2. 2 Neuronale Schaltungen Synapsen Schülerbuch Seite 115 Basiskonzepte Die Verschaltungen sind ein Teil des Basiskonzepts System. Das Thema verdeutlicht darüber hinaus Struktur-Funk‑ tionsbeziehungen auf der Ebene von Organellen und Molekülen (Basiskonzept Struktur und Funktion). Arbeitsblatt Seite 103 . A1 Vergleichen Sie die Unterschiede der Ionen‑ . A1 In jedem der beiden Versuche befindet sich in kanäle eines Neurons am Axonhügel, am Axon der Flüssigkeit ein chemischer Stoff, der die sowie im synaptischen Spalt. Herztätigkeit beeinflusst. Der Stoff wird erst – Die Ionenkanäle in der Axonmembran sind dann in die Flüssigkeit abgegeben, wenn der spannungsgesteuert, reagieren also auf das zugehörige Nerv gereizt wird. Die beiden Ner‑ elektrische Feld der Umgebung. In der post‑ ven und die von ihnen abgegebenen Stoffe synaptischen Membran (auf den Dendriten und unterscheiden sich in ihrer Wirkung auf die im Bereich des Zellkörpers) hingegen befinden Herztätigkeit. sich Rezeptorproteine, zu denen die Transmitter‑ moleküle wie ein Schlüssel zum Schloss passen. . A2 Es könnte sich im vorliegenden Fall um eine Besonderheit handeln, die nur für die Verbin‑ Dies führt zu einer kurzen Formveränderung des dung Nerv — Herzmuskel zutrifft. Rezeptorproteins und zum Öffnen der Ionenka‑ Anmerkung: Erst in den 1950er und 1960er näle (ligandengesteuerte Kanäle). Jahren wurde nachgewiesen, dass der nur $ A2 Erklären Sie die Bedeutung der schnellen wenige Zehntel Nanometer breite synaptische Spaltung der Transmittermoleküle im synap‑ Spalt tatsächlich von chemischen Substanzen tischen Spalt. überbrückt wird und dass es neben den che‑ – Die Transmittermoleküle wirken direkt oder mischen Synapsen auch elektrische Synapsen indirekt auf die Ionenkanäle im synaptischen mit sog. Gap-Junctions gibt. Spalt. Würden sie nicht sehr schnell abgebaut $ A3 Die Versuche am Froschherzen legten nahe, werden, könnten sich die ankommenden Im‑ dass ein Nerv nur eine bestimmte Reaktion pulse immer weiter addieren und es gäbe keine am Herzen hervorruft. Abklingphase in der Erregung. Anmerkung: Die Substanzen wurden als Ace‑ $ A3 Erklären Sie die Bedeutung der Calcium-, tylcholin (hemmend) und Noradrenalin bzw. Chlorid- und Natriumionen für die Erregungs‑ Adrenalin (fördernd) identifiziert. weiterleitung. – An der postsynaptischen Membran der erregenden Synapse werden Na+-Ionenkanäle Hinweise für eine Präsentation geöffnet und führen zu einer Depolarisation. An der postsynaptischen Membran der hem‑ Historischer Ansatz menden Synapse werden die Cl–-Ionenkanäle Die Entdeckung der chemischen Neurotrans‑ geöffnet und führen zu einer Hyperpolarisation. mission wurde 1936 mit dem Nobelpreis geehrt. Die Ca2+-Ionen spielen auf der präsynaptischen Zahlreiche weitere Transmitter und viele Eigen‑ Seite eine Rolle, da sie die Verschmelzung der schaften der Cholinesterase sind in der Zwischen‑ synaptischen Bläschen mit der präsynaptischen zeit bekannt. Dies kann Thema einer Präsentation Membran bewirken. sein. Über die Internet-Seite http://nobelprize.org können z. B. die Biographien, Reden und Hinweise zu den Arbeiten der Nobelpreisträger ermittelt werden. Da alle Seiten in englischer Sprache gehalten sind, ergibt sich hier die Möglichkeit, fächerübergreifend zu arbeiten. Mitochondrium Vesikel Rezeptor en-passant-Synapse axonale Varikositäten Dornensynapse synaptische Endigung axodendritische Synapse axoaxonale Synapse axosomatische Synapse Vielfalt in Bau und Chemie der Synapsen Ein anderer Ansatzpunkt ergibt sich aus der enormen Vielfalt der chemischen Synapsen. Sie unterscheiden sich in ihrer Struktur und Lage (siehe Abb. links) sowie in ihren Botenstoffen. In‑ zwischen sind mehr als 50 verschiedene Substan‑ zen bekannt, die als Neurotransmitter fungieren. Einige von ihnen wirken ausschließlich erregend oder hemmend, andere hingegen können je nach Vorkommen im Organismus „sowohl als auch“ sein. Eine weitere Vielfalt wird durch die Rezeptortypen erzeugt. Manche Neurotransmitter binden an verschiedene Rezeptortypen und haben dadurch unterschiedliche Effekte in der postsynaptischen Zelle. dendrodendritische Synapse 1 oben: Synapsentypen, unten: Synapsenlage zwischen Neuronen 102 DO01-3-12-045459_S102_127.indd 102 12.05.2015 11:34:29 Die Entdeckung der chemischen Überträgerstoffe 1897 führte Charles Sherrington (engl. Physiologe, 1857 — 1952) für die spezialisierte Kontaktzone, an der ein Neuron mit einem anderen in Verbindung tritt, den Begriff Synapse ein. Bereits 1903 diskutierte Otto Loewi (Physiologe und Pharmakologe, 1873 — 1961) mit Mitarbeitern die Möglichkeit, dass derartige Nervenendigungen chemische Substanzen enthalten und nach Stimulierung freisetzen könnten, sodass diese Substanzen ihrerseits das nachfolgende Organ erregen würden. Die Experimente zum Nachweis solcher Substanzen setzte er 1920 um. "If a nerve by a stimulus gets an impulse this impulse is pro‑ pagated within the nerve and is transmitted to the respective effective organs (heart, muscle, gland) innervated by the nerve. The question arose by which means the impulse coming from the nerve is transmitted to the effector organ. I was able to solve this question by proving that the impulse running down within the nerve liberates from its endings chemical substances (Acetylcholine or Adrenaline respectively) which in their turn influence the effector organ exactly like the stimula‑ tion of the nerve. With other words: the influence of nervous stimulation on an organ is not a direct one but an indirect one mediated to the organ by chemical substances released by the nerve stimulation in its endings." 