ÖSTERREICHISCHE KREBSHILFE Austrian Breast Cancer Study Group HEFT 5:2009 Bronchialkarzinom: State of the art in Diagnostik und Therapie zusammengestellt von Prim. Univ.-Prof. Dr. Otto Burghuber und Univ.-Prof. Mag. Dr. Robert Pirker III Zur Epidemiologie des Bronchialkarzinoms von Univ.-Prof. Dr. Michael Studnicka V Screening, bildgebendes Staging und Stadien­ einteilung von Univ.-Prof. Dr. Gerhard Mostbeck und Dr. Helmut Prosch VIIKlinik und invasive Diagnostik des Bronchial­ karzinoms von Dr. Maximilian Hochmair XINeues zur Diagnostik und Therapieentscheidung – eine „pathologische“ Betrachtung XVStellenwert der Radiotherapie im Management des Bronchialkarzinoms von Univ.-Prof. Dr. Michael Müller von Dr. Karl Wurstbauer XVIAdjuvante und neoadjuvante Chemotherapie im operablen Stadium I-IIIA IXChirurgische Behandlungsoptionen beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom von Univ.-Prof. Dr. Helmut H. Popper von Dr. Klaus Kirchbacher XVIIIChemotherapie und zielgerichtete Therapie des fortgeschrittenen Bronchialkarzinoms von Univ.-Prof. Dr. Robert Pirker EDITORIAL Sehr geehrte Leserinnen und Leser! Das Bronchuskarzinom ist das am häufigsten zum Tode führende Malignom in der westlichen Welt. Gerade in den letzten fünf Jahren ist es zu einem enormen Zuwachs an Wissen in allen Bereichen des Managements des Bronchuskarzinoms gekommen. Durch die rasante technische Entwicklung der Bildgebung hat sich zum Beispiel die Diagnostik bzw. Stadieneinteilung signifikant verbessert. Vor allem die Kombination aus hochauflösender Computertomographie und der Positronenemissionstomographie hat das nicht invasive Staging des Bronchuskarzinoms revolutioniert. Zudem wurde in den letzten Jahren eine neue Stadien­ einteilung von IASLC erarbeitet, die noch besser die Prognose der Patienten abzubilden imstande ist. Auch die bronchologische Diagnostik ist durch die Einführung des endobron­ chialen Ultraschalls hinsichtlich Spezifität und Sensitivität deutlich verbessert worden. Mit dieser Methode können praktisch alle Lymphknotenstationen des Mediastinums unter Ultraschallsicht punktiert werden. Während noch vor wenigen Jahren die adjuvante Chemotherapie beim Bronchuskarzi­ nom als nicht sinnvoll erachtet wurde, ist durch die Studien der letzten Jahre die Wer­ tigkeit einer adjuvanten Chemotherapie ab dem Stadium Ib als gesichert anzusehen. Der Zuwachs an Fünf-Jahres-Überleben entspricht durchaus anderen Tumorentitäten wie dem Kolonkarzinom oder dem Mammakarzinom. In der zytostatischen Chemotherapie des fortgeschrittenen nicht-klein­ zelligen Bronchialkarzinoms haben sich neue innovative Substanzen etabliert bzw. ist der Stellenwert der sogenannten „Targeted Therapies“ in der First- als auch in der Secondline-Therapie weitgehend etabliert. Molekulare Untersuchungen der Lungentumoren (vor allem beim Adenokarzinom) werden zunehmend in der Routine angewandt und erlauben in der Zukunft, prognosti­ sche Aussagen über individuelle Tumore zu machen, bzw. ermöglichen schon vor Appli­ kation einer systemischen Therapie Informationen über deren Wirksamkeit. Auch die Strahlentherapie hat sich im Management des Bronchuskarzi­ noms sowohl im kurativen als auch im palliativen Ansatz etabliert. So hat sich z.B. die nicht kranielle stereotaktische Bestrahlung im Sinne eines kurativen Ansatzes auch beim Bronchuskarzinom etabliert. Auch wird die prophylaktische Ganzhirnbestrahlung nun bei allen Patienten mit kleinzelligem Bronchialkarzinom, die auf die initiale Therapie angesprochen haben, durchgeführt. Schließlich ist auch die palliative Betreuung der Patienten mit Bronchuskarzinom weitgehend standardisiert und Evidenz-basiert, wobei neben supportiven Maßnahmen (Schmerztherapie, Be­ einflussung von Fatigue und Blutarmut) auch psychoonkologische Betreuung der Patienten und ihrer Angehörigen Standard im Management darstellen. Es ist sehr zu begrüßen, Fotos: Barbara Krobath dass hervorragende und ausgewiesene Spezialisten für das Bronchuskarzinom gefunden worden sind, diese Innovationen und Neuerungen im Management des Bronchuskarzinoms darzustellen. Univ.-Prof. Dr. Otto Burghuber 1. Interne Lungenabteilung, Sozialmedizinisches Zentrum Baumgartner Höhe, Wien Univ.-Prof. Dr. Robert Pirker Klinische Abteilung für Onkologie, Universitätsklinik für Innere Medizin I, Wien II krebs:hilfe! 3:2009 lungenkarzinom Zur Epidemiologie des Bronchuskarzinoms Von Univ.-Prof. Dr. Michael Studnicka Weltweit versterben pro Jahr etwa eine Million Menschen am Bronchuskarzinom. Die Epidemiologie dieser Erkrankung ist dadurch gekennzeichnet, dass die Inzidenz parallel zur Mortali­ tät verläuft, da die überwiegende Mehrzahl der Patienten daran verstirbt. Das Bronchuskarzinom ist bei Weitem die häufigste tödliche Krebserkrankung. 2007 verstarben in Österreich 2.386 Männer und 1.198 Frauen an dieser Erkrankung; 18,4 Prozent aller Krebstodesfälle in Österreich waren dem Bronchuskarzinom zuzuordnen. Der Trend der letzten Jahre zeigt eine rückläufige Sterblichkeit bei Männern, bei Frauen hingegen eine Zunahme (siehe Tabelle). Bronchuskarzinom in Österreich: Todes- fälle und altersstandardisierte Mortalitäts­ rate (Todesfälle/100.000 Einwohner) Frauen Männer Todesfälle Mortalitätsrate Todesfälle Mortalitätsrate 1980 640 8,6 2815 61,6 1990 767 0,1 2636 56,4 2000 1.002 13,4 2438 44,9 2007 1.198 14,9 2386 37,4 Quelle: Statistik Austria Das Auftreten des Bronchuskarzinoms widerspiegelt die Prävalenz des Zigarettenrauchens mit einer Verzögerung von etwa 20 Jahren. Daher ist für Österreich zu erwarten, dass das Bronchuskarzinom in den nächsten fünf Jahren auch bei Frauen, noch vor dem Mam­ makarzinom, die häufigste Krebstodesursache sein wird. Zigarettenrauchen und Bronchialkarzinom Zigarettenrauchen ist der entscheidende Risikofaktor für das Bronchuskarzinom. Neben dem aktiven Zigarettenrauchen spie­ len andere Einflüsse wie Belastungen am Arbeitsplatz, Diät oder Umwelteinflüsse ebenfalls eine Rolle, sind jedoch vor allem für Nichtraucher von Relevanz. Die Historie der Epidemiologie des Bronchuskarzinoms ist auch eine Geschichte der Beschreibung des Zusammenhangs zwi­ schen Zigarettenrauchen und Bronchuskarzinom. So wurde die erste Fall-Kontroll-Studie zu dieser Frage in den 1950er Jahren in London durchgeführt. Als Doll und Hill diese Studie begannen, war keineswegs klar, dass Zigarettenrauchen hier die wesentliche krebs:hilfe! 5:2009 Rolle spielen sollte. Vielmehr wurde vermutet, dass die Belastung durch Teer und Autoabgase entscheidend sei. Bereits im Jahr 1964 war die Datenlage jedoch so klar, dass dieser Zusammen­ hang von den amerikanischen Gesundheitsbehörden anerkannt wurde. Umso unverständlicher ist es, dass sich die österreichische Gesundheitspolitik – fast 50 Jahre später – noch immer diesen Erkenntnissen verschließt und nur zögerlich Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Epidemie umsetzt. Dosis-Wirkungs-Beziehung und Risiko Für den Zusammenhang zwischen Bronchuskarzinom und Zi­ garettenrauchen besteht eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung. Je länger geraucht und je mehr Zigaretten pro Tag geraucht wur­ den, umso höher ist das Risiko zu erkranken. Die Dauer der Be­ lastung spielt hier offensichtlich eine größere Rolle als die Inten­ sität der Belastung: Eine Verdreifachung der pro Tag gerauchten Zigaretten bringt eine Verdreifachung des Risikos mit sich, wäh­ rend eine Verdreifachung der Jahre des Zigarettenrauchens ein um das Hundertfache erhöhtes Risiko bedeutet. Dies impliziert, dass der gegenwärtige Trend zum früheren Beginn des Zigaret­ tenrauchens, zurzeit etwa im 13. Lebensjahr, auch zu einem An­ stieg der Karzinomfälle führen wird. Das mittlere Lebenszeitrisiko eines Rauchers, an einem Bron­ chuskarzinom zu erkranken, liegt bei zehn Prozent; das heißt jeder zehnte Raucher erkrankt! Das Risiko beim Raucher im Vergleich zum Nichtraucher ist um das Zehn- bis 30-Fache hö­ her. Besteht gleichzeitig eine Arbeitsplatzbelastung durch Karzi­ nogene, so kann es noch zu einer weiteren Erhöhung dieses Ri­ sikos kommen, z.B. in der Kombination mit beruflicher Asbest­ belastung (auf das 60-Fache). Auch das Rauchen von Zigarren und Pfeifen ist mit einem er­ höhten Risiko assoziiert. Diskutiert wird, ob Frauen eine höhere Empfindlichkeit für diese Erkrankung aufweisen – eine Frage die bis heute offen ist, da entsprechende Vergleiche schwer durchzu­ führen sind. In allen Daten finden sich geschlechtsspezifische Kohorteneffekte: Das Rauchverhalten von Frauen und Männer ist mitgeprägt durch Kultur und Rollenverständnis und ändert sich in Abhängigkeit dieser Normen. So ist es z.B. in weiten Tei­ len Chinas bis heute so, dass Zigarettenrauchen eine „Domäne“ der Männer ist. Passivrauchen, Außenluftschadstoffe und Radon Neben dem aktiven Zigarettenrauchen spielen das Passivrau­ chen und die Belastung mit Luftschadstoffen auf einer populati­ III Bronchialkarzinom Berufliche Belastung Chromate, Arsen, Radon, Holzrauch und andere Belastungen wurden mit dem Auftreten von Bronchialkarzinomen assoziiert. An erster Stelle ist hier die berufliche Asbestbelastung zu nennen. Der Häufigkeitsgipfel der asbestassoziierten Lungenerkrankun­ gen wird für die nächsten zehn Jahre erwartet – neben einem weiteren Anstieg der Mesotheliomerkrankungen ist auch mit ei­ ner Zunahme der asbestassoziierten Lungenkarzinome zu rech­ nen. Diese werden auch bei entsprechend nachgewiesener Belas­ tung als entschädigungsrelevante Erkrankungen anerkannt. Die genannten Karzinogene sind in der Regel nicht nur für ein­ zelne Berufe relevant. Der Verdacht auf ein arbeitsplatzassoziier­ tes Bronchialkarzinom bedarf oft einer genauen Erfassung des Lebenszeitrisikos für eine Vielzahl von Belastungssituationen. Das Auftreten einer Karzinomerkrankung beim Nichtraucher oder einer Person mit einer geringen kumulativen Tabakrauch­ belastung sollte immer zur genauen Erfassung der Berufsanam­ nese führen. Mit der Ausnahme der Asbestbelastung sind jedoch arbeitsplatzassoziierte Bronchialkarzinome in westlichen Indu­ strieländern seltene Erkrankungen – anders in Entwicklungslän­ dern, wo sie eine große Rolle spielen. Ernährung und Sport Der Konsum von Obst und Gemüse ist, wie bei einer Vielzahl anderer Krebserkrankungen, mit einem verminderten Auftreten des Bronchialkarzinoms assoziiert. Allerdings ist es schwierig, diesen Effekt zu quantifizieren und klar darzustellen, da hier eine IV Für den Zusammenhang zwischen Bronchuskarzinom und Zigaretten­ rauchen besteht eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung. inverse Relation zum Zigarettenrauchen besteht: Personen, die mehr Obst und