ZIP - FreiDok - Albert-Ludwigs

Werbung
Aus dem Anatomischen Institut der Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg i. Br.
(Prof.Dr.med Bodo Christ, Lehrstuhl Anatomie II)
Untersuchungen zum dynamischen Expressionsverhalten
von lunatic fringe in der Embryonalentwicklung von
Vertebraten
INAUGURAL – DISSERTATION
zur
Erlangung des Medizinischen Doktorgrades
der Medizinischen Fakultät
der Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg i. Br.
vorgelegt 1999
von
Alexander Josef Herbert Aulehla
geboren in
Freiburg i. Br.
Dekan:
Prof. Dr. M. Schumacher
1. Gutachter Prof. Dr. Beate Brand-Saberi
2. Gutachter Prof. Randy L. Johnson
Jahr der Promotion 2002
dedicata ai miei genitori
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung .................................................................................................................................1
2 Material und Methoden.........................................................................................................12
2.1 Tiere .......................................................................................................................................12
2.2 Mikrochirurgische Manipulationen ....................................................................................13
2.2.1 Material und Instrumente .................................................................................................13
2.2.2 Isolierung der Embryonen ................................................................................................14
2.2.3 Somitennomenklatur .........................................................................................................15
2.2.4 Versuchsreihen...................................................................................................................16
2.2.4.1 Manipulationen an Hühnerembryonen ........................................................................16
2.2.4.2 Manipulationen an Mausembryonen............................................................................19
2.2.5 In vitro Kultivierung der Embryonen...............................................................................20
2.2.5.1 Material und Medien ......................................................................................................20
2.2.5.2 Kultivierung von Hühnerembryonen ...........................................................................21
2.2.5.3 Kultivierung von Mausembryonen ...............................................................................22
2.3 Molekularbiologische Methoden.........................................................................................22
2.3.1 Transformation kompetenter Bakterienzellen.................................................................22
2.3.2 Präparation von Plasmid-DNA ........................................................................................23
2.3.3 Konzentrations- und Reinheitsbestimmung der DNA...................................................25
2.3.4 Spaltung von DNA mit Restriktionsenzymen.................................................................26
2.3.5 Agarosegel-Elektrophorese von DNA und RNA ...........................................................26
2.3.6 Isolierung von DNA–Fragmenten aus Agarosegelen.....................................................27
2.3.7 Reinigung von DNA..........................................................................................................27
2.3.8 Veränderung der DNA-Sequenz mittels Polymerasekettenreaktion ............................28
2.3.9 Klonierung und Produktion eines retroviralen RCAS-Vektors.....................................30
2.3.10 Injektion des Retrovirus in Hühnerembryonen ............................................................35
2.4 Methoden zur Auswertung der Embryonen......................................................................35
2.4.1 Whole-mount in situ Hybridisierung ...............................................................................35
2.4.2 Anfertigung von Gefrierschnitten ....................................................................................39
2.4.3 Alcianblau Knorpelfärbung ..............................................................................................40
2.4.4 Fotografieren der Embryonen...........................................................................................40
3 Ergebnisse................................................................................................................................41
3.1 Übersicht der mRNA-Expression von lunatic fringe im Hühnerembryo .........................41
3.2 Charakterisierung der Dynamik der lunatic fringe Expression .......................................43
3.3 Kontrolle der zyklischen Expression von lunatic fringe ...................................................46
3.3.1 Transversale Durchtrennung der Segmentplatte............................................................46
3.3.2 Isolierung der Segmentplatte von allen umliegenden Geweben...................................47
3.4 Transplantation einer Segmentplatte in ein neues Umfeld ..............................................47
3.5 Retrovirale Überexpression von lunatic fringe in der Segmentplatte................................49
3.6 Vergleich zweier zyklischer Gene: lunatic fringe und c-hairy1 ..........................................50
3.7 Kultivierung von Mausembryonen.....................................................................................51
4 Diskussion...............................................................................................................................52
4.1 Diskussion der Ergebnisse ...................................................................................................52
4.2 Über Oszillationen und Zyklen ...........................................................................................57
4.3 Theoretische Überlegungen zur Funktion von lunatic fringe in der Somitogenese.........58
4.4 Ausblick .................................................................................................................................61
5 Zusammenfassung..................................................................................................................62
6 Literaturverzeichnis................................................................................................................63
7 Anhang.....................................................................................................................................69
7.1 Liste der Abkürzungen ........................................................................................................69
7.2 Standardlösungen.................................................................................................................70
7.3 Lösungen und Medien für mikrochirugische Manipulationen ........................................71
7.4 Lösungen/ Reagenzien für die Whole-mount in situ Hybridisierung.............................71
8 Abbildungen ...........................................................................................................................75
9 Danksagung.............................................................................................................................93
10 Lebenslauf .............................................................................................................................95
11 Verzeichnis eigener Publikationen ....................................................................................96
11.1 Originalarbeiten ..................................................................................................................96
11.2 Gedruckte Abstracts von Kongreßbeiträgen ....................................................................96
12 Erklärung ...............................................................................................................................97
1
1 Einleitung
Die segmentale Organisation des Körperbauplans ist ein Charakteristikum vieler
Tierspezies.
Man findet metamere Baupläne sowohl in Vertebraten, in denen die
Metamerie am Aufbau der Wirbelsäule sichtbar wird, als auch in Invertebraten. Bei
Vertebraten ist die bleibende Segmentierung auf die Bildung der Somiten zurückzuführen.
Somiten stellen epitheliale kugelige Strukturen dar, die paarweise auf beiden Seiten des
Neuralrohrs angelegt werden. Sie wurden bereits 1689 von Malpighi zum ersten Mal
beschrieben und nehmen in der frühen Embryonalentwicklung eine besondere Stellung ein
(Malpighi 1689). Zum einen sind sie das erste sichtbare Zeichen einer Segmentierung des
Embryos und stellen die Vorläufer der Wirbelkörper dar, die namensgebend für die Klasse
der Vertebraten sind. Sie sind darüber hinaus Ursprung der Rippen und der Wirbelbögen
und der gesamten quergestreiften Muskulatur der Extremitäten und des Rumpfes (BrandSaberi et al. 1996). Auch tragen Somiten zur Bildung von Endothelien der Blutgefäße und
Angioblasten bei (Wilting et al. 1995). Die Somiten bedingen durch ihre metamere
Anordnung die segmentale Organisation weiterer Strukturen, wie z.B dem peripheren
Nervensystem und dem primären Blutkreislauf (Christ et al. 1979; Rickmann et al. 1985).
Dieser Vorgang wird in der Literatur als sekundäre Segmentierung bezeichnet und damit
der primären Segmentierung der Somiten gegenübergestellt (Christ et al. 1998). Neben
primärer und sekundärer Segmentierung wurde auch eine tertiäre Segmentierung
beschrieben.
So bewirken die Spinalganglien, die ihrerseits sekundäre Segmente
darstellen, die metamere Anordnung der Wirbelbögen, die somit als tertiäre Segmente
bezeichnet werden können (Strudel 1955). Eine weiterer wichtiger Vorgang während der
Segmentierung in Vertebraten ist die sogenannte Neugliederung, die 1850 von Remak
beschrieben worden ist (Remak 1850). Remak beobachtete, daß die Somitengrenzen nicht
den endgültigen Wirbelkörpergrenzen entsprechen, so daß im Zuge der Differenzierung
der Somiten eine Neugliederung stattgefunden haben muß. Durch neuere embryologische
Untersuchungen, v.a. durch die mikrochirurgische Transplantation von Somiten, konnte
der Prozeß der Neugliederung experimentell gesichert werden (Brand-Saberi und Christ
1999; Huang et al. 1996). Ein Somit bildet dabei die kraniale bzw. kaudale Hälfte zweier
2
Einleitung
benachbarter Wirbelkörper, das gleiche trifft für den distalen Teil zweier benachbarter
Rippen zu (Huang et al. 1996). Durch die Neugliederung wird auch erreicht, daß die
Intervertebral-und Interkostalmuskeln, die aus einem Somiten stammen, ebenfalls zwei
definitive Segmente überbrücken und miteinander verbinden.
Damit stellt die
Neugliederung die Grundlage der Funktionsweise einer Bewegungseinheit dar.
Trotz dieser großen Bedeutung der Somitenbildung für die regelrechte Entwicklung des
Embryos und zahlreicher Untersuchungen auf morphologischer, zellulärer, molekularer
und genetischer Ebene bleibt bis heute der Mechanismus der Somitenbildung enigmatisch.
Um in die aktuellen Fragestellungen und das Thema dieser Arbeit einzuführen, sollen
zunächst die wichtigsten frühembryonalen Prozesse, in die die Somitogenese eingebettet
ist, erläutert werden.
Die Gastrulation stellt den entscheidenden Umbauvorgang in der frühen
Embryonalentwicklung dar. Ein bekanntes Zitat spiegelt die Bedeutung dieses Vorganges
wieder: „It is not birth, marriage, or death, but gastrulation, which is truly the most
important time in your life“ (Lewis Wolpert, 1986). Dieser Prozeß, der zur Ausbildung der
dreiblättrigen Keimscheibe, bestehend aus Ektoderm, Mesoderm und Entoderm führt,
beginnt in der Maus am Tag 6,5 dpc (dies post coitum), in Hühnerembryonen nach einer
Bebrütungszeit von 12-13 Stunden (entspricht dem Hamburger und Hamilton Stadium
HH3, siehe Material und Methoden) (Hamburger und Hamilton 1992; Tam 1981).
Epiblastzellen wandern dabei durch den Primitivstreifen, der eine mediale
Zellverdichtung des Epiblasten darstellt, in die Tiefe und bilden durch diese Immigration
das Mesoderm und das Entoderm.
Die verbleibenden Epiblastzellen bilden die
Ektodermschicht.
Das Mesoderm läßt sich in verschiedene Kompartimente unterteilen: axiales, paraxiales,
intermediäres und Seitenplattenmesoderm (Christ und Ordahl 1995). Aus dem axialen
Mesoderm entsteht früh die Rückensaite (Chorda dorsalis), die wichtige induktive
Funktionen, wie z.B die Induktion des Neuroektoderms übernimmt. Das intermediäre
Mesoderm stellt das Zellmaterial für die Ausbildung der Urogenitalanlage, während das
Seitenplattenmesoderm sich zu zahlreichen Geweben, wie z.B der glatten Muskulatur der
Blutgefäße und des Verdauungstraktes sowie zum Herzmuskelgewebe entwickelt (Christ
und Ordahl 1995). Nur das paraxiale Mesoderm hat das Potential, Somiten zu bilden.
3
Einleitung
Im paraxialen Mesoderm unterscheidet man die bereits gebildeten Somiten vom noch
unsegmentierten Bereich.
Dieser mesenchymale, lockere Zellverband wird in
Mausembryonen als präsomitisches Mesoderm (PSM) bezeichnet, in Hühnerembryonen
nennt man diesen Bereich Segmentplatte (SP). Diese Begriffe werden im Verlauf dieser
Arbeit synonym verwendet. Die Zellen, die die SP und damit die Somiten konstituieren,
stammen zunächst direkt aus dem Gastrulationsprozeß. Nach Abschluß der Gastrulation
liefert eine mesenchymale Proliferationszone, die Schwanzkospe, das Zellmaterial für die
Segmentplatten. Die Schwanzknospe (tail bud) ist ein Rudiment des Primitivstreifens und
bildet sich am posterioren Ende des Embryos (Schoenwolf 1979).
Sie besteht aus
undifferenzierten mesenchymalen Zellen, die die Fähigkeit besitzen, sich zu zahlreichen
Geweben, unter anderem den Somiten, aber auch dem posterioren Anteil des Neuralrohrs
differenzieren zu können (Griffith et al. 1992). Aus dieser Proliferationszone treten Zellen
in die SP ein. Dadurch wird der Zellverlust, der durch die Somitenbildung am kranialen
SP-Ende entsteht, ausgeglichen, so daß die Länge der SP über einen gewissen Zeitraum
konstant gehalten werden kann (Tam 1981). In Hühnerembryonen wurde gezeigt, daß
eine SP das Zellmaterial für 10-12 prospektive Somiten enthält, während das präsomitische
Mesoderm von Mausembryonen nur 4-5 prospektive Somiten enthält (Packard 1976; Tam
1981).
Der Vorgang, der zur Somitenbildung führt, ist komplex und setzt sich aus mehreren
Teilprozessen zusammen, die in ihrer Gesamtheit als Somitogenese bezeichnet werden
(Gossler und Hrabe de Angelis 1998). Dieser Begriff beinhaltet folgende Aspekte:
(a) die Regionalisierung des Mesoderms (Gliederung in paraxiales, intermediäres und
Seitenplattenmesoderm)
(b) die Vorsegmentierungsperiode, die die Vorgänge der regionalen Spezifizierung (z.B
Spezifizierung thorakaler Somiten, die später die Rippenanlage bilden, in Abgrenzung zu
zervikalen Somiten, die diese Fähigkeit nicht besitzen) und der Polarisierung der Somiten
in eine anteriore und eine posteriore Hälfte, sowie die Definierung der Somitengröße
beinhaltet. Diese Vorgänge finden vor der Bildung der Somiten statt (Stern et al. 1988).
4
Einleitung
(c) die Somitenbildung: dieser Vorgang umfaßt die Segmentierung sowie die
Epithelialisierung des paraxialen Mesoderms
(d) die Somitenreifung: sie setzt mit der Spezifizierung unterschiedlicher Zellgruppen ein,
wodurch der Somit in verschiedene Kompartimente unterteilt wird (Brand-Saberi et al.
1996). Anschließend findet die Differenzierung auf morphologischer Ebene statt.
Alle diese Teilprozesse sind Gegenstand intensiver Untersuchungen, womit die
Komplexität der Somitenforschung deutlich wird. Die vorliegende Arbeit konzentriert
sich auf die Vorsegmentierungsperiode und die Somitenbildung, weshalb auf diese
Aspekte detaillierter eingegangen werden soll.
Die Bildung der Somiten vollzieht sich achsensymmetrisch auf beiden Seiten des
Neuralrohrs in einer kranial-kaudalen Sequenz. Der Vorgang beginnt am kranialen Ende
der Segmentplatte, indem Zellen eine koordinierte mesenchymale–epitheliale
Transformation durchführen und sich von der Segmentplatte abschnüren. Durch diese
Epithelialisierung und Segmentierung entsteht ein neuer Somit (Christ et al. 1998; Keynes
und Stern 1988; Tam und Trainor 1994; Yamaguchi 1997). Dieser Prozeß wiederholt sich
periodisch und setzt sich nach kaudal fort, bis die Gesamtzahl der Somiten, etwa 50 bei
Hühnerembryonen und 65 bei Mausembryonen, gebildet wurden. Bei Hühnerembryonen
bilden sich Somiten mit einer Frequenz von 90-95 Minuten.
Somiten sind entlang der anterior-posterioren Achse polarisiert, d.h. sie besitzen eine
anteriore und eine posteriore Hälfte. Diese Polarisierung ist Voraussetzung für die
Aufrechterhaltung der Somitengrenzen.
Bringt man experimentell zwei anteriore
Somitenhälften in Kontakt, so mischen sich die Zellen beider Hälften.
Bei der
Konfrontation einer posterioren mit einer anterioren Hälfte entsteht jedoch eine Grenze
und die Zellen beider Hälften mischen sich nicht (Stern und Keynes 1987).
Die
Polarisierung stellt darüber hinaus eine Grundlage für die sekundäre Segmentierung dar.
Motoneurone, die aus dem Neuralrohr auswachsen, migrieren nur durch das jeweilige
anteriore Somitenkompartiment. Ebenso verhält es sich mit Neuralleistenzellen, die aus
dem Neuralrohr auswandern. Sie wandern ebenfalls nur durch den anterioren Somiten, so
5
Einleitung
daß auch die Spinalganglien, zu denen die Neuralleistenzellen sich im Laufe der
Entwicklung differenzieren, regelmäßig segmental angeordnet werden (Keynes et al. 1991).
Die Somitenbildung umfaßt die Prozesse der Epithelialisierung und der Segmentierung.
Diese Unterscheidung ist auch deshalb sinnvoll, weil die Regulation dieser Teilprozesse
nicht identisch zu sein scheint. So zeigten rekombinante Mutationsexperimente in der
Maus, daß zumindest eine Segmentierung auch ohne Epithelialisierung stattfinden kann
(Burgess et al. 1996). In Mausembryonen, die kein funktionelles Paraxis produzieren,
findet keine Epithelialisierung des paraxialen Mesoderms statt und es bilden sich daher
keine Somiten. Trotzdem zeigt das paraxiale Mesoderm eine Segmentierung in metamere
Einheiten. Auch Experimente in Hühnerembryonen unterstützen diese Trennung in zwei
eigenständige Prozesse. Entfernt man alle umliegenden Gewebe von der Segmentplatte, so
kann nur der unmittelbar an die Somiten angrenzende Teil der Segmentplatte einen
Somiten bilden, d.h. es findet hier sowohl eine Segmentierung als auch eine
Epithelialisierung statt. Weiter posterior lokalisierte Bereiche der Segmentplatte können in
Abwesenheit der umliegenden Gewebe keine Epitheliarisierung durchführen, führen
jedoch eine Segmentieung durch (Palmeirim et al. 1998).
Die Information für die
Segmentierung muß daher zu einem sehr frühen Zeitpunkt an die Segmentplattenzellen
vermittelt worden sein, wohingegen die Epitheliarisierung auf permissive Signale aus
umliegenden Geweben angewiesen ist (Sosic et al. 1997).
Weitere Ergebnisse sprechen für eine solche frühe Determination der Segmentierung.
Wird die SP eines Hühnerembryos mikrochirugisch in kranial-kaudaler Richtung rotiert,
so entstehen die Somiten ebenfalls in umgekehrter Richtung, also von kaudal nach kranial
(Christ et al. 1974).
Die Segmentierungsrichtung ist damit mit der Bildung der
Segmentplatte bereits festgelegt. Bei transversaler Durchtrennung des Embryos bilden
sich Somiten zeitgerecht, so daß auch die Intaktheit der Segmentplatte keine Bedingung für
den zeitgerechten Ablauf der Segmentierung darstellt.
Diese Ergebnisse führten zu der Ansicht, daß die Segmentierung eine intrinsische und
autonome Kapazität der Segmentplatte darstellt (Christ et al. 1974; Gossler und Hrabe de
Angelis 1998).
Eine weitere Eigenschaft der Somitenbildung ist die große Konstanz der Somitenzahl
innerhalb einer Spezies. Unabhängig von der Größe der Embryonen wird eine konstante
6
Einleitung
Somitenzahl gebildet. Die Embryonengröße läßt sich z.B. in Amphibienembryonen
experimentell dadurch manipulieren, daß eine große Anzahl an Blastulazellen entfernt
wird. Daraufhin entwickeln sich kleinere aber regelrecht proportionierte Embryonen mit
einer normalen Anzahl an Somiten, die jedoch weniger Zellen pro Somit enthalten (Cooke
1975; Waddington und Deucher 1953). Auch in Mausembryonen kann die Regulation der
Somitenzahl beobachtet werden. So besitzt die Mausmutante amputated eine geringere
Körperlänge, doch ist die Anzahl der Somiten am Tag 9,5 dpc normal. Wiederum wird die
Anzahl der Somiten konstant gehalten, indem die Zellzahl pro Somit reduziert wurde
(Flint et al. 1978; Tam 1981). Es muß angemerkt werden, daß auch Zweifel bestehen, ob es
sich bei dieser Regulation der Somitenzahl um ein repräsentatives Prinzip handelt, da es in
mehreren Spezies, Reptilen, Amphibien,Vögel und Säugetieren auch Beispiele für ein
Fehlen einer solchen Regulation gibt (Fowler 1970; Gossler und Hrabe de Angelis 1998;
Keynes und Stern 1988).
Bis heute bleibt die Frage unbeantwortet, wie eine derart systemische Regulation erreicht
werden könnte. Wie kann ein Embryo schon zu Beginn seiner Entwicklung die Reduktion
seiner Körpergröße in die Bildung der Somiten integrieren?
Das „Clock and the wavefront“ Modell von Cooke und Zeemann aus dem Jahre 1976
macht den Versuch, sowohl eine solche globale Regulation als auch die Periodizität der
Somitenbildung mit Hilfe eines theoretischen Modells zu erklären (Cooke und Zeeman
1976). Das Modell postuliert die Existenz einer Wellenfront („the wavefront“), die den
Embryo von anterior nach posterior durchläuft. Werden Zellen von dieser kontinuierlich
fortschreitenden Wellenfront durchlaufen, so erhalten sie die Fähigkeit zur
Somitenbildung. Gleichzeitig besitzen alle Zellen der Segmentplatte eine intrinsische Uhr
oder Oszillator („the clock“).
Diese Uhr kontrolliert die Oszillation aller
Segmentplattenzellen zwischen zwei Zuständen:
-permissiv für die Somitenbildung
-refraktär für die Somitenbildung
Wenn nun die Wellenfront Zellen passiert während sie durch den Oszillator in einem
refraktären Zustand gehalten werden, so kann die vermittelte Kompetenz zur
Somitenbildung nicht ausgeführt werden. Diese Zellen werden dadurch als eine Einheit
definiert, die die Fähigkeit zur Somitenbildung hat. Zur Ausführung dieses Potentials
kommt es allerdings erst dann, wenn die Uhr in den permissiven Zustand wechselt. In
7
Einleitung
diesem Fall werden diese Zellen synchron in einen Somiten integriert.
Durch das
Zusammenspiel des Oszillators mit der kontinuierlich fortschreitenden Wellenfront wird
die Somitenbildung zu einem periodischen Vorgang. Zusätzlich wird postuliert, daß
sowohl die Zeit, die die Wellenfront braucht, um den Embryo von anterior nach posterior
zu durchlaufen als auch die Periodizität der Uhr, speziesspezifisch konstant ist.
Diese
Forderung resultiert direkt aus der Beobachtung, daß Embryonen, die synchron mit der
Segmentierung beginnen, diese, unabhängig von der Embryonengröße, auch zum gleichen
Zeitpunkt abschließen. Wenn die Zeit für die gesamte Passage des Embryos konstant ist,
dann folgt daraus, daß die Wellenfront große Embryonen mit einer höheren
Geschwindigkeit durchlaufen muß. Damit werden in größeren Embryonen pro Oszillation
mehr Zellen durchlaufen und damit in einen Somiten integriert. Die Angleichung der
Somitengröße an die Gesamtgröße des Embryos ließe sich demnach durch die Regulation
der Geschwindigkeit der Wellenfront erklären.
Ein anderes Modell aus dem Jahre 1982 von Hans Meinhardt basiert auf der Idee eines
diffusiblen Morphogengradienten innerhalb der Segmentplatte. Dieser Gradient, der seine
maximale Konzentration am posterioren Ende des Embryos aufweist, verursacht die
Oszillation der Segmentplattenzellen zwischen zwei Zuständen, zum Beispiel A und P.
Die Konfrontation dieser verschiedenen Zustände führt schließlich zur Bildung einer
Grenze und damit zur Segmentierung (Meinhardt 1986).
Eine Zelle in der Segmentplatte muß, um die Oszillationen zwischen A und P fortsetzen zu
können, einen gewissen Schwellenwert an Morphogenkonzentration erreichen. Dieser
Schwellenwert nimmt mit jeder Oszillation einen höheren Wert an. Daraus folgt, daß
Zellen am anterioren Ende der Segmentplatte, die die geringste Morphogenkonzentration
aufweisen, als erste den Schwellenwert nicht mehr erreichen und damit einen definitiven
Zustand annehmen (zum Beispiel A). Weiter posterior lokalisierte Zellen oszillieren unter
dem Einfluß der höheren Morphogenkonzentration zurück zum P Zustand, womit die
erste Grenze zwischen A und P gebildet wird.
Durch die unterschiedliche
Morphogenverteilung in verschieden großen Embryonen kann auch die Regulation der
Somitengröße erklärt werden: in großen Embryonen steigt die Morphogenkonzentration
langsamer an, so daß bei Anstieg des Schwellenwertes eine größere Anzahl an Zellen unter
diesen Grenzwert fallen und damit einen größeren Somiten bilden.
8
Einleitung
Auch dieses Modell führt die Periodizität der Segmentierung auf einen zellulären,
intrinsischen Oszillator zurück.