1 Beschreibung von Otto Loewi für seinen Sohn Guido Kochsalzlösung Parasympathicus Reizgenerator Loewis Versuche am isolierten Froschherzen führten in den 1930er-Jahren zu heftigen Diskussionen darüber, wie chemische Signale am Muskel oder im Gehirn eine elektrische Aktivität erzeugen könnten. John Eccles (1903 — 1997, ehemaliger Mitarbeiter von Sherrington) und viele Physiologen vertraten die Ansicht, dass sich die Übertragung des Aktions‑ potentials grundsätzlich aus dem passiven Strom vom prä- zum postsynaptischen Neuron ergibt. Henry Dale (1875 — 1968) und viele Pharmakolo‑ gen waren davon überzeugt, dass eine chemische Substanz, die vom präsynaptischen Neuron freige‑ setzt wird, den Strom in der postsynaptischen Zelle auslöst. ParasympathicusReizung SympathicusReizung hemmt fördert Herz 1 Sympathicus Herz 2 Zeit Schreibernadel Zeit 2 Otto Loewis Experiment Loewi reizte das Axon des ersten Nervs und stellte fest, dass der Herzschlag langsamer wurde bzw. das Herz sogar seine Tätigkeit ganz einstellte. Wird das Herz von isotonischer Kochsalzlösung umspült, bewirkt diese Flüs‑ sigkeit zeitverzögert an einem zweiten Herzen die gleiche Reaktion. Reizte Loewi den zweiten Nerv, beschleu‑ nigte das erste Herz seine Tätigkeit. Auch hier reagierte das zweite Herz nach einer gewissen Verzögerung mit einer erhöhten Schlagfrequenz. A1Geben Sie die Schlussfolgerungen an, die sich aus Loewis Experiment ziehen lassen. Berücksichtigen Sie . den Versuchsaufbau und analysieren Sie die beiden Versuche im Vergleich. A2Begründen Sie, warum die Versuche für Eccles und seine Anhänger kein Beleg für eine chemische Infor‑ . mationsübertragung zwischen Nervenzellen waren. A3Henry Dale formulierte 1935 das nach ihm benannte, heute nicht mehr für alle Neuronentypen zutreffende $ Dale-Prinzip, nach dem ein Neuron nur eine Art von Neurotransmitter produziert. (Er teilte die Nerven nach der Art ihres Transmitters in adrenerge Fasern und cholinerge Fasern ein.) Erläutern Sie, welcher Bezug zum vorliegenden Versuch besteht. © Als Kopiervorlage für den eigenen Unterrichtsgebrauch freigegeben. Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2015 DO01-3-12-045459_S102_127.indd 103 103 12.05.2015 11:34:30 Verrechnungsprozesse an Synapsen Schülerbuch Seite 117 Basiskonzepte Die Verrechnungen sind Teil des Basiskonzeps System. Das Thema verdeut‑ licht darüber hinaus Struktur-Funktions‑ beziehungen auf der Ebene von Molekülen und Organellen (Basiskonzept Struktur und Funktion). $ A1 Erläutern Sie den Einfluss von inhibitorischen 0 A2 Die Generatorregion (Dendriten, Zellkörper, Axonhügel) ist in Anlehnung an die Generator‑ postsynaptischen Potentialen auf die räum‑ potentiale der Sinneszellen als der Bereich zu liche und die zeitliche Summation. sehen, in dem die ankommenden postsynap‑ – Die Amplitude des entstehenden EPSP ist bei tischen Potentiale verrechnet und zu fortgelei‑ Übertragung einer gleichzeitigen oder schnellen teten Aktionspotentialen umcodiert werden. Folge von Aktionspotentialen wesentlich größer Der Leitungsbereich entspricht dem Axon und als bei einzelnen Aktionspotentialen. Durch die Synapse dem Übertragungsbereich. das Überschreiten des Schwellenwertes wird am Axonhügel das Aktionspotential ausgelöst, . A3 Die frequenzcodierte Weiterleitung über da die spannungsabhängigen Kanäle geöffnet relativ große Strecken auf dem Axon ist werden. Hemmende Synapsen verringern durch wenig störanfällig und kann sich durch das ihre Wirkung die Amplitude des EPSPs. Hier‑ Alles-oder-Nichts-Gesetz immer wieder selbst durch kann der Schwellenwert erst später oder aufbauen, während die amplitudenmodulierte gar nicht erreicht werden. Erregungen können Weiterleitung auf dem Zellkörper nur kurze dadurch „gelöscht“ werden. Distanzen überwinden muss und sich zur Verrechnung eignet. Die Umsetzung der elek‑ trischen Information in chemische „Informati‑ Arbeitsblatt Seite 105 onspakete“ an der Synapse erlaubt eine spe‑ zifische Weitergabe und Modifikation, da die 0 A1 An M1 ist (a) bereits zugeordnet und zeigt, Empfängerzellen mit speziellen Rezeptoren dass eine hohe Frequenz ankommender ausgerüstet sein müssen, um eingehende Aktionspotentiale auf dem erregenden Axon A Transmitter zu erkennen und in Abhängigkeit sein soll. Demzufolge ist an M3 die Abbildung von ihrer Quantität zu beantworten. (g) zuzuordnen, da die Amplitude der ent‑ stehenden EPSPs ständig ansteigt. Da B als $ A4 Die Renshaw-Zelle setzt mit inhibitorischen Axon mit hemmender Synapse vorausgesetzt Synapsen auf dem Ausgangsneuron an und ist, gibt M2 mit (d) die Frequenz der ankom‑ wird durch eine Axonkollaterale des Motoneu‑ menden Potentiale und M4 mit (c) die Summe rons erregt. Durch sie wird eine „rückläufige der IPSPs wieder. Die Folgen der Verrechnung Hemmung“ möglich: Bei starker Aktivität am Axonhügel (M7) werden durch (b) stark der Motoneurone werden sie dadurch stark vereinfacht