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Wechselwirkung
ferroelektrischer Domänenwände
mit geladenen und ungeladenen
Defekten
Vom Fachbereich Material- und Geowissenschaften
der Technischen Universität Darmstadt
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktor-Ingenieur
(Dr.-Ing.)
angenommene Dissertation von
Dipl.-Ing. Thomas Utschig
aus Bensheim an der Bergstraße
Referent:
Prof. Dr. Jürgen Rödel
Koreferent:
Prof. Dr. Heinz von Seggern
Tag der Einreichung:
3. Februar 2005
Tag der mündlichen Prüfung:
05. April 2005
Darmstadt 2005
D17
Diese Arbeit wurde im Fachbereich Material- und Geowissenschaften der Technischen Universität Darmstadt, Fachgebiet Nichtmetallisch-Anorganische Werkstoffe
unter der Leitung von Prof. Dr. Jürgen Rödel und unter der Betreuung von Priv.Doz. Dr. Doru Constantin Lupascu in der Zeit von Februar 2002 bis Januar 2005
angefertigt.
Danksagungen
Herrn Prof. Dr. Jürgen Rödel möchte ich für die Ermöglichung dieser Doktorarbeit
sowie für seine Unterstützung Dank sagen.
Ebenfalls danke ich Herrn Priv.-Doz. Dr. Doru Constantin Lupascu für seine außergewöhnliche Betreuung, die nicht zuletzt meine Selbständigkeit förderte.
Ich danke Herrn Prof. Dr. Heinz von Seggern für die Übernahme des Koreferats.
I would like to thank Prof. Dr. Vladimir Ya. Shur and his Ferroelectric Laboratory
team, especially Mr. Ivan S. Baturin, Dr. Eugene I. Shishkin and Dr. Ekaterina V.
Nikolaeva, for the supervision during my research in Ekaterinburg and for providing
excellent single-crystalline samples.
Ich danke Herrn Prof. Dr. Ralf Müller und Herrn David Schrade vom FB Mechanik
für die Finite-Elemente-Modellierungen.
Herrn Jochen Korzer und seinem Werkstatt-Team danke ich für die hervorragenden
Arbeiten. Mein besonderer Dank gebührt Michael Weber, der alles reparieren kann,
was einmal mit Elektrizität funktioniert hatte!
Den Herren Dr. Ulrich Stiefel, Herbert Hebermehl, Emil Aulbach, Thorsten Schlegel
und Dr. Sergio Luis dos Santos e Lucato (University of California at Santa Barbara)
danke ich für die technische Unterstützung.
Allen Mitgliedern der Arbeitsgruppe Nichtmetallisch-Anorganische Werkstoffe danke ich für das angenehme Arbeitsklima und die gute Zusammenarbeit.
I would like to thank Prof. Dr. T. Pradeep for his encouragement to do research, for
the interesting discussions not only about science and the good time I had in the
Department of Chemistry and RSIC at IIT Madras.
Ich danke der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die finanzielle Förderung dieser Arbeit.
Meiner Schwester Jeanette, meinen Eltern Ulrike und Frank sowie meiner Frau Dr.
Elena Groznaya danke ich für ihre Liebe, Geduld und unermüdliche Unterstützung.
Schließlich danke ich allen, die meine Doktorarbeit gefördert oder mich sonst dabei
unterstützt haben und hier nicht namentlich erwähnt wurden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1
2 Werkstoffe
5
2.1
Ferroelektrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
2.1.1
Dielektrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
2.1.2
Piezoelektrizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
2.1.3
Pyroelektrizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
2.1.4
Ferroelektrizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
2.1.5
Kopplung thermischer, elektrischer und mechanischer Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
2.1.6
Phasenübergänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.1.7
Ferroelektrische Domänen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.2
Defekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.3
Alterung, Entalterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
2.4
Gadolinium-Molybdat (GMO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.5
2.4.1
Kristallstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.4.2
Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Stöchiometrisches Lithium-Niobat (SLN) . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.5.1
Kristallstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.5.2
Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
3 Experimentelle Methoden
3.1
27
Probenpräparation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
3.1.1
Gadolinium-Molybdat (GMO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
3.1.2
Stöchiometrisches Lithium-Niobat (SLN) . . . . . . . . . . . . 27
3.2
Kristallwachstumsdefekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
3.3
Nachträglich erzeugte Defekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3.3.1
Elektrodendefekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3.3.2
Mechanische Defekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
v
vi
INHALTSVERZEICHNIS
3.3.3
Aufbringen feldreduzierender Defekte . . . . . . . . . . . . . . 35
3.4
Polarisationsmikroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
3.5
Akustische Emission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
3.6
Ferroelektrische Barkhausen-Pulse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
3.7
Elektrische Belastungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
3.7.1
Entalterung fast perfekter GMO-Einkristalle . . . . . . . . . . 40
3.7.2
Entalterung und Alterung von GMO-Einkristallen . . . . . . . 41
3.7.3
Mechanische Defekte in GMO-Einkristallen . . . . . . . . . . . 42
3.7.4
Elektrodendefekte in GMO-Einkristallen . . . . . . . . . . . . 42
3.7.5
Umpolen von SLN-Einkristallen . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
4 Ergebnisse und Diskussion
45
4.1
Betrachtungen zu Alterung und Entalterung . . . . . . . . . . . . . . 45
4.2
Gadolinium-Molybdat (GMO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
4.3
4.2.1
Entalterung fast perfekter GMO-Einkristalle . . . . . . . . . . 48
4.2.2
Entalterung von GMO mit Kristallwachstumsdefekten
4.2.3
Alterung von GMO mit Kristallwachstumsdefekten . . . . . . 55
4.2.4
Wechselwirkung mit eingewachsenen Kristalldefekten in GMO
4.2.5
GMO-Einkristalle mit nachträglich eingebrachten Defekten . . 63
4.2.6
Finite-Elemente-Modellierung von GMO-Einkristallen . . . . . 77
4.2.7
Orthogonales Domänensystem in GMO . . . . . . . . . . . . . 83
. . . . 54
59
Stöchiometrisches Lithium-Niobat (SLN) . . . . . . . . . . . . . . . . 86
4.3.1
Umpolen von SLN-Einkristallen . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
4.3.2
Entalterung von SLN-Einkristallen . . . . . . . . . . . . . . . 92
5 Zusammenfassung
95
Literaturverzeichnis
97
Verwendete Abkürzungen und Symbole
105
Kapitel 1
Einleitung
Ferroelektrika finden heute in vielen Bereichen der Technik Anwendung. Den größten
Marktanteil haben dabei bei weitem piezoelektrische Anwendungen, die den direkten oder inversen (reziproken) Piezoeffekt ausnutzen (mechanisch-elektrische oder
elektro-mechanische Energieumsetzung). Hierbei handelt es sich um Massenanwendungen, bei denen der Preis eine entscheidende Rolle spielt. Die am häufigsten eingesetzten Materialsysteme sind daher gepolte Keramiken auf Basis von Blei-ZirkonatTitanat (PZT) [1].
Damit lassen sich vor allem im Automobilbau Sensoren verwirklichen, z.B. Beschleunigungssensoren, die mit einer seismischen Masse vor einem Piezoelement das
Klopfen im Motor verhindern oder den Airbag zünden, Reifendrucksensoren oder
Ultraschallaktoren und -sensoren in Stoßfängern, die über die Laufzeit eines Ultraschallpulses beim Parken den Abstand zu Hindernissen anzeigen. Aktoren werden
z.B. auch in Kraftstoffeinspritzsystemen von Verbrennungsmotoren, als Positionierelemente mit Nanometerauflösung u.a. für atomar auflösende Tastmikroskope, als
Ultraschallelemente für Reinigungsbäder und Sonare (Echolote) oder als Motoren
und Pumpen verwendet.
Aktive Systeme beinhalten Sensoren, Regler und Aktoren, um Schwingungen
und Vibrationen zu dämpfen und werden z.B. im ICE oder in Autodächern zur
Schallunterdrückung eingesetzt. In adaptiven Systemen mit Anwendungen in der
Luft- und Raumfahrt sind Sensor und Aktor in der Struktur integriert [2].
Ferroelektrische Materialien sind auch aufgrund ihrer optischen Eigenschaften
einsetzbar: als sogenannte Page-Composer, in einkristalliner Form als holographische Speicher oder in der integrierten Optik als Schalter, Modulatoren oder optische
Verstärker (v.a. Lithium-Niobat (LN, LiNbO3 ), Ammonium-Dihydrogen-Phosphat
(ADP, NH4 H2 PO4 ), Kalium-Dihydrogen-Phosphat (KDP, KH2 PO4 ), Blei-LanthanZirkonat-Titanat (PLZT, Pb1−x Lax (Zr1−y Tiy )O3 ) [3, 4, 5]. Ein weiteres großes An1
2
KAPITEL 1. EINLEITUNG
wendungsfeld sind frequenzselektive Filter und Resonatoren in der Kommunikationsund Nachrichtentechnik. Durch Ausnutzung orientierungsabhängiger Schallgeschwindigkeitsunterschiede können solche Bauteile durch Variation der Domänenbreite innerhalb einer gewissen Bandbreite auf eine gewünschte Frequenz abgestimmt werden
[6].
Die in der Anwendung auftretenden Probleme bestehen zuerst im Bauteildesign, da sowohl einkristalline als auch keramische ferroelektrische Werkstoffe in
der Regel spröde sind und deshalb das Auftreten von Zugspannungen unbedingt zu
vermeiden ist. Weiterhin tritt vor allem bei zyklischer Belastung Degradation des
Materials auf, die durch verschiedene Szenarien hervorgerufen wird [7].
Eine häufige Bauform ist der Multilagenaktor mit einer kammartigen Elektrodenstruktur, die meist aus einer wenige µm dicken polykristallinen Silber-PalladiumSchicht besteht. Solche Aktoren besitzen bis zu mehrere hundert PZT-Lagen einer
Lagendicke von 20 - 50 µm, um eine ausreichend hohe elektrische Feldstärke bei
moderaten angelegten elektrischen Spannungen zu erreichen. Problematisch sind die
Bereiche am Ende einer jeden Elektrodenlage, weil hier im Betrieb feldfreies PZTMaterial an solches mit angelegtem Feld grenzt, wodurch mechanische Spannungen
auftreten, die zur Rissinitiierung führen [8, 9, 10].
Die meisten technisch relevanten Systeme werden in keramischer Form eingesetzt. Hierbei liegt ein polykristalliner Werkstoff mit zufällig orientierten Körnern
und demzufolge uneinheitlichen mechanischen und elektrischen Randbedingungen,
das einzelne Korn betreffend vor. Die Körner selbst weisen wiederum eine Unterstruktur mit Bereichen unterschiedlicher spontaner Polarisation auf, sogenannten
Domänen. Diese sind aufgrund der Kristallstruktur in festen Winkeln zueinander
orientiert.
Als (ferroelektrische) Domänenwände (DW) werden die Bereiche zwischen den Domänen bezeichnet. Man unterscheidet vor allem 90◦ - und 180◦ -Domänenwände, es
gibt auch andere DW-Typen, z.B. wenn die benachbarten Domänen Tetraederwinkel
(109◦ 28’) einschließen; diese treten aber seltener auf. In vielen Systemen wie PZT
und BaTiO3 treten mehrere DW-Typen auf.
Allein 180◦ -Domänenwände können rein ferroelektrischer Natur sein. Die daraus folgende Besonderheit dieses Wandtyps ist, daß hier keine Gitterverzerrungen und damit mechanische Verspannungen der Gitter in der Wand auftreten. Dadurch können
180◦ -Domänenwände sehr dünn sein (< 10 nm) [11]. Alle anderen Domänenwandtypen sind mit einer Gitterfehlpassung verbunden. Die daraus resultierenden mechanischen Spannungen werden über eine größere Anzahl von Elementarzellen abgebaut.
3
Demzufolge sind diese Domänenwände deutlich dicker als 180◦ -Domänenwände.
Defekte können sowohl mechanisch als auch elektrisch als Feldinhomogenität
mit einer Domänenwand wechselwirken. Das Umpolen der spontanen Polarisation
eines im einfachsten Fall eindomänigen Zustands beginnt mit der Nukleation einer
Domäne anderer Orientierung. Das Wachstum dieser neuen Domäne geschieht durch
die Bewegung der Domänenwände weg von ihrem Zentrum. Dabei ist insbesondere
unklar, welche Wechselwirkungsmechanismen sich zwischen Domänenwänden und
verschiedenen Defekten ergeben. Diskontinuierliche Prozesse in Ferroelektrika wurden schon früh erkannt, doch ist eine Analyse der zugrundeliegenden mikroskopischen Mechanismen bisher nur unzureichend erfolgt.
In dieser Arbeit werden die Wechselwirkungen von ferroelektrischen Domänenwänden mit mechanischen und elektrischen Defekten untersucht. Dazu wurden möglichst einfache Materialsysteme ausgewählt. Beide untersuchten Werkstoffe,
Gadolinium-Molybdat (GMO) und Lithium-Niobat (LN), besitzen aufgrund ihrer
Kristallstruktur nur 180◦ -Domänenwände. GMO ist ein besonders gut geeignetes
Modellsystem, in dem zweidomänige Zustände mit nur einer einzigen Domänenwand relativ leicht erzeugt werden können. Damit läßt sich die Wechselwirkung mit
einem Defekt besonders gut untersuchen, weil zum einen keine Wechselwirkungen
von Domänenwänden untereinander berücksichtigt werden müssen, zum anderen die
Domänenwandbewegung eindimensional verläuft.
Die Wechselwirkungen mit verschiedenartigen Defekten wurden mit akustischen
Emissions-Messungen und Messungen der Schaltströme (ferroelektrische BarkhausenPulse bei diskontinuierlicher DW-Bewegung) charakterisiert. Ergänzt wurden diese Messungen durch polarisationsmikroskopische Beobachtungen, bzw. digitale Videoaufzeichnungen.
Kapitel 2
Werkstoffe
Für die Untersuchungen im Rahmen dieser Arbeit wurden Werkstoffe in einkristalliner Form ausgewählt, die nur zwei Orientierungszustände der spontanen Polarisation
erlauben. Dadurch treten nur 180◦ -Domänenwände auf, die in sich selbst elektrisch
neutral sind. In diesen Systemen können die Wechselwirkungsmechanismen mit Defekten überschaubar bleiben. Zum Beispiel kann es in solch einachsigen Werkstoffen
nicht zum intrinsischen Klemmen der Domänenstruktur kommen, wie es für polyaxiale Ferroelektrika, z.B. KNbO3 bekannt ist [12].
2.1
Ferroelektrika
2.1.1
Dielektrika
Wirkt auf einen elektrisch nichtleitenden Körper (Dielektrikum) ein elektrisches Feld
ein, so verschieben sich die in dem Körper enthaltenen elektrischen Ladungen – er
wird polarisiert. Die Polarisation P (Cm−2 ) eines isotropen Körpers erhält man unter
der Einwirkung einer elektrischen Feldstärke E (Vm−1 ) durch:
~ , bzw. Pi = ε0 χij Ej .
P~ = ε0 χE
(2.1)
Dabei gilt die Einsteinsche Summenkonvention, d.h. Summation über mehrfach auftretende Indizes ist impliziert. Der Tensor der dielektrischen Suszeptibilität χij ist
symmetrisch (χij = χji ) und hat im allgemeinen sechs unabhängige Komponenten.
Vorhandene Symmetrien des Materials können die Anzahl der unabhängigen Komponenten reduzieren. Die dielektrische Suszeptibilität stellt eine Materialeigenschaft
des Dielektrikums dar. Auch die absolute Dielektrizitätskonstante oder Permittivität εij = ε0 εrij ist wie die relative dielektrische Permittivität εrij (auch dielektrische
Konstante genannt) eine Materialeigenschaft und hängt mit der Suszeptibilität im
5
6
KAPITEL 2. WERKSTOFFE
isotropen Fall wie folgt zusammen:
χ = εr − 1 = ε/ε0 − 1 ,
(2.2)
bzw. im anisotropen Fall
χij = εrij − δij = εij /ε0 − δij .
(2.3)
Beide Tensoren stellen die Beziehung zwischen dem Vektor der elektrischen Feldstärke Ei und der dielektrischen Verschiebung Di (Cm−2 ) dar:
Di = εij Ej = ε0 εrij Ej = ε0 Ei + Piind
(2.4)
Dabei kann sich die induzierte Polarisation Piind je nach Material aus verschiedenen
Beiträgen zusammensetzen: Zum einen ist die elektronische Polarisation zu nennen, d.h. die Verschiebung der Elektronenhüllen gegen die Atomrümpfe, ferner die
ionische Polarisation, bei der Ionen entsprechend ihrer Ladungen in verschiedene
Richtungen verschoben werden. Weitere Effekte sind die Orientierungspolarisation,
bei der dipolare Strukturelemente umorientiert werden und schließlich die Raumladungspolarisation, die durch Migration von beweglichen Ladungsträgern z.B. zu
Korngrenzen hervorgerufen wird. Die charakteristischen Resonanzfrequenzen für die
einzelnen Effekte sind entsprechend verschieden. Die Resonanzfrequenz der elektronischen Polarisation liegt bei 1015 Hz und damit im ultravioletten optischen Bereich.
Ionische Polarisationsresonanzen bei 1013 - 1012 Hz liegen bereits im infraroten optischen Bereich. Dipolare Polarisationsresonanzen treten zwischen 1012 und 104 Hz
auf. Die Resonanzen von Raumladungspolarisationen liegen je nach Ladungsträgertyp z.T. deutlich unter 10 - 10−3 Hz.
Elektrostriktion
Das Anlegen eines elektrischen Feldes führt auch zum Auftreten einer Dehnung,
die quadratisch zur Stärke des elektrischen Feldes verläuft und somit unabhängig
von der Polarität des Feldes ist. Sie wird Elektrostriktion genannt und tritt in allen
Stoffen unabhängig von Aggregatzustand oder Kristallinität auf. Sie ist in der Regel
um mindestens eine Größenordnung kleiner als der piezoelektrische Effekt, außer bei
Ferroelektrika in der paraelektrischen Phase, wo die Elektrostriktion in die Größenordnung piezoelektrischer Dehnungen kommen kann (ungefähr 2 · 10−3 ). Technisch
nutzbar wurde die Elektrostriktion erst als es gelang, die Curietemperatur von PZT
durch Zugabe von mindestens 9% Lanthan (PLZT) unterhalb die Raumtemperatur
zu verschieben [13]. In sogenannten Relaxoren, zu denen auch die verschiedenen festen PLZT-Lösungen gehören, kann dieser feldinduzierte Piezoeffekt sehr groß sein
[11].
2.1.2. Piezoelektrizität
2.1.2
7
Piezoelektrizität
Piezoelektrische Materialien können auch durch das Anlegen mechanischer Spannung Xjk (Nm−2 ) eine Polarisationsänderung erfahren (direkter Piezoeffekt):
Pi = dijk Xjk .
(2.5)
Der reziproke piezoelektrische Effekt beschreibt die bei Einwirkung eines elektrischen
Feldes auftretende Dehnung:
xij = dkij Ek
(2.6)
Die beiden Effekte sind einander äquivalent, wie weiter unten in der Abhandlung der
thermodynamischen Theorie gezeigt wird. dijk in Einheiten (C N−1 ) ist ein Tensor
3. Stufe der piezoelektrischen Koeffizienten. Aus der Symmetrie des Spannungstensors Xjk = Xkj folgt für den Tensor der piezoelektrischen Koeffizienten die innere
Symmetrie dijk = dikj und damit, daß von den 27 Koeffizienten nur 18 voneinander
unabhängig sein können. Auch diese Zahl kann sich durch vorhandene Materialsymmetrien verringern.
Da in Kristallklassen mit Inversionszentrum sämtliche Komponenten eines Tensors
3. Stufe verschwinden, tritt in den 11 zentrosymmetrischen Kristallklassen sowie der
Kristallklasse 432 der (lineare) piezoelektrische Effekt nicht auf, so daß er nur in 20
Kristallklassen existiert.
Der piezoelektrische Effekt wurde 1880 von Pierre und Jacques Curie an Seignettesalzkristallen (NaKC4 H4 O6 · 4H2 O – Natrium-Kalium-Tartrat-Tetrahydrat, auch Rochelle-Salz genannt; benannt nach Pierre de la Seignette, einem Apotheker aus La
Rochelle) entdeckt.
2.1.3
Pyroelektrizität
Aus der Proportionalität von P und E folgt, daß die induzierte Polarisation bei Wegnahme des Feldes wieder verschwindet. Es gibt jedoch Kristalle, die aufgrund ihrer
Symmetrie eine spontane Polarisation besitzen, d.h. eine Polarisation tritt auf, ohne
daß ein elektrisches Feld auf sie einwirkt. Eine makroskopische spontane Polarisation ist nur in solchen Strukturen möglich, die durch eine singuläre polare Richtung
ausgezeichnet sind. Kristalle mit mehreren polaren Achsen können wohl piezoelektrische Eigenschaften zeigen, müssen jedoch keine spontane Polarisation besitzen.
Bedingung für das Auftreten einer spontanen Polarisation ist, daß die Kristallklasse
eine Untergruppe der Curie-Gruppe (kontinuierliche Punktgruppe) ∞m ist. Damit entfallen alle inversionssymmetrischen Kristallklassen, alle kubischen, aber auch
8
KAPITEL 2. WERKSTOFFE
Klassen wie 222 oder 4 etc. Übrig bleiben die zehn polaren oder ’pyroelektrischen’
Kristallklassen 1, m, 2, mm2, 3, 3m, 4, 4mm, 6 sowie 6mm.
