Etablierung eines SCID-Maus-Tumor-Xenograft

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Aus dem Anatomischen Institut
der Tierärztlichen Hochschule Hannover
und
der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie
der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Etablierung eines SCID-Maus-Tumor-Xenograft-Modells zur
Analyse einzelner disseminierter Tumorzellen
unter Verwendung der humanen Ösophaguskarzinom-Zelllinie
PT1590
INAUGURAL - DISSERTATION
zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin
(Dr. med. vet.)
durch die Tierärztliche Hochschule Hannover
Vorgelegt von
Julia Rose
aus Hamburg
Hannover 2005
Wissenschaftliche Betreuung:
Univ.-Prof. Dr. W. Meyer
Anatomisches Institut
Abteilung Histologie und Embryologie
Tierärztliche Hochschule Hannover
Univ.-Prof. Dr. S. B. Hosch
Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. W. Meyer
2. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. M. Hewicker-Trautwein
Tag der mündlichen Prüfung: 24.11.2005
Meinen Eltern
Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung
13
2.
Schrifttum
17
2.1.
Das Ösophaguskarzinom
17
2.1.1.
Klassifikation des Ösophaguskarzinoms
17
2.1.2.
Ätiologie und Prädisposition des Ösophaguskarzinoms
24
2.1.3.
Inzidenz und Epidemiologie des Ösophaguskarzinoms
27
2.1.4.
Lymphatische Metastasierung
28
2.1.4.1.
Anatomie des ösophagealen lymphatischen Systems
28
2.1.4.2.
Lymphatisches Metasierungsmuster beim Ösophaguskarzinom 30
2.1.4.3.
Hämatogene Metastasierung des Ösophaguskarzinoms
31
2.1.5.
Prognose und Therapie des Ösophaguskarzinoms
31
2.2.
Metastasierungsmodelle
34
2.2.1.
Das green-fluorescent-protein (GFP)
41
2.3.
Die Minimale Residuale Tumorerkrankung (MRD)
45
2.3.1.
Nachweis „okkult“ disseminierter Tumorzellen im Knochenmark 47
2.3.2.
Nachweis „okkult“ disseminierter Tumorzellen in Lymphknoten
50
3.
MATERIAL UND METHODEN
52
3.1.
Die Zellinie PT1590
52
3.1.1.
Zellkultur
52
Inhaltsverzeichnis
3.2.
Transfektion von PT1590
54
3.2.1.
Nukleinsäurearbeiten
56
3.2.1.1.
Enzymatische Verdauung der DNA mit Restriktionsendonukleasen
57
3.2.1.2.
Elektrophoretische Auftrennung von DNA-Fragmenten
58
3.2.1.3.
Isolierung von DNA aus Agarose
58
3.2.1.4.
Ligation
59
3.2.1.5.
Konzentrationsbestimmungen von DNA in Lösung
59
3.2.2.
Bakterienarbeiten
60
3.2.2.1.
Transformation kompetenter Bakterien
61
3.2.2.2.
Plasmidpräparation im kleinen Maßstab (sog. Minipräparation) 62
3.2.2.3.
Plasmidpräparation im großen Maßstab (sog. Maxipräparation) 62
3.2.2.4.
Bakterien-Glycerin-Stocks
63
3.2.3.
Transfektion von PT1590 durch Elektroporation
63
3.2.3.1.
Restriktion von pIRESpuro2 und pEGFP-N1
64
3.2.3.2.
Ligation von EGFP und pIRESpuro2
67
3.2.3.3.
Bakterien-Transformation und Identifikation
68
von positiven Klonen
3.2.3.4.
Gewinnung von Plasmid-DNA für die Elektroporation
70
3.2.3.5.
Transfektion durch Elektroporation
71
3.2.3.6.
Selektion der transfizierten PT1590-Zellen
72
3.2.4.
Transfektion von PT1590 mittels FuGENE 6
73
3.3.
Tierversuche
76
3.3.1.
Versuchstiere
76
3.3.1.1.
Versuchstierhaltung
76
3.3.2.
Tierversuchsdurchführung
77
3.3.2.1.
Vorbereitung der transfizierten PT1590-Zellen für die
Xenotransplantation in SCID-Mäuse
3.3.2.2.
77
Xenotransplantation der PT1590-EGFP-Subklone in SCIDMäusen
78
Inhaltsverzeichnis
3.3.2.3.
Tötung und Sektion der Versuchstiere
3.3.2.4.
Aufbereitung der entnommenen Mausorgane und Organ-
79
tumoren
80
Detektion von disseminierten Tumorzellen in Sekundärorganen der SCID-Mäuse
82
Verwendete Chemikalien, Lösungen und Materialien für
Zellkultur und Tierversuch
82
3.5.
Statistik
83
4.
Ergebnisse
84
4.1.
Generierung von stabilen Transfektanten
84
4.2.
Prüfung der Tumorigenität der EGFP-transfizierten
3.3.2.5.
3.4.
PT1590-Subklone in der SCID-Maus
4.3.
Etablierung des SCID-Maus-Xenograft-Modells mittels
des Subklons PT1590-EGFP-H/4
4.3.1.
87
Untersuchung der lokalen Tumoren mittels Fluoreszenzmikroskopie
4.3.3.
86
Tumorentwicklung nach s.c. Applikation von
PT1590-EGFP-H/4-Zellen in SCID-Mäuse
4.3.2.
85
92
Untersuchung der Sekundärorgane auf disseminierte Tumorzellen mittels Fluoreszenzmikroskopie
93
5.
Diskussion
95
6.
Zusammenfassung
105
7.
Summary
107
8.
Schrifttumsverzeichnis
109
Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen
Abb.
Abbildung
Abk.
Abkürzungen
abs.
absolut
ATP
Adenosin-Triphosphat
Aqua bidest.
bidestilliertes Wasser
Aqua dest.
destilliertes Wasser
bp
Basenpaare
bzw.
beziehungsweise
°C
Grad Celsius
Ca
Karzinom
CaCl2
Kalziumchlorid
cDNA
complementary Desoxy Ribonucleic Acid
CGH
comparative genomic hybridisation
CO2
Kohlendioxid
cm
Zentimeter
cm2
Quadratzentimeter
ddH20
bidestilliertes Wasser
d.h.
das heißt
DNA
Desoxy Ribonucleic Acid
ECM
Extrazellularmatrix
EDTA
Ethylendiamintetraacetat
EGFP
enhanced-green-fluorescent-protein
FCS
Fetales Kälberserum
FISH
Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
g
Gramm
GFP
green-fluorescent-protein
Gy
Gray
HCl
Chlorwasserstoff
H3PO4
Phosphorsäure
IVM
Intravitale Mikroskopie
IVVM
Intravitale Video Mikroskopie
kb
Kilobasen
KCl
Kaliumchlorid
kDa
Kilodalton
K2HPO4
Kaliumhydrogenphosphat
LF
Luciferin
mg
Milligramm
ml
Milliliter
mm3
Kubikmillimeter
mM
Millimolar
MM
Mikro-Metastasen
mm
Millimeter
MRD
Minimal residuale Tumorerkrankung
ITC
isolierte Tumorzellen
mRNA
Messenger Ribonucleic Acid
MgCl2
Magnesiumchlorid
µF
(Mikro-)Farad
µg
Mikrogramm
µM
Mikromolar
µl
Mikroliter
µmol
Mikromol
n
Anzahl der Probanden
n.u.
nicht untersucht
nm
Nanometer
NaCl
Natriumchlorid
NaOH
Natronlauge
RT-PCR
reverse transcriptase polymerase
chain reaction
SDS
Natriumdodecylsulfat
O2
Sauerstoff
s.c.
subkutan
sog.
sogenannt
SCID
severe combined immunodeficency
Stdabw.
Standardabweichung
Tab.
Tabelle
Upm
Units per minute
UICC
Unio Internationalis Contra Cancrum
u.a.
Unter Anderem
u.U.
Unter Umständen
UV
Ultraviolett
PBS
Phosphatgepufferte Kochsalzlösung
PCR
polymerase chain reaction
pH
potentia Hydrogenii
PDT
Photodynamische Therapie
V
Volt
v/v
Volumenprozent
w/v
Massenprozent
WHO
Weltgesundheitsorganisation
z.B.
Zum Beispiel
~
ungefähr
#
Nummer
<
kleiner als
≥
größer gleich
>
größer als
Ø
Durchmesser
%
Prozent
Weitere in der Arbeit verwendete Abkürzungen finden sich in den Legenden zu
den Abbildungen und Tabellen.
Einleitung
1.
Einleitung
Trotz verbesserter operativer Techniken, Fortschritten in der Frühdiagnostik und
Anwendung multimodaler Therapiestrategien, konnte die Prognose von Patienten
mit einigen operablen Karzinomerkrankungen in den letzten Jahrzehnten nur
unwesentlich verbessert werden. So liegen beispielsweise beim ÖsophagusKarzinom die postoperativen 5-Jahres-Überlebensraten nahezu unverändert
zwischen 20% und 36% (EARLAM 1988; LERUT et al. 1992; SIEWERT et al. 1992;
WATANABE 1992; GOLDMINC et al. 1993; REED 1999; HEADRICK et al. 2002). Da das
lokale Tumorgeschehen bei Patienten mit operablen Tumorstadien meist
chirurgisch gut unter Kontrolle gebracht werden kann, wird die Gesamtprognose
von Krebspatienten, welche einer kurativ intendierten chirurgischen Therapie
zugeführt werden konnten, meist durch eine zum Operationszeitpunkt bereits
stattgehabte systemische Tumorzellaussaat
bestimmt,
welche
jedoch
mit
derzeitigen prä- und postoperativen Stagingmodalitäten nicht verifiziert werden
kann. Diese okkulte Tumorzellaussaat kann aber mit neuen sensitiven immunzytooder histochemischen bzw. molekularbiologischen Techniken aufgespürt werden.
Als Indikatororgane zur Detektion dieser okkult disseminierten Tumorzellen haben
sich hierbei insbesondere die Lymphknoten und das Knochenmark bewährt.
Darüber hinaus konnte die klinische Relevanz einer okkulten Tumorzelldissemination in Lymphknoten und Knochenmark in einer Vielzahl von Studien
belegt werden, wobei Patienten mit okkult disseminierten Tumorzellen in
Lymphknoten oder Knochenmark signifikant früher und häufiger Tumorrezidive
entwickelten bzw. signifikant früher und häufiger tumorbedingt verstarben als
Patienten ohne diese Zellen (TROJANI et al. 1987; SCHLIMOK et al. 1990; LINDEMANN
et al. 1992; JAUCH et al. 1996; THORBAN et al. 1996A; THORBAN et al. 1996B;
HOSCH et al. 1997B; IZBICKI et al. 1997; CALALUCE et al. 1998; LIEFERS et al. 1998;
PASSLICK et al. 1999; RODER et al. 1999; WEITZ et al. 1999; HOSCH et al. 2000;
JANNI et al. 2000; LEINUNG et al. 2000; BONAVINA et al. 2001; HOSCH et al. 2002).
13
Einleitung
Trotz dieser Ergebnisse wird aber weiterhin sehr kontrovers über die biologische
Relevanz dieser immunzyto- und immunhistochemisch bzw. molekularbiologisch
detektierten „Tumorzellen“ diskutiert, da diesen Zellen häufig tumortypische zytomorphologische Charakteristika fehlen (HERMANEK 1994; HERMANEK et al. 1999).
Weiterführende Analysen an diesen Zellen sind zwar prinzipiell möglich, gestalten
sich jedoch aufgrund der extrem niedrigen Zellfrequenz äußerst schwierig. So
werden im Knochenmark etwa eine Zelle pro 105-106 normaler mononukleärer
Knochenmarkszellen bzw. in pathohistologisch „unauffälligen“ Lymphknoten etwa
eine Zelle pro 104-105 normaler Lymphknotenzellen gefunden (PANTEL et al. 1992).
Bei der weiterführenden Analyse dieser Einzelzellen kommen verschiedene
Techniken zum Einsatz. Hierzu gehören beispielsweise immunzytochemische
Doppelfärbetechniken (PANTEL et al. 1993A), die in vitro-Expansion (PANTEL et al.
1995; SCHEUNEMANN et al. 1999), die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH)
(MÜLLER et al. 1996) und seit Neuestem auch die komparative genomische
Hybridisierung auf Einzelzellniveau (Einzelzell-CGH; SCOMP) (KLEIN et al. 2002).
Insgesamt konnten durch diese Analysen erste Hinweise erbracht werden, dass
es sich bei einem Grossteil dieser immunzyto- bzw. histochemisch detektierbaren
Einzelzellen wahrscheinlich tatsächlich um Tumorzellen handelt (SCHEUNEMANN
1999; HOSCH et al. 2003; SCHMIDT-KITTLER et al. 2003).
Da maligne Tumoren während ihrer Progression in einem komplexen, mehrstufigen Prozess letztendlich die Fähigkeit zur Metastasierung erwerben und
Tumormetastasen während ihrer Proliferation in den Sekundärorganen wiederum
immer neue Zellvarianten ausbilden, scheinen diese okkult disseminierten
Tumorzellen als Frühformen der zur Dissemination und Metastasierung befähigten
Krebszelle besonders geeignete Ziele darzustellen, um die molekularen
Grundlagen von Metastasierungsvorgängen weiter aufzuklären. Da die derzeit zur
Verfügung stehenden Einzelzell-Analysetechniken aber aufgrund der äußerst
geringen Ausgangsmengen an Zellen nach wie vor äußerst anspruchsvoll und
zeitaufwendig sind, stellt hier die Etablierung geeigneter Modellsysteme weiterhin
einen legitimen Ansatz dar.
14
Einleitung
Die hier vorliegende Arbeit beschreibt die Etablierung eines SCID-Maus-TumorXenograft-Modells zur Analyse einzelner, disseminierter Tumorzellen unter
Einsatz der erst kürzlich etablierten humanen Ösophagus-Adenokarzinom-Zelllinie
PT1590 (SCHEUNEMANN et al. 1999; HOSCH et al. 2000). Diese Zelllinie hatte sich in
Vorversuchen nach subkutaner Xenotransplantation in SCID-Mäuse als tumorigen
und metastatisch erwiesen (SCHEUNEMANN et al. 1999).
Der Nachweis der Metastasierungsfähigkeit der Zellinie PT1590 nach subkutaner
Applikation in SCID-Mäuse war hierbei sowohl indirekt durch die erneute
Inkulturnahme von Maus-Sekundärorganen (Lunge, Knochenmark, Leber) als
auch direkt durch histopathologische Untersuchungen an den Lungen der Mäuse
erbracht worden (SCHEUNEMANN et al. 1999; HOSCH et al. 2000), wobei sich
disseminierte bzw. metastasierte PT1590-Zellen bei etwa 10% der untersuchten
SCID-Mäuse nachweisen ließen.
Da sich eine direkte immunzytochemische Detektion disseminierter Tumorzellen in
Maus-Sekundärorganen als Voraussetzung für weiterführende Analysen an diesen
Zellen in Vorversuchen aufgrund unspezifischer Kreuzreaktionen als nicht
geeignet erwies, wurden PT1590-Zellen zur besseren Detektion bzw. zur Durchführung weiterführender Analysen in mehreren Ansätzen mit dem Markergen für
das green-fluorescent-protein (GFP) transfiziert. Dieses aus der Hydromeduse
Aequoria victoria isolierte Gen, kodiert für ein aus 238 Aminosäuren bestehendes
Protein, welches mit UV-Licht im Wellenlängenbereich von 395 bis 470 nm
angeregt, grün fluoresziert.
In der vorliegenden Arbeit wurde die Codon-optimierte Variante, das sogenannte
enhanced-green-fluorescent-protein (EGFP), gewählt. Dieses erreicht gegenüber
dem Wildtyp eine 5-10fach stärkere Expression. Bei der Transfektion von PT1590
wurde auch darüber hinaus die Wirksamkeit der Elektroporation und der
Lipofektionsmethode verglichen.
15
Einleitung
Die Tumorigenität der EGFP-transfizierten PT1590-Zellen wurde in einem
Vorversuch durch Implantation der Tumorzellen in die SCID-Maus überprüft. Der
anschließende
Tierversuch
diente
der
sicheren
Detektionsmöglichkeit
disseminierter PT1590-Zellen in den Sekundärorganen der Maus (Lunge, Milz,
Niere, Leber, Knochenmark).
Die erfolgreiche Etablierung eines validen und verlässlichen Kleintier-XenograftModells zur weiterführenden Analyse einzelner humaner, disseminierter Tumorzellen, kann letztlich prinzipiell für die Untersuchung der molekularen Grundlagen
und Mechanismen von Metastasierungsvorgängen genutzt werden.
16
Schrifttum
2.
Schrifttum
2.1.
Das Ösophaguskarzinom
In den westlichen Ländern, einschließlich Deutschland, ist die Mehrzahl der
Krebsneuerkrankungen und krebsbezogenen Todesfälle durch maligne epitheliale
Tumoren bedingt. Unter diesen Tumorentitäten stellt das Ösophaguskarzinom
einen besonders aggressiven Tumortyp dar, welcher sich durch eine schlechte
Prognose auszeichnet (LERUT et al. 1992; SIEWERT et al. 1992).
Charakteristisch für das Ösophaguskarzinom ist eine hinsichtlich der Inzidenz und
Geschlechterverteilung sehr ausgeprägte geographische Variabilität, welche durch
ein Zusammenwirken von regionalen, genetischen und soziokulturellen Faktoren
bedingt zu sein scheint (MÜHLHÖFER und ZOLLER 2002).
So besteht in den westlichen industrialisierten Ländern beim Ösophaguskarzinom
beispielsweise eine eindeutige Präferenz für das männliche Geschlecht mit einer
vom histologischen Typ unabhängigen Ratio von 8:1 bis 4:1. In den
Hochinzidenzgebieten wie dem Iran oder China besteht dagegen eine relativ
ausgeglichene Geschlechterverteilung, was auf ein regionales kanzerogenes
Risikoprofil hindeutet, welches sich von den westlichen industrialisierten Ländern
unterscheidet (MÜHLHÖFER und ZOLLER 2002).
Ösophaguskarzinome entstehen vornehmlich im höheren Lebensalter, wobei der
Häufigkeitsgipfel in der siebenten Lebensdekade liegt. Manifestationen der
Erkrankung unterhalb des 40. Lebensjahrs stellen insgesamt eine Ausnahme dar.
2.1.1.
Klassifikation des Ösophaguskarzinoms
Eine standardisierte Klassifikation von malignen Tumoren ist für die Therapieplanung, die Prognoseabschätzung sowie als Grundlage für die Beurteilung des
Therapieerfolges generell unumgänglich.
Die Tumorklassifikation der Ösophaguskarzinome erfolgt dabei international
einheitlich nach den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
17
Schrifttum
(WATANABE et al. 1990) und der Unio Internationalis Contra Cancrum (UICC)
(UICC 1997, 1998, 2001, 2002).
Diese Einteilung berücksichtigt dabei folgende Kriterien:
1. Tumorlokalisation
2. Histomorphologie mit Tumortyp und Differenzierungsgrad
3. Anatomische Ausbreitung vor Therapie (TNM / pTNM)
4. Anatomische Ausbreitung nach Therapie (Residualtumor=R-Klassifikation)
Tumorlokalisation
Der Ösophagus wird nach den Richtlinien der UICC (1997, 2002) in einen
zervikalen und einen intrathorakalen Abschnitt unterteilt, wobei sich der
intrathorakale Anteil der Speiseröhre wiederum in einen oberen, mittleren und
unteren Abschnitt einteilen lässt.
Der intraabdominelle Anteil des Ösophagus gehört bei dieser Klassifikation zum
unteren thorakalen Abschnitt. Die Grenze zwischen oberem und mittlerem
thorakalen Abschnitt bildet die Trachealbifurkation, während die Mitte zwischen
Trachealbifurkation und ösophagogastralem Übergang als Grenze zwischen
mittlerem und unterem Abschnitt definiert wird. Insgesamt sind etwa zwei Drittel
aller Ösophaguskarzinome im unteren Ösophagusdrittel lokalisiert; etwa 25% der
Karzinome befinden sich im mittleren und weniger als 10% im oberen
Ösophagusdrittel (EARLAM 1988). Während Adenokarzinome ganz überwiegend im
unteren Ösophagusdrittel lokalisiert sind, werden Plattenepithelkarzinome jeweils
in den Bereichen der physiologischen Ösophagusengen zu 45% bzw. 40% im
mittleren bzw. unteren Ösophagusdrittel und zu etwa 15% im oberen
Ösophagusdrittel gefunden (MAYER 1997).
18
Schrifttum
Histomorphologie
Die beiden histologischen Haupttypen des Ösophaguskarzinoms stellen das
Plattenepithelkarzinom und Adenokarzinom dar. Weniger als 10% der Fälle
maligner Speiseröhrentumoren werden durch Sonderformen wie Spindelzellkarzinome
(Karzinosarkome),
Basaloidzellkarzinome,
adenomatös-zystische,
mucoepidermoidale oder kleinzellige Karzinome sowie Lymphome repräsentiert
(MCKEOWN 1952; JERECZEK-FOSSA et al. 2000).
Hinsichtlich ihrer strukturellen und zellulären Ähnlichkeit mit dem Normalgewebe,
sowie der Kernanomalien und Mitoseaktivität erfolgt eine Einteilung der Plattenund Adenokarzinome in drei Differenzierungsstufen:
G1
Gut differenziert
G2
Mäßiggradig differenziert
G3
Schlecht differenziert
G4
(entdifferenziert)
Das kleinzellige und das undifferenzierte Ösophaguskarzinom werden aufgrund
ihres hohen Malignitätsgrades als G4 (entdifferenziert) beurteilt. Tumoren mit einer
G1- oder G2-Differenzierung weisen einen niedrigen, Karzinome mit einem G3oder G4-Differenzierung dagegen einen hohen Malignitätsgrad auf.
TNM / pTNM- und R-Klassifikation
Wie alle soliden epithelialen Tumoren werden auch die Ösophaguskarzinome
unabhängig von ihrem histologischen Typ nach dem TNM / pTNM-System der
UICC klassifiziert (1997, 1998).
In die TNM-Klassifikation gehen neben den Resultaten der prätherapeutisch
durchgeführten bildgebenden und endoskopischen Diagnostik (cTNM) auch die
postoperative pathohistologische Beurteilung (pTNM) ein.
19
Schrifttum
Primärtumor T / pT – Klassifikation:
Als Kriterium für die Einteilung der Primärtumorstadien (T / pT) gilt die Infiltrationstiefe in die Ösophagusschichten und in benachbartes Gewebe.
Hieraus ergeben sich folgende Kategorien:
T / pTX
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T / pT0
kein Anhalt für einen Primärtumor
T / pTis
Carcinoma in situ ohne Infiltration der Lamina propria
T / pT1a
Infiltration des Tumors in die Lamina muscularis mucosae
T / pT 1b
Infiltration des Tumors in die Submucosa
T/ pT 2
Infiltration des Tumors in die Tunica muscularis
T/ p T 3
Infiltration des Tumors in die Adventitia
T / p T4
Infiltration des Tumors von Nachbarstrukturen
Um eine Klassifikation der pT-Kategorie vornehmen zu können, sind folgende
Voraussetzungen erforderlich (UICC 1997, 2001, 2002):
pT 1-3
Die histopathologische Untersuchung des resezierten Primärtumors
ohne makroskopisch erkennbaren Tumor an den Resektionsrändern
ist Voraussetzung.
pT 4
Die Infiltration von Nachbarorganen muss histologisch bestätigt sein.
Regionäre Lymphknoten N / pN - Klassifikation:
Zur Beurteilung der lymphatischen Tumorzellstreuung werden die Lymphknoten
des
zervikalen
und
intrathorakalen
Ösophagusabschnittes
als
regionäre
Lymphknoten definiert.
Laut UICC sind für den zervikalen und den intrathorakalen Ösophagus verschiedene Lymphknoten als regionäre Lymphknoten definiert.
20
Schrifttum
Zu dem zervikalen Abschnitt werden ausschließlich die zervikalen Lymphknotengruppen (laterale zervikale, zervikale paraösophageale, tiefe zervikale,
retropharyngeale und supraklavikuläre Lymphknoten) als regionäre Lymphknoten
gezählt. Zu den regionären Lymphknoten des intrathorakalen Ösophagus zählen
die mediastinalen Lymphknoten (obere thorakale paraösophageale, thorakale
paratracheale, Lymphknoten an der Trachealbifurkation, mittlere thorakale
paraösophageale,
Lymphknoten
am
Lungenhilus,
untere
thorakale
para-
ösophageale, diaphragmale sowie hintere mediastinale Lymphknoten), sowie die
perigastrischen Lymphknoten (rechte kardiale, linke kardiale, Lymphknoten der
kleinen
Kurvatur,
Lymphknoten
der
großen
Kurvatur,
suprapylorische,
infrapylorische und Lymphknoten entlang der Arteria gastrica sinistra).
