Modellversuch zur Ruhespannung

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Computer Aided Science System (Cassy)
Computergestützte Messwerterfassung im modernen
Naturwissenschaftlichen Unterricht
RP Freiburg
Hausach
Kaufmännische Schulen
Name
Michael Brühmann, OStR
Dr. Wolfgang Scheibelein, StD
Aktenzeichen
CASSY_16. Modellversuch zur Ruhespannung
Modellversuch zum Ruhepotenzial (Ansorge: Unt.Biol.,267,2001,53)
Die Fähigkeit von Nervenzellen zur Signalleitung beruht auf schnellen Änderungen der elektrischen
Potentialdifferenzen an der Zellmembran. Theoretische Überlegungen zum Membranpotenzial (z.B.
Kandel/Schwartz/Jessel 1996, S.140ff) bilden die Grundlage für das Verständnis neurobiologischer
Prozesse. Sie gehören zu den Standardthemen des Biologieunterrichts der Sek.II.
Herkömmliche Modellversuche zur Messung von Membranpotentialen nutzen in der Regel
Osmosegefäße bzw. Ussing-Kammern mit kationendurchlässigen Membranen. Als Ionen-Lösung werden Kaliumchloridlösungen unterschiedlicher Konzentrationen empfohlen (vergl. Greber E./Greber. W:
- UB 89, S.32). Bei der Übertragung der Experimente
auf die Ionendiffusionen an Nervenzellmembranen
werden die Chlorid-Ionen als nichtpermeabel betrachtet. Dieser Sachverhalt deckt sich nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten an Nervenmembranen.
Intrazellulär finden sich dort nämlich organische Anionen als nicht-permeable Ionen. Chlorid-Ionen gibt es
natürlich auch. Sie befinden sich jedoch vorwiegend
im Extrazellulärraum und können sehr wohl durch die
Nervenmembranen diffundieren.
Ergebnis einer chemischen Analyse
Das Ruhepotential des Neurons:
Alle echten vielzelligen Tiere besitzen mit dem Nervensystem ein besonders Organsystem, das für die
Informationsaufnahme, - leitung und -verarbeitung zuständig ist. Die Bausteine des NS sind die einzelnen Nervenzellen, die Neuronen. Ein Neuron besteht grundsätzlich aus dem kernhaltigen Zellkörper
und seinen Fortsätzen. Häufig ist einer dieser Fortsätze besonders lang und verbindet das Neuron mit
anderen Zellen; dieser Fortsatz wird als Axon bezeichnet. Die anderen Fortsätze, die sogenannten
Dendriten, sind. i.a. kürzer und stark verzweigt. Sticht man mit einer Elektrode in ein Axon (Kompartiment 1) und lässt eine Bezugselektrode im extrazellulären Raum (Kompartiment 2), so wird eine Potentialdifferenz gemessen. Die Werte schwanken zwischen 30 und 100 Millivolt. Diese Potentialdifferenz ist das Membranruhepotenzial oder auch Ruhepotenzial. Da das Zellinnere gegenüber dem Außenmedium negativ geladen ist, wird das Ruhepotential (RP) mit negativen Vorzeichen angegeben.
Wie ist die Entstehung des RP zu erklären?
Diese Frage soll am Beispiel des Tintenfischaxons (0,5 mm dick) thematisiert werden. Auf beiden Seiten der Axonmembran liegt eine ungleiche Ionenverteilung vor. Während im Zellinnern Kalium-Ionen
(K+-Ionen) und Protein-Anionen (Oxalat-Anionen) überwiegen herrschen im extrazellulären Raum Natrium-Ionen (Na+) und Chlorid-Anionen (Cl-) vor, wodurch ein Ruhepotential von rund – 60 mV bewirkt
wird (Intra- und extrazelluläre Ionenverteilung siehe nachstehende Tabelle. Für die Aufrechterhaltung
der ungleichen Ionenverteilung ist es nun bedeutsam, dass die Axonmembran für die verschiedenen
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Ionenarten unterschiedlich permeabel ist. So ist sie für die Kaliumionen und Chloridionen relativ gut
permeabel.
Ion
Innen
mmol/l
Außen
mmol/l
Verhältnis
innen/außen
Permeabilitäts koefizienten
400
20
20:1
1
Na
+
50
440
1:9
0,04
-
52
560
1:11
0,45
-
385
-
-
0
K
+
Cl
A
(Protein)
Material:
Der hier vorgestellte Alternativversuch lässt sich sowohl mit Low-Cost-Mitteln,
aber auch mit der Gönnerkammer (Gerät zum Modellversuch-Ruhespannung;
Hedinger-Best.Nr. 1882, mit Kationenpermeabler Membran der Firma Serva,PF
105260 – Typ Nepton Cation 61 AZL 183 - Hedinger: Best..Nr. 1882 C, jedoch
ohne die chlorierten Silberelektroden, destilliertem Wasser; Kaliumchloridlösung;
10ml Einmalspritze mit Kanüle) mit PC-gestützter Messwerterfassung (PC; Pocket-Cassy,
Leybold-Messwerterfassung
„Cassy
Lab“,
LeyboldSpannung/Stromstärkebox; USB-Kabel, 2 Experimentierkabel (0,5m); Stativmaterial) durchführen.
