Grundpraktikum Physikalische Chemie Versuch 2 Hydrolyse eines Esters Reaktionskinetik Überarbeitetes Versuchsskript, 27.11.2014 Kolloquiumsthemen Reaktionskinetik der Hydrolyse von Essigsäureethylester 1. Grundlagen der Reaktionskinetik 1.1. Definition der Reaktionsgeschwindigkeit v, Reaktionslaufzahl ξ , Reaktionsordnung und Molekularität 1.2. Einfache Zeitgesetze (nullte, erste, zweite, dritte Ordnung) 1.3. Methoden der Bestimmung von Reaktionsgeschwindigkeit und Reaktionsordnung (linearisierte Auftragung, Halbwertszeiten, Anfangsgeschwindigkeiten, Isoliermethode) und experimentelle Umsetzung (z.B. Strömungsapparatur, „Stopped Flow“-Methode) 1.4. Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten Arrhenius 1.5. Zusammenhang zwischen Kinetik und Thermodynamik 2. Reaktionsmechanismen 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. Lindemann-Mechanismus Reaktion mit vorgelagertem Gleichgewicht Kettenreaktion Explosion 3. Theorie der Kinetik 3.1. Einfache Stoßtheorie (Herleitung!) [WEDLER: DIE EINFACHE STOßTHEORIE] 3.2. Theorie des aktivieren Komplexes ( Verstanden haben und Schritte nachvollziehen können! Wird im Kolloquium zusammen mit den Betreuern durchgegangen.) [WEDLER: THEORIE DES AKTIVIEREN KOMPLEXES] 3.3. Vergleich von Arrhenius, der einfachen Stoßtheorie und Eyring 4. Homogene Basenkatalyse 4.1. Herleitung der allgemeinen und spezifischen Basenkatalyse! [WEDLER: HOMOGENE KATALYSE] 5. Leitfähigkeit Grundlagen und Zusammenhänge in Bezug auf den Versuch verstanden haben (s. V2-Skript, Uni-Ulm, 2014) [WEDLER: DIE WANDERUNG VON IONEN IM ELEKTRISCHEN FELD UND DIE ELEKTRISCHE LEITFÄHIGKEIT] 6. Versuchsdurchführung und Auswertung 6.1. 6.2. 6.3. 6.4. 6.5. Mechanismus der basenkatalysierten Esterhydrolyse (s. OC-I) Bestimmung der Geschwindigkeitskonstanten (Allgemein und Pseudo-erste Ordnung) Bestimmung von EA, ΔH‡0, ΔS‡0 Versuchsdurchführung Bitte USB-Stick mitbringen! Berechnung der Konzentrationen (Bitte schon vorbereiten und berechnetes Ergebnis mitbringen!) Inhalt In dem Versuch wird die Hydrolyse von Essigsäureethylester (Trivialnamen: Ethylacetat, Essigester) in alkalischer Lösung untersucht. Dabei werden Geschwindigkeitskonstanten k bei verschiedenen Temperaturen, die Aktivierungsenergie EA, die Aktivierungsenthalpie ΔH‡0 und die Aktivierungsentropie ΔS‡0 ermittelt. Über die Grundlagen und Theorien der Reaktionskinetik informieren Sie sich bitte in Lehrbüchern der physikalischen Chemie. Reaktion Die Kinetik der basischen Hydrolyse von Ethylacetat (EA) wird konduktometrisch untersucht. Dies ist wegen den unterschiedlichen elektrolytischen Leitfähigkeiten von OH- und Acetat möglich. Es ist bekannt dass diese Reaktion nach einer Reaktion ähnlich zur SN2-Mechanismus verläuft (siehe Organische Chemie), somit handelt es sich um eine bimolekulare Reaktion und man kann schreiben: Leitfähigkeit von Lösungen (Wedler: Die Wanderung von Ionen im elektrischen Feld und die elektrische Leitfähigkeit) Um die Leitfähigkeit von wässerigen Lösungen zu verstehen, wollen wir im Folgenden einige Überlegungen anstellen: Abbildung 1: Zwei Elektroden in Lösung In einer Elektrolytlösung sind zwei leitende parallele Flächen (die Elektroden) mit einem Abstand l eingetaucht. Durch Anlegen einer Spannung zwischen den Elektroden herrscht zwischen ihnen ein elektrisches Feld der Stärke. Auf geladene Teilchen zwischen den Elektroden (Ionen) wirkt damit eine Kraft mit e der Elementarladung und zi der Ladungszahl der jeweiligen Ionen i. Die durch diese Kraft in Bewegung gesetzten Ionen erfahren eine entgegenwirkende Reibungskraft FR. Wir gehen vereinfacht von kugelförmigen Teilchen aus und können die Reibung nach dem Stokesschen Gesetz beschreiben. Mit vi der Wanderungsgeschwindigkeit, ri dem Radius der Ionen i und η der Viskosität der Lösung. Nach kurzer Zeit stellt sich ein Kräftegleichgewicht ein und wir können schreiben: Damit hängt vi von vielen Parametern ab. Zum einen ist die Wanderungsgeschwindigkeit von der Ladung und dem hydrodynamischen Radius des Ions abhängig, zum anderen von der Viskosität der Lösung (stoffabhängig) sowie von der Temperatur und der Konzentration darin gelöster Stoffe. Um auf die Leitfähigkeit zu kommen, wollen wir uns dem Strom I widmen. Der Strom I ist als Ladung Q pro Zeit t definiert. Der durch den Elektrolyten fließende Strom berechnet sich damit als Summe der negativen und positiven Ladungen die durch eine Fläche A parallel