Ein drittes Modell, welches eine Verbindung des Zellzyklus mit der Bildung der Somiten
herstellt, soll kurz erläutert werden:
Ergebnisse aus Hitzeschockexperimenten bei Hühnerembryonen zeigten, daß als Folge der
Exposition der Embryonen mit hohen Temperaturen Somitendefekte entstehen (Primmett
et al. 1988). Diese Defekte treten in bestimmten regelmäßigen Abständen auf, wobei
zwischen den Defekten jeweils ein Abstand von 6-7 Somiten liegt. Es fanden bis zu vier
Wiederholungen dieser Defekte statt, so daß auch Zellen, die zum Zeitpunkt der
Exposition noch nicht in der Segmentplatte eingewandert waren, später eine defekte
Somitenbildung aufwiesen. Aufgrund dieser Beobachtungen wurde davon ausgegangen,
daß der Hitzeschock ein periodisches Ereignis beeinflußt, welches sich ebenfalls alle 6-7
Somiten wiederholt. Nur Zellen, die sich in dieser vulnerablen Phase befinden, werden
vom Hitzeschock beeinflußt. Ein Zellzyklus entspricht in Hühnerembryonen der Zeit von
9 Stunden oder der Bildung von 6-7 Somiten (Primmett et al. 1989). Darüber hinaus zeigen
Zellen,
die
zusammen
einen
Somiten
bilden,
einen
gewissen
Grad
an
Zellzyklussynchronität (Stern und Bellairs 1984). Auf diesen Beobachtungen basierend,
versucht das Zellzyklusmodell den Vorgang der Segmentierung mit dem Zellzyklus zu
verbinden. Demnach gibt es innerhalb der SP eine sogenannte Determinationsperiode, in
der Zellen, die sich im gleichen Abschnitt des Zellzyklus befinden, gruppiert werden und
später zusammen einen Somiten bilden. Diese Determinationsperiode findet genau einen
Zellzyklus vor der Bildung des Somiten statt und soll die Dauer von 100 Minuten, gemäß
der Somitenbildungsrate, besitzen.
Der vulnerablen Phase für die Hitzeschockexposition entspricht daher einer bestimmte
Phase im Zellzyklus, womit die Wiederholung der Defekte im Abstand eines Zellzyklus
erklärbar wären. Dieses Modell propagiert im Gegensatz zu den vorherigen Modellen
keine systemische Regulation der Somitogenese, sondern sieht die Somitenbildung als
Summe lokaler, zellautonomer Ereignisse .
Gemeinsam ist den vorgestellten theoretischen Modellen, daß sie das Vorhandensein eines
intrinsischen, zellulären Oszillators propagieren. Einen ersten experimentellen Hinweis
auf die Existenz einer solchen molekularen Uhr lieferte die faszinierende Entdeckung der
9
Einleitung
Expressionseigenschaften von c-hairy1 in Hühnerembryonen (Palmeirim et al. 1997). Die
mRNA-Expression
v o n c-hairy1 oszilliert mit einer Periodizität, die der
Somitenbildungsrate entspricht, wobei die Expression eine intrinsische Eigenschaft der
Segmentplattenzellen darstellt. Die Entdeckung dieser molekularen Uhr regte intensive
Diskussionen über ihre Bedeutung für die Somitogenese an und führte zur
Wiederbelebung der vorgestellten theoretischen Modelle (Cooke 1998; Stern und
Vasiliauskas 1998). Eine wichtige Frage hierbei ist, ob es sich bei c-hairy1 um eine seltene
Ausnahme handelt oder ob es weitere zyklisch exprimierte Gene gibt. Da bisher die
funktionelle Bedeutung von c-hairy1 für die Somitogenese nicht nachgewiesen werden
konnte, wäre es dabei von besonderem Interesse, Gene zu identifizieren, die sowohl eine
oszillatorische Expressionseigenschaft als auch eine nachgewiesene Funktion in der
Somitogenese besitzen.
Der molekularbiologische Ansatz der vergangenen Jahre hat zur Identifizierung einer
Vielzahl an Genen geführt, die an der Somitogenese beteiligt sind. Ein entscheidender
Signalweg für die Somitenbildung ist der Notch-Signalweg. Notch wurde zunächst in der
Fruchtfliege beschrieben und ist ein Transmembranprotein, welches als Rezeptor für die
Liganden Delta und Serrate dient, die ebenfalls Transmembranproteine sind (ArtavanisTsakonas et al. 1995). Dieser Signalweg ist an vielen zellvermittelten Prozessen beteiligt,
die zu Zelldifferenzierung führen. Klassisches Beispiel für die Funktionsweise von Notch
ist seine Rolle bei der Neurogenese in Drosophila. Die Notch-Aktivität führt dazu, daß nur
bestimmte Zellen eines ehemals homogenen, pluripotenten Zellverbandes aussortiert
werden und zu neurogenen Zellen differenzieren, während die verbleibenden Zellen die
Epidermis bilden (Simpson 1990). Dieser Zell-Zell vermittelte Vorgang wird in der
Literatur als laterale Inhibierung bzw. laterale Spezifizierung bezeichnet und beruht auf
negativen und positiven Rückkopplungsmechanismen innerhalb des Notch-Signalweges
(Greenwald 1998).
In Vertebraten wurden zahlreiche Homologe der Komponenten dieses Signalweges
gefunden (Greenwald 1998; Weinmaster 1997). Expressionsanalysen zeigten, daß diese
Homologe in weiten Bereichen des präsomitischen Mesoderm transkribiert werden. Die
funktionelle Bedeutung dieses Signalweges für die Somitogenese wurde durch
rekombinante Mutationsexperimente deutlich: Mutationen in einzelnen Komponenten des
Notch-Signalweges, darunter Notch1, Delta-like 1 (Dll-1), Delta-like 3 (Dll-3) und dem
10
Einleitung
Transkriptionsfaktor RBPJ-kappa resultieren in einer defekten Somitenbildung (Conlon et
al. 1995; Hrabe de Angelis et al. 1997; Kusumi et al. 1998; Oka et al. 1995; Swiatek et al.
1994).
Weiterhin sind mehrere Genprodukte bekannt, die modulierend in den Notch-Signalweg
eingreifen können (Greenwald 1998). Dazu zählt auch das Protein Fringe. In Drosophila
wurde das Zusammenspiel von Fringe mit dem Notch-Signalweg am Prozeß der
Kompartimentierung des Flügels experimentell gesichert (Irvine und Wieschaus 1994).
Die Flügelanlage der Fruchtfliege kann in ein ventrales und ein dorsales Kompartiment
unterteilt werden. Der Notch-Ligand Serrate wird ausschließlich in dorsalen Zellen
exprimiert, der Ligand Delta wird zunächst in allen Zellen dieser Flügelanlage exprimiert
(Panin et al. 1997). Fringe wird wie Serrate ebenfalls nur in dorsalen Zellen exprimiert.
Grundsätzlich besteht ein positiver Rückkopplungsmechanismus zwischen den Liganden
Serrate und Delta, d.h eine Aktivierung des Rezeptors Notch durch Delta führt zu einer
Hochregulation des Liganden Serrate, und vice versa. Die Wirkung von Fringe besteht
darin, die Notch-Rezeptoraktivierung durch Serrate zu inhibieren und die durch Delta zu
fördern. Dadurch können dorsale Serrate-exprimierende Zellen nur Notch-Rezeptoren
aktivieren, die ventral liegen. Die Folge dieser Aktivierung ist eine Hochregulation des
Delta-Liganden in ventralen Zellen.
Diese Delta-exprimierenden, ventralen Zellen
wiederum aktivieren Notch bevorzugt in dorsalen Zellen, da diese Aktivierung durch
Fringe zusätzlich gefördert wird (Irvine und Wieschaus 1994; Panin et al. 1997). Durch
diese Wirkung von Fringe wird der Notch-Rezeptor ausschließlich entlang der dorsoventralen Grenze aktiviert. Diese lokalisierte Notch-Aktivität führt zur Ausbildung
spezifischer Grenzzellen, die für das Auswachsen der Flügelanlage entscheidend sind und
die letztlich die Grenze zwischen dem dorsalen und ventralen Kompartiment bilden
(Panin et al. 1997). Ein weiteres Beispiel für die Modulation des Notch-Signalweges durch
Fringe finden sich beim Vorgang der Kompartimentierung des Auges in Drosophila (Cho
und Choi 1998; Dominguez und de Celis 1998). Die Ausbildung einer dorso-ventralen
Polarität im Auge von Drosophila verläuft dabei analog zum beschriebenen Mechanismus
in der Flügelanlage (Irvine 1999).
In Vertebraten sind drei Homologe von Drosophila fringe entdeckt worden: manic, radical
und lunatic fringe (Cohen et al. 1997). Von diesen drei Homologen wird nur lunatic fringe
11
Einleitung
im präsomitischen Mesoderm exprimiert (Johnston et al. 1997). Die Verbindung zwischen
Fringe und dem Notch-Signalweg wurde auch in Vertebraten experimentell gesichert. In
Mausembryonen, die kein funktionelles Notch1, bzw. Dll-1 oder RBPJ-kappa produzieren,
ist keine lunatic fringe Expression nachweisbar (Barrantes et al. 1999).
Lunatic fringe cDNA kodiert für ein Prä-Pro-Protein, welches auf posttranskriptioneller
Ebene durch autokatalytische Prozessierung reguliert werden kann (Johnston et al. 1997).
Das prozessierte Protein hat ein Molekulargewicht von 32,9 kDa und kann von der Zelle
sezerniert werden (Johnston et al. 1997; Wu et al. 1996). Die Analyse der cDNA zeigt
Sequenzähnlichkeiten mit Glykosyltransferasen, doch ist bisher die genaue
Funktionsweise von Lunatic Fringe unbekannt (Yuan et al. 1997). Auf mRNA Ebene ist
lunatic fringe vor allem im Zentralnervensystem und im präsomitischen Mesoderm
exprimiert (Johnston et al. 1997). Im kranialen präsomitischen Mesoderm zeigt lunatic
fringe eine auf mehreren Streifen lokalisierte Expression, zusätzlich findet sich eine breitere
Expressionsdomäne im kaudalen Teil des präsomitischen Mesoderms. Auffällig war, daß
die Expression große individuelle Unterschiede zeigte, so daß die Möglichkeit einer
dynamischen Regulation der Transkription bestand (Evrard et al. 1998).
Durch
rekombinante Mutationsexperimente wurde die Bedeutung von Lunatic Fringe in der
Embryogenese bestimmt.
Mausembryonen, die kein funktionelles Lunatic Fringe
produzieren, zeigen schwerwiegende Defekte in der Somitenbildung (Evrard et al. 1998;
Zhang und Gridley 1998).
Die Ausbildung einer Intersomitengrenze ist in diesen
Embryonen fehlerhaft, was zu unregelmäßig geformten Somiten führt. Darüber hinaus
fehlt in diesen unregelmäßigen Somiten die anterior -posteriore Polarität.
In Hühnerembryonen ist lunatic fringe ebenfalls beschrieben worden (Sakamoto et al. 1997).
Auch in Hühnerembryonen wurde lunatic fringe mRNA in den Ohrplakoden, im zentralen
Nervensystem und in den Segmentplatten nachgewiesen.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, eine detaillierte Analyse des Expressionsverhalten
von lunatic fringe im unsegmentierten Mesoderm von Hühnerembryonen durchzuführen.
Es sollte geklärt werden, ob die große Variabilität der lunatic fringe Expression auch in
Hühnerembryonen existiert und es sollte untersucht werden, wie diese zu erklären ist. Die
Experimente zu den Expressionseigenschaften von lunatic fringe sollten dazu beitragen,
Aufschluß über die Rolle von lunatic fringe während der Somitogenese zu gewinnen.
12
2 Material und Methoden
2.1 Tiere
Hühnerembryonen
Befruchtete Hühnereier (Weiße Leghorn, Gallus domesticus) wurden von der Firma Spafas
in Conneticut bezogen und bis zur Verwendung bei 4°C aufbewahrt. Die Hühnereier
wurden auf der Seite liegend in einem Inkubator (Kuhl, New Jersey) bei 37°C und 60-80%
Luftfeuchtigkeit bebrütet, bis sie das gewünschte Entwicklungsstadium erreicht hatten.
Die Stadieneinteilung erfolgte gemäß der Nomenklatur von Hamburger und Hamilton
(Hamburger und Hamilton 1992). Als Kriterium für diese Stadieneinteilung wird dabei
unter anderem die Anzahl der Somiten herangezogen.
Mausembryonen
Embryonen wurden aus zeitlich definierten Paarungen gewonnen. Mäuse der Gattung
Swiss wurden von Jackson Laboratory in Bar Harbor, Maine bezogen. Am Tag des
Erscheinens eines vaginalen Pfropf wurde 12 Uhr als 0,5 dpc (dies post coitum) festgesetzt.
13
Material und Methoden
2.2 Mikrochirurgische Manipulationen
2.2.1 Material und Instrumente
Wolframdrahtnadeln:
Für die mikrochirugischen Manipulationen wurden feine Nadeln aus Wolframdraht zum
Schneiden von Gewebe verwendet.
Dazu wurde Wolframdraht so in eine
Glaspasteurpipette eingeschmolzen, daß der Draht ca. 1,5cm herausragte. Anschließend
wurde der Wolframdraht entweder durch Elektrolyse oder durch Abflammen geschärft.
Bei der Methode der Elektrolyse wurde der Wolframdraht wiederholt in 10N Natronlauge
eingetaucht und diente als Anode. Als Kathode diente eine Metallklammer, die in der
Natronlauge eingetaucht war. Zwischen Anode und Kathode wurde eine Spannung von
ca. 7,5 Volt angelegt. Durch diese Elektrolyse wurde der Wolframdraht geschärft, bis der
Nadeldurchmesser wenige µm betrug.
Abflammen geschärft werden.
Alternativ kann der Wolframdraht durch
Dazu wurde der Draht in die Flamme eines
Bunsenbrenners gehalten, bis durch Abflammen/Abglühen der Draht geschärft war.
Diese Methode war weniger aufwendig und schneller als die Methode der Elektrolyse,
lieferte allerdings qualitativ etwas weniger hochwertige Nadeln.
Färbestifte:
Glasstifte wurden über einer Flamme fein ausgezogen und die Spitze wurde zu einem
kleinen Glasball geformt.
Dieser wurde mit einem Gemisch aus Agar und dem
Vitalfarbstoff Nilblau überzogen (0,25g Agar-Noble in 10ml H2O aufkochen, dazu 0,1g
Nilblausulfat hinzugeben und gut mischen).
Die Färbestifte dienten zur Markierung von Gewebe während des Operierens.
14
Material und Methoden
Operations-Agarschalen:
Plastik Petrischalen (60x15 mm) wurden mit einer 1%igen Agarose/PBS Lösung bis auf ca.
0,4cm aufgefüllt. Auf dieser Agaroseschicht wurden die (Hühner-)Embryonen während
der mikrochirurgischen Manipulation gelegt und damit stabilisiert.
Mehrere feine Dumont Pinzetten, eine Iridektomieschere und ein Sieblöffel wurden zum
Isolieren und zum Übertragen der Embryonen verwendet.
2.2.2 Isolierung der Embryonen
Isolierung der Hühnerembryonen aus dem Ei
Das inkubierte Hühnerei wurde vorsichtig eröffnet und in eine Glasschale überführt. Die
Glasschale war mit einer isotonischer Lösung (Locke–Lösung) gefüllt, so daß das Eigelb in
der Locke-Lösung schwamm. Mit Hilfe einer Iridektomieschere wurde um das Blastoderm
herum die Eigelbmembran durchtrennt. Dazu wurden zunächst zwei parallele Schnitte
entlang der Längsachse des Embryos im Bereich der area opaca angelegt. Durch einen
dieser Schnitte wurde ein Sieblöffel eingeführt und unter das Blastoderm gebracht.
Danach wurde das Blastoderm vollständig von der Eigelbmembran abgetrennt und in eine
Petrischale mit Locke-Lösung überführt.
Mit Hilfe feiner Pinzetten wurde die
Vitellinmembran, die dem Blastoderm direkt aufliegt, entfernt.
Gewinnung der Mausembryonen
Am Entwicklungstag 9,5 dpc wurden die schwangeren Mäuse durch zervikale Dislokation
getötet und die Embryonen aus dem Uterus gewonnen.
Dazu wurden die Uteri
chirurgisch aus dem Bauchsitus entfernt und in eisgekühltem Dissektionspuffer gereinigt.
Anschließend wurden die Uteri auf der dem embryonalen Pol entgegengesetzten Seite mit
15
Material und Methoden
Hilfe feiner Pinzetten geöffnet. Die Embryonen wurden vorsichtig von Dottersack und
Amnion entfernt.
2.2.3 Somitennomenklatur
Somiten wurden gemäß der Nomenklatur von Christ und Ordahl (1995) beschriftet (Christ
und Ordahl 1995). Diese Nomenklatur beinhaltet zwei Beschriftungsysteme. Zunächst
werden die Somiten in der Reihenfolge ihrer Bildung mit fortlaufenden arabischen
Nummern versehen. Der zuerst gebildete Somit erhält die arabische Ziffer 1 (Somit 1), der
zehnte Somit, der während der Embryonalentwicklung entsteht, erhält die Ziffer 10 (Somit
10) usw.. Zusätzlich wird jeder Somit gemäß seines individuellen Enwicklungsalters mit
römischen Nummern beschriftet. Der zuletzt gebildete Somit, also der jüngste Somit wird
immer als Somit I bezeichnet, der zuvor gebildetete Somit als Somit II und diese
Beschriftung wird von posterior nach anterior fortgesetzt.
In dieser Arbeit wurde diese Nomenklatur auf den noch unsegmentierten Bereich der
Segmentplatten übertragen. Dabei wurde der nächste zu bildende Somit als Somit –I, der
übernächste zu bildende Somit als Somit –II bezeichnet. Diese Beschriftung wurde von
anterior nach posterior weitergeführt (Abb. 1A).
16
Material und Methoden
2.2.4 Versuchsreihen
Um das dynamische mRNA-Expressionsverhalten von lunatic fringe zu untersuchen,
wurden verschiedene mikrochirurgische Manipulationen an Hühner- und
Mausembryonen durchgeführt.
2.2.4.1 Manipulationen an Hühnerembryonen
Herstellung zweier Hälften eines Embryos
Ziel dieser Manipulation war es, einen Embryo entlang seiner Längsachse in zwei nahezu
identische Hälften zu trennen. Dazu wurde der Hühnerembryo wie in Abschnitt 2.2.2
beschrieben aus dem Ei isoliert und anschließend auf eine Operations-Agarschale
übertragen. Der Embryo wurde so ausgerichtet, daß der Betrachter auf die dorsale Seite
blickte. Mit einer Wolframnadel wurde zunächst das Neuralrohr von posterior nach
anterior, bis etwa auf die Höhe des Somiten V, eröffnet. Dazu wurde zunächst die
Nadelspitze in das Gewebe hineingeführt und anschließend wurde mit einer schnellen
aber kontrollierten Aufwärtsbewegung das Gewebe durchtrennt.
Nachdem das
Neuralrohr eröffnet worden war, wurden auch die darunter liegenden Schichten, das
Mesoderm und das Entoderm, exakt in der Medianlinie durchtrennt. Die median liegende
Rückensaite blieb an einer der beiden Seiten haften, die Verteilung geschah willkürlich in
Abhängigkeit der vorliegenden Operationsbedingungen. Anschließend wurde auf einer
Seite des Embryos mit einer Federschere ein Schnitt von lateral bis zur durchtrennten
Mittellinie geführt. Die dadurch entstandenen Hälften sind bezüglich der Segmentplatte
und der umliegenden Gewebe nahezu identisch.
17
Material und Methoden
Transversale Durchtrennung einer Hälfte
Die Embryonenhälften wurden wie oben beschrieben hergestellt. Anschließend wurde
zusätzlich auf einer Hälfe der posteriore Teil entfernt, indem ungefähr in der Mitte der
Segmentplatte mit einer Federschere ein transversaler Schnitt durchgeführt wurde.
Isolieren der Segmentplatte
Die Isolierung der Segmentplatte erforderte mehrere Teilschritte und dauerte ungefähr 20
Minuten. Zunächst mußte das Ektoderm über dem paraxialen Mesoderm entfernt werden.
Dazu wurden zwei unterschiedliche Strategien gewählt. Der Embryo wurde wie in
Abschnitt 2.2.2 beschrieben gewonnen und auf einer Agarschale stabilisiert. Auf einer
Seite des Embryos wurde mit Hilfe einer Wolframnadel das Ektoderm zwischen dem
Neuralrohr und dem paraxialen Mesoderm eröffnet und anschließend nach lateral
abgezogen. Alternativ wurde dieser Schritt nicht auf eine Agarschale durchgeführt,
sondern direkt in ovo. Dazu wurde das befruchtete Ei durchleuchtet und die Lage des
Embryos mit Bleistift auf der Schale markiert. An dieser Stelle wurde mit einer feinen Säge
ein ca 1cm 2 großes Fenster gesägt.
Die Kalkschale wurde entfernt, ohne die
darunterliegende Schalenmembran zu öffnen. Nun wurde mit einer Pinzette am stumpfen
Eipol eingestochen und somit das dort befindliche Luftkissen eröffnet. Die Eimembran
wurde mit Locke-Lösung benetzt und vorsichtig eröffnet. Der Embryo, der durch das
Entweichen der Luft abgesunken war, wurde durch vorsichtiges Einträufeln von LockeLösung direkt unter die Eischale angehoben. Die Vitellinmembran wurde mit einem
Färbestift markiert und anschließend über dem paraxialen Mesoderm eröffnet. Das
Ektoderm wurde ebenfalls mit einem Färbestift markiert und in der gleichen Art und
Weise, wie zuvor beschrieben, entfernt.
Diesen Schritt in ovo durchzuführen war
aufwendiger und zeitintensiver im Vergleich zur Entfernung des Ektoderms auf einer
Agarschale. Allerdings hat sich gezeigt, daß in ovo das Ektoderm deutlich einfacher und
schonender vom Mesoderm zu entfernen ist. Eine mögliche Erklärung könnte in der
18
Material und Methoden
größeren Spannung liegen, die in ovo im Gewebe vorliegt und es somit vor Verletzung
schützt. Nachdem das Ektoderm entfernt worden war, wurde der Embryo auf der
Agarschale derart gedreht, daß der Betrachter auf die ventrale Seite blickt. Das Entoderm
wurde vorsichtig mit Hilfe einer Wolframnadel vom Mesoderm entfernt. Anschließend
wurde zwischen dem paraxialen und dem intermediären Mesoderm ein Schnitt von
posterior nach anterior durchgeführt.
Um eine saubere Trennung dieser
Mesodermkompartimente, die kontinuierlich ineinander übergehen, zu erreichen, war es
entscheidend, diesen Schnitt von der ventralen Seite aus durchzuführen. Abschließend
wurde das paraxiale Mesoderm vom Neuralrohr abgetrennt. Dazu wurde von der
dorsalen Seite im Extrazellularraum, der sich zwischen Neuralrohr und paraxialen
Mesoderm befindet, entlanggeschnitten. Damit war das paraxiale Mesoderm von allen
umliegenden Geweben wie Ekto- und Entoderm, dem intermediären Mesoderm und dem
Neuralrohr befreit.
Transplantation einer Spendersegmentplatte in einen Wirtembryo (Abb. 1B)
Ziel dieser Manipulationen war es, die SP eines Wirtembryos durch die SP eines
Spenderembryos zu ersetzen. Anschließend wurden sowohl der Spender, als auch der
Empfänger bei 37,8°C für einen Zeitraum von 5 Stunden reinkubiert.
Als Spender und Empfänger wurden Hühnerembryonen im Stadium HH11-12 gewählt.
Die Segmentplatte auf der rechten Seite des Donors wurde wie in oben beschrieben isoliert
und in 2%iger Rinderserumalbumin/Locke-Lösung aufbewahrt. Der Empfängerembryo
wurde wie folgt vorbereitet: auf einer Operations-Agarschale wurde das Ektoderm
zwischen Neuralrohr und paraxialen Mesoderm eröffnet. Um die Isolierung der SP zu
erleichtern, wurden wenige Tropfen einer 25%igen Trypsinlösung in Locke-Lösung auf
den Embryo gegeben. Nach ca. 30 Sekunden wurde begonnen, das Neuralrohr vorsichtig
vom paraxialen Mesoderm abzutrennen, indem am Neuralrohr vorsichtig mit einer
Wolframnadel entlang gefahren wurde. Die Enzymreaktion wurde mit einer 20%igen
BSA-Lösung gestoppt. Der Embryo wurde anschließend mehrmals mit frischer LockeLösung gewaschen.