Die durch die spontane Polarisation vorhandenen Ladungen an den polaren Enden eines solchen Kristalls werden jedoch durch adsorbierte geladene freie Teilchen
oder durch freie innere Ladungsträger aufgrund der endlichen Isolation kompensiert,
so daß sie nicht ohne weiteres feststellbar sind. Bei einer Temperaturänderung ändert
sich jedoch der Wert der spontanen Polarisation (∆Pi = pi ∆T ) und diese zusätzliche Ladungsverschiebung kann als pyroelektrischer Effekt nachgewiesen werden. Der
Effekt wurde 314 v.Chr. durch Teophrast am Tourmalin (Kristallklasse 3m) entdeckt
und 1756 durch Aepinus am gleichen Material genauer untersucht [14].
Das Materialgesetz (2.4) für einen solchen Werkstoff enthält einen zusätzlichen Term
für die spontane Polarisation:
Di = εij Ej + Pis = ε0 εrij Ej + Pis = ε0 E + Piind + Pis .
(2.7)
Keramische Materialien mit zufälliger Kornorientierung sind isotrop (∞∞m), was
eine Punktsymmetrie beinhaltet und zeigen erst nach Ausrichten der einzelnen Polarisationen der Körner durch ein starkes externes elektrisches Feld (oft bei erhöhten
Temperaturen) in Richtung dieses Feldes eine makroskopische spontane Polarisation
sowie piezoelektrische Eigenschaften. Dieser Vorgang wird Polung genannt. Durch
das Polen wird die Symmetrie von der einer Kugel zu der eines Kegels erniedrigt
(∞m), und eine gepolte Keramik zeigt sowohl piezo- als auch pyroelektrische Eigenschaften.
2.1.4
Ferroelektrizität
Als ferroelektrisch (oder im russischen Sprachraum seignetteelektrisch) werden solche Kristalle bezeichnet, die eine singuläre polare Achse besitzen (die also pyroelektrische Eigenschaften aufweisen) und deren spontane Polarisation durch Anlegen
eines äußeren elektrischen Feldes, analog zur Umkehr der Magnetisierung ferromagnetischer Kristalle durch ein äußeres Magnetfeld, umgekehrt werden kann. Eine
typische ferroelektrische Hysterese ist in Abbildung 2.6 auf Seite 21 gezeigt. Viele
Begriffe sind analog zur Terminologie magnetischer Werkstoffe, wie der Phasenübergang aus der höhersymmetrischen paraelektrischen in die ferroelektrische Phase bei
der Curie-Temperatur Tc . Auch die bei abrupten Polarisationssprüngen auftretenden Spitzen im zeitlichen Schaltstrom werden (ferroelektrische) Barkhausen-Pulse
(BHP) genannt. Der erste, der auf die Analogie der dielektrischen Eigenschaften des
Seignettesalzes zu den magnetischen der Ferromagnetika aufmerksam machte, war
2.1.5. Kopplung thermischer, elektrischer und mechanischer Eigenschaften
9
Valasek 1921. Er kann somit als Entdecker der Ferroelektrizität bezeichnet werden
[14].
In den meisten Ferroelektrika wird die Temperaturabhängigkeit der dielektrischen Konstante oberhalb der Curie-Temperatur (also in der paraelektrischen Phase)
durch das Curie-Weiss’sche Gesetz hinreichend genau beschrieben:
ε = ε0 +
C
für T > T0
T − T0
(2.8)
C ist hier die Curie-Weiss-Konstante, T0 die Curie-Weiss-Temperatur, für die gilt:
Ordnung des Phasenübergangs
Curie-Weiss-Temperatur
erste
T0 < Tc
zweite
T0 = Tc
Dabei kann ε0 meist vernachlässigt werden, da es viel kleiner ist als der zweite Term
in Gleichung 2.8, wenn T in der Nähe von T0 liegt.
Der Ordnungsgrad n eines Phasenübergangs ist durch die Diskontinuität der
n-ten partiellen Ableitung der Gibbs’schen freien Energie des Ferroelektrikums an
der Curie-Temperatur gegeben. Demnach ändern sich Dehnung und spontane Polarisation bei einem Phasenübergang zweiter Ordnung kontinuierlich, wogegen bei
einem Phasenübergang erster Ordnung jeweils ein Sprung im Temperaturverlauf
beider Größen auftritt (siehe Gleichung 2.12).
2.1.5
Kopplung thermischer, elektrischer und mechanischer
Eigenschaften
Nach dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik setzt sich eine infinitesimale Änderung der inneren Energie U (pro Einheitsvolumen) aus einer Änderung der Wärme
dQ und der Arbeit dW (mechanische und elektrische) zusammen: dU = dQ + dW
Unter der Annahme, daß die Änderung reversibel ist, setzt der zweite Hauptsatz
die Wärme Q mit der absoluten Temperatur T und der Entropie S in Verbindung
(dQ = T dS), so daß:
dU = T dS + Xij dxij + Ei dDi
(2.9)
Aus den drei konjugierten Paaren von Variablen (T, S), (Xjk , xjk ), (Ei , Di ) lassen
sich acht mögliche Kombinationen unabhängiger Variablen und demzufolge acht
thermodynamische Potentiale formulieren. In den meisten Fällen wird experimentell
unter isothermen Bedingungen gearbeitet, mit elektrischem Feld und mechanischer
10
KAPITEL 2. WERKSTOFFE
Spannung als unabhängige Variablen. Daher ist es nützlich, die unabhängigen Variablen von (S, xij , Di ) nach (T, Xij , Ei ) zu transformieren. Das geschieht durch eine
Legendre-Transformation von dU durch Hinzufügen des Terms −T S − Xij xij − Ei Di
zu U . Damit ergibt sich die Gibbs’sche freie Energie:
G = U − T S − Xij xij − Ei Di
(2.10)
und mit Gleichung 2.9 in differentieller Form:
dG = −S dT − xij dXij − Di dEi
Aus Gleichung 2.11 folgt:
∂G
S=−
∂T X, E
xij = −
(2.11)
∂G
∂Xij
Di = −
T, E
∂G
∂Ei
,
(2.12)
T, X
wobei die tiefgestellten Variablen konstant gehalten werden. Diese drei Gleichungen
repräsentieren die kalorimetrische, die elastische und die dielektrische Zustandsgleichung. Die totalen Differentiale von S, X und D lauten:
∂S
∂S
∂S
dS =
dT +
dEi
dXij
+
∂T X, E
∂Xij T, E
∂Ei T, X
Cp / T
dxij =
∂xij
∂T
Piezokalorischer Effekt
dT
Thermische Ausdehnung
dDi =
∂Di
∂T
+
X, E
dT
Pyroelektrischer Effekt
+
∂Di
∂Xjk
Elektrokalorischer Effekt
dXkl
+
T, E
Elast. Nachgiebigkeit
X, E
∂xij
∂Xkl
∂xij
∂Ek
dXjk
Direkter Piezoeffekt
dEk
(2.14)
T, X
Reziproker Piezoeffekt
T, E
(2.13)
+
∂Di
∂Ej
dEj
(2.15)
T, X
Dielektr. Permittivität
Da es keine Rolle spielt, in welcher Reihenfolge in gemischten partiellen Ableitungen
differenziert wird, folgt z.B. aus den Gleichungen 2.12 und 2.14:
∂xij
−∂ 2 G
−∂ 2 G
∂Dk
T, X
T, E
dkij =
=
=
=
= dkij
∂Ek T, X
∂Ek ∂Xij
∂Xij ∂Ek
∂Xij T, E
Reziproker Piezoeffekt
(2.16)
Direkter Piezoeffekt
Gleichung 2.16 zeigt die Äquivalenz des direkten und reziproken Piezoeffekts. In
vergleichbarer Weise kann gezeigt werden, daß der elektrokalorische Effekt dem pyroelektrischen thermodynamisch äquivalent ist, etc. Diese Übereinstimmungen folgen
aus der Tatsache, daß die thermodynamischen Variablen nicht voneinander unabhängig sind. Für jedes der acht thermodynamischen Potentiale lassen sich je 27
Maxwell-Relationen wie Gleichung 2.16 aufstellen. Jede der partiellen Ableitungen
2.1.6. Phasenübergänge
11
(Koeffizienten) in den Gleichungen 2.13 - 2.15 kennzeichnet einen physikalischen
Effekt, wie in den Gleichungen 2.13 - 2.15 angegeben [15]. Nicht für alle thermodynamischen Potentiale sind alle Koeffizienten benannt. Für jede Potentialgleichung
läßt sich eine 10x10 Matrix der Koeffizienten aufstellen, wobei aufgrund der MaxwellRelationen nur 55 der 100 Elemente voneinander unabhängig sind.
Die Gleichungen 2.13 - 2.15 beinhalten nur lineare Effekte. Im Falle großer
elektrischer Felder oder stark nichtlinearer Materialien wie es für ferroelektrische
Materialien gegeben ist, müssen Terme höherer Ordnung hinzugefügt werden. Dazu
wird die Annahme gemacht, daß die relevanten Zustandsgleichungen als Abweichungen von der Prototyp-Phase (paraelektrische Phase) durch Polynome ausgedrückt
werden und die gleichen Polynome oberhalb und unterhalb des Phasenübergangs
gelten [16]. Polynomiale Ausdrücke für thermodynamische Potentiale wurden von
Landau eingeführt. Landau, Ginzburg und Devonshire entwickelten eine phänomenologische Theorie, der es gelingt, viele wichtige Eigenschaften von Ferroelektrika
zu beschreiben, ohne auf den mikroskopischen Ursprung der Ferroelektrizität einzugehen.
Den größten Fortschritt bei der Beschreibung ferroelektrischer Phasenübergänge lieferte das aus der theoretischen Festkörperphysik stammende Konzept der
weichen Schwingungsmode (engl. ’soft mode’), das nach gitterdynamischen Berechnungen von Cochran und Anderson Ende der 1950er entwickelt wurde. Das Potential
für eine solche Schwingungsmode erhält durch anharmonische Beiträge mit Annäherung an die Curie-Temperatur eine solche Form, daß die Frequenz der betreffenden
Mode gegen Null geht und die Schwingung bei Tc gewissermaßen in einer polaren
Position erstarrt.
2.1.6
Phasenübergänge
Das geeignetste Potential zum Entwickeln einer polynomialen Zustandsgleichung ist
die elastische Gibbs’sche Energie dG1 = −S dT − xij dXij + Ei dDi , da diese im Gegensatz zur Gibbs’schen freien Energie (siehe Gleichung 2.11) mit dDi eine extensive
Größe in differenzieller Form enthält. Die dielektrische Verschiebung ist als Meßgröße relativ leicht zugänglich. Die einfachste Situation für die Potenzreihenentwicklung
läßt sich unter folgenden Annahmen realisieren:
- D1 = D, d.h. Feld und Polarisation verlaufen parallel
-
alle mechanischen Spannungen sind gleich Null
-
die nicht-polare Phase ist zentrosymmetrisch
12
KAPITEL 2. WERKSTOFFE
Daraus läßt sich von der nicht-polaren Phase ausgehend G1 sehr einfach in polynomialer Form ausdrücken:
G1 = (α/2)D2 + (β/4)D4 + (γ/6)D6 + . . .
(2.17)
E=
∂G1
= αD + βD3 + γD5 + . . .
∂D
(2.18)
ε−1 =
∂E
= α + 3βD2 + 5γD4 + . . .
∂D
(2.19)
Unter der Annahme, daß β und γ temperaturunabhängig sind, lassen sich Phasenübergänge erster und zweiter Ordnung beschreiben. Da γ aus Stabilitätsgründen
(für D → ∞) positiv sein muß, hängt der Ordnungsgrad des Phasenübergangs vom
Vorzeichen von β ab.
Phasenübergänge zweiter Ordnung
Der Fall β > 0 ist in Abbildung 2.1 gezeigt. Für α > 0 (T > Tc ) ist nur ein Minimum
bei D = 0 vorhanden, für α < 0 (T < Tc ) hat die Kurve der freien Energie ein Doppelminimum bei von Null verschiedenen Werten der dielektrischen Verschiebung.
Der Verlauf der freien Energie für α = 0 ist eine sehr flache Kurve, was bedeutet,
daß schon eine sehr kleine Änderung des elektrischen Feldes eine sehr große dielektrische Verschiebung bzw. Polarisation hervorruft. Dies ist die phänomenologische
Erklärung für die beobachteten sehr großen Werte der dielektrischen Konstanten am
Phasenübergang. Es ist offensichtlich, daß Ps beim Nulldurchgang von α einen kontinuierlichen Phasenübergang (zweiter Ordnung) durchläuft (siehe Abb. 2.1, Mitte).
-1
s
a > 0
G
e
P
1
Die Annahme, daß α in der Nähe der Curie-Temperatur eine lineare Funktion der
a < 0
0
0
D
T
c
T
T
c
T
Abbildung 2.1: Qualitative Temperaturabhängigkeit von G1 gegen D, Ps und ε−1
für Phasenübergänge zweiter Ordnung.
2.1.6. Phasenübergänge
13
Temperatur ist, geht auf Devonshire zurück:
α = χ0 (T − Tc ) = 1/ε X, T >Tc
(2.20)
Mit Gleichung 2.18 für D = Ps sowie Ps → 0 folgt für T < Tc :
Ps2 = χ0 (Tc − T )/β
(2.21)
und mit Gleichung 2.19 1/ε X, T = χ0 (T − Tc ) + 3βPs2 .
(2.22)
Einsetzen von Gleichung 2.21 in Gleichung 2.22 ergibt :
1/ε X, T < Tc = 2 χ0 (Tc − T ) .
(2.23)
Die Steigung der reziproken Permittivität unterhalb Tc ist doppelt so groß wie oberhalb des Phasenübergangs (vergleiche Gleichung 2.20 mit Gleichung 2.23), wie auch
in Abbildung 2.1 rechts gezeigt.
Phasenübergänge erster Ordnung
Ausgangspunkt ist auch hier die Devonshire-Annahme in Curie-Weiss-Form
α = χ0 (T − T0 ) ,
(2.24)
nur daß hier T0 Curie-Weiss-Temperatur genannt wird und von Tc verschieden ist.
Da hier β < 0 ist, wird β durch −β 0 ersetzt, und man erhält
G1 = (α/2)D2 − (β 0 /4)D4 + (γ/6)D6 + . . .
(2.25)
und mit Gleichung 2.24
∂G1
= χ0 (T − T0 )D − β 0 D3 + γD5 + . . .
(2.26)
E=
∂D
Der qualitative Verlauf ist in Abbildung 2.2 dargestellt. Ein Phasenübergang erster
Ordnung tritt auf, wenn G1 und dessen erste Ableitung bezüglich D beide für einen
von Null verschiedenen Wert von D gleich Null sind. Das ist zutreffend, wenn
(χ0 /2)(T − T0 ) − (β 0 /4)Ps2 + (γ/6)Ps4 = 0
(2.27)
χ0 (T − T0 ) − β 0 Ps2 + γPs4 = 0
(2.28)
und
beide zugleich erfüllt sind. Die Lösung lautet:
T = Tc = T0 + (3/16) β 02 (χ0 γ)−1 .
(2.29)
Oberhalb Tc gilt einfach die Devonshire-Annahme 1/χX,T = χ0 (T − T0 ). Die Dielektrizitätskonstante ist nun endlich, aber dennoch unstetig. Unterhalb Tc trägt die
spontane Polarisation zur Permittivität bei, und der Sprung der Dielektrizitätskonstanten ist gekennzeichnet durch [17]:
εTc+
= 4.
εTc−
(2.30)
14
KAPITEL 2. WERKSTOFFE
Das Verhältnis der Steigung von 1/ε direkt unterhalb zu der direkt oberhalb von Tc
T > T
s
G
P
e
1
c
-1
ist −8 [16], wie in Abbildung 2.2 rechts skizziert. Da Phasenübergänge erster Ord-
T = T
0
T < T
c
c
0
T
D
c
T
T
0
T
c
T
Abbildung 2.2: Qualitative Temperaturabhängigkeit von G1 gegen D, Ps und ε−1
für Phasenübergänge erster Ordnung.
nung keine Singularität in einem thermodynamischen Potential widerspiegeln, kann
die Tieftemperaturphase oberhalb von Tc als metastabile Phase existieren, ebenso
wie die Hochtemperaturphase unterhalb von Tc metastabil vorliegen kann. Diese
Fälle sind in Abb. 2.2 links als lokale, energetisch höhere Minima als das absolute
Minimum skizziert. Dies führt häufig zu thermischen Hysteresen beim Durchlaufen
des Phasenübergangs.
Die diskontinuierliche Änderung der Polarisation verursacht eine Diskontinuität der Entropie, was eine latente Wärme bei Tc zur Folge hat.
2.1.7
Ferroelektrische Domänen
Die bisherige Betrachtung gilt für einen homogenen, idealen unendlich ausgedehnten
ferroelektrischen Körper. Ein realer Kristall weist jedoch Imperfektionen und vor
allem Oberflächen auf. Bei einer räumlichen Inhomogenität von Di in Gl. 2.7 muß
die freie Ladungsdichte ρf rei die 1. Maxwell’sche Gleichung erfüllen:
so daß
div Ej =
~ = ρf rei ,
div D
(2.31)
1
(ρ − div Pis ) .
ε0
(2.32)
εrij
In einem idealen unendlichen Ferroelektrikum ist die spontane Polarisation räumlich
~ = ρ/εε0 wie in einem gewöhnlichen Dielektrikum ist. An der
homogen, so daß div E
Oberfläche jedoch, wo P~s gleich Null wird oder in der Nähe von Defekten, wo der
Wert von P~s von dem im übrigen Kristall abweicht, wirkt div P~s als Quelle eines der
spontanen Polarisation entgegengerichteten depolarisierenden Feldes, welches durch
2.2 Defekte
15
den Fluß freier Ladungen im Kristallinneren kompensiert werden kann:
Z t
~ dt ,
~σ · E
ρ=
(2.33)
0
mit ~σ als der elektrischen Leitfähigkeit des Kristalls. Freie Ladungen aus der Umgebung können auch dazu beitragen, das depolarisierende Feld an der Kristalloberfläche zu kompensieren, wobei dieser Prozeß meist noch langsamer als die Kompensation durch die Leitfähigkeit des Kristalles ist. Im Fall von Gadolinium-Molybdat
(GMO) und Lithium-Niobat (LN), die beide eine sehr geringe elektrische Leitfähigkeit besitzen, können die an der Oberfläche eines homogen polarisierten Kristalls
gebundenen unkompensierten Ladungen ein depolarisierendes Feld erzeugen, das für
kurze Zeit sehr große Werte annehmen kann, da die Kompensation in einer weitgehend isolierenden Umgebung sehr langsam vonstatten geht.
Die elektrostatische Arbeit, die das depolarisierende Feld enthält, ist wie folgt
definiert:
1
W =
2
Z
Eidep Di dV
(2.34)
Das Entstehen einer Domänenstruktur eines Kristalls beim Übergang in die ferroelektrische Phase hat energetische Gründe. Die Aufspaltung in Bereiche mit unterschiedlicher Richtung der spontanen Polarisation führt zu einer zusätzlichen Verringerung des Betrags der thermodynamischen Potentialfunktion. Durch die Aufspaltung in Domänen mit entgegengesetzter Orientierung der spontanen Polarisation
wird das effektive Volumen des depolarisierenden Feldes verringert. Die Grenzfläche
zwischen zwei Domänen wird Domänenwand (DW) genannt und ist eine kristallographische Zwillingsgrenze. Da eine gewisse Energie benötigt wird um sie zu erzeugen,
ist die sich einstellende Domänenbreite das Gleichgewicht aus Minimierung des depolarisierenden Feldes und dem Aufbringen der Domänenwandenergie.
2.2
Defekte
Defekte in Kristallen sind im einfachsten Fall null-dimensional, also Punktdefekte wie Leerstellen oder Fremdatome, die mit dem Kristall nicht nur mechanisch,
sondern je nach Ladung bezüglich des Gitters auch elektrisch wechselwirken. Versetzungen stellen eindimensionale Defekte dar. Zweidimensionale Kristallbaufehler
sind Korngrenzen, Stapelfehler und Translationsgrenzen (u.a. Antiphasengrenzen).
Im weitesten Sinne sind auch Domänenwände flächenhafte Kristalldefekte, weil sie
kristallographisch betrachtet Zwillingsgrenzen darstellen. Dabei darf nicht außer
Acht gelassen werden, daß der gestörte Kristallbereich einer Domänenwand eine
16
KAPITEL 2. WERKSTOFFE
endliche Dicke besitzt, die davon abhängt, ob die Wand rein ferroelektrisch oder
ferroelektrisch-ferroelastisch ist.
In dieser Arbeit wurde die Wechselwirkung von ferroelektrischen Domänenwänden mit verschiedenen Arten von Defekten untersucht. Dabei wurden sowohl
mechanisch als auch elektrisch mit Domänenwänden wechselwirkende Defekte mit
räumlichen Ausdehnungen von etwa 0,04 - 0,6mm in ferroelektrische Einkristalle
ein- bzw. aufgebracht. Ferner wurden Einkristalle verwendet, die Kristallzuchtdefekte besaßen. Generell sind in GMO sowohl Versetzungen als auch Antiphasengrenzen
vorhanden [18, 19]. Antiphasengrenzen enden oft an der Domänenwand [20]. Für diese zumindest ist nachgewiesen, daß sie sich mit der Domänenwand bewegen [21, 22],
was auf deren Beweglichkeit Einfluß haben muß.