Treten Lymphknotenmetastasen am Truncus coeliacus auf, so werden diese als
Fernmetastasen gewertet.
Folgende Kategorien sind laut UICC vorgesehen:
N / pNX
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N / pN0
Es besteht kein Hinweis auf regionäre Lymphknotenmetastasen
N / pN1
Regionäre Lymphknotenmetastasen sind nachweisbar
Nach dem TNM-Supplement der UICC von 2001 sind fakultativ folgende
Erweiterungen vorgesehen:
N / pN1a
Es sind 1-3 regionäre Lymphknoten befallen
N / pN1b
Es sind 4-7 regionäre Lymphknoten befallen
N / pN1c
Es sind mehr als 7 regionäre Lymphknoten befallen
pN1 (mi)
Regionärer Lymphknotenbefall, bei welchem keine
Lymphknoten-
metastase größer als 2 mm ist (ausgeschlossen sind einzelne
Tumorzellen)
21
Schrifttum
Fernmetastasen M / pM – Klassifikation:
M / pMX
M / pM0
M / pM1
Fernmetastasen können nicht beurteilt werden
keine Fernmetastasen
Fernmetastasen
Für Tumoren des unteren thorakalen Ösophagus
M1a
M1b
Metastase(n) in zoeliakalen Lymphknoten
Andere Fernmetastasen
Für Tumoren des oberen thorakalen Ösophagus
M1a
M1b
Metastase(n) in zervikalen Lymphknoten
Andere Fernmetastasen
Für Tumoren des mittleren thorakalen Ösophagus
M1a
M1b
Nicht anwendbar
Nichtregionäre Lymphknoten oder andere Fernmetastasen
Eine Zusammenfassung der einzelnen TNM / pTNM-Kategorien ermöglicht die
einheitliche
Einteilung
der
Tumoren
in
Stadien,
die
das
Ausmaß
Tumorerkrankung darstellen sollen:
Tab. 1:
TNM-Kategorisierung
Stadium 0
Tis / pTis
N0 / pN0
M0 / pM0
Stadium I
T1 / pT1
N0 / pN0
M0 / pM0
Stadium IIA
T2 / pT2
N0 / pN0
M0 / pM0
T3 / pT3
N0 / pN0
M0 / pM0
T1 / pT1
N1 / pN1
M0 / pM0
T2 / pT2
N1 / pN1
M0 / pM0
T3 / pT3
N1 / pN1
M0 / pM0
T4 / pT4
jedes N / pN
M0 / pM0
Stadium IVA
jedes T / pT
jedes N / pN
M1a / pM1a
Stadium IVB
jedes T / pT
jedes N / pN
M1b / pM1b
Stadium IIB
Stadium III
22
der
Schrifttum
Zur Erfassung des Tumorstatus nach Therapie kommt die R-Klassifikation zur
Anwendung:
RX
Der Residualtumor kann nicht beurteilt werden
R0
Es findet sich kein Residualtumor
R1
Es findet sich mikroskopisch ein Residualtumor
R2
Es findet sich makroskopisch ein Residualtumor
23
Schrifttum
2.1.2.
Ätiologie und Prädisposition des Ösophaguskarzinoms
Hinsichtlich der Ätiologie des Ösophaguskarzinoms muss zwischen den beiden
histologischen Haupttypen, dem Plattenepithelkarzinom und dem Adenokarzinom,
unterschieden werden. Sie stellen in Bezug auf die ätiologischen Faktoren
unterschiedliche Entitäten dar.
Das Plattenepithelkarzinom nahm bis in die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts
mit 90% den größten Anteil unter den malignen Tumoren des Ösophagus ein. Zu
seinen ätiologischen Risikofaktoren gehören vor allem exogene Noxen, wie
Zigaretten- und Alkoholkonsum sowie in der Nahrung enthaltene Nitrosamine
(COIA et al. 1994; ZAMBON et al. 2000). Rauchen erhöht das Risiko an einem
Plattenepithelkarzinom zu erkranken um den Faktor 5 im Vergleich zur nichtrauchenden Bevölkerung. Nach GAMMON et al. (1997) zeigt sich hierbei eine
deutliche Dosisabhängigkeit, wobei starker Nikotinkonsum das Risiko an einem
Ösophaguskarzinom zu erkranken sogar um das 10fache erhöht.
Bezüglich des Alkoholkonsums als ätiologischer Risikofaktor konnte nachgewiesen werden, dass bereits die tägliche Aufnahme von 40-80g Alkohol das
Ösophaguskarzinom-Risiko um den Faktor 7 erhöht, eine Zufuhr von mehr als
120g pro Tag lässt das Risiko um das 50fache ansteigen. Nach SHOTTENFELD
(1984) bewirkt die Kombination von Alkohol- und Nikotinkonsum sogar eine
Risikoerhöhung um das 155fache.
Während in den Entwicklungsländern die mangelnde Versorgung mit Obst,
Gemüse und pflanzlichen Ballaststoffen einen unabhängigen Risikofaktor bei der
Entstehung eines Ösophaguskarzinom darstellt, liegt das Risiko in den westlichen
Ländern in einer Fehlernährung, wie sie z.B. bei einem Alkoholabusus auftritt. So
untersuchten beispielsweise FRANCESCHI et al. (2000) in einer Fall-Kontrollstudie
insgesamt 304 Plattenepithelkarzinompatienten. Hierbei wurden die Patienten zu
ihren Nahrungsgewohnheiten befragt, wobei sich eine deutliche Assoziation
zwischen einer mangelhaften Aufnahme der Vitamine C und E, Niacin, sowie
Carotin und dem Risiko an einem Plattenepithelkarzinom zu erkranken
nachweisen ließ. Zusätzlich zeigte sich, dass eine ausreichend hohe Aufnahme
24
Schrifttum
monoungesättigter Fettsäuren das Ösophaguskarzinomrisiko zu senken schien,
während es Retinol ansteigen ließ. Dieser prokanzerogene Effekt des Retinols
wird durch dessen erhöhte Toxizität bei gesteigerter Alkoholaufnahme erklärt.
Diese Ergebnisse konnten in einer schwedischen Studie (TERRY et al. 2000)
bestätigt werden. Auch hier ließ sich nachweisen, dass das Risiko ein
Plattenepithelkarzinom des Ösophagus zu entwickeln, durch die erhöhte Zufuhr
von Vitamin C, E und ß-Carotin um 50% verringert war.
Auch Eisenmangel, wie er in einer weiblichen schwedischen Population mit
Plummer-Vinson-Syndrom
vorkam,
ist
mit
einer
erhöhten
Inzidenz
von
Ösophaguskarzinomen assoziiert (LARSON et al. 1975).
Daneben wird besonders in den zentralasiatischen Regionen die Aufnahme von
polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, sowie nitrathaltiger Pflanzen
als Risikofaktor beschrieben (ROTH et al. 1998).
Als ein weiterer Risikofaktor für die Entwicklung von Ösophagus-Plattenepithelkarzinomen
werden
Laugeningestionsverätzungen
der
Speiseröhre
beschuldigt. So ist das geschätzte Ösophaguskarzinom-Risiko bei Patienten, die
eine Verätzung erlitten haben, etwa um das 1000fache erhöht. Mit einer Latenzzeit
von 40-50 Jahren entstehen in diesen ehemals geschädigten Bereichen gehäuft
Plattenepithelkarzinome (ISOLAURI et al. 1989).
Des weiteren ist die sehr seltene autosomal-dominant vererbte Tylosis, der ein
Gendefekt auf Chromosom 17q-23 zugrunde liegt, und bei welcher es u.a. zur
Entwicklung einer Papillomatose des Ösophagus kommt, mit einem deutlich
erhöhten Ösophagus-Plattenepithelkarzinom-Risiko assoziiert (RISK et al. 1994;
MONTESANO et al. 1996). Betroffene Merkmalsträger weisen ab dem 60.-65.
Lebensjahr ein kumulatives Risiko von 90-95% für die Entwicklung eines
Plattenepithelkarzinoms auf (MARGER und MARGER 1993; RIBEIRO et al. 1996).
Ob auch bestimmte Papillomavirus-Arten, welche in ösophagealen Plattenepithelkarzinomen nachgewiesen werden können, als ätiologischer Faktor eine
Rolle spielen ist aufgrund der uneinheitlichen Datenlage bislang unklar (IARC
1995; LAVERGNE und DE VILLIERS 1999).
25
Schrifttum
Als gesichert gilt hingegen, dass Erkrankungen, welche die Passage des
Speisebreis durch den Ösophagus verzögern, ebenfalls zu den prädisponierende
Faktoren für die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms gerechnet werden
müssen. Hierzu gehören u.a. die Achalasie, Ösophagusdivertikel (STREITZ et al.
1995) und das Plummer-Vinson-Syndrom. Bei Achalasie-Patienten wird das
Ösophaguskarzinom-Risiko im Vergleich zur Normalbevölkerung als 16fach erhöht
angegeben (SANDLER et al. 1995; PORSCHEN et al. 1995; ASGE 1998). Bei
Patienten mit Plummer-Vinson-Syndrom lassen sich in ca. 10% der Fälle
Karzinome in Ösophagus oder Pharynx finden (RIBEIRO et al. 1996). Als
Sonderform des Plummer-Vinson-Syndroms gilt die postkrikoidale siderpensische
Dysphagie. Bei dieser auch als Paterson-Kelly-Syndrom bezeichneten Erkrankung
ist das Karzinomrisiko deutlich erhöht (LARSSON et al. 1975). Hierbei kommt es
durch die Ausbildung von intraösophagealen Membranen zu Stenosierungen des
Ösophagus, von denen Plattenepithelkarzinome häufig ihren Ausgang nehmen.
Dem Adenokarzinom des Ösophagus liegen andere ätiologische Faktoren zu
Grunde. Als Hauptursache gilt hier ein durch langjährigen gastroösophagealem
Reflux bedingter chronischer Entzündungsprozess im Bereich der Speiseröhre
(WINTERS et al. 1987; COIA et al. 1994). Etwa 10% aller Patienten mit chronischem
gastroösophagealem Reflux entwickeln im Laufe ihrer Erkrankung einen sog.
Barrett-Ösophagus (LAGERGREN 1999; MORALES und SAMPLINER 1999). Hierbei
wird das normale Ösophagusplattenepithel im Bereich des distalen Ösophagus
durch ein Zylinderepithel mit schleimproduzierenden Zellen metaplastisch
umgebaut (HAGGITT 1994). Innerhalb dieser metaplastischen Bezirke können sich
Dysplasien entwickeln, welche ihrerseits neoplastisch transformieren können
(Metaplasie-Dysplasie-Karzinom-Sequenz) (MACDONALD und MACDONALD 1987;
FALK 1999). Der Barrett-Ösophagus muss somit als fakultative Präkanzerose
gewertet werden und ist insgesamt mit einem 30 bis 125fach erhöhtem
Adenokarzinom-Risiko assoziiert (CAMERON et al. 1990; LAMBERT 1999; MORALES
und SAMPLINER 1999). Betroffen sind hierbei insbesondere Patienten ab dem 50.
Lebensjahr.
26
Schrifttum
Des Weiteren werden bestimmte pharmazeutische Substanzen für die Entstehung
von Ösophagus-Adenokarzinomen verantwortlich gemacht.
So zeigte sich in einer Studie von LAGERGREN, dass die Inzidenz von ÖsophagusAdenokarzinomen bei Patienten mit langjähriger Einnahme von Nitroglycerinen,
Aminophyllinen oder ß-Rezeptor-Agonisten um den Faktor 2-4 höher lag als in der
medikamentennegativen Patientengruppe (LAGERGREN et al. 2000).
Auch bei Adipositas scheint das Risiko für Adenokarzinome des Ösophagus
erhöht zu sein. Eine Ursache hierfür könnte sein, dass übergewichtige Personen
vermehrt zur Refluxkrankheit neigen, sodass die Adipositas nur indirekt die
Entstehung von Ösophagusadenokarzinomen begünstigt (BLOT 1999).
Auf der anderen Seite werden diätetische Faktoren, wie hohe Nahrungsanteile von
tierischen Fetten, durchaus als pathogenetische Ursachen für die Entstehung von
Ösophagus-Adenokarzinomen diskutiert (KABAT et al. 1993; COIA et al. 1994).
2.1.3.
Inzidenz und Epidemiologie des Ösophaguskarzinoms
Das Ösophaguskarzinom ist weltweit betrachtet die sechsthäufigste Todesursache
(PISANI et al. 1999). Seine Inzidenz unterliegt dabei starken geographischen
Schwankungen.
In Europa variiert die Inzidenz zwischen 2,3 Fällen pro 100.000 Einwohner und
Jahr in Griechenland und 10,7 Fällen pro 100.000 Einwohner und Jahr in
Frankreich (EARLAM 1988). Die Inzidenz liegt in den USA bei 4,5 Fällen pro
100.000 Einwohnern und Jahr (SEER PROGRAM 2003). In den westlichen
Ländern
gehört
das
Ösophaguskarzinom
somit
zu
den
selteneren
gastrointestinalen Tumorentitäten. In Japan hingegen liegt die Inzidenz mit über
50 Fällen pro 100.000 Einwohnern und Jahr deutlich höher (EARLAM 1988) und
steigt im nördlichen Iran und im Norden Chinas auf 100 Fälle pro 100.000
Einwohner und Jahr. An der Spitze der Inzidenzraten steht die chinesische
27
Schrifttum
Provinz Linxian mit 130 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner und Jahr (LI et
al. 1989).
In den letzten Jahrzehnten konnte in den westlichen Industrieländern eine relative
Zunahme der Inzidenz des distalen Ösophagus-Adenokarzinoms insbesondere für
Männer verzeichnet werden (MOLLER und JENSEN 1988; POWELL und MC CONKEY
1990; BLOT et al. 1991; HANSSON et al. 1993; HANSEN et al. 1997; LORD et al.
1998), bei denen es mittlerweile etwa 50% aller Ösophaguskarzinome ausmacht
(BLOT 1993).
2.1.4.
Lymphatische Metastasierung
2.1.4.1.
Anatomie des ösophagealen lymphatischen Systems
Der Ösophagus weist zwei unterschiedliche embryonale Ursprünge auf. Er
entsteht während der Embryonalentwicklung durch die Vereinigung beider
Kiemenbögen
mit
dem
Dottersack
auf
Höhe
der
Trachealbifurkation.
Infolgedessen weist er zwei Hauptlymphabflussgebiete auf: nach abdominal im
Bereich des Truncus coeliacus und nach zervikal.
Bereits
1903
konnte
SAKATA
(1903)
die
anatomische
Ausbildung
der
ösophagealen Lymphgefäße beschreiben. Diese verlaufen in der Submucosa
nicht segmental, sondern in longitudinaler Ausrichtung. Zum Anderen stellt das
Auftreten lymphatischer Gefäße in der Tunika mucosa des Ösophagus im
Vergleich zu anderen gastrointestinalen Organen eine Besonderheit dar
(BOGOMOLETZ et al. 1989; GOSEKI et al. 1992; SUGIMACHI et al. 1993; SABIK et al.
1995). Diese besondere Anatomie begünstigt eine massive lokale Ausdehnung
der Tumoren in der Längsrichtung und erklärt das Fehlen einer Obstruktion in der
Frühphase der Erkrankung (KUBIK 1990).
28
Schrifttum
Abb. 1:
Lymphanatomie des Ösophagus beim Menschen
(nach RICE et al. 1998)
Die Lymphbahnen des mittleren und oberen Abschnitts der Speiseröhre drainieren
nach kranial in die tiefen zervikalen Lymphknoten, sowie in die Lymphknoten
entlang des Nervus laryngeus recurrens. Die Lymphbahnen des unteren
Ösophagusabschnitts drainieren nach distal in die kardialen Lymphknoten um den
Truncus coeliacus. Die longitudinale Anordnung der in Verbindung stehenden
Lymphbahnen erstreckt sich auch auf die Adventitia und Muscularis. Mukosale
und submukosale Lymphbahnen bilden ein kommunizierendes Netzwerk. Innerhalb dieses Netzwerkes durchbrechen die Lymphgefäße in Abständen die Lamina
muscularis mucosae und drainieren über die regionalen Lymphknoten des
periösophagealen Gewebes letztendlich in den Ductus thoracicus (MURAKAMI et al.
1994). Diese Anordnung der Lymphgefäße ermöglicht eine frühe und weitreichende Tumorzelldissemination (NISHIMAKI et al. 1996).
29
Schrifttum
2.1.4.2.
Lymphatisches Metasierungsmuster beim Ösophaguskarzinom
Der Nachweis von Lymphknotenmetastasen stellt beim Ösophaguskarzinom den
wichtigsten Prognoseparameter dar (SIEWERT et al. 1990). Dabei scheint die
lymphatische Tumorzelldissemination beim Ösophaguskarzinom ein frühes
Ereignis im Rahmen der Tumorprogression darzustellen. In mehreren Studien
konnte gezeigt werden, dass sich zum Zeitpunkt der chirurgischen Intervention
bereits in 57% bis 74% der Fälle ein metastatischer Befall der Lymphknoten
nachweisen lässt (ISONO et al. 1991; AKIYAMA et al. 1993; IDE et al. 1994; NISHIHIRA
et al. 1995; IZBICKI und HOSCH 1997).
Insbesondere die Adenokarzinome des distalen Ösophagus bzw. der Kardia
zeigen ein frühes und ausgedehntes regionales Metastasierungsmuster. Die
Lymphknotenmetastasierung erfolgt bei diesen Tumoren insbesondere in die
paraösophagealen und parahiatal gelegenen Lymphknoten entlang der kleinen
und großen Magenkurvatur sowie im Bereich des Truncus coeliacus und der
Arteria hepatica. Im Bereich der Milzarterie und des Milzhilus finden sich ebenfalls
häufig tumorbefallene Lymphknoten.
Zusätzlich kann beim Ösophaguskarzinom eine diskontinuierliche lymphatische
Tumorzelldissemination mit „Überspringen“ (skipping) tumornaher Lymphknotenstationen beobachtet werden. So zeigen etwa 10% aller Patienten mit Karzinomen
im zervikalen Ösophagusabschnitt, sowie etwa 44% aller Patienten mit Tumoren
im mittleren Ösophagusdrittel Lymphknotenmetastasen im Bereich des Truncus
coeliacus (ROSENBERG et al. 1982). Diese Ergebnisse konnten in einer Studie von
AKIYAMA et al. (1993) bestätigt werden. Hierbei wurde das lymphatische
Metastasierungsmuster bei insgesamt 236 Patienten untersucht, die im Rahmen
der Ösophagusresektion einer radikalen zerviko-thorako-abdominalen Lymphknotendissektion (sog. „Dreifeld“-Lymphadenektomie) unterzogen worden waren,
wobei
29,4%
der
Patienten
mit
distalem
Ösophagus
einen
zervikalen
Lymphknotenbefall aufwiesen. Auch HOSCH et al. (2001) konnten zeigen, dass bei
30
Schrifttum
34%
aller
Patienten
Lymphknotenmetastasen
in
tumorfernen
Stationen
nachweisbar waren, während tumornahe Lymphknotenstationen keine Metastasen
aufwiesen.
2.1.4.3.
Hämatogene Metastasierung des Ösophaguskarzinoms
Die hämatogene Disseminierung von Tumorzellen scheint zu einem deutlich
früheren Zeitpunkt in der Tumor-Progression stattzufinden als bislang angenommen (PANTEL und BRAKENHOFF 2004). Dieser mehrschrittige, komplexe
Prozess ist gekennzeichnet durch das Ablösen einer Tumorzelle aus dem
Primärtumorverband, die Extravasation durch das umgebende Stroma und dem
anschließenden Eintritt in das Blutgefäßsystem (Intravasation). Über das
Blutgefäßsystem erfolgt das Abschwemmen der Tumorzelle zum Zielorgan, wo
diese nach erfolgreicher Extravasation zur Metastase proliferiert (WOODHOUSE et
al. 1997).
Entsprechend den lymphatischen und venösen Abflusswegen der Speiseröhre
manifestieren sich Fernmetastasen beim Ösophaguskarzinom am häufigsten in
den nicht-regionären intraabdominalen Lymphknoten mit einer Inzidenz von 45%,
gefolgt von der Leber (35%), der Lunge (20%), den supraklavikulären und
zervikalen Lymphknoten (18%) und dem Skelettsystem (9%) (DALY et al. 1996).
2.1.5. Prognose und Therapie des Ösophaguskarzinoms
Das Ösophaguskarzinom stellt eine besonders aggressive Tumorentität mit einer
im Wesentlichen unverändert schlechten Prognose dar. Bleibt es unbehandelt,
überleben nur 5,9% der Patienten das erste Jahr nach der Diagnosestellung. Das
zweite Jahr erleben 0,3% der Patienten und bereits nach 3 Jahren sind alle
erkrankten Patienten verstorben (MÜLLER et al. 1990).
Da Symptome der Erkrankung beim Ösophaguskarzinom in aller Regel erst spät
auftreten, erfolgt die Diagnosestellung meist erst in fortgeschritteneren Tumorstadien (OJALA et al. 1982; MÜLLER et al. 1990; ALTORKI et al. 1994; FINK et al.
1995).
31
Schrifttum
Das Hauptsymptom des Ösophaguskarzinoms stellt dabei die Stenose-bedingte
Dysphagie dar. Diese wird erst ab einer Lumeneinengung von > 50% klinisch
manifest (HOFFMANN und GRUND 1996). Begleitende Symptome sind Übelkeit,
Regurgitation, postprandiales Erbrechen und das Horner-Syndrom (BOHLE und
ZOLLER 2002).
Einen
wesentlichen
Faktor
Ösophaguskarzinom-Patienten
bei
stellt
der
die
Abschätzung
Frage
der
nach
der
Prognose
von
chirurgischen
Resektabilität des Tumors dar. Diese stellt nach wie vor die einzige Therapieform
mit kurativer Intention dar. Trotz verbesserter und radikalerer chirurgischer
Operationstechniken konnte die Überlebensrate von Patienten mit operablem
Ösophaguskarzinom in den letzten Jahrzehnten insgesamt aber nur unwesentlich
verbessert werden. So konnte die 5-Jahres-Überlebensrate nach kurativ
intendierter chirurgischer Therapie von etwa 12% in den 80er Jahren auf derzeit
etwa 20-40% gesteigert werden (EARLAM 1988; LERUT et al. 1992; SIEWERT et al.
1992; WATANABE et al. 1992; FOK et al. 1993; GOLDMINC et al. 1993). Ein weiterer
Aspekt, der insgesamt zur Verbesserung der Operationsergebnisse beigetragen
hat, ist der Fortschritt im präoperativen staging durch die Entwicklung verfeinerter
bildgebender und endoskopischer Verfahren wie Bronchoskopie, Ösophagogastroskopie, Endosonographie und Computertomographie, was insgesamt
sowohl zu einer verbesserten Frühdiagnostik als auch zu einer präziseren
Selektion von Patienten geführt hat, die einer operativen Therapie zugeführt
werden.
Zusätzlich werden bei der Behandlung des Ösophaguskarzinoms zunehmend
multimodale
Behandlungskonzepte
angewandt,
wodurch
die
5-Jahres-
Überlebensraten insgesamt aber nicht wesentlich verbessert werden konnten. So
konnten beispielsweise FORASTIERE et al. (1993) mittels eines neoadjuvanten
Radiochemotherapie-Ansatzes 5-Jahres-Überlebensraten von 34% erzielen. Auch
die
adjuvante
Radiochemotherapie
konnte
bislang
zu
keiner
Prognose-
verbesserung beitragen (ADELSTEIN et al. 1994). Patienten, bei denen ein nichtresektables Ösophaguskarzinomstadium diagnostiziert wird, werden palliativen
bzw. symptomatischen Therapieformen zugeführt.
32
Schrifttum
Die Inoperabilität kann begründet sein in einer funktionellen Inoperabilität
(Vorliegen schwerer Begleiterkrankungen), einer lokalen Inoperabilität (T4-Tumor
mit Infiltration von Trachea und Herz), sowie einer prognostischen Inoperabilität
aufgrund von Fernmetastasenbildung (DECKER und DECKER 2003).