19
Material und Methoden
Das Ektoderm ließ sich nun leicht zur Seite schieben. An der Grenze zwischen dem
paraxialen und intermediären Mesoderm wurde wiederum mit einer Wolframnadel ein
Schnitt gesetzt, der das Mesoderm jedoch nicht das Entoderm durchtrennt. Das paraxiale
Mesoderm wurde anschließend vorsichtig von Neuralrohr und vom darunterliegenden
Entoderm abgetrennt. Um Mesodermreste vom Entoderm zu entfernen, wurde eine
Glaspasteurpipette über einer Flamme fein ausgezogen. Mit dieser feinen Pipette wurden
die Mesodermreste abgesaugt.
Wenn die SP korrekt entfernt wurde, war das
darunterliegende glänzende Entoderm zu sehen. Die isolierte SP des Spenders wurde nun
auf den Empfängerembryo übertragen und korrekt ausgerichtet.
Es wurde darauf
geachtet, daß die ursprüngliche anterior-posteriore Orientierung der Spender-SP
beibehalten wurde. Die eingesetzte SP wurde abschließend mit Ektoderm überdeckt.
Sowohl beim Spender als auch bei dem chimären Empfänger wurde der
Schwanzknospenbereich entfernt, bevor die Kultivierung (siehe 2.2.5) erfolgte.
2.2.4.2 Manipulationen an Mausembryonen
Mausembryonen im Stadium 9,5 dpc wurden wie in 2.2.2 beschrieben gewonnen und in
eiskalten Dissektionspuffer gelegt. Mit einer feinen Dumontpinzette wurde der Embryo so
ausgerichtet, daß von dorsal auf den Embryo gesehen wurde. Mit einer Wolframnadel
wurde das Neuralrohr von posterior nach anterior in der Mittellinie bis etwa auf die Höhe
des Somiten V eröffnet. Anschließend wurden die restlichen Gewebsschichten in der
Medianebene mit einer Wolframnadel oder alternativ mit einer feinen Iridektomieschere
durchschnitten. Dadurch entstanden im posterioren Bereich des Embryos zwei nahezu
identische Hälften.
20
Material und Methoden
2.2.5 In vitro Kultivierung der Embryonen
2.2.5.1 Material und Medien
Kulturmedium für Hühnerembryonen
Als Kulturmedium wurde DMEM (GibcoBRL, Life Technologies) mit 10% fetalem
Rinderserum (FBS) und 2% Hühnerserum verwendet. Zusätzlich wurden 50 IU/ml
Penicillin und 50µg/ml Streptomycin hinzugefügt.
Kulturmedium für Mausembryonen:
Das Kulturmedium bestand aus DMEM (GibcoBRL, Life Technologies) und Ham’s F12 im
Verhältnis 1:1 und 10% fetalem Rinderserum (FBS).
Agar/Eigelb-Kulturschalen:
Die Kulturschalen wurden nach einem Protokoll von Packard und Johnson (Packard 1976)
hergestellt. Dazu wurde ein Teil 6%iger Agar (Bacto-agar, Difco, Detroit, Michigan) und 3
Teile Eiüberstand miteinander vermischt. Der Eiüberstand wurde gewonnen, indem man
den Inhalt mehrerer nichtinkubierter Eier vermischt und 30 Minuten bei 15900xg
(g=Erdbeschleunigung) zentrifugiert. Die 6%ige Agarlösung wurde erst bis zum Kochen
erhitzt und anschließend ebenso wie der Eiüberstand auf ca. 48°C abgekühlt. Nach dem
Vermischen der Agarlösung mit dem Eiüberstand, wurden ca. 3ml in eine Petrischale
gegossen und gewartet, bis dieses nutritive Substrat fest geworden war.
21
Material und Methoden
2.2.5.2 Kultivierung von Hühnerembryonen
Kultivierung von Hühnerembryonen auf Polykarbonatfiltern
Hühnerembryonen wurden nach einem Protokoll von Palmeirim et al. kultiviert
(Palmeirim et al. 1997). Die Embryonenhälften oder die isolierten Segmentplatten wurden
mit der ventralen Seite nach unten auf einen Polykarbonatfilter (0,8µm Porengröße,
Millipore, Bedford, Massachusetts) gelegt. Der Filter wurde vorsichtig in eine Petrischale
mit Kulturmedium gelegt, so daß der Filter auf dem Medium flottierte. Die Inkubation
erfolgte bei 37°C. Nach Ablauf der Inkubationszeit, die zwischen 20 und 150 Minuten
variierte, wurde der Filter mit einem Sieblöffel in eine 4%ige Paraformaldehydlösung
(PFA) überführt, und der Embryo wurde darin über Nacht bei 4°C fixiert.
Kultivierung von Hühnerembryonen auf Agar/Eigelb-Petrischalen
Die Kultivierung der Embryonen auf einer Agar/Eigelb-Petrischale wurde in der
Versuchsreihe durchgeführt, in der chimäre Hühnerembryonen hergestellt wurden. Das
Protokoll wurde von Packard und Johnson übernommen (Packard 1976). Sowohl der
Spender, als auch der Empfänger wurden nach Austausch der Segmentplatte mit Hilfe
eines Sieblöffels auf Agar/Eigelb-Petrischalen überführt. Die Inkubation erfolgte bei
37,8°C und 5% CO2 für eine Dauer von 5 Stunden. Anschließend wurden die Embryonen
in 4% PFA über Nacht bei 4°C fixiert.
22
Material und Methoden
2.2.5.3 Kultivierung von Mausembryonen
Mausembryonenhälften wurden nach der Methode des hängenden Tropfens kultiviert.
Das Protokoll wurde freundlicherweise von Kristen Correia und Ron Conlon zur
Verfügung gestellt. Die Embryonenhälften wurden in einen Tropfen Kulturmedium
übertragen, der zuvor auf den Boden einer Petrischale pipettiert wurde. Die Petrischale
wurde zusammen mit dem Tropfen und dem darin enthaltenen Embryo vorsichtig
invertiert, so daß ein hängender Tropfen entstand. Die Inkubation erfolgte bei 37°C und
5% CO2. Anschließend wurden die Embryonen in 4% PFA über Nacht bei 4°C fixiert.
2.3 Molekularbiologische Methoden
2.3.1 Transformation kompetenter Bakterienzellen
Kompetente Zellen
Transformationskompetente Zellen wurden einem Laborvorrat entnommen.
Transformation
Die bei –80°C eingefrorenen Zellen wurden auf Eis aufgetaut. Zu 100µl Zellen wurden bis
zu 100ng Plasmid gegeben und der Ansatz wurde 30 Minuten auf Eis inkubiert. Nach
einem Hitzepuls (30 Sekunden bei 42°C) wurden die Zellen sofort für 3-5 Minuten auf Eis
gekühlt.
Anschließend wurden 400µl antibiotikumfreies Medium (LB-Medium: 5g
Hefeextrakt, 10g NaCl,10g Trypton, 1000ml H2O) hinzugegeben und 30 Minuten bei 37°C
inkubiert. Von diesem Ansatz wurden 100µl auf einer LB/Ampicillin-Platte ausplattiert.
Die restlichen 400µl wurden 20 Sekunden in einer Tischzentrifuge bei 14000upm
23
Material und Methoden
zentrifugiert. Daraufhin wurden 300µl des Überstandes verworfen und das Pellet in den
verbleibenden 100µl gelöst. Diese 100µl wurden auf einer zweiten LB/Ampicillin-Platte
ausplattiert. Beide Platten wurden über Nacht bei 37°C inkubiert.
2.3.2 Präparation von Plasmid-DNA
Kleinansatz Plasmid-DNA Präparation
Das Protokoll zur Präparation von Plasmid- DNA wurde aus Maniatis übernommen
(Sambrock et al. 1989). Fünf Milliliter LB-Medium (mit 100µg/ml Ampicillin) wurden mit
einer einzelnen Bakterienkolonie angeimpft und im Erlenmeyerkolben bei 37°C und
250upm über Nacht inkubiert (mindestens für 7 Stunden). Nach dieser Inkubation wurden
1,7ml der Kultur in ein Eppendorf-Röhrchen (Eppendorf, Hamburg) gegeben und 30
Sekunden bei 12000upm zentrifugiert.
Der Überstand wurde verworfen.
Das
Bakterienpellet wurde in 100µl eisgekühlter Lösung I (50mM Glukose, 25mM Tris-HCl pH
8,0, 10mM EDTA pH 8,0) vollständig gelöst. Die Lyse der Zellen erfolgte durch die
Zugabe von 200µl Lösung II (0,2N NaOH (frisch verdünnt von einer 10N Stammlösung),
1% SDS). Anschließend wurden 150µl der Lösung III hinzugefügt (3M Kaliumacetat, 5M
Eisessig) und durchmischt. Dieser Ansatz wurde 5 Minuten bei 4°C und 12000upm
zentrifugiert. Der Überstand wurde in ein neues Röhrchen übertragen und die DNA
gefällt. Dazu wurden 2 Volumenanteile Ethanol hinzugegeben und 2 Minuten bei
Raumtemperatur stehengelassen. Dieser Ansatz wurde 5 Minuten bei 12000upm und 4°C
zentrifugiert.
Der Überstand wurde verworfen, und das Pellet wurde getrocknet.
Abschließend wurde das Pellet mit 70% Ethanol gewaschen und nach Entfernung des
Überstandes erneut luftgetrocknet. Die DNA wurde in 50µl TE-8 gelöst und der DNAGehalt wurde photometrisch bestimmt.
24
Material und Methoden
Großansatz Plasmid-DNA Präparation
Fünf Milliliter LB-Medium (mit 100µg/ml Ampicillin) wurden mit einer einzelnen
Bakterienkolonie angeimpft und bei 37°C und 250upm über Nacht inkubiert (mindestens
für 7 Stunden). Diese Bakterienkultur wurde in einen zwei Liter Erlenmeyerkolben mit
500ml LB-Medium (mit 100µg/ml Ampicillin) gegeben, und ebenfalls bei 37°C und
250upm inkubiert. Nach 8-16 Stunden Inkubation wurde das Kulturmedium auf zwei
250ml Behälter verteilt und in einem GSA Rotor bei 5000upm zentrifugiert (Sorvall
Instruments, RC5C, Du Pont). Der Überstand wurde verworfen, und die Bakterienpellets
wurden in je 15ml STE (100mM NaCl, 10mM Tris-HCl pH 8,0, 1mM EDTA pH 8,0)
aufgelöst. Die Bakterien beider Flaschen wurden kombiniert, anschliesßend wurden
erneut 50ml STE hinzugefügt und die Bakterien 10 Minuten bei 6000upm zentrifugiert.
Der Überstand wurde verworfen und das Pellet in 18ml Lösung I (50mM Glukose, 25mM
Tris-HCl pH 8,0, 10mM EDTA pH 8,0) gelöst. Danach wurden 2ml Lysozym-Lösung
(10mg/ml in TE-8) hinzugegeben und 5 Minuten bei RT inkubiert. Die Lyse der Zellen
erfolgte nach Zugabe von 40ml Lösung II (0,2M NaOH, 1% SDS). Nach gründlichem
Mischen wurde der Ansatz 5 Minuten bei RT inkubiert. Nach dieser Inkubationszeit
wurde zur Neutralisierung des Ansatzes 30ml Lösung III (3M Kaliumazetat, 5M Eisessig)
hinzugefügt und vorsichtig vermischt. Nachdem der Ansatz 5 Minuten auf Eis gelagert
wurde, wurde 10 Minuten bei 6000upm zentrifugiert. Der Überstand wurde durch Gaze in
einen neuen 250ml Behälter filtriert. Um die DNA zu fällen, wurden 85ml Isopropanol
hinzugefügt, gut durchmischt und 10 Minuten bei RT inkubiert. Anschließend wurde die
DNA 10 Minuten bei 6000upm abzentrifugiert. Das Pellet wurde mit 50ml 70 % Ethanol
gewaschen und erneut 5 Minuten bei 6000upm abzentrifugiert. Der Überstand wurde
verworfen, und das Pellet wurde 10 Minuten bei 37°C getrocknet. Die DNA wurde in
4,5ml TE-8 gelöst. Um die Plasmid-DNA in möglichst reiner Form zu erhalten, wurde die
DNA über einen Cäsiumchloridgradienten gereinigt. Dazu wurde die DNA-Lösung in ein
12ml-Röhrchen übertragen und 5,25g CsCl wurden hinzugefügt und gelöst. Dazu wurden
0,3ml einer Ethidiumbromidstammlösung (10mg Ethidiumbromid/ml H2O) hinzugefügt.
Der Ansatz wurde 5 Minuten bei 6000upm in einem SS-34 Rotor zentrifugiert (Sorvall
Instruments, RC5C, Du Pont). Der Überstand wurde in ein „quick-seal“ Röhrchen (5,2ml,
Beckman Instruments) übertragen und dieses verschweißt. Anschließend wurde dieser
Ansatz mindestens 12 Stunden bei 55000upm in einem vTi65.2 Rotor zentrifugiert (XL-70
25
Material und Methoden
Ultracentrifuge, Beckman Instruments). In der Mitte des Röhrchens bildete sich eine rote
Bande, die der reinen Plasmid-DNA mit interkaliertem Ethidiumbromid entsprach. Über
dieser Bande bildete die genomische bakterielle DNA eine zweite Bande. Um die PlasmidDNA zu isolieren, wurde zunächst mit einer Nadel ein Loch in den oberen Teil des
Röhrchens gestochen, um so eine Luftzufuhr herzustellen. Anschließend wurde mit einer
zweiten Nadel, die mit einer 1ml–Spritze verbunden war, kurz unterhalb der PlasmidDNA Bande eingestochen und die Bande abgesaugt.
Dieser Inhalt wurde in ein
Eppendorf- Röhrchen übertragen.
Um die DNA von dem Ethidiumbromid zu reinigen, wurde der Inhalt mit einem gleichen
Volumen Isoamylalkohol extrahiert. Nach einer einminütigen Zentrifugation in einer
Tischzentrifuge (14000upm) wurde die obere Phase verworfen. Dieser Schritt wurde
mehrmals wiederholt, bis die wässrige Phase nicht mehr rötlich gefärbt war. Um die
Plasmid-DNA auszufällen, wurde zur wässrigen Phase das dreifache Volumen 70%igen
Ethanols hinzugefügt. Dieser Ansatz wurde gemischt und 10 Minuten auf Trockeneis
gelegt. Daraufhin wurde der Ansatz erwärmt, bis das Cäsiumchlorid wieder gelöst war
und anschließend in einer Tischzentrifuge bei 4°C und 14000upm zentrifugiert. Der
Überstand wurde verworfen, und das DNA-Pellet wurde mit 70%igen Ethanol bei
Raumtemperatur gewaschen und anschließend luftgetrocknet. Das DNA-Pellet wurde in
100-500µl H2O gelöst, und die DNA-Konzentration wurde photometrisch bestimmt.
2.3.3 Konzentrations- und Reinheitsbestimmung der DNA
Die DNA-Konzentration wurde im Spektralphotometer durch Messung der optischen
Dichte bei 260, 280 und 320nm bestimmt.
Die Messung bei 320nm diente zur
Streulichtkorrektur, der hierbei erhaltene Messwert wurde von den bei 260nm und 280nm
ermittelten Werten subtrahiert. Die DNA–Konzentrationen wurden wie folgt bestimmt:
DNA: OD260 1= 50ug/ml
Die Proteinkontamination der DNA wurde aus dem Quotienten der bei 260nm und 280nm
ermittelten Extinktionswerten erhalten. Eine reine Nukleinsäure zeichnet sich durch ein
26
Material und Methoden
260/280 Verhältnis von 1,9 aus. Ein Quotient weit über oder weit unter diesem Wert
spricht für eine Proteinkontamination.
2.3.4 Spaltung von DNA mit Restriktionsenzymen
Restriktionsendonukleasen
erkennen
und
hydrolysieren
kurze,
definierte
Nukleotidsequenzen der DNA. Die Plasmid-DNA wurde in den jeweils mitgelieferten
Reaktionspuffern inkubiert. Die Reaktion wurde bei der empfohlenen Temperatur für eine
Stunde durchgeführt. Gespaltene DNA-Fragmente wurden elektrophoretisch analysiert
und gegebenenfalls isoliert.
2.3.5 Agarosegel-Elektrophorese von DNA und RNA
Agarosegele erlauben die Auftrennung von DNA-Fragmenten im Bereich von 100-100000
Basenpaaren. Es wurde ausschließlich mit einer Agarose-Konzentration von 1% gearbeitet.
Zur Herstellung des Gels wurde 1g Agarose in 100ml Puffer unter Kochen gelöst. Zur
Auftrennung von DNA-Fragmenten wurde TAE als Puffer verwendet, für RNA wurde
TBE
verwendet.
Zu
diesen
100ml
Agarose-Lösung
Ethidiumbromidstammlösung (10mg/ml) hinzugegeben.
wurden
5µl
einer
Dieser Ansatz wurde in
vorgefertigte Gelwannen gegossen. Zur Ausbildung von Probentaschen wurde ein
entsprechender Probenkamm in die Kammer eingehängt. Nach Erstarren der Agarose
wurde der Kamm entfernt und die Gelkammer mit Puffer gefüllt. Die Proben wurden mit
einem Ladepuffer gemischt, der gleichzeitig einen Farbmarker enthielt.
Zur
Größenbestimmung wurden Standards definierter Größe verwendet, wie z.B. 1 kbDNAMarker (GibcoBRL, Life Technologies).
Die Elektrophorese wurde bei 60-100 V
durchgeführt. Ethidiumbromid interkaliert in die DNA bzw. RNA, wodurch diese bei UVLicht (366nm) sichtbar wird. Nach der Elektrophorese wurden die Gele unter UV-Licht
fotografiert.
27
Material und Methoden
2.3.6 Isolierung von DNA–Fragmenten aus Agarosegelen
Zur Isolierung der DNA-Fragmente aus Agarosegelen wurde das Isolierungskit Geneclean
II (ISC Bioexpress, Utah) verwendet. Das Prinzip dieser Reinigung beruht auf einer
spezifischen Bindung von DNA an ein Silicagel (Glasmilch). Die Isolierung der DNA aus
diesem Agarosestück erfolgte nach den Angaben des Herstellers, die hier kurz
zusammengefaßt werden: Die DNA-Fragmente wurden aus einem Agarosegel unter
schwachem UV-Licht ausgeschnitten. Das Agarosestückchen wurde in 3,5fachen Volumen
einer 6mM NaI–Lösung bei 50°C gelöst. Anschließend wurde die Lösung für 10-20
Minuten bei Raumtemperatur mit 5µl Glasmilch inkubiert. NaI wurde durch mehrmaliges
Waschen mit der mitgelieferten Waschlösung wieder entfernt. Durch Inkubation der
Glasmilch in 0,1fachen TE-8 für 5 Minuten bei 50°C wurde die DNA schließlich eluiert.
2.3.7 Reinigung von DNA
Zur Reinigung von DNA wurden folgende Methoden angewendet:
Präzipitation von DNA
DNA wurde durch Zugabe von 0,1 Volumenanteilen einer 3M Natriumazetatlösung (pH
5,2) und 2,5 Volumenanteilen Ethanol bei –20°C für 30 Minuten präzipitiert.
Die
präzipitierte DNA wurde durch Zentrifugation (Eppendorf- Tischzentrifuge 14000upm für
5 Min, bei 4°C) sedimentiert, mit 70 % Ethanol gewaschen und in TE-8 oder H2O gelöst.
Phenolchloroformextraktion
DNA-Lösungen wurden mit einem Volumentanteil Phenol/Chloroform(1:1) extrahiert
und anschließend bei 14000upm in einer Tischzentrifuge für 5 Minuten zentrifugiert. Die
wässrige Phase wurde abgetrennt und in ein neues Eppendorfröhrchen gegeben. Die
28
Material und Methoden
verbleibende Lösung wurde mit TE-8 verdünnt und mit einem Volumenanteil
Phenol/Chloroform (1:1) extrahiert. Nach erneuter Zentrifugation wurden die wässrigen
Phasen miteinander vereint. Die darin enthaltene DNA wurde abschließend präzipitiert
(siehe oben).
2.3.8 Veränderung der DNA-Sequenz mittels Polymerasekettenreaktion
Die Polymerasekettenreaktion dient der in vitro Amplifikation einer spezifischen
Nukleinsäuresequenz. Als Vorlage dafür dient meist ein doppelsträngiges DNA-Stück,
welches die gesuchte Sequenz enthält. Die PCR ist mittlerweile eine vollautomatisierte
Methode und wurde in einem Perkin Elmer Cetus–DNA Thermal Cycler durchgeführt.
Der Arbeitszyklus beginnt mit der Denaturierung der doppelsträngigen DNA. Die
dadurch entstehenden DNA-Einzelstränge werden mit kurzen Oligunukleotiden-Paaren,
den Primern, hybridisiert. Diese Primer erkennen eine bestimmte Sequenz auf der DNA
und dienen als Start für die anschließende Kettenverlängerung. Dabei ist der sogenannte
5‘-Primer komplementär zum Minusstrang, der 3´-Primer ist komplementär zum
Plusstrang.
Im nächsten Arbeitsschritt verlängert eine hitzestabile DNA-Polymerase aus Thermus
aquaticus die Primer, wobei als Vorlage der jeweils komplementäre DNA–Strang dient.
Somit werden zwei neue DNA-Stränge synthetisiert, die erneut als Vorlage dienen können.
Dieser Zyklus, Denaturierung, Hybridisierung und Kettenverlängerung wird zwischen 20
und 30 mal wiederholt, wobei jeder Zyklus die Anzahl der DNA-Moleküle verdoppelt.
Die Polymerasekettenreaktion kann in modifizierter Form auch dazu verwendet werden,
die DNA-Sequenz an einigen wenigen Basen zu verändern. Dazu wird ein Primer
ausgesucht, der nicht vollständig komplementär zur Vorlage ist und der die gewünschten
Veränderungen enthält.
Der neu synthetisierte DNA-Strang ist somit ebenfalls im
Vergleich zu seiner Vorlage verändert und dient als Matrize für nachfolgende Zyklen.
Nach Fertigstellung aller Zyklen besitzt daher fast die komplette DNA-Population eine
veränderte DNA-Sequenz.
29
Material und Methoden
In dieser Arbeit wurde diese Strategie angewendet, um die lunatic fringe cDNA kompatibel
für die Klonierung in einen retroviralen Vektor zu machen. Zwei verschiedene cDNAs
wurden dabei hergestellt:
PCR-Produkt 1: lunatic fringe cDNA mit modifiziertem 5' und 3‘ Ende für die Klonierung in
den Vektor pSlax-13
PCR-Produkt 2: lunatic fringe cDNA mit modifiziertem 5' und 3‘ Ende für die Klonierung in
den Vektor pSlax Flu2.1
Die PCR wurde wie folgt durchgeführt:
10µl (entsprachen 200ng) Plasmid-DNA (lunatic fringe cDNA) wurden mit jeweils 4µl der
beiden Primer (Sequenz siehe unten), 10µl Desoxynukleotidlösung (dATP, dCTP, dGTP,
dTTP in einer Konzentration von je 2mM), 10µl 10facher Polymerasepuffer, 10µl DMSO
und H2O (52µl) in einemVolumen von 100µl gemischt.
Dazu wurde 0,5µl „high fidelity“- Polymerase (Boehringer, Mannheim) gegeben und
abschließend dieser Reaktionsansatz mit einem Tropfen Mineralöl überdeckt. Nach 2
Minuten Denaturierung bei 94°C wurde die DNA über 22 Zyklen wie folgt amplifiziert:
1) Denaturierung: 94°C, 30 Sekunden
2) Annealing: 50°C, 36 Sekunden
3) DNA-Synthese (Elongation): 72°C, 75 Sekunden
Im Anschluß an diese 22 Zyklen wurde eine terminale Elongationsphase von 3 Minuten
bei 72°C durchgeführt und damit die PCR-Reaktion abgeschlossen.
5µl der PCR wurde auf einem 1% igen Agarosegel getestet .