2.3
Alterung, Entalterung
Mit Alterung (’aging’) und Entalterung (’deaging’) werden zeitabhängige Änderungen in den Materialeigenschaften ohne äußeres Zutun bezeichnet, mit Ermüdung
(’fatigue’) und Erholung (’rejuvenation’) dagegen die Änderung von Materialeigenschaften unter externer zyklischer Belastung. Alterung und Ermüdung bezeichnen
in der Regel Verschlechterungen der Eigenschaften wie z.B. den Anstieg der Koerzitivfeldstärke in ferroelektrischen Einkristallen bzw. die Abnahme der schaltbaren
Polarisation in Piezokeramiken; Entalterung und Erholung bezeichnen entsprechend
das Gegenteil.
Obwohl die in dieser Arbeit mit Entalterung bezeichneten Effekte der Verkleinerung der Koerzitivfeldstärke bzw. der Feldstärke des Schaltens eines bestimmten
Kristallbereichs unter zyklischer elektrischer Belastung beobachtet wurden, ist es
dennoch gerechtfertigt, sie als zeitabhängige Eigenschaftsänderung zu betrachten.
Der Grund dafür ist, daß nicht das zyklische Schalten an sich, sondern die Verweilzeit des Kristalls in umgekehrter Richtung der spontanen Polarisation für den Effekt
verantwortlich ist. Durch Alterung, also Verbleiben in der ursprünglichen Richtung
der spontanen Polarisation, wird der Ausgangszustand des Kristalls allmählich wieder hergestellt.
Wie in Kapitel 4 gezeigt wird, sind es weniger intrinsische Eigenschaften, die zu einem solchen Phänomen wie der Alterung führen, sondern vielmehr die elektrischen
Randbedingungen.
2.4 Gadolinium-Molybdat (GMO)
2.4
17
Gadolinium-Molybdat (GMO)
Gadolinium-Molybdat (GMO) gehört zur Gruppe der Seltenen-Erd-Molybdate und
ist ein Mischoxid aus Gadolinium-Oxid (Gd2 O3 ) und drei Äquivalenten MolybdänOxid (MoO3 ), woraus sich die chemische Formel Gd2 (MoO4 )3 ergibt [23]. Der Einkristall wird nach dem Czochralski-Verfahren bei etwa 1175◦ C aus der Schmelze
gezogen [24], Joukoff und Grimouille [25] geben den kongruenten Schmelzpunkt der
stöchiometrischen Verbindung allerdings mit 1157◦ C an, was mit dem von ihnen
gezeigten Phasendiagramm konsistent ist. Die Dichte des Materials liegt zwischen
4,55 g/cm3 [26] und 4,576 g/cm3 [27]. Andere Seltene-Erd-Molybdate mit Sm, Eu,
Tb oder Dy anstelle von Gd sind dem GMO isotyp und haben vergleichbare Eigenschaften, jedoch mit evtl. geringfügig verschiedenen Kennwerten.
2.4.1
Kristallstruktur
Nahe dem Schmelzpunkt geht die γ-Phase des GMO in die β-Phase über, die bis
850◦ C stabil ist [28]. Der Übergang in die stabile α-Phase ist jedoch unterhalb 600◦ C
kinetisch stark gehemmt, so daß aus der metastabilen β-Phase bei etwa 159◦ C die
ferroelektrisch-ferroelastische Phasenumwandlung in die β 0 -Phase stattfindet. Dabei
gibt es zwei mögliche Konfigurationen, wie in Abbildung 2.3 skizziert. In der paraelektrischen Phase hat GMO eine tetragonale Kristallstruktur der Kristallklasse
42m, die bei etwa 159◦ C unter Einheitszellenverdoppelung in die orthorhombische
β 0 -Phase der Kristallklasse mm2 übergeht [29, 30]. Die Struktur ist von der Scheelitstruktur (CaWO4 , Kristallklasse 4/m) abgeleitet, die in Abbildung 2.4 (a) gezeigt
ist. Abbildung 2.4 (b) zeigt die Projektionen der tetragonalen paraelektrischen und
der orthorhombischen ferroelektrischen Einheitszellen auf die x-y-Ebene, dabei geben die Punkte die Gd-Positionen an, die Tetraeder bezeichnen MoO4 -Gruppen. Die
Gitterkonstanten bei 25◦ C sind a = 10,39 Å, b = 10,42 Å, c = 10,70 Å mit vier Formeleinheiten pro Elementarzelle. Bei 183◦ C sind die Gitterkonstanten a = 10,39 Å,
c = 10,67 Å mit zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle [30]. Die spontane Polarisation der orthorhombischen β 0 -Phase entsteht durch eine Verschiebung der Gd3+ Ionen gegen das (MoO4 )2− -Untergitter, wobei sich die Polarisationsbeiträge der verschiedenen Gd3+ -Ionen beinahe aufheben. Daher ist die resultierende spontane Polarisation Ps mit 0,17 - 0,2 µC/cm2 bei Raumtemperatur im Vergleich zu der typischer
ferroelektrischer Werkstoffe wie BaTiO3 oder PZT um rund zwei Größenordnungen
kleiner und kann nicht als thermodynamischer Ordnungsparameter des Phasenübergangs interpretiert werden, wie es bei den meisten Ferroelektrika getan wird. Nach
einer Klassifikation von Aizu wird GMO als uneigentlich ferroelektrisch-ferroelastisch
18
KAPITEL 2. WERKSTOFFE
(’improper ferroelectric-ferroelastic’) bezeichnet [24].
Die Phasenumwandlung wurde durch inelastische Neutronenstreuung an TerbiumMolybdat untersucht, das praktisch die gleichen Übergangstemperaturen und Gitterkonstanten wie GMO hat. Der Phasenübergang ist erster Ordnung, jedoch sehr nahe
zweiter Ordnung und wird durch die Kondensation von Phononen an den Grenzen
der Brillouin-Zone (M -Punkt) unterhalb von Tc = 159◦ C ausgelöst. Die Instabilität
der Ordnungsparameter oberhalb von T0 = 149◦ C wird als ’weiche optische Moden’
mit Wellenvektoren ~kM = (±π/a, ±π/a, 0) beobachtet [31]. Für T > Tc ist die Frequenz ωM doppelt degeneriert (durch das Zusammenfallen der x- und y-Richtungen
2
in der tetragonalen Phase) und folgt dem Curie-Weiss-Gesetz: ωM
∝ T − T0 .
Abbildung 2.3: Schematische Skizze der beiden möglichen Konfigurationen in der
ferroelektrischen Phase, die durchgezogenen Linien beschreiben die Einheitszelle der
paraelektrischen, die gestrichelten die der ferroelektrischen Phase (analog zu [32]).
Die 180◦ -Domänenwände sind in (110)-Richtungen orientiert, d.h. die Richtung der kristallographischen c-Achse wird umgekehrt, a- und b-Achse werden an
der Domänenwand jedoch gespiegelt, weshalb die Wand ferroelektrischer und ferroelastischer Natur ist. Die dabei auftretende Dehnung ist mit 0,15% in [110]-Richtung
relativ groß, wie in der ferroelektrisch-ferroelastischen Hystereseschleife in Abbildung
2.5 links gezeigt. Ferroelastisches Verhalten ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Kristall in Abwesenheit mechanischer Spannung zwei oder mehr stabile Orientierungszustände besitzt und durch Auferlegen einer mechanischen Spannung reproduzierbar
von einem dieser Zustände in einen anderen überführt werden kann. In GMO ist die
Ferroelastizität mit der Ferroelektrizität gekoppelt.
Aufgrund der Anisotropie der orthorhombischen Kristallstruktur ist GMO doppelbrechend mit einer Brechzahl ∆nab von −4 · 10−4 [24, 34], bzw. 4, 3 · 10−4 [3].
Das Vorzeichen der Brechzahl ist von der Richtung der spontanen Polarisation abhängig, was eine Beobachtung der Domänenstruktur in polarisiertem Licht möglich
2.4.1. Kristallstruktur
19
Abbildung 2.4: Links (a) Kristallstruktur von CaWO4 (Scheelit, analog zu [33]),
rechts (b) Projektion der tetragonalen paraelektrischen und der orthorhombischen
ferroelektrischen Einheitszellen des Gd2 (MoO4 )3 auf die x-y-Ebene, die Punkte geben die Gd-Positionen an, die Tetraeder bezeichnen MoO4 -Gruppen (analog zu [32]).
macht. Nach Flippen [35] hat die Domänenwand eine Dicke von 5 µm und ist in diesem Bereich nicht doppelbrechend. Theoretische Berechnungen überschätzen in der
Regel die Wanddicke um Größenordnungen. Diese Tatsache wird durch die TEMUntersuchungen von Yamamoto et al. [36], die eine Wanddicke von wenigen Gitterkonstanten fanden, bestätigt. In einer theoretischen Arbeit zeigten Sidorkin und
Darinskii [37], daß geladene Punktdefekte die effektive Domänenwandbreite vergrößern und es zu einer Winkelabweichung von der eigentlichen Wandrichtung kommt.
Dabei nahmen sie einen strukturlosen Domänenwandbereich an.
Die Beweglichkeit der Domänenwand liegt zwischen 2 ·10−2 cm2 /(Vs) [38], bzw.
2,1 ·10−2 cm2 /(Vs) [35] und 2,2 - 2,7 ·10−2 cm2 /(Vs) [20]. Sie ist damit (wie auch die
spontane Polarisation) um rund zwei Größenordnungen kleiner als die Domänenwandbeweglichkeit von BaTiO3 , die Merz mit etwa 2,5 cm2 /(Vs) angibt [39]. Die
Schwellfeldstärke, unterhalb der keine Domänenwandbewegung auftritt, gibt Flippen mit 1,4 kV/cm an [35].
Abbildung 2.7 zeigt schematisch die Domänenkonfiguration, wie sie bei den GMOEinkristallen in dieser Arbeit verwendet wird. Für den Winkel θ, der auch der Winkel zwischen der a-Achse der einen und der b-Achse der anderen Domäne ist, gilt:
θ = α1 − α2 . θ liegt zwischen 0,1◦ und 0,2◦ [40].
Nach der Kristallzucht und dem Präparieren der Proben (Schneiden, Schleifen,
Polieren) sind meist recht komplizierte Domänenstrukturen mit zueinander senk-
20
KAPITEL 2. WERKSTOFFE
Abbildung 2.5: Ferroelektrisch-ferroelastische Hysteresen eines GMO-Einkristalls bei
20◦ C (und links bei 5mHz, x in [110]-Richtung) (analog zu [29]).
rechten, sich überschneidenden Domänenwänden vorhanden. Durch Anlegen mechanischer Spannungen wurde ein zweidomäniger Zustand erreicht. Eine andere Möglichkeit ist, die Proben nach Aufbringen der Elektroden etwas über die Phasenübergangstemperatur zu heizen und sie dann langsam in einem starken elektrischen Feld
(10 kV/cm) abzukühlen [41]. Durch elektrisches Polen lassen sich in GMO sogar
eindomänige Zustände erzeugen.
2.4.2
Anwendungen
Die erste Anwendung, die dem GMO nach seiner Entdeckung 1965 zugedacht wurde,
war die eines Laser-Materials bei einer Dotierung mit 3 at.% Nd [42].
1972 schlug Kumada vor, GMO als Page-Composer für holographische Speicher zu verwenden und realisierte einen Prototyp [24]. Ebenfalls 1972 verwendeten
Barkley, Brixner, Hogan und Waring GMO zum Auslesen optischer Speicher [20].
1973 stellten Toda, Tosima, Shima und Iwasa ein auf GMO basierendes Gerät
für variable Laufzeiten vor [43, 44], bemängelten jedoch die zu geringe Domänenwandbeweglichkeit, um eine schnelle Anpassung der Verzögerung zu ermöglichen. Sie
untersuchten dabei sowohl den Signaltransport über akustische Oberflächenwellen
(’surface acoustic waves’, SAW, Variation von 3% bei 5 µs/cm und einem Einfügungsverlust von 15 - 20 dB bei 55 MHz) als auch über longitudinale Schallwellen
durch das Kristallinnere (’longitudinal bulk waves’, LBW, auch ’bulk acoustic waves’, BAW genannt, Variation von 12% bei 2,6 - 2,9 µs/cm und einem Einfügeverlust
2.4.2. Anwendungen
21
Abbildung 2.6: Ferroelektrische Hystereseschleife eines GMO-Einkristalls bei 20◦ C
und 1 mHz (analog zu [29]).
Abbildung 2.7: Schematische Darstellung eines GMO-Einkristalls mit einer Domänenwand, Blick in c-Richtung, wie in allen Experimenten.
von 27 dB bei 45 MHz). Der Variationswert übersteigt den für Lithium-Niobat (maximal 2,46%).
1977 bauten Coldren, Lemons, Glass und Bonner ein vergleichbares Gerät und untersuchten ebenfalls sowohl SAW als auch LBW [27]. 1978 stellten Coldren und Lemons
einen variablen SAW-Resonator mit relativ breitem Abstimmbereich vor [6], der auf
dem gleichen Prinzip wie die Geräte zur Laufzeitanpassung basiert.
1993 stellte Alekseev neue frequenzselektive Anwendungsmöglichkeiten für GMO
mit verschiedenen Domänenkonfigurationen vor [45].
Meines Wissens konnte sich GMO in den genannten Anwendungen nicht durchsetzen, so daß es sich heute in keiner Anwendung größeren Maßstabs findet, ganz
im Gegensatz zu anderen ferroelektischen Materialien wie Barium-Titanat, Blei-
22
KAPITEL 2. WERKSTOFFE
Zirkonat-Titanat oder Lithium-Niobat. Als Modellwerkstoff für elementare Prozesse
ist es jedoch aufgrund der Möglichkeit, wohldefinierte einzelne Domänenwände zu
präparieren, von grundlagenwissenschaftlichem Interesse.
2.5 Stöchiometrisches Lithium-Niobat (SLN)
2.5
23
Stöchiometrisches Lithium-Niobat (SLN)
Lithium-Niobat-Einkristalle werden ebenfalls nach der Czochralski-Methode bei etwa 1240◦ C aus der Schmelze gezogen, dabei liegt die Zusammensetzung der kongruent schmelzenden Zusammensetzung im binären Phasendiagramm Li2 O–Nb2 O5 bei
48,6 mol% Li2 O und hat demnach ein Li-Defizit. Durch Anreichern der Schmelze
mit Li2 O gelingt es jedoch, Einkristalle nahe der stöchiometrischen Zusammensetzung zu ziehen [46], wodurch sich die Koerzitivfeldstärke von etwa 210 kV/cm auf
rund 50 kV/cm verkleinert [47, 48] und es demzufolge gelingt, die Polarisation der
Kristalle ohne Probleme auch bei Raumtemperatur zu schalten.
Abhängig von der Zusammensetzung, liegt die Curie-Temperatur etwa bei
1200◦ C, bei der der Phasenübergang 2. Ordnung in die ferroelektrische Modifikation
stattfindet. Die spontane Polarisation beträgt bei Raumtemperatur etwa 70 µC/cm2 .
LN ist optisch doppelbrechend mit ∆n = ne − no ≈ −0, 1. Die optische Transparenz
ist für elektromagnetische Strahlung mit Wellenlängen von etwa 400 nm - 5 µm sehr
hoch. Gleiche Struktur und ähnliche Eigenschaften hat Lithium-Tantalat (LiTaO3 ,
LT).
2.5.1
Kristallstruktur
Die Struktur des Lithium-Niobat (LiNbO3 ) läßt sich formal von der des Perowskit (CaTiO3 ) herleiten: Anstelle des Ca tritt Li, anstelle des Ti tritt Nb, doch
sind die Positionen der Ionen gegenüber denen in der idealen kubischen Perowskitstruktur derart verschoben, daß nur noch eine trigonale Symmetrie verbleibt. In der
resultierenden hexagonalen Einheitszelle liegen sechs Oktaederlücken in c -Richtung
übereinander, wobei die erste und vierte Nb enthalten, die zweite und fünfte leer sind
und die dritte und sechste mit Li besetzt sind, wie in Abbildung 2.8, a) gezeigt. In
der gestörten hexagonal dichtesten Packung sind die mit Li besetzten Sauerstoffoktaeder entlang der dreizähligen Achse in alternierendem Sinn um einen Winkel von
6◦ rotiert, wodurch sich das c/a -Verhältnis verkleinern muß, um die Kongruenz der
Oktaeder zu erhalten. Bei einer Rotation von 30◦ läge die ideale Perowskitstruktur
vor [49]. Die hexagonale Einheitszelle enthält sechs Formeleinheiten, siehe Abbildung
2.8 b). Vor allem die Li-Ionen nehmen bezüglich der Oktaederzentren so azentrische
Lagen ein, daß sie eigentlich nur noch einseitig von drei O-Ionen koordiniert sind. In
Abbildung 2.8 c) kommt die Polarität der Struktur des LN deutlich zum Ausdruck.
Beim Umpolen treten die Lithium-Ionen durch die benachbarte Sauerstoffschicht
hindurch auf deren andere Seite, so daß sich die Polarität umkehrt (siehe Abbildung
2.8 d). Ist die Temperatur höher als die Curie-Temperatur, können die Li-Ionen
24
KAPITEL 2. WERKSTOFFE
durch die genügend großen Lücken in der benachbarten Sauerstoffschicht hindurchschwingen, wodurch ihre Position im zeitlichen Mittel innerhalb der Sauerstoffschicht
liegt (siehe Abbildung 2.8 e).
Abbildung 2.8: Kristallstruktur von Lithium-Niobat nach [50]; a) Folge von sechs
verknüpften, verzerrten Koordinationsoktaedern in Richtung der c-Achse; b) Projektion der Elementarzelle in Richtung der c-Achse; c) Schema der Anordnung der
Ionen und Richtung der spontanen Polarisation; die durchgezogenen Linien stellen
die Ebenen dar, in denen die O-Ionen angeordnet sind; d) Schema der Anordnung
nach dem Umpolen; e) Schema der Anordnung in der paraelektrischen Phase.
Die paraelektrische Phase des Lithium-Niobat, hier nahezu stöchiometrischem
(SLN), ist 3m, beim Übergang in die ferroelektrische Phase verschwindet das Inversionszentrum, und die Symmetrie wird auf die der Punktgruppe 3m erniedrigt.
Diese trigonale Punktgruppe kann als rhomboedrisches Gitter trigonaler Symmetrie
mit drei äquivalenten Gittervektoren beschrieben werden. Es ist jedoch bequemer,
das Gitter als hexagonal anzusehen, da dann die polare Achse von den Richtungen
senkrecht zu ihr entkoppelt wird. Die Struktur ist in Abbildung 2.8 dargestellt. Die
Gitterkonstanten der hexagonalen Einheitszelle (a, c) und die Dichte (ρ) für die kongruent schmelzende und die stöchiometrische Zusammensetzung sind in Tabelle 2.1
aufgeführt.
2.5.2
Anwendungen
Die Anwendungen von Lithium-Niobat sind vielfältig. In den piezoelektrischen Eigenschaften sind vor allem sehr große elektromechanische Kopplungsfaktoren attraktiv und so können Hochfrequenzfilter und hochfrequente Ultraschallaktoren daraus
2.5.2. Anwendungen
25
Parameter
kongruent
stöchiometrisch
a (Å)
5,1505
5,1474
c (Å)
13,8649
13,8561
ρtheoretisch
4,646
4,6327
ρgemessen
4,648
4,635
Tabelle 2.1: Eigenschaften von Lithium-Niobat (aus [49]).
hergestellt werden. Die sehr hohe Schallgeschwindigkeit und sehr geringe akustische
Dämpfung sind der Grund für den Einsatz von LN als Leiter in ultraschallakustischen
Geräten. Auch für Geräte, die auf akustischen Oberflächenwellen (SAW) basieren,
ist LN aufgrund seiner exzellenten piezoelektrischen und akustischen Eigenschaften
das wichtigste Material [46].
Obwohl die pyroelektrischen Koeffizienten kleiner als in vielen pyroelektrischen
Materialien sind, machen die hohen Curie-Temperaturen LN und vor allem LT als
Materialien für Infrarot-Detektoren interessant [14].
Die wichtigsten Anwendungen finden sich jedoch im Feld der Optik und reichen
von holographischen Speichern [51, 52] bis zu optischen Schaltern, Modulatoren und
Verstärkern in der integrierten Optik.
Auch für nichtlinear-optische Anwendungen wie die Frequenzverdopplung von Laserstrahlung (’second harmonic generation’, SHG) durch Phasenanpassung (’quasi
phase matching’) ist LN das Material der Wahl [47, 53, 54, 55, 48], da sich periodische Domänenstrukturen mit Abständen im µm-Bereich herstellen lassen.
Kapitel 3
Experimentelle Methoden
3.1
3.1.1
Probenpräparation
Gadolinium-Molybdat (GMO)
Die GMO-Einkristalle hatten die Form von nahezu quaderförmigen Balken mit einer
Dicke von 0,78 mm für einen möglichst hohen Kontrast der entgegengesetzt polarisierten Domänen zwischen gekreuztem Polarisator und Analysator im Lichtmikroskop, typischerweise einer Breite zwischen 1,5 und 3 mm sowie einer Länge zwischen
5 und 20 mm. Auf die polaren Oberflächen wurden transparente Elektroden aus ITO
(In2 O3 :Sn) mit reaktivem Magnetron-Sputtern einer Indium-Zinn-Legierung (InSn
86/14) aufgebracht. Um zu verhindern, daß die Domänenwand die Probe verläßt,
wurden Aussparungen in den Elektroden auf je gegenüberliegenden Seiten erzeugt.