Abzugrenzen von diesen Patienten sind primär nicht-operable Patienten, bei
denen durch präoperativ durchgeführte Behandlungsformen wie Radiatio und
Chemotherapie ein Downstaging, d.h. eine Tumorreduktion mit anschließender
Resektion des Tumors erfolgen soll. Eine geeignete Palliation für die individuelle
Situation
des
Patienten
lässt
sich
durch
Kombination
verschiedener
Therapieformen wie Operation, Chemotherapie, Radiochemotherapie, StentEinlage und/oder photodynamischer bzw. endoskopischer Lasertherapie erreichen
(HEIER und HEIER 1994; TIETJEN et al. 1994; LIGHTDALE et al. 1995; BOURKE et al.
1996; ABDEL-WAHAB et al. 1998). Die Ziele dieser nicht kurativen Therapieansätze
stellen die Verlangsamung des Tumorwachstums und den Erhalt bzw. die
Verbesserung der Lebensqualität für die Patienten dar (GIESELER und FÖLSCH
2004). Nach FUNAMI et al. (1999) und SHIMI (2000) soll sich die Lebensqualität der
Patienten durch eine Kombination von Radio- und/oder Chemotherapie mit
nachfolgender
Primärtherapie
Implantation
die
eines
Kombination
Stents
erhöhen.
von
Fluorouracil
Hierbei
und
hat
sich
Cisplatin
als
mit
Remissionsraten von 30-40% durchgesetzt (ENZINGER et al. 1999). Erst bei einer
deutlichen Progredienz sollte eine Zweitlinientherapie mit einer Radiatio begonnen
werden. Bei sehr starken Schluckbeschwerden hat sich die intraluminale
Bestrahlung in Afterloading-Technik bewährt. Bei starken thorakalen Schmerzen
und/oder Kompression des Ösophaguslumens kann begleitend die kleinvolumige
perkutane Radiotherapie mit 36-45 Gy als Palliativmaßnahme eingesetzt werden
(GIESELER und FÖLSCH 2004). Zusätzlich lässt sich die Photodynamische Therapie
(PDT) als minimalinvasive Therapieform sowohl bei Frühkarzinomen des
Ösophagus, als auch bei den Karzinomvorformen des metaplastischen bzw.
dysplastischen Ösophagusepithels einsetzen (SAVARY 1998).
33
Schrifttum
2.2.
Metastasierungsmodelle
Die Metastasierung maligner Tumoren stellt nach wie vor die Haupttodesursache
und die Hauptursache für Therapiemisserfolge in der Behandlung von Krebspatienten dar.
Der Metastasenentstehung liegt ein komplexer, mehrstufiger Prozess zugrunde.
Hierbei kommt es in einem ersten Schritt innerhalb des Primärtumors zur
Entwicklung von Zellvarianten, welche sich aus dem Tumorzellverband lösen,
durch das umgebende Gewebe migrieren und nach Invasion und Penetration von
Lymph- und Blutgefässen in die Zirkulation gelangen (FIDLER und HART 1982;
HART und SAINI 1992). Während ihrer Zirkulation im Blutgefässsystem sind
disseminierte
Tumorzellen
besonders
hohen
physikalischen
Scherkräften
ausgesetzt, so dass lediglich ein sehr geringer Anteil an Tumorzellen die Passage
durch den kleinen Kreislauf, über das Herz in die Sekundärorgane überleben
(WEISS und WARD 1988). Nach Erreichen der Sekundärorgane erfolgen in den
letzten
drei
Schritten
der
Metastasierungskaskade
die
Adhäsion
am
Gefäßendothel, gefolgt von Extravasion und Proliferation, wobei die Proliferation in
der neuen Gewebsumgebung stark von gewebespezifischen Faktoren abhängig
ist (ZETTER 1990). Auch nach ihrer Etablierung in den Sekundärorganen entstehen
immer neue Zellvarianten.
Auf molekularer Ebene konnten eine Reihe von Proteinen identifiziert werden, die
im Rahmen der Metastasierungskaskade eine Rolle zu spielen scheinen. So führt
zunächst
eine
Herunterregulierung
(down-regulation)
von
desmosomalen
Adhäsionsmolekülen, wie E-Catherin und Plakoglobin, zum Verlust der wechselseitigen Adhäsion im Tumorzellverband (BEHRENS et al. 1992; BOYER et al. 1992).
Anschließend wird die Invasion der Tumorzellen durch die Basalmembran und das
umgebende Stroma durch die Expression vom Motilitätsfaktoren, wie den scatter
factor und transforming growth factors, sowie durch Sekretion von Proteasen, wie
Cathepsin D, Metalloproteinasen und Plasminogenaktivator begünstigt (STOKER
und GHERARDI 1991; BIRCHMEIER und BIRCHMEIER 1993; STETLER-STEVENSON
1993; NEKARDA et al. 1994).
34
Schrifttum
In diesem Zusammenhang stellt die Etablierung geeigneter in vitro- und in vivoModellsysteme einen möglichen Ansatz zur Identifizierung metastasierungsassoziierter, molekularer Veränderungen dar.
Durch die Etablierung spezieller dreidimensionaler Zellkultur-Systeme ist es
möglich, die Pathophysiologie von Tumorzellen in Bezug auf ihre Motilität und ihre
Interaktion mit kokultivierten Stromazellen modellhaft zu untersuchen. Hierbei
kommen Zellkulturflaschen zum Einsatz, deren Böden u.a. mit Agarosegel,
Kollagengel oder anderen Extrazellularmatrixprotein-(ECM-)haltigen Gelen beschichtet sind bzw. aus speziellen ECM-haltigen „Schwämmchen“ bestehen (KIM
et al. 2004). Zusätzlich zu dem Einfluss der Mikro-Umgebung des Kultursystems
auf die zelluläre Differenzierung, Proliferation, Apoptose und Gen-Expression von
Tumorzellen, erlaubt das dreidimensionale Zellkultursystem die Erforschung von
Zell-Zell und Zell-Extrazellularmatrix-Interaktionen.
SO demonstrierten CHISHIMA et al. den Einsatz eines dreidimensionalen
Zellkultursystems zur Darstellung des Metastasierungsprozesses unter Verwendung GFP-markierter humaner Lungen-Adenokarzinomzellen (ANIP 973Zellen) (CHISHIMA et al. 1997A).
Diese Autoren transfizierten durch Einschleusung eines Vektors, der die cDNA
des GFP enthielt, stabil die ANIP 973-Zellen, um sie im Anschluss Nacktmäusen
intravenös zu applizieren. Nach einer definierten Zeit wurden die Mäuse getötet,
die Lungen reseziert und fragmentiert. Die mit Metastasen durchsetzten
Organanteile wurden im Anschluss in einem dreidimensionalen KollagenSchwamm-Matrix-Zellkultursystem kultiviert. Es gelang ihnen, den Prozess der
Tumorzellkolonisation in dem verwendeten dreidimensionalen Zellkultursystem
darzustellen.
Im Gegensatz zu der komplexen Wirtsumgebung eines in vivo-Modells, zeigt das
in vitro-Modell definierte Bedingungen, so dass es für spezifische Fragestellungen
in der Krebsforschung häufig besser geeignet ist.
35
Schrifttum
Dreidimensionale Zellkultursysteme imitieren eher die geweblich-strukturellen
Eigenschaften als Monolayer-Zellkultursysteme und erlauben somit eine den in
vivo-Verhältnissen
angepasste
Reaktion
im
Hinblick
auf
die
Erprobung
medikamentöser Therapieformen. Da aber auch metastasierte bzw. disseminierte
Tumorzellen im Rahmen ihrer Progression zur manifesten Tumormetastase ähnlich wie die Zellen im Primärtumor - unterschiedliche Zellvarianten ausbilden,
scheinen insbesondere einzelne disseminierte Tumorzellen als Frühformen der
zur
Metastasierung
befähigten
Zelle
für
die
molekulare
Analyse
von
Metastasierungsvorgängen geeignete Zielstrukturen zu sein. Zur Erforschung
dieser molekulargenetischen Eigenschaften metastasierter Tumorzellen, stellen in
vivo-Modellsysteme, welche die einzelnen Schritte der Metastasierungskaskade
bis zur Bildung einer Metastase ermöglichen, das geeignete System dar.
In vivo-Transplantationsmodelle lassen sich in Syngenetische- und in XenograftModelle einteilen. Im Falle der syngenetischen Modelle werden in der Regel
Mäuse oder Ratten als Wirtstiere eingesetzt. Ihnen werden murine Tumorzellen
oder tumorös veränderte Gewebe appliziert, so dass die entstehenden Tumore im
Wirtstier den gleichen genetischen Hintergrund wie die implantierten Tumorzellen
aufweisen.
Die andere große Gruppe der Transplantationsmodelle repräsentieren XenograftModelle. Hierbei werden immuninkompetenten Tieren humane Tumorzellen
injiziert, bzw. humane tumoröse Gewebestücke implantiert (z.B. orthotope
Implantation). Der in dem Transplantationstier entstehende Tumor, stellt histologisch eine Mischung aus humanen Tumor- sowie murinen Stromazellen dar
(KHANNA und HUNTER 2005).
In der Mehrzahl der bestehenden in vivo-Metastasierungsmodelle werden Nacktmäuse eingesetzt. Diese immundefizienten Tiere (FLANAGAN 1966; PANTELOURIS
1968) bilden eine ideale Grundlage für Xenograft-Metastasierungsmodelle
humaner Krebszellinien (SHARKEY und FOGH 1984).
36
Schrifttum
Die erste erfolgreiche Transplantation humaner Tumorzellen in Nacktmäuse
gelang RYGAARD und POVLSEN im Jahre 1969.
Des Weiteren werden SCID (severe combined immunodefiency)-Mäuse als
Wirtstiere verwandt. Sie weisen kombinierte Gendefekte in der Anzahl und
Funktion von T- und B-Zellen auf.
Bisherige Modellversuche zur in vivo-Simulation des mehrstufigen Metastasierungsprozesses waren bislang durch die nur sehr begrenzt mögliche Detektion
einzelner disseminierter Tumorzellen limitiert und beschränkten sich größtenteils
auf den histologischen Nachweis von manifesten Organfernmetastasen.
Eine Weiterentwicklung der Modelle im Hinblick auf die Detektion singulärer
Tumorzellen im Wirtsgewebe, stellte die Einschleusung von Marker-Genen in die
Tumorzellen dar. So wurden verschiedene Methoden etabliert, einzelne Tumorzellen in vitro zu markieren, sie anschließend in das Modell-Tier zu implantieren
und die Tumorzellen optisch darzustellen. Auf diese Weise lassen sich
Tumorzellen detektieren und ihre Interaktionen mit den umgebenden Wirtszellen
untersuchen.
FIEDLER (1970) und JUACABA et al. (1989) markierten die Tumorzellen mit
Radioisotopen, um deren Verteilung in den Organen zu beurteilen. FROST et al.
(1987), HU et al. (1987) und MCMORROW et al. (1988) verwendeten in ihren
Studien spezifische Chromosomen-Marker, die eine Detektion der Tumorzellen im
Wirtsgewebe ermöglichten. Eine weitere Methode setzten TALMADGE et al. (1987),
KERBEL et al. (1988) und ITAYA et al. (1989) ein. Sie transfizierten fremde DNASequenzen in die Tumorzellen, um deren klonalen Ursprung zu untersuchen.
Der Nachteil dieser Modellsysteme stellt die Ausschließlichkeit in der Anwendung
entweder als geno- oder als phänotypischer Marker dar.
Diese Einschränkung wurde durch den Einsatz des Escherichia coli (lacZ)-Gens
aufgehoben. Durch diese Methode lassen sich einzelne metastatische Herde auf
Einzelzellniveau detektieren (LIN et al. 1990A; LIN et al. 1990B; BRUNNER et al.
1992; KOBAYASHI et al. 1997; CULP et al. 1998A; CULP et al. 1998B; KRUGER et al.
1998-1999; MAURER-GEBHARD et al. 1999; ZHANG et al. 1999; HOLLERAN et al.
2002).
37
Schrifttum
So schleusten LIN et al. im Jahre 1990(A) das Escherichia coli ß-galactosidase
(lacZ)-Gen in humane EJ Ha-ras onkogen-transfizierte BALB/c 3T3-Zellen, die im
Anschluss athymischen Nacktmäusen injiziert wurden.
Unter Verwendung eines chromogenetischen Substrates, liessen sich die lacZmarkierten Zellen sowohl im entstandenen Primärtumor, als auch in den Fernmetastasen blau anfärben. Damit gelingt eine Unterscheidung der Tumorzellen
von den Wirtszellen. Das lacZ-Gen erscheint als ein stabiler Marker während der
Tumorprogression in vivo. Der genotypische Nachweis des lacZ-Gens gelingt mit
Southern-blot Analysen, der Phänotypische durch Anfärbung.
Obwohl durch diese Methode eine optische Darstellung selbst kleiner Zellgruppen
möglich ist (CULP et al. 1998B), zeigen sich Limitierungen: die Methode ist sehr
zeitaufwendig, es ist schwierig eine einzelne maligne Zelle zu detektieren und die
Probenaufbereitung ist komplex. Ferner verhindert die endogene ß-Galactosidase
Aktivität einiger Zellen in vielen Fällen eine sichere Interpretation der Ergebnisse
(ZDENEK 1970).
FUKUMURA et al. (1997) und CHAMBERS et al. (1995) färbten das Tumorgewebe mit
Fluoreszenzfarbstoffen und stellten den Tumor mittels Videomikroskopie über eine
Gewebefenestrierung in der Maus dar. Diese Methode eignet sich lediglich für
kurze Untersuchungen, nicht für Langzeitmetastasierungsstudien.
Eine Alternative zu den bisher genannten Verfahren der optischen Darstellung von
Tumorzellen, stellt das Luciferase-Reporter-System dar (VOOIJS et al. 2002; ADAMS
et al. 2002). Hierbei werden Luciferase-Gene in Tumorzellen insertiert, so dass
diese Licht emittieren (SWEENEY et al. 1999).
Diese
Luciferase-Enzyme,
welche
in
Säugetierzellen
transferiert
werden,
benötigen aber über eine exogene Injektion zugeführtes spezifisches LuciferinSubstrat. Dadurch wird diese Methode unpraktikabel und zeitintensiv. Ein weiterer
Nachteil stellt die geringe optische Auflösung, sowie die Zeitspanne dar, die
38
Schrifttum
vergeht, bis ein Signal von dem anästhesierten Tier entsteht. Trotz dieser
Limitierungen lassen sich mit dieser Methode einzelne Tumorzellen detektieren.
Die bisher beschriebenen Methoden zur Tumorzelldetektion stellen im Hinblick auf
die Untersuchungsmöglichkeit einer einzelnen Tumorzelle noch nicht das
Idealsystem dar. Vor diesem Hintergrund begann die Suche nach einem System,
welches eine höhere Spezifität, ein stärkeres optisches Signal und eine höhere
optische Auflösung unter physiologischen Bedingungen zeigen kann.
Die Optimierung dieser beschriebenen Methoden fand sich mit dem Einsatz des
green-fluorescent-protein (GFP) als ein Indikator-Gen für Tumorzellen. Durch die
Anwendung des GFP als Marker ist es mittlerweile möglich, einzelne disseminierte
Tumorzellen in entsprechenden Modellsystemen aufzuzeigen (PARIS et al. 2004).
Die Arbeitsgruppe um R. M. HOFFMAN nutzte als Erste den Vorteil der GFPMarkierung zur Detektion singulärer disseminierter Tumorzellen, um innovative
Metastasierungsmodelle zu entwickeln. Erstmalig in diesem Kontext wurde die
GFP-Transfektion von CHISHIMA et al. (1997B) durchgeführt. Sie transfizierten
stabil chinese-hamster-ovary-Zellen mit einem Vektor, der die cDNA des GFP
enthielt. Nach orthotoper Implantation dieser GFP-markierten Tumorzellen wiesen
sie als Erste einzelne GFP-exprimierende Tumorzellen in vitalem Gewebe nach.
Im Anschluss an diese erfolgreiche Studie führten sie stabile Transduktionen des
GFP-Gens in eine Vielzahl humaner Tumorzelllinien durch (CHISHIMA et al. 1997C;
CHISHIMA et al. 1997D; CHISHIMA et al. 1997E; YANG et al. 1998; YANG et al. 1999A;
YANG et al. 1999B; YANG et al. 1999C; YANG et al. 2000).
Der Hauptvorteil GFP-basierter Metastasierungsmodelle liegt in der Einfachheit
der Anwendung. So lassen sich GFP-markierte vitale Zellen direkt im gesunden
Gewebe ohne weitere aufwendige Präparation darstellen. Dafür wird das unfixierte
Gewebe in dünne Scheiben zerteilt, zwischen Glasplatten eingebettet und dann
mittels eines Fluoreszenz-Mikroskopes betrachtet (PARIS et al. 1999).
39
Schrifttum
Die derzeitigen Forschungsergebnisse, einschließlich der Entwicklung orthotoper
GFP-Metastasierungsmodelle zum humanen Lungen- (YANG et al. 1998),
Prostata- (YANG et al. 1999A), Pankreas- (BOUVET et al. 2000) und KolonKarzinoms (YANG et al. 2000) sowie des Melanoms (YANG et al. 1999B)
demonstrieren, dass GFP-transfizierte Tumorzellen das ideale System darstellen,
um
die
Stufen
Angiogenese,
des
Metastasierungsprozesses,
Latenzzustand
von
Tumorzellen
wie
Tumorwachstum,
(engl.
dormancy),
Tumorzelldisseminierung, Invasion, Metastasierung und Tumorprogression, in vivo
darzustellen.
Ein weiterer Ansatz zur Detektion GFP-transfizierter Tumorzellen im Modellsystem
sind die Möglichkeiten von Intravitaler Mikroskopie (IVM) (KIKKAWA et al. 2002;
STURM et al. 2003), Intravitaler Video Mikroskopie (IVVM) (KAN et al. 1999;
NAUMOV et al. 1999; ITO et al. 2001; MOOK et al. 2003) und der GanzkörperDarstellung (YANG et al. 2000; BOUVET et al. 2002; YAMAMOTO et al. 2003; WANG et
al. 2003).
Diesen Verfahren ist gemeinsam, dass sie bereits eine Untersuchung des
Metastasierungsvorganges am lebenden Tier erlauben. Durch Fenestrierung
bestimmter
Körperareale
der
Versuchstiere
werden
mit
Hilfe
spezieller
Fluoreszenz-Mikroskope und Fluoreszenz-Licht-Boxen in regelmäßigen Abständen die Tiere betäubt und der progrediente Metastasierungsprozess in seiner
jeweiligen Stufe betrachtet. So konnten KAN et al. (1999) und NAUMOV et al. (1999)
eindrücklich demonstrieren, dass der Einsatz von IVVM eine real-time-Betrachtung
GFP-markierter Zellen in lebenden Tieren auf Einzelzellniveau ermöglicht. YANG et
al. (2000) entwickelten Ganzkörper-Metastasierungsmodelle, in denen die
Metastasierung in lebenden Tieren optisch dargestellt werden kann. Hierfür
werden den Mäusen GFP-markierte Tumorzellen injiziert und im Anschluss
Fragmente der entstandenen Tumoren orthotop implantiert. In einer FluoreszenzLicht-Box ist es möglich, die gewachsenen Metastasen optisch zu erkennen.
Hierbei lässt sich die Metastasierungskaskade während ihrer Dauer im selben Tier
untersuchen,
einschließlich
der
Arretierung
der
malignen
Kapillargefäßen, der Extravasation und des Metastasenwachstums.
40
Zellen
in
Schrifttum
2.2.1.
Das green-fluorescent-protein (GFP)
Das erstmalig von SHIMOMURA et al. (1962) beschriebene biolumineszierende
green-fluorescent-protein (GFP) stammt aus der Leuchtmeduse Aequorea victoria.
Generell wird bei der Biolumineszenz chemische Energie mit einer hohen
Quantenausbeute in Lichtenergie umgewandelt. In der Regel dient ein Luciferin
(LF) als Substrat für eine Luciferase, die das Luciferin unter Quantenemission
oxidiert (WEHNER und GEHRING 1995).
Abb. 2:
Dreidimensionale Struktur des green-fluorescent-protein (GFP)
(Quelle: http://www.biochemtech.uni-halle.de)
41
Schrifttum
Aequorea victoria benötigt zur Umsetzung des Luciferins keine Luciferase. Als
Reaktionspartner seines Luciferins (Aequorin) dienen Ca2+-Ionen. Sobald Calcium
an das Photoprotein Aequorin bindet, wird Licht emittiert (SHIMOMURA et al. 1962;
WEHNER und GEHRING 1995).
LF · H2 + ½ O2
------------>
Ca2+
LF + H2O + hv
(Gleichung 1: aus WEHNER und GEHRING 1995)
Das GFP von Aequorea victoria besteht aus 238 Aminosäuren und stellt ein
kompaktes Monomer mit einem relativen Molekulargewicht von 27.000 bis 30.000
kDa dar (PRENDERGAST und MANN 1978). Dabei ist das GFP außerordentlich
konformationsstabil und denaturiert erst unter extremen Bedingungen (BOKMAN
und WARD 1981; SHIMOMURA und SHIMOMURA 1981; WARD und BOKMAN 1982). Sein
Absorptionsmaximum liegt bei 395 nm (MORISE et al. 1974).
Nach Anregung durch UV-Licht liegt der Emissionspeak von GFP bei 509 nm, mit
einer geringen Schulterbildung bei 540 nm (MORISE et al. 1974).
Abb. 3:
Emissionsspektrum des green-fluorescent protein (GFP)
(Quelle: http://www.biochemtech.uni-halle.de)
42
Schrifttum
PRASHER et al. klonierten und sequenzierten 1992 das GFP-Gen der Aequorea
victoria und ermöglichten damit seine Expression in heterologen Organismen
(PRASHER et al. 1992). CHALFIE et al. (1994) konnten zeigen, dass GFP durch
Anregung mit Licht im Wellenlängenbereich von 395 bis 470 nm (blaues Licht)
sowohl in prokaryotischen (Escherichia coli) als auch eukaryotischen Zellen eine
starke, grüne Fluoreszenz aufwies.
Abb. 4:
Grün fluoreszierende GFP-markierte Zellen in einer Suspension
(Quelle: http://www.biochemtech.uni-halle.de)
Ein großer Vorteil bei der GFP-Transfektion ist, dass es keine toxischen Effekte
auf Zellen ausübt und weder die Zellfunktion noch den Zellstoffwechsel zu
beeinflussen scheint (CHALFIE et al. 1994).
Eine Steigerung des Expressionslevels von GFP in Säugetierzellen gelang
ZOLOTUKHIN et al. (1996) durch die Entwicklung einer humanisierten Mutante des
GFP (hGFP-S65T).
Diese Mutante zeigt eine im Vergleich zum GFP-Wildtyp 35fach stärkere
Fluoreszenz und wird zudem effektiver in Säugetierzellinien exprimiert.
43
Schrifttum
Die Fluoreszenzfähigkeit des GFP von Aequorea victoria ist intrinsisch in seiner
primären Proteinstruktur begründet. Zur Aktivierung der GFP-Fluoreszenz bedarf
es keiner zusätzlichen Transkriptionsfaktoren, Kontrastmittel oder ionisierender
Strahlung (CODY et al. 1993); ferner ist sie spezies-unabhängig (KAIN et al. 1995).
Eine weitere Besonderheit des GFP stellt sein kovalent gebundenes Chromophor
dar, welches sich aus modifizierten Aminosäureresten zusammensetzt und
innerhalb des Polypeptids befindet (CODY et al. 1993).
44
Schrifttum
2.3.
Die Minimale Residuale Tumorerkrankung (MRD)
Trotz
verbesserter
Operationstechniken
und
Anwendung
multimodaler
Therapiekonzepte erleidet ein hoher Prozentsatz von Patienten mit malignen
Tumoren, die einer kurativ intendierten chirurgischen Therapie unterzogen
wurden, nach wie vor frühzeitig ein Tumorrezidiv. Da das Auftreten lokoregionärer
Rezidive durch radikale operative Strategien weitgehend verhindert werden kann,
manifestieren sich Rezidivtumoren häufig als fernmetastatische Rezidive (SANO et
al. 1993; HOSCH et al. 1998). Es muss daher davon ausgegangen werden, dass es
bei einem Teil dieser Patienten bereits zum Zeitpunkt der Primärtumoroperation zu
einer „okkulten“ Streuung von Tumorzellen gekommen ist, die mit derzeitigen
bildgebenden Verfahren sowie routinemäßig durchgeführten histopathologischen
Untersuchungen nicht erfasst werden kann. Durch den Einsatz sensitiver
immunzyto- bzw. immunhistochemischer sowie molekularbiologischer Techniken
ist
es
aber
mittlerweile
möglich,
diese
„okkulte
Tumorzellstreuung“
in
Indikatororganen, wie Knochenmark und Lymphknoten, zu detektieren. Hierbei hat
sich der Nachweis dieser „okkulten Tumorzellstreuung“ in einer Vielzahl von
Studien
als
klinisch
relevanter
und
vom
Tumorstadium
unabhängiger
Prognosefaktor erwiesen. Der Nachweis von okkult disseminierten Tumorzellen
scheint
in
diesem
Rahmen
Ausdruck
eines
latenten
Stadiums
der
Krebserkrankung zu sein und wird daher auch als Minimale Residuale
Tumorerkrankung (engl.: minimal residual disease, MRD) benannt (KLEIN et al.
