Krebs der Mundhöhle, des Rachens und des Kehlkopfs Ursachen (HNO-Krebserkrankungen) Symptome Diagnose Behandlung Heilungschancen Eine Information der Krebsliga Krebs der Mundhöhle, des Rachens und des Kehlkopfs Fast 90 Prozent aller HNO-Krebserkrankungen (HNO = Hals-Nasen-Ohren) treten (HNO-Krebserkrankungen) Häufigkeit In der Schweiz erkranken jedes Jahr etwa 1'100 Menschen an einem HNO-Karzinom. an folgenden Körperstellen auf: Mundhöhle (Lippen, Mundboden, bewegliche Zunge, Zahnfleisch, Wangen, harter Gaumen), Das sind 16 Neuerkrankungen pro Jahr auf je 100'000 Einwohner. Von den Betroffenen sind 80 Prozent Männer und nur 20 Prozent Frauen. Zum Zeitpunkt der Diagnose zählt oberer Rachen (Gaumenmandeln, Gaumensegel, Zungengrund), unterer Rachen (Bereich um den Kehlkopf) und Kehlkopf ein Sechstel noch keine 50 Jahre, mehr als die Hälfte sind 50- bis 70jährig und 30 Prozent älter. Gehäuft treten HNO-Karzinome in der Westschweiz, aber auch in Frank- (Stimmbänder). reich, Italien und Spanien auf. (Quelle: Vereinigung Schweizerischer Krebsregister 1983-1987) Krankheitszeichen (Symptome) Weil viele HNO-Karzinome zu Beginn schmerzlos sind und die Symptome einem grippalen Infekt gleichen, werden sie oft nur als harmlose Störung empfunden. Es ist wichtig, die Alarmsignale zu beachten und bei Mundschleimhautgeschwüren (z.B. wunden Stellen, die sich hart anfühlen), Schluck- und Kaubeschwerden, Heiserkeit, Husten, blutigem Auswurf, ins Ohr ausstrahlenden Schmerzen oder einem Knoten am Hals den Arzt aufzusuchen. Ursachen Tumoren zu 80 bis 100 Prozent heilbar Die oberen Atem- und Verdauungswege sind, ist es wichtig, dass alle HNO-Sym- stehen in direktem Kontakt mit zahlreichen ptome, die bei einem über 40jährigen Mann krebsfördernden Substanzen in fester und länger als drei Wochen anhalten, von einem flüssiger Nahrung sowie in Rauch, Dampf HNO-Facharzt gründlich untersucht wer- und eingeatmetem Staub. Höchstwahr- den. Die meisten Krebserkrankungen ent- scheinlich ist die örtliche Einwirkung dieser stehen an der Schleimhautoberfläche und Substanzen auf die Schleimhaut der Grund sind bei eingehender Untersuchung sicht- der Erkrankung. Tabak und Alkohol sind bar. Einige entwickeln sich auf roten oder einzeln, vor allem aber kombiniert, die weissen Flecken (sog. Plaquen, Krebs- beiden Hauptrisikofaktoren: Mehr als 75 vorstufen) in der Mundhöhle und am Kehl- Prozent aller HNO-Karzinome treten im kopf. Da die Patienten zwischen dem Auf- Zusammenhang mit chronischem Alkohol- treten der ersten Symptome und dem er- und Tabakmissbrauch auf. Da die Krankheit sten Arztbesuch durchschnittlich vier aber selten auch bei abstinenten Nicht- bis sechs Monate verstreichen lassen, rauchern vorkommt, liegt die Vermutung muss leider bei mehr als der Hälfte ein nahe, dass noch andere Einflüsse (Ernäh- fortgeschrittenes Stadium mit einem Be- rung, berufliche oder erbliche Faktoren) an fall der Halslymphknoten diagnostiziert der Krebsentstehung beteiligt sind. werden. Fernmetastasen in Lunge oder Leber sind zu diesem Zeitpunkt glück- Vorbeugung und Früherkennung licherweise selten. Eine gesunde Ernährung ohne exzessiven Alkoholkonsum und der Verzicht auf Sicherung der Diagnose Tabakprodukte – ergänzt durch eine gute Bei Tumorverdacht werden zuerst