Gemüse essen, rauchen im Schnitt auch weniger Zigaretten. Eine „Chemoprävention“ des Bronchialkarzinoms wurde in vie­ len Studien versucht – hat jedoch keinen Eingang in die klini­ sche Praxis gefunden. Die alleinige Gabe von Vitaminen oder Antioxidantien führt nicht zu einer Reduktion der Erkrankungs­ häufigkeit. Für sportliche Aktivität gilt Ähnliches. Ein protektiver Effekt ließ sich in einigen Studien beobachten. Dieser ist in Relation zum Zigarettenrauchen gering und in seiner Auswirkung auf die Kar­ zinomhäufigkeit von diesem oft schwer zu trennen („residual confounding“). Familiäres und genetisches Risiko Es besteht auch beim Bronchialkarzinom ein erhöhtes familiäres Risiko. Daneben haben in den letzten Jahren auch Aberrationen des EGFR-Pathways für das Erkrankungsrisiko und die Behand­ lung des Bronchialkarzinoms große Beachtung erlangt. Diese Mutationen spielen vor allem bei Frauen, die ethnisch aus Asien stammen, eine Rolle. Für Populationen mit anderem ethnischem Hintergrund ist die Bestimmung des genetischen Risikos zurzeit ohne Relevanz. Vorerkrankungen Vorbestehende Lungenerkrankungen wie COPD oder Lungenfi­ brose erhöhen das Risiko, an einem Bronchialkarzinom zu er­ kranken. Auch für die Tuberkulose wurde dieser Zusammenhang berichtet. Der Zusammenhang zwischen COPD und Bronchial­ karzinom besteht auch beim Nieraucher. Eine eingeschränkte Lungenfunktion ist in jedem Fall ein Marker für ein erhöhtes Karzinomrisiko, und viele Patienten mit COPD versterben nicht an der respiratorischen Insuffizienz, sondern am Karzinom. Auch ein Status post Strahlentherapie, insbesondere wenn der Thorax im Strahlenfeld lag, wie z.B. bei Morbus Hodgkin und Mammakarzinom, wurde mit einem erhöhten Lebenszeitrisiko krebs:hilfe! 5:2009 Fotos: Newscast/British american tobacco, Privat onsbezogene Ebene sicherlich die größte Rolle. Für beide Risi­ kofaktoren ist die Zuordnung des individuellen Risikos schwie­ rig. Studien, die das Passivrauchen betreffen, beruhen in erster Linie auf der Beobachtung von Frauen, die mit Rauchern zusam­ menleben. Diese Belastung führt im Mittel zu einer Erhöhung des Karzinomrisikos um 25 Prozent. Die Größe dieses Effekts ist wie beim Aktivrauchen davon abhängig, wie viele Jahre mit ei­ nem Raucher verbracht wurden und wie intensiv die Rauchbe­ lastung war. Ähnliches gilt für die Belastung mit Außenluftschadstoffen – wo­ bei in dieser Diskussion wiederholt der Effekt der möglichen Be­ lastung durch Dieselabgase diskutiert wird. Das individuelle Belas­ tungsprofil durch Luftschadstoffe ist ebenfalls schwer zu erfassen. Die individuelle Schadstoffbelastung wird meist von Messwerten für Luftschadstoffe in geografischer Nähe abgeleitet. Wie für das Passivrauchen gilt: Effekte, die auf der Ebene des Individuums schwer nachweisbar sind, haben für die Gesamtpo­ pulation eine hohe Relevanz, da große Teile der Bevölkerung durch Passivrauchen und die gesamte Bevölkerung durch Luft­ schadstoffe belastet sind. Dies erklärt, warum diese Faktoren zwar ein kleines relatives Risiko aufweisen, jedoch für eine Viel­ zahl von Erkrankungen verantwortlich sind. Neben Feinstaubbelastung und Passivrauchen sprechen auch eine Vielzahl von Untersuchungen dafür, dass die Radonbelas­ tung in Innenräumen mit einer Risikoerhöhung einhergeht. für Bronchialkarzinome in Verbindung gebracht. Auch die mit HIV-Infektion assoziierte Immundefizienz führt zu einem er­ höhten Risiko für diese Erkrankung. Prävention Ziel der Epidemiologie ist die Prävention. Auf gesundheitspoli­ tischer Ebene sind all jene Maßnahmen umzusetzen, die zu einer Reduktion des Zigarettenrauchens führen (z.B. Preisgestaltung bei Zigaretten, Verbot des Rauchens in Lokalen, Werbeverbote etc). Auch die gesundheitspolitische Unterstützung für Maßnah­ men zur Entwöhnung vom Zigarettenrauchen sind hier zu nen­ nen. Im EU-Vergleich ist Österreich bei diesen Maßnahmen eu­ ropäisches Schlusslicht. Entsprechend darf es nicht verwundern, dass Österreich im OECD-Schnitt bei den jugendlichen Rau­ chern seit Jahren auf Platz eins liegt – mit 30 Prozent der weibli­ chen und 27 Prozent der männlichen 13-Jährigen. Beim individuellen Patienten ist in erster Linie nach Beginn, Dauer und Intensität des Zigarettenrauchens zu fragen. Sollte dies keine ausreichende Erklärung liefern, ist nach der Passiv­ rauchbelastung oder einer beruflichen Belastung, anderen Vor­ erkrankungen mit erhöhtem Risiko oder nach dem familiären Risiko zu fahnden. Univ.-Prof. Dr. Michael Studnicka Universitätsklinik für Pneumologie, Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg Screening, bildgebendes Staging und Stadieneinteilung Von Univ.-Prof. Dr. Gerhard Mostbeck und Dr. Helmut Prosch Diese Übersicht hat das Ziel, den heutigen Wissensstand im bild­ gebenden Screening nach einem Bronchialkarzinom sowie die Möglichkeiten des radiologischen Stagings und das neue Sta­ ging-System vor dem Hintergrund der raschen technischen Wei­ terentwicklung bildgebender und funktioneller Verfahren wie Multidetektor-Computertomographie (MD-CT), Magnetreso­ nanztomographie (MR), Ultraschall (US) und Positronenemissi­ onstomographie (PET) mit FDG (18F-Fluordesoxyglucose), dar­ zustellen. Screening Es ist heute gesichert, dass mit einem jährlichen Niedrigdosis-MDCT Bronchuskarzinome in einem frühen Stadium (überwiegend Ia, Ib) gefunden werden. Je nach Einschlusskriterien (hier geht es vor allem um die Definition der Vortestwahrscheinlichkeit für ein Bronchialkarzinom, sodass vor allem das Patientenalter und die Raucheranamnese – Zahl der Pack Years – eine wesentliche Rolle spielen) wurden in Studien in bis zu 2,7 Prozent einer Risikopo­ pulation ein Bronchialkarzinom nachgewiesen. Es ist gesichert, dass diese Bronchuskarzinome bei entsprechender chirurgischer Therapie eine gute Prognose aufweisen, da die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen von Lymphknotenmetastasen oder Fernmetasta­ sen noch gering ist. Zu bedenken ist weiter, dass die Wahrschein­ lichkeit, ein Bronchialkarzinom in einer Risikopopulation zu finden, mit bis zu 2,7 Prozent wesentlicher höher liegt als die Wahrscheinlichkeit, im etablierten Screening nach einem Mam­ makarzinom bei Frauen zwischen 49 und 69 Jahren ein Mamma­ karzinom mit der Mammografie zu entdecken. Warum untersucht krebs:hilfe! 5:2009 man dann nicht z.B. alle RaucherInnen älter als 50 Jahre mit mehr als 20 Pack Years mit Niedrigdosis-CT? Eines der Probleme des CT-Screenings von Risikopopulationen liegt in der Tatsache, dass bis zu 50 Prozent „Gesunder“ älter als 50 Jahre einen oder mehrere kleine, benigne, pulmonale Rundherde aufweisen. Dies hat die Konsequenz, dass CT-Verlaufskontrollen und/oder invasive Verfahren notwendig sind, um das fehlende Wachstum dieser Rundherde zu dokumentieren oder Rundherde mit >8mm Durchmesser feingeweblich, z.B. durch gezielte perku­ tane Biopsie, minimalchirurgisch (videoassistierte Thorakoskopie, VATS) oder durch Thorakotomie weiter abzuklären. Das heißt: CT-Verlaufskontrollen in etwa jährlichen Abständen mit der damit verbundenen Strahlenbelastung oder das Risiko minimalinvasi­ ver oder invasiver Eingriffe zur Abklärung eines dann benignen, kleinen Rundherds können die Konsequenz dieser für Bronchial­ karzinom „falsch positiven“ Screening-CT-Befunde darstellen. Als wichtigstes Argument gegen ein systemisiertes Screening steht die Tatsache, dass eine Senkung der Mortalität derzeit nicht oder noch nicht nachgewiesen werden konnte. Zur Beantwor­ tung dieser Fragestellung sind große Studien in den USA und in den Niederlanden im Laufen, deren Ergebnisse schon 2009 er­ wartet wurden, aber derzeit noch nicht vorliegen. Bis dahin soll­ te ein CT-Screening Risikopopulationen (z.B. einem 62-jährigen Raucher mit 30 Pack Years) nur unter kontrollierten Bedingun­ gen an etablierten Zentren und nach entsprechender Aufklä­ rung (bezüglich der Möglichkeit falsch positiver CT-Ergebnisse mit der Notwendigkeit von CT-Verlaufskontrollen und/oder in­ vasiven Eingriffen) angeboten werden. Bronchialkarzinom Bildgebendes Staging und Stadieneinteilung Das bildgebende Staging erfolgt nach der TNM-Klassifikation von 1997, deren Revision nun 2009 publiziert wurde, wobei die Ausdehnung des Primärtumors (T-Stadium), eventuelle Lymph­ knotenmetastasen (N-Stadium) und Fernmetastasen (M-Stadi­ um) das Tumorstadium definieren. Beim N-Staging hilärer, mediastinaler und supraklavikulärer Lymphknoten sollte der Lymphknotenplan der American Tho­ racic Society nach AJCC-UICC 1997 berücksichtigt werden. Die Wahrscheinlichkeit für befallene hiläre und/oder mediastinale Stadieneinteilung nach dem neuen TNM-Staging mit Subgruppen des T- und M-Stagings T/M T1 T2 T3 T4 M1 Subgruppe N0 N1 N2 T1a Ia IIa IIIa IIIb T1b Ia IIa IIIa IIIb T2a Ib IIa IIIa IIIb T2b IIa IIb IIIa IIIb T3 >7cm IIb IIIa IIIa IIIb T3 Invasion Thoraxwand IIb IIIa IIIa IIIb T3 Satellitenläsion IIb IIIa IIIa IIIb T4 Invasion Mediastinum IIIa IIIa IIIb IIIb T4 Ipsilateraler Lappen IIIa IIIa IIIb IIIb M1a Kontralaterale Lunge IV IV IV IV M1a Pleurale Aussaat IV IV IV IV M1b IV IV IV IV Quelle: F.C. Detterbeck et al., Chest 2009; 136: 260-271 VI N3 CT des Thorax eines asymptomatischen Rauchers mit unauffälligem Thoraxröntgen: teils solide, teils milchglasartige Raumforderung in der linken Unterlappenspitze. Histologie: Adenokarzinom. Tumorstaging: T1bN0M0. Tumorstadium Ia. Lymphknoten ist abhängig von der Lage und Größe des Tumors und von der Histologie. Das wesentliche Kriterium zur Differen­ zierung zwischen Lymphknotenmetastasen und normalen Lymphknoten liegt für CT und MR in der Beurteilung der Lymphknotengröße. Ein Lymphknotenquerdurchmesser >1 cm wird als suspekt gewertet. Die Treffsicherheit ist dabei limitiert, da bis zu 20 Prozent der normgroßen Lymphknoten Mikrome­ tastasen enthalten und andererseits vergrößerte Lymphknoten nicht neoplastisch bedingt sein können. Die FDG-PET hat eine höhere Treffsicherheit im N-Staging als CT und MR, wobei auch hier die Größe der befallenen Lymph­ knoten aufgrund der limitierten räumlichen Auflösung der PET den limitierenden Faktor darstellt. Die größte Treffsicherheit der bildgebenden Verfahren hat die endobronchiale Sonographie, die allerdings nur an wenigen Zentren zur Verfügung steht. US ist eine ausgezeichnete Metho­ de, um supraklavikuläre (N3) und zervikale (M1b) Lymphkno­ ten zu untersuchen und bei Verdacht auf Tumorbefall auch gleich gezielt zu biopsieren. Der frühe Einsatz der Halssonogra­ phie bei bereits bildgebendem Verdacht auf fortgeschrittenes N-Stadium kann somit eine primär nicht kurative Situation (N3, M1) verifizieren und patientenfreundlich und ökonomisch die spezifische Gewebsdiagnose liefern. Dieses Vorgehen könnte da­ zu beitragen, belastende und invasive Methoden (Bronchosko­ pie, transthorakale Biopsie) einzusparen. M-Staging: Die häufigsten Orte der Metastasierung eines Bron­ chialkarzinom sind Knochen, Lunge, ZNS, Nebennieren und Leber. Der hohe Stellenwert der FDG-PET (besser noch: FDGPET-CT) als umfassende Methode des M-Stagings (Ausnahme: ZNS) ist etabliert. Standardmethode zur Diagnose von Skelett­ metastasen ist unverändert die Skelettszintigraphie. Die Röntgen­ untersuchung der Knochen erfolgt bei symptomatischen Läsio­ nen und gezielt dort, wo die Skelettszintigraphie suspekt ist. Zum Nachweis oder Ausschluss von Hirnmetastasen hat die MR eine höhere Treffsicherheit als die CT. Die FDG-PET ist für diese Fragestellung nicht geeignet, sodass auch bei primärem Einsatz der PET im NSCLC-Staging die Fragestellung nach Hirnmeta­ krebs:hilfe! 