2002).
Trotz der sich abzeichnenden klinischen Relevanz dieser minimalen residualen
Tumorerkrankung bei Patienten mit Karzinomen der Lunge (PASSLICK et al. 1994),
des Pankreas (HOSCH et al. 1997A), des Ösophagus (IZBICKI et al. 1997; HOSCH et
al. 2000), der Mamma (TROJANI et al. 1987; NO AUTHOR: Prognostic importance of
occult axillary lymph node micrometastases from breast cancer. 1990; MCGUCKIN
et al. 1996; COTE et al. 1999) des Kolons (GREENSON et al. 1994), des Magens
(MAEHARA et al. 1996), der Prostata (FREEMAN et al. 1995; EDELSTEIN et al. 1996)
und beim Melanom (COCHRAN et al. 1988), ist wenig bekannt über die Biologie
45
Schrifttum
dieser okkult disseminierten Tumorzellen. Da sich weiterführende Analysen an
solchen Zellen auf Grund ihrer extrem niedrigen Frequenz äußerst schwierig
gestalten, ist nach wie vor nicht eindeutig geklärt, ob es sich bei ihnen (1) auch
tatsächlich um Tumorzellen handelt und (2), ob diese Tumorzellen vital und
proliferationsfähig sind und somit als "Stammzellen" späterer Makrometastasen
angesehen werden müssen, oder ob sie (3) lediglich tote, abgeschilferte und
lymphatisch drainierte bzw. hämatogen abgeschwemmte Zellen des Primärtumors
darstellen. Unterstützt wird diese Skepsis dabei auch dadurch, dass diesen
immunhisto- bzw. immunzytochemisch zu detektierenden Zellen in Lymphknoten
und Knochenmark häufig tumorzelltypische morphologische Charakteristika fehlen
(HOSCH et al. 2000). Des Weiteren wird eine Beurteilung der MRD durch die große
Anzahl unterschiedlicher Nachweismethoden, sowie fehlende Standards bei der
Durchführung dieser Detektionsansätze erschwert.
Nach derzeitigem Wissensstand scheinen okkult disseminierte Tumorzellen
überwiegend ruhende, d.h. in der G0-(G1-)Phase befindliche Zellen zu sein, die
evtl. zu einem späteren Zeitpunkt durch exogene und/oder endogene Faktoren
eine Wandlung zur proliferierenden Zelle erfahren (SCHLIMOK et al. 1987;
RIETHMÜLLER et al. 1992; PANTEL et al. 1993A). Die Ruhephase kann dabei
mehrere Jahre bis Jahrzehnte betragen (tumor cell dormancy), bevor es zum
Auftreten klinisch manifester Metastasen kommt. Welche wachstumsvermittelnden
bzw. wachstumshemmenden Faktoren dabei die Biologie der Zellen bestimmen,
ist ebenso ungeklärt wie die Beobachtung, dass sich individuelle „Tumorzellen“ im
Knochenmark auch bei Tumorentitäten nachweisen lassen, bei denen manifeste
Knochenmetastasen nur äußerst selten anzutreffen sind. So finden sich
beispielsweise bei etwa 30-40% aller Patienten mit kolorektalem Karzinom im
Knochenmark individuelle „Tumorzellen“ (SCHLIMOK et al. 1990; LINDEMANN et al.
1992; PANTEL et al. 1994), eine manifeste ossäre Metastasierung macht hingegen
nur etwa 5% aller hämatogenen Fernmetastasen dieses Tumortyps aus
(SCHUBERT und BETHKE 1981). In jüngster Vergangenheit wurden wiederholt
Versuche unternommen, pathohisto- bzw. pathozytologische Kriterien für die
„okkulten“ disseminierten Tumorzellen in Lymphknoten und Knochenmark zu
46
Schrifttum
definieren (PANTEL et al. 1994; HERMANEK 1999). Einigkeit besteht seither
weitgehend darin, dass zwischen „okkulten (Mikro-)metastasen (MM)“ und
„isolierten Tumorzellen (ITC)“ unterschieden werden sollte. So ist beispielsweise
nach einer Empfehlung der UICC (HERMANEK et al. 1999) vom Vorliegen einer
Lymphknoten-„Mikrometastase“
auszugehen,
wenn
diese
Anzeichen
für
Proliferation aufweist, d.h. mehrzellig ist, dabei einen maximalen Durchmesser von
2 mm nicht überschreitet und sich im Lymphknoten implantiert hat, d.h. außerhalb
von Blutgefäßen bzw. extrasinusoidal lokalisiert ist. Fakultativ kommt als weiteres
Unterscheidungsmerkmal eine desmoplastische Stromareaktion hinzu. Weisen
immunhistochemisch detektierte „Tumorzellen“ in Lymphknoten diese Kriterien
nicht auf, sollte von „isolierten Tumorzellen“ gesprochen werden.
2.3.1.
Nachweis „okkult“ disseminierter Tumorzellen im Knochenmark
Da das Knochenmark einen Ort mit intensivem Zellaustausch zwischen
zirkulierendem Blut und mesenchymalem Interstitium darstellt, scheint es ein
besonders geeignetes und leicht zugängliches Kompartiment zur Detektion
einzelner disseminierter Tumorzellen zu sein (SOLAKOGLU et al. 2002). Bei der
Gewinnung von Knochenmark hat sich insbesondere die Aspiration aus dem
vorderen und hinteren Beckenkamm bewährt (REDDING et al. 1983). Ein weiterer
Vorteil des Knochenmarks ergibt sich aus der Anatomie seines Gefäßsystems.
Dieses besteht aus einem sinusoidalen Geflecht, welches wie ein Filter wirkt, so
dass hier mit einer insgesamt höheren Anzahl an Tumorzellen zu rechnen ist.
Dennoch lassen sich einzelne disseminierte Tumorzellen im Knochenmark nur in
einer äußerst niedrigen Frequenz nachweisen. So finden sich bei einem Patienten
mit disseminierten Tumorzellen im Knochenmark in der Regel nicht mehr als 1-10
Tumorzellen vor dem Hintergrund von 106 normalen mononukleären Knochenmarkszellen. Insgesamt können disseminierte Tumorzellen im Knochenmark bei
etwa 30% aller Patienten mit lokal begrenzten epithelialen Tumoren (M0)
47
Schrifttum
nachgewiesen werden (LINDEMANN et al. 1992; BRAUN et al. 2000; PANTEL und
WOELFLE 2004).
Bei der Detektion von disseminierten Tumorzellen im Knochenmark kommen
prinzipiell
schiedener
immunzytochemische
anti-epithelialer
Analysetechniken
Detektionsantikörper
unter
oder
Verwendung
ver-
molekularbiologische
Techniken wie die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) bzw. Reverse Transkriptase(RT-)PCR zum Einsatz .
Hierbei konnte die prognostische Relevanz des Nachweises von disseminierten
Tumorzellen im Knochenmark in einer Vielzahl von prospektiven klinischen
Studien belegt werden. In diesen überwiegend immunzytochemischen Studien
zeigte sich, dass Patienten mit disseminierten Tumorzellen im Knochenmark
signifikant früher und häufiger Tumorrezidive entwickelten und/oder signifikant
früher und häufiger tumorbedingt verstarben, als Patienten ohne diese Zellen
(siehe Tab. 2).
48
Schrifttum
Tab. 2:
Nachweis epithelialer Tumorzellen im Knochenmark
Tumorentität
Mamma-Ca
KolorektumCa
Magen-Ca
Pankreas-Ca
Prostata-Ca
DetektionsMarker
DetektionsTechnik
Lungen-Ca
(NSCLC)
Blasen-Ca
Nieren-Ca
Referenzen
CK
ICC
+
COTE et al. 1991
BRAUN et al. 2000
WIEDSWANG et al. 2003
JANNI et al. 2005
TAG12
ICC
+
DIEL et al. 1992
EMA
ICC
+
MANSI et al. 1991
CEA
RT-PCR
Keine
Angabe
GERHARD et al. 1994
CK
ICC
+
SCHLIMOK et al. 1990
LINDEMANN et al. 1992
CEA
RT-PCR
CA19-9
ICC
CK
ICC
CEA
RT-PCR
CEA
RT-PCR
CK
CA 19-9
ICC
+
JUHL et al. 1994
CK
ICC
Keine
Angabe
RIESENBERG et al. 1993
OBERNEDER et al. 1994
PANTEL et al. 1995B
Keine
Angabe
MANSI et al. 1988
CK, PSA,
EMA
Lungen-Ca
(SCLC)
PrognoseWert
Keine
Angabe
Keine
Angabe
+
Keine
Angabe
Keine
Angabe
GERHARD et al. 1994
JUHL et al. 1994
SCHLIMOK et al. 1991
JAUCH et al. 1996
GERHARD et al. 1994
GERHARD et al. 1994
SM1
ICC
Keine
Angabe
LCA 1 – 3
ICC
Keine
Angabe
HUMBLET et al. 1988
CK
ICC
+
PANTEL et al. 1993B
CK
ICC
CK
ICC
Keine
Angabe
Keine
Angabe
STAHEL et al. 1985
OBERNEDER et al. 1994
OBERNEDER et al. 1994
Abk.: CK= Zytokeratin; CEA = Carcinoembryonales Antigen; Ca= Karzinom;
EMA= epithelial membrane antigen; ICC= Immunzytochemie; LCA 1-3= leucocyte-common Antigen;
NSCLC= non-small cell lung cancer; PSA= Prostata-spezifisches Antigen; SM1=muriner monoklonaler
Antikörper gegen das Oberflächenantigen des SCLC (small-cell lung cancer)
49
Schrifttum
2.3.2.
Nachweis „okkult“ disseminierter Tumorzellen in Lymphknoten
Ein weiteres Indikatororgan für den Nachweis einer MRD stellen Lymphknoten
dar. Hierbei werden resezierte Lymphknoten, welche in der konventionellen
histopathologischen Untersuchung als „tumorfrei“ klassifiziert wurden, mittels
Immunhistochemie
oder
molekularbiologischen
Techniken
auf
„okkult“
disseminierte Tumorzellen hin untersucht (IZBICKI et al. 1997). Diese „okkulten“
Tumorzellen können sich immunhistochemisch als isolierte Einzelzellen (engl.:
isolated tumor cells, ITC) oder kleine Tumorzellcluster darstellen (PASSLICK et al.
1994). Lassen sich diese Zellen in „tumorfreien“ Lymphknoten nachweisen, liegt
ihre Frequenz bei etwa 1-10 Zellen vor dem Hintergrund von 105 normalen
Lymphknotenzellen.
Neben immunhistochemischen Verfahren unter Einsatz verschiedener antiepithelialer Antikörper, kommen bei der Detektion von okkult disseminierten
Tumorzellen in Lymphknoten ebenfalls molekularbiologische Techniken, wie PCR
oder RT-PCR, zum Einsatz (siehe Tab. 3).
Ähnlich wie beim Knochenmark konnten zahlreiche Studien zeigen, dass die
Detektion disseminierter Tumorzellen in „tumorfreien“ Lymphknoten mit einer
ungünstigen postoperativen Prognose assoziiert ist (GREENSON et al. 1994;
PASSLICK et al. 1994; MAEHARA et al.1996; MCGUCKIN et al. 1996; IZBICKI et al.
1997; HOSCH et al. 1997A; HOSCH et al. 1997B; COTE et al. 1999; CAI et al. 2000;
LEE et al. 2002).
50
Schrifttum
Tab. 3:
Nachweis epithelialer Tumorzellen in konventionell
histopathologisch „tumorfreien“ Lymphknoten
Tumorentität
Mamma-Ca
Lungen-Ca
(NSCLC)
Ösophagus-Ca
Pankreas-Ca
Magen-Ca
Prostata-Ca
Kolorektum-Ca
Referenzen
DetektionsMarker
DetektionsTechnik
PrognoseWert
CK, EMA,
MUC1
IHC
+
DE MASCAREL et al.
1992
CK, MUC1
IHC
+
MCGUCKIN et al.
1996
CK
IHC
+
COTE et al. 1999
Ber-EP4
IHC
+
Ber-EP4
IHC
+
KUBUSCHOK et al.
1999
IHC
+
IZBICKI et al. 1997
Ber-EP4
IHC
+
HOSCH et al. 2000
Ber-EP4
IHC
+
HOSCH et al. 1997A
CK
IHC
+
MAEHARA et al. 1996
CAI et al. 2000
LEE et al. 2002
PSA
RT-PCR
Keine
Angabe
DEGUCHI et al. 1993
CEA
RT-PCR
+
LIEFERS et al. 1998
CK, CEA
IHC
Keine
Angabe
CUTAIT et al. 1991
GREENSON et al.
1994
Ber-EP4
PASSLICK et al. 1994
Abk.: CEA= Carcinoembryonales Antigen; CK= Zytokeratin; Ber-EP4= Marker gegen das
epithelial adhesion molecule (EpCAM); IHC= Immunhistochemie; NSCLC= non-small cell lung cancer;
PSA= Prostata-spezifisches Antigen
51
Material und Methoden
3.
Material und Methoden
3.1.
Die Zelllinie PT1590
Grundlage der vorliegenden Studie bildete die spontan immortale humane
Tumorzelllinie PT1590. Diese war 1997 im Chirurgischen Forschungslabor der
Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie (Direktor: Prof. Dr. med. J. R.
IZBICKI) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf aus dem Primärtumor eines
Patienten mit Ösophagus-Adenokarzinom generiert worden. Tumorigenität und
Metastasierungsfähigkeit
dieser
Zelllinie
waren
durch
subkutane
Xeno-
transplantation in SCID-Mäuse nachgewiesen worden (SCHEUNEMANN et al. 1999;
HOSCH et al. 2000).
2 Aliquots dieser Zelllinie mit jeweils 2x106 Tumorzellen, die am 19.09.1997 unter
standardisierten Einfrierbedingungen in RPMI 1640 mit 10% Dimethylsulfoxid
(DMSO) und 10% hitzeinaktiviertem fetalen Kälberserum (FCS) in 2 ml Einfrierröhrchen in flüssigem Stickstoff tiefgefroren worden waren, bildeten das
Ausgangsmaterial zu den Zellkulturarbeiten der vorliegenden Studie.
3.1.1.
Zellkultur
Die in flüssigem Stickstoff asservierten Einfrierröhrchen mit den PT1590-Zellen
wurden nach der Entnahme aus dem Stickstofftank zunächst für etwa 20 Minuten
auf Nasseis und anschließend im Wasserbad bei +37°C aufgetaut. Die anschließenden Zellkulturarbeiten wurden unter sterilen Bedingungen unter einer
Reinraumwerkbank durchgeführt.
Die Zellsuspension wurde in 10 ml RPMI 1640 Medium, welches 10% hitzeinaktiviertes fetales Kälberserum enthielt, aufgenommen und bei Raumtemperatur
für 8 Minuten bei 1.250 Upm zentrifugiert. Nach Verwerfen des Überstands wurde
das Zellpellet in 2 ml eines speziellen Kulturmediums resuspendiert und in 25-cm2Zellkulturflaschen überführt. Dieses Kulturmedium enthielt neben dem RPMI 1640
Trägermedium 10% FCS, 1000 µg/ml Penicillin/Streptomycin, 10 mg/ml
Gentamycin, 100x200 mM L-Glutamine, 10 µmol/ml Transferrin, 1 µg/ml Insulin,
52
Material und Methoden
sowie die Wachstumsfaktoren basic fibroblast growth factors bFGF (1 µg/ml),
epithelial growth factors EGF (1 µg/ml) (siehe Tab. 4) und war in dieser
Zusammensetzung bereits bei der initialen Generierung der Zellinie PT1590
verwendet worden (HOSCH et al. 2000).
Tab. 4:
Zusammensetzung des Kulturmediums
(berechnet für 500 ml Medium) (HOSCH et al. 2000)
Reagenzien [Konzentration]
Volumen [ml]
RPMI 1640 w/o L-Glutamine
Fetales Kälberserum
Penicillin / Streptomycin [10 000/10 000 µg/ml]
Insulin [1 µg/ml]
Basic Fibroblast Growth Factor [1µg/ml]
Epithelial Growth Factor [1 µg/ml]
L-Glutamine 200 mM
Gentamycin [10 mg/ml]
Transferrin [10 µmol/ml]
422,5
50,0
5,0
5,0
5,0
5,0
5,0
5,0
2,5
Die Kultivierung der Tumorzellen erfolgte anschließend bei einem konstanten
Stickstoffanteil von 5% bei +37°C und gesättigter Luftfeuchtigkeit in einem
Inkubator.
Alle 2 bis 3 Tage bzw. beim Umschlag des im Kulturmedium enthaltenen pHabhängigen Indikatorfarbstoffs Phenolrot wurde das Kulturmedium mit Hilfe einer
Vakuumpumpe und sterilen Pipetten abgesaugt und durch frisches Nährmedium
ersetzt.
Die adhärent wachsenden Tumorzellen wurden nach Erreichen einer Konfluenz
von 70-80% der Kulturflaschenoberfläche durchschnittlich alle 4-5 Tage
passagiert. Nach Absaugen des Zellkulturmediums wurden die Zellen hierbei mit 5
ml Phosphat-gepufferter Kochsalzlösung (engl. Phosphate-buffered saline, PBS,
pH 7,4) gewaschen.
53
Material und Methoden
Nach Entfernen des PBS wurden die Zellen mit 2-5 ml steriler Trypsin-EDTALösung überschichtet und für 1 Minute bei +37°C inkubiert. Die Trypsinierung
wurde im Anschluss durch Zugabe von 10 ml Kulturmedium gestoppt. Unter dem
Auflichtmikroskop erfolgte eine Kontrolle der Zellablösung. Die vom Flaschenboden gelösten Zellen wurden mit einer Pipettierhilfe aufgenommen, in ein 15 ml
Zentrifugenröhrchen überführt und für 5 Minuten bei 1.250 Upm und Raumtemperatur zentrifugiert. Der Überstand wurde verworfen, das Zellpellet in 10 ml
PBS aufgenommen und anschließend erneut für 5 Minuten bei 1.250 Upm
zentrifugiert. Nach Abnahme des Überstands erfolgte die Zellzählung mittels eines
Haemozytometer nach Neubauer. Anschließend wurde ein Teil der Zellen für die
weitere Expansion in Kulturmedium resuspendiert und in Kulturflaschen verbracht,
während ein anderer Anteil zu Aliquots von je 2x106 Zellen weggefroren wurde.
Hierfür wurden die Zellen mit 1,5 ml Einfriermedium, welches RPMI 1640, FCS
und 10%iges DMSO im Verhältnis 5:3:2 enthielt, resuspendiert und in vorgekühlte
1,5 ml Nunc-Röhrchen überführt. Anschließend wurden die Zellen zunächst für 15
Minuten auf +4°C heruntergekühlt, um hiernach für 24 Stunden in einem bereits
vorgekühlten Isopropanolbad bei -80°C gelagert zu werden. Abschließend erfolgte
eine Asservierung der Zellen in flüssigem Stickstoff.
3.2.
Transfektion von PT1590
Die Einschleusung von Fremd-DNA in eukaryote Zellen wird allgemein als
Transfektion bezeichnet. Zur stabilen Expression des Markergens enhancedgreen-fluorescent-protein
(EGFP)
wurde
dessen
codierende
DNA
mittels
verschiedener Vektorkonstrukte in PT1590-Zellen eingeschleust. Bei EGFP
handelt es sich um eine humanisierte Form des green-fluorescent-protein (GFP),
welches nach Transfektion und Expression in humanen Zellen gegenüber dem
Wildtyp-GFP eine 25-30fach erhöhte Biolumineszenz aufweist (CODY et al. 1993;
CHALFIE et al. 1994; CORMACK et al. 1996).
54
Material und Methoden
Die Transfektion der Zelllinie PT1590 mit EGFP erfolgte mit zwei unterschiedlichen Techniken: Neben der Elektroporation wurde zusätzlich eine
Transfektion mit dem lipidbasierten Transfektionsreagenz FuGENE 6 (Roche
Diagnostics GmbH, Mannheim) durchgeführt. Einen Überblick zu den verwendeten Vektoren bzw. Vektorkonstrukten liefert Tabelle 5.
Tab. 5:
Vektoren und Vektorkonstrukte*
Vektor bzw.
Vektorkonstrukt
pIRESpuro2EGFP
pEGFP-N1
pLEGFP-N1
β-Lactamase;
Puromycin-NAcetyltransferase
β-Lactamase;
AminoglykosidPhosphotransferase
β-Lactamase;
AminoglykosidPhosphotransferase
Resistenzgene
Puromycin
G418
G418
Größe des Vektors
5,9
(kb)
4,7
6,9
Insert
EGFP
-
-
Herkunft des Inserts
pEGFP-N1
-
-
Größe
(bp)
741
-
-
Antibiotikum
Selektion
des
zur
Inserts
* Alle Vektoren wurden über Clontech, BD Biosciences, Heidelberg, bezogen
55
Material und Methoden
3.2.1.
Nukleinsäurearbeiten
Tab. 6:
Enzyme
Enzym
Hersteller
BamH I
(Puffer E)
Promega, Madison, WI, USA
Not I
(Puffer D)
Promega, Madison, WI, USA
Sac I
(Puffer J)
Promega, Madison, WI, USA
Xho I
(Puffer D)
Promega, Madison, WI, USA
T4-DNA Ligase
Tab. 7:
Promega, Madison, WI, USA
Pufferlösungen und Mischansätze
Puffer/Mischansätze
Zusammensetzung
Hersteller
Ligase-Puffer
30 mM Tris/HCl (pH 7,8)
Promega GmbH, Mannheim
1 mM ATP
10 mM MgCl2
10 mM Dithiothreitol
50 x TAE-Lösung
2 M Tris-Acetat
Serva GmbH, Heidelberg
50 mM EDTA (pH 8,0)
Serva GmbH, Heidelberg
ad 1 Liter mit Aqua dest.
TE-Puffer
10x Gel-Ladepuffer
10 mM Tris/HCl (pH 7,5)
Serva GmbH, Heidelberg
2 mM EDTA
Serva GmbH, Heidelberg
50% (v/v) Glycerin
Sigma-Aldrich GmbH, Steinheim
0,25% (w/v)
Merck KGaA, Darmstadt
Bromphenolblau
Merck KGaA, Darmstadt
0,25% (w/v) Xylencyanol
Marker-Mischansatz
50 µl SmartLadder
Eurogentec s.a., Seraing, Belgien
50 µl 10x Gel-Ladepuffer
400 µl Aqua bidest.
56
Material und Methoden
Tab. 8:
Weitere verwendete Chemikalien
Chemikalien
peqLab
Agarose
Gold
Hersteller
Universal peqLab Biotechnologie GmbH, Erlangen
MinElute PCR Purification Quiagen GmbH, Hilden
Kit
MinElute Gel Extraction Kit
3.2.1.1.
Quiagen GmbH, Hilden
Enzymatische Verdauung der DNA mit Restriktionsendonukleasen
Die zur restriktionsenzymatischen Spaltung von DNA verwendeten Restriktionsendonukleasen und Puffer wurden ausschließlich über die Firma Promega GmbH,
Heidelberg, bezogen. Alle Reaktionen wurden nach den Empfehlungen des
Herstellers (Promega Corporation, Madison, WI, USA) durchgeführt. Das
Gesamtvolumen der Reaktion betrug mindestens das Zehnfache des Volumens
der eingesetzten Enzymlösung, damit keine inhibitorischen Effekte durch das im
Lagerungspuffer der Enzyme enthaltene Glycerin auftreten konnten. Die
Verdauung wurde bei +37°C für mindestens 2 Stunden in einem Standardansatz
von 20 µl durchgeführt. Im Anschluss wurden die Ansätze mit dem MinElute PCR
Purification Kit (Qiagen, Hilden) nach Herstellerangaben aufgereinigt und mit Aqua
bidest. eluiert. Abschließend wurde das Ergebnis der Restriktion durch AgaroseGelelektrophorese kontrolliert.