Primersequenz für die PCR
Die Primer wurden von der Firma GibcoBRL, Life Technologies erhalten. Die Sequenz
lautete wie folgt:
Für PCR-Produkt 1 :
5‘-Primer: AAAGAAGACACCATGCTCCAGCGGTG
3‘-Primer: ACAGAATTCCAACCACGACTGCTAGAAG
(Amplifiziertes PCR-Produkt hat eine Größe von 1153 Basenpaaren)
30
Material und Methoden
Für PCR-Produkt 2 :
5‘-Primer: AAAGAAGACACCATGCTCCAGCGGTG
3‘-Primer: AAAGAATTCAAGATGGCGGAGCGAGGA
(Amplifiziertes PCR-Produkt hat eine Größe von 1169 Basenpaaren)
2.3.9 Klonierung und Produktion eines retroviralen RCAS-Vektors
Subklonierung der lunatic fringe cDNA in einen Hilfsvektor
Der RCAS–Vektor (RC=Replikationskompetent: A= avian leukemia virus LTR; S= SpliceAkzeptor) kodiert für einen vogelspezifischen Retrovirus, welcher zur Überexpression von
Genen eingesetzt werden kann (Hughes et al. 1987; Morgan und Fekete 1996). Hier wurde
die lunatic fringe cDNA in einen RCAS–Vektor kloniert. Dazu mußte die cDNA zunächst
in einen Hilfsvektor eingebaut werden. Es wurden zwei verschiedenen Hilfsvektoren
eingesetzt :
pSlax 13 (für PCR-Produkt 1)
pSlax Flu 2.1 (für PCR-Produkt 2)
Der Klonierungsschritt wurde wie folgt durchgeführt:
1) Mit der PCR wurden neue Restriktionsstellen in der lunatic fringe cDNA erzeugt
PCR-Produkt 1: BbsI (5') und EcoRI (3')
PCR-Produkt 2: BsaI (5') und EcoRI (3')
2) 50µl des PCR-Reaktionsgemisches wurden durch Phenolchloroformextraktion gereinigt.
3) die PCR-Produkte und die Hilfsvektoren wurden mit geeigneten Restriktionsenzymen
geschnitten
PCR-Produkt 1: BbsI (5‘) und EcoRI (3‘)
31
Material und Methoden
PCR-Produkt 2: BsaI (5') und EcoRI (3‘)
Vektor: NcoI (5‘) und EcoRI (3‘)
4) Phosphatasebehandlung des Vektors: Um die Selbstligation des Vektors zu minimieren,
wurde am 5‘ Ende die Phosphatgruppen entfernt. Hierzu wurden CIAP (calf intestinal
alkaline phosphatase, 2,5U/5µg Vektor-DNA, Boehringer Mannheim) und der
mitgelieferte Puffer (100mM Tris-HCl pH 8,3, 10mM MgCl2) direkt zum Reaktionsgemisch
gegeben und dieser Ansatz 30 Minuten bei 37°C inkubiert.
5) die geschnittenen DNA-Fragmente wurden gelelektrophoretisch aufgetrennt und
anschließend aus dem Gel isoliert.
6) die Ligation der Fragmente erfolgte mit Hilfe des Takara DNA Ligation Kit (Takara
Shuzo Co.,Ltd.) nach den Angaben des Herstellers.
7) Transformation des Ligationsansatzes und der Ligations-Kontrolle in kompetente
Bakterien.
Einzelne Bakterienkolonien dieser Transformation wurden einer DNA-Präparation
zugeführt. Durch Schneiden mit geeigneten Restriktionsenzymen wurde die korrekte
Orientierung der klonierten Fragmente überprüft.
Klonierung der cDNA in den RCAS-Vektor
Die cDNA wurde aus diesem Hilfsvektor heraus in den endgültigen retroviralen Vektor
RCAS(A) hineinkloniert.
Dazu wurde der Hilfsvektor und der RCAS-Vektor mit dem Enzym ClaI geschnitten.
Dieser Verdau setzte das gewünschte cDNA-Fragment aus dem Hilfsvektor frei und
schafft kompatible Enden für die Klonierung in den RCAS–Vektor. Nach dem Verdau
wurden die Fragmente gelelektrophoretisch aufgetrennt und anschließend aus dem Gel
isoliert.
32
Material und Methoden
Die Ligation und Transformation erfolgte wie oben beschrieben.
Um die Klonierung des gewünschten Fragmentes sicher zu überprüfen, wurden die
Vektoren RCAS-MFR und RCAS-MFR-Tag von der Sequenziereinheit des MD Anderson
Cancer Centers ansequenziert.
Die ermittelte Sequenz bestätigte die erfolgreiche
Klonierung beider Fragmente in den retroviralen Vektor, so daß zwei neue Konstrukte
entstanden
1) RCAS (A)-MFR
2) RCAS (A)-MFR-Tag
Produktion des Retrovirus in Zellkultur
Die Produktion eines Retrovirus in Zellkultur ist eine etablierte Methode, die ungefähr
zwei Wochen beansprucht:
a) Herstellung primärer Hühnerfibroblasten
Primäre Hühnerfibroblasten für diese Arbeit wurden einem Laborvorrat entnommen.
b) Transfektion der Fibroblasten mit dem RCAS-Vektor
Die Transfektion der primären Hühnerfibroblasten erfolgte mit der Methode der
Calciumphospatpräzipitation. Dazu wurden zunächst 20µg des zu transfizierenden
Plasmids mit Natriumacetatlösung und Ethanol präzipitiert und anschließend in 100µl
sterilem Wasser gelöst (siehe 2.3.7). Davon wurden 30µl entnommen und auf 450µl mit
Wasser verdünnt. Dazu wurden 50µl einer 2,5M CaCl2 Lösung gegeben. Dieses Gemisch
wurde tropfenweise zu einer 2- fachen HBS –Lösung (137mM NaCl, 5mM KCl, 0,7mM
Na2HPO4, 6mM Dextrose, 21mM Hepes pH 7,05) zugegeben. Es sollte zu einem feinen
Präzipitat kommen. Auf Zellkulturplatten mit einem zu 60% konfluenten Zellwachstum
wurden 1ml Medium (DMEM, GibcoBRL, Life Technologies) gegeben. Anschließend
wurde das DNA-Präzipitatgemisch unter ständigem vorsichtigen Mischen tröpfchenweise
hinzugegeben. Die Kulturplatten wurden 10 Minuten in einem Zellinkubator bei 37°C und
5% CO2-Atmosphäre inkubiert. Anschließend wurden 10ml Medium zugegeben. Nach 4
33
Material und Methoden
Stunden Inkubation bei 37°C wurde das Medium entfernt und 2ml 15%iges Glycerol
hinzugegeben. Nach 90 Sekunden Inkubation wurde mehrfach mit PBS gewaschen und
anschließend Medium hinzugegeben.
c) Zellkultur der transfizierten primären Hühnerfibroblasten
Die Zellkultur erfolgte bei 38°C und 5% CO2, als Medium wurde DMEM (GibcoBRL, Life
Technologies) mit 10% fetalem Rinderseum (FBS, GibcoBRL, Life Technologies) und 2%
Hühnerserum (CS) und Penicillin/Streptomycin (50IU/ml, 50µg/ml) verwendet. Die
Zellen wurden zunächst bis zur vollständigen Konfluenz kultiviert und anschließend auf
größere Platten übertragen. Dazu wurde zunächst das Medium entfernt und mehrfach mit
sterilem PBS gewaschen. Anschließend wurden die Zellen für wenige Minuten in Trypsin
(GibcoBRL, Life Technologies) inkubiert, bis sich die Zellen von der Plastikoberfläche
ablösen ließen. Diese Trypsinierung wurde durch Zugabe von Medium gestoppt, und die
Zellen wurden dann auf die größeren Platten übertragen. Die Zellen wurden nach
Erreichen vollständiger Konfluenz einmal passagiert und anschließend wurde gewartet,
bis die Zellen überkonfluent gewachsen waren.
d) Gewinnung des Retrovirus
Sobald die Zellen überkonfluent waren, wurde an drei aufeinanderfolgenden Tagen das
Medium entfernt und bei –80°C aufbewahrt.
In diesem Überstand befinden sich
Retroviren, die von den infizierten Zellen in das Medium freigesetzt wurden.
e) Konzentrierung der Retroviren
Das gesammelte Medium wurde durch einen Filter mit der Porengröße 0,45µm filtriert, um
Zellreste zu entfernen. Anschließend wurde das Medium in einem Ausschwingrotor bei
21000upm bei 4°C für 3 Stunden zentrifugiert. Die Viren befanden sich im Pellet, der
Überstand wurde vorsichtig dekantiert.
Das Virus wurde in einem sehr geringen
Restvolumen gelöst. Das gelöste Retrovirus wurde aliquotiert und bis zur Injektion bei
–80°C aufbewahrt.
34
Material und Methoden
f) Western-Blot mit lysierten, transfizierten Fibroblasten
Um die erfolgreiche Transfektion und auch die Produktion des gewünschten Proteins zu
überprüfen, kann mit lysierten Fibroblastenzellen, die nach Beendigung der
Kultivierungsphase gewonnen wurden, ein Western-Blot durchgeführt werden. Da
Konstrukt 2 mit einer Epitopmarkierung (Flu) ausgestattet ist, konnte ein Antikörper
(HA11), der diese Markierung erkennt, verwendet werden, um das gebildete Protein
nachzuweisen.
Die Zellen wurden durch Zugabe von Puffer (50mM Tris-HCl pH 6,8 , 2% SDS, 10%
Glyzerol, 0,1% Bromophenolblau, 100mM DTT) lysiert. Dieses Zelllysat wurde 2 Minuten
bei 100°C denaturiert und anschließend auf einem 8% igen linearen SDS-PolyacrylamidGel aufgetrennt.
Sammelgel und Trenngel hatten folgende Zusammensetzung:
Trenngel (4ml)
Sammelgel (2ml)
1,067ml einer 30%igen Acrylamid-
0,266ml ABA
bisacrylamid-Lösung (ABA)
0,5ml Puffer (0,5M Tris, 0,4% SDS pH 6,8)
1ml Puffer (1,5M Tris, 0.4% SDS, pH 8,8)
20µl Ammoniumperoxodisulfat
40µl Ammoniumperoxodisulfat
2µl TEMED
4µl TEMED
1,234ml H20
1,933ml H2O
Als Größenstandard wurde ein vorgefärbter Standard von 14 kDa bis 200 kDA (GibcoBRL,
Life Technologies) verwendet. Die Gelelektrophorese wurde bei 200 V in 50 Minuten
durchgeführt.
Anschließend wurden die Proteine auf eine Nitrozellulosemembran
übertragen. Dazu wurde zunächst das Sammelgel abgetrennt und das Trenngel wurde 10
Minuten in Transferpuffer (25mM Tris, 192mM Glyzin, 20% Methanol, pH 8,3) gewaschen.
Die Sandwich-Methode hatte folgenden Aufbau: Kathode, Scotch-brite Papier, WhatmanPapier, Trenngel, Nitrocellulosemembran (Schleicher und Schuell), Whatman-Papier,
Scotch-brite Papier, Anode. Der Elektrotransfer erfolgte im Transfertank bei 100 V und
dauerte 45-60 Minuten.
35
Material und Methoden
2.3.10 Injektion des Retrovirus in Hühnerembryonen
Das konzentrierte Virus wurde in eine fein ausgezogene Kapillare aufgezogen. Dabei
wurde das Virus (5µl) mit einer Farblösung (0,5µl einer 1%igen Fast Green-Lösung)
vemischt, um die Injektion leichter überprüfen zu können. Die Kapillare war über ein
kleines Kunststoffröhrchen an eine Hamiltonspritze verbunden. Sowohl Hamiltonspritze
als auch die Kapillare sind vor Aufziehen der Viruslösung mit Mineralöl aufgefüllt
worden. Die Eier wurden auf ihrer Längsseite stabilisiert und nach Aufstechen des
Luftsackes am stumpfen Eipol wurde die Schale über dem Embryo eröffnet. Anschließend
wurde der Embryo orientiert. Die Injektionen wurden mit einem Handmanipulator
durchgeführt. Es wurden pro Embryo 6-8 Injektionen durchgeführt. Abschließend wurde
das Ei mit Pflaster verschlossen und in den Inkubator gelegt.
2.4 Methoden zur Auswertung der Embryonen
2.4.1 Whole-mount in situ Hybridisierung
Zur Darstellung der mRNA–Expression wurde die Methode der in situ Hybridisierung
angewendet, die von Pardue und Gall eingeführt wurde (Pardue und Gall 1970). Dazu
wurden zunächst RNA-Sonden hergestellt, die in das Gewebe eingebracht wurden und an
die zu untersuchende mRNA durch Hybridbildung binden. Eine Sonde stellt dabei das
Transkript des Antisense–Stranges der cDNA dar, welches somit zur endogenen
mRNA–Sequenz, die ihrerseits das Transkript des Sense-Stranges darstellt, komplementär
ist.
36
Material und Methoden
Herstellung der RNA-Sonde
a) Linearisierung des Plasmids
10µg des Transkriptionsplasmids wurden mit dem passenden Restriktionsenzym
geschnitten (siehe Tabelle Transkriptionsplasmide).
Nach einer Phenolchloroform-
extraktion mit anschließender DNA-Präzipitation wurde die DNA in 50µl 0,1 fachen TE-8
gelöst.
b) Transkription
Digoxygenin markierte Antisense-RNA als Sonde für in situ Hybridisierung wurde im
wesentlichen gemäß den Angaben des Herstellers (Boehringer, Mannheim) produziert.
Der Ansatz lautete wie folgt:
10µl linearisierte DNA(1µg)
4µl Transkriptionspuffer (5 fach, Promega,Madison, WI)
2µl DTT 0,1M (Promega, Madison,WI)
2µl Nukleotidmix (Boehringer, Mannheim)
0,5µl RNAse Inhibitor (Promega,Madison, WI)
1,5µl RNA Polymerase (Promega,Madison, WI)
20µl
Nach einer Inkubation von zwei Stunden bei 37°C wurde die Transkription durch
Auftrennung eines 1µl Aliquots auf einem 1% TBE – Gel überprüft.
Zum Transkriptionsansatz wurde 1µl DNAse (Boehringer, Mannheim) hinzugegeben und
15 Minuten bei 37°C inkubiert.
Anschließend wurde die RNA durch Zugabe 0,1 Volumenanteile 4M Lithiumchlorid und 3
Volumenanteile Ethanol bei –20°C (für mindestens 60 Minuten) ausgefällt. Nach der
Zentrifugation der präzipitierten RNA bei 14000upm und 4°C wurde das RNA-Pellet mit
70%igen Ethanol gewaschen. Abschließend wurde die RNA in 50µl TE-8 und 50µl
Hybridisierungspuffer gelöst und bei –20°C aufbewahrt.
37
Material und Methoden
c) Transkriptionsplasmide
Gen
lunatic fringe
lunatic fringe
c-hairy1
Pax-3
Organismus
Huhn
Maus
Huhn
Huhn
HinDIII
HinDIII
BamHI
Restriktionsenzym für ClaI
Antisense Linearisierung
RNA-Polymerase
T3
T3
T7
T3
Quelle
Ed
RL
Olivier
RL
Laufer
Johnson
Pourquie
Johnson
Vorbereitung der Embryonen für die Hybridisierung
Die Embryonen wurden nach der Fixierung (4% Paraformaldehyd über Nacht bei 4°C) in
einer aufsteigenden Methanolreihe (25%, 50%, 75%, 100%, 100%) dehydriert und
mindestens eine Nacht in –20°C aufbewahrt. Daraufhin wurden die Embryonen in einer
absteigenden Methanolreihe rehydriert und in PBT gewaschen. Nach einer einstündigen
Inkubation in 6%igem Wasserstoffperoxid wurden die Embryonen 10 Minuten mit
ProteinaseK behandelt. Die Konzentration der ProteinaseK richtete sich nach dem Alter
der Embryonen.
Für Hühnerembryonen im Stadium HH12, sowie für 8,5 dpc alte
Mausembryonen betrug die ProteinaseK-Konzentration 0,5µg/ml, für Hühnerembryonen
HH19 und Mausembryonen 9,5 dpc wurde eine Konzentration von 1µg/ml gewählt. Im
Anschluß an die ProteinaseK Behandlung wurden die Embryonen gewaschen (PBT) und
nachfixiert (4% Paraformaldehyd und 0,05% Glutaraldehyd in PBT, 20 Minuten bei RT).
Die Embryonen wurden in screw-cap Röhrchen mit Hybridisierungspuffer überführt und
zunächst bei RT inkubiert. Nachdem die Embryonen zu Boden gesunken waren, wurde
dieser Hybridisierungspuffer erneut ausgetauscht. Dieser Ansatz wurde in ein Wasserbad
bei 70°C für mindestens eine Stunde inkubiert.
38
Material und Methoden
Hybridisierung
10-12µl RNA-Sonde aus der in vitro Transkription wurde in 1ml Hybridisierungspuffer
gegeben, so daß die ungefähre RNA-Konzentration 1µg/ml betrug. Die vorbehandelten
Embryonen wurden in dieser Hybridisierungslösung bei 70°C im Wasserbad inkubiert.
Die Hybridisierungszeit betrug 12-24 Stunden.
Posthybridisierungswaschgänge
Die Embryonen wurden nach der Hybridisierung zunächst drei Mal in Lösung I
gewaschen (bei 65°C, jeweils 30 Minuten), anschließend wurden drei Waschgänge in
Lösung III durchgeführt (bei 65°C, jeweils 30 Minuten pro Waschgang). Danach wurden
die Embryonen in TBST überführt.
Antikörperinkubation
Die Embryonen wurden in TBST mit 10% Schafserum für mindestens 2,5 Stunden
inkubiert.
Der Antikörper (Dig-Antikörper, Boehringer Mannheim) wurde mit
Embryopulver, welches in TBST gelöst worden ist, geblockt (1µl Antikörper in 500µl
TBST/Embryopulver). Anschließend wurde der Antikörper bis auf eine Konzentration
von 1:2000 mit TBST/1% Schafserum verdünnt.
Die Embryonen wurden in dieser
Antikörperlösung bei 4°C für 12-18 Stunden inkubiert.
Farbreaktion
Die Embryonen wurden ausgiebig in TBST gewaschen und anschließend in NTMT
überführt.
Nach dreimaligem Waschen in NTMT wurde zu den Embryonen die
Färbelösung gegeben. Die Farbreaktion muß im Dunkeln erfolgen, die Färbelösung sollte
dabei nach gewisser Zeit erneuert werden. Die Hintergrundfärbung kann deutlich
39
Material und Methoden
reduziert werden, indem man die Embryonen während des Färbens auf einem Schüttler
bewegt.
Die Farbreaktion wurde gestoppt, indem die Embryonen in PBT überführt und mehrmals
gewaschen wurden. Abschließend wurden die Embryonen in 4%igen Paraformaldehyd
und 0.05% igen Glutaraldehyd eine Stunde lang bei RT fixiert und dann in PBT
aufbewahrt.
Alternatives Whole-mount in situ Hybridisierungsprotokoll für schwache Sonden
Die Arbeitsschritte wurden zunächst wie oben ausgeführt. Wenn nach der Farbreaktion
die Signalintensität unbefriedigend war, wurden die Embryonen fixiert und anschließend
erneut mit Dig-Antikörper inkubiert.
Daran schloß sich die Farbreaktion und die
Postfixierung an. Durch die beiden Färbesschritte konnte das Signal verstärkt werden,
ohne das Hintergrundsignal zu stark zu erhöhen.
2.4.2 Anfertigung von Gefrierschnitten
Embryonen, die im Schnittpräparat analysiert werden sollten, wurden nach Beendigung
der Whole-mount in situ Hybridisierung in einer aufsteigenden Sucrosereihe (5%, 15%,
30%) dehydriert. Daraufhin wurden die Embryonen in einem Gemisch von 30%iger
Sucrose/O.C.T im Verhältnis 1:1 für mindestens eine Stunde inkubiert (Sechrist und
Marcelle 1996). Die Embryonen wurden abschließend ca. 30 Minuten in O.C.T. (Miles
Inc.,Elkhart, IN) gelegt und auf Flüssigstickstoff eingefroren. Mit Hilfe eines Kryostats
(Leitz Cryomicrotom) wurden 25µm-30µm dicke Schnitte angefertigt und auf Objektträger
(Superfrost plus, Menzel-Gläser) übertragen. Die Schnitte wurden über Nacht getrocknet,
kurz mit PBS rehydriert und mit Aquamount eingedeckelt.
40
Material und Methoden
2.4.3 Alcianblau Knorpelfärbung
Um Knorpelstrukturen zu analysieren, wurden die Embryonen zunächst in 4%
Paraformaldehyd über Nacht bei 4°C fixiert. Anschließend wurden sie mehrmals in PBS
gewaschen und in Alcianblau–Lösung (0,02%Alcianblau 8GX gelöst in einem Gemisch von
70% Ethanol und 30% Eisessig) für 6-8 Stunden gefärbt (Capdevila et al. 1998). Die
Embryonen wurden anschließend in einer Ethanolreihe (100, 95, 70, 40, 15%, jeweils für
eine Stunde) gespült und in H2O gewaschen. Daraufhin wurden die Embryonen durch
eine 0,5% Kaliumhydroxid/Glyzerol–Serie (3:1, 1:1, 1:3) geführt (für jeweils zwei Stunden)
und in 100% Glyzerol aufbewahrt.
2.4.4 Fotografieren der Embryonen
Totalpräparate wurden unter einem Nikon SMZ-U Mikroskop, welches mit einem Nikon
UFX-DX mit der Kamera verbunden war, fotografiert. Als Film wurde entweder Kodak
64T oder Kodak 100 Ektachrome verwendet. Die Embryonen wurden zum Fotografieren
entweder in eine mit PBS gefüllte Petrischale (schwarzer Hintergrund) oder aber in eine
Agar-Operationsschale gelegt (blauer Hintergrund).
Gefrierschnitte wurden mit einem Zeiss Axiophot Mikroskop fotografiert.
41
3 Ergebnisse
3.1 Übersicht der mRNA- Expression von lunatic fringe im Hühnerembryo
Grundlage der vorliegenden Arbeit war die detaillierte Charakterisierung der lunatic fringe
mRNA-Expression während der frühen Embryonalentwicklung des Hühnerembryos.
Diese Analyse konzentrierte sich dabei vor allem auf die Expression in der Segmentplatte
(SP) und in der Schwanzknospe, sowie auf die lunatic fringe Expression während und kurz
nach der Gastrulation. Die Expression im Neuralrohr und in der Ohrplakode sind in der
Literatur bereits präzise beschrieben und werden daher in der folgenden Übersicht nicht
berücksichtigt (Sakamoto et al. 1997).
Um die mRNA-Expression zu analysieren, wurde an Hühnerembryonen vom
Gastrulationsstadium (HH4) bis zum Extremitätenknospenstadium (HH22) eine Wholemount in situ Hybridisierung durchgeführt, wobei eine lunatic fringe Antisense-Sonde
verwendet wurde. Die Expression wurde anschließend sowohl am Totalpräparat, als auch
an Gefrierschnitten analysiert.
Im definitiven Primitivstreifenstadium (HH4) findet sich die lunatic fringe mRNAExpression in zwei diffusen Epiblastregionen (Abb. 2A). Diese Expression ist kaudal des
Hensenschen Knotens lokalisiert und achsensymmetrisch um die Mittellinie angeordnet.
Wie frühere Zellmarkierungsexperimente gezeigt haben, sind diese Epiblastzellen
prospektive paraxiale Mesodermzellen und stellen damit Vorläufer der Somitenzellen dar
(Psychoyos und Stern 1996). Die Lokalisation der Expression in Epiblastzellen läßt sich im
transversalen Gefrierschnitt bestätigen (Abb. 3A).
Außerdem können im
Transversalschnitt gastrulierende Zellen identifiziert werden, die ihre lunatic fringe
mRNA-Expression beibehalten haben.
Kurz vor der Bildung des ersten Somiten (HH6) kann lunatic fringe mRNA in zwei
Regionen detektiert werden.
Eine kranial des Hensenschen Knotens lokalisierte
umschriebene Expressionsdomäne und eine kaudal des Hensenschen Knotens gelegene,
etwas diffusere und breitere Expression (Abb. 2B). Die kraniale Expression entspricht dem
neu gebildeten paraxialen Mesoderm (Abb. 3B). Das paraxiale Mesoderm erstreckt sich
kranial vom Hensenschen Knoten achsensymmetrisch auf beiden Seiten des Neuralrohrs
42
Ergebnisse
und beinhaltet die somitogenen Zellen des Embryos. Die kaudale Expressionsdomäne läßt
sich im Gefrierschnitt jungen mesodermalen Zellen zuordnen, die die Gastrulationsphase
noch nicht oder eben gerade abgeschlossen haben (Abb. 3B). Diese Zellen befinden sich
unmittelbar kaudal des Hensenschen Knotens und stellen junges prospektives paraxiales
Mesoderm dar.