5:2009 Fotos: Mostbeck/WSP Wien, Privat Bildgebendes Verfahren zum T-Staging ist heute die MD-CT. Therapeutisch relevante Aspekte liegen insbesondere in der Un­ terscheidung T3 gegenüber T4, wobei das T4-Stadium durch Tumorinvasion von Mediastinum, Herz, großen mediastinalen Gefäßen, Trachea, Ösophagus, Wirbelkörper oder durch Lungen­ metastasen im selben Flügel wie der Primärtumor definiert ist. Die CT wird in 54 Prozent das T-Stadium korrekt beurteilen, in 27 Prozent aber die Tumorausdehnung überschätzen und in 19 Prozent unterschätzen. Die CT zum Staging eines Bronchialkar­ zinoms sollte unter Applikation von i.v. Röntgenkontrastmittel durchgeführt werden und sinnvollerweise den unteren Halsbe­ reich, den gesamten Thorax unter Einschluss der Nebennieren und der Leber (somit den Oberbauch) umfassen. Die MR ist bei spezifischen Fragestellungen indiziert. Diese sind insbesondere die Frage nach Invasion von Herz und großen Ge­ fäßen sowie der Thoraxwand. stasen mit Schnittbildverfahren beantwortet werden muss. Der Stellenwert der „Ganzkörper-MR“ im Staging besonders zur Be­ urteilung der M-Situation ist etabliert, liefert ähnlich gute Resul­ tate wie die FDG-PET – ist aber noch nicht in den klinischen Alltag eingegangen. Das neue Staging-System der IASLC (International Associati­ on for the Study of Lung Cancer) ist bereits von UICC und AJCC akzeptiert. Ohne auf Details eingehen zu wollen, verbessert es die Stadieneinteilung unter dem Aspekt der Prognose und löst Pro­ bleme mit dem seit 1997 etablierten System. Das „neue“ System beruht auf Prognoseberechnung eines großen, international ge­ sammelten Patientenkollektivs und hat folgende wesentliche Änderungen: Die subtilere Stratifizierung der Größe des Primärtumors, sodass nun die Tumorstadien T1a ≤2cm, T1b >2cm und ≤3cm, T2a >3cm und ≤5cm, T2b >5cm und ≤7cm definiert sind, ein Primär­ tumor >7cm wird als T3 definiert. Ein weiterer Lungenherd im gleichen Lappen wird nun als T3 definiert, während ein weiterer Herd in einem ipsilateralen Lun­ genlappen als T4 definiert ist. Ein Herd in der kontralateralen Lunge ist als M1a definiert, ebenso wie eine pleurale oder peri­ kardiale Metastasierung. Sonstige Fernmetastasen definieren ein Tumorstadium M1b. Das kleinzellige Bronchialkarzinom wird wie das nicht-kleinzellige gestagt, die bisherige Einteilung in „li­ mited“ und „extensive disease“ entfällt. Aus diesem Stagingsystem ergibt sich die neue Stadieneinteilung (siehe Tabelle). Diese ist nun Grundlage einer stadiengerechten Therapie, deren Voraussetzung ein umfassendes, individualisier­ tes radiologisches Staging darstellt. Univ.-Prof. Dr. Gerhard Mostbeck (Foto) Dr. Helmut Prosch Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie mit Ambulanz des Wilhelminenspitals und Röntgeninstitut am Otto-Wagner-Spital, Wien Klinik und invasive Diagnostik Von Dr. Maximilian Hochmair Es gibt keine für das Lungenkarzinom spezifische Symptomatik. Husten, Luftnot etc. sind unspezifische Beschwerden. Frühsympto­ me sind beim Lungenkarzinom selten, folglich wird es meist erst in einem fortgeschrittenen Tumorstadium erkannt. Dennoch ha­ ben nur zwölf Prozent der neu diagnostizierten Lungenkrebs­ patienten keine Beschwerden. Bei endobronchialer Ausbreitung sind bei der chronischen Bronchitis persistierender Husten, ins­ besondere eine Änderung des Hustencharakters oder neu aufge­ tretene Hämoptysen wesentliche Leitsymptome. Leider werden Lungenkarzinome oft erst anhand ihrer Spätsymp­ tome wie Hämoptoe, Stridor, Rekurrensparese mit Heiserkeit, poststenotische Pneumonie, Thoraxschmerz und obere Einfluss­ stauung erkannt. Schulter- und Armschmerzen können auf einen Pancoast-Tumor in der Lungenspitze mit Invasion in die Zervikalund Thoraxnerven hinweisen. Das Horner-Syndrom mit der Trias Ptosis, Miosis und Enophtalmus sind Ausdruck einer Invasion in die paravertebralen Sympathikusstrukturen. Mitunter können auch paraneoplastische Leitsymptome (z.B. Schwindel bedingt durch Hyponatriämie im Zuge des SIADH, Muskelschwäche beim Lambert Eaton Syndrom) ein Hinweis sein. Weist der Patient bei der Erstdiagnose Hämoptysen oder eine Rekurrensparese auf, so liegt seine Fünf-Jahres-Überlebensrate bei null bis einem Prozent. Wird hingegen ein solitärer asymptomati­ scher Rundherd entdeckt, beträgt sie 50 bis 60 Prozent. Extrathorakal können supraklavikuläre und zervikale Lymph­ knotenvergrößerungen (bis zu 30 Prozent bei Diagnosestellung) krebs:hilfe! 5:2009 oder Knochenschmerzen als Folge von Skelettmetastasen (bis zu 20 Prozent) auftreten. Schwindel, Kopfschmerzen, morgendliche Übelkeit oder eine anderweitige neurologische Symptomatik weisen auf ZNS-Metastasen (bis zu zehn Prozent) hin, während Nebennierenmetastasen (bis zu fünf Prozent) oder Lebermeta­ stasen initial selten symptomatisch sind. Invasive Diagnostik Für die tumorspezifische Therapie des Lungenkarzinoms ist die histologische Sicherung grundlegend. Sollte diese nicht möglich oder zweifelhaft sein, ist eine eindeutige Zytologie ebenso aussa­ gekräftig. Die wichtigsten Subtypen sind das Plattenepithelkar­ Symptome und Häufigkeit beim Lungen- karzinom Symptome Häufigkeit Husten 50 Prozent Systemische Symptome 49 Prozent Luftnot 34 Prozent Thoraxschmerz 31 Prozent Hämoptysen 30 Prozent Symptomatische Metastasierung 24 Prozent Infektion 20 Prozent Asymptomatisch 12 Prozent VII Bronchialkarzinom CT-gezielte Punktion eines Rundherds im rechten Oberlappen zinom (35 bis 45 Prozent), das Adenokarzinom (25 bis 35 Prozent) und das großzellige Karzinom (<10 Prozent), die unter dem Be­ griff der nicht-kleinzelligen Lungenkarzinome zusammengefasst werden. Die Bronchoskopie ist der Goldstandard für die Gewebegewin­ nung. Sie ist mühelos in Lokalanästhesie durchführbar. Je nach Lokalisation des Tumors erfolgt die Materialgewinnung mittels Katheter- oder Bürstenzytologie, transbronchialer Feinnadelaspi­ ration (TBNA), bronchoalveolärer Lavage (BAL), endobronchi­ aler oder peripherer transbronchialer Biopsie (TBB). Sie erlaubt eine sichere histologische Diagnose von bis zu 95 Prozent der zentralen und bis zu 75 Prozent der peripheren Tumore. Zusätz­ lich gestattet sie auch die Festlegung des endobronchialen Tu­ morstadiums und der Resektionsebene vor einem möglichen operativen Eingriff und ist daher präoperativ obligat. Weiters bietet sich die Möglichkeit zur endobronchialen Intervention (z.B.: Stenting, Tumorabtragung, …) Mediastinoskopie/EBUS. Bei der Behandlung des Lungenkar­ zinoms ist der Lymphknotenstatus sowohl von wichtiger pro­ gnostischer Bedeutung als auch das Therapiekonzept davon ab­ hängig. Daher ist die exakte Lymphknotendarstellung ein wich­ tiger diagnostischer Baustein. Zur Bestimmung der mediastina­ len Lymphknoten ist das CT unsicher (Sensitivität nur 50 Pro­ zent), und die Sensitivität des PET liegt bei 80 bis 90 Prozent, daher müssen PET-positive Herde zytologisch oder histologisch abgeklärt werden. Die bisherige Standarduntersuchung, die zervikale Mediastino­ skopie zur Abklärung mediastinaler Lymphknoten, wird zuneh­ mend durch den endobronchialen Ultraschall (EBUS) ersetzt. Es handelt sich dabei um die wichtigste Entwicklung der Broncho­ Obstruierender endobronchialer Tumor im rechten Unterlappen in der Bronchoskopie VIII Sonographisch gezielte Feinnadelbiopsie eines supraklavikulären Lymphknotens Mit der endoösophagealen Sonographie (EUS) können zusätz­ lich metastasenverdächtige Regionen im hinteren Mediastinum, im aortopulmonalen Fenster und in der Umgebung der großen Gefäße erreicht werden. Transösophageal können auch Lymph­ knoten, Nebennierenmetastasen und Leberherde punktiert wer­ den. CT-gezielte Punktion. Bronchoskopisch nicht zugängliche Tumo­ re (periphere Lage oder der Thoraxwand anliegend) können mit hoher Trefferquote (90 Prozent) mittels CT-gezielter Punktion hi­ stologisch gesichert werden – allerdings zum Preis einer etwas hö­ heren Komplikationsrate (Pneumothorax 20 bis 30 Prozent, bron­ chiale Blutung zehn Prozent, Tumorverschleppung <1 Prozent). Pleuraerguss- und Lymphknotendiagnostik. Bei 15 Prozent der Tumorpatienten wird ein begleitender Pleuraerguss gefun­ den. Erster diagnostischer Schritt ist die sonographisch gezielte Pleurapunktion. Die Komplikationsrate ist niedrig. Im Falle ei­ nes malignen Ergusses ist die so gewonnene Zytologie jedoch nur in etwa zwei Drittel der Fälle positiv. Bei unklaren Befunden im Bereich der Brustwand sollte – bei therapeutischer Konse­ quenz – daher eine Thorakoskopie erfolgen. Bei vergrößerten supraklavikulären oder zervikalen Lymphknoten kann die Gewebesicherung ebenso sonographisch gezielt erfolgen. Bei zyto-/histologisch gesichertem fortgeschrittenem Lungenkarzi­ nom kann dann auf eine Bronchoskopie verzichtet werden. Die internistische Thorakoskopie (in Lokalanästhesie) oder die chirugische Video-assistierte Thorakoskopie – VATS (in Vollnar­ kose) ist sinnvoll zur Diagnostik von Pleuraergüssen (beim Exsu­ dat) zum Ausschluss oder Beweis einer Pleurakarzinose. Der Vor­ teil der internistischen Thorakoskopie ist, dass in einer Untersu­ chung in Lokalanästhesie der Erguss beseitigt und in der Regel die Diagnose durch Probenentnahmen aus der Brustwand und Zwerchfell gesichert werden kann. Die VATS in Vollnarkose und einseitiger Lungenbeatmung ist technisch aufwändiger, kann aber gut zur Resektion/Diagnose kleiner Herde (eventuell nach einer CT-gezielten Drahtmarkierung), zur genaueren Evaluation des Mediastinums (aortopulmonales Fenster und paraaortale Lymphknotenstationen) oder zur Darstellung des Pleuraspalts bei Verwachsungen oder gekammerten Ergüssen dienen. Dr. Maximilian Hochmair 1. Interne Lungenabteilung, Otto-Wagner-Spital, Wien krebs:hilfe! 