57
Material und Methoden
3.2.1.2.
Elektrophoretische Auftrennung von DNA-Fragmenten
DNA-Fragmente wurden in horizontalen Elektrophoresekammern (Bio-Rad,
München) in Gelen mit 1% Agarosegehalt aufgetrennt. Für das Herstellen der
Gele sowie als Elektrophorese-Laufpuffer wurde 1x TAE-Pufferlösung (50x TAE: 2
M Tris-Acetat, 1 M Essigsäure, 100 mM EDTA, pH 8,0)
verwendet. Agarose
(Sigma-Aldrich Chemie GmbH, Steilsheim) wurde mit dem entsprechenden
Volumen 1x TAE-Puffer versetzt und aufgekocht. Nach kurzer Abkühlung wurden
2 µl Ethidiumbromid-Lösung (Sigma-Aldrich Chemie GmbH, Steilsheim) je 100 ml
zugegebenen TAE-Puffers hinzugefügt. Durch Zugabe des fluoreszierenden DNAInterkalationsfarbstoffs wird die spätere Visualisierung der aufgetrennten DNAFragmente auf einem UV-Leuchtschirm ermöglicht. Die abgekühlte Lösung wurde
zur Aushärtung in einen Gelschlitten gegossen und nach Polymerisation zu einem
Gel in eine Elektrophoresekammer mit 1x TAE eingebracht.
Je 1 µl einer DNA-Probenlösung wurde mit 8 µl Aqua bidest. und 1 µl Laufpuffer in
die Vertiefungen des Agarosegels pipettiert. Als Referenz und zur Abschätzung
der Länge der DNA-Fragmente in den Probenlösungen wurde zusätzlich eine
Lösung mit verschiedenen DNA-Fragmenten von bekannter Länge (SmartLadder,
Eurogentec s.a., Seraing, Belgien) aufgetragen. Anschließend wurde eine
Spannung von 10-15 V/cm für 30-60 Minuten angelegt und der Verlauf der
Indikatorsubstanzen beobachtet. Die aufgetrennten DNA-Fragmente wurden
abschließend auf einem UV-Leuchttisch dargestellt und fotodokumentiert.
3.2.1.3.
Isolierung von DNA aus Agarose
Die Isolierung der DNA aus Agarosegelen erfolgte mit dem MinElute Gel
Extraction Kit (Qiagen, Hilden) gemäß der Herstellerangaben. Die DNA wurde in
einem Volumen von 10 bzw. 30 µl PCR-Wasser eluiert und das Eluat bis zur
weiteren Verwendung bei -20°C aufbewahrt.
58
Material und Methoden
3.2.1.4.
Ligation
Die Ligationsreaktion zum Einschleusen eines DNA-Fragments in einen
linearisierten Vektor wurde in einem Standardansatz von 20 µl bei +16°C über
Nacht nach Angaben des Herstellers durchgeführt. Der Ansatz enthielt 1 Einheit
T4-DNA-Ligase, Ligationspuffer, 100-200 ng linearisierte Vektor-DNA und den
zwei- bis vierfachen molaren Überschuss an DNA-Fragment; als Blindprobe diente
ein Ansatz ohne Fragment.
3.2.1.5.
Konzentrationsbestimmungen von DNA in Lösung
Die Konzentrationsbestimmung erfolgte durch Messung der optischen Dichte (OD)
der DNA-Lösung bei einer Wellenlänge von 260 nm Mithilfe eines Photometers
(GeneQuant, Pharmacia). Ein OD-Wert von 1,0 bei λ=260 entspricht einer DNAKonzentration von 40 µg/ml. Zur Überprüfung der Reinheit der DNA wurde das
Verhältnis OD260/OD280 ermittelt, dessen Wert für eine optimale Reinheit möglichst
nahe bei 1,8 liegen sollte. Lediglich DNA-Präparationen mit einem Verhältnis
zwischen 1,6 und 2,0 wurden weiter verwendet.
59
Material und Methoden
3.2.2.
Bakterienarbeiten
Tab. 9:
Puffer und Mischansätze
Puffer/Mischansätze
Reagenzien
Hersteller
LB-Medium
10 g Pepton
Difco Laboratories, Detroit, MI, USA
10 g NaCl
Merck KGaA, Darmstadt
5 g Hefeextrakt
Difco Laboratories, Detroit, MI, USA
Ad 1 Liter mit Aqua dest.
pH auf 7,5 eingestellt, autoklaviert
Ampicillin-Lösung
50 mg/ml Ampicillin, steril filtriert
Sigma-Aldrich GmbH, Steinheim
Je 2 µl Lösung pro ml LB-Medium
S1- Lösung
50 mM Tris/ HCl, pH 8,0
10 mM EDTA
Macherney-Nagel GmbH & Co KG,
Düren
100 µg/ml RNAse A
S2- Lösung
0,2 M NaOH
Macherney-Nagel GmbH & Co KG,
Düren
1,0% SDS
S3- Lösung
3 M Kaliumacetat, pH 5,5
Macherney-Nagel GmbH & Co KG,
Düren
N2- Lösung
100 mM Tris-H3PO4
Macherney-Nagel GmbH & Co KG,
Düren
900 mM KCl
15% Ethanol
0,15% Triton-X 100
pH 6,3
N3- Lösung
100 mM Tris-H3PO4
1,15 M KCl
Macherney-Nagel GmbH & Co KG,
Düren
15% Ethanol
pH 6,3
N5- Lösung
100 mM Tris-H3PO4
1 M KCl
Macherney-Nagel GmbH & Co KG,
Düren
15% Ethanol
pH 8,5
Cytomix
120 mM KCl
Merck KGaA, Darmstadt
150 µM CaCl2
10 mM K2HPO4/KH2PO4, pH 7,6
25 mM HEPES, pH 7,6
2 mM EGTA, pH 7,6
1 mM MgCl2, pH 7,6
2 mM ATP, pH 7,6
5 mM Gluthation (reduziert)
10% (v/v) FCS
60
Material und Methoden
Tab. 10: Sonstige angewandte Chemikalien und Materialien
Chemikalien und Materialien
Hersteller
Isopropanol
Merck KGaA, Darmstadt
Ethanol
Merck KGaA, Darmstadt
1,22 M ß-Mercaptoethanol
Stratagene, La Jolla, CA, USA
Bactoagar
Difco Laboratories, Detroit, MI, USA
Nucleobond AX 500 Säulen
Macherney-Nagel GmbH & Co KG, Düren
3.2.2.1.
Transformation kompetenter Bakterien
Bakterien eines kompetenten Stamms von Escherichia coli (100 µl Stratagene XL2 blue, Stratagene GmbH, Heidelberg) wurden nach dem Auftauen auf Eis mit 2 µl
1,22 M ß-Mercaptoethanol versetzt und 10 Minuten auf Eis inkubiert. Nach
Zugabe von je 10 µl einer Plasmid-DNA-Lösung wurde die Bakteriensuspension
30 Minuten auf Eis inkubiert. Nach einem Hitzeschock von 30 Sekunden bei
+42°C wurde der Ansatz für 2 Minuten auf Eis gestellt und nach Zugabe von 500
µl LB-Medium unter Schütteln für 30 Minuten bei +37°C inkubiert. Danach wurde
die Lösung auf die vorgewärmten, Ampicillin-haltigen LB-Platten (LB-Medium mit
1,5% Bactoagar und 100 µg/ml Ampicillin) mittels einer sterilen Glaspipettenspitze
ausgestrichen und die Platten über Nacht bei +37°C im Brutschrank (Heraeus
Instruments GmbH, Hanau) umgedreht inkubiert.
61
Material und Methoden
3.2.2.2.
Plasmidpräparation im kleinen Maßstab (sog. Minipräparation)
Für die Identifizierung erfolgreich transformierter Klone wurden pro Ligation 8
Bakterienkolonien mit einer sterilen Pipettenspitze von der LB-Ampicillin-Platte
gepickt und in 5 ml steriles Antibiotika-haltiges LB-Medium (100 µg/ml Ampicillin)
überführt. Nach Inkubation im Thermo-Schüttler bei 200 Upm und +37°C über
Nacht wurden jeweils 1,5 ml der erhaltenen Bakteriensuspensionen in ein 1,5 ml
Eppendorf®-Reaktionsgefäß (Eppendorf AG, Hamburg) transferiert und bei 14.000
Upm und Raumtemperatur für 3 Minuten in einer Tischzentrifuge (Centrifuge
5417C, Eppendorf AG, Hamburg) sedimentiert. Das Bakteriensediment wurde in
300 µl kalter S1-Lösung resuspendiert, nach Zugabe von 300 µl der S2-Lösung
vorsichtig gemischt und 5 Minuten bei Raumtemperatur inkubiert. Anschließend
wurden 300 µl der S3-Lösung hinzugefügt, der Ansatz gründlich durchmischt und
für 10 Minuten auf Eis inkubiert. Nach Zentrifugation bei +4°C, 14000 Upm für 15
Minuten (Centrifuge 5417R, Eppendorf AG, Hamburg) wurde der Überstand in ein
1,5 ml Eppendorf®-Reaktionsgefäß mit 630 µl Isopropanol übertragen, dieses
invertiert und für 30 Minuten bei 14000 Upm und +4°C zentrifugiert. Der Überstand
wurde verworfen und das DNA-Pellet mit 500 µl 70% Ethanol (70% Ethanol in
Aqua bidest.) überschichtet und erneut für 15 Minuten bei 14.000 Upm und
Raumtemperatur zentrifugiert. Im Anschluss wurde der Überstand abgenommen,
das DNA-Pellet bei +37°C für 10-20 Minuten getrocknet und die Plasmid-DNA
anschließend in 20 µl sterilem Aqua bidest. resuspendiert.
3.2.2.3.
Plasmidpräparation im großen Maßstab (sog. Maxipräparation)
Es wurden jeweils 150 ml LB-Medium, 300 µl Ampicillin und 300 µl einer
Minipräparation, deren Bakterien das gewünschte Vektorkonstrukt enthalten, in
einen 1-Liter-Erlenmeyerkolben gegeben und bei +37°C sowie 200 Upm über
Nacht im Thermo-Schüttler inkubiert. Am Folgetag wurde die Bakteriensuspension
bei 5.000 Upm und +4°C für 15 Minuten in einem GS-3 Rotor zentrifugiert (Sorvall
Hochgeschwindigkeitskühlzentrifuge RC-5B Zentrifuge (Du Pont GmbH, Bad
62
Material und Methoden
Homburg). Im Anschluss wurde der Überstand abpipettiert, das Pellet mit 12 ml
kalter S1-Lösung gelöst und in ein 50 ml-Zentrifugenröhrchen (BDFalcon,
Heidelberg) überführt. Anschließend wurden 12 ml der S2-Lösung hinzugegeben,
vorsichtig gemischt und für 5 Minuten bei Raumtemperatur inkubiert. Nach Zugabe
von 12 ml der S3-Lösung wurde die Suspension gründlich gemischt, 5 Minuten auf
Eis inkubiert und anschließend bei +4°C und 15.000 Upm für 30 Minuten
zentrifugiert. Der Überstand wurde durch einen Faltenfilter auf eine Nucleobond
AX 500 Trennsäule gegeben, die zuvor mit 6 ml N2-Lösung äquilibriert worden
war. Die Säule wurde zwei Mal mit jeweils 12 ml der N3-Lösung gewaschen, bevor
die gebundene Plasmid-DNA mit 6 ml der N5-Lösung eluiert werden konnte. Das
Eluat wurde mit dem 0,7fachen Volumen Isopropanol versetzt und bei +4°C und
6000 Upm für 60 Minuten zentrifugiert. Das Pellet wurde in 400 µl Aqua bidest.
gelöst, mit 40 µl Natriumacetat-Lösung (Sigma-Aldrich Chemie GmbH, Steilsheim)
und 1 ml absolutem Ethanol versetzt und bei +4°C und 14.000 Upm für 30
Minuten zentrifugiert. Anschließend wurde das Pellet mit 500 µl 70% Ethanol
überschichtet und bei +4°C und 14.000 Upm für 10 Minuten zentrifugiert. Das
Pellet wurde 10-20 Minuten bei +37°C getrocknet und abschließend in 100 µl TEPuffer aufgenommen.
3.2.2.4.
Bakterien-Glycerin-Stocks
Zur längerfristigen Aufbewahrung wurde ein Aliquot der in selektivem Medium
dicht gewachsenen Einzelkolonien vor jeder Maxi-Präparation mit der gleichen
Menge an 86%igem Glycerin (Sigma-Aldrich Chemie GmbH, Steilsheim) versetzt,
gemischt und bei -80°C gelagert.
3.2.3.
Transfektion von PT1590 durch Elektroporation
Für die Transfektion durch Elektroporation wurde ein Vektorkonstrukt hergestellt.
Als Quelle für EGFP diente der Plasmidvektor pEGFP-N1. Die DNA von EGFP
wurde durch die enzymatische Verdauung mit den Restriktionsenzymen BamH I
63
Material und Methoden
und Not I aus dem Vektor herausgeschnitten, mittels Gelelektrophorese isoliert
und nach Aufreinigung gerichtet in die multiple cloning site (MCS) des
Expressionsvektors pIRESpuro2 kloniert, welcher zuvor mit den gleichen
Restriktionsenzymen geschnitten worden war (siehe Abb. 5).
Abb. 5:
Das für EGFP codierende DNA-Fragment wurde mithilfe der Restriktionsenzyme BamH I
und Not I aus dem Plasmidvektor pEGFP-N1 ausgeschnitten und gerichtet in die multiple
cloning site (MCS) des Expressionsvektors pIRESpuro2 kloniert, welcher zuvor mit den
gleichen Endonucleasen linearisiert worden war. Die in den Plasmidvektoren enthaltenen
CMV-Sequenzen dienen allein als Promoter zur eukaryoten Expression von EGFP.
(Darstellungen entstammen den im Internet zugänglichen Datenblättern der verwendeten
Vektoren, Clontech, BD Biosciences, Heidelberg).
3.2.3.1.
Restriktion von pIRESpuro2 und pEGFP-N1
Zunächst wurden pIRESpuro2 (3,75 µg/ml) und pEGFP-N1 mit dem Restriktionsenzym BamH I für 2 Stunden bei 37°C inkubiert und im Anschluss mit dem
MinElute PCR Purification Kit aufgereinigt und mit Aqua bidest. eluiert (siehe Tab.
11).
64
Material und Methoden
Tab. 11: Restriktionsverdauung von pIRESpuro2 und pEGFP-N1 mit BamH I
Vektor
pIRESpuro2
pEGFP-N1
DNA-Lösung
5,0 µl
10,0 µl
BamH I
2,0 µl
2,0 µl
Puffer E (10x)
2,0 µl
2,0 µl
Aqua bidest.
11,0 µl
6,0 µl
Total
20,0 µl
20,0 µl
Es wurden 16 µl des Eluats mit dem Enzym Not I für 2 Stunden bei 37°C inkubiert
(siehe Tab. 12):
Tab. 12: Restriktionsverdauung von pIRESpuro2 und pEGFP-N1 mit Not I
Vektor
pIRESpuro2
pEGFP-N1
Eluat
16,0 µl
16,0 µl
Not I
2,0 µl
2,0 µl
Puffer D (10x)
2,0 µl
2,0 µl
Aqua bidest.
Total
–
–
20,0 µl
20,0 µl
Nach der Restriktionsverdauung wurden jeweils 2 µl Gel-Ladepuffer zu den
Ansätzen gegeben und diese gemeinsam mit 10 µl des Marker-DNA-Mix mittels
Gelelektrophorese aufgetrennt. Die im UV-Licht als helle, gerade Banden in
65
Material und Methoden
Erscheinung tretenden linearen DNA-Fragmente konnten anhand der bekannten
Fragmentgrößen der Marker-DNA identifiziert werden.
Anschließend wurden die gesuchten Banden von EGFP (741 bp) und pIRESpuro2
(5185 bp) auf dem UV-Leuchttisch mit einem sterilen Skalpell (Feather, Japan
pfm, Köln) aus dem Agarosegel ausgeschnitten und mit dem MinElute Gel
Extraction Kit eluiert. Die Zusammensetzungen der im Kit enthaltenen Puffer
wurden vom Hersteller nicht bekannt gegeben. Die Lösung der Gelstücke erfolgte
in Puffer QG für 10 Minuten bei +50°C gelöst, wobei 3 µl QG-Puffer für je 1 mg
Gel eingesetzt wurden. Maximal 750 µl der Lösung wurden auf eine MinEluteSäule gegeben, anschließend bei 13.000 Upm für 1 Minute zentrifugiert und der
Durchfluss verworfen. Danach wurde die an die Säule gebundene DNA mit 740 µl
PE-Puffer gewaschen. Es erfolgte eine erneute Zentrifugation bei 13.000 Upm für
1 Minute, wiederum wurde der Durchfluss verworfen. Abschließend wurde die
Säule auf ein frisches 1,5 ml Eppendorf®-Reaktionsgefäß gesetzt und die DNA
mittels Zentrifugation (13.000 Upm für 1 Minute) in 10 µl EB-Puffer eluiert. 1 µl des
jeweiligen Eluats wurden mit 8 µl Aqua dest. und 1 µl Gel-Ladepuffer versetzt und
auf ein Agarosegel aufgetragen und aufgetrennt (siehe Abb. 6). Das verbliebene
Eluat wurde bis zur weiteren Verwendung bei -80°C aufbewahrt.
66
Material und Methoden
Abb. 6:
DNA-Fragmente nach Gelextraktion und Aufreinigung. Die gesuchten linearen DNAFragmente für EGFP (741 kb) und pIRESpuro2 (5185 kb) stellten sich nach Gelextraktion
und anschließender Aufreinigung in der Gelelektrophorese als gerade, intensiv
angefärbte Banden dar, die aufgrund der bekannten Fragmentlängen im Abgleich mit der
parallel aufgetrennten Marker-DNA sicher identifiziert werden konnten.
3.2.3.2.
Ligation von EGFP und pIRESpuro2
Entsprechend den unter 3.2.1.4. aufgeführten Vorgaben wurde EGFP mit dem
linearisierten Vektor pIRESpuro2 mit der einfachen sowie mit der doppelten DNAMenge des EGFP enthaltenden DNA-Fragments in zwei Ansätzen durchgeführt
(siehe Tab. 13).
67
Material und Methoden
Tab. 13: Ligation von EGFP und pIRESpuro2
Ansatz 1
Ansatz 2
EGFP
2,5 µl
5,0 µl
pIRESpuro2
0,8 µl
0,8 µl
Ligationspuffer (5x)
4,0 µl
4,0 µl
Aqua bidest.
11,7 µl
9,2 µl
Ligase (1 U/µl)
1,0 µl
1,0 µl
Total
20,0 µl
20,0 µl
3.2.3.3.
Bakterien-Transformation und Identifikation von positiven Klonen
Wie in Abschnitt 3.2.2.1 beschrieben, wurden Bakterien des Stamms XL-2 blue mit
je 10 µl der beiden Ligationsansätze transformiert und auf LB-Ampicillin-AgarPlatten ausgestrichen, die über Nacht zu Kolonien auswuchsen.
8 Kolonien wurden mit einer sterilen Pipettenspitze in 5 ml LB-Medium überführt,
welches Ampicillin (100 µg/ml) enthielt, und über Nacht bei +37°C und 200 Upm
im Thermoschüttler inkubiert. Anschließend wurden 1,5 ml von jedem Ansatz in
ein 2,0 ml Reaktionsgefäß transferiert. Entsprechend den Angaben in Abschnitt
3.2.2.2 (Mini-Präparation) wurde aus den expandierten Bakterienklonen jeweils die
Plasmid-DNA extrahiert. Durch Restriktionsverdauung mit dem Enzym Sac I
wurden die isolierten Plasmide auf die korrekte Insertion des EGFP-Fragments
überprüft (siehe Tab. 14).
68
Material und Methoden
Tab. 14: Restriktionsverdauung isolierter Plasmide mit Sac I
Ansatz
Abb. 7:
Plasmid-Extrakt
8,0 µl
Sac I
1,0 µl
Puffer J (10x)
1,0 µl
Aqua bidest.
–
Total
10,0 µl
Identifikation geeigneter Bakterienklone durch Verdauung der isolierten Plasmid-DNA mit
Sac I. Die Verdauung von pIRESpuro2 mit Sac I liefert DNA-Fragmente mit den Längen
von 3342 bp, 1763 bp und 87 bp. EGFP-tragende Plasmide hingegen weisen anstelle des
1763 bp großen Fragmentes ein Fragment von 2473 bp Länge auf. Die DNA der
Bakterienklone 4 und 7 wies in der Gelelektrophorese nach Restriktion mit Sac I die
gewünschten Banden auf, welche im Abgleich mit der parallel aufgetrennten Marker-DNA
identifiziert werden konnten. Die Plasmid-DNA des Klon 6 wies zusätzlich eine schwache
Bande bei ca. 1800 bp auf, so dass dieser Klon nicht für eine Maxi-Präparation
herangezogen wurde.
69
Material und Methoden
3.2.3.4.
Gewinnung von Plasmid-DNA für die Elektroporation
Geeignete Bakterienklone, welche das gewünschte Vektorkonstrukt trugen,
wurden wie in Abschnitt 3.2.2.3 beschrieben, in großem Maßstab amplifiziert
(Maxi-Präparation) und die enthaltene Plasmid-DNA isoliert und aufgereinigt. Die
Konzentrationen und die Qualität der Plasmid-DNA-Lösungen wurden abschließend photometrisch bestimmt (siehe Abschnitt 3.2.1.5).
Durch Restriktionsverdauung der isolierten Plasmid-DNA mit Sac I wurde erneut
das Vektorkonstrukt pIRESpuro2-EGFP nachgewiesen (siehe Abb. 8).
Abb. 8:
Nachweis des Vektorkonstruktes pIRESpuro2-EGFP in den DNA-Extraktionen nach
Maxipräparation. Das Konstrukt pIRESpuro2-EGFP wird bei einer theoretischen
Gesamtlänge von 5902 bp durch Restriktion mit Sac I in drei DNA-Fragmente mit den
Längen 3342 bp, 2473 bp und 87 bp gespalten. Diese wurden durch gelelektrophoretische
Auftrennung in den restringierten DNA-Extrakten von Klon 4 und 7 nachgewiesen. Die
aus der Maxipräparation zu Klon 4 gewonnene DNA zeigte eine zusätzliche Bande mit
einer Größe von ca. 6000 bp. Ein Teil der isolierten Plasmid-DNA scheint lediglich einfach
– im Sinne einer Linearisierung – geschnitten worden zu sein. Zum Vergleich lieferte die
Restriktion von pIRESpuro2 mit Sac I drei DNA-Fragmente mit den Längen 3342 bp, 1763
bp und 87 bp. Neben den restringierten DNA-Proben wurde jeweils auch unverdaute
Plasmid-DNA aufgetrennt. Die ungeschnittene, zirkuläre DNA bildet verschiedene
Superstrukturen aus (engl. „Supercoiling“), die in der Gelelektrophorese ein anderes
Wanderungsverhalten aufwies, als es bei linearisierten Fragmenten gleicher Größe zu
beobachten war.
70
Material und Methoden
10 µg des Vektorkonstrukts wurden mit dem Restriktionsenzym Xho I linearisiert
und anschließend mit dem MinElute DNA Purification Kit nach Angaben des
Herstellers aufgereinigt.
Tab. 15:
Linearisierung des Vektorkonstrukts mit Xho I
Ansatz
3.2.3.5.
Vektorkonstrukt
x µl
Xho I
5,0 µl
Puffer D
5,0 µl
Aqua bidest.
(20,0 – x) µl
Total
20,0 µl
Transfektion der PT1590-Zellen durch Elektroporation
Adhärent wachsende PT1590-Zellen aus zwei 75-cm2-Zellkulturflaschen (Nunc
GmbH & Co. KG, Wiesbaden) wurden bei einer Konfluenz von ca. 70-90% nach
Waschen mit PBS durch Zugabe von Trypsin-EDTA-Lösung (Biochrom AG, Berlin)
von der Kulturoberfläche abgelöst, in 10 ml Zellkulturmedium aufgenommen, in ein
50 ml-Zentrifugenröhrchen überführt und bei 1.200 Upm und +4°C für 10 Minuten
zentrifugiert. Anschließend wurde das Pellet in 10 ml PBS resuspendiert und die
Zellzahl in der Suspension bestimmt. Nach der erneuten Zentrifugation der
Zellsuspension bei 1.200 Upm und +4°C für 10 Minuten wurden die Zellen mit
eiskaltem Cytomix auf eine Konzentration von 30 x 107 Zellen/ml eingestellt. Nun
wurden 10 µg der zu transfizierenden Plasmid-DNA mit ddH2O auf ein Volumen
von 25 µl gebracht, die DNA-Lösung mit 225 µl Zellsuspension gemischt, in Gene
Pulser Küvetten (0,4 cm Breite) gegeben und 10 Minuten auf Eis inkubiert. Die
Elektroporation wurde mit einem Gene Pulser II mit einem Capacitance Extender II
71
Material und Methoden
(BioRad Laboratories GmbH, München) bei 250 V und 975 µF durchgeführt.
