ENDOKRINOLOGIE HIRSUTISMUS UND ALOPEZIE Hirsutismus, androgenetische Alopezie, Seborrhoe und Akne sind verschiedene Symptome denen folgende Ursachen zugrunde liegen können: I) laborchemisch nachweisbare Hyperandrogenämie II) gesteigerte Sensitivität der Haarfollikel und Talgdrüsen (Testosteron wird durch die 5a-Reduktase Typ I in der Haut in das physiologisch potente Dihydrotestosteron umgewandelt) gegenüber Androgenen bei jeweils im Normbereich liegenden Serumspiegeln für die einzelnen Androgene. Zur klinischen Beurteilung des Schweregrades des Hirsutismus (Ferriman Gallwey Score!) müssen die folgenden neun „androgensensitiven“ Körperregionen beurteilt werden: Oberlippe, Kinn, Brust, Bauch, suprapubische Region, Oberarme, Oberschenkel, Rücken, und supragluteale Region. Diagnostik bei Hirsutismus und/oder androgenetischer Alopezie: Basisdiagnostik: Testosteron (Marker für ovarielle Androgensynthese), SHBG, freies Testosteron (freier Androgenindex), Androstendion, DHEAS (Marker für adrenale Androgensynthese). Differentialdiagnostische Abklärung: ACTH-Test mit Bestimmung von 17-OHProgesteron (AGS), Dexamethason-Hemmtest mit Bestimmung von Cortisol (Cushing) und ggfs. Androgenen (Tumor), LH, FSH (Hypogonadotroper Hypogonadismus), Prolaktin (Prolaktinom), E2 (Primäre Ovarialinsuffizienz), TSH (Schilddrüsenfunktionsstörung), Bildgebung wegen V.a. androgenproduzierende Tumore des Ovars bzw. der Nebenniere bei Testosteron > 1,5 ng/ml ! , DHEAS > 7,0 µg/ml ! und / oder bei fehlender Androgensuppression im Dexamethason-Hemmtest (siehe Kapitel Adrenale Androgenproduktion). Außerdem sollten zur weiteren DD der Alopezie Serumeisen und Ferritin (Eisenmangel?), Zink (Zinkmangel? Acrodermatitis enteroheptica?) und Vitamin A (Vitaminose?) im Serum bestimmt werden. Ein Trichogramm (Epilation von jeweils 60 bis 100 Haaren okzipital und frontal) kann gelegentlich hilfreich sein. Therapie von Hirsutismus und androgenetischer Alopezie: Hemmung der ovariellen Androgensynthese durch orale Kontrazeptiva - ggfs. mit folgenden Antiandrogenen als Gestagenanteil: • Cyproteronacetat (Diane 35®), • Dienogest (Valette®), • Drospirenon (Petibelle®, Yasmin®), • Chlormadinonacetat (Belara®, Eunomin®, Neo-Eunomin®). Therapie beim PCOS : Stufentherapie zur Zyklusregularisierung: • Gewichtsabnahme um 3 bis 5 % • Metformin in einschleichender Dosierung bis 2000mg/Tag (bei Unverträglichkeit Actos 30 mg/Tag versuchen) • zyklische Gestagengabe oder orale Kontrazeptiva. Stufentherapie bei Kinderwunsch: • Gewichtsabnahme • Clomifen • Metformin (Cave: kein Zulassung; nur innerhalb von Studien) • Metformin plus Clomifen (Cave: keine Zulassung; nur innerhalb von Studien), • hMG/hCG-Therapie bzw. „low dose“ FSH/hCG-Therapie. 211 HIRSUTISMUS UND ALOPEZIE ENDOKRINOLOGIE DD Hirsutismus: sehr häufig (60 % aller Fälle) •Polyzystisches Ovarsyndrom (PCOS) häufig •Idiopathischer Hirsutismus •Adrenogenitales Syndrom (21-Hydroxylase / late-onset AGS) selten •Androgen sezernierende Tumore •Nebenierenrindenkarzinom •Ovarialkarzinom •Cushing-Syndrom •Akromegalie •Medikamente Hirsutismus Frage: Hyperandrogenämie ? Testosteron, SHBG, freier Androgenindex Androstendion, DHEAS ja nach weiterer Ausschlussdiagnostik E2, FSH, LH Prolaktin, TSH, IGF-I Transvaginale Sonographie CT Nebenniere Dexamethasonhemmtest ( siehe Kapitel Adrenale Androgen...) V.a. androgensezernierenden Tumor! Testosteron > 1,5 ng/dl DHEAS > 7,0 µg/ml Idiopathischer Hirsutismus nein Frage: Anovulation ? Zyklusanamnese Basaltemperatur Progesteron (Lutealphase) Klinische Evaluation Cortisol < 2 µg/dl adäquat supprimierbar PCOS (Late-onset) AGS erhöht 17-OH-Progesteron (in der frühen Follikelphase) basal und nach ACTH-Stimulation normwertig kein AGS kein Cushing Syndrom Dexamethasonhemmtest (1 mg p.o. 23.00 Uhr) Cortisol > 2 µg/dl nicht adäquat supprimierbar V.a. Cushing Syndrom 212