5:2009 Fotos: Hochmair/OWS Wien (4), Privat Endosonographisches Bild eines vergrößerten Bifurkationlymphkno­ tens (LKK). Man erkennt die Punktion mit einer 22-Gauge-Nadel von endobronchial. skopie in den letzten Jahren. In den Händen eines erfahrenen Bronchologen sind die Ergebnisse dieser minimalinvasiven Me­ thode der Mediastinoskopie ebenbürtig. Die klinische Anwend­ barkeit ist in vielen klinischen Studien nachgewiesen. Unter so­ nographischer Sichtkontrolle erfolgt die transbronchiale Punk­ tion von hilären und peribronchialen mediastinalen Lymphkno­ ten. Zusätzlich erlaubt der EBUS eine Aussage über die Tiefe der Tumorausdehnug innerhalb der Bronchuswand. Chirurgische Behandlungs­ optionen beim NSCLC Von Univ.-Prof. Dr. Michael Müller Die radikale Entfernung des Tumors mittels moderner thoraxchir­ urgischer Techniken stellt die therapeutische Maßnahme mit dem höchsten kurativen Potenzial für diese Erkrankung dar. Eine adju­ vante Chemotherapie kann jedoch in den meisten Fällen einen zusätzlichen Vorteil für Patienten auch nach kompletter Resekti­ on bieten. Die Kombination von Radiotherapie und Chemothera­ pie kann bei ausgewählten Patienten als kurativer Ansatz, bei den meisten Patienten als Palliation eingesetzt werden. In fortgeschrit­ tenen Stadien kann eine palliative Chemotherapie eine moderate Verbesserung des mittleren Überlebens bei insgesamt schlechter Prognose ermöglichen. Klinisches Stadium I Fotos: Müller/OWS Wien Die chirurgische Entfernung des Tumors zusammen mit einer systematischen mediastinalen Lymphadenektomie ist die Be­ handlung der Wahl in diesem Stadium. Eine sorgfältige präope­ rative Beurteilung des Allgemeinzustands mit besonderer Be­ rücksichtigung der pulmonalen Reserve ist die Voraussetzung für eine chirurgische Intervention. Die frühe postoperative Mortali­ tät liegt bei etwa drei Prozent und ist abhängig von Lungenfunk­ tion und Co-Morbiditäten. Bei sehr frühen Stadien und Tumoren von weniger als 2cm Durchmesser sind anatomische Segmentre­ sektionen auch bei normaler Lungenfunktion einer Lobektomie hinsichtlich Lokalrezidivrate und Gesamtüberleben ebenbürtig, aber speziell bei eingeschränkter respiratorischer Reserve als on­ kologisch gleichwertige Verfahren akzeptiert. Die Wertigkeit ei­ ner kompletten mediastinalen Lymphknotendissektion hinsicht­ lich einer signifikanten Reduktion von lokalen oder distanten Rezidiven wird heute weitgehend anerkannt. Neben dem in meh­ reren Studien gefundenen Überlebensvorteil ist die systematische mediastinale Lymphadenektomie die Voraussetzung für eine kor­ rekte Stadienzuordnung und führt zu keiner Erhöhung der peri­ operativen Morbidität und Mortalität. Pneumonektomie: nach rechtsseitiger intraperikardialer Pneumonektomie und systematischer mediastinaler Lymphadenektomie krebs:hilfe! 5:2009 Bei internistischen Kontraindikationen bei Patienten mit Lun­ genkrebs im Stadium I kann bei ausreichender respiratorischer Reserve eine definitive Strahlentherapie mit kurativem Ansatz vorgesehen werden, wobei hier die Strahlendosis durchschnitt­ lich 60Gy betragen sollte. Auf der Basis von Metaanalysen kann eine postoperative adjuvante Chemotherapie bei Patienten mit komplett resezierten Karzinomen im Stadium IA außerhalb von klinischen Studien nicht empfohlen werden. Klinisches Stadium II Auch im Stadium II ist die chirurgische Behandlung die Thera­ pie der Wahl, wobei hier lappenerhaltende anatomische Resek­ tionen nur im Falle von Kontraindikationen gegen Lobektomie und mit erhöhtem Risiko eines Lokalrezidivs akzeptabel sind. Für die mediastinale Lymphadenektomie gelten dieselben Grundsätze wie für das Stadium I. Im Falle von Kontraindikationen gegen ein operatives Vorgehen kann im Stadium II bei ausreichender respiratorischer Reserve eine definitive Radiotherapie mit zumindest 60Gy mit kurativem Ansatz vorgesehen werden, wobei die lokale Kontrolle und FünfJahres-Überlebensrate deutlich schlechter liegen, als bei vergleich­ barer Behandlung im Stadium I, respektive T1-Tumoren. Auf der Basis von Metaanalysen der großen multizentrischen Studien zu diesem Thema kann heute Patienten mit komplett resezierten Bronchuskarzinomen im Stadium II eine adjuvante Cisplatin-basierte Chemotherapie zur potenziellen Verbesserung des Überlebens empfohlen werden. Der Vorteil einer präoperati­ ven neoadjuvanten Chemotherapie wird von manchen Autoren postuliert, ist jedoch insgesamt nicht ausreichend abgesichert. Klinisches Stadium IIIA Patienten im Stadium IIIA befinden sich in einer sehr heteroge­ nen Gruppe. Einerseits kann die Erkrankung definiert sein durch Nach Deckung des Bronchusstumpfes Trachealkarzinom: CT der oberen Transthorakale Resektion: mittlere mit perikardialem Fettlappen Trachea mit hochgradiger Tumorste- Trachea nose durch Plattenepithelkarzinom IX Bronchialkarzinom Sleeve-Lobektomie: bronchialer Resektionsbereich nach zentraler rechter OL-Manschette Anastomose des Zwischenbronchus mit Trachealbifurkation Anastomose der mittleren Trachea Klinisches Stadium IIIB Ein nicht unbeträchtlicher Anteil von Patienten mit Lungen­ krebs wird erst in fortgeschrittenen Stadien symptomatisch. Et­ wa 20 Prozent aller Fälle mit Lungenkrebs werden im Stadium IIIB entdeckt, wobei die Fünf-Jahres-Überlebensrate in diesem Stadium zwischen drei und sieben Prozent liegt. Generell kann gesagt werden, dass Patienten im Stadium IIIB von einer alleini­ gen chirurgischen Behandlung nicht profitieren und am besten mit einer initialen Chemotherapie, kombinierten Radiochemo­ therapie oder Radiotherapie alleine gemanagt werden. Eine Ausnahme stellen auch hier die lokal fortgeschrittenen Tu­ more ohne lymphogene Propagation dar, die bei entsprechender chirurgischer Erfahrung mit geringer Begleitmorbidität kom­ plett reseziert werden können. In diese Gruppe fallen Tumore mit Infiltration in das Herz, die großen Gefäße, die Trachealbi­ furkation, Trachea, Ösophagus, Wirbelkörper, aber auch separate Tumorknoten in einem anderen ispilateralen Lappen. Auch im Stadium IIIB wird die Überlebensprognose weitgehend davon bestimmt, ob sich das Stadium aus der lymphogenen Streuung oder dem lokal fortgeschrittenen Tumor definiert. Klinisches Stadium IV Das am weitest fortgeschrittene klinische Stadium eines Lungen­ krebs ist definiert durch das Auf­ treten von Fernmetastasen im Bereich des Gehirns, der Kno­ chen, der Nebennieren, der Leber bzw. der Lunge. Generell ist die­ ses Stadium der Erkrankung eine Domäne der Chemotherapie, wo­ bei in Ausnahmefällen im Rah­ men eines onkologischen Konsils auch eine Rolle für eine chirurgi­ sche Behandlung definiert wer­ Proximale Resektionslinie, Sleeve: rechter Oberlappen vor Anastomose den kann. Im Falle einer singulären solitä­ krebs:hilfe! 5:2009 Fotos: Privat, Müller/OWS Wien (4) den Befall von ipsilateralen mediastinalen Lymphknoten, ande­ rerseits durch einen potenziell resektablen T3-Tumor mit Infil­ tration der Thoraxwand, jedoch ohne mediastinale Lymphkno­ tenbeteiligung. Generell kann gesagt werden, dass bei Erkran­ kungen im Stadium IIIA, die sich durch einen mediastinalen Lymphknotenbefall definieren, die Prognose deutlich schlechter ist, als bei lokal fortgeschrittenen Tumoren ohne lymphogene Propagation. Abhängig von den klinischen Umständen sind im Stadium IIIA sämtliche Therapieoptionen mit Radiotherapie, Chemotherapie, Chirurgie und Kombinationen dieser Modali­ täten möglich. Bei präoperativ nicht erkanntem mediastinalem Lymphknoten­ befall wird nach kompletter Resektion des Tumors eine adjuvan­ te Chemotherapie empfohlen. Bei präoperativem bekanntem isoliertem Befall einer einzelnen mediastinalen Lymphknoten­ station (Ausnahme: „bulky disease“) kann ebenfalls primär die Operation mit nachfolgender adjuvanter Chemotherapie vorge­ sehen werden. Bei gesichertem Befall mehrerer mediastinaler Lymphknotenstationen bzw. bei „bulky disease“ im Mediasti­ num wird die präoperative neoadjuvante Chemo(radio)therapie empfohlen, wobei im Falle eines Ansprechens auf die Chemothe­ rapie eine nachfolgende Resektion, evt. gefolgt von einer weite­ ren Chemotherapie, respektive Radio-/Chemotherapie erfolgen kann. Im Gegensatz dazu gehört die chirurgische Behandlung lokal fortgeschrittener Karzinome ohne mediastinale Lymph­ knotenbeteiligung heute zum Standardrepertoire einer moder­ nen Thoraxchirurgie. Infiltrationen der Thoraxwand, des Herz­ beutels, der mediastinalen Pleura sowie des zentralen Haupt­ bronchus sind ohne erhöhte Komplikationsraten chirurgisch angehbar. Eine besondere Situation stellt der Sulcus-superior-Tumor, oder auch Pancoast-Tumor, dar. Diese Tumore der oberen Thoraxaper­ tur haben das Potenzial einer Infiltration der Pleura, der Thorax­ wand, des Plexus brachialis, der Subclaviagefäße bzw. angrenzen­ den Wirbelkörper. In Abhängigkeit der involvierten Strukturen werden hier T3- bzw. T4-Tumore definiert, wobei nicht selten eine lymphogene Beteiligung fehlt. Eine Induktionsradiochemo­ therapie sollte integraler Bestandteil der Behandlung des Pan­ coast-Tumors sein, wobei die Strahlendosis in dieser Indikation mit 45Gy limitiert wird. ren Fernmetastase in einem einzigen Zielorgan, die mit lokalen Maßnamen komplett entfernbar erscheinen, ist eine thoraxchir­ urgische Resektion eines primären Lungenkrebses ohne media­ stinalen Lymphknotenbefall zu erwägen. Dies trifft besonders auf Patienten mit isolierten Hirnmetastasen bzw. Nebennieren­ metastasen zu. Üblicherweise wird zunächst die Fernmetastase entweder chirurgisch oder mittels stereotaktischer Radiothera­ pie, respektive Gammaknife-Behandlung bei Hirnmetastasen angegangen und nach einer zu diskutierenden Induktions-/Che­ motherapie die thoraxchirurgische Resektion angeschlossen. Die konsequente Besprechung sämtlicher Patienten mit Lungen­ krebs im Rahmen von interdisziplinären onkologischen Boards an spezialisierten Zentren ist die Voraussetzung für ein standar­ disiertes diagnostisches und therapeutisches Vorgehen nach in­ ternational empfohlenen Richtlinien und die Garantie für die bestmögliche Behandlung dieser Patienten. Univ.-Prof. Dr. Michael Müller Abteilung für Thoraxchirurgie, Otto-Wagner-Spital, Wien Pathologie: Neues zu Diagnos­tik und Therapieentscheidung Von Univ.-Prof. Dr. Helmut H. Popper 1. Die Arten der Diagnostik, Vor- und Nachteile dien, sodass keine sichere Aussage gemacht werden kann über falsch negative und falsch positive Befunde. Hierzu müssen erst zytologisch-histologische Korrelationsuntersuchungen durchge­ führt werden. Die Sputumzytologie hat sich für die Tumordiagnostik nicht bewährt, ein positiver zytologischer Befund wird im Regelfall erst in weit fortgeschrittenen Fällen zu erheben sein, in der Frühdiagnostik sollte diese Methode nicht mehr angewandt werden. 