eine Mund- und Zahnhygiene – tragen zu einer vollständige radiologische sowie – in Voll- ganz wesentlichen Senkung des Erkran- narkose – eine endoskopische Unter- kungsrisikos bei. Da frühzeitig entdeckte suchung durchgeführt und Gewebeproben zur mikroskopischen Analyse entnommen. verschiedener Fachgebiete berät die opti- Die Endoskopie (Spiegelung mit speziellen male Behandlung. Der Patient und seine Instrumenten) umfasst eine genaue Familie werden vor der Operation über den Schleimhautuntersuchung der Mundhöhle, Therapieplan, mögliche Alternativen sowie des Rachens, des Kehlkopfes sowie der deren Vor- und Nachteile aufgeklärt. Speiseröhre, der Luftröhre und der Bronchien. Sie erlaubt die Abgrenzung des Die Behandlung erstreckt sich gleichzeitig Tumors, die Suche nach weiteren verdäch- auf den Primärtumor sowie auf die beiden tigen Stellen und deren genaue Inspektion. Lymphabflusswege des Halses. Bei kleineren Tumoren wählt man zwischen Operation Behandlung und Bestrahlung, wobei beide Behand- Die chirurgische Entfernung des Tumors lungsformen qualitativ dieselben Ergebnisse und die Röntgenbestrahlung sind die bei- bringen. Tumoren im fortgeschrittenen den wirksamsten Behandlungsmethoden. Stadium benötigen ein kombiniertes In einigen Fällen wird als Zusatzbehand- Vorgehen: entweder eine Operation mit lung eine Chemotherapie verordnet. Die Nachbestrahlung oder eine Kombination Wahl der Behandlung ist abhängig von der von Bestrahlung und gleichzeitiger Chemo- Lage, Grösse und der lymphatischen Aus- therapie, die bei ausbleibendem Erfolg breitung des Tumors sowie vom Alter und durch eine Operation ergänzt werden kann. der Operationsfähigkeit des Patienten. Die beste Behandlung ist diejenige, die mit Der chirurgische Eingriff zielt darauf ab, grösster Wahrscheinlichkeit eine Heilung den gesamten Tumor mit einem Sicher- verspricht bei bestmöglichen kosmeti- heitsabstand zu entfernen. Wenn immer schen und funktionellen Ergebnissen, möglich, wird ein Teil des betroffenen worunter die Erhaltung der drei Hauptfunk- Organs erhalten (partielle Operation). Oft tionen Atmen, Schlucken und Sprechen bleibt aber nur die Radikaloperation mit verstanden wird. Ein Team aus Ärzten Verlust des Organs. Der Bestrahlung wird eine Zahnuntersuchung vorangestellt mit bei der Krebsliga erhältlich, ebenso die dem Ziel, kranke Zähne zu sanieren und Patientenbroschüre "Kehlkopflos – was Karies durch Fluor vorzubeugen. nun?") Nachsorge und bleibende Folgen Nach einer partiellen Operation der Zunge, Der kehlkopflose Patient atmet durch sein des Rachens oder des Kehlkopfes dauert Tracheostoma (Mündung der Luftröhre in die Nachsorge etwas länger (vorübergehen- der vorderen Halshaut), das einer sorgfäl- der Luftröhrenschnitt, Sondenernährung) tigen Pflege bedarf. Die totale Kehlkopfent- und erfordert eventuell – unter Anleitung von fernung hat den vollständigen Verlust der Fachleuten – eine Umerziehung beim Schluk- normalen Stimme zur Folge, was von den ken und der Stimmbildung, bis diese Funk- Patienten am Anfang als Verstümmelung tionen vollständig wiedererlangt sind. Zwar empfunden wird. Der sprachlichen Wieder- spürt die Mehrzahl der Patienten nur kleine eingliederung kommt deshalb grosse Unannehmlichkeiten, aber einige klagen nach Bedeutung