Wie in Abbildung 3.1 gezeigt, waren die restlichen ITO-Streifen mit der gegenüberliegenden Elektrode verbunden, so daß die Probenenden stets feldfrei waren. Durch
die Aussparungen auf beiden Seiten der Probe war so der Bewegungsbereich der
Wand definiert. Zur besseren Handhabung waren sie mit einer kurzen Kante auf ca.
2 × 2 cm2 große Rahmen aus Melaminharz aufgeklebt. Zur Beobachtung der Domänenwandbewegungen bei gleichzeitiger Messung akustischer Emissionen (AE, siehe
Kapitel 3.5) wurde ein Spiegel verwendet, der mit AE–Koppelharz auf den sich unter
der Probe befindlichen Sensor geklebt war. Der Spiegel bestand aus einem einseitig
mit einer Gold-Palladium-Legierung (AuPd) besputterten gläsernen Deckplättchen.
3.1.2
Stöchiometrisches Lithium-Niobat (SLN)
SLN-Einkristalle wurden in Form von optisch polierten Plättchen in c -Orientierung
mit einer Dicke von 0,61 mm eingesetzt. Lithium-Niobat läßt sich mit festen Elek27
28
KAPITEL 3. EXPERIMENTELLE METHODEN
Abbildung 3.1: Schematische Anordnung der Elektroden auf den GMO-Einkristallen.
Die gestrichelte Linie zeigt die Ausgangsposition der Domänenwand.
troden (typischerweise aus ITO oder Edelmetall) nur einmal schalten, danach ist das
Domänensystem bis zur Durchschlagsfeldstärke immobil. Bei Verwendung von flüssigen Elektroden (z.B. aus gesättigter Lithium-Chlorid (LiCl) - Lösung) wird dieses
Problem vermieden und die Kristalle können wiederholt geschaltet werden, jedoch
ist zur Isolation der beiden Kristallflächen ein spezieller Aufbau nötig. Dazu wurden
die SLN-Plättchen in einen Träger aus Epoxidharz-Kleber (UHU Plus Endfest300)
eingegossen. Abbildung 3.2 zeigt als Querschnittskizze einen SLN-Einkristall, der
zwischen angephasten PTFE-Platten mit doppelseitigem Klebeband fixiert ist und
in einer PTFE-Wanne liegt. Diese wurde anschließend mit den beiden vermischten
Komponenten des Epoxidharz-Klebers geflutet. Um Luftblasen im dünnen Bereich
zwischen den beiden PTFE-Platten zu vermeiden, die später als Löcher eine galvanische Trennung der beiden flüssigen Elektroden unmöglich gemacht hätten, wurde der
Epoxidharz-Kleber mit einem Heißluftgebläse vorsichtig erwärmt, um seine Viskosität zu erniedrigen. Zusätzlich wurde durch seitliches Klopfen an die PTFE-Wanne
das Aufsteigen der Luftblasen unterstützt. In einer weiteren Querschnittskizze in
Abbildung 3.3 ist der SLN-Einkristall in seinem Epoxidharzträger gezeigt, wie er
nach Entfernen von PTFE und Klebeband nur an seinen Kanten von Epoxidharz
gehalten wurde und so die gesamte Kristallfläche geschaltet werden konnte.
Abbildung 3.2: SLN-Einkristall (grau) vorbereitet zum Eingießen in einen Träger.
Abbildung 3.3: SLN-Einkristall (grau) im Träger zur Verwendung flüssiger Elektroden.
3.2 Kristallwachstumsdefekte
29
Als flüssiges Elektrodenmaterial wurde ein Standard-Elektrodengel zur EKG-Messung
(aus der Apotheke) verwendet. Es bestand aus Wasser, Glyzerin, Carbomer, Natriumhydroxid, Elektrolyt, Methyldibromoglutaronitril und Phenoxyethanol. Zur Erhöhung der Leitfähigkeit wurden etwa 0,2 g/ml LiCl im Elektrodengel gelöst. Der
pH-Wert wurde dabei mit wässriger Ammoniak-Lösung (NH3(aq) ) konstant gehalten,
um ein zu starkes Verflüssigen zu vermeiden. Dieses modifizierte Gel wurde in die
obere und untere Aussparung des Trägers auf beide Flächen des SLN-Einkristalls
gestrichen und mit dünnen Kupferdrähten kontaktiert. Auf der Oberseite wurde
der Bereich der Aussparung mit einem gläsernen Deckplättchen abgedeckt, um eine
ebene Begrenzung zur besseren Beobachtung im Polarisationsmikroskop zu erhalten.
Der Träger mit dem integrierten, kontaktierten Kristall wurde nun auf einen Spiegel
gelegt, der mit Koppelharz für akustische Emissionsmessungen auf das Mikrophon
des AE-Erfassungssystems geklebt war.
Defekt-Präparation
In den jeweiligen einkristallinen Werkstoffen wurden auf verschiedene Weisen makroskopische Defekte realisiert. Sie lassen sich grob in Defekte, die während der
Kristallzucht im Material erzeugt, und solche, die nächträglich eingebracht wurden,
unterteilen.
3.2
Kristallwachstumsdefekte
In GMO wurde während der Kristallzucht die Zusammensetzung der Schmelze auf
kontrollierte Weise variiert, so daß durch Stöchiometrieschwankungen nichtferroelektrische Bereiche im Einkristall entstanden, die makroskopisch gesehen entlang
der kristallographischen a- bzw. b-Richtung orientiert sind, wie in der polarisationsmikroskopischen Aufnahme in Abbildung 3.4 zu erkennen. Durch Variation der
Fokussierungsebene im Mikroskop wurde die Dicke dieser Defektstruktur bestimmt.
Sie betrug etwa 0,1 mm. In der Abbildung ist die Domänenwand am Rand ihres
Bewegungsbereichs bei maximaler angelegter Feldstärke von 6,41 kV/cm lokalisiert.
Bei höherer Vergrößerung ist zu erkennen, daß die eingewachsene nichtferroelektrische Phase sehr kompliziert strukturiert ist und an dendritische Strukturen
erinnert, wie in Abbildung 3.5 gezeigt. Hier ist die Domänenwand bei fallender Feldstärke (etwa 1 kV/cm) in der Defektstruktur geklemmt. Diese Position wurde später
als Markierung zur Charakterisierung des Entalterns und des Alterns verwendet.
30
KAPITEL 3. EXPERIMENTELLE METHODEN
Abbildung 3.4: GMO-Einkristall mit eingewachsenen Defekten und der DW (durch
Pfeile markiert) in der Defektstruktur, E = 6,41 kV/cm.
Abbildung 3.5: GMO-Einkristall mit eingewachsenen Defekten und der DW an einer
typischen Klemmstelle, E ≈ 1 kV/cm.
3.3 Nachträglich erzeugte Defekte
3.3
31
Nachträglich erzeugte Defekte
Ursprünglich war geplant, mit photolithographischen Methoden Defektbereiche zu
strukturieren und die Defekte dann durch naßchemisches Ätzen einzubringen. GMO
ist jedoch gegenüber vielen Säuren und Laugen relativ resistent und konnte nur mit
Fluor- bzw. Bromwasserstoffsäure effektiv abgetragen werden. Leider war keiner der
kommerziellen Photolacke gegen diese extrem aggressiven Säuren resistent genug, so
daß eine definierte lokale Defektstrukturierung auf diesem Wege nicht möglich war.
Statt dessen wurde die Möglichkeit genutzt, Material durch Laserablation abzutragen. Im Bayerischen Laser-Zentrum in Erlangen wurden mit Hilfe eines gepulsten ArF-Excimer-Lasers Defekte in GMO-Einkristalle eingebracht. Die Wellenlänge
betrug 193 nm, die Energie 80 mJ pro Puls bei einer Frequenz von 50 Hz. Die Strahldurchmesser wurden über Aluminium-Lochblenden variiert, die im Verhältnis 1/10
über eine optische Linse mit 50 mm Brennweite auf den GMO-Kristall bzw. auf die
darauf applizierte ITO-Elektrode abgebildet wurden.
3.3.1
Elektrodendefekte
Bei den Elektrodendefekten in GMO wurden 2500 Pulse mit oben angegebenen
Parametern verwendet, wobei der Laserstrahl in [001]-Richtung orientiert war, das
heißt senkrecht zur oberen ITO-Elektrode. Abbildung 3.6 zeigt die fünf eingebrachten Defekte. Es ist zu beachten, daß die Abbildung zum linken und rechten Rand hin
in zunehmendem Maße verzerrt ist, so daß der Meßbalken nur im Zentrum die Größenverhältnisse korrekt wiedergibt, an den Rändern erscheinen die Ausdehnungen
verkleinert. Die Maße der Elektrodendefekte sind in Tabelle 3.1 angegeben.
Abbildung 3.6: GMO-Einkristall mit durch Laser erzeugten Defekten in der oberen
Elektrode.
32
KAPITEL 3. EXPERIMENTELLE METHODEN
Defekt-Nr.
Durchmesser (µm)
Tiefe (µm)
1
200
2,8
2
150
3
3
100
2,5
4
80
1,8
5
40
2
Tabelle 3.1: Abmessungen der Elektrodendefekte in Abb. 3.6.
3.3.2
Mechanische Defekte
Die mechanischen Defekte wurden seitlich in den GMO-Einkristall eingebracht, so
dass die elektrische Störung in erster Näherung vernachlässigt werden kann. Von
der feldfreien Ausgangsposition der Domänenwand ausgehend wurden drei Löcher
in äquidistanten Abständen zueinander und zunehmenden Durchmessern von 40 µm
(1) über 80 µm (2) bis 200 µm (3) eingebracht. Es wurden je 50000 Pulse mit oben
beschriebenen Parametern verwendet mit dem Ziel, 100 - 200 µm tiefe Löcher zu
erzeugen. Die Abtragrate in [110]-Richtung stellte sich als bedeutend höher heraus
und ferner war hier keine ITO-Elektrode zu entfernen, so daß Löcher mit Tiefen im
mm-Bereich entstanden, die im Fall der beiden größeren Durchmesser relativ stark
kegelförmig wurden (siehe Abb. 3.7).
Abbildung 3.7: GMO-Einkristall mit durch Laser erzeugten seitlichen Defekten.
Ein zweiter Kristall wurde in gleicher Weise, jedoch mit geringerer Pulszahl
von 5000 präpariert, um eine bessere Vergleichbarkeit mit den Elektrodendefekten
bezüglich des abgetragenen Materialvolumens zu ermöglichen. Es wurde ein Loch
mit einem Durchmesser von 150 µm und einer Tiefe von 200 µm erzeugt. Abbil-
3.3.2. Mechanische Defekte
33
dung 3.8 zeigt den Kristall, der nur einen seitlichen mit Laser erzeugten Defekt
aufweist, Abbildung 3.10 einen Bildausschnitt mit dem Defekt. In Abbildung 3.9 ist
der Kristall im geschalteten Zustand gezeigt.
Abbildung 3.8: GMO-Einkristall mit durch Laser erzeugtem seitlichen Defekt und
der Domänenwand in der Ausgangsposition.
34
KAPITEL 3. EXPERIMENTELLE METHODEN
Abbildung 3.9: GMO-Einkristall mit durch Laser erzeugtem seitlichen Defekt im
geschalteten Zustand. Die Ausgangsposition der DW ist gestrichelt eingezeichnet,
die Doppelpfeile markieren die Wegstreckenanteile vor und hinter dem seitlichen
Defekt. Mit dem Pfeil ist ein weiterer Kristallfehler markiert.
Abbildung 3.10: Detail des Defekts aus Abb. 3.8 bzw. 3.9.
3.3.3. Aufbringen feldreduzierender Defekte
3.3.3
35
Aufbringen feldreduzierender Defekte bei Verwendung
flüssiger Elektroden
Durch die Verwendung flüssiger (elektrolytischer) Elektroden konnten feldreduzierende Defekte einfach durch Aufbringen feiner Tropfen einer Silikonpaste auf eine
der polierten c-Flächen von LN hergestellt werden. Zur besseren Beobachtung des
Umpolens im Bereich der Defekte wurden auf die untere Fläche des SLN-Einkristalls
zwei kleine Tropfen Silikonpaste gegeben und über Nacht gewartet, bis diese mit der
Luftfeuchtigkeit vollständig reagiert hatten.
3.4
Polarisationsmikroskopie
Polarisationsmikroskopie ist eine Methode, mit der doppelbrechende Substanzen untersucht werden können. Dazu wird ein Lichtmikroskop mit einem Polarisator und einem Analysator ausgerüstet, deren Winkel zueinander beliebig variiert werden kann.
Die Grundlagen dieser Methode sind im Buch von Kleber, Bautsch, Bohm [33] ausführlich beschrieben. In dieser Arbeit wurden nur orthoskopische Beobachtungen
durchgeführt, da nicht die Doppelbrechung oder Gyrotropie der untersuchten Materialien als solche, sondern die Kontraste der verschieden polarisierten Domänen
zueinander bzw. der Domänen zu den Domänenwänden im Mittelpunkt standen.
Der Versuchsaufbau ist in Abbildung 3.11 gezeigt. Ein Funktionsgenerator
(hp 33120A) lieferte ein Dreiecksspannungssignal, das mit einem Hochspannungsverstärker (fug HCB14-12500) verstärkt und in den Schaltkreis gespeist wurde.
Mit einer an das Polarisationsmikroskop (Reichert-Jung Polyvar Met) angekoppelten CCD-Videokamera (Sony DCR-PC120E), die über eine IEEE 1394 (FireWire)Schnittstelle mit einem PC verbunden war, wurden die Domänenwandbewegungen aufgezeichnet. Über einen weiteren optischen Eingang des Mikroskops war eine
Leuchtdiode in den Strahlengang eingeblendet, die vom Trigger des Funktionsgenerators angesteuert wurde, um so Beginn und Ende eines jeden Zyklus in der Videodatei
zu markieren.
Mit dem in Abbildung 3.11 gezeigten Versuchsaufbau wurden alle in dieser
Arbeit erwähnten Experimente durchgeführt. Ausgenommen hiervon sind die Messungen an nahezu perfekten GMO-Einkristallen.
36
KAPITEL 3. EXPERIMENTELLE METHODEN
Abbildung 3.11: Versuchsaufbau zum elektrischen Schalten ferroelektrischer Einkristalle bei gleichzeitiger Aufnahme von Domänenwandbewegungen, ferroelektrischen
Barkhausen-Pulsen (BHP) und akustischen Emissionen (AE).
3.5
Akustische Emission
Eine akustische Emission (AE) entsteht bei abrupter lokaler Dehnungs- oder Volumenänderung innerhalb des Werkstoffes, die zur Aussendung einer detektierbaren
elastischen Welle führt. Abrupt heißt dabei, daß der Prozeß hinreichend schnell ablaufen muß, so daß ein Teil der bei der Dehnungs- oder Volumenänderung dissipierten
Energie in Form einer Schallwelle abgegeben wird und nicht anderweitig (z.B. in
Form von Wärme) relaxieren kann. Lokal wiederum bedeutet, daß AE in der Regel
mit Dehnungs- oder Volumenänderungen korreliert sind, die klein im Vergleich zu
den Bauteilabmessungen sind und im Werkstoff lokalisiert entstehen. Eine typische
Anwendung findet die Messung akustischer Emissionen in der zerstörungsfreien Materialprüfung. Dabei werden oft sehr große Bauteile wie z.B. Druckwassertanks von
Kraftwerken oder Rohrleitungen zum Teil mit mehreren AE-Sensoren korreliert vermessen. Die Messungen finden dabei unter Belastung des jeweiligen Bauteils statt,
und aus Parametern wie den Anstiegszeiten oder den Energien der Ereignisse kann
auf deren Entstehungsmechanismen (z.B. Rißwachstum) oder -orte, geschlossen werden. Die Abmessungen der in dieser Arbeit verwendeten Proben lagen im Bereich
3.5 Akustische Emission
37
derer des AE-Sensors, so daß nur Eigenschwingungen der Probe detektiert wurden.
Diese sind durch die Geometrie, die Dichte und die elastischen Konstanten der Probe
bestimmt, also im wesentlichen unabhängig vom tatsächlichen mikroskopischen Ursprung. Deshalb beschränkt sich die Auswertung der AE-Datensätze auf die Anzahl
und die maximale Amplitude der Ereignisse (siehe unten).
Jedes AE-System besteht aus folgenden Komponenten: der Probe (Schallquelle), dem Übertragungsmedium zwischen Ort der Entstehung der AE und dem Sensor, sowie dem Sensor selbst. Im Fall der GMO-Einkristalle lag die Probe über dem
Spiegel auf dem Sensor, der in eine Silikonwanne eingefügt war. Als Übertragungsmedium wurde ein transparenter fluorierter Kohlenwasserstoff (3M FC-70 Fluorinert
Liquid) verwendet, mit dem die Silikonwanne bis über die Probe geflutet war. Die
Dielektrizitätszahl von FC-70 wird mit 1,98 angegeben (100 Hz - 100 kHz), der Siedepunkt liegt bei 215◦ C und die elektrische Durchschlagsfestigkeit bei 16 kV/mm.
Bei den LN-Einkristallen diente das transparente Elektrodengel als Übertragungsmedium. Die akustischen Emissionen (AE) wurden mit einem 150 kHz-resonanten
Mikrophon in einem AE-Recorder (AMS3, Vallen Systeme, Icking) aufgezeichnet.
Die AMS3 ist ein Multikanal-System. Jeder Kanal besteht aus einer Meßkette bestehend aus einem externen AE-Sensor (Mikrophon), einem Vorverstärker und dem Analog-Board mit einem schnellen Analog-Digital(AD)-Wandler. Das
Unterereignis-Prozessor-Board verarbeitet den digitalen Datenstrom, den der ADWandler generiert, und ein Netzwerk–Prozessor konvertiert diese Daten zu kompakten Datensätzen, verwaltet die Parametereinstellungen und die Kommunikation
mit einem Auswertungs-Computer (PC), über den der Anwender das Aufnahmeprogramm steuert. Die hohe Datenrate zwischen der AMS3 und dem PC wird durch
ein speziell entwickeltes schnelles Interface und große On-Board–Puffer seitens der
AMS3 erreicht.
Die Verstärkungen beider Stufen (des Vorverstärkers und des On-Board–Verstärkers) können durch das Programm an die jeweilige Anwendung angepaßt werden (zwischen 34 und 49 dB), um für verschiedene Situationen das bestmögliche
Signal-zu-Rausch-Verhältnis zu erreichen, ohne die Meßkette durch zu hohe Vorverstärkung in die Sättigung zu treiben. Der Frequenzbereich des Vorverstärkers reicht
von 20 kHz bis 2 MHz, mit sehr scharfen On-Board–Hochpaß- (54 dB/Oktave) und
-Tiefpaßfiltern (30 dB/Oktave).
Im Analog-Board wird das AE-Signal vom Vorverstärker jede 200 ns zu einer
digitalen Zahl zwischen 0 und +- 8191 in 512 quasi-logarithmischen Stufen konvertiert. Mit einer Vorverstärkung von 34 dB ist es möglich, Sensorspannungen von
38
KAPITEL 3. EXPERIMENTELLE METHODEN
12 µV bis zu 100 mV zu messen (z.B. 22 bis 100 dB).
Der Unterereignis–Prozessor bestimmt das Auftreten und die exakte Zeit von
sogenannten Unterereignissen, wie der ersten oder letzten Schwellwertüberschreitung, dem Scheitelwert, etc., unter Einbeziehung von anwenderprogrammierbaren
Diskriminierungszeiten. Die wahre Energie kann durch Quadrieren und Integrieren
des digitalen AE-Signals errechnet werden. Der Netzwerk–Prozessor generiert aus
den Daten des Unterereignis-Prozessors einen AE-Signal–Datensatz mit der Kanalnummer, der Zeit des Auftretens, dem Schwellwert, dem Scheitelwert, der Anstiegszeit, der Dauer, der Energie sowie der Anzahl der Schwellwertüberschreitungen für
jedes AE-Signal. Auch der RMS-Wert des Hintergrundrauschens (vor dem Auftreten
des AE-Signals) gehört zu diesem 32 Byte großen Datensatz (siehe Abbildung 3.12).
Der Netzwerk–Prozessor verwaltet einen Puffer für die Zwischenspeicherung von 480
AE-Signalen. Die maximale Datenrate beträgt 1400 Datensätze pro Sekunde.
Dauer
A m p litu d e
oberer
Scheitelwert
Anstiegszeit
erstes
Überschreiten
der Schwelle
letztes
Überschreiten
der Schwelle
oberer
Schwellwert
unterer
Schwellwert
unterer
Scheitelwert
Z e it
Abbildung 3.12: Schematische Darstellung eines AE-Signals.
3.6
Ferroelektrische Barkhausen-Pulse
Schnelle elektrische Stromänderungen wurden mit einem digitalen Speicheroszilloskop (Gould Ultima 500) nachgewiesen. Ferroelektrische Barkhausenpulse sind nach
den Barkhausenpulsen in ferromagnetischen Systemen benannt, da das Messprinzip
3.7 Elektrische Belastungsformen
39
analog ist. Statt Sprüngen in der Magnetisierung M bei Erhöhung der angelegten
magnetischen Feldstärke H werden Sprünge in der Polarisation, d.h. Ladung bei
Erhöhung des angelegten elektrischen Feldes gemessen. Die auf die Elektroden fließende Ladungsmenge Q wurde als Integral des zeitlichen Schaltstroms I bestimmt.