Nach der Bildung des ersten Somiten (HH7) und anschließend bis zum
Extremitätenknospenstadium (HH22) findet sich die lunatic fringe mRNA in hoher
Konzentration in der kranialen Segmentplatte (Abb. 2C-2F). Diese Ergebnisse stimmen
auch mit den Angaben aus der Literatur überein (Sakamoto et al. 1997). Um diese
intensive Expression innerhalb der Segmentplatte und in Bezug auf den zuletzt gebildeten
Somiten präziser zu lokalisieren, wurden transversale und sagittale Gefrierschnitte durch
repräsentative Embryonen angefertigt (Abb. 3C, 3D). Im Transversalschnitt sieht man, daß
die Expression streng auf die Segmentplatte begrenzt ist und nicht das intermediäre
Mesoderm oder das Seitenplattenmesoderm umfaßt (Abb. 3C). Im Sagittalschnitt ist
erkennbar, daß die stärkste mRNA-Expression von lunatic fringe interessanterweise im
Somiten -II lokalisiert ist (Abb. 3D). Zusätzlich kann in Embryonen ab dem Stadium HH19
die mRNA-Expression in neugebildeten Somiten nachgewiesen werden, wobei diese auf
die Region des prospektiven Dermomyotoms beschränkt ist.
Bei der Auswertung der lunatic fringe Expression in der Segmentplatte von
Hühnerembryonen im Stadium HH11 bis HH16 (n= 41) fällt auf, daß das
Expressionsmuster sehr variabel ist (Abb. 4A-C).
Auch in Embryonen ähnlicher
Entwicklungsstadien zeigen sich deutliche Variationen der lunatic fringe Expression in der
Segmentplatte.
Um diese Variationen zu ordnen, werden drei verschiedene
Expressionsklassen definiert. Grundlage dieser Einteilung ist dabei die Expression von
lunatic fringe in der kranialen und kaudalen Segmentplatte. Die Mehrheit der Embryonen
(Klasse 1; n= 19/41; 46%) zeigt eine starke Expression nur in der kranialen Segmentplatte.
Diese Expression entspricht in Ausdehnung und in Lokalisation dem Somiten -II (Abb.
4A). Embryonen mit einer Expression der Klasse 2 (n=10/41; 25%) zeigen zusätzlich zu
dieser Expression in Somit -II eine schwächere lunatic fringe Expression in der kaudalen
Segmentplatte (Abb. 4B). Schließlich zeigen Embryonen der Expressionsklasse 3 (n=12/41;
29%) zwei Expressionsdomänen in der kranialen Segmentplatte, die nur durch eine
schmale expressionsfreie Region getrennt werden (Abb. 4C). Die schwächere kraniale
43
Ergebnisse
Expression entspricht einem Teil des Somiten -II. Die intensivere kaudale Expression ist
auf Höhe des Somiten -IV lokalisiert, wobei jedoch die Ausdehnung dieser kaudalen
Expression von Embryo zu Embryo unterschiedlich ist. Zusätzlich zeigen Embryonen aller
drei Klassen gelegentlich eine lunatic fringe Expression in der Schwanzknospe, die jedoch
besonders konstant in Embryonen der Klasse 3 zu sehen ist.
3.2 Charakterisierung der Dynamik der lunatic fringe Expression
Wie ist die oben beschriebene Variabilität der lunatic fringe Expression in der
Segmentplatte zu erklären? Eine Möglichkeit ist, daß jeder Embryo sein individuelles und
konstantes Expressionsmuster besitzt. Jeder Embryo würde damit immer derselben
Expressionsklasse angehören, pro Embyro wäre damit nur eine Expressionsklasse
repräsentiert. Eine alternative Erklärung ist, daß die lunatic fringe Expression sich sehr
dynamisch verhält und sich in sehr kurzer Zeit verändert.
Die unterschiedlichen
Expressionsmuster wären in diesem Fall Ausdruck geringer Altersunterschiede zwischen
den untersuchten Embryonen. Von jedem Embryo würden alle drei Expressionsklassen
durchlaufen, die dann als Expressionsphasen bezeichnet werden könnten. Der Zeitpunkt
der Fixierung würde darüber entscheiden, welche Expressionsphase durch die in situ
Hybridisierung sichtbar wird. Um zwischen diesen beiden Möglichkeiten unterscheiden
zu können, wurde ein Embryonenkulturexperiment durchgeführt. Die Methodik wurde
dabei im wesentlichen von Palmeirim et al. übernommen (Palmeirim et al. 1997). Dazu
wurden die Hühnerembryonen nach der Isolierung aus dem Ei in zwei identische Hälften
getrennt. Während eine Hälfte sofort fixiert wurde, konnte die zweite Hälfte für einen
definierten Zeitraum auf einem Polykarbonatfilter, der auf einem Nährmedium flottiert,
bei 37°C inkubiert werden. Nach Abschluß dieser Inkubation wurden beide Hälften der
Whole-mount in situ Hybridisierung zugeführt. Mit diesem Experiment ist es möglich, die
Expression in zwei Segmentplatten zu vergleichen, die aus einem Embryo stammen und
sich nur durch die Dauer der Inkubation in ihrem Entwicklungsalter unterscheiden.
44
Ergebnisse
Um zu überprüfen, ob unter diesen Kulturbedingungen eine normale Entwicklung
gewährleistet ist, wurden zunächst Kontrollexperimente durchgeführt. Dazu wurden
nach der Halbierung des Embryos beide Hälften für eine Dauer von 120 Minuten
inkubiert. In allen Fällen (n=3) zeigen beide Hälften eine identische Expression von lunatic
fringe mRNA, und während der Inkubation hat sich ein weiterer Somit gebildet. Dies
zeigt, daß unter diesen Kulturbedingungen die Somitenentwicklung ungestört weiterläuft.
Es wurde anschließend eine Versuchsreihe durchgeführt (n=42), in der wie oben
beschrieben, nur eine Hälfte der Embryonen für eine Dauer von 20 bis 130 Minuten
inkubiert wurde. Durch den Vergleich der lunatic fringe Expression in der inkubierten mit
der entsprechenden nichtinkubierten Embryonenhälfte kann gezeigt werden, daß sich die
lunatic fringe Expression dynamisch verhält und sich schon während kurzer
Inkubationszeiten verändert (Abb. 5A,B,C,E,F,G). Die beschriebene Variabilität der
Expression in der Segmentplatte ist Folge dieser hohen Dynamik. Darüber hinaus konnten
die drei Expressionsklassen, die nun als Expressionsphasen bezeichnet werden, zeitlich in
Beziehung gesetzt werden. So zeigen die Ergebnisse, daß Phase I in Phase II umgewandelt
wird (Abb. 5A) und Phase II in Phase III konvertiert wird (Abb. 5B).
Da die
Expressionsphase III erneut in eine Phase I übergeht (Abb. 5C), konstituieren diese drei
Expressionsphasen einen Kreislauf, der mit dem Erreichen der Phase I erneut beginnt.
Diese Ergebnisse zeigen, daß lunatic fringe oszillierend und zyklisch exprimiert wird.
Wieviel Zeit benötigt ein Kreislauf oder Zyklus bis zu seiner Vollendung? Wenn man eine
Inkubationszeit von 95- 100 Minuten wählt (Abb. 5D), befinden sich sowohl die inkubierte
als auch die nichtinkubierte Hälfte in der gleichen Expressionsphase. Dies zeigt, daß die
inkubierte Hälfte einen kompletten Zyklus durchschritten hat und sich im wesentlichen
nur durch die Bildung eines zusätzlichen Somiten von der nichtinkubierten Hälfte
unterscheidet. Die Zyklusdauer beträgt 95-100 Minuten und entspricht damit der Zeit, die
für die Bildung eines Somiten erforderlich ist (90 Minuten in vivo, 95 -100 Minuten unter
Kulturbedingungen).
Die Expression in der Schwanzknospe ist schwierig zu den Expressionsphasen in
Beziehung zu setzen. So ist in der frühen Phase I eine deutliche Expression in der
Schwanzknospe nachzuweisen (Abb. 5E linke, nichtinkubierte Hälfte). Diese Expression
verschwindet aber während einer kurzen Inkubation von 36 Minuten, wobei sich die
45
Ergebnisse
inkubierte Hälfte immer noch in Phase I befindet (Abb. 5E, rechte Hälfte). Zu Beginn der
Phase II ist in der Schwanzknospe keine Expression nachweisbar (Abb. 4B, 5A), erst im
Zuge der Umwandlung der Phase II in Phase III (Abb. 5B) erscheint lunatic fringe mRNAExpression in der Schwanzknospe, und diese Expression wird während Phase III
beibehalten (Abb. 4C). Das komplexe Expressionsverhalten in der Segmentplatte und der
Schwanzknospe wird in einem schematischen Modell zusammengefaßt (Abb. 6).
Die Dynamik der lunatic fringe Expression konnte besonders gut beurteilt werden, wenn
sehr kurze Inkubationszeiten gewählt wurden (Abb. 5F). Die Expression, die in der
kaudalen SP zu sehen ist und hier ihren Ursprung nimmt, wird als initiale
Segmentplattenexpression bezeichnet (iSPE). Diese breitet sich während der kurzen
Inkubationszeit von 21 Minuten nach kranial aus und nimmt gleichzeitig an Intensität zu
(Abb. 5F).
Der Zeitpunkt der Somitenbildung läßt sich durch Embryonenkulturexperimente klar zu
den Expressionsphasen in Beziehung setzen (Abb. 5G-K). Beide Hälften des Embryos in
Abb. 5G befinden sich in Phase III. Die Expression ist während der Inkubationszeit (23
Minuten) nur gering nach kranial fortgeschritten.
Während dieser geringfügigen
Progression hat sich ein neuer Somit gebildet. Dies läßt sich sowohl am Whole-mount
Präparat (Abb. 5G) beurteilen, als auch an Sagittalschnitten durch beide Hälften (Abb. 5HK) bestätigen. Damit ist gezeigt, daß die Somitenbildung während der Expressionsphase
III stattfindet.
Diese Phase III gliedert sich demnach in einen Abschnitt vor
Somitenbildung und einen Abschnitt nach Somitenbildung.
Die Dauer der einzelnen Phasen läßt sich aus ihren relativen Häufigkeiten bestimmen. So
zeigen 46% aller ausgewerteten Embryonen (n= 83, 38/83) eine Expressionsphase I. Da die
Dauer eines gesamten Zyklus 95 Minuten beträgt, errechnet sich für Phase I ein Anteil von
45 Minuten. Die Dauer der Phasen II und III scheinen jeweils 25 Minuten zu betragen, da
ihre relative Häufigkeit gleich groß ist. Unsere Daten aus den Embryokulturexperimenten
stehen in Einklang mit diesen berechneten Werten.
46
Ergebnisse
3.3 Kontrolle der zyklischen Expression von lunatic fringe
3.3.1 Transversale Durchtrennung der Segmentplatte
Die kraniale Progression der lunatic fringe mRNA-Expression könnte auf verschiedenen
Mechanismen beruhen. Prinzipiell könnte die Progression auf Zell-Zell Kommunikation
zurückzuführen sein. Die Expression, die in der kaudalen SP initiiert wird, würde
zellvermittelt sequentiell nach kranial weitergeleitet werden. Im Falle von c-hairy1,
welches eine sehr ähnliche Progression der Expression aufweist, ist jedoch eine intakte
Segmentplatte, die Bedingung für einen zellvermittelten Mechanismus ist, für diese
Progression nicht notwendig (Palmeirim et al. 1997). Dies wies auf die Möglichkeit hin,
daß eine solche dynamische Veränderung der Expression eine autonome Eigenschaft der
SP darstellen könnte.
Um zu überprüfen, ob es sich bei lunatic fringe um eine
zellvermittelte oder eine autonome Progression handelt, wurden mehrere Versuchsreihen
durchgeführt. Zunächst wurde eine Modifikation des Embryonenkulturexperiments
durchgeführt. Dazu wurden die Embryonen halbiert und anschließend wurde die SP der
rechten Embryonenhälfte zusätzlich transversal durchtrennt. Die linke Embryonenhälfte
sowie die kraniale rechte Hälfte wurden für 80 bis 150 Minuten inkubiert, und
anschließend wurde die lunatic fringe Expression in beiden Hälften verglichen. In allen
Fällen (n=8) zeigen beide Hälften eine sehr ähnliche Expression von lunatic fringe (Abb.
7A,B). Dies deutet darauf hin, daß die kaudale SP sowie die Schwanzknospe für das
zyklische Expressionsverhalten nicht notwendig sind, was für einen autonomen
Mechanismus spricht. Wichtig ist hierbei, daß die Expression auch in den Segmentplatten
identisch ist, die während der Inkubation einen Somiten gebildet haben. Dies zeigt, daß
nicht nur die Progression der Expression, sondern auch der Neustart eines Zyklus
unabhängig von der Integrität der SP ist.
47
Ergebnisse
3.3.2 Isolierung der Segmentplatte von allen umliegenden Geweben
Um zu überprüfen, ob benachbarte Strukturen, wie z.B. das Neuralrohr oder die Chorda
dorsalis einen Einfluß auf die lunatic fringe Expression haben, wurde die SP einer
Embryonenhälfte von allen umliegenden Geweben isoliert.
Diese SP und die
entsprechende intakte Kontrollhälfte wurden für 40 bis 150 Minuten inkubiert (n=18). In
fast allen Fällen (n=16/18) ist das Expressionsmuster in der intakten Embryonenhälfte und
in der isolierten SP identisch oder sehr ähnlich (Abb. 7C-E). Dies trifft auch zu, wenn sich
während einer langen Inkubation ein zusätzlicher Somit bildet und damit ein neuer Zyklus
gestartet worden ist (Abb. 7D). Sowohl die dynamische Progression, als auch das
zyklische Verhalten der lunatic fringe Expression sind damit unabhängig vom
fortdauernden Kontakt zu den umliegenden Geweben.
3.4 Transplantation einer Segmentplatte in ein neues Umfeld
Die aufgeführten Ergebnisse zeigen, daß auch ohne äußere Signale die lunatic fringe
Expression den Expressionszyklus unverändert fortsetzen kann. Sie machen jedoch keine
Aussage darüber, ob äußere EInflüsse diesen Expressionszyklus verändern können. In
diesem Zusammenhang ist es interessant zu erwähnen, daß in der Literatur ein Einfluß des
Umfelds auf die Somitogenese beschrieben wird. So bilden sich aus Segmentplatten, die
aus Wachtelembryonen isoliert und in Hühnerembryonen implantiert wurden, Somiten,
die von der Größe eher Hühnersomiten gleichen (Packard et al. 1993). Damit sollte gezeigt
werden, daß die Somitenbildung durch ein verändertes Umfeld beeinflußt werden kann.
Die Methodik dieser Arbeit wurde übernommen, um zu prüfen, ob ein solcher
Umwelteinfluß auf die lunatic fringe Expression nachgewiesen werden kann.
Aus
Wirtembryonen wurde eine SP entfernt und durch die SP eines Spenderembryos ersetzt.
Sowohl Spender, als auch Empfänger wurden auf einer Eigelb-Agar-Kulturschale für fünf
48
Ergebnisse
Stunden inkubiert. Anschließend wurde die lunatic fringe Expression in Spender und
Empfänger bestimmt.
Paßt sich die implantierte SP an das neue Umfeld an und nimmt die Expressionsphase des
Empfängers an, oder verbleibt die implantierte SP auch im neuen Umfeld weiterhin in
einem Zyklus, der dem des Ursprungsembyros entspricht?
Mehrere Einschränkungen der Auswertbarkeit dieses Experiments sind zu erwähnen.
Zunächst läßt sich prinzipiell nur dann eine Aussage treffen, wenn Empfänger und
Spender zum Zeitpunkt der Operation sich deutlich in der Expressionsphase
unterscheiden. Dies kann man indirekt an der lunatic fringe Expression in der jeweils nicht
manipulierten SP in Spender und Empfänger überprüfen.
Es wurden daher nur
Embryonen ausgewertet, die erstens das oben aufgeführte Kriterium erfüllten und
zweitens den operativen Eingriff ohne erkennbare Folgen überlebten. In diesen Fällen
zeigt sich, daß die implantierte SP, die während der Inkubationszeit mehrere Somiten
gebildet hat, sich in einer Expressionsphase befindet, die der Expressionsphase des
Spenderembryos entspricht (n=2).
In Abb. 7F ist ein solcher Embryo gezeigt.
Entscheidend für die Beurteilung der Expressionsphase ist der Abstand zwischen kranialer
und kaudaler Expressionsdomäne. Der Empfängerembryo zeigt dabei auf seiner nicht
manipulierten linken Hälfte einen Abstand, der mehrere Somitendurchmesser umfaßt.
Dies entspricht der Phase II. Jedoch zeigt sowohl die endogene SP des Spenderembryos,
als auch die transplantierte SP des Spenderembryos, die sich im neuen Umfeld des
Empfängerembryos befindet, eine Expression der Phase III. Der Abstand zwischen
kranialer
und
kaudaler
Expressionsdomäne
beträgt
hier
ungefähr
einen
Somitendurchmesser und unterscheidet sich somit klar von der Expression in der SP des
Empfängers. Damit kann gezeigt werden, daß äußere Einflüsse, die auf eine SP über einen
Zeitraum von fünf Stunden einwirken, nicht in der Lage sind, das zyklische
Expressionsverhalten von lunatic fringe zu beeinflussen oder zu respezifizieren.
49
Ergebnisse
3.5 Retrovirale Überexpression von lunatic fringe in der Segmentplatte
Die Expression von lunatic fringe in der SP hat mehrere interessante Eigenschaften, von
denen vor allem das zyklische Expressionsverhalten hervorzuheben ist. Bemerkenswert ist
jedoch auch die räumlich klar begrenzte Expression auf Höhe des Somiten –II. Es stellt
sich die Frage, ob diese Beschränkung auf Somit- II eine funktionelle Bedeutung hat. Wie
verhält sich die Somitenbildung, wenn durch Überexpression von lunatic fringe in der
gesamten SP, also einem „gain of function“ Experiment, die Lokalisierung der Expression
auf Somit –II aufgehoben wird?
Um eine Überexpression gewünschter Genprodukte in Hühnerembryonen zu erreichen,
wurde ein retrovirales System verwendet (Hughes et al. 1987; Morgan und Fekete 1996).
Ein replikationskompetenter Retrovirus (RCAS), der zusätzlich die cDNA des
gewünschten Genes enthält, welches überexprimiert werden soll, wird in Zellkultur
produziert und anschließend in den zwei Tage alten Embryo injiziert. Durch die Wahl des
Injektionsortes läßt sich dabei eine lokalisierte Überexpression erzielen. Da Retroviren in
das Genom der infizierten Zellen integrieren, erzielt man durch diese Infektion eine stabile
Transfektion. 12-18 Stunden nach der Injektion läßt sich sowohl die Produktion viraler
Proteine als auch die des ektopischen Proteins nachweisen.
In der vorliegenden Arbeit wurden zwei Retroviren kloniert, die als zusätzliches Gen die
lunatic fringe cDNA der Maus (MFR) oder die lunatic fringe cDNA der Maus mit einer daran
angehängten Flu-Epitopmarkierung (MFR-Tag) enthalten. Da ein Antikörper vorliegt, der
gegen die Flu-Epitopmarkierung gerichtet ist, kann im Falle des RCAS-MFR-Tag-Virus die
Produktion des markierten Lunatic Fringe Proteins in einem Western-Blot mit lysierten,
transfizierten primären Hühnerfibroblasten nachgewiesen werden (Abb.8A).
Es wurde ein Infektionsschema erarbeitet, welches eine ektopische Expression in der
gesamten SP bewirkt (Abb. 8B). Die erfolgreiche Infektion wird mit Hilfe der Wholemount in situ Hybridisierung nachgewiesen, indem als Sonde die lunatic fringe cDNA der
Maus verwendet wird (Abb. 8C). Diese Sonde erkennt nur die ektopische lunatic fringe
mRNA, nicht jedoch die endogene lunatic fringe Expression. Es wurden mit beiden Viren
große Versuchreihen durchgeführt (n= jeweils größer 60). Die Infektionen erfolgten im
Stadium HH10-12, anschließend wurden die Embryonen mehrere Tage (2-7) reinkubiert.
Sowohl bei der Beurteilung der Somiten anhand der Expression bekannter Gene am Tag 2
50
Ergebnisse
nach Infektion, als auch bei Beurteilung der Skelettbildung mit Hilfe einer Knorpelfärbung
am Tag 5-7 nach Infektion, werden keinerlei Abweichungen von der Normalentwicklung
beobachtet (Abb. 8D,E). In diesen Versuchsreihen konnte damit kein Effekt der lunatic
fringe Überexpression auf die Somitenentwicklung nachgewiesen werden.
3.6 Vergleich zweier zyklischer Gene: lunatic fringe und c-hairy1
Wie in der Einleitung beschrieben, ist c-hairy1 das erste Gen, für welches ein zyklisches
Expressionsmuster nachgewiesen wurde (Palmeirim et al. 1997). Die vorliegende Arbeit
zeigt, daß lunatic fringe ein sehr ähnliches Expressionsverhalten besitzt. Es war deshalb
interessant, diese zwei zyklisch exprimierten Gene direkt miteinander bezüglich ihrer
zeitlichen und räumlichen Expression zu vergleichen. Hühnerembryonen wurden aus
dem Ei isoliert und halbiert. Jede Hälfte wurde anschließend getrennt entweder mit einer
lunatic fringe oder mit einer c-hairy1 Sonde hybridisiert. Die Ergebnisse zeigen, daß
während des gesamten Expressionszyklus die mRNA beider Gene nahezu identisch
exprimiert wird (Abb. 9A-C). Wenn lunatic fringe eine Phase I Expression zeigt, ist auch chairy1 nur in einer Bande exprimiert, die im Gegensatz zu lunatic fringe in den Somiten –I
hineinreicht. Auch während der Phase II und III zeigen beide Gene überschneidende
Expressionmuster. In neugebildeten Somiten zeigt c-hairy1 eine schwache Expression in
der kaudalen Somitenhälfte (Abb. 9A,B), wohingegen lunatic fringe eine schwache
Expression in der kranialen Somitenhälfte zeigt (Abb. 9C, siehe auch Abb. 5A;E).
Außerdem scheint c-hairy1 insgesamt in viel schwächerer Intensität exprimiert zu sein, da
die Färbezeiten zur Visualisierung für c-hairy1 um ein vielfaches länger waren als für die
Visualisierung von lunatic fringe (siehe auch Material 2.4.1). Diese Ergebnisse zeigen, daß
lunatic fringe und c-hairy1 während eines Expressionszyklus synchron exprimiert werden
und sehr ähnliche Expressionsdomänen aufweisen.
51
Ergebnisse
3.7 Kultivierung von Mausembryonen
Lunatic fringe zeigt auch in Mausembryonen sehr variable Expressionsmuster (Cohen et al.,
1997; Johnston et al., 1997; Evrard et al., 1998). Um zu klären, ob auch in diesem Fall die
Variabilität Folge einer sehr dynamischen Veränderung der Expressionsmuster von lunatic
fringe ist, wurde an Mausembryonen ein Embryonenkulturexperiment durchgeführt.
Dieses wurde analog zu den Versuchsreihen an Hühnerembryonen gestaltet: 9,5 dpc alte
Mausembryonen (n= 16) wurden in der kaudalen Mittellinie getrennt. Eine Hälfte wurde
sofort fixiert, die andere Hälfte wurde in einem hängenden Tropfen eines Nährmediums
inkubiert (30 -135 Minuten) und anschließend ebenfalls fixiert. Die inkubierte und die
entsprechende Kontrollseite zeigen meist eine unterschiedliche Expression von lunatic
fringe. So zeigt etwa die linke Hälfte des Embryos in Abb. 10A zwei Expressionsbanden im
kranialen präsomitischen Mesoderm. Während der Inkubation von 65 Minuten entwickelt
die rechte Hälfte dieses Embryos eine breite lunatic fringe Expression im kaudalen Bereich
des präsomitischen Mesoderms. Dies deutet auf die dynamische Veränderung der
Expression innerhalb eines Embryos hin. Auch die kraniale Progression der zunächst
kaudal lokalisierten Expressionsdomäne kann in dieser Versuchsreihe gezeigt werden
(Abb. 10B). Schließlich zeigen Embryonenhälften, die sich durch eine Inkubationszeit von
125 Minuten unterscheiden, sehr ähnliche Expressionsmuster (Abb. 10C). Dies weist
darauf hin, daß auch in Mausembryonen verschiedene Expressionsphasen anzutreffen
sind, die sich dynamisch ineinander umwandeln und nach gewisser Zeit erneut
wiederholen.