2. Die Klassifikation Für die Diagnostik des Lungenkarzinoms stehen verschiedene Gewebsgewinnungsmethoden zur Verfügung. Sie alle haben Vor- und Nachteile, die hier kurz besprochen werden. Die Bürstenzytologie ist eine gering invasive Screeningmetho­ de, die bei oberflächlich sich ausbreitenden Karzinomen, be­ sonders Plattenepithelkarzinom, in den meisten Fällen diagno­ stische Zellen liefert. Bei Karzinomen, die nicht vom Oberflä­ chenepithel ausgehen, z.B. Adenokarzinomen, ist die Treffer­ quote geringer, insbesondere bei den häufiger werdenden Frühstadien. Die bronchoalveoläre Lavage, die ihre Domäne in der Diagnos­ tik und Aktivitätsabklärung interstitieller entzündlicher Lun­ genprozesse hat, kann in der Tumordiagnostik zur Abklärung besonders der peripheren Adenokarzinome eingesetzt werden. Eine Kombination von Zytologie und Histologie in der Dia­ gnostik des Lungenkarzinoms ergibt die beste Trefferquote und sollte daher angestrebt werden. Zytologisch gewonnene Zellen sind derzeit für die molekulare Diagnostik nur beschränkt einsetz­ bar. Am besten geeignet ist zytologisch gewonnenes Zellmaterial für Untersuchungen zu Genamplifikationen mittels FISH. Für eine Mutationsanalyse auf EGFR fehlen derzeit kontrollierte Stu­ krebs:hilfe! 5:2009 Die Lungenkarzinome werden in vier große Hauptgruppen un­ terteilt: a) Plattenepithelkarzinome, b) Adenokarzinome , c) großzellige Karzinome und Sonderformen, d) kleinzellige neuroendokrine Karzinome. Eine erste therapierelevante Unterscheidung erfolgt zwischen kleinzelligen (SCLC) und nicht-kleinzelligen Karzinomen (NSCLC). Patienten mit SCLC werden primär einer Chemound/oder Strahlentherapie zugeführt. In den Therapiemodali­ täten hat sich bei diesem Karzinomtyp seit vielen Jahren nichts Wesentliches geändert. Eine Targettherapie ist für die kleinzel­ ligen Karzinome derzeit nicht in Sicht. Für die NSCLC war bis vor Kurzem eine weitere Differenzierung von onkologischer Seite nicht gefordert. Das therapeutische Konzept orientierte sich an chirurgischer Therapie für die Frühstadien und Chemo­ therapie für die fortgeschrittenen Stadien. Hier hat nun ein großer Wandel eingesetzt. Ausgehend von mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass besonders Adenokarzinome ein besseres Ansprechen auf cispla­ tinhältige Chemotherapie zeigten und dass eine Anti-VEGFTherapie zu gefährlichen Blutungen bei zentralen Plattenepi­ thelkarzinomen führen kann – die histologische Klassifikation der NSCLC wurde plötzlich wichtig. Dieser Trend, die Bedeu­ tung der histomorphologischen Klassifikation auch für das An­ XI Bronchialkarzinom 4. Prognostische morphologische Faktoren Kleinzelliges neuroendokrines Karzinom der Lunge sprechen auf Therapien heranzuziehen, steht erst am Anfang. In Zukunft wird auch die Subtypisierung der NSCLC zunehmend Bedeutung erlangen (siehe unten). 3. TNM-Klassifikation und das Staging Die NSCLC und demnächst auch die SCLC werden nach Tu­ morgröße (T), Lymphknotenstatus (N), Metastasierung (M), Lymphgefäßinvasion (L), Blutgefäßinvasion (V) in Stadien ein­ geteilt. Derzeit noch nicht gebräuchlich, aber von prognosti­ scher Bedeutung ist auch die Invasion der viszeralen Pleura, wobei eine Invasion (p1) des Stromas von einer Invasion bis zur Oberfläche Die aktuelle Klassifikation der Lungenkarzinome (p2) unterschieden werden kann. Das Bemerkungen Grading hat bislang keine klinische Zumeist zentral; Blutungsrisiko Relevanz erlangt, wohl weil es keine Plattenepithelkarzinome bei großen zentralen Tumoren generell gebräuchlichen und akzep­ unter Bevacizumab-Therapie tierten Kriterien gibt. Die bisher be­ Adenokarzinome nutzten Kriterien sind unscharf und Zu etwa 85% handelt es sich um gemischte Adenozeigen keine Assoziation zu biologi­ karzinome: tubulär, azinär, papillär schen Parametern des Wachstums und Weitere Einteilung (provisorisch) zentral (BronchialMorphologische negative drüsentyp, enterisch), intermediär, peripher der Antiapoptose. Prognosefaktoren: LymphgefäßDas bronchioloalveoläre Karzinom wird verschwinWährend sich die klinische Stadienein­ invasion in einer zentralen den und durch peripheres In-situ-Karzinom ersetzt Narbe, mikropapilläres Muster, teilung hauptsächlich auf die Radiolo­ - muzinöses muzinöser Typ gie stützt, wird in der Pathologie die - kolloides Tumorgröße am Operationspräparat - fetales - siegelringzelliges gemessen, wodurch z.B. peritumoröse - solides Entzündungen mit gleichartigen Dich­ Großzellige Karzinome und Sonderformen: tewerten wie ein Tumor aufgrund Die Therapie der großzellig - großzellig neuroendokrine Karzinome farblicher Unterschiede gut vom Tu­ neuroendokrinen ist nach wie - hellzellige Karzinome mor abgegrenzt werden können. Die vor nicht geklärt! - lymphoepitheliomaartige Karzinome in der Radiologie gebräuchliche For­ - basalzellige Karzinome mel, wonach Lymphknoten ≥1cm als Primäre Chemo- und/oder Strahlentherapie; demnächst ist wahrscheinlich metastatisch besiedelt Kleinzelliges neuroendokrines Karzinom die Einführung der TNM-Klassifigelten, kann bestenfalls als Richtmaß kation zu erwarten gelten. Erst die histologische Untersu­ Sarkomatoide Karzinome chung kann klären, welche und wie - pleomorphes (spindelzellig ± riesenzellig + NSCLC) Diese Gruppe zeichnet sich viele Lymphknoten tumorös besiedelt - spindelzelliges durch eine schlechte Prognose sind. - riesenzelliges und rasche Progression aus - Blastom Faktoren, die klinisch-radiologisch - Karzinosarkom überhaupt nicht erfasst werden kön­ Adenosquamöses Karzinom Überwiegend peripher nen, sind die prognostisch bedeutsa­ men Lymph- und Blutgefäßinvasion (siehe unten). XII Mukoepidermoidkarzinom Ausschließlich zentral Karzinoide: typisch, atypisch krebs:hilfe! 5:2009 Fotos: Popper/MUG Plattenepithelkarzinom der Lunge, Bronchialschleimhautbiopsie Bereits durch die Typendiagnose der Lungenkarzinome kann in einigen Fällen eine Aussage zur Prognose gemacht werden. Be­ kannt ist die Aggressivität der kleinzelligen Karzinome. Klinisch weniger bekannt ist, dass z.B. die riesenzelligen großzelligen Kar­ zinome noch wesentlich aggressiver sind, und den Patienten im Regelfall innerhalb eines halben Jahres – auch bei aggressiver Chemotherapie – zu Tode bringen. Basaloide Karzinome, eine Sonderform der Großzeller, zeigen ebenfalls einen rapid progre­ dienten Verlauf mit ca. 60% Letalität innerhalb von acht Mona­ ten. Die Gruppe der sarkomatoiden Karzinome machen etwa 17% innerhalb der NSCLC aus und sind ebenfalls durch rapid progredienten Verlauf und hohe Letalität ausgezeichnet. Darun­ ter fallen die pleomorphen, die spindelzelligen, die oben er­ wähnten riesenzelligen Karzinome, das pulmonale Blastom und das Karzinosarkom. Innerhalb der Gruppe der Adenokarzinome gibt es ebenfalls deutliche Unterschiede im Verlauf. Generell gilt, dass muzinöse Adenokarzinome per se aggressiver einzustufen sind, dass Ade­ nokarzinome mit mehr als drei verschiedenen Komponenten einen schlechteren Verlauf zeigen, dass aber fetale (embryonale) Adenokarzinome ein langsameres Wachstum und eine spätere Metastasierung aufweisen. Eine besondere Bedeutung wird die Subtypenanalyse noch in Hinblick auf die Targettherapie be­ kommen (siehe unten). Die Gefäßinvasion in Lymph- und Blutgefäße wird von uns seit 1992 kontinuierlich untersucht und im Befund vermerkt. Retrospektiv konnten wir feststellen, dass insbesondere die Blut­ gefäßinvasion ein unabhängiger negativer Parameter für die Pro­ gnose ist. Patienten, deren Tumor eine Gefäßinvasion aufweist, zeigen postoperativ signifikant vermehrt Komplikationen, dar­ unter Wundheilungsstörungen, vermehrt Rezidive und eine si­ gnifikant kürzere Überlebenszeit. Die Lymphgefäßinvasion zeigt tendenziell ähnliche Befunde, diese sind aber nicht signifikant. Neue negative prognostische Faktoren bei Adenokarzinomen sind die Lymphgefäßinvasion in der zentralen Narbe und die Ausbildung eines mikropapillären Musters. In diesen Fällen gibt es auch bei lymphknoten-negativen Karzinomen eine erhöhte Rezidivrate und einen signifikant schlechteren Verlauf. Tumorgröße, Nodalstatus und Metastasierung sind nach wie vor die wichtigsten Prognoseparameter. Die Tumorgröße ist da­ bei der wohl wichtigste prognostische Faktor, gefolgt vom Lymphknotenbefall. Bei Letzterem spielt dann die Lokalisation eine wesentliche Rolle, wobei die grobe Einteilung in N1 und N2 längst einer mehr differenzierten Betrachtung der einzelnen N1- und N2-Stationen gewichen ist. Derzeit wird in den meisten thoraxchirurgischen Abteilungen die japanische Stationsklassifi­ kation verwendet (Station/Level 1-9 entsprechen N2-Lymphkno­ ten, Level 10-14 der N1-Lokalisation). Prädiktive Marker sind bislang in der Lungenpathologie nicht gefragt gewe­ sen. Auch dies hat sich mit der Tar­ gettherapie geändert. So sind Adeno­ karzinome eher für eine cisplatinhälti­ ge Chemotherapie geeignet. Plattenepi­ thelkarzinome sollten nicht mit Anti­ körpern gegen VEGF behandelt werden. Bei Adenokarzinomen gibt es eine signifikant höhere Ansprechrate für Pemetrexed, da diese Karzinome meist eine nur geringe Aktivität für Thymidylatsynthase aufweisen. In Ade­ nokarzinomen, besonders wenn sie nur wenige unterschiedlich differenzierte Komponenten aufweisen, findet sich gehäuft eine EGFR-Mutation. 5. Molekulare Marker EGFR: Das System epidermaler Wachs­ tumsfaktorrezeptor und seine Ligan­ krebs:hilfe! 5:2009 Adenokarzinomformationen haben diesen Pulmonalarterienast praktisch verschlossen Muzinöses (verschleimendes) Adenokarzinom den werden seit mehreren Jahren intensiv beforscht. Seit 2005 werden EGFR-Inhibitoren in der Therapie des nicht-kleinzelli­ gen Lungenkarzinoms eingesetzt. Zwei Technologien haben sich etabliert: die Konkurrenz am Rezeptor durch humanisierte An­ tikörper, die eine Aktivierung des EGFR verhindern, und kleine Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI), die an der Kinasedomain des EGFR andocken und seine Aktivierung verhindern. 