Der Schaltstrom wurde am in Reihe zur Probe geschalteten Meßwiderstand R als
abfallende Spannung U gemessen, so daß
I=
dQ
U
=
.
dt
R
(3.1)
In den GMO-Einkristallen, die in dieser Arbeit verwendet wurden, liegt nur eine
einzige Domänenwand vor, so daß deren Bewegung allein zum Schaltstrom beiträgt.
Weil sich die Domänenwand senkrecht zu den Kristallkanten bewegt, ist bei konstanter Bewegungsgeschwindigkeit die fließende Ladungsmenge, d.h. der Schaltstrom
ebenfalls konstant. Da eine Domänenwand der Breite b bei Bewegung über einen Bereich der Länge x ein Umschalten der spontanen Polarisation auf beiden Elektroden
verursacht, ergibt sich für den neuen Ort im Abstand x von der Ausgangsposition
(0) folgender Zusammenhang:
Q(t)
1
=
x(t) =
2Ps b
2Ps b
Z
t
I(t0 )dt0 ,
(3.2)
0
beziehungsweise für die Geschwindigkeit der Domänenwand:
v(t) =
I(t)
.
2Ps b
(3.3)
Damit ist das Messen des zeitlichen Schaltstroms eine exzellente Methode, um in
diesen Proben die Domänenwanddynamik zu untersuchen.
3.7
Elektrische Belastungsformen
In verschieden GMO-Proben variiert die Schwellfeldstärke, oberhalb der Domänenwandbewegung auftritt. Das ist auf unterschiedliche mechanische Randbedingungen
zurückzuführen und seit den Untersuchungen von Flippen [35] ist klar, daß Restspannungen im Material die Schwellfeldstärke beeinflussen. Daher wurden in den
einzelnen Proben individuelle Belastungsamplituden gewählt. Diese und die übrigen
Parameter sind im folgenden für die verschiedenen untersuchten Kristalle sowie die
verschiedenen Experimente aufgeführt. Für alle Werkstoffe und alle Untersuchungen
wurden ausschließlich Signale mit Dreiecksform verwendet, d.h. linear steigenden
oder fallenden elektrischen Feldern.
40
KAPITEL 3. EXPERIMENTELLE METHODEN
Eine Defektstelle, an der die Domänenwand immer, d.h. sowohl bei steigender als auch bei fallender angelegter Feldstärke abrupt zum Stillstand kommt (siehe
Position der Domänenwand in Abbildung 3.5 auf Seite 30) und erst bei höherer
elektrischer Triebkraft den Defekt überwindet, wurde als Markierungsposition für
die Alterungs- und Entalterungseffekte verwendet, siehe Abbildung 3.13 auf Seite
40. Dabei wurde für jeden Zyklus aus der Zeit tr in den Videodateien die korrespondierende Feldstärke Ef rei ermittelt, bei der die Wand auf dem Weg zurück zur
Ausgangsposition von der sie klemmenden Defektstelle frei wird.
Abbildung 3.13: Schematische Darstellung des Schaltens mit einer Klemmstelle für
Zyklenzahl 1 und n; v = vorwärts, r = rückwärts.
3.7.1
Entalterung fast perfekter GMO-Einkristalle
Die nahezu perfekten GMO-Einkristalle wurden durch Anlegen von 5000 bipolaren
Zyklen mit einer Frequenz von 10 Hz und einer Amplitude von 3,01 kV/cm entaltert. Die Temperatur während der Messung betrug 25◦ C. Die Experimente wurden
im ’Ferroelectric Laboratory’ des ’Institute for Physics and Applied Mathematics’
der ’Ural State University’ in Ekaterinburg (Russische Föderation) durchgeführt. Der
Meßaufbau war grundsätzlich dem in Abbildung 3.11 auf Seite 36 gezeigten gleich.
Als Verstärker diente ein Röhrenverstärker, der über einen invertierenden Operationsverstärker (Analog Devices OP07) linearisiert wurde und dessen DC-Offset bei
bipolarem zyklischen Schalten mit einem Hochpaß-Filter (fg = 0, 7 Hz) entfernt wurde. Funktionsgenerator (Auris B230) und Oszilloskop (LG 1450) waren hier in einem
PC integriert. Zusätzlich wurden die angelegte Spannung mit einen geeigneten Spannungsteiler und die Schaltströme durch die am Meßwiderstand (500 kΩ) abfallende
Spannung über ein externes Oszilloskop (Tektronix TDS 1002) kontrolliert, wobei
3.7.2. Entalterung und Alterung von GMO-Einkristallen
41
die Spannung am Meßwiderstand durch einen Operationsverstärker (Analog Devices AD620) fünffach verstärkt wurde. Der Operationsverstärker dient dabei auch als
Schutz der folgenden Meßelektronik, falls es zu einem elektrischen Durchschlag der
Probe kommen sollte. Die Domänenwandbewegungen wurden aus einem Polarisationsmikroskop mit einer WebCam (Logitech Quickcam Pro 4000) über den USB im
PC aufgenommen.
3.7.2
Entalterung und Alterung von GMO-Einkristallen mit
Kristallwachstumsdefekten
Alterung und Entalterung von GMO-Einkristallen mit Kristallwachstumsdefekten
wurden temperaturabhängig gemessen. Ein Satz Experimente zu einem Temperaturwert, der zwischen 28 und 54◦ C variiert wurde, bestand aus drei Schritten:
1) Schritt eins beinhaltet die Entalterung eines über mindestens 18 Stunden bei
Raumtemperatur gealterten Zustands mit 150 bipolaren Zyklen einer Frequenz von
20mHz und einer Amplitude von 6,41 kV/cm.
2) In Schritt zwei wurden die Kristalle bei der selben Temperatur durch 750 Zyklen
gleicher Feldamplitude aber mit einer Frequenz von 400mHz entaltert.
3) In Schritt drei wurde die Alterung der Kristalle bestimmt. Dazu wurde zunächst
15 Sekunden nach Ende von Schritt zwei der Entalterungszustand durch Anlegen
eines Alterungsmeßzyklus charakterisiert. Ein Alterungsmeßzyklus besteht aus einem bipolaren Zyklus mit 6,41 kV/cm Amplitude und einer Frequenz von 40 mHz.
Diese gewählte Frequenz ist ein Kompromiß zwischen der Zeitauflösung der digitalen
Videokamera (Videostandard = 25 Bilder pro Sekunde) und dem Versuch, den Alterungsprozeß nicht durch Umschalten der spontanen Polarisation, bzw. ein extern
angelegtes Feld zu stören.
Danach wurde der Alterungszustand in länger werdenden Zeitintervallen durch
Anlegen je eines Meßzyklus charakterisiert. Zuerst wurde nach einer Minute, danach
nach 2, 4, 8, 16, 30, 60 und schließlich nach 120 Minuten gemessen, so daß die
Alterung von GMO über einen Zeitraum von 241 Minuten bestimmt wurde.
Die Kontrolle der Temperatur wurde mit einer Laborheizplatte (Ika) und kombinierter Fuzzy-Logic- Steuerung bewerkstelligt. Als thermischer Puffer lag zwischen
der Aluminiumschale, in der sich unter einer Glasabdeckung der Kristall befand und
der Heizplatte eine etwa 3 cm dicke Messingplatte, so daß die Temperatur auf etwa
± 1 K konstant gehalten werden konnte.
Für die AE-Messungen wurden unipolare Zyklen mit einer Amplitude von
6,41 kV/cm und einer Frequenz von 20 mHz verwendet.
42
KAPITEL 3. EXPERIMENTELLE METHODEN
3.7.3
Mechanische Defekte in GMO-Einkristallen
Vergleich des Schaltens ohne und mit mechanischen Defekten
Der GMO-Einkristall, in den nachträglich drei seitliche mechanisch mit der Domänenwand wechselwirkende Defekte eingebracht wurden (siehe Abb. 3.7), wurde zuvor
unter Aufnahme der AE geschaltet, um später den Einfluß der mechanischen Defekte
auf die AE zu untersuchen. Abbildung 3.14 zeigt die Probe vor dem Einbringen der
seitlichen Defekte. Zum Schalten wurden unipolare Zyklen mit 100 mHz bei einer
Abbildung 3.14: GMO-Einkristall vor dem Einbringen der drei seitlichen Defekte.
Amplitude von 6,41 kV/cm angelegt.
Nachdem die Defekte eingebracht waren, wurden unipolare Zyklen mit gleicher Frequenz aber höherer Amplitude von 8,33 kV/cm angelegt.
3.7.4
Elektrodendefekte in GMO-Einkristallen
Vergleich des Schaltens ohne und mit Elektrodendefekten
Der Einfluß der elektrischen Defekte generell wurde durch Vergleich von AE- und
BHP-Messungen am selben GMO-Einkristall vor und nach dem Einbringen der Elektrodendefekte untersucht. Vor Einbringen der Elektrodendefekte wurde der Kristall
mit drei unipolaren Zyklen einer Frequenz von 20 mHz und einer Amplitude von
-8,33 kV/cm geschaltet.
Nachdem die Elektrodendefekte eingebracht waren, wurde der Kristall mit 614
asymmetrischen Zyklen einer Frequenz von 40 mHz geschaltet, wobei die maximale
Feldstärke, die die Domänenwand von der feldfreien Ausgangsposition wegbewegte,
-10 kV/cm betrug, die maximale Feldstärke, die sie zurück zur Ausgangsposition
bewegte, 3,33 kV/cm.
Vergleich elektrischer Defekte mit mechanischen
Schließlich sollte auch der Einfluß der mechanischen Defekte auf AE und Schaltdynamik mit dem Einfluß der Elektrodendefekte auf AE und Schaltdynamik ver-
3.7.5. Umpolen von SLN-Einkristallen
43
glichen werden. Dazu wurde der GMO-Einkristall mit nur einem flachen seitlichen
Defekt, der in Abbildung 3.8 gezeigt ist, mit unipolaren Zyklen einer Feldfrequenz
von 10 mHz und einer Feldamplitude von 8,01 kV/cm geschaltet.
Durch Anlegen unipolarer Zyklen mit einer Feldamplitude von 9,61 kV/cm
und einer Frequenz von 10 mHz wurde der Kristall mit den Elektrodendefekten geschaltet, um den Einfluß der Elektrodendefekte auf AE und Schaltdynamik mit dem
Einfluß des seitlichen flachen Defekts auf AE und Schaltdynamik zu vergleichen.
Unter diesen Belastungsbedingungen bewegte sich die Domänenwand nur bis maximal zum dritten Defekt. Die schematische Abfolge der elektrisch detektierbaren
Schaltstromspitzen ist in Abbildung 4.29 gezeigt.
3.7.5
Umpolen von SLN-Einkristallen
Die 0,61 mm dicken Kristallplättchen in c-Orientierung wurden mit bipolaren Zyklen
einer Frequenz von 20 mHz und einer Spannungsamplitude von 3 kV geschaltet, was
einer Feldamplitude von 49,2 kV/cm entspricht. Dann wurden zwei Defekte aufgebracht, wie unter 3.3.3 auf Seite 35 beschrieben. Auch hierbei wurden die gleichen
elektrischen Belastungsbedingungen gewählt. Nach zehn Zyklen mit den Defekten
wurden diese wieder entfernt. Nachdem die Gelelektroden wieder aufgebracht waren, wurde mit dem zyklischen Schalten fortgefahren. Ein weiteres Experiment mit
gleichen elektrischen Belastungen bestand aus dem zyklischem Schalten mit einer
Anzahl von 230 Zyklen.
Kapitel 4
Ergebnisse und Diskussion
4.1
Betrachtungen zu Alterung und Entalterung
Wie in den folgenden Abschnitten gezeigt wird, werden sowohl in GMO als auch in
SLN starke Alterungs- bzw. Entalterungseffekte beobachtet. Bei Betrachtung eines
so einfachen Systems wie eines einachsigen Kristalls mit Elektroden senkrecht zur
polaren Richtung stellt sich die Frage, warum es überhaupt eine Triebkraft für Alterung bzw. Entalterung gibt. Wenn die Elektroden exakt senkrecht zur spontanen
Polarisation aufgebracht sind und die Abschirmung durch die Elektroden optimal
ist, gibt es keine Triebkraft für eine Ladungsumverteilung, ganz gleich durch welchen
mikroskopischen Mechanismus. Das depolarisierende Feld ist der spontanen Polarisation entgegengerichtet und wird von freien Elektronen auf den Elektroden völlig
kompensiert, so daß das Ferroelektrikum im Innern feldfrei ist. Deshalb gibt es in
erster Näherung keinen Grund für Alterungseffekte in diesen Systemen.
Offensichtlich gibt es zwischen dem ferroelektrischen Kristall und der Elektrode eine zusätzliche Grenzfläche. Dieser Fall und das daraus folgende Szenario ist in
Abbildung 4.1 schematisch skizziert.
Es kann sich also eine dielektrische oder zumindest weniger ferroelektrische Schicht
bilden (siehe Abbildung 4.1: dielektrische Schicht), die somit die durch die spontane
Polarisation hervorgerufenen Ladungen (eingekreist, 1), die wiederum das depolarisierende Feld aufbauen, räumlich von den kompensierenden Ladungen (2) auf den
Elektroden trennt. Dadurch können nun die äußeren elektrischen Ladungen (2) (aus
dem Stromkeis oder der Umgebung) das depolarisierende Feld nicht mehr völlig
kompensieren.
Das entstandene übriggebliebene Feld (restliches depolarisierendes Feld Erd ) ist somit der spontanen Polarisation entgegengerichtet und verursacht im Kristallinneren
eine Drift von Ladungsträgern zur Grenzfläche an der dielektrischen Schicht. Mit der
45
46
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
Domänenwand an einem Ort baut sich so mit der Zeit ein internes Biasfeld Ebias auf,
das das restliche depolarisierenden Feld Erd kompensiert. Die Alterung wird somit
vom nicht vollständig abgeschirmten Depolarisationsfeld getrieben, da der feldfreie
Zustand der energetisch günstigste ist.
Abbildung 4.1: Ferroelektrikum mit dielektrischer Schicht, die ein internes Biasfeld
hervorruft, a) im Gleichgewicht mit der DW in der Ausgangsposition, Klemmstelle
skizziert wie in Abb. 3.5 auf Seite 30 gezeigt; b) im ersten Zyklus, wobei die DW
die Klemmstelle beim Zurückschalten überwindet; c) nach mehreren Zyklen, wobei
die DW die Klemmstelle beim Zurückschalten erst bei negativem externen Feld Eext
überwinden kann.
Dieses Modell wird in der Literatur meist als ’Bulk Screening’-Modell bezeichnet [56, 57, 58, 59], da die Ladungen, die das Biasfeld aufbauen, aus dem Kristallinneren kommen.
Grossmann et al. zeigten jedoch, daß anstatt der vom restlichen depolarisierenden Feld Erd getriebenen Ladungen aus dem Inneren des Ferroelektrikums auch
injizierte Ladungen von den Elektroden für die Abschirmung des restlichen depo-
4.1 Betrachtungen zu Alterung und Entalterung
47
larisierenden Feldes verantwortlich sein können [59]. Diese Ladungsinjektion würde
durch das Feld in der dielektrischen Schicht (Ediel , siehe Abb. 4.1, b)) getrieben,
wobei die Tatsache, daß Ediel an den Grenzflächen der dielektrischen Schichten zum
Ferroelektrikum antiparallel zu Ebias ist, hier eine Lokalisierung von Ladungen begünstigt. In [60] zeigten die gleichen Autoren, daß Ediel im Falle metallischer Elektroden die Barrierenhöhe ΦB des Schottky-Kontakts erniedrigt und so den thermisch
aktivierten Stromfluß JS durch die dielektrische Schicht erhöht:
−e ΦB
q∆Φ
∗∗
2
JS = A T exp
exp
,
kB T
kB T
r
mit der Barrierenerniedrigung
∆Φ =
eEdiel
.
4πεdiel
(4.1)
(4.2)
A∗∗ ist hier die effektive Richardson-Konstante, kb die Boltzmann-Konstante, T die
Temperatur, e die Elementarladung und εdiel die dielektrische Konstante der dielektrischen Schicht. Dieses Modell wird ’Interface Screening Model’ genannt, da die
Ladungen, die in Form eines Biasfeldes das restliche depolarisierende Feld abschirmen, durch die Grenzfläche injiziert werden. In einer früheren Arbeit der gleichen
Gruppen [61] wurden PZT-Folien mit ca. 10 nm dünnen SrRuO3 -Schichten zwischen
dem PZT und den Platinelektroden untersucht. Die Ergebnisse deuten darauf hin,
daß hierbei die Injektion von Ladungsträgern durch die dielektrische Schicht hauptsächlich für die Entstehung des inneren Biasfeldes verantwortlich ist.
Ein drittes Modell zur Erklärung des Auftretens eines inneren Biasfeldes ist
das Modell der Orientierung von Defektdipolen [62], das jedoch hauptsächlich für
dotierte ferroelektrische Keramiken eine Rolle spielt.
Eine weitere Möglichkeit führt Dawber [63] an, der die Divergenz von gemessenen und tatsächlichen Koerzitivfeldern in ferroelektrischen Dünnschichtkondensatoren für Speicheranwendungen (FERAM) damit begründet, daß für reale Metallelektroden die Ladungsdichte an der Grenzfläche zwischen Ferroelektrikum und Metall
nicht beliebig hoch sein kann. Die Kontinuität der dielektrischen Verschiebung an
der Grenzfläche führt zur Thomas-Fermi-Abschirmlänge, über die ein elektrisches
Feld in den metallischen Elektroden abfällt. Dies hat die gleiche Auswirkung wie
eine dielektrische Schicht, nämlich daß das depolarisierende Feld im Inneren des
Ferroelektrikums nicht vollständig abgeschirmt wird.
Welches Modell für die hier verwendeten GMO-Einkristalle eher gültig ist,
läßt sich nur vermuten. Gegen eine Ladungsträgerinjektion durch die dielektrische
48
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
Schicht spricht, daß die Elektrode nicht aus Metall, sondern aus einem hochdotierten
Halbleiter besteht. Für eine Entstehung des Biasfeldes durch elektronische Ladungen aus dem Kristallinneren spricht die Erkenntnis, daß in einem GMO-Einkristall
ohne Elektroden im Vakuum die Abschirmung des depolarisierenden Feldes durch
Emission von Elektronen geschieht [64].
Das Wissen um eine dünne Grenzflächenschicht, die signifikanten Einfluß auf
die Eigenschaften eines Ferroelektrikums hat, ist nicht neu. Schon Känzig berichtete
1955 über eine etwa 10 nm dünne Schicht nahe der Oberfläche in BaTiO3 [65]. Auch
in der weiteren Erforschung des Barium-Titanats tauchen solche Oberflächenschichten mit kleinem Wert der dielektrischen Konstanten auf, so z.B. in [66], wo Drougard
und Landauer ihr Modell zur Erklärung der Dickenabhängigkeit der Schaltzeiten von
BaTiO3 auf der Existenz einer solchen Schicht aufbauen.
Taylor und Lechner vermuteten, daß der von ihnen beobachtete WartezeitEffekt, d.h. die Abnahme der Schaltgeschwindigkeit mit längerer Wartezeit zwischen
den einzelnen Umpolungen, auch durch eine Reduktion des effektiven Schaltfeldes
durch den Aufbau eines Raumladungsfeldes hervorgerufen worden sein könnte [67].
Jin und Zhu zeigten, daß bei bestimmten Kombinationen ferroelektrischer
Dünnschichten mit verschiedenen Elektrodenmaterialien Grenzflächenschichten auftreten, die das Ferroelektrikum gegen das externe elektrische Feld abschirmen und
so zu einer Verminderung der relativen Dielektrizitätskonstante und einem Anstieg
der Koerzitivfeldstärke führen [68].
4.2
4.2.1
Gadolinium-Molybdat (GMO)
Entalterung fast perfekter GMO-Einkristalle
Die Entalterung fast perfekter GMO-Einkristalle im Rahmen dieser Arbeit wurde in
einer Kooperation mit dem ’Ferroelectric Laboratory’ des ’Institute for Physics And
Applied Mathematics’ der ’Ural State University’ in Ekaterinburg (Russische Föderation) simuliert. Bei diesen Simulationen wurde beachtet, daß das interne Biasfeld
nur im statischen Zustand räumlich gleichförmig ist. Bei zyklischem Schalten ist die
DW-Kinetik ein sich iterativ entwickelnder Prozeß, der somit von der Kinetik des
vorhergehenden Zyklus abhängt, das heißt von der räumlichen Verteilung der Verweildauern im umgepolten Zustand [69, 70]. Dies ist in Abbildung 4.2 schematisch
gezeigt. (a) zeigt einen idealen Modellkristall mit der Domänenwand in der Mitte,
die durch bipolare Dreiecksfelder zyklisch bewegt wird. In b) ist die Entwicklung der
räumlichen Verteilung des internen Biasfeldes dargestellt, in c) die daraus folgende
4.2.1. Entalterung fast perfekter GMO-Einkristalle
49
Abbildung 4.2: Entwicklung des internen Biasfeldes als sich iterativ entwickelnder
Prozeß, a) Domänenkonfiguration des Modellkristalls; b) räumliche Verteilung des
internen Biasfeldes in Abhängigkeit der Zyklenzahl; c) daraus folgende Reduzierung
des Biasfeldsprungs an der Ausgangsposition; d) Verweildauer der betrachteten Position im umgepolten Zustand für einen Zyklus.