Anschließend wurden die Zellen für 10 Minuten bei +37°C inkubiert und dann in 1
ml Zellkulturmedium aufgenommen. Aliquots dieser Zellsuspension wurden in
Kulturmedium verdünnt, in Zellkulturschalen ausgesät und bei +37°C im
Brutschrank inkubiert.
3.2.3.6.
Selektion der transfizierten PT1590-Zellen
48-72 Stunden nach der Transfektion wurde das Zellkulturmedium in den
Zellkulturschalen durch frisches Medium ausgetauscht, welches das Antibiotikum
Puromycin (Sigma-Aldrich Chemie GmbH, Steilsheim) mit den Konzentrationen
0,5 µg/ml, 1,0 µg/ml oder 2,0 µg/ml enthielt. Die transfizierten Zellen wurden
anschließend täglich unter dem Auflicht-Fluoreszenz-Mikroskop Orthoplan Labor
Lux S (Leica Vertrieb GmbH, Bensheim) begutachtet, wobei das Puromycinhaltige Medium mit der jeweiligen Konzentration alle 2-3 Tage oder bei Umschlag
der Indikatorsubstanz zu wechseln war. Die Selektion wurde über einen Zeitraum
von 4-6 Wochen durchgeführt, bis sich keine nicht-transfizierten Zellen mehr
nachweisen ließen und sich Kolonien aus überlebenden Transfektanten bildeten.
Kolonien, die sich mit einer intensiven Leuchtkraft von den übrigen PT1590-Zellen
abhoben, wurden im Verlauf mit sterilen Pipettenspitzen aufgenommen und in
24er-Nunclon-Multischalen (Nunc GmbH Co. KG, Wiesbaden) überführt. Dort
wurden
diese
unter
Fortführung
der
Puromycin-Behandlung
mit
einer
Konzentration von 0,5 µg/ml expandiert und bei ausreichender Zellzahl zunächst
in 12er- und anschließend in 6er-Multischalen überführt. Kontinuierlich wachsende
Transfektanten wurden schließlich in 25-cm2-Zellkulturflaschen (Nunc GmbH Co.
KG,
Wiesbaden)
ausgesät,
nach
mehrmaliger
Passagierung
in
75-cm2-
Zellkulturflaschen transferiert und fortwährend mit Puromycin-haltigem TumorzellMedium kultiviert. Aliquots der selektierten Transfektanten wurden regelmäßig in
Kulturmedium mit 20% DMSO (Serva Feinbiochemica, Heidelberg) tief gefroren
und in flüssigem Stickstoff aufbewahrt.
72
Material und Methoden
3.2.4.
Transfektion von PT1590 mittels FuGENE 6
Neben der Transfektion durch Elektroporation wurde ein zweiter Ansatz zur
stabilen Transfektion der Zelllinie PT1590 mit EGFP gewählt. Die Plasmidvektoren
pEGFP-N1 und pLEGFP-N1 (Clontech, BD Biosciences, Heidelberg) wurden
mithilfe des Transfektionsreagenz FuGENE 6 (Roche Diagnostics GmbH,
Mannheim) in PT1590-Zellen transfiziert. FuGENE 6 besteht aus einer Mischung
verschiedener Lipide, die in 80% Ethanol gelöst sind. Die DNA-Fragmente der
vorliegenden Studie komplexieren mit Liposomen-ähnlichen Strukturen und
gelangen durch Fusion mit der Zellmembran zunächst in das Zytoplasma und
weiter in den Zellkern der Zellen.
Bei pLEGFP-N1 handelt es sich um ein EGFP-tragenden DNA-Plasmidvektor, der
im Gegensatz zu den übrigen verwendeten Vektorkonstrukten retrovirale
Elemente aus dem Moloney murine leukemia virus (MoMuLV) trägt (siehe Abb. 9).
pLEGFP-N1 enthält sogenannte Long terminal repeats (LTRs), welche die
Integration von Fremd-DNA in das Genom der zu transfizierenden Zielzellen
erleichtern können. Da weder pLEGFP-N1 noch die zu transfizierenden PT1590Zellen die Gene gag, pol und env besitzen, besteht keine Gefahr, dass in den
Zielzellen nach Integration des Plasmids replikationsfähige infektiöse Viruspartikel
entstehen könnten.
73
Material und Methoden
Abb. 9:
pLEGFP-N1 enthält sogenannte Long terminal repeats (LTRs), welche die Integration von
Fremd-DNA in das Genom der zu transfizierenden Zielzellen erleichtern können. Ψ+ als
RNA-Verpackungssignal allein ist ohne die im Vektor nicht enthaltenen Gene für gag, pol
und env nicht in der Lage, nach genomischer Integration des Plasmids replikationsfähige
infektiöse Viruspartikel herzustellen. Die enthaltene CMV-Sequenz dient lediglich als
Promoter zur eukaryoten Expression von EGFP. Die Darstellung des Vektors entstammt
dem im Internet zugänglichen Datenblatt, Clontech, BD Biosciences, Heidelberg.)
PT1590-Zellen wurden auf 10 ml-Zellkulturschalen in Kulturmedium (siehe Tab. 4)
mit einer zuvor bestimmten Zelldichte (~0,25 x 106/ml) ausgesät und über Nacht
inkubiert, so dass diese am Tag der Transfektion in den Vertiefungen eine
Konfluenz von etwa 80% zeigten. 10 µg der zu transfizierenden Vektor-DNA
wurden in Lösung in ein 1,5 ml Eppendorf®-Reaktionsgefäß vorgelegt. In einem
weiteren Reaktionsgefäß wurde serumfreies Kulturmedium, welches keine
Antibiotika enthielt, mit dem gemessen an der DNA-Menge [µg] 3fachen oder
6fachen Volumen in µl der FuGENE-6-Lösung versetzt (siehe Tab. 16). Dabei
wurde die FuGENE 6 direkt in das Medium pipettiert, ohne mit der Wand des
Reaktionsgefäßes in Kontakt zu kommen. Nach einmaligem Invertieren des
Reaktionsgefäßes wurde das verdünnte Transfektionsreagenz tropfenweise zur
DNA-Lösung gegeben und der entstandene Transfektionsansatz für 15 Minuten
bei Raumtemperatur inkubiert. Während dieses Zeitraums konnten sich Komplexe
74
Material und Methoden
aus FuGENE 6 und Vektor-DNA bilden. Anschließend wurde der Transfektionsansatz einmal invertiert und tropfenweise zu den Zellen gegeben.
Tab. 16: Unterschiedliche Ansätze zur Transfektion von PT1590 mit
FuGENE 6
Ansatz
Vektor
DNA
SFM*
FuGENE 6
DNA : FuGENE 6
1
pLEGFP-N1
5 µg
300 µl
30 µl
1:6
2
pLEGFP-N1
10 µg
300 µl
30 µl
1:3
3
pLEGFP-N1
20 µg
300 µl
60 µl
2:6
4
pEGFP-N1
5 µg
300 µl
30 µl
1:6
5
pEGFP-N1
10 µg
300 µl
30 µl
1:3
6
pEGFP-N1
20 µg
300 µl
60 µl
2:6
* SFM: Serumfreies Medium
Nach 24 Stunden erfolgte die Zugabe von frischem Kulturmedium zu den Zellen,
wobei die unterschiedlichen Ansätze zur initialen Selektion anschließend auf 6erMultischalen (Nunc GmbH & Co. KG, Wiesbaden) aufgeteilt wurden. Diese wurde
mit unterschiedlichen Konzentrationen des Aminoglykosid-Antibiotikums G418
(100-800 µg/ml) durchgeführt, gegen welches Transfektanten mit Aufnahme der
Plasmid-DNA und der damit verbundenen Expression des AminoglykosidPhosphotransferase-Gens eine Resistenz erworben hatten.
Analog zur Transfektion der PT1590-Zellen durch Elektroporation (siehe Abschnitt
3.2.3.4) wurde die Selektion und Subklonierung von stabilen, stark exprimierenden
Transfektanten über einen Zeitraum von 4-6 Wochen mit G418 in einer
Konzentration von 500-1000 µg/ml durchgeführt. Aliquots der selektierten
Transfektanten wurden regelmäßig in Kulturmedium mit 20% DMSO tief gefroren
und in flüssigem Stickstoff aufbewahrt.
75
Material und Methoden
3.3.
Tierversuche
3.3.1.
Versuchstiere
Der nachfolgend beschriebene Tierversuch wurde initial entsprechend des § 8 des
Tierschutzgesetzes vom 25. Mai 1998 im Universitätsklinikum HamburgEppendorf beantragt und genehmigt. Von August bis September 2003 fanden hier
die Vorversuche zur Prüfung der Tumorigenität der PT1590-Transfektanten in 10
sechs Wochen alten, weiblichen SCID-Mäusen statt. Im September 2003 erfolgte
die Übertragung des in Hamburg genehmigten Versuchsvorhabens an die
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (Aktenzeichen: 50.05-230-00/03).
Hier wurden alle weiteren tierexperimentellen Arbeiten an insgesamt 60 sechs
Wochen alten, weiblichen SCID-Mäusen durchgeführt.
Die 10 SCID-Mäuse des Vorversuches stammten aus der Zucht des Instituts für
Versuchstierkunde des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Die 60 SCIDMäuse des Tierversuches in Düsseldorf stammten aus der Zucht des Instituts für
Versuchstierkunde des Heinrich-Heine-Universitätsklinikums Düsseldorf.
3.3.1.1.
Die
Versuchstierhaltung
10
SCID-Mäuse
Tierversuchsanlage
des
Vorversuches
wurden
in
der
zentralen
(TVA) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf ge-
meinsam in einem Edelstahlkäfig unter standardisierten Bedingungen gehalten
(Raumtemperatur +20°C, relative Luftfeuchtigkeit 55% ± 5%, Tag-Nacht-Rhythmus
12 Stunden durch Kunstlicht bei 300 Lux). Entkeimtes Trinkwasser aus Flaschen,
sowie pelletiertes Futter stand den Mäusen ad libitum zur Verfügung. Während der
gesamten Versuchszeit wurden die Tiere im Abstand von zwei Tagen tierärztlich
auf ihren Habitus und pathologische Veränderungen an der Implantationsstelle
kontrolliert.
Die 60 SCID-Mäuse für die in der zentralen Tierversuchsanlage (TVA) der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf durchgeführten Nachfolgeversuche wurden
76
Material und Methoden
in Gruppen zu jeweils vier Tieren in Edelstahlkäfigen ebenfalls unter den oben
definierten Bedingungen gehalten. Auch diese Tiere standen während der
Versuchszeit unter tierärztlicher Kontrolle.
3.3.2.
Tierversuchsdurchführung
3.3.2.1.
Vorbereitung
der
transfizierten
PT1590-Zellen
für
die
Xenotransplantation in SCID-Mäuse
Für die Xenotransplantation in SCID-Mäuse wurden ausschließlich Tumorzellen
verwendet, die in den Zellkulturflaschen eine Konfluenz von 80-90% aufwiesen.
Zwölf Stunden vor der geplanten Applikation der Tumorzellen wurde das
Trägermedium Growth Factor Reduced BD Matrigel Matrix (BD Bioscience,
Bedford, MA, USA) auf eine Temperatur von +4°C gekühlt. Alle weiteren für die
Zellapplikation in SCID-Mäuse notwendigen Verbrauchsmaterialien (Pipettenspitzen, PBS-Pufferlösung, Spritzen und Injektionskanülen) wurden ebenfalls 12
Stunden vor Versuchsbeginn bei einer Temperatur von +4°C gelagert.
Die
transfizierten
PT1590-Zellen
wurden
zunächst
mit
PBS-Pufferlösung
gewaschen und hiernach mit Trypsin-EDTA-Lösung vom Flaschenboden gelöst.
Die abtrypsinierten Zellen wurden dann für 5 Minuten in 10 ml PBS-Lösung
überführt und bei 1.250 Upm für 8 Minuten bei +4°C zentrifugiert. Anschließend
wurde der Überstand entfernt und das Zellpellet in 1 ml gekühlter PBS-Lösung
resuspendiert. Von dieser Zellsuspension wurden 10 µl entnommen und die
Zellzahl mittels Neubauer-Zählkammer ermittelt. Hiernach erfolgte die erneute
Zentrifugation der Zellen für 8 Minuten bei 1.250 Upm. Nach Entfernen des
Überstandes
wurde das Zellpellet wiederum mit PBS-Lösung resuspendiert,
wobei genau soviel PBS-Lösung verwandt wurde, dass die gewünschte
Zellkonzentration von 2x106 Zellen/100µl PBS-Lösung erreicht wurde. Jeweils 100
µl dieser Zellsuspension wurden dann in Eppendorf Zentrifugenröhrchen
überführt und hiernach mit jeweils 100 µl Matrigel versetzt. Die MatrigelZellsuspension wurde mittels 1 ml Spritzen gemischt und dann zu jeweils 200 µl in
77
Material und Methoden
selbiger Spritze aufgezogen. Anschließend wurden die so vorbereiteten Spritzen
bis zur Injektion in die SCID-Mäuse ohne Unterbrechung auf Eis gelagert. Bis zur
Tumorzellinjektion vergingen hiernach maximal 45 Minuten.
3.3.2. 2. Xenotransplantation der PT1590-EGFP-Subklone in SCID-Mäusen
Um die Tumorigenität der transfizierten PT1590-Zellen zu überprüfen, wurden die
Subklone PT1590-EGFP-H/1, PT1590-EGFP-H/4 bzw. PT1590-EGFP-10 in einem
Vorversuch in insgesamt 9 sechs Wochen alte, weibliche SCID-Mäuse appliziert,
wobei jeweils 3 Mäusen Zellen des gleichen Subklons implantiert wurden. Jedem
Versuchstier wurden 2x106 in 200 µl Matrigel®/PBS gelöste Tumorzellen subkutan
in die Flankenregion injiziert. Der Negativkontroll-Maus wurden 200 µl 0,9%iger
Natriumchlorid (NaCl)-Lösung ohne Tumorzellen s.c. in die Flankenregion injiziert.
Während der Versuchszeit wurden die Mäuse täglich auf pathologische Veränderungen
des
Verhaltens,
sowie
einsetzende
Kachexie,
Bewegungs-
einschränkungen, Apathie, gesträubtes Haarkleid und Veränderungen an der
Implantationsstelle untersucht.
Kongruent zu den Vorversuchen, wurden jedem Versuchstier des anschließenden
Tierversuchs an der TVA des Universitätsklinkums Düsseldorf, jeweils 2x106, in
200µl Matrigel®-PBS-Lösung gelöste PT1590-EGFP-H/4-Zellen subkutan in die
Flankenregion appliziert, wobei pro Versuchstag maximal 4 Mäuse injiziert
wurden. Auch hier erfolgten im Anschluss an die Injektionen tägliche Kontrollen
der Mäuse auf pathologische Veränderungen. Das Vermessen der lokalen
Tumoren im Bereich der Implantationsstellen erfolgte in zweitägigen Abständen
mit einer Schieblehre, wobei alle Tumoren jeweils in 2 Dimensionen vermessen
wurde.
78
Material und Methoden
3.3.2.3.
Tötung und Sektion der Versuchstiere
Vier bis 6 Wochen nach der Implantation der Tumorzellen bzw. nach Erreichen
einer kritischen Tumorgröße von ≥ 15 mm im Durchmesser wurden die Tiere
euthanasiert und anschließend seziert. Hierzu wurden die Mäuse zunächst durch
Inhalation eines CO2-/O2-Gasgemisches betäubt und im Anschluss durch zervikale
Dislokation getötet. Neben der Tumorgröße galten als weitere Kriterien für eine
durchzuführende Tötung der Mäuse Verhaltensauffälligkeiten, Kachexie, gesträubtes Haarkleid und lokale Hautveränderungen im Sinne von Ulzerationen
oder Abszessen im Bereich der Injektionsstelle.
Bei der Sektion der Mäuse wurden diese in Rückenlage mit Nadeln auf einer
festen Unterlage fixiert. Zunächst erfolgte dann mit einem Skalpell die Inzision der
Haut vom Schambein bis zum Unterkiefer. Um ein Verschleppen von Tumorzellen
während der Sektion zu vermeiden erfolgte die Schnittführung hierbei stets in
ausreichender Entfernung zu den im Bereich der lateralen Bauchwand
lokalisierten
subkutanen
Tumoren.
Anschließend
erfolgte
das
stumpfe
Abpräparieren der Haut von Bauch- und Thoraxwand, wobei auch hierbei darauf
geachtet wurde, die lokalen Tumoren der Mäuse nicht zu verletzen. Hiernach
wurde zunächst die Bauchhöhle eröffnet und auf pathologische Veränderungen
hin untersucht. Anschließend erfolgte die Entnahme von Leber und Nieren. Bei
drei Mäusen wurde zusätzlich die Milz entnommen. Nun erfolgte die transsternale
Eröffnung des Thorax und die Entnahme der Lungen. Hiernach wurden jeweils
beide Oberschenkelknochen der Mäuse freipräpariert und ebenfalls entnommen.
Abschließend erfolgte die Entnahme der Bauchwandtumoren. Nach jedem
Sektionsschritt wurde das Sektionsbesteck in 80%igem Ethanol desinfiziert.
Die entnommenen Organe sowie die Tumoren wurden bis zur weiteren
Verarbeitung in entsprechend beschrifteten Zentrifugenröhrchen, welche 5 ml
10%FCS/RPMI 1640 enthielten, auf Nasseis gelagert.
79
Material und Methoden
3.3.2.4.
Aufbereitung der entnommenen Mausorgane und -tumoren
Die weitere Verarbeitung der entnommenen Organe erfolgte unter der
Reinraumwerkbank im Chirurgischen Forschungslabor des Universitätsklinikums
Düsseldorf.
Lungen, Nieren, Milzen und Bauchwandtumoren der Mäuse wurden zunächst in
sterile Petrischalen überführt und mit einem Skalpell geteilt, wobei ein Teil der
Organe für spätere Analysen in flüssigem Stickstoff schockgefroren und
anschließend bei -80°C asserviert wurde, während der andere Teil mechanisch
unter Verwendung der sog. Medimachine (DakoCyomation GmbH, Hamburg)
weiter zu Einzelzellsuspensionen disaggregiert wurde. Der eigentliche Vorgang
der Disaggregation erfolgt in diesem halbautomatischen System in speziellen
Polyethylen-beschichteten Disaggregationskammern (sog. Medicons). Diese sind
in der Mitte durch eine starre Metallplatte unterteilt, in welcher bis zu 100
hexagonale Löcher um sechs Mikromesser angeordnet sind. Dabei führt ein
rotierendes Element oberhalb der Metallscheibe mit 80 Upm die in den oberen
Bereich der Disaggregationskammer eingebrachten Gewebestücke den Messern
zu. Die durch die Rotation und die Schneidewirkung der Messer entstehende
Zellsuspension gelangt dann durch die hexagonalen Löcher der Metallscheibe auf
den Boden der Disaggregationskammer, wobei eine Mikropumpe unterhalb der
Metallscheibe für Flüssigkeitszufuhr sorgt und damit die Reinigung der Zellen
sichert. Die Disaggregationskammern sind in zwei Formaten erhältlich, die sich in
der Unterstützung durch die 35 oder 50 µm Separatoren-Scheiben voneinander
unterscheiden. Für den hier beschriebenen Versuch wurden Disaggregationskammern im Format 50 µm verwendet. Um eine möglichst vollständige
Disaggregation der präparierten Mausgewebe zu Einzelzellsuspensionen zu
erzielen, wurde das Disaggregationsprotokoll in einem Vorversuch zunächst
optimiert. Hierzu wurden Lungen, Nieren, Leber und Milz der Negativkontroll-Maus
verwendet, welcher in dem ersten Vorversuch zur Prüfung der Tumorigenität der
1590-Transfektanten s.c. NaCl-Lösung injiziert worden war. In den Vorversuchen
mit den Organen dieser Maus zeigte sich, dass sich die Zellausbeute insgesamt
80
Material und Methoden
erhöhen
ließ,
wenn
die
Organproben
vor
dem
Einbringen
in
die
Disaggregationskammer der Medimachine mit dem Skalpell in etwa 1 mm3 große
Gewebsstücke zerkleinert wurden. Zusätzlich ließen sich Qualität und Quantität
der Einzelzellsuspensionen noch durch einen sequentiellen Disaggregationsvorgang steigern. Hierbei wurde das in die Disaggregationskammer zugeführte
RPMI 1640-Medium fraktioniert zu jeweils 1 ml appliziert und der Disaggregationsvorgang mehrfach für je 30 Sekunden wiederholt, wobei am Ende jedes dieser
Disaggregationsvorgänge jeweils 1 ml Zellsuspension abgezogen und durch eine
entsprechende Menge RPMI 1640-Medium ersetzt wurde.
Anschließend wurden die Einzelzellsuspensionen in Zentrifugenröhrchen überführt
und bei 1.500 Upm für 8 Minuten zentrifugiert. Hiernach wurde der Überstand
unter der Reinraumwerkbank mit einer Motorpipette abgesaugt und das Zellpellet
in 7 ml 10%FCS/RPMI1640 resuspendiert. Im Anschluss erfolgte eine erneute
Zentrifugation bei 1.500 Upm für 8 Minuten. Nach Absaugen des Überstandes und
Resuspension des Zellpellets wurde die Suspension in eine Petrischale überführt
und unter dem Invert-Auflicht-Fluoreszenz-Mikroskop auf grün-fluoreszierende
Tumorzellen hin untersucht.
Während der Aufbereitung der einzelnen Mausorgane zeigte sich, dass sich Leber
und Milz aufgrund ihrer geweblichen Textur nicht für eine mechanische
Disaggregation mit der Medimachine eigneten. Diese Organe wurden für spätere
Untersuchungen komplett in flüssigem Stickstoff schockgefroren und anschließend
bei -80°C asserviert.
Bei der Präparation des Knochenmarks aus den Oberschenkelknochen der Mäuse
erfolgte zunächst mit der Präparierschere die Eröffnung der Markhöhle in Höhe
der Trochanteren. Anschließend wurde das Knochenmark durch Einführen einer
20G- Kanüle in die Markhöhle mittels einer Spritze mit 5-10 ml 10%FCS/RPMI
1640-Medium herausgespült und in einer sterilen Petrischale aufgefangen.
81
Material und Methoden
3.3.2.5.
Detektion von disseminierten Tumorzellen in Sekundärorganen der
SCID-Mäuse
Die Maus-Organzellsuspensionen wurden unter einem Auflicht-FluoreszenzMikroskop Orthoplan Labor Lux S (Leica Vertrieb GmbH, Bensheim) auf die
Anwesenheit von grün-fluoreszierenden Tumorzellen untersucht. Bei dem zur
Tumorzell-Detektion verwendeten Fluoreszenzfilter handelte es sich um einen
Filter mit einem Anregungsbereich von 480 ± 30 nm und einem Emissionsbereich
von 527 ± 30 nm Wellenlänge, welcher üblicherweise für die Visualisierung des
Fluorochroms Fluorescein-Isocyanat (FITC) eingesetzt wird.
3.4.
Verwendete Chemikalien, Lösungen und Materialien für Zellkultur
und Tierversuche
Chemikalien und Lösungen
Aqua ad injectabilia…………………………..…...
Dimethylsulfoxid(DMSO)....................................
Ethanol 80%ig: Selbstherstellung aus abs.
Ethanol; Ethanol abs. zur Analyse......................
Fetales Kälberserum (FCS)................................
Gentamycin 50 mg/ml…………………………….
Growth Factor Reduced BD Matrigel Matrix®….
human epidermal growth factors (EGF)……….
human basic fibroblast growth factors (BFGF).
Insulin………………………………………………
Isopropanol………………………………………...
L-Glutamine………………………………………..
Natrium-Chlorid-Lösung 0,9%ig (NaCl)..............
Phosphatgepufferte Kochsalzlösung (PBS).......
Penicillin/Streptomycin……………………………
RPMI 1640 Medium w/o L-Glutamine…………..