symbolisiert. Die beiden Axonauf‑ gehemmt und bei schwacher Aktivität wird zweigungen (M5, M6) zeigen gleiche Bilder auch die Hemmung reduziert, was wiederum (e, f) als Ergebnis der Verrechnung. die Erregbarkeit der Motoneurone erhöht. Die negative Rückkopplung verhindert eine Überlastung und reguliert die Aktivität des Motoneurons. Second-Messenger: Übertragung (G-Protein gekoppelter Rezeptor) Als „sekundärer Bote“ tritt c-AMP auf. Es aktiviert Proteinkinasen, die zur Phos‑ phorylierung des Ionenkanals führen, wodurch sich dessen Konformität ändert und die Ionen ein- oder ausströmen können. Zwischen dem Andocken des Transmitters an den Rezeptor und der Bildung von c-AMP liegt eine Kaskade biochemischer Reaktionen: Das G-Protein, das Guanin als wichtigsten Bestandteil enthält, kann dann an den Rezeptor andocken, ändert dadurch seine Konforma‑ tion und vermittelt damit die Umwandlung von GDP zu GTP. Die α-Untereinheit des G-Proteins kann daraufhin die Adenylatcyclase aktivieren, die ATP zu c-AMP umwandelt. 104 Adenylatcyclase K+ GDP Ionenkanal geschlossen cytoplasmatische Seite Rezeptor Adenylatcyclase Mit direkter Steuerung arbeiten z. B. Acetylcholin und GABA. Sie binden an eine spezielle Region auf der Außenseite ihres Rezeptorproteins, wodurch dieses seine Konformation ändert und den Ionenkanal zur Entstehung eines EPSPs oder IPSPs öffnet bzw. schließt. Das Ergebnis ist dabei nicht nur vom Transmitter abhängig, sondern auch von den Eigenschaften des Rezeptors: Eine Depolarisation kann z. B. durch einen Na+-Einstrom infolge der Öffnung des Natriumkanals oder durch einen verminderten K+-Ausstrom nach Schließen des Kaliumkanals entstehen. Bindungsstelle G-Protein A extrazelluläre Seite Transmitter G-Protein B K+ GDP Ionenkanal offen Rezeptor Adenylatcyclase Bei der Signalweitergabe von Zelle zu Zelle spielen die Rezeptoren eine besondere Rolle. Zwei verschiedene Typen sind zu unterscheiden: die direkt steuernden Rezeptoren, die gleichzeitig Rezeptor und Ionenkanal sind und die indirekt steu‑ ernden Rezeptoren, die einen „zweiten Boten“ benötigen, um den zugehörigen Ionenkanal anzusprechen. Transmitter Rezeptor Ionenkanal geschlossen C K+ P Proteinkinase GTP ATP c-AMP DO01-3-12-045459_S102_127.indd 104 12.05.2015 11:34:31 Neuronale Informationsverarbeitung Erregende und hemmende Synapsen findet man zu Tausenden an jedem einzelnen Neuron nebeneinander. Ihre Transmitter unterscheiden sich, sodass an der Membran des nachgeschalteten Axons entweder eine Depolarisa‑ tion (erregende Synapsen) oder Hyperpolarisation (hemmende Synapsen) entsteht. Am Axonhügel können die eingehenden Signale somit verrechnet werden. In der folgenden Abbildung ist A ein Axon, das eine erregende, B ein Axon, das eine hemmende Synapse am Neuron C ausbildet. An den Messpunkten M1 bis M7 werden die Potentiale gemessen. Das Ergebnis (a) ist dem Punkt M1 bereits zugeordnet. Die Ergebnisse der anderen Messpunkte sind unter (b) bis (g) in wahlloser Reihen‑ folge dargestellt. a mV M1 0 M5 t M3 A C M7 B M4 M6 mV M2 b 0 c mV t 0 mV t 0 e d mV mV t 0 t g f 0 mV t 0 t 1 Grundprinzipien der neuronalen Verschaltungen A1Ordnen Sie die Messergebnisse den entsprechenden Messpunkten zu und begründen Sie Ihre Zuordnung. 0 A2An einem Neuron lassen sich funktionelle Bereiche unterscheiden, die man als Generator-, Leitungs- und 0 Übertragungsbereich bezeichnet. Benennen Sie die Bestandteile des Neurons, die jeweils diese Funkti‑ onen übernehmen. A3Die Informationsweiterleitung ist mit einem . mehrfachen Codewechsel verbunden. Man un‑ terscheidet zwischen einem Frequenz-Code und einem Amplituden-Code. Zusätzlich gibt es eine Umcodierung, wenn die Transmitter in Abhän‑ gigkeit von der Frequenz der Aktionspotentiale ausgeschüttet werden. Begründen Sie, warum eine mehrfache Umcodierung sinnvoll ist. Renshawzelle Motoneuron A4Erläutern Sie die Funktionsweise der in Abbil‑ $ dung 2 gezeigten Schaltung. Kollaterale Neurit 2 Renshaw-Hemmung © Als Kopiervorlage für den eigenen Unterrichtsgebrauch freigegeben. Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2015 DO01-3-12-045459_S102_127.indd 105 105 12.05.2015 11:34:31 Tatort Synapse / Stopp-Motion (1a) Methodenportrait Stopp-Motion Ein Stopp-Motion-Film besteht aus vielen hundert Einzelbildern, bei denen die jeweiligen Teile oder Gegen‑ stände um wenige Millimeter bewegt werden. Je kleiner die Bewegungsschritte sind, desto flüssiger sind hinterher die Bewegungsabläufe. Für die Herstellung eines Stopp-Motion-Films wechseln sich also das Fotografieren und das Bewegen der jeweiligen Gegenstände ab. Am Ende können die vielen Einzelbilder mithilfe einer Software am Computer oder mit einer entsprechenden Smartphone-App zusammengeschnitten werden. Am besten starten Sie Ihren Stopp-Motion-Film, indem Sie zusammen ein Drehbuch anfertigen und sich das Set zurechtlegen. Überlegen Sie anschließend, welche Bestandteile, z. B. Moleküle, Transmitter oder Vesikel, sich bewegen sollen. Wichtige Tipps 1. Nutzen Sie das Hintergrundblatt (2) als Rahmen für Ihre Fotos. 2. Für eine Sekunde Film benötigt man 4 Fotos. Da Ihr Film ca. 25 Sekunden dauern soll, sollten Sie die Wirkungsweise Ihres Synapsengiftes in ungefähr 100 Fotos darstellen. 