Verkleinerung des Biasfeldsprungs an der Ursprungsposition der DW mit der Zyklenzahl. (d) zeigt für einen Zyklus die Verweildauer einer bestimmten Position im
umgepolten Zustand. Die Zeitdauer eines Ortes im umgepolten Zustand pro Zyklus
tu errechnet sich folgendermaßen: tu = tr − tv , wie aus den Abbildungen 3.13, bzw.
4.2 ersichtlich wird. Für die Simulation wurde der Modellkristall als eindimensionale Anordnung von Elementen diskretisiert. Das lokale Schaltfeld Elok (x, t, N ) an
einer bestimmten Position x zur Zeit t im Zyklus N ist die Summe aus dem extern
angelegten Feld Eext (t), dem restlichen depolarisierenden Feld Erd (x, t, N ) und dem
internen Biasfeld Ebias (x, N ), das sich im vorherigen Zyklus gebildet hat:
Elok (x, t, N ) = Eext (t) + Erd (x, t, N ) + Ebias (x, N ) .
(4.3)
50
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
Die Domänenwandgeschwindigkeit v(Elok ) wird als proportional zum lokalen elektrischen Feld angenommen [35]:
v(Elok ) = µ(Elok − Ethr ) ,
(4.4)
wobei Ethr die Schwellfeldstärke (’threshold’) ist, unterhalb der keine Domänenwandbewegung auftritt; µ ist die Domänenwandbeweglichkeit. Eine mögliche Ursache dieses viskosen Verhaltens ist die Nukleation der umgekehrt polarisierten Domäne über
Stufen entlang der Domänenwand, die sich in (110)-Richtung ausbreiten [71]. Dies
wurde von Rosenman et al. durch Schalten eines GMO-Einkristalls ohne Elektroden
im Vakuum nachgewiesen [64], wobei der Kristall direkt hinter einem Elektronenvervielfacher mit Phosphorschirm angeordnet war. Die Ausbreitung der Stufe über die
Kristallbreite konnte deutlich als Leuchtspur auf dem Schirm ca. 40 ms lang beobachtet werden, bevor sich die Wand während der folgenden 40 ms über die gesamte
Länge der Probe bewegte.
Eine andere Erklärung für die viskose DW-Bewegung in GMO ist das Vorhandensein
von inneren Ladungsträgern und einem nicht vollständig kompensierten depolarisierenden Feld. Wie oben beschrieben entsteht ein internes Biasfeld, dessen räumliche
Verteilung vor allem direkt an der DW einen entscheidenden Einfluß auf die Nukleationswahrscheinlichkeit der umgekehrt polarisierten Domäne hat [72].
In der Simulation wurde kein bestimmter Abschirmmechanismus gewählt. Die
Kinetik der Abschirmung wurde durch eine einzige Zeitkonstante τ beschrieben. Die
Periode der Schaltzyklen wird mit tp bezeichnet.
Ebias (x, N ) = Ebias (x, N − 1) exp(−tp /τ ) + Erd [1 − exp(−tp /τ )] tu (x, N )/tp
(4.5)
Unter der Annahme, daß tp τ ist, kann Gleichung 4.5 vereinfacht werden zu:
Ebias (x, N ) = Ebias (x, N − 1) (1 − tp /τ ) − hErd (x, N − 1)i tp /τ ,
(4.6)
wobei hErd i = Erd tu /tp .
Der simulierte Verlauf des Biasfeldsprungs mit der Zyklenzahl (s. Abb. 4.5, rechts)
wurde mit Gleichung 4.7 genähert:
∆Ebias, sim (N ) = 2Ebias, 0 exp(−N/Ne ) .
(4.7)
Ne ist die charakteristische Zyklenzahl der Entalterung, die mit der mittleren Zeit
im umgepolten Zustand tu multipliziert der Zeitkonstante entspricht. Der Effekt
der Entalterung repräsentiert einen Anstieg der geschalteten Ladungsmenge, wie
hier für relativ stark gealterte Zustände (|Ebias, 0 |/Erd > 0, 5) simuliert ist, siehe
4.2.1. Entalterung fast perfekter GMO-Einkristalle
51
Abbildung 4.4 rechts. Die simulierte geschaltete Ladungsmenge wurde mit Gleichung
4.8 gefittet:
Qs, sim (N ) = Qs, ∞ − ∆Qe exp(−N/Ne ) .
(4.8)
Qs, ∞ ist die maximale geschaltete Ladungsmenge nach unendlich langem Zyklieren,
∆Qe die Ladungsamplitude, Ne ist auch hier die charakteristische Zyklenzahl der
Entalterung.
Ein Vergleich der Entalterung von nahezu perfekten GMO-Einkristallen mit
Simulationsergebnissen zeigt qualitativ eine sehr gute Übereinstimmung, wie in den
Abbildungen 4.3 - 4.6 zu sehen ist. Für die experimentellen Ergebnisse der geschalteten Ladungsmenge (Abb. 4.4, links) und des Biasfeldsprungs (Abb. 4.5, rechts)
war ein Fitten mit nur einer Relaxationszeit nicht effektiv, daher wurden Exponentialgleichungen zweiter Ordnung verwendet:
Qs, exp (N ) = Qs, max − ∆Qs1 exp(−N/Ne1 ) − ∆Qs2 exp(−N/Ne2 ) ,
(4.9)
∆Ebias, exp (N ) = Ebias, max + ∆Ebias1 exp(−N/Ne1 ) − ∆Ebias2 exp(−N/Ne2 ) . (4.10)
Mit Gleichung 4.9 wurden die experimentellen Datenpunkte der geschalteten Ladungsmenge gefittet, was die charakteristischen Zyklenzahlen Ne1 = 35 ± 3 und
Ne2 = 1370 ± 310 ergab. Bei einer Periodendauer von 0,1 s unter der Annahme daß
der Kristall sich pro Zyklus im Mittel 0,05 s im umgepolten Zustand befand, ergeben
sich aus der Entalterung der geschalteten Ladung Entalterungszeitkonstanten von
τe1 = 1, 75 ± 0, 15 s und τe2 = 68, 5 ± 15, 5 s.
Gleichung 4.10 wurde verwendet, um den experimentellen Verlauf des Biasfeldsprungs mit der Zyklenzahl zu fitten. Es wurden die charakteristischen Zyklenzahlen
Ne1 = 27±3 und Ne2 = 1650±280 erhalten, die unter der gleichen Annahme wie zuvor bei der geschalteten Ladung Entalterungszeitkonstanten von τe1 = 1, 35 ± 0, 15 s
und τe2 = 82, 5 ± 14 s liefern.
Die jeweiligen Entalterungszeitkonstanten stimmen gut überein, so daß sich insgesamt für die DW-Bewegung in den fast perfekten GMO-Einkristallen unter den
hier gewählten elektrischen Belastungsbedingungen Entalterungszeitkonstanten von
τe1 = 1, 55 ± 0, 2 s und τe2 = 75, 5 ± 7 s ergaben.
Auch Bol’shakova et al. fanden für das Umschalten von GMO zwei Relaxationszeiten
[73], die jedoch nicht näher evaluiert wurden.
In den Meßergebnissen ist für den Schaltstrom (s. Abb. 4.3) und für die räumliche Verteilung des internen Biasfeldes (s. Abb. 4.6) eine deutliche Asymmetrie im
Vergleich zu den jeweiligen Simulationsergebnissen zu sehen. Dies rührt daher, daß in
52
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
den realen Proben einerseits die Ursprungsposition der DW nie genau in der Mitte
der Probe war, wie dies simuliert wurde, andererseits geringe Stöchiometriegradienten aus der Kristallzucht vorhanden waren. In der Simulation dagegen war der
(a )
1 .2
S c h a lts tr o m
0 .8
(a .u .)
Z y k le n z a h l
1 2
4 4
4 9 6 4
1 .6
0 .4
0 .0
2 .6
1 .3
0 .0
-1 .3
(b )
0
1 0
2 0
3 0
4 0
F e ld ( a .u .)
Feld (kV/cm) Schaltstrom (µA)
Modellkristall ideal homogen.
Z y k le n z a h l
0 .8
2 5 6
1 2 8
I
1 6
0 .6
(a )
2 5 6
1 2 8
6 4
0 .4
II
6 4
1
1 6
1
0 .2
0 .0
1 .0
(b )
0 .5
0 .0
5 0
1
2
3
Z e it ( m s )
4
5
Z e it ( a .u .)
Abbildung 4.3: Entalterung in GMO: Entwicklung des Schaltstroms mit elektrischem
0 .8
1 .0
W a n d v e r s c h ie b u n g
E le k tr . L a d u n g
0 .8
0 .6
0 .6
0 .4
0 .4
0 .2
0 .2
0 .0
0 .0
1 0
1 0 0
1 0 0 0
Z y k le n z a h l
1 .0
E le k tr . L a d u n g ( a .u .)
E le k tr . L a d u n g ( a .u .)
1 .0
W a n d v e r s c h ie b u n g ( a .u .)
Zyklieren, links Meß-, rechts Simulationsergebnis.
0 .8
E
0 .5
b 0
rd
1 .0
0 .8
0 .6
0 .3
0 .0
/E
1
1 0
1 0 0
1 0 0 0
Z y k le n z a h l
Abbildung 4.4: Entalterung in GMO: Vergrößerung der geschalteten Ladungsmenge,
links Meß-, rechts Simulationsergebnis.
rd
2 .8
B i a s f e l d s p r u n g ( ∆E b / E
B ia s f e ld s p r u n g ( k V / c m )
)
4.2.1. Entalterung fast perfekter GMO-Einkristalle
2 .6
2 .4
2 .2
2 .0
1 .8
1
1 0
1 0 0
53
2 .0
1 .5
1 .0
0 .5
0 .0
1
1 0 0 0
1 0
1 0 0
1 0 0 0
Z y k le n z a h l
Z y k le n z a h l
Abbildung 4.5: Entalterung in GMO: Entwicklung des Bias-Feldsprungs mit elektri-
-1
-0 .1
0 .0
0 .1
A b s ta n d (m m )
1
/E
rd
)
1 6
6 4
1 2 8
rd
2 5 6
1 0 2 4
II
b
/ E
I
0
∆E
0
Z y k le n z a h l
1
b
Z y k le n z a h l
1 2
4 4
4 9 6 4
1
B ia s fe ld ( E
B ia s fe ld ( k V /c m )
schem Zyklieren, links Meß-, rechts Simulationsergebnis.
-1
0
2
4
6
A b s ta n d (a .u .)
Abbildung 4.6: Entalterung in GMO: Räumliche Verteilung des internen Biasfeldes,
links Meß-, rechts Simulationsergebnis.
54
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
4.2.2
Entalterung von GMO-Einkristallen mit Kristallwachstumsdefekten
In Abbildung 4.7 sind die gemessenen Feldstärken Ef rei , bei denen die Domänenwand
auf dem Weg zurück zur Ausgangsposition von der sie klemmenden Defektstelle frei
wird, gegen die Zyklenzahl aufgetragen. Diese Feldstärke korrespondiert mit der Zeit,
die aus den Videodateien für jeden Zyklus erhalten wurde (schematisch tr in Abb.
3.13 auf Seite 40).
Die gemessenen Verläufe für verschiedene Temperaturen wurden mit einer Exponentialgleichung erster Ordnung gefittet:
Ef rei (N ) = Ef rei,max + ∆Ef rei exp(−N/Ne )
(4.11)
Aus den stark unterschiedlichen Verläufen von Ef rei (T ) wurde geschlußfolgert, daß
1 .0
0 .5
-0 .5
-1 .0
E
fre i
(k V /c m )
0 .0
28°C
33°C
36°C
40°C
-1 .5
-2 .0
1
44°C
49°C
54°C
1 0
1 0 0
Z y k le n z a h l
Abbildung 4.7: Entalterung in GMO bei verschiedenen Temperaturen.
der Prozeß der Entalterung thermisch aktiviert ist. Unter dieser Annahme und der
Annahme einer einfachen Arrhenius -Abhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten,
die hier den effektiven Zyklenzahlen Ne (T ) entspricht, konnte nach Gleichung 4.12
die Aktivierungsenergie WA,e bestimmt werden.
Ne ∝ exp(−WA,e /(kB T ))
(4.12)
4.2.3. Alterung von GMO mit Kristallwachstumsdefekten
55
In der Arrhenius-Auftragung ln(1/Ne ) gegen 1/T , wie in Abbildung 4.8 gezeigt, ist
die Steigung der gefitteten Geraden nach Gleichung 4.12 gleich −WA,e /kB und die
Aktivierungsenergie WA,e beträgt 0, 79 ± 0, 06 eV.
WA,e = 0,79 ± 0,06 eV
ln (1 /N
e
)
-2
-3
-4
0 .0 0 3 1
0 .0 0 3 2
0 .0 0 3 3
1 /T (1 /K )
Abbildung 4.8: Arrhenius-Auftragung zur Entalterung in GMO.
4.2.3
Alterung von GMO-Einkristallen mit Kristallwachstumsdefekten
Die Verläufe von Ef rei (T ) gegen die Zyklenzahl der Alterungsexperimente sind in
Abbildung 4.9 dargestellt. Wie aus der Abbildung ersichtlich, ist auch die Alterung
stark temperaturabhängig. Die Daten wurden nur bis zu einer Zeit von 3700 s gefittet, um eine Vergleichbarkeit mit den Entalterungsexperimenten herzustellen. Dort
beträgt die Zeit im geschalteten Zustand bei 150 gemessenen Zyklen 3750 s, unter
der Annahme, daß der Kristall am Ort der Markierungsdefektstelle im Mittel die
Hälfte der Zyklendauer im geschalteten Zustand verweilt. Vor allem in den Alterungsverläufen für 54 und 48◦ C ist zu erkennen, daß für längere Alterungszeiten ein
weiterer Mechanismus beiträgt. Zum Fitten der Alterung wurde analog zum Fitten
der Entalterung eine Exponentialgleichung erster Ordnung verwendet (s. Gl. 4.13).
Aus der Arrhenius-Auftragung (Abb. 4.10) läßt sich analog zur Entalterung die Aktivierungsenergie der Alterung ermitteln. Für den Alterungsprozeß beträgt WA,a etwa
0,72 ± 0,06 eV, so daß a priori davon ausgegangen werden kann, daß die dominanten
Ladungsträger für Alterung und Entalterung die selben sind.
Ef rei (N ) = Ef rei,min − ∆Ef rei exp(−ta /τa )
(4.13)
56
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
28°C
33°C
36°C
40°C
1
0
(k V /c m )
fr e i
E
44°C
49°C
54°C
-1
28°C
33°C
36°C
1 0
1
1 0
2
1 0
3
40°C
44°C
49°C
54°C
1 0
4
A lte r u n g s z e it (s )
Abbildung 4.9: Alterung in GMO bei verschiedenen Temperaturen.
Ein Vergleich der Zeitkonstanten von Alterung und Entalterung in GMO ist
in Abbildung 4.11 gezeigt. Wie in der Auftragung zu erkennen ist, sind außer für
28◦ C die jeweiligen Zeitkonstanten praktisch gleich. Die Zeitkonstanten der Alterung
wurden direkt aus den Fits, d.h. durch Gleichung 4.13 bestimmt.
Bei der Entalterung wurden aus den Fits (Gleichung 4.11) effektive Zyklenzahlen
Ne erhalten. Diese wurden zur Errechnung der Entalterungszeitkonstanten mit einer mittleren Zeitdauer der Position der Klemmstelle im umgepolten Zustand tu
multipliziert: τe = Ne · tu . Dabei wurde für tu nicht die Hälfte der Zyklendauer
(25 s), sondern eine geringere Zeitdauer von 20 s angenommen, da tu = 25 s erst im
entalterten Zustand erreicht wird.
Bei 28◦ C ist die Kinetik der Entalterung derart verlangsamt, daß selbst eine
mittlere Zeitdauer im umgepolten Zustand tu = 20 s zu einer Überschätzung der
Zeitkonstante der Entalterung im Vergleich zu der der Alterung führt (s. Abb. 4.11).
Nach Shur und Rumyantsev [74] ist bekannt, daß die Prozeßrate der Abschirmung durch Ladungsträger aus dem Kristallinneren stark temperaturabhängig ist
und durch Erhitzen der Probe um Größenordnungen beschleunigt werden kann. In
dieser Arbeit wurden die Raten (= 1/τ ) bei einer Temperaturerhöhung um 26◦ C
von 28 auf 54◦ C um eine Größenordnung beschleunigt, wie aus Abbildung 4.11 ersichtlich.
4.2.3. Alterung von GMO mit Kristallwachstumsdefekten
WA,a = 0,72 ± 0,06 eV
-5
ln (1 /t a)
57
-6
-7
0 .0 0 3 1
0 .0 0 3 2
0 .0 0 3 3
1 /T (1 /K )
Abbildung 4.10: Arrhenius-Auftragung zur Alterung in GMO.
Die Vermutung, daß es sich in GMO bei Alterung und Entalterung um den
selben Prozeß handelt, der jeweils in umgekehrten Richtungen abläuft, wird zum
einen durch die praktische Gleichheit der jeweiligen Zeitkonstanten, zum anderen
durch die Tatsache, daß die Aktivierungsenergien ebenfalls praktisch gleich sind,
gestützt.
Die Zeitkonstanten von Entalterung und Alterung des Schaltens bei 20 mHz
in Kristallen mit eingewachsenen Defekten sind viel größer als die beiden Zeitkonstanten der Entalterung der fast perfekten GMO-Kristalle, die mit 10 Hz geschaltet
wurden. Skaliert man diese Werte auf die Periodendauer des 20 mHz-Experiments,
ergeben sich τe1 = 775 s und τe2 = 37750 s. Die erste Zeitkonstante ist dann für eine
Temperatur von 25◦ C immer noch rund die Hälfte kleiner, als für die Kristalle mit
den eingewachsenen Defekten für diese Temperatur zu erwarten gewesen wäre, aber
da die Kristalle quasi defektfrei sind, macht es Sinn, daß die Zeitkonstante kleiner
ist. Ein Analog zur skalierten Relaxationszeit τe2 kann bei Zyklenzahlen von nur 150
nicht gefunden werden; Bei der Alterung macht sich dieser Prozeß ab Alterungszeiten, die etwa eine Größenordnung kleiner sind, vor allem bei erhöhten Temperaturen
ab etwa 40◦ C bemerkbar, konnte jedoch nicht verläßlich evaluiert werden.
Bei einer theoretischen Betrachtung der Alterung in uniaxialen Systemen fand
Balke ebenfalls ein logarithmisches Zeitgesetz [75]:
xs (t) = a[1 − exp(−bt)] ,
(4.14)
das analog zu den hier experimentell gefundenen Gleichungen zur Beschreibung der
Alterung bzw. Entalterung ist (vergleiche Gl. 4.14 mit Gl. 4.13 bzw. Gl. 4.11). a
und b sind systemabhängige Konstanten. Mit xs wird der Ort des sich ausbildenden
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
Z e itk o n s ta n te
t (s )
58
1 4 0 0
τa
1 2 0 0
τe
1 0 0 0
8 0 0
6 0 0
4 0 0
2 0 0
0
2 8
3 2
3 6
4 0
4 4
T (°C)
4 8
5 2
5 6
Abbildung 4.11: Vergleich der Zeitkonstanten von Alterung und Entalterung in
GMO.
Defektkonzentrationssprunges in einer Domäne bezeichnet, wobei für die Ladungsträgerbewegung reine Drift angenommen, d.h. die Diffusion vernachlässigt wurde,
um die erhaltene Differentialgleichung analytisch lösen zu können. Bei Einbeziehung
der Diffusion ist das Problem nur noch numerisch zu lösen. Die Werte für xs zeigen
einen vergleichbaren Verlauf, sind jedoch erwartungsgemäß etwas geringer, da die
Diffusion der Drift entgegenwirkt. In ihrer Arbeit ging Balke von einem einzigen Ladungsträgertyp und einer homogenen Anfangsdefektverteilung aus, weiterhin wurde
angenommen, daß die Ladungsträger die Domäne nicht verlassen können.
Die abgeschätzten Rückstellkräfte auf 180◦ - und 90◦ -Domänenwände in BaTiO3 werden von ihr mit 107 N/m2 angegeben und sind somit wesentlich größer als der Einfluß
der Defektdipole aus dem bisher verbreiteten Alterungsmodell nach Arlt [62].
Kalinin, Johnson und Bonnell [76] untersuchten die Abschirmung einer BaTiO3
(100)-Oberfläche und fanden für die Abschirmungskinetik eine schwache Temperaturabhängigkeit mit einer Aktivierungsenergie von ≈ 4 kJ/mol, was etwa 0,04 eV
entspricht. Dieser Wert ist signifikant kleiner als der für eine (001)-GMO-Oberfläche
gefundene von rund 0,7 eV, doch handelt es sich hier um ein anderes System. Der
wesentlichste Unterschied war, daß der BaTiO3 -Kristall nicht mit Elektroden versehen war, so daß sich möglicherweise keine dielektrische Schicht bilden konnte, was
eine Abschirmung, sei es durch Ladungsträger aus dem Kristallinneren oder solche
aus der Umgebung, viel leichter macht.