zu den Elektroden in einer Zeit t strömen. In der Zeit t können gerade die Teilchen durch die Fläche treten die maximal um die Strecke t | | von ihr entfernt sind. Wir wollen annehmen unser Elektrolyt besitze nur 2 Ionensorten, eine positiv eine negativ. Mit ν+, bzw. v- den stöchiometrischen Faktoren der Dissoziation des Elektrolyten, c der Konzentration des Elektrolyten. | |, bzw. | | die Wanderungsgeschwindigkeit der Kationen, bzw Anionen und z+, z- der entsprechenden Ladungszahl. F bezeichnet die Faradaykonstante F=NA e. Damit resultiert für den Strom Die Leitfähigkeit κ definiert sich als Kehrwert des spezifischen Widerstandes ρ, der wiederum definiert ist als Damit ergibt sich für κ κ ist damit über I proportional zur Wanderungsgeschwindigkeit v der Ionen. Diese Überlegungen gelten nur solange keine anderen Effekte wie Zersetzung des Elektrolyten, Aufladen der elektrischen Doppelschicht, sowie im eigentlichen Sinne nur für kugelförmige Teilchen, wie sie in der Regel nicht vorliegen. Bestimmung der Geschwindigkeitskonstanten 1. Methode: Pseudo-erste Ordnung Durch die konduktometrische Messung wird in erster Linie die Abnahme der Leitfähigkeit durch den Verbrauch an Hydroxidionen gemessen (die entstehenden Acetat-Anionen sind weniger gut leitfähig). Dieser ist mit der Abnahme an Ethylacetatmolekülen identisch. Wenn [EA] ≫ [OH-] kann man die Konzentration an EA als konstant annehmen Man gelangt damit zu einer Reaktion Pseudo-Erster-Ordnung mit dem zugehörigen Zeitgesetz: 2. Methode: Allgemein Weil die Konzentrationen der beiden Reaktanden in gleicher Weise abnehmen, gilt: - Für t = 0 Für t : [EA] = [EA]0, [ ]=[ ]0 : [EA] = [EA]0 – x, [ ]=[ ]0 - x Daraus folgt für das Zeitgesetz der Reaktion: Durch Integration dieser Gleichung mithilfe einer Partialbruchzerlegung folgt für unterschiedliche Anfangskonzentrationen (s. WEDLER: REAKTIONEN ZWEITER ORDNUNG / MATHEMATISCHER ANHANG H - PARTIALBRUCHZERLEGUNG): Für die Berechnung von „x“ über die im Versuch bestimmten Leitfähigkeiten informieren Sie sich bitte anhand der Zusatzliteratur (R.J. SIME, PHYSICAL CHEMISTRY, EXPERIMENT 26 – HYDROLYSIS OF ETHYL ACETAT). Versuchsdurchführung Benötigte Lösungen: 100 mL 0.2 M wässrige Ethylacetatlösung (Methylacetat = 88.1 g/mol, ρethylacetat = 0.889 g/cm³) aus reinem Ethylacetat 100 mL 0.02 M NaOH Lösung aus 1 M NaOH Berechnen Sie die einzusetzenden Volumina! Experimentelle Schritte: Von jeder Lösung wird je ein Volumen von 40 mL in einen Thermostaten gestellt, um die Lösungen zu temperieren. Nachdem die Lösungen die Temperatur des Bades angenommen haben (ca. 10 min.), wird das Konduktometer in die Natronlauge eingetaucht und κ gemessen, danach wird die Ethylacetat Lösung zugeben. κ(t) wird alle 30s gemessen und notiert. Alternativ kann κ(t) auch automatisch vom Konduktometer aufgezeichnet werden. Die Messungen werden bei mindestens zwei verschiedenen Temperaturen durchgeführt (z.B.: 25°C, 35°C). Abbildung 2: Schematischer Versuchsaufbau Auswertung: 1. Aus den aufgenommen Werten von κ(t) kann die Geschwindigkeitskonstante kn auf zwei verschiedenen Wegen ermittelt werden. Werten Sie beide Möglichkeiten aus und vergleichen Sie die Ergebnisse untereinander. Pseudo-erste Ordnung: Plotten Sie κ(t) gegen t und führen die einen entsprechenden Fit (z.B. mit Origin) der Werte durch. (Bei Fragen zu Origin wenden Sie sich gern an die Betreuer) Allgemein: Tragen Sie gegen die Zeit t auf und bestimmen Sie die Steigung. (vgl. Zusatzliteratur) 2. Berechnen Sie mit Hilfe der Arrhenius Gleichung die Aktivierungsenergie EA Für zwei Tempertaturen ergibt sich der Quotinet: Zur Fehlerrechnung von EA führen Sie eine Größtfehlerabschätzung durch nehmen Sie für ΔT= 0.1 K an und für kn den ermittelten Fehler aus der Auftragung! 3. Berechnen Sie die Aktivierungsenthalpie ΔH‡0 und Aktivierungsentropie ΔS‡0 mit Hilfe der Eyring Theorie: bzw. analog zur Arrhenius-Gleichung kann man so für beide Temperaturen die gesuchten Größen ermitteln. Für alle ermittelten Größen ist eine Fehlerrechnung mit Größtfehlerabschätzung durchzuführen. Vergleichen Sie die ermittelten Werte mit der bekannten Literatur (Zusatzliteratur) Literatur R.J. SIME, Physical Chemistry: Methods, Techniques, and Experiments, Brooks Cole Pub Co, 1990, Kap. 26, S. 609-615 KUHELI DAS, P. SAHOO, M. SAI BABA, N. MURALI, P. SWAMINATHAN, Int. J. Chem. Kin., 2010, 648-656. A. PETEK, M. KRAJNC, Int. J. Chem. Kin., 2011, 692-698.