3. Um die Kamera (Kamerafunktion eines Smartphones) still zu halten, können Sie einen Stuhl auf den Tisch stellen und die Kamera über den Rand stehen lassen. Die Schwarze Witwe Die Schwarze Witwe (Latrodectus mactans) ist eine der giftigsten Spinnen der Welt. Bei einem Biss injiziert die Spinne in die Bisswunde ein Nervengift. Dieses Gift (α-Latrotoxin) verbindet sich mit Neuroxin, einem Rezeptormolekül an der präsynaptischen Membran, was zur Öffnung zusätzlicher Calciumionenkanäle führt. Die dauerhafte Öffnung der Kanäle führt zu einem enormen und nicht endenden Einstrom von Calciumionen, der zu einer schlagartigen und kontinu‑ ierlichen Entleerung aller synaptischen Bläschen führt. Dadurch gelangt eine sehr große Menge Neurotrans‑ mitter in den synaptischen Spalt und sorgt für eine dauerhafte Öffnung aller Acetylcholin-Rezeptorkanäle. Die nun ständig einströmenden Natriumionen sorgen für eine andauernde Depolarisation der postsynap‑ tischen Membran und signalisieren so eine perma‑ nente Erregung. 1 Schwarze Witwe Die Folgen für den Organismus sind starke Verkrampfungen der Muskulatur. Wenn der Vorrat an Transmittern erschöpft ist, können keine Reizinformationen mehr weitergeleitet werden und es kommt zu Lähumgserschei‑ nungen. Der Tod tritt infolge einer Verkrampfung und anschließender Lähmung der Atemmuskulatur ein, da diese zur Erstickung führt. A1Markieren Sie den Text hinsichtlich der Informationen zum Wirkungsort und zur Wirkungsweise des Giftes 0 an der Synapse und der Auswirkung auf den Organismus. A2Vergleichen Sie Ihre Markierungen und überlegen Sie anschließend, wie Sie die Wirkung an der Synapse . in Form eines ca. 25 Sekunden langen Stopp-Motion-Films szenisch darstellen können. Nutzen Sie für Ihren Stopp-Motion-Film das zur Verfügung stehende Material. 106 DO01-3-12-045459_S102_127.indd 106 © Als Kopiervorlage für den eigenen Unterrichtsgebrauch freigegeben. Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2015 12.05.2015 11:34:32 Tatort Synapse / Stopp-Motion (1b) Methodenportrait Stopp-Motion Ein Stopp-Motion-Film besteht aus vielen hundert Einzelbildern, bei denen die jeweiligen Teile oder Gegen‑ stände um wenige Millimeter bewegt werden. Je kleiner die Bewegungsschritte sind, desto flüssiger sind hinterher die Bewegungsabläufe. Für die Herstellung eines Stopp-Motion-Films wechseln sich also das Fotografieren und das Bewegen der jeweiligen Gegenstände ab. Am Ende können die vielen Einzelbilder mithilfe einer Software am Computer oder mit einer entsprechenden Smartphone-App zusammengeschnitten werden. Am besten starten Sie Ihren Stopp-Motion-Film, indem Sie zusammen ein Drehbuch anfertigen und sich das Set zurechtlegen. Überlegen Sie anschließend, welche Bestandteile, z. B. Moleküle, Transmitter oder Vesikel, sich bewegen sollen. Wichtige Tipps 1. Nutzen Sie das Hintergrundblatt (2) als Rahmen für Ihre Fotos. 2. Für eine Sekunde Film benötigt man 4 Fotos. Da Ihr Film ca. 25 Sekunden dauern soll, sollten Sie die Wirkungsweise Ihres Synapsengiftes in ungefähr 100 Fotos darstellen. 3. Um die Kamera (Kamerafunktion eines Smartphones) still zu halten, können Sie einen Stuhl auf den Tisch stellen und die Kamera über den Rand stehen lassen. Das Gift der Indianer Anfang des 19. Jahrhunderts erforschte Alexander von Humboldt Südamerika und lernte dort die Sitten und Gebräuche der indigenen Bevölkerung kennen. Er beobachtete, wie sie ihre Pfeilspitzen mit einem speziell zubereiteten Gift präparierten. Bei diesem Gift handelte es sich um Curare. Curare ist ein Sammel‑ begriff für eine Vielzahl von alkaloiden Giften, welche auch die Achagua-Indianer aus Extrakten von Pflanzenteilen bestimmter Lianenarten gewannen und als Pfeilgift zur Jagd nutzten. Gelangt dieses über das Blut zur Muskulatur, besetzt es die postsynaptischen Acetylcholin-Rezeptoren der motorischen Endplatten und blockiert diese für den eigentlichen Transmitter. Dies hat zur Folge, dass Acetylcholin nicht mehr binden kann und es so zu keiner Öffnung der postsynaptischen Acetylcholinrezeptoren kommen kann. Da keine Natriumionen durch die Rezeptorkanäle in die postsynaptische Zelle strömen können, entsteht weder ein excitatorisches (erregendes) postsynaptisches Potential (EPSP) noch ein Aktionspotential in der postsynaptischen Zelle. Das Ergebnis ist der Tod in Folge einer Atemlähmung, da sich die Skelettmuskulatur vollständig entspannt (relaxiert). 1 Strychnos toxifera Da der Bindungsprozess und somit auch die Wirkung von Curare reversibel ist, kann Curare bei Operationen zur Relaxierung der Patienten genutzt werden. Um den Erstickungstod zu vermeiden, müssen die Patienten aller‑ dings künstlich beatmet werden. A1Markieren Sie den Text hinsichtlich der Informationen zum Wirkungsort und zur Wirkungsweise des Giftes 0 an der Synapse und der Auswirkung auf den Organismus. A2Vergleichen Sie Ihre Markierungen und überlegen Sie anschließend, wie Sie die Wirkung an der Synapse . in Form eines ca. 25 Sekunden langen Stopp-Motion-Films szenisch darstellen können. Nutzen Sie für Ihren Stopp-Motion-Film das zur Verfügung stehende Material. © Als Kopiervorlage für den eigenen Unterrichtsgebrauch freigegeben. Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2015 DO01-3-12-045459_S102_127.indd 107 107 12.05.2015 11:34:32 Tatort Synapse / Stopp-Motion (2) 108 DO01-3-12-045459_S102_127.indd 108 © Als Kopiervorlage für den eigenen Unterrichtsgebrauch freigegeben. Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2015 12.05.2015 11:34:33 Tatort Synapse / Stopp-Motion (3) 1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 2 3 4 5 6 7 8 9 spannungsgesteuerter Calciumkanal geöffneter Acetylcholinrezeptorkanal (Na+-Ionen können passieren) geschlossener Acetylcholinrezeptorkanal (Na+-Ionen können nicht passieren) Vesikel mit Acetylcholin leeres Vesikel mit Membran verschmolzenes Vesikel Neurotransmittermolekül Acetylcholin Nervengift-Molekül Enzym Acetylcholinesterase (Für die Natriumionen und Calciumionen eignen sich kleine Papierkreise, die man leicht mit einem Locher aus‑ stanzen kann.) © Als Kopiervorlage für den eigenen Unterrichtsgebrauch freigegeben. Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2015 DO01-3-12-045459_S102_127.indd 109 109 12.05.2015 11:34:33 Synapsengifte — neuroaktive Stoffe Material: Synapsengifte als Arzneimittel Schülerbuch Seite 118 Basiskonzepte Die Synapsengifte sind Teil des Basiskonzepts System. Das Thema ver‑ deutlicht aber auch Struktur-Funktions‑ beziehungen auf der Ebene von Molekülen (Basiskonzept Struktur und Funktion). $ A1 Botulinumtoxin blockiert die Übertragung von $ A8 Eine Hemmung der Acetylcholinesterase Nervenimpulsen auf den Muskel. Im Gesicht erhöht die Wirkungsdauer des freigesetzten lösen sich Verspannungen, die Falten glätten Transmitters und hebt die Wirkung von Curare sich. bzw. Tubocurarin auf. Daraus lässt sich folgern, dass Curare die Acetylcholinrezeptoren der $ A2 Da die Acetylesterase gehemmt wird, kann postsynaptischen Membran reversibel be‑ Acetylcholin nicht mehr gespalten werden. setzt, ohne die Natriumionenkanäle zu öffnen. Deshalb gibt es auch keine Spaltprodukte Wird der enzymatische Abbau des Transmit‑ mehr. Acetylcholin bindet immer wieder an ters gehemmt, können dennoch genügend die Rezeptoren der postsynaptischen Mem‑ Kanäle geöffnet werden, um eine ausrei‑ bran. Dadurch strömen mehr Natriumionen chende Depolarisation für eine Kontraktion ein. auszulösen. Schülerbuch Seite 119 0 A9 Wird Atropin in den Bindehautsack des Auges getropft, erreicht es durch Diffusion die Iris und den Ziliarmuskel des Auges. Hier blockiert es die Signalübertragung an den parasympa‑ thischen Synapsen. Der Ziliarmuskel erschlafft und die Pupille weitet sich, was eine Untersu‑ chung des Augenhintergrunds erleichtert. $ A1 Bei Myasthenia gravis ist die Erregungsüber‑ tragung zwischen Nerv und Muskel gestört. Das Immunsystem bildet Antikörper, die sich gegen die Acetycholinrezeptoren richten und diese blockieren oder zerstören. Der freige‑ 0 A10Früher wurde Atropin aus kosmetischen setzte Transmitter Acetylcholin kann daher Gründen zur Pupillenerweiterung eingesetzt. nur an wenige Rezeptoren binden und nur Das erklärt die wissenschaftliche Bezeichnung wenige Natriumionenkanäle werden geöff‑ Atropa belladonna (bella donna, ital. = schöne net. Die Depolarisation ist zu gering, um ein Frau). Aktionspotential auszulösen; eine Kontraktion der Muskelfaser unterbleibt. $ A11Alkylphospate hemmen die Acetylcholinesterase. Da die Transmittermoleküle nicht abgebaut $ A2 Acetylcholinesterasehemmer, z. B. Neostigmin, werden, bleiben die Natriumionenkanäle der verlängern die Wirkungsdauer des freigesetz‑ postsynaptischen Membran geöffnet und es ten Transmitters und ermöglichen so eine kommt zur Dauerdepolarisation. Atropin hat ausreichende Depolarisation. Denkbar ist auch eine lindernde Wirkung, da es die Natrium‑ der Einsatz von Anti-Antikörpern, die sich kanäle besetzt und so den Natriumionenein‑ gegen die schädigenden Antikörper richten. strom verringert. 0 A3 individuelle Lösung 0 A4 Durch schonendes Abschnüren wird die Blutversorgung eines Beins unterbunden, Arbeitsblatt Seite 106 — 109 ohne die motorischen Nerven zu schädigen. Anschließend wird Curare in den Bauchlymph‑ sack injiziert. Werden mithilfe von Elektroden 0 A1 Wie alle Fächer, hat auch das Fach Biologie die Aufgabe, die Lesekompetenz der Schüle‑ die motorischen Nerven, die die Beinmuskula‑ rinnen und Schüler zu fördern. Daher ist ein tur versorgen, auf beiden Körperseiten gereizt, intensives Lesen von Texten mit biologischen so kontrahiert nur die Muskulatur des Beins, Inhalten ein wichtiger Aspekt des Unterrichts. das von der Blutversorgung abgeschnitten ist. Wichtig ist, dass sie den Text in Einzelarbeit Wird dagegen die Muskulatur direkt gereizt, bearbeiten. Auch ist es hilfreich, wenn sie bei kontrahieren die Muskeln beider Beine. ihrer Textbearbeitung einen farbigen Marker $ A5 Die Versuche von Bernard zeigen, dass Curare benutzen, um wichtige Inhalte zu unterstrei‑ die Erregungsübertragung zwischen Nerv und chen. Muskelfaser an den motorischen Endplatten Das Gift (α-Latrotoxin) der Schwarzen Witwe blockiert. bildet einen neuen Calciumkanal an der präsy‑ naptischen Membran. Der massive Einstrom $ A6 Die Wirkung des Hemmstoffs muss genau von Calciumionen in die Synapse sorgt für bekannt und vor allem reversibel sein. eine schlagartige Entleerung aller synap‑ $ A7 Alkylphosphate hemmen das Enzym Acetyl‑ tischen Bläschen in den synaptischen Spalt. cholinesterase irreversibel. Die große Menge an Natriumionen, welche in die postsynaptische Zelle strömen, sorgt für eine permanente Erregung (Verkrampfung). Das Gift Curare blockiert die Rezeptoren der Acetylcholinrezeptoren der postsynaptischen Zelle und verhindert so einen Einstrom von Natriumionen. Eine Lähmung ist die Folge. 