2009 wurde nun erstmals ein TKI als Erstlinientherapie zugelassen, und zwar bei Lungenkarzinompatienten mit aktivierenden Mutationen des Rezeptors. Patienten mit aktivierenden Mutationen des EGFR zeigen einen Überlebensvorteil. Bei einigen Patienten konnte auch ein nahezu vollständiges Verschwinden des Karzi­ noms beobachtet werden. Allerdings ist eine vollständige Hei­ lung derzeit noch nicht möglich. ERCC1 ist ein Reparaturenzym für die DNA. Wird dieses Repa­ raturenzym in einem Karzinom stark exprimiert, kann das Kar­ zinom die durch eine cisplatinhältige Chemotherapie zugefüg­ ten chromosomalen Schäden leichter reparieren und entgeht so dem Untergang. ERCC1 kann immunhistochemisch in Karzinomen nachgewie­ sen werden. Durch den Nachweis einer starken Expression kann Die neue TNM-Klassifikation T1a Tumor <2cm Größe T1b Tumor 2–3cm Größe T2a Tumor 3–5cm Größe T2b Tumor 5–7cm Größe Weitere Faktoren für das T2 Invasion der viszeralen Pleura, tiefe Pleurainvasion, Infiltration des Hauptbronchus (>2cm von der Carina) T3 Tumore >7cm, Invasion in Thoraxwand, Zwerchfell, mediastinale Pleura, Perikard oder Tumore <2cm von der tracheobronchialen Aufzweigung entfernt, Tumore mit Lungenatelektase; Satellitenknoten im selben Lappen bei gleicher Histologie T4 Infiltration von Mediastinum, Herz, großen Gefäßen, Trachea, Ösophagus, Wirbelsäule, Knoten mit gleicher Histologie in unterschiedlichen Lappen, aber gleiche Seite N Die N-Klassifikation nach der Naruke-Karte soll erhalten bleiben, die Mountain-Dresler-Nodal-Karte muss weiter überprüft werden M1a Maligner Pleuraerguss und Pleuraknoten (Carcinosis pleurae), weitere Knoten in der kontralateralen Lunge M1b Fernmetastasen XIII Bronchialkarzinom Fetales oder embryonales Adenokarzinom Adenokarzinom, mikropapilläres Muster als negativer prognostischer Marker ein schlechtes Ansprechen auf eine cisplatinhältige Chemothe­ rapie vorausgesagt werden. P27 ist ein Protein, das in der Zellzyklusregulation eine wichtige Rolle spielt. In einer großen Studie konnte nachgewiesen wer­ den, dass eine starke Expression von p27 in Lungenkarzinomen ein weiterer negativer und von ERCC1 unabhängiger Prädiktor für ein Ansprechen für eine cisplatinhältige Chemotherapie ist. tellen Erforschung. Inhibitoren für cMET und Phosphoinositol­ kinase3 dürften eine Bedeutung erlangen für die Therapie EGFRTKI-resistenter Karzinome. Multikinase-Inhibitoren für IGFR1, VEGFR1-3 könnten eine Rolle spielen bei anderen Formen der Lungenkarzinome. Histondeacetylasehemmer werden derzeit in einer klinischen Studie für Mesotheliome erprobt, könnten aber auch bei Lungenkarzinomen durchaus eine Rolle spielen, even­ tuell sogar beim SCLC. Forschungen gibt es im Bereich der Bloc­ kade der Metastasierung durch Inhibitoren für die Gefäßneubil­ dung und Verhinderung der Gefäßinvasion durch den Tumor. In allen diesen Fällen ist vorherzusehen, dass molekulare Tests von­ seiten der Pathologie geliefert werden müssen, anhand derer ein Ansprechverhalten abgeschätzt werden kann. 7. Pathologische Untersuchung und Kostenökonomie TS: Die Thymidylatesynthase ist ein Enzym, das durch Pemetre­ xed gehemmt wird. Dieses Enzym wird in Adenokarzinomen der Lunge zumeist weniger exprimiert als in Plattenepithelkarzino­ men. Dementsprechend zeigen Plattenepithelkarzinome zumeist ein schlechteres Ansprechen auf diese Therapie. Allerdings ist der immunhistochemische Nachweis von TS derzeit noch nicht eindeutig mit dem Ansprechverhalten korrelierbar. Wahrschein­ lich muss vonseiten der Pathologie das Nachweisverfahren noch verbessert, und spezifischere Antikörper für diesen Nachweis erzeugt werden. Das Argument, dass alle diese Untersuchungen sehr teuer sind, und dass wir dies alles mit unserem Gesundheitssystem nicht leisten können, kann sehr leicht widerlegt werden. Gerade eine pathologische Untersuchung, die z.B. im Falle der EGFR-Mutati­ onsuntersuchung ca. 370 Euro kostet, kann verhindern, dass ein Patient mit Medikamenten behandelt wird, die nicht nur ineffi­ zient sind (keine Mutation vorhanden), sondern auch pro Jahr und Patient durchaus an die 20.000 Euro kosten. In anderen Fäl­ len können durch pathologische Untersuchungen schädliche Nebenwirkungen aufgedeckt werden, wodurch erhebliche Kos­ ten für das Krankenhaus eingespart werden können. Pathologi­ sche Untersuchungen sind daher ein wertvoller Beitrag zur Kos­ teneffizienz im Krankenhaus. 6. Therapeutische Relevanz heute – morgen Literatur beim Verfasser; kann bei Bedarf geschickt werden. Univ.-Prof. Dr. Helmut H. Popper Forschungseinheit für Molekulare Lungen- und Pleuraerkrankungen, Institut für Pathologie, Medizinische Universität Graz Fotos: Popper/MUG (3), Privat Viele neue Marker sind bereits in ersten klinischen Studien, eine noch größere Anzahl befinden, sich im Stadium der experimen­ Riesenzelliges Karzinom, Operationspräparat XIV krebs:hilfe! 5:2009 Stellenwert der Radiotherapie beim Bronchuskarzinom Von Dr. Karl Wurstbauer Nicht-kleinzelliges Bronchuskarzinom (NSCLC) Die Aufgabe der Strahlentherapie als lokal wirksamer Behand­ lungsmethode ist naturgemäß das Erreichen einer möglichst dauerhaften lokoregionalen Tumorkontrolle. In den letzten Jahren wurde eine positive Dosis-Wirkungs-Bezie­ hung bezüglich Tumorkontrolle und Überleben beim NSCLC nachgewiesen; dass also eine höhere Strahlendosis eine bessere Tumorkontrolle und ein längeres Überleben ermöglicht. Außer­ dem wurde die Wichtigkeit einer kurzen Gesamtbehandlungszeit erkannt: akzelerierte Strahlentherapie, die durch zweimal tägli­ che Behandlungen mit einem mehrstündigen Intervall oder durch höhere Einzeldosen (Hypofraktionierung) realisiert wird. Hohe Dosen in kurzer Zeit können nur mit Methoden appliziert werden, die das den Tumor umgebende gesunde Gewebe mög­ lichst schonen. Konformal nennt man Techniken, die den Hoch­ dosisbereich möglichst gut dem Zielvolumen anpassen (und eben nicht auch auf den gesunden Bereich ausdehnen). Die in Salzburg entwickelte und initial eingesetzte „Target splitting“Technik ist beispielsweise eine effiziente konformale Technik. Zu einer Verringerung des Sicherheitsrands um den Tumor („mar­ gin“), der ebenfalls mit einer hohen Dosis behandelt wird, füh­ ren alle Maßnahmen der Präzisionserhöhung in der längeren Kette des Planungs-, Simulations- und Applikationsprozesses ei­ ner Strahlenbehandlung. NSCLC, Stadium I bis II Falls in den frühen Stadien eine Operation aus internistischen Gründen nicht durchgeführt werden kann oder der Patient eine solche ablehnt, können heute effiziente strahlentherapeutische Möglichkeiten angeboten werden. Hochdosierte fraktionierte Behandlungen oder, bei Tumoren <4cm im Stadium I, hypofrak­ tionierte stereotaktische Therapien mit beispielsweise drei- bis fünfmal acht bis 15Gy ermöglichen lokale Tumorkontrollen um 90 Prozent. NSCLC, Stadium III Bis vor kurzem war bei diesen Patienten die alleinige Radiothe­ rapie mit der Applikation von 60 Gy in sechs Wochen Standard. Damit wurden lokale Tumorkontrollen <20 Prozent und medi­ ane Überlebenszeiten um elf Monate erreicht. Am Beginn der 1990er Jahre zeigten mehrere randomisierte Stu­ dien, dass zwei vorgeschaltete Chemotherapiezyklen die Ergeb­ nisse verbessern, indem sie signifikant das Auftreten von Fernme­ tastasen verringern (sequenzielle Chemoradiotherapie). Die krebs:hilfe! 5:2009 Therapien waren gut verträglich, mediane Überlebenszeiten um 14 Monate wurden erreicht. In der Folge versuchte man, sich die „radiotherapiesensibilisie­ rende“, also radiotherapieverstärkende, Wirkung der Chemothe­ rapie auf die lokale Tumorkontrolle zusätzlich zunutze zu ma­ chen, indem man sie simultan zur Strahlentherapie applizierte (simultane Chemoradiotherapie). Das gelang, ging aber mit er­ höhter Toxizität, insbesondere des Ösophagus einher und war deshalb nur bei Patienten in gutem Allgemeinzustand möglich. Mehrere Phase-III-Studien etablierten danach Anfang des laufen­ den Jahrzehnts die simultane (platinhältige) Chemoradiothera­ pie als State of the art für Patienten in gutem Performance-Status. Mediane Überlebenszeiten um 17 Monate wurden damit er­ reicht; über die lokale Tumorkontrolle wurde nicht explizit be­ richtet, sie dürfte um die 30 bis 40 Prozent liegen; bei allerdings akuten Grad-3-Ösophagitiden (>15 Prozent Gewichtsabnahme, parenterale Ernährung) von bis zu 50 Prozent der Patienten; die Ösophagitis war in der Regel reversibel. Als Alternative zur simultanen Chemoradiotherapie scheinen sich konformale Strahlentherapien mit geänderten strahlenthe­ rapeutischen Parametern (Dosishöhe, Akzelerierung) erfolgreich anzubieten. Mit unserem eigenen, nicht selektionierten Patien­ tengut erreichten wir zunächst mit der Applikation bis 96Gy auf die Primärtumore in konventioneller Fraktionierung (Lymph­ knoten benötigen geringere Dosen) eine lokale Tumorkontrolle von 49 Prozent bei einem medianen Überleben von 19,6 Mona­ ten und geringer Toxizität (n=124). In der Folge erzielten wir, ebenfalls bei nicht selektionierten Patienten, mit akzelerierten, zweimal täglichen Behandlungen eine lokale Tumorkontrolle von 79 Prozent und ein medianes Überleben von 26 Monaten bei ebenfalls sehr guter Verträglichkeit (n=171). Zwei Zyklen Che­ motherapie wurden jeweils sequenziell vor der Radiotherapie gegeben. Das sind Ergebnisse von Phase-II-Studien, nicht rando­ misiert gegen ein simultanes Schema. Falls sich diese guten Re­ sultate in Zukunft bestätigen, erscheint es allerdings problema­ tisch, eine Randomisierung gegenüber einer simultanen Chemo­ radiotherapie durchzuführen. Für Patienten im Stadium IIIA (ipsilaterale mediastinale Lymph­ knoten befallen) hat man versucht, mit einer zusätzlichen Resek­ tion die Ergebnisse zu verbessern. Zwei Phase-III-Studien (ein US-amerikanischer Intergroup Trial und eine europäische EORTC-Studie) haben nun die Strahlentherapie mit 60Gy (plus Chemotherapie) mit Chirurgie (plus Chemotherapie, plus/mi­ nus Radiotherapie) direkt verglichen. Mit medianen Überlebens­ XV Bronchialkarzinom Kleinzelliges Bronchuskarzinom (SCLC) Im Stadium „limited disease“ (Tumorausdehnung auf eine Tho­ raxhälfte und Mediastinum begrenzt) ist die thorakale Strahlen­ therapie neben der Chemotherapie immer Bestandteil der pri­ mären Behandlung (Dauer drei bis fünf Wochen, je nach Frak­ tionierungsschema). Die Chemotherapie alleine kann in der Regel keine länger dauernde thorakale Remission herbeiführen, eine Voraussetzung für ein eventuelles Langzeitüberleben. Sowohl bei „limited disease“ als auch bei „extended disease“ ist im Falle eines Ansprechens der Erkrankung auf die initiale Be­ handlung eine prophylaktische Ganzhirnbestrahlung indiziert. Sie verringert die Inzidenz des Auftretens von zerebralen Meta­ stasen und verlängert die Überlebenszeit. Palliative Radiotherapie Akzelerierte, differenzierte Hochdosistherapie bei NSCLC, Stadium IIIB. A. Schema, Dosisangaben in Gray (Gy); B. Behandlungsplan Einzelfraktion; C Plan Gesamtbehandlung; D. Dosis-Volums-Histogramm (Aus Radiation Oncology 2009, 4: 30). zeiten um 22 Monate in den besten Therapiearmen zeigten sich beide Methoden als gleichwertig. Chirurgisch sollte bei dieser Patientengruppe allenfalls bei nur geringer Tumorausdehnung