Transferrin, humanes.........................................
Trypanblau-Lösung.............................................
Trypsin-EDTA-Lösung........................................
82
Hersteller
B. Braun AG, Melsungen
Serva Feinbiochemica, Heidelberg
Merck KGaA, Darmstadt
Invitrogen GmbH, Karlsruhe
Gibco BRL, Paisley, Scotland
BD Bioscience, Bedford, MA, USA
Boehringer Ingelheim, Ingelheim
Roche, Mannheim
Sigma-Aldrich, München
Roth, Karlruhe
Invitrogen GmbH, Karlsruhe
B. Braun AG, Melsungen
Life Technologies, Karlsruhe
Biochrome AG, Berlin
Invitrogen GmbH, Karlsruhe
Sigma-Aldrich, München
Invitrogen GmbH, Karlsruhe
Invitrogen GmbH, Karlsruhe
Material und Methoden
Geräte und Materialien
Brutschrank B 5061............................................
Elektrische Pipettierhilfe, Pipettus-Standard......
Einfrierröhrchen 1,5 ml.......................................
Eppendorf-Röhrchen..........................................
Fluoreszenz-Mikroskop Orthoplan Labor Lux S.
Kanülen, 20G......................................................
Medicon, 50 µm..................................................
Medimachine......................................................
Mikroskop Olympus BH......................................
Neubauer Haemozytometer...............................
Pipetten, 5,10 ml.................................................
Pipettenspitzen...................................................
Petrischalen........................................................
Reinraumwerkbank.............................................
Skalpelle.............................................................
Spritzen, 1 ml..................................................
Vakuumpumpe ..................................................
Zellkulturflaschen, 25-cm2, 75-cm2.....................
Zentrifuge Universal 30RF..................................
Zentrifugenröhrchen, 15 ml................................
3.5.
Alle
Hersteller
Heraeus Instruments GmbH, Hanau
Hirschmann, Eberstadt
Nunc GmbH & Co. KG, Wiesbaden
Eppendorf, Hamburg
Leica Vertrieb GmbH, Bensheim
BD Bioscience, Belgien
DakoCytomation, Hamburg
DakoCytomation, Hamburg
Olympus Europa GmbH, Hamburg
Brand GmbH & Co. KG, Wertheim
Greiner GmbH, Frickenhausen
Greiner GmbH, Frickenhausen
Greiner GmbH, Frickenhausen
Heraeus Instruments GmbH, Hanau
Feather, Japan pfm, Köln
B. Braun AG, Melsungen
Neolab® GmbH, Heidelberg
Nunc GmbH & Co. KG, Wiesbaden
Hettich, Tuttlingen
Nunc GmbH & Co. KG, Wiesbaden
Statistik
in
dieser
Arbeit
erstellten
Ergebnisse
wurden
mit
Hilfe
des
Koordinationszentrum für Klinische Studien des Universitätsklinikums Düsseldorf
statistisch ausgewertet.
83
Ergebnisse
4.
Ergebnisse
4.1.
Generierung von stabilen Transfektanten
Mit Hilfe beider Transfektionsmethoden konnten Transfektanten generiert werden,
die überwiegend eine stabile und intensive GFP-Expression zeigten und ein
Wachstumsverhalten aufwiesen, welches der Proliferation von nicht-transfizierten
Zellen entsprach. Die einzelnen Klone wurden hinsichtlich ihrer Zellmorphologie,
ihrer
Leuchtintensität
und
ihres
geschätzten
prozentualen
Anteils
an
exprimierenden Zellen (Positivität), gemessen an der jeweiligen Gesamtzellzahl
charakterisiert (siehe Tab.17).
Tab. 17: PT1590-Transfektanten mit stabiler EGFP-Expression
Klon
Enthaltenes
Vektor-Konstrukt
Zellmorphologie
Expressionsstärke
Expressionsmuster
Positivität
H/1
pLEGFP-N1
Epitheloidfibroblastoid
++ - +++
Homogen
80%
H/2
pLEGFP-N1
Epitheloidfibroblastoid
+ - +++
Inhomogen
50%
H/3
pLEGFP-N1
Epitheloidfibroblastoid
+ - +++
Inhomogen
10%
H/4
pEGFP-N1
Epitheloid
++ - +++
Homogen
90%
H/5
pEGFP-N1
Epitheloidfibroblastoid
+ - +++
Homogen
90%
1/4
pIRESpuro2EGFP
Epitheloid
+ - ++
Homogen
95%
1/7
pIRESpuro2EGFP
Epitheloid
+ - ++
Homogen
95%
Klon 3
pLEGFP-N1
Epitheloidfibroblastoid
++ - +++
Inhomogen
95%
Klon 6
pLEGFP-N1
Fibroblastoid
+ - ++
Homogen
95%
Klon
10
pLEGFP-N1
Fibroblastoid
++ - +++
Homogen
95%
84
Ergebnisse
4.2.
Prüfung der Tumorigenität der EGFP-transfizierten PT1590Subklone in der SCID-Maus
4 Wochen post injectionem ließen sich bei 7 von 9 Mäusen, denen die PT1590Subklone injiziert worden waren, subkutan im Bereich der Implantationsstelle
Tumoren nachweisen (siehe Tab. 18). Dabei wiesen die Mäuse, denen PT1590EGFP-H/1-Zellen injiziert wurden, nach vier Wochen Tumoren mit einer durchschnittlichen Tumorgröße von 11,66 mm (9-15 mm) auf. Die Tumoren der Mäuse,
denen PT1590-EGFP-H/4-Zellen injiziert worden waren, wiesen nach vier Wochen
eine durchschnittliche Größe von 14 mm (9-19,5 mm) auf. Von den 3 Mäusen,
denen PT1590-EGFP-10-Zellen injiziert worden waren, entwickelte nur eine Maus
einen sichtbaren Tumor mit einer Größe von 7,5 mm. Die 2 anderen Mäuse dieser
Gruppe entwickelten auch im weiteren Verlauf keine makroskopisch sichtbaren
Tumoren im Bereich der Implantationsstellen (siehe Tab. 18). Alle 7 Tiere mit
lokaler Tumorentwicklung wurden nach Ablauf von 4 Wochen getötet.
Abgesehen von der lokalen Tumorentwicklung wies keines der Versuchstiere
während der gesamten Versuchszeit weitere äußerlich erkennbare Anzeichen
einer Tumorerkrankung auf.
85
Ergebnisse
Tab. 18: Lokale Tumorgröße 4 Wochen nach s.c. Applikation
der PT1590-EGFP-Subklone H/1, H/4 und 10
Applizierter
Maus-Nr.
Lokale
Tumordurchmesser [mm]
PT1590-EGFP-Subklon
Tumorbildung
Subklon H/1
#1
+
15
#5
+
9
#9
+
11
#3
+
9
#7
+
19,5
#10
+
13,5
#2
+
7,5
#4
-
-
#6
-
-
Subklon H/4
Subklon 10
4.3.
Etablierung
des
SCID-Maus-Xenograft-Modells
mittels
des
Subklons PT1590-EGFP-H/4
Aufgrund seiner eher epitheloiden Zellmorphologie (siehe Tab. 17) und der
erfolgreichen SCID-Maus-Vorversuche mit Nachweis der nach Transfektion
weiterhin bestehenden, zuverlässigen Tumorigenität, sowie des im Vergleich zu
den anderen getesteten Zellklonen schnelleren Wachstums in der SCID-Maus
(siehe Tab. 18), wurde für die weiteren Tierversuche der Subklon PT1590-EGFPH/4 verwendet.
86
Ergebnisse
4.3.1.
Tumorentwicklung nach s.c. Applikation von PT1590-EGFP-H/4Zellen in SCID-Mäuse
Alle 60 Mäuse entwickelten nach s.c. Applikation von PT1590-EGFP-H/4-Zellen
lokale Tumoren im Bereich der Implantationsstelle. 11 dieser Tiere wurden vor
Erreichen einer lokalen Tumorgröße von ≥ 15 mm aufgrund von tumorassoziierten
Symptomen, wie Tumorexulzerationen (n=7) oder Kachexie (n=4), getötet. Von
diesen 11 Mäusen zeigten 7 Mäuse zum Zeitpunkt der Tötung lokale Tumoren von
14 mm Durchmesser, 3 Tiere zeigten Tumoren mit einer Größe von 13 mm und
eine Maus wies einen lokalen Tumor von 12 mm auf.
Abb. 10: Subkutan lokal gewachsener Primärtumor nach Applikation von
PT1590-EGFP-H/4-Zellen am Beispiel der Maus #9
87
Ergebnisse
Seitens der s.c. Tumorwachstumsdynamik erwies sich, dass bis zum Erreichen
eines erstmalig palpablen s.c. Tumorknötchens von ca. 3-4 mm Durchmesser im
Mittel 7,23 Tage vergingen. Bis zum Erreichen einer mittleren Tumorgröße von 514 mm vergingen im Mittel 29,72 Tage, während bis zum Erreichen einer
terminalen Tumorgröße von > 15 mm im Mittel 46,24 Tage benötigt wurden (siehe
Tab. 19; Abb. 11).
Die Sektion der Mäuse offenbarte, dass bei keiner der 60 sezierten Tiere zum
Zeitpunkt der Tötung eine makroskopisch sichtbare Organfernmetastasierung
vorlag. Keines der für die weiteren Versuche entnommenen Organe (Lungen,
Leber, Milz, Nieren, Femura) wies Metastasen auf.
88
Ergebnisse
80
70
60
Zeit [Tage]
50
40
30
20
10
58
55
52
49
46
43
40
37
34
31
28
25
22
19
16
13
10
7
4
1
0
Maus Nr.
Abb. 11: Dauer bis zum Erreichen einer lokalen Tumorgröße von ≥ 15 mm oder
Auftreten klinischer tumorassoziierter Symptome nach s.c. Applikation
von PT1590-EGFP-H/4. (Maus # 4,8,15,18,27,29,37 weist zum Zeitpunkt
der Tötung eine lokale Tumorgröße von 14 mm; Maus # 13,26,28 weist 13
mm und Maus # 46 weist eine lokale Tumorgröße von 12 mm auf).
89
Ergebnisse
Tab. 19:
Lokales Tumorwachstum in SCID-Mäusen nach s.c. Injektion von
PT1590- EGFP-H/4-Zellen
Zeit [Tage]
bis zum Erreichen einer lokalen
Tumorgröße
Maus- Nr.
#1
#2
#3
#4
#5
#6
#7
#8
#9
#10
#11
#12
#13
#14
#15
#16
#17
#18
#19
#20
#21
#22
#23
#24
#25
#26
#27
#28
#29
#30
#31
#32
#33
Lokale
Tumorbildung
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
T1*
T2*
7
7
7
7
7
7
7
15
10
10
4
4
10
4
10
10
10
10
10
10
10
10
10
10
9
9
9
9
9
9
9
9
7
90
T3*
15
29
29
19
34
23
34
34
29
29
36
29
50
36
43
36
31
31
31
31
31
31
38
31
30
30
16
37
30
37
30
37
35
40
43
44
50
44
43
50
53
53
50
50
53
42
43
42
42
43
51
42
43
48
46
48
51
Ergebnisse
#34
#35
#36
#37
#38
#39
#40
#41
#42
#43
#44
#45
#46
#47
#48
#49
#50
#51
#52
#53
#54
#55
#56
#57
#58
#59
#60
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
n=60
60/60
7
7
7
7
7
7
7
6
6
6
6
6
6
6
6
5
5
5
5
4
4
4
4
4
4
4
4
Mittelwert: 7,23
Median: 7
Stdabw.: ± 2,37
28
21
21
42
28
21
21
34
20
34
13
27
21
34
20
35
28
35
28
20
27
20
27
34
34
34
34
51
46
42
42
42
42
44
41
48
43
48
48
42
46
48
41
42
47
47
49
47
52
49
52
53
Mittelwert: 29,72 Mittelwert: 46,24
Median: 30,5
Median: 46
Stdabw.: ± 7,13 Stdabw.: ± 3,98
*Tumorgröße T1: < 5 mm ∅ / T2: 5-15 mm ∅ / T3: >15 mm ∅
(Die Mäuse mit der Nummer 4,8,13,15,18,26,27,28,29,37und 46 wurden vor Erreichen
der Tumorstufe 3, aufgrund von tumorassoziierten Symptomen, euthanasiert).
91
Ergebnisse
20
18
Tumorgröße [mm]
16
14
12
10
8
6
4
2
0
0
10
20
30
40
50
60
70
Zeit [ Tage]
Abb. 12: Wachstumsdynamik der lokalen Tumoren nach s.c. Applikation von
PT1590-EGFP-H/4 in SCID-Mäusen
4.3.2.
Untersuchung der lokalen Tumoren mittels
Fluoreszenzmikroskopie
Bei der fluoreszenzmikroskopischen Untersuchung der aus den lokalen Tumoren
der SCID-Mäuse gewonnenen Zellsuspensionen ergab sich, dass alle 60 Tumoren
auch nach der Mauspassage weiterhin GFP-positiv waren.
92
Ergebnisse
4.3.3.
Untersuchung der Sekundärorgane auf disseminierte Tumorzellen
mittels Fluoreszenzmikroskopie
Von den insgesamt 60 Mäusen konnte bei 53 Tieren das Knochenmark, bei 52
Tieren die Lungen, bei 46 Tieren die Nieren und bei 3 Mäusen die Milz mittels
Fluoreszenzmikroskopie auf disseminierte Tumorzellen hin untersucht werden.
Disseminierte Tumorzellen waren hiernach in 46 (86,8%) von 53 untersuchten
Knochenmarks-Proben (siehe Abb. 13), in 36 (69,2%) von 52 Lungen-Proben, in
40 (87%) von 46 untersuchten Nieren sowie in einer (33,3%) von 3 Milz-Proben
nachzuweisen (siehe Tab. 20).
Tab. 20: Detektion von disseminierten PT1590-EGFP-H/4-Zellen
in Sekundärorganen der SCID-Mäuse
Kompartiment
Knochenmark
Lunge
Niere
Milz
Leber
n untersuchte
Tiere
n positive
Befunde/n
untersuchten
Organen (%)
53/60
52/60
45/60
3/60
0/60
46/53 (86,8)
36/52 (69,2)
40/46 (87,0)
1/ 3 (33,3)
n.u.
Abk.: n.u. = nicht untersucht
93
n positive
Zellen
Mittelwert
(Minimum- detektierter
Maximum) Tumorzellen
1-90
2-30
1-64
12
n.u.
45,5
16
32,5
n.u.
Ergebnisse
Abb. 13:
Transfizierte PT1590-EGFP-H/4-Zelle in einer Knochenmarkssuspension
94
Diskussion
5.
Diskussion
Zur Erforschung der komplexen Metastasierungskaskade stehen u.a. in vivo- und
in vitro-Modellsysteme zur Verfügung. Dabei scheinen in vitro-Modelle mit zweioder dreidimensionalen Kultursystemen (KIM et al. 2004) aber nur bedingt als
Modellsysteme zur Analyse des Metastasierungsverhaltens maligner Tumoren
geeignet zu sein, da sich in ihnen jeweils nur partielle Abschnitte der Kaskade
simulieren lassen. Im Gegensatz hierzu können im in vivo-Tiermodell komplexere
Zusammenhänge dargestellt und nachvollzogen werden. Der Einsatz von Tieren
in der Erforschung humaner pathophysiologischer Vorgänge lässt aber immer
wieder die Frage aufkommen, in wie weit die im Tierversuch erzielten Ergebnisse
auf den Menschen übertragbar und damit auch ethisch gerechtfertigt sind.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, unter Verwendung der humanen ÖsophagusAdenokarzinom-Zelllinie PT1590 (SCHEUNEMANN et al. 1999; HOSCH et al. 2000)
ein SCID-Maus-Xenograft-Modell zur weiterführenden Analyse singulärer, disseminierter Tumorzellen zu etablieren. Diese mit Hilfe des hier vorgestellten Tiermodells geplanten Analysen, können mittlerweile durch den Einsatz neuer
Techniken durchgeführt werden, welche eine umfangreiche chromosomale bzw.
Genexpressions-Analysen auf Einzelzellniveau ermöglichen (KLEIN et al 2002;
BURGEMEISTER et al. 2003). Zur besseren Detektion der disseminierten
Tumorzellen wurde in zwei unterschiedlichen Transfektionsansätzen das Markergen EGFP in die Zellen eingeschleust.
Da die Metastasierungskaskade aus einer Vielzahl komplexer und aufeinander
aufbauenden Schritten besteht und dabei insbesondere auch die Interaktionen
zwischen der Tumorzelle und den sie umgebenden Geweben von essentieller
Bedeutung sind, bot ein in vivo-Metastasierungsmodell zur größtmöglichen
Annäherung an diese biologischen Verhältnisse ein geeignetes System für die
Ziele dieser Studie.
95
Diskussion
Grundlage aller Xenograft-Modelle stellen spezies-fremde, meist humane
Tumorzelllinien dar, welche immundefizienten Tieren implantiert werden. Der
entstandene Tumor stellt hier eine Mischung aus spezies-fremden Tumor- und
wirtseigenen Stromazellen dar. Zahlreiche Studien belegten die Notwendigkeit der
Interaktionen zwischen Tumorzellen und Stromazellen im Rahmen der Tumorprogression und Metastasierung. Viele dieser Schritte in der Metastasierungskaskade sind spezies-spezifisch und eine Übertragung der Interaktionen auf
fremde Spezies ist nicht immer möglich. Wählt man ein Xenograft-Modell, müssen
diese eingeschränkten Tumorzell-Stromazell-Interaktionen bei der Interpretation
der Ergebnisse berücksichtigt werden (COOPER et al. 2003; DE W EVER et al. 2003;
SCHMIDT-HANSEN et al. 2004). So konnte in mehreren Studien beispielsweise
gezeigt werden, dass signifikante Unterschiede in der Angiogenese zwischen
xenotransplantierten und autochthonen (wirtseigenen) Tumoren bestehen, welche
das „Anwachsen“ bzw. die Wachstumsgeschwindigkeit von Xenograft-Tumoren im
Vergleich mit autochthonen bzw. klinischen Tumoren reduzieren (SIKDER et al.
2003; ALANI et al. 2004). Diese und andere Einschränkungen müssen bei der
Übertragung der erzielten Ergebnisse beachtet werden und stellen potentiell
wichtige
Faktoren
dar,
welche
die
Aussagekraft
der
Xenograft-Modelle,
insbesondere in der präklinischen Testung von Medikamenten reduziert haben
(JOHNSON et al. 2001). Auf der anderen Seite bieten in vivo-Modelle im Gegensatz
zur
Analyse
von
Patienten-Proben
die
Möglichkeit
grundsätzliche
pathophysiologische Vorgänge in einem standardisierbaren und damit reliablen
Versuchsansatz mit im Prinzip minimalen interindividuellen Abweichungen
durchführen zu können.
Damit im Versuchstier durch die Injektion humaner Tumorzellen ein proliferatives
Tumorwachstum erfolgen kann, muss eine reaktive Immunantwort des Wirtstieres
verhindert werden. Zu diesem Zwecke werden für Xenograft-Modelle eine Reihe
von immunkompromittierten murinen Wirtstieren verwendet. Ein Nachteil dieses
Ansatzes
besteht
dabei darin,
Reaktionen
des
Immunsystems bei der
Tumorprogression nicht untersuchen zu können. In der vorliegenden Studie
96
Diskussion
wurden severe combined immunodeficency (SCID)-Mäuse verwendet. Die
Vorteile in der Verwendung von SCID-Mäusen bestehen neben vergleichsweise
niedrigen Anschaffungs- und Haltungskosten, in einer guten und schnellen
Möglichkeit
der
Nachzüchtung,
sowie
in
der
ebenfalls
vergleichsweise
anspruchsarmen Versorgung und Unterbringung während der Versuchsphase.
Des Weiteren stammten die eingesetzten Mäuse aus etablierten Mauslinien.
SCID-Mäuse zeigen kombinierte Defizite in Anzahl und Funktion von T- und BZellen. Bei ihrem Einsatz muss jedoch beachtet werden, dass trotz ausgeprägter
Immundefizienz durch die hohe Restaktivität der Natürlichen Killer-(NK-)Zellen
sowie einer altersabhängigen „Schwäche“ in der SCID-Mutation dennoch eine
immunvermittelte Elimination von injizierten humanen Tumorzellen erfolgen kann.
Zusätzlich zeigt jede immunkomprimierte Mauslinie spezifische Eigenheiten,
welche die Biologie und das Metastasierungsverhalten injizierter humaner
Tumorzellen beeinflussen können (MUELLER und REISFELD 1991; GAROFALO et al.
1993).
Alternativ werden neben SCID-Mäusen auch Nacktmäuse und andere Mauslinien
mit Immunsuppressionen eingesetzt (CLARKE 1996; TAKIZAWA et al. 1997).
Darüber hinaus werden zur Erforschung der Metastasierungskaskade neben
murinen Wirtstieren auch Hunde und Katzen verwendet. So zeigen insbesondere
Hunde signifikante anatomische und physiologische Ähnlichkeiten mit der
humanen Spezies. Zusätzlich konnte kürzlich im Rahmen des Caninen-GenomProjektes (PENNISI 2002;
zwischen
Mensch
und
LINGAAS
Hund
et al. 2003) eine starke genetische Ähnlichkeit
aufgezeigt
werden. Hunde mit spontaner
Tumorbildung wurden daraufhin zur Identifikation Krebs-assoziierter Gene in der
Forschung herangezogen. Hierbei zeigte sich, dass maligne Tumoren des Hundes
und des Menschen grosse Ähnlichkeiten in ihrer Tumorbiologie, und zwar auch
insbesondere im Metastasierungsverhalten, aufweisen.
Ein Unterschied in der Nutzung des Hundes als Wirtstier im Vergleich zu murinen
Wirtstieren liegt in der Wachstumszeit des Tumors und somit auch in der
Versuchsdauer. Die Tumorprogression einer Tumorart verläuft in einem murinen
Wirtstier vergleichsweise schneller als in einem Hund.
97
Diskussion
Aufgrund dieser Tatsache nutzt man die murinen Modellsysteme häufig für eine
schnelle Generierung von Metastasen, wohingegen Hunde mehr in der
Erforschung von Therapiemöglichkeiten maligner Tumorerkrankungen Anwendung
finden. Auch wenn KIRKNESS et al. (2003) in einer Studie in vielen Bereichen große
Homologien zwischen Hund und Mensch im Vergleich zu anderen Spezies
einschließlich der Maus vermutet, bleibt der Einsatz von Hunden in der
Krebsforschung weiterhin nur ausgewählten Projekten vorbehalten.
In Abhängigkeit vom Applikationsort der wirtsfremden Zellen werden heterotope
und orthotope Xenograft-Modelle unterschieden. Heterotope Modellsysteme sind
definiert durch die Implantation von Tumorzellen bzw. Tumorfragmenten an einer
anderen
Körperstelle
als
dem
eigentlichen
Ursprungsort
dieser
Zellen,
wohingegen in orthotopen Modellen die Tumorzellen in das Organ ihres originären
Ursprungs implantiert werden. In unserer Studie erfolgte die heterotope
Applikation der transfizierten Ösophagus-Adenokarzinom-Zelllinie PT1590-EGFPH/4 durch s.c. Injektion in die Flankenregion der SCID-Mäuse. Jede der 60 Mäuse
des Hauptversuches, sowie 7 Mäuse des Vorversuches entwickelten hiernach
einen lokalen Tumor im Bereich der lateralen Bauchwand.
Im Gegensatz hierzu, werden bei den orthotopen Xenotransplantationsmodellen
die Interaktionen zwischen den implantierten Tumorzellen und den sie
umgebenden Ursprungsgeweben berücksichtigt. Grundlage dieses Ansatzes
bildet dabei die über 100 Jahre alte „seed and soil“ -Hypothese von PAGET (1889),
wonach das Auswachsen disseminierter Tumorzellen zu manifesten Metastasen
maßgeblich von den „spezifischen Verhältnissen“ im jeweiligen Sekundärorgan
abhängt. Sicherlich stellen diese Modelle eine anatomisch und pathophysiologisch
realitätsnähere Situation dar, sind jedoch logistisch und methodisch erheblich
aufwendiger. Im Falle der vorliegenden Studie hätte dies für die Versuchstiere
eine Laparotomie in Allgemeinnarkose bedeutet. Darüber hinaus bestand in der
vorliegenden Studie für eine orthotope Tumorzell-Implantation keine Notwendigkeit, da das Ziel nicht in der Generierung eines ÖsophaguskarzinomModells bestand, sondern mit Hilfe dieses Tiermodells eher grundsätzliche
98
Diskussion
Aspekte der Dissemination und Metastasierung von Tumorzellen untersucht
werden sollten.