110 DO01-3-12-045459_S102_127.indd 110 12.05.2015 11:34:33 Selbst hergestellte Modelle in der Biologie . A2 Individuelle Lösung. Diese Aufgabe lässt sich am besten in Form einer kooperativ angelegten Gruppenarbeit bearbeiten. Es bietet sich an, je nach Kurs‑ größe, vier Gruppe zu bilden, wovon je zwei Gruppen arbeitsteilig arbeiten. Programme für die Herstellung von StoppMotion-Filmen: • Lego Movie (kostenlos; Apple/Android)Flipagram (kostenlos; Apple/Android) • Windows Moviemaker (kostenlos) • iMovie (kostenlos) Die Filme müssen nach der Präsentation evaluiert werden. Dabei kann sowohl der fachliche Inhalt als auch die Arbeit am Stopp-Motion-Film im Fokus stehen. a Cytoskelett Cytoskelett b Ca2+ Ca2+ Anlagerungskomplex Synaptotagmin Ca2+ Fusionspore Modelle spielen in der Biologie eine große Rolle und haben unterschiedliche Aufgaben. Sie verein‑ fachen und visualisieren biologische Phänomene, Prozesse und Strukturen, lenken den Fokus auf einen Themenschwerpunkt — und ganz wichtig, sie motivieren die Schülerinnen und Schüler und helfen Interessen auszubilden. Darüberhinaus die‑ nen Modelle der naturwissenschaftlichen Erkennt‑ nisgewinnung, welche als Kompetenzbereich im neuen KLP Sek II Biologie NRW obligatorisch ist. Vor dem Einsatz von Modellen im Unterricht, sind einige Vorüberlegungen notwendig: –– Wie passe ich das Modell meiner Lerngruppe an (didaktische Reduzierung)? –– Passt mein Modell auch zum Unterrichtsgegen‑ stand? –– Können meine Schülerinnen und Schüler mit Modellen arbeiten? Neben dem Einsatz von fertigen Modellen ist es an vielen Stellen sinnvoll, die Schülerinnen und Schüler selbst Modelle herstellen zu lassen. Dieses Selbstentwickeln führt automatisch zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand und fördert die Kompetenzen in der kooperativen Arbeitsweise. Die kooperative Planung und Herstellung von Modellen deckt die Kompetenzbereiche Erkenntnisgewinnung, Bewer‑ tung und Kommunikation des neuen KLP Sek II Biologie NRW ab. Am Ende jeder Modellarbeit ist es wichtig, die jeweiligen Modelle zu evaluieren und ihre Aussageabsichten, Vorteile und Grenzen zu diskutieren. Die Schülerinnen und Schüler können dabei so‑ wohl Strukturmodelle als auch Funktionsmodelle entwickeln. Mögliche Strukturmodelle: –– Aufbau einer Zelle –– Aufbau der DNA Neurexine Ca2+-Kanal α-Latrotoxin 1 Vesikelfusion und Porenöffner Mögliche Funktionsmodelle: –– Biologische Vorgänge und Prozesse anhand eines Stop-Motion-Films darstellen (Funktions‑ weise einer Synapse, Wirkungsweise von Synap‑ sengiften, Ablauf der Fotosynthese, etc.) –– Biologische Vorgänge und Prozesse in Form von Rollenspielen nachspielen (Funktionsweise einer Synapse, Selektion, Konkurrenz, etc.) 111 DO01-3-12-045459_S102_127.indd 111 12.05.2015 11:34:34 Der neuronale Weg vom Reiz zur Reaktion Schülerbuch Seite 121 Arbeitsblatt Seite 113 Membranpotential (mV) Membranpotential (mV) 0 A1 Erklären Sie die Unterschiede zwischen den 0 A1 An den Chemo- oder Mechanorezeptoren Natriumionenkanälen am Axon, am Axonhü‑ werden ebenso wie durch Acetylcholin an der gel und an der postsynaptischen Membran. motorischen Endplatte Kationenkanäle geöff‑ – Am Axon: Spannungsgesteuerte Na+-Ionen‑ net, wodurch graduierte Potentiale entstehen. kanäle, die durch das elektrische Feld geöffnet Duft- oder Geschmacksstoffe wirken wie werden. Sie benötigen eine Refraktärzeit bis zur Acetylcholin als Liganden. Die spannungsge‑ nächsten Erregung. steuerten Kanäle auf dem Axon arbeiten nach Basiskonzepte Am Axonhügel liegen spannungsgesteuerte dem Alles-oder-Nichts-Prinzip. Die Signalumwand‑ Na+-Ionenkanäle vor, die sich wie am Axon erst $ A2 Capsaicin und hohe Temperaturen steuern lung ist Bestandteil ab einer konkreten Stärke des elektrischen die Kationenkanäle offensichtlich nicht auf des Basiskonzepts Feldes öffnen. identische Weise: Die Schmerzempfindung System. Das Thema An der postsynaptischen Membran: Liganden‑ verdeutlicht darüber nach Hitzeeinwirkung entsteht nach einem gesteuerte Natriumionenkanäle, die durch die hinaus Struktur-Funk‑ Mechanismus, der der direkten Einwirkung Transmitter geöffnet werden. Sie schließen sich, tionsbeziehungen mechanischer Verformung entspricht, wäh‑ wenn keine Transmitter mehr vorliegen. auf der Ebene von rend die Reaktion auf Capsaicin der Duft- oder Organellen und $ A2 Ordnen Sie Abb. 1 die Frequenz- und Am‑ Geschmackswahrnehmung gleicht. Molekülen (Basisplitudencodierung zu und erklären Sie den Anmerkung: Dies wird durch Versuche gestützt, konzept Struktur und Vorgang der Umcodierung. die die britischen Wissenschaftler zusätzlich Funktion). • Das Rezeptorpotential an den Sinneszellen durchführten: Blockiert man den Kanal mit baut sich auf, dabei verändert sich die Ampli‑ bestimmten Substanzen, antwortet er nicht tude. Die Frequenz ändert sich nicht, da nur mehr auf Capsaicin, wohl aber auf Hitze. das eine Signal vorhanden ist und sich die Stärke je nach Reiz verändert (Amplituden‑ +30 modulation). einzelnes wiederholte +10 AktionsAktions• Am Axon werden je nach Reizstärke unter‑ potential potentiale -10 schiedlich viele Impulse weitergeleitet. Die -30 SchwellenImpulse haben immer die gleiche Amplitude potential -50 (Frequenzmodulation). -70 • An der Synapse und am Muskel liegt eine -90 Amplitudenmodulation vor, da die Amplitude des Impulses verändert wird, nicht seine kurzer unterlänger Anzahl. schwelliger Schwellen- anhaltender reiz Reiz Schwellenreiz • Die Entstehung des Impulses an den Sinneszellen erfolgt durch die Öffnung von +30 Signalmolekül Ionenkanälen und damit durch eine Ladungs‑ +10 veränderung. Diese ist je nach Öffnung -10 der Ionenkanäle unterschiedlich hoch. Ab -30 Schwellenpotential -50 einem bestimmten Schwellenwert reicht die -70 Stärke der Ladungsveränderung und damit -90 Rezeptor des entstandenen elektrischen Feldes aus, die spannungsabhängigen Ionenkanäle zu öffnen. Am synaptischen Spalt erfolgt der länger anhaltender länger anhaltender überschwelliger Reiz Schwellenreiz umgekehrte Vorgang, da hier je nach Anzahl der ankommenden Impulse unterschiedlich viele Transmittermoleküle freigesetzt werden. 1 Frequenz von Aktionspotentialen Diese wirken auf die ligandengesteuerten ZellIonenkanäle ein und bewirken je nach Anzahl antwort der geöffneten Ionenkanäle eine entspre‑ Second-Messengerchende Amplitude. System Transportprotein Leckkanäle 112 DO01-3-12-045459_S102_127.indd 112 12.05.2015 11:34:35 Signalumwandlung Scharf gewürzte Speisen werden häufig als „brennend heiß“ empfunden und treiben uns den Schweiß auf die Stirn. Wie ist es möglich, dass „scharf“ und „heiß“ so ähnliche Empfindungen hervorrufen? Wissenschaftler wurden auf besondere Ionenkanäle aufmerksam. Chemisch gesteuerte Ionenkanäle Spannungsabhängige Ionenkanäle Viele Duft- oder Geschmacksstoffe arbeiten an den Sinneszellen ähnlich dem bekannten Acetylcholin. Dieser Transmitter des Nervensystems bewirkt an den motorischen Endplatten ein Öffnen der Kationenkanä‑ le, sodass durch die polarisierte Membran ein großer Na+-Einstrom und ein geringer K+-Ausstrom stattfindet. Der Rezeptorkanal-Komplex für Acetylcholin besteht aus fünf homologen Transmembranproteinen, die zwei Acetylcholin-Bindungsstellen besitzen. Sie sind in der Regel an der Axonmembran und werden durch eine Depolarisation nahe gelegener Membranbereiche geöff‑ net. Sie schließen sich automatisch nach 1 bis 2 ms auch dann, wenn die Depolarisation noch andauert. ������������� ���������������������� ����������� ���������������������� ��� � � ������������������������ ������� �������������������� � � � �������������������� � � � � � � � � � � � �� � � � � � ������������� � � ������� � � � � � � � ����������� � � � ���������� ����� � �� � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � ��������������������� ���������������� � �� � � � � � � �� � � ������������ ����������� ���������������� ������������ �������� � � � � ���������������������������� Mechanisch gesteuerte Ionenkanäle Auf der Oberfläche spezifischer Sinneszellen existieren Ionenkanäle, die z. B. durch Zug oder Druck geöffnet werden. ����������� ����������� ��������������� �������������� ����� ���������������� ����� „Brennendes“ Capsaicin Der Schmerz, den wir bei großer Hitze und nach dem Genuss von Cayennepfeffer wahrnehmen, beruht vermutlich auf ähnlichen molekularen Mechanismen. Hohe Temperaturen scheinen in sensorischen Nervenzellen die Membranporen für positiv geladene Ionen zu öffnen. Das fanden britische Wissenschaftler bei der Untersuchung der Inhaltsstoffe des aus scharfem Paprika hergestellten Pfeffers. Das Capsaicin wirkt allerdings am Ionenkanal als Botenstoff nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip, während extreme Hitze vermutlich die Membranporen von einem geordneten in einen eher ungeordneten Zustand übergehen lässt. Dadurch könnten sie sich einen Spalt weit öffnen und so direkt durchlässig werden. Die Untersuchungsergebnisse der Londoner Forscher deuten damit an, dass dies ein weiterer Mechanismus neben den chemisch gesteuerten, den spannungsabhängigen und den mechanisch gesteuerten Ionenkanälen sein könnte. A1Beschreiben und vergleichen Sie die dargelegten Mechanismen zum Öffnen von Ionenkanälen bzw. zur 0 Signalumwandlung. $ A2Erläutern Sie die Untersuchungsergebnisse der britischen Wissenschaftler zum „brennenden“ Capsaicin. © Als Kopiervorlage für den eigenen Unterrichtsgebrauch freigegeben. Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2015 DO01-3-12-045459_S102_127.indd 113 113 12.05.2015 11:34:38 Reflexe Schülerbuch Seite 123 Basiskonzepte Die anatomischen Grundlagen des Beu‑ ger-Strecker-Reflexes gehören zum Prinzip des Gegenspielers (Basiskonzept Struktur und Funktion), das Ausführen der Reaktion zum Basiskonzept System. $ A1 Ein barfüßiger Badegast tritt auf eine Muschel‑ schale. Sofort zieht er den Fuß ruckartig hoch. Fertigen Sie für diesen Reflex ein Schema nach Abb. 3 an und benennen Sie die jewei‑ ligen Organe. – Reiz = Muschelschale Rezeptor = Hautsinneszellen der Fußsohle Reflexzentrum = Rückenmark Effektor = Oberschenkelmuskulatur Reaktion = Wegziehen des Fußes $ A2 Der Herzschlag wird beim Menschen durch periodische Signale eines Muskelknotens (Sinusknoten) ausgelöst. Vergleichen Sie die‑ sen Vorgang mit dem Ablauf eines Reflexes. – Die rhythmische Kontraktion beruht auch auf einer einfachen Nervenschaltung, wird aber nicht durch singulär auftretende Außenreize ausgelöst. Arbeitsblatt Seite 115 $ A1 Strecker und Beuger sind Antagonisten. Daher ist es wichtig, dass parallel zur Erregung des Streckers die Hemmung des Beugers verläuft. Die Reflexschaltung im Rückenmark ermög­ licht ein koordiniertes Laufen, da bei dem zweiten Bein diese Verschaltung reziprok verläuft. 