und möglicher R0-Resektion (also kompletter Entfernung allen Tumorgewebes) vorgegangen werden. Im Übrigen stehen heute potentere Strahlentherapien zur Verfügung als die in den ge­ nannten Studien verwendeten Behandlungen mit 60Gy. Mit ei­ ner akzelerierten, differenzierten Hochdosistherapie (bis 90Gy in fünf Wochen für den Primärtumor) erreichten wir beispiels­ weise bei Patienten in diesem Tumorstadium eine mediane Überlebenszeit von 30,1 Monaten (n=67). In palliativer Intention wird die Strahlentherapie an verschiede­ nen „Orten der Not“ eingesetzt. Beispielsweise bei symptomati­ scher Progredienz des Primärtumors im Stadium IV (bei Diagno­ sestellung bereits Fernmetastasen vorhanden, deshalb primär systemischer Therapieansatz). Oder bei ossären Metastasen (Schmerz, Frakturgefährdung, drohender Querschnitt) oder bei zerebralen Metastasen. Die Behandlungsdauer beträgt ein bis drei Wochen. Dr. Karl Wurstbauer Klinik für Radiotherapie und Radio-Onkologie, Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg Adjuvante und neoadjuvante Chemotherapie, Stadium I–IIIA In den letzten Jahren hat sich in der Behandlung des nicht-klein­ zelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) die adjuvante Chemothe­ rapie in den Stadien II und IIIA etabliert. Der Stellenwert der neoadjuvanten Chemotherapie ist weiterhin experimentell. Eine besondere Position nimmt die Therapie bei bereits primär nach­ gewiesenem ipsilateralem, mediastinalen Lymphknotenbefall (IIIA-N2) ein, wobei dieses Thema hier nicht abgehandelt wird. Adjuvante Chemotherapie Zum Zeitpunkt der Diagnose liegt bei etwas mehr als 30 Prozent der Patienten ein primär zu resezierender Tumor (Stadium IA bis XVI IIIA-N1) vor. Betrachtet man die Fünf-Jahres-Überlebenszeiten, so sind diese äußerst unbefriedigend. Dementsprechend wurden in der Vergangenheit zahlreiche Studien unternommen, um die Überlebensraten durch eine an die radikale Operation anschlie­ ßende, das heißt, adjuvante Chemotherapie zu verbessern. Im Jahr 1995 publizierte die „NSCLC Collaborative Group“ eine Meta­ analyse der adjuvanten Therapiestudien mit insgesamt 4.357 Pati­ enten. Etwa die Hälfte der Patienten erhielt lang wirksame Alky­ lantien (Cyclophosphamid, Nitrosurea) und ein Drittel Cisplatinhältige Kombinationstherapien. Die lang wirksamen Alkylantien führten sogar zu einer Verminderung des Fünf-Jahres-Überlebens krebs:hilfe! 5:2009 Fotos: Privat, Wurstbauer/PMU Salzburg Von Dr. Klaus Kirchbacher um fünf Prozent, die Cisplatin-Kombinationen erbrachten dage­ gen eine fünfprozentige Verbesserung. Es folgten weitere rando­ misierte Phase-III-Studien. In der ALPI-EORTC-Studie konnte mit der Kombination von Mitomycin/Vindesin/Cisplatin keine signi­ fikante Verbesserung des Gesamtüberlebens erzielt werden. In der IALT-Studie zeigte sich bei einer medianen Nachbeobach­ tungszeit von 56 Monaten ein signifikanter Überlebensvorteil von 4,1 Prozent durch die adjuvante, Cisplatin-basierte Chemothera­ pie. Der Überlebensvorteil war aber in einem späteren Follow-up nach 7,5 Jahren bedingt durch eine Zunahme der nicht Lungen­ krebs-assoziierten Mortalität im Chemotherapie-Arm leider nicht mehr statistisch signifikant. Die Ursachen dafür konnten nicht eindeutig angegeben werden. Das rezidivfreie Überleben, die Lo­ kalrezidivrate und das Auftreten von Fernmetastasen waren in der Chemotherapiegruppe aber weiterhin signifikant besser. In den später durchgeführten Studien (JBR.10 und ANITA) konnte für die Stadien II und IIIA der Vorteil einer adjuvanten Chemotherapie (Vinorelbin/Cisplatin) schlussendlich doch ein­ drucksvoll und auch nachhaltig in längeren Nachbeobachtungen belegt werden. In JBR.10 wurden 482 Patienten mit Stadium IB oder II (keine T3-Tumore) nach kompletter chirurgischer Resek­ tion randomisiert in eine Nachbeobachtung oder zu einer adju­ vanten Therapie mit Cisplatin (50mg/m , jeweils am Tag 1 und 8, Wiederholung alle vier Wochen, vier Zyklen) und Vinorelbin (25mg/m , wöchentlich durch 16 Wochen). Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von etwas mehr als fünf Jahren zeigte sich insgesamt ein Überlebensvorteil von 15 Prozent (54 vs. 69 Pro­ zent) im Chemotherapie-Arm. In der Subgruppenanalyse war der Unterschied aber nur für das Stadium II und nicht für das Stadi­ um IB signifikant besser. Eine 2009 präsentierte längere Nachbe­ obachtung nach median 9,3 Jahren bestätigte den Überlebensvor­ teil durch die adjuvante Chemotherapie für das Stadium II. 2 2 chirurgischer Resektion im Stadium IB bis IIIA (inklusive N2Befall) ebenfalls Vinorelbin (30mg/m , wöchentlich, 16-mal) und Cisplatin (100mg/m , alle vier Wochen, vier Zyklen) oder Plazebo verabreicht. Auch in dieser Studie zeigte sich im Stadium IB kein Vorteil der adjuvanten Chemotherapie, sehr wohl aber in den Stadien II und IIIA. Ausschließlich in komplett resezierten Patienten im Stadium IB untersuchte eine nordamerikanische Studie (CALGB 9633) den Stellenwert von adjuvantem Paclitaxel/Carboplatin. Die Chemo­ therapie zeigte nach anfangs erfolgversprechenden Daten in der längerer Nachbeobachtung keinen signifikanten Vorteil mehr im Überleben im Vergleich zu alleiniger Operation. Eine Sub­ gruppenanalyse fand aber bei Tumoren mit einem Durchmesser von 4cm und mehr einen signifikanten Überlebensvorteil für die adjuvante Chemotherapie. Die oben angeführten Studien wurden anschließend in der LACEMetaanalyse zusammengefasst. Hierbei wurden die Daten von 4.584 Patienten aus randomisierten Cisplatin-basierten adjuvanten Therapiestudien ausgewertet. Nach einer medianen Nachbeobach­ tungszeit von 5,2 Jahren zeigte sich quer durch die Stadien im Fünf-Jahresüberleben ein absoluter Benefit von 5,4 Prozent. Umge­ legt auf die einzelnen Stadien verbessert die adjuvante Chemothe­ rapie das Fünf-Jahres-Überleben im Stadium IB von 64 auf 67 Pro­ zent, im Stadium II von 39 auf 49 Prozent und im Stadium IIIA von 26 auf 39 Prozent. Der Stellenwert der adjuvanten Chemotherapie mit Vinorelbin/Cisplatin im Stadium II und IIIA des NSCLC ist damit eindeutig belegt. Für einen Vorteil in speziellen Patienten mit Stadium IB (z.B. Tumor ≥4cm) gibt es Hinweise, eine Therapie­ empfehlung kann aber nicht routinemäßig gegeben werden. Ergänzend ist zu erwähnen, dass in Japan positive Studienergeb­ nisse für eine adjuvante Therapie mit Uracil/Tegafur vorliegen. Da es aber keine Daten dazu für die westliche Bevölkerung gibt, wird wegen fehlender Relevanz nicht darauf eingegangen. 2 2 In einer weiteren großen randomisierten Phase-III-Studie (ANITA) erhielten insgesamt 840 Patienten nach kompletter Neoadjuvante Chemotherapie NSCLC, Verteilung und Prognose Adjuvante Chemotherapiestudien Häufig­ keit Stadium Fünf-Jahresüber­ leben (in Prozent) Die neoadjuvante, das heißt präoperative Chemotherapie wurde Stadium Patienten Stadium Ergebnis ALPI (2003) 1.088 I–IIIA (N2) negativ 1.867 I–III (T4, N2) negativ IA T1 N0 M0 67 IALT (2004) IB T2 N0 M0 57 JBR.10 (2005) 482 IB-II (T2N1) IIA T1 N1 M0 positiv im Stadium II ANITA (2005) 829 IB–IIIA (N2) positiv im Stadium II und IIIA CALGB (2008) 344 IB negativ IIB IIIA IIIB IV krebs:hilfe! 25–30 55 T2 N1 M0 39 T3 N0 M0 38 T3 N1 M0 25 T1-3 N2 M0 23 T4 N0–3 M0 30 T1–4 N1–3 M1 5:2009 Bitte beachten Sie, dass sich die Stadienangaben in diesen 7–15 T1–4 N3 M0 40 4.610 Tabellen noch auf die alte Einteilung beziehen. <1 XVII Bronchialkarzinom in mehreren Studien untersucht. Die möglichen Vorteile einer präoperativen Chemotherapie sind eine deutlich höhere Com­ pliance im Vergleich zur adjuvanten Gabe (90 versus 60 bis 70 Prozent), eine frühzeitige Eradikation von Mikrometastasen, die Erfassbarkeit der Wirkung der Chemotherapie und eine mögliche Reduktion der Tumormaße (Downstaging) mit eventueller Opti­ mierung der Operationsmöglichkeiten. Der wesentlichste Nach­ teil ist die Tatsache, dass das Staging klinisch erfolgt. Aus Studien ist bekannt, dass ein klinisch durchgeführtes Staging in bis zu 20 bis 40 Prozent nicht korrekt ist, vor allem dann, wenn weder PET noch Mediastinoskopie zur Abklärung verwendet werden. Burdett fasste 2006 in einer Metaanalyse sieben randomisierte Studien mit insgesamt 988 Patienten zusammen. Die präopera­ tive Chemotherapie zeigte dabei nach fünf Jahren einen signifi­ kanten Vorteil im Überleben von absolut sechs Prozent (14 auf 20 Prozent). Allerdings basierte diese Metaanalyse nicht auf den einzelnen Patientendaten, sondern nur auf die in den Publikatio­ nen angegebenen Werte. Eine später (2007) im „Lancet“ publizierte Studie (MRC LU 22/ NVALT 2/EORTC 08012) mit 519 primär operablen Patienten im Stadium I bis III, in der eine sofortige Operation gegen Che­ motherapie gefolgt von einer Operation verglichen wurde, zeig­ te keinen Vorteil der neoadjuvanten Chemotherapie. Die Ergeb­ nisse dieser Studie wurden in einem Update der oben erwähnten Metaanalyse berücksichtigt und führten dazu, dass der zuvor si­ gnifikante Überlebensvorteil einer neoadjuvanten Chemothera­ pie im Vergleich zu einer alleinigen Operation nun nicht mehr nachweisbar war. Anschließend wurden noch zwei relevante Studien zu dieser Thematik präsentiert. Im CHEST-Trial wurde bei letztlich 270 Patienten (700 waren geplant) im Stadium IB bis IIIA (T3N1) drei Zyklen Gemcitabin/Cisplatin gefolgt von der Operation mit einer alleinigen Operation verglichen. Es fand sich insgesamt im Drei-Jahres-Überleben kein signifikanter Vorteil für die neoadju­ vante Chemotherapie (OP 60 Prozent vs. Chemo+OP 67 Pro­ zent). Die NATCH-Studie verglich Paclitaxel/Carboplatin neo­ adjuvant versus adjuvant versus alleinige Operation in insgesamt 624 Patienten im Stadium I, II und IIIA(N1). Von April 2000 bis März 2007 konnte die geplante Patientenanzahl behandelt wer­ den. Es zeigte sich im Fünf-Jahres-Überleben kein Unterschied zwischen den einzelnen Therapiearmen (Operation 44 Prozent, adjuvante Chemotherapie 45,5 Prozent, neoadjuvante Chemo­ therapie 46,6 Prozent). Zusammenfassung Zusammengefasst gilt, dass eine adjuvante Chemotherapie mit Vinorelbin/Cisplatin in entsprechender Dosierung und Intensi­ tät einen signifikanten Überlebensvorteil in den Stadien II und IIIA mit sich bringt und eine Standardtherapie darstellt. Die neo­ adjuvante Chemotherapie ist weiterhin als eine experimentelle Behandlung anzusehen, da bis jetzt keine der großen randomi­ sierten Studien einen signifikanten Überlebensvorteil zeigen konnte. Dr. Klaus Kirchbacher 2. Medizinische Abteilung – Lungenabteilung, Wilhelminenspital, Wien Systemische Therapie des fortge­ schrittenen Bronchialkarzinoms Von Univ.