Ein weiterer experimenteller Ansatz zur Erforschung von Metastasierungsvorgängen stellt die direkte oder indirekte Applikation von Tumorzellen in die
„Zielorgane“ von Versuchstieren dar. Hierbei werden die Tumorzellen entweder
direkt in das Sekundärorgan bzw. transabdominell in die Peritonealkavität zur
Induktion einer Peritonealkarzinose oder aber indirekt über venöse Gefäße (z.B.
Schwanzvene, Portalvene) in das entsprechende Sekundärorgan injiziert. Vorteil
dieser Methode ist die in Abhängigkeit von den verwendeten Tumorzellinien
sichere und reproduzierbare Generierung von manifesten metastatischen
Absiedlungen. Ein entscheidender Nachteil dieses Ansatzes ergibt sich aus der
Tatsache, dass hier die initialen Schritte der Metastasierung, wie das Herauslösen
einzelner
Zellen
aus
dem
„Primärtumor“-Zellverband,
die
Migration
und
Intravasion, nicht berücksichtigt werden und so erste, u.U. limitierende und
selektive Schritte der Metastasierungskaskade umgangen werden. Da es in der
vorliegenden Arbeit um die Etablierung eines Tiermodells zur weiteren Analyse
gerade eben dieser initialen Schritte der Metastasierung gehen sollte, bot sich
dieser Ansatz nicht an.
Für das in vorliegender Studie vorgestellte SCID-Maus-Xenograft-Modell wurde
die Ösophagus-Adenokarzinom-Zelllinie PT1590 verwendet (SCHEUNEMANN et al.
1999; HOSCH et al. 2000). Grund für die Auswahl dieser Zelllinie war ihre bereits
erfolgte umfangreiche molekularzytogenetische Charakterisierung (HOSCH et al.
2000). Im Gegensatz zu kommerziell erhältlichen Zelllinien, wie z.B. die
Kolonkarzinom-Zelllinie HT29, welche zum Teil seit Jahrzehnten im Einsatz sind,
handelt es sich bei PT1590 um eine relativ „junge“ Zelllinie, von welcher
anzunehmen ist, dass sie noch eine gewisse „Nähe“ zum ursprünglichen
Primärtumor aufweist. Dies war u.a. mittels Multiplex-Fluoreszenz in situ
Hybridisierung (M-FISH) nachweisbar, mit Hilfe derer bei PT1590 eine Reihe von
charakteristischen Veränderungen erfasst werden konnten, wie sie typischerweise
99
Diskussion
für Ösophagus-Adenokarzinome vorzufinden sind: (z.B. 8q-Zugewinne, 5q- und YChromosomen-Verluste) (HOSCH et al. 2000). Da sich das Genexpressionsprofil
von Tumorzelllinien darüber hinaus mit zunehmender Anzahl von Passagen häufig
verändert, wurden für die Transfektionsversuche frühe Passagen von PT1590Zellen ausgewählt. Ein weiterer, entscheidender Grund für die Wahl von PT1590
war ihr im SCID-Maus-Versuch nachgewiesenes metastastisches Potential
(SCHEUNEMANN et al. 1999; HOSCH et al. 2000).
Zur besseren Detektion disseminierter Tumorzellen in den Sekundärorganen
wurde PT1590 mit dem Gen für das enhanced-green-fluorescent-protein
(EGFP) transfiziert. Die Verwendung des EGFP-Gens als Markergen für die
Detektion von disseminierten Tumorzellen in in vivo-Modellen stellt dabei einen
weitgehend etablierten Ansatz dar, wie dies bereits in zahlreichen Studien demonstriert werden konnte (CHISHIMA et al. 1997B; YANG et al. 1998; FILLMORE et al.
1999; YANG et al. 1999C; HASEGAWA et al. 2000; YANG et al. 2002, YAMAMOTO et
al. 2003).
Im Gegensatz zu anderen etablierten Methoden der Zellmarkierung, wie die
Einschleusung des Escherichia coli lacZ-Gens (LIN et al. 1990A; LIN et al. 1990B;
BRUNNER et al. 1992; KOBAYASHI et al. 1997; CULP et al. 1998A; CULP et al. 1998B;
KRÜGER et al. 1998-1999; MAURER-GEBHARD et al. 1999; ZHANG et al. 1999;
HOLLERAN et al. 2002), des Luciferase-Reporter-Systems (VOOIJS et al. 2002;
ADAMS et al. 2002), sowie der Chromosomen- (FROST et al. 1987; HU et al. 1987;
MCMORROW et al. 1988) und Radioisotopen-Zellmarkierung (FIDLER 1970; JUACABA
et al. 1989), ermöglicht die EGFP-Transfektion eine unmittelbare und direkte
Detektion singulärer Tumorzellen, ohne weitere aufwendige Maßnahmen zur
Visualisierung der Transfektanten. Dies hat den Vorteil, dass eine methodisch
einfache und vor allem zeitnahe Detektion und Isolation der markierten Zellen
erfolgen kann, was insbesondere bei der Gewinnung von RNA-fähigem Material
von entscheidender Bedeutung ist. Die EGFP-markierten Zellen sind mittels
Fluoreszenz-Mikroskop oder Fluoreszenz-Durchflußzytometer (FACS) sofort nach
der Probenaufbereitung zu detektieren. Eine Isolierung der markierten Zellen für
100
Diskussion
weiterführende Analysen auf DNA-, mRNA- und Proteinebene kann mit Hilfe von
Mikromanipulator oder FACS erfolgen.
Zweck der Etablierung des hier vorgestellten Tiermodells sollen später
durchzuführende vergleichende molekular(zyto)genetische Analysen zwischen
einzelnen disseminierten Tumorzellen in Sekundärorganen und den Zellen aus
dem Bauchwandtumor („Primärtumor“) sein, mit dem Ziel, neue metastasierungsbzw. disseminierungsrelevante Veränderungen zu detektieren. So konnten
beispielsweise DELLACASAGRANDE et al. (2003) durch den Vergleich von in der
Maus hepatisch metastasierten, EGFP-markierten Plasmazytomzellen und den
parentalen Plasmazytomzellen nachweisen, dass Erstere im Gegensatz zu den
parentalen Zellen eine außerordentlich hohe Expression des Chemokin-Rezeptors
CCR6 aufwiesen. Über diesen Mechanismus der CCR6-Expression könnten
Tumorzellen in die Leber metastasieren, welche CCL20, den natürlichen Liganden
von CCR6, exprimiert.
Obwohl EGFP-basierte Metastasierungsmodelle eine Reihe von Vorteilen gegenüber Metastasierungsmodellen mit anderen Markergenen aufweisen, bleibt die
Detektion disseminierter Tumorzellen bei diesem Ansatz trotz allem schwierig. Um
die markierten Tumorzellen mittels Fluoreszenzmikroskopie bzw. FACS eindeutig
von unmarkierten Normalzellen unterscheiden zu können, muss der EGFPExpressionslevel der transfizierten Zellen ausreichend hoch sein. In unserer
Studie zeigten lediglich 4 von 10 generierten Subklonen (H/1, H/4, Klon 3 und Klon
10) eine starke EGFP-Expression (++ - +++) (siehe Tab. 17). Des Weiteren kann
die Autofluoreszenz einiger Gewebe die Analysen beeinträchtigen und zu falsch
positiven Ergebnissen führen. Diese Schwierigkeiten konnten allerdings durch die
Verbesserungen der modernen Fluoreszenzmikroskope bzw. Durchflusszytometer
sowie der computer-basierten Bildausrüstung minimiert werden (W ACK et al. 2003;
TROY et al. 2004).
Ein weiterer Kritikpunkt bei der Verwendung von transfizierten Zellen betrifft die
über die reine Insertion des Transgens hinaus gehende Modifikation der
101
Diskussion
transfizierten Zelle. So demonstrierten LIU et al. (1999) im Gegensatz zu anderen
Studien (MARSHALL et al. 1995; W AHLFORS et al. 2001), einschließlich unserer
Eigenen,
dass
die
GFP-Transfektion
in
verschiedenen
Zelllinien
unter
Verwendung unterschiedlicher Vektoren den programmierten Zelltod (Apoptose)
durch Förderung der Kaspaseaktivität induzieren kann. Entscheidender als diese
letalen Veränderungen sind jedoch „subletale“ Modifikationen, welche zu
funktionellen Änderungen der Zelle führen. Die in der vorliegenden Studie
generierten
Transfektanten
zeigten
in
vitro
ein
zumindest
identisches
Wachstumsverhalten mit identischer Passagezeit und eine ähnliche Morphologie
wie die parentalen PT1590-Zellen. In vivo allerdings zeigte sich, dass die
verwendete Transfektante PT1590-EGFP-H/4 eine im Vergleich zur parentalen
Zelllinie deutlich verzögertes Wachstum bezogen auf die Dynamik am
Applikationsort aufwies. Während PT1590-EGFP-H/4-Zellen nach s.c. Applikation
bis zum Erreichen einer terminalen Tumorendgröße von ≥ 15 mm im Mittel 46,24
Tagen benötigten, vergingen bis zum Erreichen einer Tumorgröße von ≥ 15 mm
bei der Applikation von PT1590 im Mittel lediglich 8,6 Tage. Eine Erklärung für
diese Diskrepanz könnten Transfektions-bedingte molekulare Veränderungen
sein. Eine vergleichende Genexpressionsanalyse zwischen parentalen und
transfizierten Zellen zur Klärung dieser Unterschiede, wurde in der vorliegenden
Arbeit nicht durchgeführt. Auf das Disseminations- bzw. Metastasierungspotential
von PT1590 scheint die EGFP-Transfektion hingegen keinen Einfluss gehabt zu
haben. Nach s.c. Applikation ließen sich sowohl bei PT1590-EGFP-H/4, wie auch
bei der parentalen Zelllinie PT1590, Tumorzellen in Sekundärorganen nachweisen
(HOSCH et al. 2000).
Dass
Tumorzellen
nach
EGFP-Transfektion
prinzipiell
ihre
Metastasierungsfähigkeit behalten, belegt auch eine Arbeit von CHISHIMA et al.
(1997B). In dieser Studie wurden EGFP-transfizierte chinese-hamster-ovaryKarzinomzellen in SCID-Mäuse appliziert. Sechs Wochen post injectionem ließen
sich bei den SCID-Mäusen multiple Metastasen in Lunge, Pleura, Leber, Niere,
Peritoneum und den Nebennieren nachweisen.
102
Diskussion
Ein weiteres Problem bei der Verwendung von transfizierten Zellen betrifft Studien,
in welchen immunkompetente Tiere eingesetzt werden. Hierbei kann durch die
Expression des „fremden Proteins“ eine endogene, T-Zell-vermittelte Immunreaktion induziert werden, welche auch für das GFP-Gen beschrieben wurde
(STEINBAUER et al. 2003; RE et al. 2004).
Bei der Untersuchung der Maus-Sekundärorgane ließen sich disseminierte
Tumorzellen in einem hohen Prozentsatz in Lungen, Nieren und Knochenmark der
SCID-Mäuse nachweisen.
Ob es sich bei diesen Zellen um relevante Tumorzellen handelt, kann allerdings
zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden. So wäre zum Einen ein
„passives Abschwemmen“ der Tumorzellen aus dem Bauchwandtumor in die
Sekundärorgane während der Sektion denkbar. Um dies zu umgehen, wurden
Manipulationen an den Bauchwandtumoren während der Sektion vermieden und
die Bauchwandtumoren erst am Ende der Sektionen nach Entnahme der
Sekundärorgane präpariert. Zum Anderen erscheint es wenig wahrscheinlich,
dass zum Zeitpunkt der Sektion durch Manipulationen am Bauchwandtumor
Tumorzellen in die Nieren und das Knochenmark abgeschwemmt werden,
wohingegen ein manipulationsbedingtes Abschwemmen von Tumorzellen in die
Lungen
durchaus
denkbar
wäre,
da
der
vermeintlich
wahrscheinlichste
hämatogene Metastasierungsweg bei diesem Tiermodell über die venösen
Bauchwandgefäße in die obere und/oder untere Hohlvene zum rechten Herz in
den kleinen Kreislauf führt, und die Lungen hierbei quasi als „Filter“ wirken. Der
Nachweis von Tumorzellen in Nieren und Knochenmark ließe sich hiernach nicht
so ohne weiteres durch ein passives Abschwemmen erklären.
Zum Anderen muss zum jetzigen Zeitpunkt offen bleiben, ob die in den
Sekundärorganen der Mäuse detektierten Tumorzellen das Potential zur Bildung
manifester Metastasen besitzen. Bekannt ist, dass nur ein sehr geringer Anteil
disseminierter Tumorzellen zu manifesten Metastasen auswächst. So konnte
beispielsweise in einem Tierexperiment nachgewiesen werden, dass zur Bildung
von hepatischen Makrometastasen mindestens 1x106 in die Portalvene der
103
Diskussion
Versuchstiere injizierte Tumorzellen notwendig waren. Wurden hingegen weniger
als 1x106 Tumorzellen appliziert, konnten in diesem Experiment keine
Lebermetastasen nachgewiesen werden (TAYLOR 1996). Um die Frage nach der
Relevanz der in diesem Tiermodell nachweisbaren disseminierten Tumorzellen zu
klären, sind daher weitere Untersuchungen notwendig. Zum Einen müssten
histopathologische Untersuchungen an den asservierten Sekundärorganen der
Versuchstiere
mit
der
Frage
nach
(mikro)metastatischen
Absiedlungen
durchgeführt werden. Hierdurch ließe sich klären, ob es sich bei den in den
Organsuspensionen nachgewiesenen Tumorzellen um isolierte, disseminierte
Tumorzellen mit unklarer biologischer Relevanz oder aber um ehemals
mehrzellige
Zellverbände
gehandelt
hat.
Zum
Anderen
sind
weitere
Tierversuchsreihen denkbar, bei welchen der Bauchwandtumor der SCID-Maus
chirurgisch entfernt wird. In der Folge wären die operierten Mäuse im Hinblick auf
die Entwicklung von manifesten Metastasen weiter zu beobachten.
Abschließend lässt sich bei der Beurteilung der Ergebnisse feststellen, dass
dieses
SCID-Maus-Tumor-Xenograft-Modell
ein
durchaus
anwendungs-
freundliches, praktikables und reproduzierbares Metastasierungssystem darstellt.
Die Ergebnisse nach Abschluss der beiden Transfektionsmethoden zeigen, dass
die Lipofektion durch Unterstützung eines retroviralen Vektors noch bessere
Transfektionsergebnisse
Detektion
disseminierter
erzielte
als
die
Elektroporation.
PT1590-EGFP-H/4-Zellen
in
Die
allen
erfolgreiche
untersuchten
Sekundärorganen stellt die Basis für weitere molekulargenetische Analysen der
Zelllinie PT1590 dar.
104
Zusammenfassung
6.
Zusammenfassung
Julia Rose (2005)
Etablierung
eines
SCID-Maus-Tumor-Xenograft-Modells
zur
Analyse
einzelner disseminierter Tumorzellen unter Verwendung der humanen
Ösophaguskarzinom-Zelllinie PT1590
Das Ziel dieser Studie stellte die Etablierung eines SCID-Maus-Tumor-XenograftModells zur Analyse einzelner, disseminierter Tumorzellen unter Verwendung der
erst kürzlich etablierten humanen Ösophagus-Adenokarzinom-Zelllinie PT1590
dar.
Die Tumorigenität und Metastasierungsfähigkeit der Zelllinie PT1590 wurde
bereits nach subkutaner Applikation in SCID-Mäuse nachgewiesen (SCHEUNEMANN
et al. (1999), N. Engl. J. Med. 340, 1687; HOSCH et al. (2000), Cancer Res. 60,
6836-6840).
Zur besseren Detektion und Durchführung weiterführender Analysen der PT1590Zellen in der SCID-Maus, erfolgte die Transfektion der Zellen unter Verwendung
des Markergens für das green-fluorescent-protein (GFP). Hierfür wurde in dieser
Studie
die
Codon-optimierte
Variante,
das
sogenannte
enhanced-green-
fluorescent-protein (EGFP) gewählt, welches gegenüber dem Wildtyp eine 510fach stärkere Expression aufweist.
Die Transfektion der PT1590-Zellen wurde sowohl unter Anwendung der
Elektroporation, als auch mit der Lipofektionsmethode, bei der zusätzlich ein
retroviraler Vektor eingesetzt wurde, durchgeführt. Hierbei gelang die Generierung
10 stabiler PT1590-EGFP-Subklone, von denen 3 Subklone aufgrund ihrer starken
EGFP-Expression für die anschließenden SCID-Mausexperimente ausgewählt
wurden. In einem Vorversuch erfolgte die Überprüfung der Tumorigenität dieser 3
Subklone in SCID-Mäusen. Es zeigte sich, dass alle 3 Subklone nach subkutaner
Applikation zur lokalen Tumorbildung befähigt waren.
105
Zusammenfassung
Für den nachfolgenden Hauptversuch wurde der Subklon PT1590-EGFP-H/4
ausgewählt. Insgesamt 60 weiblichen SCID-Mäusen wurden jeweils 2x106 der
PT1590-EGFP-H/4-Zellen subkutan appliziert. Sobald eine lokale Tumorgröße von
≥ 15 mm erreicht wurde, erfolgte die Euthanasie mit anschließender Obduktion der
Mäuse. Hierbei wurden jeder Maus die Sekundärorgane (Lungen, Knochenmark,
Leber, Milz, Nieren) entnommen und diese sowohl auf eine makroskopische
Metastasierung hin, als auch die EGFP-Expression dieser subkutanen Tumoren
unter dem Invert-Auflicht-Fluoreszenzmikroskop untersucht. Nach mechanischer
Disaggregation
der
Sekundärorgane
unter
Einsatz
der
Medimachine
(DakoCytomation, Hamburg) zu Einzellzellsuspensionen, wurden diese unter dem
Invert-Auflicht-Fluoreszenzmikroskop
auf
die
Anwesenheit
disseminierter
Tumorzellen hin analysiert.
Es ließen sich zum Einen bei allen 60 applizierten Mäusen lokale subkutane
Tumoren nachweisen, des Weiteren blieb die Fluoreszenzfähigkeit von PT1590EGFP-H/4-Zellen in allen subkutanen Tumoren der Mäusen erhalten. Einen
deutlichen Erfolg dieser Studie stellt, im Vergleich mit der vorhandenen Literatur,
der fluoreszenzmikroskopisch durchgeführte Nachweis disseminierter PT1590EGFP-H/4-Zellen in allen Sekundärorganen dar.
Insgesamt sprechen diese Ergebnisse für eine erfolgreiche Etablierung eines
validen und verläßlichen Kleintier-Xenograft-Modells zur weiterführenden Analyse
einzelner humaner, disseminierter Tumorzellen. Dieses Modell ermöglicht die
Untersuchungen
molekularer
Grundlagen
Metastasierungsvorgängen.
106
und
Mechanismen
von
Summary
7.
Summary
Julia Rose (2005)
Establishment of a SCID-mouse-tumor-xenograft-model to analyse single
disseminated tumor cells using the human esophageal carcinoma cell line
PT1590.
The study was aimed to establish a SCID-mouse-tumor-xenograft-model to
analyse single and disseminated tumor cells using the recently established human
esophageal carcinoma cell line PT1590. The tumorigenicity and ability to
metastasise of this cell line, has already been proved after a subcutaneous
injection of these cells in SCID-mice [SCHEUNEMANN et al. (1999), N. Engl. J. Med.
340, 1687; HOSCH et al. (2000), Cancer Res. 60, 6836-6840].
With the purpose of a better detection and for continuing analyses of PT1590 cells
within SCID-mice, the cells were transfected with the gene for the greenfluorescent-protein (GFP). Our study was based on the codon-optimized variant,
the so-called enhanced-green-fluorescent-protein (EGFP). This type shows a 5-10
times stronger expression compared to the wildtypus.
The transfection of PT1590-cells was carried out by the application of electroporation and with the lipofection-method, which additionally uses a retroviral
vector. In this way, we achieved to generate 10 stable PT1590–EGFP-subclones
of which 3 subclones were chosen for subsequent mouse experiments, due to
their strong EGFP-expression. A pilot test had shown, that all of these 3 subclones
were able to induce local tumors after subcutaneous application.
The main experiment focussed on the PT1590-EGFP-H/4-subclone. Each of in
total 60 female SCID-mice got subcutaneous injections of 2x106 PT1590-EGFPH/4-cells. As soon as the local tumors had reached a size of 15 mm, the mice
were sacrificed and subsequently underwent autopsy.
The secondary organs (lung, bone marrow, liver, spleen, kidney) were taken out
and examined macroscopically in respect of the presence of metastases, as well
107
Summary
as microscopically regarding the EGFP-expression of the subcutaneous tumors
using an inverted microscope equipped with an epi-fluorescence condensor.
After a mechanical disaggregation of the secondary organs by using the
Medimachine (DakoCytomation, Hamburg) to bring about single cell suspensions,
these were controlled in the inverted microscope for the presence of disseminated
tumor cells. In the 60 mice used, the injection of PT1590-cells caused local
tumors; additionally, the ability for GFP fluorescence could be demonstrated in all
of the subcutaneous tumors found.
Thus, one of the most remarkable results obtained during the course of this study,
in comparison with the available literature, was the clear demonstration of
disseminated PT1590-cells in all of the examined secondary organs. In summary,
the results corroborate the view that a reliable and valid model for a laboratory
animal-xenograft system to detect disseminated tumor cells could be established
in humans. This model makes it possible to get a better insight into the molecular
mechanisms of the process of metastasis.
108
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8.
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Indigogenic methods for glycosidases I. An improved method for beta-Dgalactosidase and its application to localization studies of the enzymes in the
intestine and in other tissues.
Histochemie 23, 289-294
ZETTER, B. R. (1990):
Cell motility in angiogenesis and tumor metastasis.
Cancer Invest. 8, 669-671
ZHANG, L., S. KHARBANDA, S. W. MCLESKEY, F. G. KERN (1999):
Overexpression of fibroblast growth factor 1 in MCF-7 breast cancer cells
facilitates tumor cell dissemination but does not support the development of
macrometastases in the lungs or lymph nodes.
Cancer Res. 59, 5023-5029
ZOLOTUKHIN, S., M. POTTER, W. W. HAUSWIRTH, J. GUY, N. MUZYCZKA (1996):
A “humanized” green fluorescent protein cDNA adapted for high-level expression
in mammalian cells.
J. Virol. 70, 4646-4654
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Danksagung
Herrn Prof. Dr. Stefan Benedikt Hosch danke ich für die Überlassung des Themas.
Sehr herzlich danke ich Herrn Prof. Dr. Wilfried Meyer, sowohl für die Vertretung
und Betreuung dieser Arbeit an der Tierärztlichen Hochschule Hannover, als auch
für seine Unterstützung und stets entgegengebrachte Zuversicht während der
Projektpausen. An dieser Stelle danke ich auch Frau Dr. Anke Schnapper für Ihre
hilfreichen Anmerkungen zur Bearbeitung des Bildmaterials.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr. Peter Scheunemann für seine geduldige
Begleitung und Betreuung dieser Arbeit, sowie sein Engagement für das
Fortführen des Projektes an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
Christian Vay danke ich ganz herzlich für seine Solidarität, Geduld und stets
entgegengebrachte Hilfe.
Herzlich bedanken möchte ich mich auch bei Herrn Dr. Nikolas H. Stoecklein für
die Unterstützung bei der Anfertigung und Bearbeitung der Fotos. Für die
gemeinsame Arbeit und Hilfe im Chirurgischen Forschungslabor der Klinik für
Allgemein-und Viszeralchirurgie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf danke
ich Sebastian Kraus, Hendrik Bulok und Herrn Dr. Mark Renter.
Bei Hanna, Rosa und Klaus, möchte ich mich für ihre unermüdliche Motivation,
insbesondere während der Endphase, bedanken.
Dana und Leif, sowie Jutta und Jan, danke ich für „Rat und Tat“ bei den computerund formatierungsbedingten Krisen.
Bei meinen Kollegen Ulf und Dirk möchte ich mich für das zu jeder Zeit
entgegengebrachte Verständnis ganz herzlich bedanken.
Meinen Freunden danke ich für ihre langanhaltende und immer selbstverständliche Geduld und Unterstützung
Mein größter Dank gilt meinen Eltern, für ihre Begleitung auf meinem Lebensweg,
ihre uneingeschränkte Unterstützung und Fürsorge und den stets gewährten
moralischen Beistand in allen Lebenslagen.
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