Damit konstituieren sie einen Expressionszyklus, der dem
Expressionsverhalten von lunatic fringe in Hühnerembryonen entspricht.
52
4 Diskussion
4.1 Diskussion der Ergebnisse
In der vorliegenden Arbeit wurde zunächst das Expressionsverhalten von lunatic fringe in
der Segmentplatte von Hühnerembryonen detailliert analysiert, um so einen Hinweis auf
eine mögliche Funktion von lunatic fringe in der Somitogenese zu erhalten.
Embryonenkulturexperimente ermöglichten darüber hinaus die beobachteten
Expressionsmuster zeitlich in Beziehung zu setzen und identifizierten lunatic fringe als ein
zyklisch exprimiertes Gen.
Die zyklische Expression von lunatic fringe kann in eine stabile und in eine dynamische
Komponente unterteilt werden.
Die dynamische Expressionskomponente wird am
posterioren Ende der Segmentplatte initiiert. Diese Expressionsdomäne, die als initiale
Segmentplattenexpression (iSPE) bezeichnet wird, breitet sich dynamisch nach kranial aus
und nähert sich so der zweiten, stabilen Komponente. In Anlehnung an das „clock and
wavefront“– Modell (siehe Einleitung) kann man diese Ausdehnung als Wellenfront, oder
Expressionsfront bezeichnen, die den Embryo von kaudal nach kranial durchläuft. Zum
Zeitpunkt der Somitenbildung ersetzt die dynamische Komponente die stabile Expression
und ein neuer Zyklus beginnt.
Dieser Expressionszyklus wurde in einem Modell
schematisch zusammengefaßt (Abb. 6).
Was ist die Natur der raschen kranialen Progression der Expressionsfront?
Aus
Zellmarkierungsexperimenten ist bekannt, daß die in der SP vorhandene Zellmotilität
nicht ausreicht, um die beobachtete dynamische Ausbreitung der Expression zu erklären
(Palmeirim et al. 1997). Eine wahrscheinlichere Möglichkeit ist, daß diese Progression die
Folge einer koordinierten, sequentiellen Aktivierung der lunatic fringe Expression in den
Zellen der SP ist. Danach würde nach dem Prinzip einer Lichterkette, bei der ein Licht
nach dem anderen aufleuchtet, der Eindruck einer sich bewegenden Welle entstehen, ohne
daß dazu tatsächliche Bewegung notwendig ist.
53
Diskussion
Eine wichtige Frage ist, wie eine derart koordinierte, sequentielle Expressionsaktivierung
erreicht werden kann. Wie erhält eine Zelle in der Segmentplatte die Information, die
lunatic fringe Expression zu starten? Wie die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, ist weder
eine intakte Segmentplatte, noch andauernde äußere Signale für die Progression der
Expressionsfront und auch für den Neustart eines Zyklus notwendig. Zusätzlich läßt sich
der Expressionszyklus einer SP auch durch Implantation in ein neues Umfeld nicht
respezifizieren.
Spätestens mit der Bildung der SP ist dieser Expressionszyklus
determiniert, zumindest sind die Signale des neuen Umfeldes nicht in der Lage, die
Expression zu respezifizieren. Die sequentielle Aktivierung ist demnach nicht die Folge
einer zellvermittelten Fortleitung im Sinne eines Relais–Mechanismus. Vielmehr scheinen
die Zellen spätestens mit Eintritt in die SP die Information für ein oszillatorisches
Expressionsverhalten erhalten zu haben. Die Zellen in der SP sind in der Lage, die lunatic
fringe Expression zu einem genauen Zeitpunkt zu starten, ohne daß fortbestehende äußere
Signale zur Aktivierung notwendig sind. Die Ergebnisse lassen weiterhin den Schluß zu,
daß die Aktivierung der lunatic fringe Expression eine intrinsische Eigenschaft der
Segmentplatte darstellt, daß jedoch Signale der umliegenden Gewebe zur
Aufrechterhaltung bzw. Unterstützung der Expression notwendig sind. So sieht man nach
Isolierung einer Segmentplatte mit anschließender langer Inkubation einen deutlichen
Abfall der Expressionsintensität im Vergleich zur intakten Kontrollhälfte (Abb. 7E). Wird
jedoch die Segmentplatte isoliert und anschließend in einen Empfängerembryo so
implantiert, daß Kontakt zu allen umliegenden Geweben besteht, zeigt sich auch nach
relativ langer Inkubation kein Abfall der Expressionsintensität (Abb. 7F).
Diese Ergebnisse sprechen dafür, daß äußere Signale der Aufrechterhaltung der lunatic
fringe Expression dienen, die primäre Aktivierung und Fortleitung der Expression jedoch
eine intrinsische Fähigkeit der Segmentplattenzellen darstellt. Damit besitzt die lunatic
fringe Expression eine Gemeinsamkeit mit dem Vorgang der Segmentierung, welcher
ebenfalls eine intrinsische Fähigkeit der Segmentplatte darstellt (siehe Einleitung).
Ungeachtet dessen, ob es sich dabei um zwei voneinander unabhängige oder zwei sich
gegenseitig bedingende Fähigkeiten handelt, müssen diese bereits früh an prospektive
Segmentplattenzellen vermittelt worden sein.
Lunatic fringe ist zum Zeitpunkt der Gastrulation in Epiblastzellen exprimiert.
Zellmarkierungsexperimente haben gezeigt, daß Epiblastzellen in Bezug auf ihre spätere
Differenzierung topisch angeordnet sind. Entsprechend diesen Ergebnissen wird lunatic
54
Diskussion
fringe in Zellen exprimiert, die den prospektiven paraxialen Mesodermzellen entsprechen
(Psychoyos und Stern 1996). Daher ist es möglich, daß lunatic fringe in diesem frühen
Stadium an der Vermittlung wichtiger Informationen für die Somitogenese beteiligt ist.
Ein der Segmentplatte innewohnendes Signal, welches mit Lunatic Fringe in funktioneller
Wechselbeziehung steht, könnte in Form des Transkriptionsfaktors c-Hairy1 vorliegen.
Wie in der Einleitung beschrieben, war c-hairy1 das erste Gen, für welches ein zyklisches
Expressionsverhalten gezeigt weden konnte. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit
zeigen, daß lunatic fringe und c-hairy1 in Lokalisation und Dynamik ein sehr ähnliches
Expressionsverhalten aufweisen.
Während der drei Expressionsphasen zeigen ihre
Expressionsdomänen bemerkenswerte Überschneidungen. Beide Gene zeigen darüber
hinaus einen sehr ähnlichen zeitlichen Ablauf des Expressionszyklus.
Sowohl die
Gesamtdauer, die in beiden Fällen der Dauer einer Somitenbildung entspricht, als auch die
individuelle Phasendauer sind in beiden Fällen nahezu identisch. Aufgrund dieser
Synchronität ist ein funktionelles Zusammenspiel dieser beiden Genprodukte vorstellbar.
C-hairy1 kodiert für einen Transkriptionsfaktor der bHLH–Familie und kommt daher als
Regulator der lunatic fringe Expression theoretisch in Betracht. Dabei ist zu bemerken, daß
c-hairy1 Sequenzelemente aufweist, die charakteristisch für eine aktive Repressorfunktion
sind (Palmeirim et al. 1997). Diese Sequenzinformationen sprechen dafür, daß es sich bei
einer möglichen Aktivierung der lunatic fringe Expression durch c-Hairy1 um eine
indirekte Regulation handelt.
Anderseits ist ebenfalls vorstellbar, daß Lunatic Fringe die c-hairy1 Aktivität reguliert. Da
Lunatic Fringe Sequenzähnlichkeiten mit Glykosyltransferasen besitzt ist auch hier eine
direkte Aktivierung unwahrscheinlich (Yuan et al. 1997). Über den Notch-Signalweg
besteht jedoch eine mögliche Verbindung zwischen Lunatic Fringe und c-Hairy1. Lunatic
Fringe ist ein bekannter Modulator des Notch- Signalweges (Barrantes et al. 1999; Cohen et
al. 1997; Evrard et al. 1998; Johnston et al. 1997; Panin et al. 1997). Von Ergebnissen in
Invertebraten ist bekannt, daß Mitglieder der Familie der hairy/enhancer of split bHLH
Transkriptionsfaktoren Zielgene dieses Signalweges darstellen (Greenwald 1998; Gridley
1997; Jennings et al. 1994). In Vertebraten stellen Hes Gene Homologe zu der Familie der
hairy/enhancer of split Transkriptionsfaktoren dar (Kageyama und Nakanishi 1997). Ihre
Regulation
durch
den
Notch-Signalweg
wurde
durch
rekombinanten
55
Diskussion
Mutationsexperimenten in der Maus belegt (de la Pompa et al. 1997). So ist sowohl in
Mausmutanten, die kein Notch1 oder RBP-J-kappa produzieren, als auch in Lunatic
Fringe-Mutanten, die Expression von H e s 5 im präsomitischen Mesoderm stark
abgeschwächt oder fehlt vollständig (Barrantes et al. 1999; Evrard et al. 1998). Auch CHairy1 gehört zu der Familie der hairy/enhancer of split Transkriptionsfaktoren, so daß
diese Ergebnisse für eine indirekte Regulation der c-hairy1 Expression durch Lunatic
Fringe und den Notch-Signalweg sprechen.
Hervorzuheben sind nicht nur die Gemeinsamkeiten der Expression von lunatic fringe und
c-hairy1 in Hühnerembryonen, sondern auch ihre Unterschiede. So ist der Startpunkt der
dynamischen Komponente der Expression beider Gene nicht identisch beschrieben
worden. Die Expression von c-hairy1 nimmt ihren Ursprung im am weitesten kaudal
gelegenen Abschnitt der SP, einschließlich des Schwanzknospenbereichs (Palmeirim et al.
1997).
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen jedoch, daß die dynamische
Komponente der lunatic fringe Expression ihren Ursprung nicht in der Schwanzknospe
nimmt. Vielmehr beginnt die kaudale Expression mit der iSPE und breitet sich nach
kranial aus. Die Schwanzknospenexpression wird erst zu einem späteren Zeitpunkt
innerhalb des Expressionszyklus aktiviert.
Damit stellt sich die Frage, wie die Expressionen in der SP und der Schwanzknospe
zusammenhängen. So könnte die Expression in der Schwanzknospe eine Folge einer auch
kaudalen Ausbreitung der iSPE sein. Eine andere attraktivere Möglichkeit ist, daß
Segmentplattenexpression und Schwanzknospenexpression unabhängig voneinander
reguliert werden. Für diese Möglichkeit sprechen zum einen die Expressionsergebnisse
dieser Arbeit.
Sowohl Beginn der Expression in der Schwanzknospe als auch die
Beendigung dieser Expression lassen sich nur schwer in den Expressionszyklus der
Segmentplatte einordnen.
Zum anderen stellen Segmentplatte und Schwanzkospe
entwicklungsgeschichtlich keine identische Strukturen dar. Während die Segmentplatte
bereits spezifiziertes Mesoderm repräsentiert, stellt die Schwanzknospe ein Rudiment des
Primitivstreifens dar (Schoenwolf 1979). Die Zellen in der Schwanzknospe haben das
Potential, sich in viele verschiedene Zellen und Gewebe zu differenzieren. Dazu zählen
die Segmentplattenzellen, aber auch Zellen des posterioren Neuralrohrs und der kaudalen
Gefäße.
Weitere Experimente, die speziell die Expressionsdynamik im
56
Diskussion
Schwanzknospenbereich untersuchen, sind notwendig, um Aufschluß über die Beziehung
der Segmentplattenexpression zur Schwanzknospenexpression zu gewinnen.
Ein weiterer bemerkenswerter Unterschied zwischen der Expression von lunatic fringe und
c-hairy1 betrifft die Lokalisation in Somit -I bzw. in den bereits gebildeten Somiten.
Während für c-hairy1 eine Expression in der posterioren Hälfte des Somiten -I und der
gebildeten Somiten beschrieben wurde, zeigen die Ergebnisse dieser Arbeit, daß lunatic
fringe in der anterioren Hälfte exprimiert wird (Palmeirim et al. 1997). Diese lokalisierte
Expression in einer Somitenhälfte spricht für eine Beteiligung dieser zyklischen Gene am
Vorgang der Polarisierung der Somiten in eine anteriore und eine posteriore Hälfte.
Darüber hinaus sprechen die Ergebnisse dafür, daß diese Polarisierung auf Höhe der
Somiten -II bzw. Somit -I stattfindet, denn erst im Bereich von Somit -I zeigen lunatic fringe
und c-hairy1 eine gegensätzliche und auf eine Somitenhälfte lokalisierte Expression. In
Einklang damit stehen Ergebnisse aus Zellmarkierungsexperimenten, die zeigten, daß die
Polarisierung der Somiten entlang der anterior-posterioren Achse in der kranialen
Segmentplatte, also vor Somitenbildung stattfindet (Stern et al. 1988).
Für Lunatic Fringe liegen Ergebnisse aus Untersuchungen in der Maus vor, die eine
Beteiligung an der Polarisierung nachgewiesen haben. Mausembryonen, die kein Lunatic
Fringe produzieren, zeigen unregelmäßig geformte Somiten, die keine Polarisierung in
eine anteriore und eine posteriore Hälfte besitzen (Evrard et al. 1998).
Um auch in Hühnerembryonen die Funktion von Lunatic Fringe zu untersuchen, wurde in
der vorliegenden Arbeit eine retrovirale Überexpression von lunatic fringe durchgeführt.
Mit Hilfe des retroviralen Vektors wurde die SP so infiziert, daß die gesamte SP dauerhaft
lunatic fringe exprimiert. Damit war sowohl die lokalisierte Expression im Somit -II, als
auch der Expressionzyklus aufgehoben. Es konnte jedoch kein Effekt der Überexpression
auf die Somitogenese nachgewiesen werden. Abgesehen von methodischen Überlegungen
kann die Ursache für die negativen Ergebnisse im Wirkmechanismus von Lunatic Fringe
begründet sein. Ein Überschuß an Lunatic Fringe hat unter Umständen keinen negativen
Einfluß auf die Somitenentstehung, wohingegen ein Mangel an diesem Protein die
normale Somitenentstehung erheblich beeinträchtigt (Evrard et al. 1998; Zhang und
Gridley 1998).
In einem solchen Falle würde auch ein methodisch einwandfreier
Überexpressionsansatz keine Effekte auf die Somitogenese erzielen.
57
Diskussion
Da die funktionelle Bedeutung von Lunatic Fringe für die Somitogenese nur in
Mausembryonen experimentell belegt ist, war es von Bedeutung zu überprüfen, ob ein
zyklisches Expressionsverhalten von lunatic fringe nicht nur im Hühnerembryo, sondern
auch in Mausembryonen nachzuweisen ist. Aus vorausgegangenen Arbeiten war bekannt,
daß auch in Mausembryonen sehr unterschiedliche lunatic fringe Expressionsmuster
anzutreffen sind, was ein Hinweis auf eine dynamische Expression ist.
In der
vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, daß lunatic fringe im präsomitischen
Mesoderm von 9,5 dpc Mausembryonen tatsächlich ein zyklisches Expressionsverhalten
aufweist. Damit ist lunatic fringe das erste Gen mit zyklischem Expressionsverhalten,
dessen Produkt eine nachgewiesene funktionelle Bedeutung in der Somitogenese besitzt.
4.2 Über Oszillationen und Zyklen
Die Ergebnisse der Embryonenkulturexperimente zeigen, daß lunatic fringe oszillatorisch
und zyklisch in der Segmentplatte exprimiert wird. Die unterschiedliche Bedeutung der
Begriffe „oszillatorisch“ und „zyklisch“ soll kurz erläutert werden. Oszillatorisch ist eine
Beschreibung des Expressionsverhalten auf dem Einzelzellniveau. Damit ist in diesem
Zusammenhang gemeint, daß jede Zelle in der SP zwischen zwei Zuständen hin und
herschwingt (lat. oscillare; schaukeln, schwingen), nämlich zwischen dem lunatic fringe
exprimierenden und dem nicht-exprimierenden Zustand.
Nur dadurch, daß diese
Oszillationen koordiniert ablaufen, entstehen Expressionsmuster oder Expressionsphasen,
die sich ineinander umwandeln und sich periodisch, also zyklisch wiederholen. Der
Begriff „zyklisch“ bezieht sich daher auf die Boebachtung, daß die Expressionsmuster
einen Kreislauf oder Zyklus konstituieren. Er beschreibt daher weniger die Situation auf
Einzelzellniveau als vielmehr den Ablauf der Expression bezogen auf die gesamte SP. Die
Koordination der Oszillationen stellt damit die Grundlage für das zyklische
Expressionverhalten dar. In diesem Zusammenhang ist es wichtig festzuhalten, daß die
Ergebnisse zum Expressionszyklus sich jedoch nicht auf die Oszillationseigenschaften der
Einzelzelle übertragen lassen.
So beträgt die Zyklusdauer 95 Minuten in
Hühnerembryonen, es wäre jedoch sicherlich falsch, daraus direkt auf die
58
Oszillationsdauer schließen zu wollen.
Diskussion
Die Abbildung 11 soll diese Überlegungen
verdeutlichen. Daraus folgt, daß weitere Experimente auf Einzelzellniveau nötig wären,
um genauere Aussagen über die Eigenschaften der lunatic fringe Oszillationen machen zu
können. Besonders interessant wäre es, das zeitliche Verhältnis des Expressionszustandes
zum
Nicht-Expressionszustand
zu
bestimmen.
Informationen
über
die
Oszillationseigenschaften würden damit auch einen direkteren Hinweis auf die Natur
einer molekluaren Uhr liefern.
4.3 Theoretische Überlegungen zur Funktion von lunatic fringe in der
Somitogenese
Die aktuelle Somitenforschung steht vor der interessanten Herausforderung, die in den
letzten Jahrzehnten erworbenen Daten und entwickelten theoretische Modelle, mit
neueren meist molekularbiologischen Ergebnissen in Verbindung zu setzen.
Die
Ergebnisse der vorliegenden Arbeit eignen sich in besonderer Weise, diesem Anliegen
nachzukommen.
In theoretischen Modellen zur Somitenentstehung, von denen mehrere in der Einleitung
kurz beschrieben wurden, wird ein zellautonomes oszillatorisches Element postuliert,
welches das Grundelement des Somitogenesemechanismus darstellen soll.
Eine
Publikation aus dem Jahre 1986, in der das Modelll nach Meinhardt vorgestellt wurde,
beschreibt die Eigenschaften dieses, zum damaligen Zeitpunkt rein theoretischen
Oszillators: “The model described above is an attempt to find a feasible molecular
mechanism compatible with available data. This model would obtain strong support if the
postulated oscillations in the mesoderm before somite formation could be detected. One
full cycle of this oscillation should take precisely the same time as that required for the
formation of one somite (about 2 h in Xenopus)" (Meinhardt 1986). Der Nachweis, daß
lunatic fringe im unsegmentierten Mesoderm von Hühner- und Mausembryonen zyklisch
exprimiert ist, wobei die Oszillationsdauer in Hühnerembryonen im Bereich der Zeit einer
Somitenentstehung liegt, unterstützt die Vorstellung eines molekularen Oszillators. Den
59
Diskussion
ersten experimentellen Hinweis auf das Vorliegen einer solchen molekularen Uhr lieferten
die Expressionsergebnisse von c-hairy1. Isabelle Palmeirim gelang es als erster, das
dynamische Expressionsverhalten von c-hairy1 richtig zu interpretieren und damit das
erste zyklisch exprimierte Gen zu identifizieren (Palmeirim et al. 1997). Die Ergebnisse der
vorliegenden Arbeit zeigen, daß es sich bei c-hairy1 nicht um eine seltene Ausnahme
handelt, sondern bestärken die Idee einer molekularen Uhr als generelles Prinzip für die
Somitogenese. Da lunatic fringe ein zyklisches Gen mit bekannter funktioneller Bedeutung
in der Somitenbildung ist, stellen die Ergebnisse eine solche molekulare Uhr in direkten
Zusammenhang mit der Somitogenese.
Zusätzlich zu den hier beschriebenen Eigenschaften ist Lunatic Fringe ein wichtiger
Modulator des Notch-Signalweges (siehe Einleitung, Barrantes et al. 1999). Lunatic fringe
stellt damit eine Verbindung zwischen dem Notch-Signalweg, der eine entscheidende
Bedeutung für die Somitogenese besitzt, und einem autonomen zellulären Oszillator her
(Irvine 1999).
Wie könnte man sich eine solche Integration funktionell vorstellen? Hier sollen zwei
Möglichkeiten diskutiert werden.
(a) lunatic fringe lokalisiert die Notch-Aktivität auf die Somitenhöhe -I/-II
Der entscheidende Vorgang, der zur unmittelbaren Somitenentstehung führt, ist die
Bildung einer Grenze zwischen Somit -I und Somit -II. Ein Signalweg, der für diesen
Vorgang verantwortlich sein könnte, ist der Notch-Signalweg. Dieser Signalweg ist, wie
schon häufiger erwähnt, an vielen Vorgängen beteiligt, die zu Kompartimentierung führen
(siehe Einleitung) (Cho und Choi 1998; de Celis et al. 1998; Rauskolb und Irvine 1999).
Komponenten des Notch-Signalweges, wie etwa Notch-1, Notch-2, Delta-like 1(Dll-1), Deltalike-3 (Dll-3) und Jagged 1 (Homolog zu Drosophola serrate) zeigen jedoch im Gegensatz zu
lunatic fringe in der SP keine streng lokalisierte Expression auf den Bereich -I/-II, sondern
sind vielmehr in einem großen Bereich in der SP exprimiert (Barrantes et al. 1999). Da
lunatic fringe an der Grenze von -I zu -II exprimiert wird, könnte die Funktion darin
bestehen, die Notch-Aktivität ebenfalls auf den Bereich -I/-II zu lokalisieren. Wenn das
Vorhandensein von lunatic fringe Voraussetzung für eine Aktivierung des NotchSignalweges ist, dann würde die lokalisierte Expression von lunatic fringe ausreichen, auch
die Eingrenzung der Notch-Aktivität auf den Bereich -I/-II zu bewirken. Unterstützt wird
60
Diskussion
diese Hypothese durch vorausgegangene Untersuchungen, die zeigten, daß die
Modulation des Notch-Signalweges durch Fringe-Proteine darin besteht, die NotchAktivität zu lokalisieren (Cho und Choi 1998; Panin et al. 1997).
Das zyklische
Expressionverhalten könnte in diesem Falle die Funktion haben, die genaue Lokalisierung
der lunatic fringe Expression auf Somitenhöhe -II sicherzustellen .
(b) Die zyklische lunatic fringe Expression als Ausdruck einer periodisch ablaufenden
Vorbereitung der Somitenbildung
Der periodisch-sequentielle Charakter der Somitenentwicklung bei Vertebraten wirft
einige interessante Fragen auf.
Wieso beträgt die Periodizität (im Falle des
Hühnerembryos) 90 Minuten? Warum vergehen vom Eintritt einer Zelle in die SP bis zu
ihrer Integration in einen Somiten 18 Stunden? Haben diese 18 Stunden „Verzögerung“
funktionelle Relevanz?
Während ihres Aufenthaltes in der SP exprimiert jede Zelle lunatic fringe in einem Abstand
von ungefähr 95-100 Minuten. Bis zur Integration in einen Somiten vollzieht jede Zelle
demnach 10-12 Expressionszyklen. Palmeirm et al. schlugen in Anlehnung an das Modell
von Hans Meinhardt vor, daß die Zellen die c-hairy1 Expressionspulse registrieren und
zählen können (Palmeirim et al. 1997). Die Zellen würden demnach die Anzahl der
Expressionen zählen und nach 12 Expressionszyklen einen Somiten bilden. Bezieht man
die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit in diese Überlegungen mit ein, könnte dies
bedeuten, daß bei jeder lunatic fringe Expression Notchprotein in eine aktive Form
überführt und als Folge davon ein weiterer Faktor (oder Notch selbst) akkumuliert wird.