4.2.4. Wechselwirkung mit eingewachsenen Kristalldefekten in GMO
4.2.4
59
Wechselwirkung mit eingewachsenen Kristalldefekten
in GMO
In GMO-Einkristallen mit eingewachsenen Defekten erzeugen die diskontinuierlichen
Bewegungen des Klemmens und Wiederlosreißens der Domänenwand an der Position
der größten Wechselwirkung (siehe Abb. 3.5) in jedem Zyklus AE, die vom Entalterungszustand und von der Temperatur abhängig sind. Abbildung 4.12 (a) zeigt
die AE-Amplituden von drei Zyklen bei 10◦ C im gealterten Kristall. Die AE dreier
Zyklen im stärker entalterten Kristall nach etwa 80 Zyklen sind in (b) dargestellt.
In Abbildungen 4.13 sind die AE-Amplituden dreier Zyklen bei 20◦ C im gealterten (a) und im stärker entalterten Zustand (b) (nach ca. 90 Zyklen) dargestellt.
Das angelegte Feld hatte hier und bei den folgenden 30◦ C–Messungen eine andere
Richtung, da der Kristall um 180◦ verdreht in die AE-Wanne eingebaut war, was
jedoch keinerlei Auswirkungen auf die Messungen hatte.
Bei 30◦ C wurde eine weitere Meßreihe durchgeführt. Abbildung 4.14 (a) zeigt
die AE-Amplituden von drei Zyklen im gealterten GMO-Einkristall. Nach etwa 65
Zyklen sind die AE-Amplituden dreier Zyklen im entalterten Zustand in Abbildung
4.14 (b) gezeigt, wo zu erkennen ist, daß die Domänenwand erst nach Beenden des
Zyklus, d.h. im bereits feldfreien Zustand zurückschaltet. Die Probe ist hier schon
so weit entaltert, daß die Domänenwand dem äußeren Feld kaum noch folgt, da das
innere Biasfeld und damit die Rücktriebkraft durch das wiederholte Umpolen stark
abgenommen hat.
Diese Situation, in der die DW erst bei umgekehrtem Vorzeichen des angelegten
Feldes die Klemmstelle überwinden kann, ist in Abbildung 4.1 c) schematisch dargestellt. In b) ist das System bestrebt, das hohe innere Feld (Summe aus restlichem
depolarisierendem Feld Erd und internem Biasfeld Ebias ) durch Umpolen abzubauen, was eine rückwärtsgerichtete hohe elektrische Triebkraft auf die DW ausübt, so
daß sie noch bei positivem äußeren Feld Eext zurückschaltet. In c) ist Ebias + Erd
soweit vermindert, daß die elektrische Triebkraft nicht ausreicht, die DW von der
Klemmstelle loszureißen, und erst wenn die Richtung des äußeren Feldes umgekehrt
ist, springt die DW zurück in die Ausgangsposition. Dies ist ebenfalls in 4.2.2 in
Abbildung 4.7 der Fall, wenn Ef rei negative Werte annimmt.
Die AE-Amplituden des Vorwärtsschaltens sind jeweils bei höheren Feldstärken zu finden, die des Zurückschaltens entsprechend bei niedrigeren Feldstärken, wie
in Abbildung 3.13 auf Seite 40 skizziert. Der Fall, daß die mit trn korrespondierende
Feldstärke gleich Null wird, ist in Abbildung 4.14 (b) gezeigt. Negative Feldstärken, bzw. solche mit umgekehrtem Vorzeichen konnten hier jedoch nicht gemessen
60
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
werden, da mit unipolaren Zyklen geschaltet wurde. Deshalb liegen die AE des Zurückschaltens alle bei 0 V. Die Ratenabhängigkeit der Feldstärke ist hier nicht zu
beobachten, da jeweils auf das Zurückschalten gewartet wurde.
4 2
A E - A m p litu d e (d B )
A E - A m p litu d e (d B )
4 2
3 9
3 6
3 3
3 0
3 9
3 6
3 3
3 0
0 .0
1 .6
3 .2
4 .8
Feldstärke (kV/cm)
6 .4
0 .0
1 .6
3 .2
4 .8
Feldstärke (kV/cm)
6 .4
Abbildung 4.12: AE in GMO bei 10◦ C links (a) in gealtertem, rechts (b) in entaltertem Zustand.
4 2
A E - A m p litu d e (d B )
A E - A m p litu d e (d B )
4 2
3 9
3 6
3 3
3 0
3 9
3 6
3 3
3 0
0 .0
-1 .6
-3 .2
-4 .8
Feldstärke (kV/cm)
-6 .4
0 .0
-1 .6
-3 .2
-4 .8
Feldstärke (kV/cm)
-6 .4
Abbildung 4.13: AE in GMO bei 20◦ C links (a) in gealtertem, rechts (b) in entaltertem Zustand.
Die Ergebnisse sind in Tabelle 4.1 dargestellt. Insgesamt ist zu erkennen, daß
mit steigenden Temperaturen die AE-Amplituden abnehmen, zwischen 10◦ C und
20◦ C bedeutend stärker als zwischen 20◦ C und 30◦ C. Weiterhin läßt sich der Tabelle
sowie den Abbildungen 4.12 - 4.14 entnehmen, daß die AE-Amplituden vom gealterten zum entalterten Zustand ansteigen. Die mittlere Domänenwandgeschwindigkeit
4.2.4. Wechselwirkung mit eingewachsenen Kristalldefekten in GMO
4 2
A E - A m p litu d e (d B )
A E - A m p litu d e (d B )
4 2
61
3 9
3 6
3 3
3 0
3 9
3 6
3 3
3 0
0 .0
-1 .6
-3 .2
-4 .8
Feldstärke (kV/cm)
-6 .4
0 .0
-1 .6
-3 .2
-4 .8
Feldstärke (kV/cm)
-6 .4
Abbildung 4.14: AE in GMO bei 30◦ C links (a) in gealtertem, rechts (b) in entaltertem Zustand.
v wächst mit zunehmender Entalterung ebenfalls an. Bei der tiefsten Temperatur
läßt sich der Geschwindigkeitsanstieg noch nicht erkennen, weil hier die Entalterung
sehr langsam verläuft und nach 80 Zyklen noch nicht weit genug fortgeschritten ist.
Trotzdem werden auch hier die maximalen AE-Amplituden lauter.
Die AE-Amplituden der drei Zyklen in jeder der Abbildungen 4.12 - 4.14 stammen nicht von aufeinanderfolgenden Zyklen, daher liegen die Feldstärken des Auftretens der maximalen AE-Amplituden jeweils bei unterschiedlichen Werten. Das
heißt, auch während der Charakterisierung von jeweils ge- und entaltertem Zustand
fand weiterhin Entalterung statt. Die Tendenz, daß ein stärker entalterter Zustand
mit lauteren AE-Amplituden korreliert, ist auch hier deutlich zu erkennen, z.B. im
entalterten Zustand bei 20◦ C (Abb. 4.13 (b)), wo das Zurückschalten AE mit Amplituden größer als 38 dB erzeugt: je kleiner die Feldstärke, bei der die Rückschaltung
stattfindet (d.h. je stärker entaltert), desto höher die AE-Amplitude. Sowohl beim
Vorwärts- als auch beim Rückwärtsschalten im entalterten Zustand bei 10◦ C (in
Abb. 4.12 (b)) sind jeweils die AE bei kleineren Feldern lauter. Bei 30◦ C ist dieser
Effekt kaum noch zu erkennen.
Für diese Art von Kristallen ist nachgewiesen, daß AE und BHP nicht immer
gleichzeitig auftreten [77]. Die Ultraschallspektren von solchen AE-Ereignissen, die
gleichzeitig mit BHP auftreten, sind deutlich verschieden von denen, die sich nicht
mit BHP überschneiden. Die DW beginnt sich bei schwacher Feldüberhöhung wie
hier gegeben, durch Nukleation von Stufen zu bewegen [57], was beim ersten Schalten
mit relativ vielen AE-Ereignissen verbunden ist [77]. Bei weiterem zyklischen Schal-
62
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
T (◦ C)
10
20
30
v (mm/s)
1
1
1
AEmax (dB)
33
30
32
v (mm/s)
2,5
4
7
AEmax (dB)
34,5
33
33
v (mm/s)
1
1,5
2,5
AEmax (dB)
37,5
33
34,5
v (mm/s)
2,5
10
14
AEmax (dB)
41
37
34,5
Bewegung vorwärts
gealtert
Bewegung rückwärts
Bewegung vorwärts
entaltert
Bewegung rückwärts
Tabelle 4.1: Domänenwandbewegung in GMO mit eingewachsenen Defekten bei
verschiedenen Temperaturen und in verschieden stark gealterten Zuständen. Gezeigt sind die Werte der mittleren DW-Geschwindigkeit und der maximalen AEAmplituden bei verschiedenen Temperaturen jeweils für die Vorwärts- und Rückwärtsbewegung im gealterten und entalterten Zustand desselben Kristalls. v wurde
auf einer etwa 2 mm langen Meßstrecke zwischen der Ausgangsposition und der
Klemmstelle gemessen.
ten ist auch hier zu erkennen, daß die AE-Amplituden mit der Zyklenzahl ansteigen,
was sehr gut mit den Ergebnissen dieser Arbeit übereinstimmt.
Es wurde schon früher gezeigt, daß das Losreißen der Domänenwand von gealterten Positionen durch BHP nicht detektiert werden kann, da der Ladungsfluß auf
die Elektroden durch die Stufennukleation der umgekehrt polarisierten Domäne sehr
klein ist. Akustisch kann dieser Prozeß nachgewiesen werden, da durch Stufenbewegungen der DW diese selbst zu Schwingungen angeregt wird und als schwingende
Membran Schallwellen emittiert. Für diskontinuierliche Sprünge über größere Kristallbereiche sind für AE und BHP sehr wohl Koinzidenzen zu finden [78].
4.2.5. GMO-Einkristalle mit nachträglich eingebrachten Defekten
4.2.5
63
Entalterung, BHP und AE in GMO-Einkristallen mit
nachträglich eingebrachten Defekten
Mechanische Defekte
Auch mechanische Defekte haben einen Einfluß auf die Domänenwanddynamik, dieser ist allerdings nicht so ausgeprägt, wie bei den Elektrodendefekten. In Abbildung
4.15 sind die AE beim Schalten des Kristalls vor Einbringen der drei seitlichen Defekte gezeigt. Die lautesten AE liegen bei etwa 38 dB. Nach Einbringen der seitlichen
Defekte wurde der Kristall erneut geschaltet und dabei die AE aufgenommen, das
Ergebnis ist in Abbildung 4.16 gezeigt. Die lautesten AE liegen immer noch bei
38 dB, allerdings hat sich die Zahl der Ereignisse mit kleinerer Amplitude aufgrund
der Wechselwirkungen der Domänenwand mit den Defekten erhöht. Die Auswirkungen auf die Domänenwanddynamik sind also nicht sonderlich ausgeprägt, was durch
eine Finite-Elemente-Modellierung (FEM) bestätigt wurde, wie weiter unten in 4.2.6
gezeigt.
Ebenfalls zu erkennen ist, daß beim Schalten in konstanten Zeitabständen wie in Abbildung 4.16 die Domänenwandbewegung nahezu vollständig reproduzierbar ist, was
in der rechten Auftragung daran zu erkennen ist, daß die drei lautesten AE nahezu
bei der gleichen Feldstärke und mit gleichen Amplituden erscheinen. In Abbildung
4.15 hingegen wurden die Zyklen von Hand gestartet, also mit leicht variierenden
Zeitabständen zwischen den einzelnen Zyklen. Das hat zur Folge, daß das innere
Biasfeld nicht im dynamischen Gleichgewicht ist, sondern sich verändert und somit
verändert sich auch die von außen beobachtbare Feldstärke, bei der das Schalten
stattfindet. Auch die Triebkräfte zum Überwinden der Defekte variieren dann, was
sich in einer Variation der AE-Amplituden widerspiegelt.
64
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
4 0
4 .8
4 0
3 .2
3 5
1 .6
A E - A m p litu d e (d B )
Feldstärke (kV/cm)
AE - Amplitude (dB)
6 .4
3 8
3 6
3 4
3 2
3 0
3 0
0 .0
1 1 0
1 2 0
1 3 0
0 .0
1 4 0
Z e it (s )
1 .6
3 .2
4 .8
Feldstärke (kV/cm)
6 .4
Abbildung 4.15: AE im GMO-Einkristall ohne seitliche Defekte, siehe Abb. 3.14.
4 0
4 0
4 .8
3 .2
3 5
1 .6
A E - A m p litu d e (d B )
6 .4
Feldstärke (kV/cm)
AE - Amplitude (dB)
8 .0
3 8
3 6
3 4
3 2
3 0
3 0
0 .0
1 0 0
1 1 0
Z e it (s )
1 2 0
0 .0
1 .6
3 .2
4 .8
6 .4
Feldstärke (kV/cm)
8 .0
Abbildung 4.16: AE im GMO-Einkristall mit seitlichen Defekten, siehe Abb. 3.7.
4.2.5. GMO-Einkristalle mit nachträglich eingebrachten Defekten
65
In dem Kristall mit nur einem seitlichen Defekt (Abb. 3.8) bestand sowohl die
Vorwärts- als auch die Rückwärtsbewegung der Domänenwand aus je einem Sprung
über den Defekt zum jeweils anderen Ende des Bewegungsbereichs.
Das Zurückspringen der Wand über den Defekt ist deutlich vom Entalterungszustand der Probe abhängig. Zum einen nimmt die maximale Geschwindigkeit der
Domänenwand mit zunehmender Entalterung zu, wie in den Abbildungen 4.17 und
4.18 zu erkennen ist. Jede der vier Kurven ist aus mindestens zwei Messungen mit
vergleichbaren Entalterungszuständen gemittelt. Ferroelektrische Barkhausenpulse
wie in Abbildung 4.17 links werden in den ersten zwei bis drei Zyklen gemessen,
für die drei bis vier folgenden Zyklen erhält man ein elektrisches Signal wie in der
gleichen Abbildung rechts gezeigt. Bei weiterer Entalterung für die darauf folgenden
drei bis vier Zyklen steigt der Schaltstrom weiter an (Abb. 4.18 links). Ab dem 10.
Zyklus etwa ist der Kristall soweit entaltert, daß der Schaltstrom nunmehr ca. 2,1 µA
groß ist, was in dieser Probe einer Domänenwandgeschwindigkeit von 0,41 m/s entspricht (Abb. 4.18 rechts). Der zunehmende Strom in den tatsächlichen Messungen
während der Pulse deutet auf eine weitere Beschleunigung der DW hin.
Die Bewegung des Vorwärtsschaltens ist kaum von der Entalterung des Kristalls abhängig. Abbildung 4.19 zeigt den BHP, der aus 14 Messungen gemittelt
wurde. Der maximale Schaltstrom von etwa 1,4 µA entspricht einer Domänenwandgeschwindigkeit von 0,27 m/s. Der bremsende Einfluß des Defekts auf die Bewegung
der Domänenwand ist hier deutlich zu erkennen, da der Betrag des Schaltstroms
nach etwa 70% der Fläche unter der Kurve abnimmt. Der Verlauf des Schaltstroms
wurde in grober Näherung als Rechteck betrachtet, da in Proben dieser Geometrie
bei konstantem Strom die Zeit in der Stromkurve der Wegstrecke der Domänenwand
proportional ist, siehe 3.6 auf Seite 38. Nach dieser Näherung ist die Verlangsamung
der Domänenwand eindeutig auf die Wechselwirkung mit dem seitlichen Defekt zurückzuführen, da der Abstand der Defektposition von der Ausgangsposition auch
etwa 70% der Wegstrecke bis zum Ende des Bewegungsbereichs beträgt, wie in Abbildung 3.9 auf Seite 34 zu sehen. Ein vorhergehendes Verlangsamen bei etwa 40%
der Gesamtbewegung ist auf die Wechselwirkung mit einem als dunklen Fleck unterhalb der Beschriftung ’0,7’ in der Mikroskopaufnahme zu erkennenden Kristallfehler
zurückzuführen.
Die AE in dieser Probe sind nicht sehr ausgeprägt, jedoch ist eine Abhängigkeit von der Entalterung der Probe zu erkennen, wie Abbildung 4.20 zeigt. Die
AE-Amplituden sind alle niedriger als 35 dB. Bei beginnendem Zyklieren, wenn
das innere Biasfeld noch sehr groß ist, liegen die AE unter 31 dB. Nach einigen
66
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
Zyklen nehmen die AE-Amplituden allmählich zu und erreichen nach fünf Zyklen
31,5 dB, nach 13 Zyklen 32,7 bzw. 33,3 dB. Das schnellere Zurückschalten im entalterten Zustand ist also mit höheren AE-Amplituden verbunden. Die AE-Amplituden
werden mit zunehmender Zyklenzahl größer. Mit steigender Entalterung steigt der
relative Einfluß des geometrischen Defekts auf die Gesamtklemmkraft, während die
Rücktriebskraft durch das Biasfeld abnimmt. Daher kann die äußere Feldstärke stärker abnehmen, bevor sich die DW vom Defekt losreißt, als im gealterten Zustand.
Da dieser kleineren äußeren Feldstärke eine vom Defekt deutlich weiter entfernte
Gleichgewichtsposition entspricht, kann die Wand größere Wegstrecken ungehindert
zurücklegen und die effektive Stromstärke steigt, während die Sprungdauer sinkt.
Die Abnahme des Biasfeldes ist deutlich an der Feldstärke des Zurückschaltens zu
erkennen. Nach 13 Zyklen schaltet der Kristall erst bei kleineren äußeren Feldstärken
zurück, da die elektrische Triebkraft des umgekehrt zur Polarisation des geschalteten
Kristalls orientierten Biasfeldes abgenommen hat.
2 .0
Schaltstrom (µA)
Schaltstrom (µA)
2 .0
1 .5
1 .0
0 .5
0 .0
1 .5
1 .0
0 .5
0
0 .0
2 0
4 0
Z e it (m s )
6 0
0
2 0
4 0
6 0
Z e it (m s )
Abbildung 4.17: BHP des Rückwärtsschaltens im GMO-Einkristall mit einem seitlichen Defekt, links gealterter, rechts etwas entalterter Zustand.
4.2.5. GMO-Einkristalle mit nachträglich eingebrachten Defekten
2 .0
Schaltstrom (µA)
Schaltstrom (µA)
2 .0
67
1 .5
1 .0
0 .5
0 .0
1 .5
0 .3
0 .7
1 .0
0 .5
0 .0
0
2 0
4 0
0
1 0
2 0
3 0
4 0
Z e it (m s )
Z e it (m s )
Abbildung 4.18: BHP des Rückwärtsschaltens im GMO-Einkristall mit einem seitlichen Defekt, vom linken zum rechten Bild zunehmend entaltert. Das rechte Bild
zeigt die Verlangsamung der DW aufgrund des seitlichen Defekts, siehe Abb. 3.9 auf
Seite 34.
Schaltstrom (µA)
0 .0
-0 .5
0 .7
0 .3
-1 .0
-1 .5
0
1 0
2 0
3 0
4 0
5 0
Z e it (m s )
Abbildung 4.19: BHP des Vorwärtsschaltens im GMO-Einkristall mit einem seitlichen Defekt, siehe Abb. 3.9 auf Seite 34. Die erste Verlangsamung nach ca. 40% der
Strecke durch den weiteren Kristalldefekt ist durch den Pfeil markiert.
68
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
Feldstärke (kV/cm)
AE - Amplitude (dB)
0 .0
n a c h 2 Z y k le n
n a c h 5 Z y k le n
n a c h 1 3 Z y k le n
3 8
-1 .6
3 6
-3 .2
3 4
-4 .8
3 2
-6 .4
-8 .0
3 0
2 0
4 0
6 0
8 0
1 0 0
1 2 0
Z e it (s )
Abbildung 4.20: AE im GMO-Einkristall mit einem seitlichen Defekt, siehe Abb. 3.8
auf Seite 33.
4.2.5. GMO-Einkristalle mit nachträglich eingebrachten Defekten
69
Elektrodendefekte
Vergleich des Schaltens ohne und mit Elektrodendefekten
Vor Einbringen der Elektrodendefekte gibt es in dem GMO-Einkristall einige AE
aufgrund von kleineren Defekten, wie Imperfektionen im Kristall oder kleinen Ausbrüchen der Elektroden in den Randbereichen. Wie in Abbildung 4.21 zu sehen,
liegen die Amplituden der AE deutlich unter 40 dB. Die Bewegung im gealterten
Kristall vor Einbringen der Elektrodendefekte unter der in den experimentellen Methoden beschriebenen Belastungsform gliedert sich in drei Sprünge der Wand von
der Ausgangsposition zum anderen Ende des Bewegungsbereichs. Die ersten beiden
Sprünge folgen kurz aufeinander, der erste umfaßt ca. 5,9%, der zweite ca. 4,5%
der Fläche von der Ausgangsposition zum Ende des Bewegungsbereichs. Beide werden nicht vom AE-System registriert, da ihre Scheitelwerte offenbar unterhalb der
Schwellwerte liegen. Der dritte Sprung mit ca. 89,6% bringt die Domänenwand zum
Ende des Bewegungsbereichs (31v in Abb. 4.21).