-Prof. Dr. Robert Pirker Foto: Privat Palliative Chemotherapie des NSCLC Für die Chemotherapie des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzi­ noms sind mehrere Zytostatika etabliert (Tabelle rechts). Die pal­ liative Chemotherapie des fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms erfolgt bei Patienten mit gutem Allgemein­ zustand und adäquaten Organfunktionen mit einer Zweierkom­ bination (Doublet), bestehend aus einem Platin (Cisplatin oder Carboplatin) und einem Zytostatikum der 3. Generation (Tabelle XVIII Wirksame Zytostatika beim nicht-klein­ zelligen Bronchialkarzinom Seit vielen Jahren etablierte Zytostatika Zytostatika der 3. Generation Cisplatin Carboplatin Etoposid Ifosfamid Vindesin Vinblastin Mitomycin C Vinorelbin Gemcitabin Paclitaxel Docetaxel Pemetrexed krebs:hilfe! Foto: Privat Die systemische Therapie des fortgeschrittenen Bronchialkarzi­ noms umfasst vor allem die palliative Chemotherapie und zu­ nehmend auch zielgerichtete Therapien. 5:2009 Palliative Erstlinienchemotherapie des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms Patienten Standardtherapie Therapieziele Patienten mit Platinhältige Zweierkom- Symptom­ linderung gutem Allge- bination mit Zytostatimeinzustand kum der 3. Generation Verbesserte Patienten mit Monotherapie mit Zyto- Lebens­qualität statikum der 3. Genera- Verlängerte reduziertem Allgemeinzu- tion oder gut verträgliÜberlebensstand che Zweierkombination zeit Ältere Patienten Monotherapie mit Zytostatikum der 3. Generation oder gut verträgliche Zweierkombination oben). Cisplatinhältige Protokolle sind etwas wirksamer als car­ boplatinhältige Protokolle und werden deshalb bei Patienten mit gutem Allgemeinzustand bevorzugt eingesetzt. Pemetrexed in Kombination mit einem Platin wird bei Patienten mit nichtsquamösen Karzinomen zunehmend eingesetzt, da bei diesen Patienten in einer Phase-III-Studie Cisplatin plus Pemetrexed wirksamer als Cisplatin plus Gemcitabin war. Die Patienten er­ halten vier bis maximal sechs Chemotherapiezyklen. Bei stabiler Erkrankung unter Chemotherapie werden nur vier Zyklen verab­ reicht, und bei Progression wird die laufende Chemotherapie beendet. Die Chemotherapie führt zu einer Linderung tumorbedingter Symptome in ca. 50–60 Prozent der symptomatischen Patienten, einer Steigerung der Ein-Jahres-Überlebensrate um absolut etwa zehn Prozent und meist auch zu einer Verbesserung der Lebens­ qualität. Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand und ältere Patienten profitieren auch von einer palliativen Chemotherapie, wobei aber meist eine Monotherapie oder gut verträgliche Zwei­ erkombinationen eingesetzt werden. Nach Abschluss der First-line-Chemotherapie kann eine Erhal­ tungstherapie eingesetzt werden. In einer Phase-III-Studie konnte bei Patienten, die nach vier Zyklen einer platinhältigen Chemotherapie zumindest eine stabile Erkrankung aufwiesen, durch eine Erhaltungstherapie mit Pemetrexed im Vergleich zu Plazebo eine Verlängerung des Überlebens erzielt werden, wobei dieser Vorteil auf Patienten mit nicht squamösen Karzi­ nomen beschränkt war. Nachdem im Plazeboarm nur ein Teil der Patienten Pemetrexed als Second-line-Therapie erhalten hat und Pemetrexed überdies zunehmend bereits in der Erstli­ nientherapie eingesetzt wird, kann eine Erhaltungstherapie mit Pemetrexed derzeit nur für selektionierte Patienten emp­ fohlen werden. Dasselbe gilt auch für eine Erhaltungstherapie mit Erlotinib. Als Therapie bei mit Chemotherapie bereits vorbehandelten Pa­ tienten eignen sich Docetaxel, Pemetrexed oder Erlotinib. Peme­ trexed wird dabei nur bei Patienten mit nicht squamöser Histo­ logie eingesetzt. krebs:hilfe! 5:2009 Zielgerichtete Therapie des NSCLC Mehrere zielgerichtete Therapien sind beim fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom untersucht worden (Ta­ belle nächste Seite oben). Zielgerichtete Therapien haben be­ reits die Behandlungsmöglichkeiten des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms erweitert und werden in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Im Vordergrund stehen derzeit gegen den EGF-Rezeptor gerich­ tete Therapien und die Hemmung der Angiogenese. Bei vielen epithelialen Tumoren, so auch beim nicht-kleinzelligen Bronchi­ alkarzinom, spielt der EGF-Rezeptor eine wichtige Rolle. Die Aktivierung des EGF-Rezeptors führt zu Tumorproliferation, Metastasierung und auch Therapieresistenz. Eine Blockade des EGF-Rezeptors durch monoklonale Antikörper oder Tyrosinki­ naseinhibitoren sollte deshalb zu einer Verbesserung der Pro­ gnose führen. Dies konnte inzwischen beim fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom einerseits für Cetuximab in Kombination mit palliativer Erstlinienchemotherapie und andererseits für Erlotinib bzw. Gefitinib bei bereits mit Chemo­ therapie vorbehandelten Patienten gezeigt werden. Gefitinib kann überdies bei Patienten mit aktivierenden EGFR-Mutatio­ nen in der Erstlinientherapie eingesetzt werden. Cetuximab in Kombination mit Cisplatin/Vinorelbin führte in einer randomisierten Phase-III-Studie (FLEX) bei Patienten mit fortgeschrittenem EGFR-positiven nicht-kleinzelligen Bron­ chialkarzinom zu einer signifikanten Verlängerung des Überle­ bens im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie: median 11,3 versus 10,1 Monate, Ein-Jahres-Überlebensrate 47 versus 42 Pro­ zent, Hazard Ratio 0,87. Auch die Ansprechrate war höher im Cetuximab-Arm (36 versus 29 Prozent). Eine zweite Phase-III-Studie untersuchte Carboplatin/Taxan ± Cetuximab bei unselektionierten Patienten mit fortgeschritte­ nem NSCLC. Cetuximab führte zwar zur keiner Verlängerung des progressionsfreien Überlebens, doch zu einer signifikant hö­ heren Ansprechrate und einer nicht signifikanten Verlängerung des Gesamtüberlebens. Die Hauptnebenwirkungen von Cetuximab sind akneähnliche Hautausschläge und gelegentliche Durchfälle. Erlotinib und Gefitinib. Bei mit Chemotherapie vorbehandel­ ten Patienten konnte für Gefitinib und Erlotinib eine Linderung tumorbedingter Symptome gezeigt werden. In Phase-III-Studien führten Erlotinib zu einer signifikanten und Gefitinib zu einer nicht signifikanten Verlängerung der Überlebenszeit bei mit Chemotherapie bereits vorbehandelten Patienten. Aufgrund die­ ser Tatsache ist Erlotinib für die Therapie bei mit Chemotherapie bereits vorbehandelten Patienten zugelassen. Insbesondere Frau­ en, Nieraucher, Asiaten, Patienten mit Adenokarzinomen und Patienten mit aktivierenden EGF-Rezeptor-Mutationen profitie­ ren von einer Therapie mit Tyrosinkinaseinhibitoren. Diese Pa­ rameter werden deshalb auch für die Patientenselektion berück­ sichtigt. XIX Bronchialkarzinom spiele für Substanzen in Phase-III-Studien) Cetuximab EGFR-Inhibitoren Erlotinib Gefitinib Angiogenese-Inhibitoren Bevacizumab Thalidomid Vandetanib Duale und Multikinase-Inhibitoren Motesanib Sorafenib Tumorvakzine BLP25 Liposomales Vakzin (Stimuvax) MAGE-A3 In der INTEREST-Studie konnte die Nichtunterlegenheit und gleichzeitig bessere Verträglichkeit von Gefitinib im Vergleich zu Docetaxel bei mit Chemotherapie vorbehandelten Patienten ge­ zeigt werden. Tyrosinkinaseinhibitoren zeigen eine besonders gute Wirkung bei asiatischen Patienten, wobei dies auf die hohe Inzidenz von aktivierenden EGF-Rezeptor-Mutationen bei diesen Patienten zurückgeführt wird. Deshalb wurde Gefitinib in der First-lineTherapie mit Carboplatin/Paclitaxel bei asiatischen Patienten mit Adenokarzinomen in einer Phase-III-Studie verglichen. 60 Prozent der Patienten hatten eine EGFR-Mutation im Tumor. Bei diesen Patienten führte Gefitinib als Dauertherapie bis zur klinischen Progression im Vergleich zu bis zu sechs Zyklen Car­ boplatin/Paclitaxel zu einer Verlängerung des progressionsfrei­ en Intervalls. Bei Patienten mit EGFR-Wildtyp war allerdings die Chemotherapie dem Gefitinib überlegen. Gefitinib ist deshalb für die palliative Therapie des nicht-kleinzelligen Bronchialkar­ zinoms bei Patienten mit nachgewiesenen aktivierenden EGFRezeptor-Mutationen im Tumor zugelassen. Bevacizumab. Bei selektionierten Patienten (nicht squamöse Karzinome, guter Allgemeinzustand, keine Hirnmetastasen, kei­ ne Tumorinvasion zentraler Blutgefäße, keine Blutungsneigung, keine schweren Hämoptysen, keine therapeutische Antikoagula­ tion) führte der Anti-VEGF-Antikörper Bevacizumab in Kombi­ nation mit Carboplatin/Paclitaxel (ECOG-Studie) bzw. Cispla­ tin/Gemcitabin (AVAiL) zu einer Verbesserung des Überlebens (ECOG) bzw. des progressionsfreien Überlebens (ECOG, AVAiL). Das Gesamtüberleben als sekundärer Studienendpunkt war al­ lerdings in der AVAiL-Studie nicht verlängert. Aufgrund dieser positiven Studienergebnisse ist Bevacizumab in XX Kombination mit platinhältiger Erstlinienchemotherapie für selektionierte Patienten mit fortgeschrittenem nicht squamösen NSCLC zugelassen. Chemotherapie des kleinzelligen Bronchial­ karzinoms Patienten mit kleinzelligen Bronchialkarzinomen erhalten vier bis sechs Zyklen einer Kombinationschemotherapie (Tabelle un­ ten), wobei bei limitierter Erkrankung bevorzugt Cisplatin/Eto­ posid wegen sowohl höherer Aktivität als auch besserer Kombi­ nierbarkeit mit der lokalen Strahlentherapie eingesetzt wird. Die Chemotherapie führt zu einer eindeutigen Linderung tumor­ bedingter Symptome, einer Verbesserung der Lebensqualität und einer vier- bis fünffachen Verlängerung der medianen Über­ lebenszeit. Ältere Patienten erhalten bei adäquatem Allgemein­ zustand ebenfalls eine palliative Kombinationschemotherapie, doch sind häufig Dosisreduktionen und verstärkte supportive Therapien notwendig. Chemotherapieprotokolle beim klein­ zelligen Bronchialkarzinom Cisplatin/Etoposid Carboplatin/Etoposid Cyclophosphamid/Adriamycin/Vincristin Cyclophosphamid/Epirubicin/Vincristin Cyclophosphamid/Adriamycin/Etoposid Adriamycin/Ifosfamid/Vincristin Die thorakale Strahlentherapie zusätzlich zur Chemotherapie ist bei Patienten mit limitierter Erkrankung indiziert und steigert die Drei-Jahres-Überlebensrate um absolut fünf Prozent. Alle Patienten mit Ansprechen auf die Therapie erhalten abschlie­ ßend eine prophylaktische Ganzhirnbestrahlung, die zu einer Steigerung der Drei-Jahres-Überlebensrate um absolut fünf Pro­ zent führt. Die primäre Operation ist in den Anfangsstadien durchaus indi­ ziert, doch sollte postoperativ eine adjuvante Chemotherapie angeschlossen werden. Als Zweitlinienchemotherapie bei Progression der Erkrankung ist Topotecan als neuer Standard etabliert. Literatur beim Verfasser Univ.-Prof. Dr. Robert Pirker Klinische Abteilung für Onkologie, Universitätsklinik für Innere Medizin I, Wien krebs:hilfe! 5:2009 Foto: Barbara Krobath Zielgerichtete Therapien beim NSCLC (Bei­