zu. Etwa 70 Prozent der Radikal- der Operation über eine rauhe oder veränderte operierten erlernen unter Anleitung entweder Stimme, Kauschwierigkeiten, Schluckstörun- die Ösophagussprache, wobei Luft in die gen oder eine Bewegungseinschränkung der Speiseröhre geschluckt und kontrolliert Schulter. Nach der Bestrahlungstherapie ausgestossen wird, oder die Bedienung stellt sich eine Schleimhauttrockenheit einer elektronischen Sprechhilfe oder die durch andauernden Speichelmangel ein. Tonerzeugung mit Hilfe einer in die Stomaöffnung eingesetzten Sprechprothese. Nach Abschluss der Behandlung dienen Kontakte mit Kehlkopflosen einer regio- regelmässige Kontrollen dazu, ein Wieder- nalen Selbsthilfegruppe, die der Union auftreten des Tumors oder ein neues Karzi- Schweizerischer Kehlkopflosen-Vereini- nom im HNO-Bereich, an der Speiseröhre gungen angehört, sind von grossem Vor- oder in den Bronchien möglichst frühzeitig teil. (Adressen und Telefonnummern sind zu entdecken. Heilungschancen Heutige Forschungsschwerpunkte Frühzeitig entdeckte Tumoren haben in der Die Forschung unternimmt grosse An- Regel eine gute Prognose. Die Heilungs- strengungen, um die Lebensqualität der chancen hängen aber auch von der Tumor- Patienten zu verbessern, fördert Techniken lokalisation ab: Sie sind relativ günstig bei zur Früherkennung, endoskopische Opera- oberflächlichen Schleimhautkarzinomen, tionsmethoden (Lasertherapie bei kleinen kleinen Stimmbandkarzinomen sowie bei Tumoren), Bestrahlungstechniken und den auf das Kehlkopfinnere beschränkten chemotherapeutische Massnahmen (neue Tumoren und verschlechtern sich, wenn Medikamente, allein oder in Kombination der Tumor bereits benachbarte Gewebs- mit Bestrahlung) sowie eine Vitamin- regionen infiltriert und/oder beidseitig therapie zur Vermeidung des multiplen die Halslymphknoten (Metastasen) be- Karzinoms. fallen hat. Jede siebte erkrankte Person entwickelt im Laufe ihres Lebens noch ein weiteres HNO-Karzinom. Patienten, die ihre exzessiven Rauch- und Trinkgewohnheiten auch nach der Behandlung beibehalten, gehen ein deutlich höheres Risiko ein, an einem multiplen HNO-Karzinom, das an mehreren Orten gleichzeitig auftritt, zu erkranken. Erhöhte Vitaminzufuhr (vor allem Vitamin A) und der Verzicht auf Alkohol- und Tabakkonsum verbessern die Überlebenschancen. 85++ 80-84 75-79 70-74 65-69 60-64 55-59 50-54 45-49 40-44 35-39 30-34 25-29 20-24 15-19 10-14 5-9 0-4 410 Männer 125 100 75 50 25 0 Anzahl Todesfälle nach Altersgruppen Quelle: Bundesamt für Statistik (Todesursachenstatistik) Altersverteilung der Todesfälle in der Schweiz (4-Jahres-Durchschnitt 1990-1993) 101 Frauen 25 50 75 100 125 Jedes Jahr sterben in der Schweiz etwa 500 Menschen an einem Krebs der Mundhöhle, des Rachens oder des Kehlkopfs. Die Krankheit verursacht 5,5% der rund 9'200 männlichen und 1,4% der rund 7'300 weiblichen Krebstodesfälle. Die Grafik zeigt die Altersverteilung der an einem Krebs der Mundhöhle, des Rachens oder des Kehlkopfs Verstorbenen. Autor: Prof. Dr. med. W. Lehmann Redaktion: Hans Krebs Druck: Werner Druck AG Basel Gestaltung: Agnes Weber, Bern Realisation: Elisabeth Rohrer, SKL Copyright: © 1995 Schweiz. Krebsliga SKL 6.95 / 30'000 / 1060 ECL THE ASSOCIATION OF EUROPEAN CANCER LEAGUES MEMBERS OF THE UICC