Jede erneute Expression führt zu einer Akkummulation dieses Faktors, bis nach 10-12
Zyklen eine ausreichende Menge vorliegt und die Somitenbildung stattfinden kann.
Mehrere Aspekte der Somitogenese können während dieses Reifeprozesses vorbereitet
werden. Prinzipiell muß die Somitengröße definiert, der Somit in ein anteriores und ein
posteriores Segment unterteilt und die mesenchymale-epitheliale Transformation
ermöglicht werden.
Die lunatic fringe Expression wäre damit Zeichen eines ablaufenden Reifeprozesses der
Zellen in der SP. Dieser Prozeß findet periodisch statt, d.h mit jeder Expression erlangt die
Zelle oder vielmehr die Zellpopulation die nächst höhere Kompetenzstufe.
Dieser
61
Diskussion
periodische Reifungsprozeß wäre somit sowohl die Ursache für die periodische
Somitenbildung, als auch der Grund für die lange Verweildauer der Zellen in der SP.
4.4 Ausblick
Eine grundsätzliche Einschränkung zu den Ergebnissen dieser Arbeit, wie auch zu
anderen Arbeiten über zyklisch exprimierte Gene, ist, daß alle Untersuchungen
ausschließlich auf dem Niveau der mRNA durchgeführt wurden. Es gibt zum aktuellen
Zeitpunkt keine Informationen über die Proteinexpression und Verteilung von Lunatic
Fringe. Ein Ziel muß es also sein, in zukünftigen Untersuchungen zu klären, ob Lunatic
Fringe auch auf dem Niveau der Proteinexpression zyklisch und lokalisiert exprimiert
wird.
Die beschriebenen Charakteristika der lunatic fringe Expression haben wesentliche
Gemeinsamkeiten mit den Eigenschaften der Somitogenese: beide Ereignisse sind
periodischer, zyklischer Natur, sie sind eine intrinsische Fähigkeit des unsegmentierten
paraxialen Mesoderms und werden beide sehr früh determiniert. Damit scheint der
Mechanismus, der für diese Eigenschaften der lunatic fringe Expression verantwortlich ist,
unmittelbar mit dem Mechanismus verbunden oder gar übereinstimmend zu sein, der der
Somitogenese zugrunde liegt.
Die Entdeckung des Kontrollmechanismus der lunatic fringe Expression würde daher einen
entscheidender Schritt zum Verständnis der Somitogenese darstellen. Ein langfristiges Ziel
besteht darin, die molekulare Uhr zu identifizieren, die der Somitogenese zu Grunde liegt.
62
5 Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit wurde das dynamische Expressionverhalten von lunatic fringe
im unsegmentierten paraxialen Mesoderm in Hühner- und Mausembryonen untersucht.
Die Ergebnisse bei Hühnerembryonen zeigen, daß lunatic fringe schon während der
Gastrulation in Epiblastzellen exprimiert wird, in einem Bereich, der den prospektiven
paraxialen Mesodermzellen entspricht. Im weiteren Verlauf der Entwicklung wird lunatic
fringe in der SP exprimiert, wobei eine stabile Expressionsbande auf Höhe des Somiten –II
lokalisiert ist. Embryonenkulturexperimente zeigen, daß lunatic fringe zyklisch exprimiert
wird und es konnten drei Expressionsphasen bestimmt werden. Der Expressionszyklus
wird in einem Modell zusammenfassend dargestellt.
Die Dauer eines gesamten
Expressionszyklus beträgt 95 Minuten und entspricht damit der Dauer einer
Somitenbildung. Die zyklische Expression von lunatic fringe ist dabei unabhängig sowohl
von der Intakheit der SP als auch von Signalen von umliegenden Geweben. Darüber
hinaus kann auch die Transplantation einer SP in ein neues Umfeld diesen Zyklus nicht
respezifizieren. Der Expressionszyklus ist damit eine intrinsische Eigenschaft der SP.
Überexpressionexperimente, die zur ektopen Expression von lunatic fringe in der gesamten
SP führten, zeigen keinen Effekt auf die regelrechte Somitenbildung. Daher bleibt die
funktionelle Bedeutung der zyklischen Expression noch zu klären.
Der
Expressionsvergleich mit c-hairy1 zeigt, daß beide Gene zeitlich synchron und räumlich
überlappend exprimiert werden, was die Möglichkeit einer funktionellen Interaktion oder
eines gemeinsamen Kontrollmechanismus eröffnet. Abschließend konnte in Experimenten
an Mausembryonen gezeigt werden, daß lunatic fringe auch in Säugetieren zyklisch
exprimiert wird.
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit identifizieren lunatic fringe als erstes Gen, welches
eine zyklische Expression mit gleichzeitig bekannter Funktion in der Somitogenese
aufweist. Da lunatic fringe ein Modulator des Notch-Signalweges ist, stellen die Ergebnisse
dieser Arbeit darüber hinaus eine Verbindung des Notch-Signalweges mit der Vorstellung
eines molekularen Oszillators her.
Langfristiges Ziel ist es, diese molekulare Uhr zu identifizieren.
63
6 Literaturverzeichnis
Artavanis-Tsakonas S, Matsuno K, Fortini ME (1995) Notch signaling. Science 268: 225-232.
Barrantes IB, Elia AJ, Wunsch K, De Angelis MH, Mak TW, Rossant J, Conlon RA, Gossler
A, de la Pompa JL (1999) Interaction between notch signalling and lunatic fringe
during somite boundary formation in the mouse [In Process Citation]. Curr Biol 9:
470-480.
Brand-Saberi B, Christ B. (1999). Evolution and Development of Distinct Cell Lineages
Derived from Somites. In: Current Topics in Developmental Biology (Ordahl C,
Ed.), Vol. 47, pp. 255-296.
Brand-Saberi B, Wilting J, Ebensperger C, Christ B (1996) The formation of somite
compartments in the avian embryo. Int J Dev Biol 40: 411-420.
Burgess R, Rawls A, Brown D, Bradley A, Olson EN (1996) Requirement of the paraxis
gene for somite formation and musculoskeletal patterning. Nature 384: 570-573.
Capdevila J, Tabin C, Johnson RL (1998) Control of dorsoventral somite patterning by
Wnt-1 and beta-catenin. Dev Biol 193: 182-194.
Cho KO, Choi KW (1998) Fringe is essential for mirror symmetry and morphogenesis in
the Drosophila eye. Nature 396: 272-276.
Christ B, Jacob HJ, Jacob M (1974) [Somitogenesis in the chick embryo. Determination of
the segmentation direction]. Verhandlungen der Anatomischen Gesellschaft 68:
573-579.
Christ B, Jacob HJ, Jacob M (1979) Über die Gestaltungsfunktion der Somiten bei der
Entwicklung der Körperwand von Hühnerembryonen. Verh Anat Ges. 73: 537-549.
Christ B, Ordahl CP (1995) Early stages of chick somite development. Anat Embryol 191:
381-396.
Christ B, Schmidt C, Huang R, Wilting J, Brand-Saberi B (1998) Segmentation of the
vertebrate body. Anat Embryol 197: 1-8.
Cohen B, Bashirullah A, Dagnino L, Campbell C, Fisher WW, Leow CC, Whiting E, Ryan
D, Zinyk D, Boulianne G, Hui CC, Gallie B, Phillips RA, Lipshitz HD, Egan SE
(1997) Fringe boundaries coincide with Notch-dependent patterning centres in
64
Literaturverzeichnis
mammals and alter Notch-dependent development in Drosophila. Nat Genet 16:
283-288.
Conlon RA, Reaume AG,
Rossant J (1995) Notch1 is required for the coordinate
segmentation of somites. Development 121: 1533-1545.
Cooke J (1975) Control of somite number during morphogenesis of a vertebrate, Xenopus
laevis. Nature 254: 196-199.
Cooke J (1998) A gene that resuscitates a theory--somitogenesis and a molecular oscillator.
Trends Genet 14: 85-88.
Cooke J, Zeeman EC (1976) A clock and wavefront model for control of the number of
repeated structures during animal morphogenesis. Journal of Theoretical Biology
58: 455-476.
de Celis JF, Tyler DM, de Celis J, Bray SJ (1998) Notch signalling mediates segmentation of
the Drosophila leg. Development 125: 4617-4626.
de la Pompa JL, Wakeham A, Correia KM, Samper E, Brown S, Aguilera RJ, Nakano T,
Honjo T, Mak TW, Rossant J, Conlon RA (1997) Conservation of the Notch
signalling pathway in mammalian neurogenesis. Development 124: 1139-1148.
Dominguez M, de Celis JF (1998) A dorsal/ventral boundary established by Notch
controls growth and polarity in the Drosophila eye. Nature 396: 276-278.
Evrard YA, Lun Y, Aulehla A, Gan L, Johnson RL (1998) lunatic fringe is an essential
mediator of somite segmentation and patterning. Nature 394: 377-381.
Flint OP, Ede DA, Wilby OK, Proctor J (1978) Control of somite number in normal and
amputated mutant mouse embryos: an experimental and a theoretical analysis. J
Embryol Exp Morphol 45: 189-202.
Fowler J (1970) Control of vertebrate numbers in teleosts- an embryological problem.
Q.Rev.Biol. 45: 148-167.
Gossler A, Hrabe de Angelis M (1998) Somitogenesis. Current Topics in Developmental
Biology 38: 225-287.
Greenwald I (1998) LIN-12/Notch signaling: lessons from worms and flies. Genes Dev 12:
1751-1762.
Gridley T (1997) Notch signaling in vertebrate development and disease. Mol Cell
Neurosci 9: 103-108.
Griffith CM, Wiley MJ, Sanders EJ (1992) The vertebrate tail bud: three germ layers from
one tissue. Anat Embryol 185: 101-113.
65
Literaturverzeichnis
Hamburger V, Hamilton HL (1992) A series of normal stages in the development of the
chick embryo. Dev Dyn 195: 231-272.
Hrabe de Angelis M, McIntyre Jn, Gossler A (1997) Maintenance of somite borders in mice
requires the Delta homologue DII1. Nature 386: 717-721.
Huang R, Zhi Q, Neubuser A, Muller TS, Brand-Saberi B, Christ B, Wilting J (1996)
Function of somite and somitocoele cells in the formation of the vertebral motion
segment in avian embryos. Acta Anat 155: 231-241.
Hughes SH, Greenhouse JJ, Petropoulos CJ, Sutrave P (1987) Adaptor plasmids simplify
the insertion of foreign DNA into helper- independent retroviral vectors. J Virol 61:
3004-3012.
Irvine KD (1999) Fringe, notch, and making developmental boundaries [In Process
Citation]. Curr Opin Genet Dev 9: 434-441.
Irvine KD, Wieschaus E (1994) fringe, a Boundary-specific signaling molecule, mediates
interactions between dorsal and ventral cells during Drosophila wing
development. Cell 79: 595-606.
Jennings B, Preiss A, Delidakis C, Bray S (1994) The Notch signalling pathway is required
for Enhancer of split bHLH protein expression during neurogenesis in the
Drosophila embryo. Development 120: 3537-3548.
Johnston SH, Rauskolb C, Wilson R, Prabhakaran B, Irvine KD, Vogt TF (1997) A family of
mammalian Fringe genes implicated in boundary determination and the Notch
pathway. Development 124: 2245-2254.
Kageyama R, Nakanishi S (1997) Helix-loop-helix factors in growth and differentiation of
the vertebrate nervous system. Curr Opin Genet Dev 7: 659-665.
Keynes RJ, Jaques KF,
Cook GM (1991) Axon repulsion during peripheral nerve
segmentation. Development Suppl 2: 131-139.
Keynes RJ, Stern CD (1988) Mechanisms of vertebrate segmentation. Development 103:
413-429.
Kusumi K, Sun ES, Kerrebrock AW, Bronson RT, Chi DC, Bulotsky MS, Spencer JB, Birren
BW, Frankel WN, Lander ES (1998) The mouse pudgy mutation disrupts Delta
homologue Dll3 and initiation of early somite boundaries. Nat Genet 19: 274-278.
Malpighi M (1689) "Opera omnia". Lugduni, Batav.
Meinhardt H. (1986). Models of Segmentation. In: Somites in Developing Embryos
(Bellairs RE, Donald A; Lash James W, Ed.), Plenum Press, New York, pp. 179-189.
66
Literaturverzeichnis
Morgan BA, Fekete DM (1996) Manipulating gene expression with replication-competent
retroviruses. Methods Cell Biol 51: 185-218.
Oka C, Nakano T, Wakeham A, de la Pompa JL, Mori C, Sakai T, Okazaki S, Kawaichi M,
Shiota K, Mak TW, Honjo T (1995) Disruption of the mouse RBP-J kappa gene
results in early embryonic death. Development 121: 3291-3301.
Packard DS, Jr. (1976) The influence of axial structures on chick somite formation. Dev Biol
53: 36-48.
Packard DS, Jr., Zheng RZ, Turner DC (1993) Somite pattern regulation in the avian
segmental plate mesoderm. Development 117: 779-791.
Palmeirim I, Dubrulle J, Henrique D, Ish-Horowicz D, Pourquie O (1998) Uncoupling
segmentation and somitogenesis in the chick presomitic mesoderm. Dev Genet 23:
77-85.
Palmeirim I, Henrique D, Ish-Horowicz D, Pourquie O (1997) Avian hairy gene expression
identifies a molecular clock linked to vertebrate segmentation and somitogenesis.
Cell 91: 639-648.
Panin VM, Papayannopoulos V, Wilson R, Irvine KD (1997) Fringe modulates Notchligand interactions. Nature 387: 908-912.
Pardue ML, Gall JG (1970) Chromosomal localization of mouse satellite DNA. Science 168:
1356-1358.
Primmett DR, Norris WE, Carlson GJ, Keynes RJ, Stern CD (1989) Periodic segmental
anomalies induced by heat shock in the chick embryo are associated with the cell
cycle. Development 105: 119-130.
Primmett DR, Stern CD,
Keynes RJ (1988) Heat shock causes repeated segmental
anomalies in the chick embryo. Development 104: 331-339.
Psychoyos D, Stern CD (1996) Fates and migratory routes of primitive streak cells in the
chick embryo. Development 122: 1523-1534.
Rauskolb C, Irvine KD (1999) Notch-mediated segmentation and growth control of the
drosophila Leg [In Process Citation]. Dev Biol 210: 339-350.
Remak R (1850) Untersuchungen über die Entwicklung der Wirbeltiere. Reimer, Berlin
Rickmann M, Fawcett JW, Keynes RJ (1985) The migration of neural crest cells and the
growth of motor axons through the rostral half of the chick somite. J Embryol Exp
Morphol 90: 437-455.
67
Literaturverzeichnis
Sakamoto K, Yan L, Imai H, Takagi M, Nabeshima Y, Takeda S, Katsube K (1997)
Identification of a chick homologue of Fringe and C-Fringe 1: involvement in the
neurogenesis and the somitogenesis. Biochemical & Biophysical Research
Communications 234: 754-759.
Sambrock J, Fritsch EF, Maniatis T. (1989). “Molecular Cloning.” Cold Spring Harbour
Laboratory Press
Schoenwolf GC (1979) Histological and ultrastructural observations of tail bud formation
in the chick embryo. Anat Rec 193: 131-147.
Sechrist J, Marcelle C (1996) Cell division and differentiation in avian embryos: techniques
for study of early neurogenesis and myogenesis. Methods Cell Biol 51: 301-329.
Simpson P (1990) Lateral inhibition and the development of the sensory bristles of the
adult peripheral nervous system of Drosophila. Development 109: 509-519.
Sosic D, Brand-Saberi B, Schmidt C, Christ B, Olson EN (1997) Regulation of paraxis
expression and somite formation by ectoderm- and neural tube-derived signals.
Dev Biol 185: 229-243.
Stern CD, Bellairs R (1984) Mitotic activity during somite segmentation in the early chick
embryo. Anat Embryol 169: 97-102.
Stern CD, Fraser SE, Keynes RJ,
Primmett DR (1988) A cell lineage analysis of
segmentation in the chick embryo. Development 104: 231-244.
Stern CD,
Keynes RJ (1987) Interactions between somite cells: the formation and
maintenance of segment boundaries in the chick embryo. Development 99: 261-272.
Stern CD, Vasiliauskas D (1998) Clocked gene expression in somite formation. Bioessays
20: 528-531.
Strudel G (1955) L'action morphogène du tube nerveux et la chorde sur la différenciation
des vertèbres et des muscles vertébraux chez l'embryon de poulet.
Arch.Anat.Microsc.Morphol.Exp. 44: 209-235.
Swiatek PJ, Lindsell CE, del Amo FF, Weinmaster G, Gridley T (1994) Notch1 is essential
for postimplantation development in mice. Genes Dev 8: 707-719.
Tam PP (1981) The control of somitogenesis in mouse embryos. J Embryol Exp Morphol 65
Suppl: 103-128.
Tam PP, Trainor PA (1994) Specification and segmentation of the paraxial mesoderm.
Anat Embryol 189: 275-305.
68
Literaturverzeichnis
Waddington C, Deucher E (1953) Studies on the mechanism of meristic segmentation I. J
Embryol. exp. Morph. 1: 349-361.
Weinmaster G (1997) The ins and outs of notch signaling. Mol Cell Neurosci 9: 91-102.
Wilting J, Brand-Saberi B, Huang R, Zhi Q, Kontges G, Ordahl CP, Christ B (1995)
Angiogenic potential of the avian somite. Dev Dyn 202: 165-171.
Wu JY, Wen L, Zhang WJ, Rao Y (1996) The secreted product of Xenopus gene lunatic
Fringe, a vertebrate signaling molecule [published erratum appears in Science 1996
Oct 25;274(5287):485]. Science 273: 355-358.
Yamaguchi TP (1997) New insights into segmentation and patterning during vertebrate
somitogenesis. Curr Opin Genet Dev 7: 513-518.
Yuan YP, Schultz J, Mlodzik M, Bork P (1997) Secreted fringe-like signaling molecules may
be glycosyltransferases. Cell 88: 9-11.
Zhang N, Gridley T (1998) Defects in somite formation in lunatic fringe-deficient mice.
Nature 394: 374-377.
69
7 Anhang
7.1 Liste der Abkürzungen
cDNA
komplementäre Desoxyribonukleinsäure
dpc
dies post coitum
DTT
Dimethylsulfoxid
iSPE
initiale Segmentplattenexpression
kDa
Kilodalton
mRNA
Messenger Ribonukleinsäure
ODX
optische Dichte bei x nm
Pax
paired-box Transkriptionsfaktor
PCR
Polymerasekettenreaktion
PSM
präsomitisches Mesoderm
RT
Raumtemperatur
SP
Segmentplatte
tb
Tail bud (Schwanzknospe)
Tris
Tris-(hydroxymethyl)-aminomethan
Tween 20
Polyoxyenthylensorbitanmonolaurat
upm
Umdrehungen pro Minute
70
7.2 Standardlösungen
TE-8
10mM Tris-HCl, pH 8
1mM EDTA pH 8
10 X PBS
80g NaCl
2g KCl
11,5g Na2HPO4 *7 H2O
2g KH2PO4
per 1000ml aqua bidest.
TBS
0,14M NaCl
2,7mM KCl
5mM Tris-HCl pH 7,5
5X TBE
450mM Tris-HCl, pH 8
450mM Borsäure
10mM EDTA
50 X TAE
2M Tris-HCl, pH 8
1M Essigsäure
50mM EDTA
Anhang
71
Anhang
7.3 Lösungen und Medien für mikrochirugische Manipulationen
Locke-Lösung
2,2mM CaCl2
5,4mM KCl
154mM NaCl
in aqua bidest
Dissektionspuffer für Mausembryonen
5,8g/l NaCl
0,186g/l KCl
0,05g/l KH2PO4
0,05g/l MgSO4* 7H2O
0,004g/l Na2EDTA*2 H2O
0,336g/l NaHCO3
0,25g/l CaCl2
4,76g/l HEPES pH 7,1
10% fetales Rinderserum
7.4 Lösungen/Reagenzien für die Whole-mount in situ Hybridisierung
Filtersystem
Alle Lösungen wurden vor Gebrauch filtriert (0,22µm, Corning, NY)
DEPC H2O
0,1% DEPC (Sigma, St.Louis, MO) in H2 O, bei 37°C über Nacht inkubieren und
anschließend autoklavieren.
72
PBT
PBS –DEPC mit 0,1% Tween-20
10 X PBS- DEPC
80g NaCl
2g KCl
11.5g Na2HPO4 . 7 H2O
2g KH2PO4
per 1000ml H2O-DEPC.
4% iges Paraformaldehyd
4g Paraformaldehyd (Sigma, St.Louis, MO)
90ml H2O
20µl 10N NaOH
5 Minuten bei 65°C erhitzen
anschließend abkühlen lassen und 10ml 10x PBS hinzugeben
Glutaraldehyd
25%ig (Sigma, St.Louis, MO)
20XSSC
175.3g NaCl
88.2g Natriumcitrat
1000ml Aqua bidest
pH 4,5 (mit Zitronensäure eingestellt)
Hybridisierungspuffer
50% Formamid
5X SSC pH 4,5
50µg/ml Hefe-RNA (Boehringer, Mannheim)
1% SDS
50µg Heparin
DEPC-H2O
Anhang
73
Lösung I:
Lösung III:
50% Formamid
50% Formamid
5XSSC pH 4,5
2XSSC pH 4,5
1% SDS
H2O
H2O
TBST
0,14M NaCl
2,7mM KCl
25mM Tris-HCl pH 7,5
0,1% Tween-20
2mM Levimasole
H2O
Antikörper
Anti-Dig-AP, Fab –Fragmente (Boehringer, Mannheim)
Stammlösung NBT (Nitro Blue Tetrazolium)
0,075gNBT(Sigma, St.Louis, MO) in 1ml 70% igen Dimethylformamid
Stammlösung BCIP (5-Bromo-4-Chloro-3-Indolyl Phosphat)
0,05g BCIP-Dinatriumsalz(Sigma, St.Louis, MO) in 1ml H2O
NTMT
Färbelösung
100mM NaCl
2ml NTMT
100mM Tris-HCl pH 9,5
6,75µl
50mm MgCl2
NBT(Stamml.)/70%DMF
0,1 Tween-20
5,25µl BCIP(Stamml.)/H2O
2mM Levimasole
Anhang
74
Anhang
Embryopulver
Hühnerembryonen bzw. Mausembryonen im Stadium HH30 bzw. 10,5 dpc wurden in
eiskaltem PBS homogenisiert.
Vier Volumenanteile eiskaltes Aceton wurden
hinzugegeben und dieser Ansatz wurde 30 Minuten auf Eis inkubiert. Nach einer
Zentrifugation bei 10000upm bei 4°C wurde der Überstand verworfen und das Pellet mit
Azeton gewaschen und anschließend über Nacht luftgetrocknet. Mit einem Mörser wurde
das Pellet zu feinem Embryopulver zermahlen.
75
8 Abbildungen
76
Abbildungen
Abb.1
A) Somitennomenklatur.
Somiten werden in der Reihenfolge ihrer Bildung mit
fortlaufenden arabischen Ziffern beschriftet. Diese Beschriftung schreitet von anterior (a)
nach posterior (p) fort. Das Schema zeigt Somiten 18, 19 und 20 eines Hühnerembryos im
Stadium HH14. Darüber hinaus werden Somiten entsprechend ihres Entwicklungsalters
mit römischen Zifferns beschriftet. Der zuletzt gebildete Somit, also der jüngste Somit,
wird als Somit I bezeichnet, der zuvor gebildete Somit ist Somit II.
Dieses
Beschriftungssystem wurde auf den noch unsegmentierten Bereich übertragen. Der
nächste zu bildende Somit ist Somit -I, der übernächste zu bildende Somit ist Somit -II
usw..
B) Schematisches Operationsschema der Segmentplattentransplantation. Zunächst wird
bei Spender (rechts) und Empfänger (links) der Schwanzknospenbereich (tail bud, tb)
entfernt.
Anschließend wird sowohl beim Spender, als auch beim Empfänger die
Segmentplatte (sp) auf der rechten Seite isoliert (beim Spender bleibt zusätzlich ein Somit
an der Segmentplatte angeheftet). Die Segmentplatte des Spenders wird anschließend in
den Empfängerembryo eingesetzt.
78
Abbildungen
Abb. 2
Übersicht der lunatic fringe Expression
Whole-mount in situ Hybridisierung an Hühnerembryonen im Stadium HH4 bis HH20 mit
einer lunatic fringe Antisense-Sonde. Alle Embryonen sind von der dorsalen Seite gezeigt.