Durchführung:
1. Zwischen die flanschbaren Hälften der Ussing- bzw. Gönnerkammer spannt man Einmachzellophan als kationenpermeable Membran ein. In das linke Kompartiment (linke Kammer) bzw. in den Innenraum des Osmometers füllt man 2,5%ige (0,15 molare)
Kaliumoxalatlösung. Zur Untersuchung der Konzentrationsabhängigkeit nach Nernst verwendet man eine 0,25 %ige bzw. eine
25%ige (0,01 molar bzw. 1,0 molar) K2C4H4 06 – Lösung
(Innenmilieu der Zelle)
2. Eine Kristallisierschale bzw. ein großes Becherglas wird mit Wasser (Aqua demin.) gefüllt
(Außenmilieu der Zelle)
3. Statt der schwer zu lagernden und mit Zeitaufwand verbundenen Herstellung von Ag/AgCl Elektroden verwendet man Cu-Elektroden von ca. 0,5 cm Durchmesser als Versuchsvereinfachung.
4. Die Elektroden werden über ein Pocket-Cassy mit U/I-Box und einem USB-Kabel mit dem PC
verbunden. Zuvor wird das „Cassy Lab“ aufgerufen. Cassy-Lab erkennt automatisch die angeschlossene Messbox. Ein Klick auf das Symbol der Messbox öffnet das Programm zur Spannungsmessung. Dort kann der Messbereich (-0,3V - +0,3V) oder einen höheren Messbereich
einstellen. Ein auftretendes Polarisationspotential der Elektroden wird korrigiert. (Ggf. dieses
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Fenster durch einen Rechtsklick auf das Anzeigefenster(analog/digitale Anzeige) öffnen) Auf
dem Bildschirm kann nun eine analoge und/oder digitale bildschirmgroße Anzeige eingestellt
werden.
5. In das linke Kompartiment (linke Kammer) bzw. in den Innenraum des Osmometers füllt man
100 ml 2,5%ige (0,1 molare) Kaliumtartratlösung K2(C4H406)2-.Zur Untersuchung der Konzentrationsabhängigkeit nach Nernst verwendet man eine 0,25%ige bzw. eine 25%ige (0,01 molar
bzw. 1,0 molar) Kaliumtartrat-Lösung. Auf die Kaliumoxalatlösung wurde bewusst verzichtet und
Kaliumtartrat eingesetzt, da die Tartrate, vor allem das Kaliumtartrat fächerübergreifend einen
größeren Lehrplanbezug haben. Das K2C2O4 wird ebenfalls bereitgestellt.
Beobachtung:
Bei Zugabe der Tartratlösung stellt sich eine Spannung von ca. -100
mV ein. (Low-Cost-Gerät und Gönnerapparatur). Selbst nach zwei
Stunden beträgt die Spannung noch 99,5 mV, was als hervorragendes Ergebnis gedeutet werden kann.
Auswertung:
Versuch 1: Kompartiment 1 ist mit einer Kaliumoxalat(tartrat)-Lösung gefüllt. In Kompartiment 2 befindet sich Wasser. Zum Zeitpunkt t = 0 min wird ohne eine mechanische Verwirbelung zu
erzeugen die Trennwand vorsichtig herausgezogen.
Aufgabe:
Zeichnen Sie in Abbildung 2 den Zustand in der gesamten Kammer für den Zeitpunkt t= 20 h ein.
Abbildung 1:
Abbildung 2:
Beschreibung :
Versuch 2: Hier liegt eine ähnliche Ausgangssituation wie in Versuch 1 vor. Die Trennwand wurde
durch eine semipermeable Membran (Einmachcellophan) ersetzt, die nur für K+-Ionen
durchlässig ist. Ferner werden die beiden Kammern über zwei Elektroden und einen
Spannungsmesser leitend miteinander verbunden. Kompartiment 1 wird zum Zeitpunkt
t=0 min mit einer Kaliumoxalat-Lösung gefüllt; in Kammer 2 befindet sich Wasser.
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Aufgabe:
Skizzieren Sie in Abbildung 4 die Situation nach t =10 min, die sich Ihrer Meinung nach
einstellt. Begründen Sie Ihre Skizze!
Abbildung 3:
Abbildung 4:
Beschreibung :
Lösungen:
Versuch 1:
Beschreibung/Ergebnis:
K+-Ionen und Oxalat (Tartrat)-Ionen diffundieren aus der Kammer mit hoher Konzentration in diejenige
mit geringerer Konzentration bis ein Konzentrationsausgleich erreicht ist. Es ist keine Spannung zu
messen (noch auslassen – nach V 2 eintragen)
Versuch 2:
Beschreibung/Ergebnis:
Es diffundieren einige K+-Ionen über die Membran in das zweite Kompartiment. Oxalat (Tartrat)-Ionen
bleiben zurück. So kommt es zu einer Ladungstrennung, bei der das Kompartiment 2 positiv, das
Kompartiment 1 negativ aufgeladen ist. Dies ist als Spannung zwischen den beiden Kammern messbar. Gleichzeitig baut sich ein elektrisches Feld auf, dessen Feldkraft die heraus diffundierten K+-Ionen
wieder zurückzieht. Es stellt sich ein dynamisches Gleichgewicht der Bewegung der K+-Ionen ein.
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© M.Bruehmann&Dr.W.Scheibelein 2009, verändert nach K.Ansorge, UB 267, 2001,53
Lit.: Bayrhuber,H./Prechtl.H. (Hrsg.): Neurobiologie UB233, Seelze 1998
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Messwerte vom 7.12.2009 (Lowcost, als auch Ussing-Apparatur) :
Nach Zugabe einer „Spatelspitze“ Kaliumtartrat (alternativ Oxalatlösung) sinkt die Spannung auf ca. –
100 mV. Dieser Messwert ergibt sich sowohl mit der Lowcost-Apparatur (Blumentopf als „semipermeable Membran“, als auch mit Cellophan. Die kationenpermeable Membran und empfindliche Ag/AgCl –
Elektroden sind nicht nötig, wodurch diese Variante des Modellversuchs zur Ruhespannung als Schülerexperiment hervorragend geeignet scheint.
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