Katheter, Ursachenbeseitigung, tonisierende
Medikamente, Blasentraining, Selbstkatheterismus
→ Schmerzen, nachfolgend atone Blase
→ HWI, Rückstau in Ureteren und Nieren, irreversible
Lähmung
Überlaufblase
Cave: bei ständigem Urinverlust an Überlaufblase denken!
Bei alten Patientinnen kann eine Überlaufblase auch
bei kleineren Restharnmengen vorliegen.
Kein suburethrales Bändchen legen!
Fisteln
Urethrovaginale Fistel oder vesicovaginale Fistel
Fisteln
→ unwillkürlicher Austritt von Urin, als Harninkontinenz fehlinterpretiert!
Ursache:
schwere, lange Geburten (Austreibung >3 Std), Trauma,
Operationen, Radiatio,
Diagnostik: Fistelgang häufig schwer darstellbar (Blaulösung und Tupfer),
Zystoskopie, bildgebende Verfahren mit KM
Folgen:
ständiger Urinverlust, hohe psychische Belastung
Therapie:
früh: einfacher chirurgischer Verschluss
später: Fistulektomie bei Epithelialisierung des Fistelganges
mit aufwändiger Verschiebelappen-Plastik
Deszensus genitalis
Deszensus genitalis
Senkung und Prolaps der 3 Kompartimente:
1) vorderes:
Zystozele
2) hinteres:
Rektozele
3) mittleres: Deszensus uteri
(apex vaginae)
und Enterozele
Vorderes Kompartiment: Zystozele
Zystozele = Deszensus oder Prolaps der vorderen Vaginalwand mit
Harnblase.
Zystozele
Es kommt es auf Unterscheidung zwischen zentralem und lateralen
Defekt an!
→ die Therapie hat einen grundsätzlich unterschiedlichen Ansatz.
Daher:
Sorgfältige Untersuchung und exakte Diagnosestellung!
Zystozele mit zentralem Defekt
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Herniation der Blase zwischen auseinander gewichenen
Bäuchen des M. Levator ani durch den Hiatus genitalis bei
Defekt der Fascia vesicalis und folgender Überdehnung der
subvesikalen Vaginalwand.
Laterale Aufhängung ist intakt.
Zystozele mit zentralem Defekt
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Glatte, sehr dünnwandige Vaginalhaut,
fast spiegelnd
Quere Rugae vaginalis verstrichen
Laterale Sulci erhalten, gut sicht- und
tastbar!
Zystozele mit lateralem Defekt
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Vaginalhaut kräftig, fast schwartig
Quere Rugae vaginalis sichtbar
erhalten, auch beim Pressversuch.
Laterale Sulci einseitig oder bds
verstrichen bei Defekt oder Abriss
des ATFP.
Zystozele mit lateralem Defekt
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Vaginalhaut kräftig, fast schwartig
Quere Rugae vaginalis sichtbar
erhalten, auch beim Pressversuch.
Laterale Sulci einseitig oder bds
verstrichen bei Defekt oder Abriss des
ATFP.
Zystozele mit lateralem Defekt
Symptome und Folgen der Zystozelen:
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Drangsymptomatik
Blasenentleerungsstörungen mit Restharn/ HWI
Quetschhahn-Fenomen)
Fremdkörpergefühl
Hinteres Kompartiment: Rektozele
Überdehnung der hinteren Vaginalwand
Rektozele
Symptomatik: komplexe Defäkationsstörungen:
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Darmentleerungsstörung
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Häufiger Stuhlgang und -drang
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Fremdkörpergefühl
Zentrales Kompartiment:
Deszensus uteri und Enterozele
Defekt des zentralen Bandapparates:
- Lig. Sakrouterinum
- Parametranen Bandstrukturen
Hier mit Enterozele:
Herniation des Douglas'schen
Raumes bei Defekt der
endopelvinen Faszie
Grad-/Stadieneinteilung nach Ausmaß der Senkung
1° → bis Vaginalmitte
2° → bis an den Introitus
3° → bis über den Introitus hinaus (Subtotalprolaps)
4° → vollständige Evertierung der Vagina (Totalprolaps)
Zentrales Kompartiment: Vaginalstumpfprolaps
und Post-Hysterektomie-Enterozele
Vaginalstumpfprolaps
Enterozele als Narbenhernie im
Z.n. Hysterektomie
Zentrales Kompartiment:
Deszensus uteri / Apex vaginae und Enterozele
Diffentialdiagnose:
Abgrenzung zur Rektozele ist wichtig, denn es unterscheidet
sich die Therapie!
→ digital-rektale Untersuchung:
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sofortiges Hineinfallen in die Zele nach Passieren des
Sphinkters
→ Rektozele
Palpation der Zele deutlich kranialer unter simultaner
vaginaler Palpation → Enterozele
Zentrales Kompartiment:
Deszensus uteri / Apex vaginae und Enterozele
Symptomatik:
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Fremdkörper- und Verlustgefühl
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Rückenschmerzen
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Drangsymptomatik
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Miktions- und Defäkationsstörungen
Zentrales Kompartiment: Deszensus uteri /
Apex vaginae und Enterozele
Fallbeispiel
Totalprolaps 76 j. Pat.
Deszensus genitalis
Ursachen sind ebenso wie bei der Belastungsinkontinenz:
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viele oder schwere Geburten (Zange)
hoher abdominaler Druck (chron. Husten durch COPD,
Rauchen)
schwere körperliche Arbeit
'schwaches' Bindegewebe (Striae, Varizen,
Hiatushernien)
Zusammenfassung
Diagnosestellung der unterschiedlichen BB-Defekte durch genaue
Anamnese und Untersuchung:
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gezielte Fragestellung insbes. bzgl. Inkontinenz
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bei voller und leerer Blase
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im Liegen, ggf. im Stehen
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Untersuchung mit Specula und digital für die genaue Lokalisation
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in Ruhe, mit Pressversuch, Hustentest, unter Reposition
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Sonographie
Ausblick auf Aufbaukurs
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Therapie komplexer Deszensusfälle
Management von akuten und längerfristigen
Komplikationen von Deszensus- u.
Inkontinenzoperationen
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