(A) Embryo im Stadium HH4, der lunatic fringe Expression in zwei diffusen,
achsensymmetrisch um die Mittellinie angelegten Domänen kaudal des Hensenschen
Knotens (Pfeil) zeigt. (B) Dieser Embryo im Stadium HH6 zeigt die Expression in einer
kleinen Domäne in der Segmentplatte (kranial des Hensenschen Knotens) und in
neugebildeten Mesodermzellen, die sich noch kaudal des Hensenschen Knotens befinden.
(C) Embryo im Stadium HH7, die Expression ist im unsegmentierten Mesoderm
nachweisbar. (D,E) Die Expression befindet sich in der kranialen Segmentplatte (F). Im
Stadium HH20 wird lunatic fringe mRNA in der kranialen SP und in neugebildeten
Somiten nachgewiesen.
80
Abbildungen
Abb. 3
Schnittpräparate verdeutlichen die Lokalisation der lunatic fringe mRNA
(A) Transversaler Gefrierschnitt durch einen Embryo im Stadium HH4. Die Schnittebene
befindet sich im kranialen Teil des Primitivstreifens, kaudal des Hensenschen Knotens.
Die Expression ist im Epiblasten lokalisiert, wohingegen Mesoderm und Entoderm keine
Expression zeigen. Zusätzlich ist eine schwache Expression in gastrulierenden, prospektiv
mesodermalen Zellen zu sehen. (ep) Epiblast, (mes) Mesoderm, (en) Entoderm
(B) Parasagittaler Schnitt durch den Embryo in Abb. 2B. Die Expression kranial des
Hensenschen Knotens ist auf die Mesodermschicht begrenzt, kaudal vom Hensenschen
Knoten befindet sich die Expression in jungen Mesodermzellen, die die Invagination durch
den kranialen Primitivstreifen abgeschlossen haben oder sie eben durchführen. (hn)
Hensenscher Knoten (C) Transversalschnitt durch einen Embryo im Stadium HH14 auf
der Höhe der lunatic fringe Expressionsdomäne in der Segmentplatte. Die Expression ist
streng auf das paraxiale Mesoderm begrenzt. (sp) Segmentplatte. (D) Parasagittalschnitt
durch das paraxiale Mesoderms eines Embryos im Stadium HH14. Lunatic fringe ist
vornehmlich auf Somitenhöhe –II exprimiert.
Die Grenze zwischen dem zuletzt
gebildeteten Somiten (I) und dem unsegmentierten Bereich (-I,-II,-III) ist mit einem
schwarzen Pfeil markiert.
Abb. 4
Variabilität der lunatic fringe Expression in der Segmentplatte und Einteilung in drei
Expressionsklassen
Gezeigt sind Whole-mount in situ Hybridisierungen an Hühnerembryonen im Stadium
HH14-15. Die schwarzen Pfeile deuten auf den Übergang vom segmentierten in den
unsegmentierten Bereich des paraxialen Mesodems hin. (A) Klasse 1: Lunatic fringe ist im
Somit –II exprimiert, keine Expression ist im kaudalen Bereich der SP sichtbar. (B) Klasse
2: Zusätzlich zur Expression in Somit -II ist eine schwächere Expressionsdomäne in der
kaudalen SP zu sehen. (C) Klasse 3: Zwei Expressionsdomänen, durch einen kleinen, etwa
einem Somiten entsprechenden Bereich getrennt, sind in der kranialen SP sichtbar.
Zusätzlich ist lunatic fringe in der Schwanzknospe (tb) exprimiert.
82
Abbildungen
Abb. 5
Embryonenkulturexperimente mit anschließender Whole-mount in situ Hybridisierung
Nach der Halbierung des Hühnerembryos wurde die linke Hälfte sofort fixiert, während
die rechte Hälfte für die angegebene Dauer inkubiert wurde.
Repräsentative
Embryonenkulturexperimente zeigen die Interkonversion der drei Expressionsphasen (AC) und die Vollendung eines kompletten Zyklus (D). (A) Umwandlung der Phase I in
Phase II.
Während der Inkubationszeit von 40 Minuten entwickelt sich eine
Expressionsdomäne (iSPE) in der kaudalen SP der inkubierten Hälfte (Phase II). (B) Die
iSPE führt während der Inkubationszeit eine kraniale Progression durch, dabei nimmt die
Expressionsdomäne sowohl an Umfang als auch an Intensität zu. Dadurch geht Phase II in
Phase III über. Zusätzlich wird während der Inkubation auch die Expression in der
Schwanzknospe initiiert. (C) Phase III wandelt sich in Phase I um. (D) Sowohl inkubierte
Hälfte als auch Kontrollhälfte befinden sich in Phase III, unterscheiden sich jedoch in der
Bildung eines zusätzlichen Somiten auf der inkubierten Hälfte (schwarzer Pfeil weist auf
die Grenze zwischen Somit I und Somit -I zum Zeitpunkt der Fixierung hin, weißer Pfeil
weist auf die neu gebildete Grenze hin, die während der Inkubation entstanden ist). Die
Wiederholung der Expressionsmuster zeigt, daß während der Inkubationszeit von 95
Minuten ein kompletter Zyklus durchlaufen worden ist.
Um die einzelnen Phasen genauer zu charakterisieren, wurden kürzere Inkubationszeiten
gewählt (E-K). (E) Beide Hälften sind in Phase I. Die Expression in der Schwanzknospe,
die auf der Kontrollseite zu sehen ist, wird im Verlauf der Phase I herunterreguliert (F)
Beide Hälften sind in Phase II. Während der kurzen Inkubation von 21 Minuten wandert
die iSPE nach kranial und nimmt an Intensität zu. (G-K) Gezeigt ist die lunatic fringe
Expression im Totalpräparat und in sagittalen Gefrierschnitten durch die linke (H,I) und
rechte (J,K) Hälfte des gleichen Embryos. Schwarze (G,I) und weiße Pfeile (G,K) weisen
auf korrespondierende Expressionsdomänen im Totalpräparat und in den Gefrierschnitten
hin. (G) Beide Hälften sind in Phase III. Während der Kultivierungsperiode schreitet die
mehr kaudal gelegene Expression geringfügig nach kranial fort. (H,I) Direkt anterior der
kranialen Expressionsdomäne (schwarzer Pfeil) ist auf der nichtinkubierten Hälfte kein
Somit zu sehen. (I) Vergrößerung des eingerahmten Bereichs aus (H). (J,K) Ein neuer
Somit hat sich während der kurzen Inkubationszeit gebildet und ist anterior der kranialen
Expressionsdomäne (weißer Pfeil) zu sehen. (K) Vergrößerung des eingerahmten Bereichs
aus (J).
84
Abbildungen
Abb. 6
Modell der dynamischen lunatic fringe Expression in der Segmentplatte von
Hühnerembryonen
Während Phase I ist lunatic fringe in der Segmentplatte nur in Somit -II exprimiert. Diese
Expression hält für 45-45 Minuten an. Daraufhin wird in der kaudalen Segmentplatte eine
neue, zunächst schwache Expressionsdomäne initiiert (iSPE), während die Expression in
Somit -II weiter bestehen bleibt (Phase II). Diese neue Expressionsdomäne breitet sich
schnell nach kranial aus und nähert sich damit dem kranialen Ende der Segmentplatte.
Während die Expressionsintensität am kranialen Ende zunimmt, nimmt diese am kaudalen
Segmentplattenende progressiv ab. Damit geht Phase II in Phase III über. Darüber hinaus
wird während dieses Überganges auch die Expression in der Schwanzknospe initiiert.
Wenn sich die Expressionsdomäne auf Höhe der Somiten -II und -IV befinden (Phase III
vor Somitenbildung), findet die Somitenbildung statt. Die kraniale Expression wird
dadurch auf Somitenhöhe -I lokalisiert, die kaudale Expression wandert weiter nach
kranial und wird damit bald die neue Expression auf Somitenhöhe -II konstituieren (Phase
III nach Somitenbildung). Kurz nachdem eine neue Expression im Somit -II entstanden ist
(frühe Phase I), geht die Expression in der Schwanzknospe verloren. Damit ist das
charakteristische Expressionsmuster der Phase I erneut erreicht.
Somiten
II
I
-I
-II
I
-I
-II
Segmentplatte
Schwanzknospe
Phase I
Phase II
Phase III
Phase III
vor
nach
Somitenbildung Somitenbildung
86
Abbildungen
Abb. 7
Kontrolle der zyklischen Expression von lunatic fringe
(A,B) Embryonenkulturexperiment: nach der Halbierung wurde auf der rechten Seite der
kaudale Anteil der SP entfernt, anschließend wurden beide Hälften inkubiert. (A)
Inkubation für eine Dauer von 85 Minuten. Beide Hälften zeigen Expression in Somit -II.
Dies zeigt, daß der kaudale Teil der SP nicht für die Aktivierung von lunatic fringe am
kranialen Segmentplattenende notwendig ist. (B) 150 Minuten Inkubation. Beide Hälften
zeigen eine Expression der Phase III. (C-E) Isolierung der Segmentplatten von allen
umliegenden Geweben und anschließende Inkubation sowohl der Kontrollseite als auch
der SP. (C) Nach 60minütiger Inkubation zeigen Kontrollhälfte und isolierte SP sehr
ähnliche Expressionsmuster. (D) Die SP wurde zusammen mit den zwei zuletzt gebildeten
Somiten isoliert, während der Inkubation von 130 Mintuen bildete sich ein neuer Somit
(weißer Pfeil). Die Expression ist ähnlich in Kontrollhälfte und isolierter SP. (E) Nach
einer Kultivierungsperiode von 150 Minuten zeigt die isolierte SP eine kraniale und eine
kaudale (schwarzer Pfeil) Expressionsdomäne, die durch eine kleine nichtexprimierende
Region getrennt sind. Damit befindet sich die SP und die Kontrollhälfte in Phase III. (F)
Segmentplattentransplantation. Der Spenderembryo ist in der Abbildung rechts zu sehen,
der Empfängerembryo befindet sich in der linken Bildhälfte.
Die rechte SP des
Empfängers wurde durch die SP des Spenders ersetzt (siehe Operationsschema Abb. 1B).
Der schwarze Pfeil zeigt die Stelle der Insertion. Während der Inkubationszeit von fünf
Stunden haben sich mehrere Somiten gebildet. Nach der Inkubation wurde eine Wholemount in situ Hybridisierung durchgeführt. Die endogene und die implantierte SP des
Empfängerembryos unterscheiden sich deutlich in der lunatic fringe Expression. Während
die endogene SP sich in Phase II befindet, zeigt die implantierte SP eine Expression der
Phase III.
Damit gleicht die implantierte SP in ihrer Expression der SP des
Spenderembryos (Phase III). Als Kriterium für den Vergleich der Expressionen eignet sich
vor allem der Abstand der kranialen und der kaudalen Expressionsdomäne. Dieser
beträgt in der SP des Empfängerembryos vier Somiten, während er in der implantierten SP
und in der SP des Spenderembryos nur die Breite eines Somiten besitzt (charakteristisch
für Phase III). Außerdem zeigt die kaudale Expressionsdomäne der implantierten SP eine
stärkere Intensität, was ebenfalls der Phase III entspricht.
88
Abbildungen
Abb.8
Überexpressionsexperiment
A) Western-Blot mit lysierten Hühnerfibroblasten. Die Hühnerfibroblasten waren zuvor
mit dem retroviralen Konstrukt MFR-TAG transfiziert worden. Als Antikörper wurde
HA11, der gegen die Flu-Epitopmarkierung gerichtet ist, eingesetzt. Zu sehen sind zwei
intensive Proteinbanden, denen Lunatic Fringe in nativer Form und Lunatic Fringe nach
autokatalytischer Proteolyse entsprechen.
B) Infektionsprotokoll. Gezeigt ist ein Embryo im Stadium HH12. Die roten Sterne
markieren die Injektionsorte in der posterioren Segmentplatte und im Bereich des
verbleibenden Primitivstreifens. Der Injektionsbereich endet auf Höhe des prospektiven
Somiten 25.
C) Whole-mount in situ Hybridisierung mit einer lunatic fringe Antisense-Sonde der Maus
(MFR) zeigt die erfolgreiche Infektion. Nach der Injektion wurde dieser Embryo 18
Stunden inkubiert. Der Pfeil weist auf Somit 25 hin, damit entspricht die kraniale
Ausdehnung der Infektion der kranialen Grenze des Injektionsbereiches. D) Nach einer
Inkubationszeit von 2 Tagen im Anschluß an die Injektion des Retrovirus wurde eine
Whole-mount in situ Hybridisierung mit einer Pax3 Antisense-Sonde durchgeführt. Die
Expression in den Somiten zeigt keine Unregelmäßigkeiten.
E) Alcianblau-Knorpelfärbung. Nach einer Inkubationszeit von 6 Tagen nach der Injektion
des Retrovirus wurde eine Knorpelfärbung durchgeführt. Die Wirbelsäulenanlage und die
Rippenanlage sind regelrecht und zeigen keine Effekte der Überexpression.
90
Abbildungen
Abb.9
Vergleich der Expression von lunatic fringe mit c-hairy1
Die Embryonenhälften wurden separat mit einer Antisense-Sonde von lunatic fringe (linke
Hälfte) und c-hairy1 (rechte Hälfte) hybridisiert. Die schwarzen Pfeile deuten auf den
Übergang von Somit I und SP hin. (A-C) Die Expression beider Gene ist in allen Phasen
zeitlich synchron und zeigt sehr ähnliche Expressionsdomänen. (A) Phase I (B) Phase II.
Die Expression von c-hairy1 reicht im Vergleich zu lunatic fringe weiter nach kranial, bis in
den posterioren Bereich von Somit -I. (C) Phase III
Abb. 10
Whole-mount in situ Hybridisierung an Mausembryonenhälften
Mausembryonenhälften wurden direkt fixiert (linke Hälfte) oder zunächst für die
angegebene Dauer inkubiert. (A) Während der Inkubation von 65 Minuten entwickelte die
rechte Hälfte im Vergleich zur linken Kontrollhälfte eine zusätzliche, kaudale
Expressionsdomäne im präsomitischen Mesoderm. (B) Die linke Embryonenhälfte zeigt
am kranialen Ende des PSM zwei lokalisierte Expressionsbanden und zusätzlich eine
diffusere, breitere Expression im kaudalen Bereich des PSM.
Nach der
Kultivierungsperiode von 70 Minuten wird diese kaudale Expressionsdomäne von einer
mehr kranial gelegenen, lokalisierteren Expression abgelöst. (C) Nach einer Inkubation
von 125 Minuten zeigen beide Hälften sehr ähnliche Expressionsmuster: die mRNA ist in
einer Domäne im kranialen PSM nachweisbar.
92
Abbildungen
Abb. 11
Modell zur Differenzierung der Zyklusdauer von der Oszillationsdauer
Zum Zeitpunkt 0' des Expressionszyklus findet sich in der Segmentplatte eine Phase I
Expression. Die markierte Zelle im posterioren Anteil der SP zeigt keine Expression von
lunatic fringe. Nach 45 Minuten sieht man in der kaudalen Segmentplatte die iSPE, damit
befindet sich der Expressionszyklus in Phase II. Die Einzelzelle exprimiert lunatic fringe.
Zum Zeitpunkt 140' ist diese Phase II innerhalb des zweiten Expressionszyklus erreicht,
die iSPE ist erneut zu sehen. Damit entspricht die Zeit von 95 Minuten der Zyklusdauer.
Die Zyklusdauer entspricht der Zeit, die zur Wiederholung einer Expressionsphase in der
SP notwendig ist.
Zum Zeitpunkt 140' liegt die markierte Zelle außerhalb der iSPE, da durch die
Somitenbildung am kranialen SP-Ende und die neu eingewanderten Zellen am kaudalen
SP-Ende sich die relative Position der Zelle verändert hat. Erst zu einem späteren
Zeitpunkt (140'+x) exprimiert die Zelle lunatic fringe und nimmt an der Bildung der nach
kranial ausgebreiteten Expressionsdomäne teil. Das identische Expressionsmuster (Phase
II zum Zeitpunkt 45' und 140') wird daher von unterschiedlichen Zellen konstituiert (siehe
markierte Zelle zum Zeitpunkt 45' und 140').
Die
Oszillationsdauer
entspricht
der
Zeit,
die
zur
Wiederholung
der
Expressionsaktivierungen inerhalb einer Zelle notwendig ist. Aufgrund der relativen
Positionsveränderung der Einzelzelle entlang der kranio-kaudalen Achse beträgt diese
95'+x, wobei x z.B. von der Ausbreitungsgeschwindigkeit der iSPE abhängig ist.
Daher kann von der Zyklusdauer nicht auf die Oszillationsdauer abgeleitet werden.
Zyklusdauer
95’
Expressionsphasen in
der Segmentplatte
I
II
I
II
95’
140’
II
- II
- II
0’
45’
Expression in einer
individuellen Zelle
Oszillationsdauer
95’+ x
140’+x
93
9 Danksagung
Ich bin Frau Prof. Dr. Beate Brand-Saberi zu tiefstem Dank verpflichtet. Über die letzten
Jahre hinweg hat sie mir ihre Unterstützung zukommen lassen, und sie gab mir durch ihr
Vertrauen in meine Arbeit als wissenschaftliche Hilfskraft die Möglichkeit, die
Embryologie als begeisterndes Fach zu entdecken. Darüber hinaus ermöglichte Sie den
einjährigen Laboraufenthalt am MD Anderson Cancer Center in Houston, in dessen
Rahmen der experimentelle Teil dieser Doktorarbeit fertiggestellt werden konnte.
Besonders danke ich Frau Prof. Dr. B. Brand-Saberi auch für die außerordentlich gute
Betreuung und die kompetente Hilfe bei der Ausarbeitung dieser Doktorarbeit.
Ich danke Prof. Randy L. Johnson am MD Anderson Cancer Center in Houston/U.S.A für
die Möglichkeit, in der Zeit von Oktober 1997 bis Oktober 1998 in seinem Labor arbeiten
zu dürfen.
Während dieser intensiven Laborerfahrung konnten durch seine große
Unterstützung mehrere Projekte, darunter der experimentelle Teil meiner Doktorarbeit
fertiggestellt werden. Herzlich bedanken möchte ich mich bei Prof. R.L. Johnson auch für
die Möglichkeit der Teilnahme am Spring Retreat 1998 des Genes and Development
Programms des MD Anderson Cancer Center in Corpus Christi, Texas, sowie am 57.
Kongreß der Society for Developmental Biology 1998 in Stanford, Kalifornien.
Ich danke Herrn Prof. Dr. Bodo Christ für die Möglichkeit der Anfertigung meiner
Doktorarbeit am Lehrstuhl II des Anatomischen Institutes Freiburg. Herr Prof. Dr. B.
Christ hat mit seiner Kompetenz und Professionalität mein Interesse an embryologischen
Fragestellungen entscheidend gefördert, wofür ich ihm herzlich danken möchte.
Ein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Davor Solter am Max-Planck-Institut für
Immunbiologie in Freiburg für die großzügige Hilfe bei der Fertigstellung der
Doktorarbeit.
94
Danksagung
Im Labor von Prof. Johnson danke ich vor allem Haixu Chen und Yi Lun für die geduldige
und kompetente Einführung in molekulare Methoden, vor allem jedoch für die
freundschaftliche Atmosphäre im Labor.
Am MD Anderson Cancer Center in Houston danke ich Dr. Maki Wakamiya für die Hilfe
bei den Versuchen an Mausembryonen, Dr. Claire Jaques für das Erlernen
molekularbiologischer Techniken und Dmitry Ovchinnikov für die unermüdliche
Diskussionbereitschaft.
Frau Dr. F. Pröls, Herrn PD Dr. H. Kurz und Herrn PD Dr. J. Wilting am Anatomischen
Institut Freiburg danke ich für ihre Hilfe bei der wissenschaftlichen Arbeit.
Allen Mitarbeitern des Anatomischen Institutes in Freiburg danke ich für ihre
Hilfsbereitschaft. Vor allem danke ich Ellen Gimbel für das Erlernen histologischer und
immunzytochemischer Methoden und für Korrekturen am Manuskript, in erster Linie aber
für die angenehme Zusammenarbeit und freundliche Arbeitsatmosphäre.
Ich danke meinem Vertrauensdozenten Herrn Prof. Dr. Otto Stärk für seine sehr
persönliche Unterstützung und Förderung während der letzten Jahre.
Der Aufenthalt in Houston wurde unterstützt durch die Studienstiftung des deutschen
Volkes, wofür ich mich sehr herzlich bedanken möchte.
Meinen Freunden danke ich für die Unterstützung und die schöne gemeinsame Zeit.
Ich danke Sebastian Arnold dafür, mich als erster in die Thematik der experimentellen
Embryologie eingeführt zu haben.
Besonders möchte ich mich bei meinen Eltern und meinen Schwestern für die
Aufmunterung, den Zuspruch und den familiären Rückhalt danken. Grazie.
95
10 Lebenslauf
Name:
Alexander Josef Herbert Aulehla
Geburtsdatum:
8. Juni 1973
Geburtsort:
Freiburg im Breisgau
Eltern:
Rolf Aulehla
Gabriella Aulehla geb. Hausler
Geschwister:
Vanessa (1969), Fiorenza (1980)
Ausbildung
1980-1984
Grundschule Eisingen
1984-1993
Schiller-Gymnasium Pforzheim
Juli 1993
Abitur am Schiller-Gymnasium Pforzheim
Aug. 93-Sept. 94
Zivildienst im St. Trudpert Krankenhaus Pforzheim
Oktober 1994
Beginn des Studiums der Humanmedizin an der Universität
Freiburg
September 1996
Physikum
März 1997
Aufnahme in die Studienstiftung des deutschen Volkes
September 1997
1. Staatsexamen
Okt. 97-Okt. 98
Laboraufenthalt am MD Anderson Cancer Center in
Houston/Texas/U.S.A
Okt.1998
Fortführung des Medizinstudiums an der Universität Freiburg
Februar 99 -März 99
Famulatur in der Kardiologie der Universitätsklinik Freiburg
März 99- April 99
Famulatur in der Notaufnahme des Hôpital Gaston Bourret,
Nouméa, Neukaledonien
Wissenschaftliche Ausbildung
März 1996
Praktikum am Lehrstuhl II des Anatomischen Institutes
Freiburg
Juni 96- Juli 97
wissenschaftliche Hilfskraft bei PD Dr. B. Brand-Saberi am
Anatomischen Institut, Lehrstuhl II Prof. Dr. B. Christ
Okt. 97-Okt. 98
Laboraufenthalt in Houston bei Prof. R.L. Johnson
96
11 Verzeichnis eigener Publikationen
11.1 Originalarbeiten
Chen H, Ovchinnikov D, Pressman CL, Aulehla A, Lun Y, Johnson RL (1998) Multiple
calvarial defects in lmx1b mutant mice. Dev Genet 22(4):314-320
Evrard YA, Lun Y, Aulehla A, Gan L, Johnson RL (1998) lunatic fringe is an essential
mediator of somite segmentation and patterning. Nature 394:377-381
*Aulehla A, Johnson RL (1999) Dynamic expression of lunatic fringe suggests a link
between notch signaling and an autonomous cellular oscillator driving somite
segmentation. Dev Biol 207(1):49-61
11.2 Gedruckte Abstracts von Kongreßbeiträgen
Brand-Saberi B, Aulehla A, Schmidt C, Birchmeier C, Patel K, Christ B (1997) Epitheliomesenchymal transitions in somite development. Somite Development Meeting, Les
Embiez, 5.-9. Oktober 1997
Brand-Saberi B, Aulehla A, Schmidt C, Füchtbauer EM, Birchmeier C, Christ B (1998) Cell
adhesion in somite development. Verh Anat Ges 93
Füchtbauer EM, Engist T, Christ B, Schmidt C, Aulehla A, Brand-Saberi B (1998)
Expression and function of twist during differentiation of somites. Verh Anat Ges 93
*Aulehla A, Johnson RL (1998) Dynamic lunatic fringe expression in the avian segmental
plate. Dev Biol 198: 170
(Die mit * gekennzeichnete Arbeit enthält Ergebnisse dieser Dissertation)
97
12 Erklärung
Hiermit erkläre ich, daß ich die vorliegende Dissertation selbständig angefertigt und in
dieser oder ähnlicher Form noch nicht anderweitig eingereicht habe.
Freiburg, den 20. September 1999
Herunterladen