0 A2 Der Druckreiz am Fuß löst eine Kontraktion des Beugers am entsprechenden Bein aus. Die Interneurone E und D sind fördernd, das Bein wird weiterhin gebeugt. Das Interneuron F muss hemmend sein, da auf dem Weg über Interneuron B der Strecker des gleichen Beins gehemmt werden muss. Außerdem gehen Kollaterale des Interneurons F zur Gegen‑ seite: Auf dem Weg über Neuron C wird mit der Hemmung des Beugers erreicht, dass ein „Standbein“ existiert. Dazu wird hier der Stre‑ cker durch eine „Hemmung der Hemmung“ auf dem Weg über Neuron A erregt. Lidschlussreflex und Schreckreaktion Zahlreiche bildgebende Verfahren ermöglichen in jüngster Zeit den „Blick ins Gehirn“. Trotzdem wird für bestimmte Untersuchungen immer noch über das Elektromyogramm (EMG) des Augen‑ schließmuskels die Schreckreaktion gemessen. Der Reflex läuft einerseits im Rahmen der normalen Schutzfunktion ab, d. h. beim Herannahen einer Fliege oder eines Gegenstandes bewahrt der Lidschlussreflex das Auge vor Verletzungen. Der Reflex läuft aber auch als Zeichen einer Schreck‑ reaktion ab, wenn wir uns z. B. durch einen lauten Knall bedroht fühlen. Ist der Schreck groß genug, verschließen wir nicht nur die Augen; innerhalb von Sekundenbruchteilen werden auch Beugemus‑ keln aktiviert, sodass wir Kopf und Gliedmaßen einziehen, um weniger Angriffsfläche für Verlet‑ zungen zu bieten. Neuere Forschungen zeigen nun, dass diese Schreckreaktion durch Gefühle beeinflusst wird. Sehen die Versuchspersonen vor dem lauten Knall Bilder mit positivem emotionalem Gehalt oder auch erotische Darstellungen, wird der Schutz‑ reflex verzögert oder abgeschwächt. Umgekehrt erzeugen negative Emotionen schnelleres und heftigeres Blinzeln. Evolutionsbiologen erklären dies so, dass in einer sicheren Umgebung die Schutzreflexe zugunsten anderer Fähigkeiten in den Hintergrund treten können. Sicher kennt jeder das Phänomen, dass wir beim kleinsten Geräusch nachts allein in einer dunklen Gasse schneller zusammenzucken als sonst. Auch psychische Veränderungen — untersucht wurden Depressionen, Phobien, Schizophrenie, emotional gestörte Gewalttäter — beeinflussen den Lidschlussreflex und die Schreckreaktion. Auch gleichzeitig ablaufende kognitive Verarbeitungs‑ prozesse hemmen sie. Reflexe können demzufolge in weit größerem Maß beeinflusst werden als bisher bekannt war. . A3 Impulse von der Muskelspindel und vom Gleichgewichtsorgan werden im Kleinhirn koordiniert. Von dort ziehen Impulse zur Großhirnrinde, wo die Positionsänderungen bewusst werden und zu den Nervenzellen des Rückenmarks, welche die Spannung (Tonus) in den Muskeln kontrollieren. In Abbildung 1 müssten demzufolge alle Verbindungen mit dem Groß- und Kleinhirn und dem Gleich‑ gewichtsorgan ergänzt werden. 114 DO01-3-12-045459_S102_127.indd 114 12.05.2015 11:34:38 Gekreuzter Beuger-Strecker-Reflex Hemmende und erregende Verschaltungen von Neuronen sind im Zusammenhang mit Bewegungen wichtig, da hierdurch Muskeln und ihre jeweiligen Antagonisten (Gegenspieler) sinnvoll gesteuert werden können. Zusätzlich zum „automatischen“ Ablauf bei den normalen Gehbewegungen ist das z. B. für Beuger und Strecker der Beine bei Schutzreflexen notwendig. Wie beim recht einfach aufgebauten Kniesehnenreflex erfolgt die Reaktion beim gekreuzten Beu‑ ger-Strecker-Reflex sehr viel schneller, als eine bewusste Reaktion auf den Reiz ausgeführt werden könnte. A B sensorisches Neuron Motoneuron 3 4 4 F E C 5 D 2 Beuger Strecker 1b 6 7 Strecken Beugen 1a 1 Verschaltungen im Rückenmark 2 Verschaltungen zu Gehirnzentren A1Erläutern Sie die Bedeutung von hemmenden und erregenden Neuronen, indem Sie die Gehbewegung $ der Beine mit der Verschaltung in eine sinnvolle Verbindung bringen. A2Beuger und Strecker der Beine zeigen eine koordinierte Reaktion, wenn man z. B. mit dem linken Fuß 0 in einen spitzen Gegenstand tritt. Zeichnen Sie in Abbildung 1 ein, an welchen Stellen hemmende Inter‑ neurone (schwarz ausfüllen) wirken müssen und welcher Muskel zur Kontraktion veranlasst wird (mit + markieren) bzw. gehemmt werden muss (mit – markieren). Beschreiben Sie den Ablauf kurz und gehen Sie dabei insbesondere auf die Stellen A — F ein. A3Teile des Gehirns und das Rückenmark arbeiten insbesondere bei der Ausführung von Reflexen derart . zusammen, dass sehr schnelle Reaktionen möglich werden. Abbildung 2 zeigt einen Teil der komplexen Nervenverbindungen, welche die fast unbewusste Kontrolle der Körperhaltung durch den Muskeltonus (Spannungszustand) ausüben. Erläutern Sie die Darstellung und leiten Sie daraus ab, welche weiteren Neurone und Verschaltungen in Abbildung 1 ergänzt werden müssten. © Als Kopiervorlage für den eigenen Unterrichtsgebrauch freigegeben. Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2015 DO01-3-12-045459_S102_127.indd 115 115 12.05.2015 11:34:39