Schon im dritten Zyklus ändert sich jedoch die Abfolge der Sprünge, der erste
Sprung vergrößert sich von 5,9% zu 10,4% und wird dort terminiert, wo im ersten
Zyklus der zweite Sprung endet, was bedeutet, daß die Wechselwirkung der DW
mit der ersten Halteposition des ersten Zyklus durch das zyklische Schalten nicht
mehr groß genug ist, um die DW zum Stillstand zu bringen. Nun jedoch wird der
Sprung vom AE-System erfaßt (mit 13v in Abb. 4.21 markiert) und liegt mit 30,2 dB
wenig über der Schwelle (28,9 dB). Der zweite Sprung mit ca. 1,7% vom Anfang
zum Ende eines Ausbruchs am Elektrodenrand wird von der AMS3 nicht erfaßt
und der dritte Sprung mit ca. 87,9% bringt die Wand schließlich an den Rand ihres
Bewegungsbereiches (33v in Abb. 4.21). Beim Vergleich der AE-Daten des Vorwärtsschaltens dieser beiden Zyklen ist der Einfluß der Entalterung deutlich zu erkennen:
Einerseits schaltet der Kristall im dritten Zyklus bereits bei kleineren Feldstärken,
andererseits werden die AE lauter. Das stützt die These des kleiner werdenden inneren Biasfeldes, denn dadurch wird der relative Einfluß der elektrischen Defekte
größer.
Die Bewegung zurück zur Ausgangsposition ist in beiden Zyklen in drei Sprünge gegliedert, wobei die Abfolge der Sprünge beim Zurückschalten nicht vom Entalterungszustand des Kristalls abhängig ist. Der erste ist ein Sprung von etwa 2,4%,
der nicht in den AE-Daten auftaucht. Der zweite Sprung mit 62% (5r in Abb. 4.21)
führt zu einem weiteren Ausbruchs am Elektrodenrand und der letzte Sprung mit
35,6% zurück in die Ausgangsposition (6r in Abb. 4.21).
70
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
A E - A m p litu d e (d B )
6 0
5 5
1
3
v
5 0
3
4 5
r
6
v
1
4 0
5
3
r
3
v
3 5
3 0
-1 0
-8
-6
-4
-2
Feldstärke (kV/cm)
0
2
Abbildung 4.21: AE des 1. und 3. Zyklus im GMO-Einkristall vor Einbringen der
Elektrodendefekte.
Nach Einbringen der Defekte in die obere Elektrode erreichen einige AEAmplituden bei Bewegung der Domänenwand über die Defekte nahezu 60 dB, ein
großer Teil ist größer als 40 dB, was Abbildung 4.22 zeigt. Die Bewegung der Domänenwand im gealterten Kristall ist nun in sechs Sprünge unterteilt, d.h. in sieben
unterscheidbare AE-Ereignisse. Der erste Sprung 0v in Abbildung 4.22 reicht von
der Ausgangsposition bis vor Defekt eins. Mit dem zweiten Sprung 1v überkommt
die Wand Defekt eins und bleibt im zweiten Defekt hängen, wie in Abbildung 4.23
zu erkennen. Der dritte Sprung 2v (Abb. 4.22) bringt die Domänenwand über den
zweiten Defekt, doch im dritten Defekt kommt sie erneut zum Stillstand (siehe Abb.
4.24). Im vierten Sprung 3v überkommt die Wand den dritten und den vierten Defekt und bleibt danach stehen. Der fünfte Sprung 4v bringt die Wand bis vor den
fünften Defekt, vermutlich da hier die ITO-Elektrode an der im Bild oberen Kante
ausgebrochen ist, wie in Abbildung 4.25 zu erkennen ist. Das sechste AE-Ereignis 5v
rührt von kleinen diskontinuierlichen Domänenwandbewegungen her, in denen sich
die Wand weiter an den fünften Defekt annähert. Im siebten und letzten Sprung 6v
kommt die Wand über den fünften Defekt bis an die Grenze ihres Bewegungsbereichs
unter dem vorliegenden Bias-Feld.
4.2.5. GMO-Einkristalle mit nachträglich eingebrachten Defekten
5v
A E - A m p litu d e (d B )
6 0
6v
5 5
4v
5 0
2
3v v
1v
0v
0r
1r
2r
3r
71
5r
4r 6r
4 5
4 0
3 5
3 0
-1 0
-8
-6
-4
-2
Feldstärke (kV/cm)
0
2
Abbildung 4.22: AE im GMO-Einkristall mit Elektrodendefekten bei Beginn des
Zyklierens.
Die Bewegung der Domänenwand zurück in ihre Ausgangsposition bei fallender Feldstärke gliedert sich ebenfalls in sechs Sprünge mit insgesamt sieben unterscheidbaren
AE-Ereignissen. Der erste Sprung 0r reicht vom Rand des Bewegungsbereichs bis vor
den fünften Defekt. Im zweiten Sprung 1r springt die Wand über den fünften Defekt
und bleibt an der gleichen Position wie im Teil des Zyklus mit steigender Feldstärke
stehen (Abbildung 4.25), am selben Ausbruch und zwar an der Stelle, wo infolge
des Ausbruchs die Elektrode am schmälsten ist. Der dritte Sprung 2r bringt die
Wand weniger als einen zehntel Millimeter näher an die Ausgangsposition, gerade bis an den Rand des Ausbruchs, wo die nominelle Breite der Elektrode wieder
vorhanden ist. Im vierten Sprung 3r überkommt die Domänenwand den vierten Defekt und bleibt im dritten Defekt hängen, analog zu Abbildung 4.24. Das fünfte
AE-Ereignis 4r bezeichnet das Herausspringen der Wand aus dem dritten Defekt in
einem kleinen Sprung, sowie einen unmittelbar folgenden. Die Sprünge werden beide
von inneren Defekten hervorgerufen, wie in Abbildung 4.26 gezeigt.
72
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
Abbildung 4.23: DW während der Vorwärtsbewegung im GMO-Einkristall bleibt im
2. Defekt hängen.
Abbildung 4.24: DW während der Vorwärtsbewegung im GMO-Einkristall bleibt im
3. Defekt hängen.
Abbildung 4.25: DW während der Vorwärtsbewegung im GMO-Einkristall kommt
vor dem 5. Defekt zum Stillstand.
Abbildung 4.26: DW während der Rückwärtsbewegung im GMO-Einkristall mit zwei
möglicherweise durch innere Defekte verursachten Sprüngen. Beide Haltepositionen
wurden während einer Belichtung (40 ms) beobachtet.
4.2.5. GMO-Einkristalle mit nachträglich eingebrachten Defekten
2
3
4
5 5
3
v
v
1
1
5
r
v
5 0
4 5
r
2
v
{
A E - A m p litu d e (d B )
6 0
73
0
v
4 0
0
4
r
r
r
v
3 5
3 0
-1 0
-8
-6
-4
-2
Feldstärke (kV/cm)
0
2
Abbildung 4.27: AE im GMO-Einkristall mit Elektrodendefekten nach 600 Zyklen.
Das sechste AE-Ereignis 5r stammt von kleinen diskontinuierlichen Domänenwandbewegungen an der Position nach dem zweiten Sprung in Abbildung 4.26. Im
siebten und letzten Sprung 6r springt die Wand zurück in ihre Ausgangsposition
und überkommt dabei die beiden größten Defekte.
Zum Vergleich mit einem teilweise entalterten Zustand nach 600 Zyklen sind
in Abbildung 4.27 die AE dreier Zyklen mit gleicher elektrischer Belastung dargestellt. Abbildung 4.28 zeigt die zeitlichen Abfolgen der AE-Ereignisse und des
elektrischen Feldes für einen Zyklus. Beim Vorwärtsschalten lassen sich mindestens
sechs AE-Ereignisse unterscheiden (s. Abb. 4.27, 0v - 5v ). Der erste Sprung 0v geschieht zwischen der Ausgangsposition und dem ersten Defekt. Im zweiten Sprung 1v
kommt die Wand im ersten Defekt zum Stillstand, bevor sie im dritten Sprung 2v
den zweiten Defekt überwindet und danach an derselben Position stehenbleibt, wie
nach dem zweiten Sprung in Abbildung 4.26. Das vierte AE-Ereignis 2v besteht aus
kleinen diskontinuierlichen Domänenwandbewegungen, bevor die Wand im fünften
Sprung 4v über die Defekte drei, vier und fünf hinweg springt. Das sechste und letzte
AE-Ereignis 5v läßt sich nicht zuordnen, da sich die Domänenwand außerhalb des
beobachteten Bereichs befindet, doch offenbar hat das Zyklieren das innere Bias-
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
6 0
2
5 5
0
5 0
-2
4 5
-4
4 0
-6
3 5
-8
3 0
-1 0
3 4 3 0
3 4 4 0
Feldstärke (kV/cm)
AE - Amplitude (dB)
74
3 4 5 0
Z e it (s )
Abbildung 4.28: Verlauf von AE und elektrischem Feld im GMO-Einkristall mit
Elektrodendefekten nach 600 Zyklen.
Feld so weit abgeschwächt, daß sich der Bewegungsbereich erweitert hat und nun
eine weitere Halteposition überwunden werden kann.
Das Rückwärtsschalten weist fünf unterscheidbare AE-Ereignisse auf, 0r - 4r
in Abbildung 4.27, die sich fünf Sprüngen zurück in die Ausgangsposition zuordnen
lassen. Im ersten Sprung 0r kommt die Wand über den fünften Defekt hinweg und
bleibt an der selben Position stehen, wie in Abbildung 4.25 im gealterten Zustand.
Mit dem zweiten Sprung 1r überwindet die Domänenwand den vierten Defekt und
kommt an einem Elektrodenausbruch zwischen dem dritten und vierten Defekt zum
stehen. Der dritte Sprung 2r bringt die Wand über den dritten Defekt, wo sie an
inneren Defekten zum Stillstand kommt.
Durch Anlegen der maximalen Feldstärke für 30 min, bei der sich die Wand
jenseits des fünften Defekts befand, konnte eine neue feldfreie Gleichgewichtsposition der ebenen Domänenwand erreicht werden, ähnlich wie von Shur et al. für
inkohärente Domänenwände berichtet worden war [79]. Doch schon beim nächsten
elektrischen Zyklus wurde die vorherige, über Wochen eingeprägte Gleichgewichtsposition im feldfreien Zustand wieder eingenommen. Der zweite Defekt stellte in
diesem Zyklus jedoch eine ausreichende elektrische Barriere dar, um die Wand auf
dem Weg zurück in ihre alte Gleichgewichtsposition kurz zu stoppen.
4.2.5. GMO-Einkristalle mit nachträglich eingebrachten Defekten
75
Vergleich elektrischer Defekte mit mechanischen
Unter den hier verwendeten Belastungsbedingungen bewegt sich die Domänenwand
nur bis maximal zum dritten Defekt. Die schematische Abfolge der elektrisch detektierbaren Schaltstromspitzen ist in Abbildung 4.29 gezeigt. Die elektrisch gemessenen Schaltstromspitzen 1v - 5r der DW-Sprünge sind in den Abbildungen 4.30 4.32 gezeigt. Die Abbremsung der DW im ersten Sprung 1v ist in Abbildung 4.30
links mit t∗1 markiert. In der gleichen Abbildung im rechten Bild ist ein sehr abruptes Abbremsen der DW beim Erreichen des dritten Defektes zu erkennen (te2 ).
Beim Zurückschalten kommt die DW zuerst durch einen inneren Defekt zum Stillstand (Sprung 31r in Abb. 4.29, siehe t1e
3 in Abb. 4.31, links). Diese Halteposition
ist auch in Abbildung 4.26 deutlich zu sehen. Die diskontinuierlichen Bewegungen
der DW während der beiden übrigen Sprünge zurück zur Ausgangsposition sind in
den Abbildungen 4.31 rechts und 4.32 als starke Fluktuationen des Schaltstroms zu
erkennen.
Daß die Wechselwirkung vor allem bei Elektrodendefekten sehr ausgeprägt ist, war
nicht unbedingt zu erwarten gewesen, da die ferroelastische Dehnung gegenüber der
spontanen Polarisation im Vergleich zu anderen ferroelektrisch-ferroelastischen Materialien relativ groß ist. Auch die in 4.2.6 gezeigten FEM-Ergebnisse bestätigen,
daß die Wechselwirkung der DW mit den Elektrodendefekten viel stärker ist als mit
den mechanischen Defekten.
Abbildung 4.29: Schematische Darstellung der elektrisch detektierbaren Domänenwandsprünge im GMO- Einkristall mit Elektrodendefekten.
76
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
a
t
t
1
*
1
e
t
0
1
Schaltstrom (µA)
Schaltstrom (µA)
0
-1
-2
1
t
a
t
2
e
2
-1
-2
2
v
v
-3
-3
0
5
1 0
0
1 5
5
Z e it (m s )
1 0
1 5
Z e it (m s )
Abbildung 4.30: Schaltstrom der Domänenwandsprünge 1v und 2v in Abb. 4.29.
0 .8
1
3
2
3
r
Schaltstrom (µA)
Schaltstrom (µA)
0 .8
r
0 .6
0 .4
0 .2
0 .0
0
1 0
t
1 a
3
2 0
t
1 e
3
t
3 0
4
0 .6
0 .4
0 .2
0 .0
4 0
2 a
t
3
r
0
2 e
1 0
t
3
Z e it (m s )
a
2 0
3 0
t
4
Z e it (m s )
e
4
Schaltstrom (µA)
Abbildung 4.31: Schaltstrom der Domänenwandsprünge 3r und 4r in Abb. 4.29.
1 .2
5
r
0 .9
0 .6
0 .3
0 .0
0
5
t
a
1 0
t
5
e
1 5
5
Z e it (m s )
Abbildung 4.32: Schaltstrom des Domänenwandsprungs 5r in Abb. 4.29.
4.2.6. Finite-Elemente-Modellierung von GMO-Einkristallen
4.2.6
77
Finite-Elemente-Modellierung von GMO-Einkristallen
mit nachträglich erzeugten Defekten
In einer Kooperation mit dem Fachbereich Mechanik wurden von David Schrade im Rahmen seiner Diplomarbeit unter Betreuung von Prof. Dr. Ralf Müller
Finite-Elemente-Modellierungen (FEM) der Wechselwirkungen einer ebenen Domänenwand in GMO-Einkristallen mit verschiedenen Defekten durchgeführt. Die numerische Umsetzung beinhaltete drei Teile. Zunächst mußte das gekoppelte Feldproblem numerisch gelöst werden. Dies geschah hier mit der Methode der finiten
Elemente. Wenn alle Feldgrößen bekannt waren, konnten die treibenden Kräfte auf
eine Domänenwand berechnet werden. Über ein kinetisches Gesetz wurden dann
aus den treibenden Kräften Geschwindigkeiten berechnet, die wiederum numerisch
in der Zeit integriert werden mußten, um die Defekt- und Domänenwandpositionen
zu erhalten.
Um qualitative Aussagen über die Domänenwandbewegung machen zu können, wurde ein 2-dimensionales Berechnungsmodell gewählt. Da das elektrische Feld
im Inneren einer Probe homogen ist, scheint es sinnvoll, die Breite der Probe zu vernachlässigen und das Problem somit zu vereinfachen. In mechanischem Sinn wurde
die Annahme eines ebenen Verzerrungszustandes getroffen.
Für die FEM-Berechnungen wurde ein ebenes 4-Knoten-Element mit linearen Ansatzfunktionen verwendet. Aufgrund der quaderförmigen Form der Proben
wurden quadratische Elemente für die Vernetzung verwendet. Die Elementkantenlängen betragen 0,02 mm bzw. 0,01 mm. Damit erhält man bei Abmessungen von
10 × 0,8 mm2 20000 bzw. 80000 Elemente.
Unter anderem wurde der Einfluß von meso- oder makroskopischen Defekten
auf die Bewegung einer Domänenwand untersucht. Hierbei wurden zwei Arten von
Defekten betrachtet: ein Loch in der oberen Elektrode sowie ein Loch in einer Seite
des Kristalls.
Loch in der oberen Elektrode
Das Loch in der oberen Elektrode hatte einen Durchmesser von 0,2 mm und entsprach im 2-dimensionalen Modell einem Schlitz über die gesamte Breite der Probe.
Im Bereich des Defekts wurde anstelle des konstanten elektrischen Potentials die
~ n = 0 gewählt, also einer verschwindenden Flächenladungsdichte.
Randbedingung D·~
Im folgenden wurden zwei verschiedene Fragestellungen untersucht. Die erste betrifft
eine sich dem Defekt nähernde Domänenwand bei konstanter elektrischer Feldstärke. Es sollte dabei geklärt werden, ob der Defekt die Domänenwand abbremsen oder
78
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
gar zum Stehen bringen kann. Anschließend wurde davon ausgegangen, dass sich
die Domänenwand in der Mitte des Defektes befindet. Die durchgeführten Berechnungen sollen Aufschluss darüber geben, ob die Wand sich dort in einer stabilen
Gleichgewichtslage befindet.
Im defektfreien Zustand ist die treibende Kraft konstant über die gesamte
Länge der Domänenwand verteilt, wie in Abbildung 4.33 links gezeigt. Die Domänenwand ist demnach bestrebt, sich nach links zu bewegen.
Bei Vorhandensein eines Elektrodendefekts wird anhand der Verteilung der dielektrischen Verschiebung, die in Abbildung 4.34 zu sehen ist, deutlich, daß eine Wechselwirkung zwischen Defekt und Domänenwand stattfindet. Nach Abbildung 4.33
rechts ist die treibende Kraft auf die Domänenwand jetzt nicht mehr gleichmäßig
verteilt. Im unteren Bereich, wo der Defekt fast keine Auswirkung mehr hat, zeigt
sie aufgrund des äußeren Feldes weiterhin nach links. In Defektnähe zeigt sie in die
entgegengesetzte Richtung, also vom Defekt weg. Ist das äußere elektrische Feld E0
groß, bleibt die resultierende treibende Kraft Tn negativ. Die Domänenwand läuft
dann mit verlangsamter Geschwindigkeit weiter auf den Defekt zu. Oder die DW
kommt vollständig zum Stehen, wenn E0 nicht ausreicht, die Barriere am Rand des
Defekts zu überwinden. Bei hinreichend kleinem E0 kann Tn positiv sein, und die
Domänenwand kann angehalten werden oder ihre Bewegungsrichtung umkehren.
Abbildung 4.33: Treibende Kräfte auf die DW für den defektfreien Zustand (links)
sowie vor einem Loch in der oberen Elektrode (rechts).
Als nächstes wurde angenommen, daß sich die Domänenwand geometrisch im
Bereich des Defektes befindet. In Abbildung 4.35 ist die dielektrische Verschiebung
dargestellt. Die Domänenwand befindet sich hier schon 0,02 mm links von der Defektmitte. Hier hat Tn ein positives Vorzeichen, d.h. die resultierende Kraft in Abbildung 4.36 zeigt nach rechts. Demnach ist die Domänenwand in diesem Bereich
4.2.6. Finite-Elemente-Modellierung von GMO-Einkristallen
79
Abbildung 4.34: Dielektrische Verschiebung mit der DW 0,03 mm vor dem Loch in
der oberen Elektrode.
bestrebt, sich zur Defektmitte hin zu bewegen. Befindet sich die Domänenwand
rechts von der Defektmitte, hat Tn ein negatives Vorzeichen und will die Domänenwand ebenfalls in Richtung Defektmitte verschieben. Die Gleichgewichtsposition der
Domänenwand liegt bei angelegtem elektrischen Feld fast genau in der Defektmitte.
Abbildung 4.35: Dielektrische Verschiebung mit der DW 0,02 mm links von der Mitte
des Elektrodendefekts.
80
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
Abbildung 4.36: Treibende Kräfte auf die DW 0,02 mm links von der Mitte des
Elektrodendefekts.
4.2.6. Finite-Elemente-Modellierung von GMO-Einkristallen
81
Defekt in Form eines seitlichen Loches (mechanischer Defekt)
Im Rahmen der 2D-Modellierung ist das Loch über die gesamte Breite ausgedehnt.
Innerhalb des Loches befindet sich Luft, die näherungsweise die Dielektrizitätszahl
des Vakuums ε0 besitzt. Daher wird ein Loch mit Elementen modelliert, die im
Vergleich zum Rest des Materials eine sehr geringe Steifigkeit haben. Hier wurde
ein Zehntausendstel der Steifigkeit von GMO gewählt. Der piezoelektrische Tensor
sowie die spontane Polarisation sind beide null. Der Einfachheit halber wurde ein
quadratischer Defekt mit Kantenlänge 0,2 mm betrachtet.
Die dielektrische Verschiebung bei einer Domänenwandposition 0,03 mm vor
dem mechanischen Defekt ist in Abbildung 4.37 zu sehen. Innerhalb des Defektes
ist die dielektrische Verschiebung etwa gleich Null. Die treibenden Kräfte auf die
Domänenwand sind in Abbildung 4.38 links dargestellt. Der Einfluß des Defektes ist
deutlich erkennbar. In der Mitte der Domänenwand zeigen die Kräfte nach rechts,
unten und oben sind sie nach links gerichtet. Obwohl die Verteilung der treibenden
Kräfte einen anderen Eindruck erweckt, bleibt die Domänenwand in ihrer Bewegung
nahezu unbehindert, da sich positive und negative treibende Kräfte zu Null addieren.
Die resultierende treibende Kraft ändert sich nur sehr wenig für verschiedene
Domänenwandpositionen. In Abbildung 4.38 rechts sind die treibenden Kräfte für
die Position der Domänenwand in der Mitte des mechanischen Defekts gezeigt. Es
ist zu erkennen, daß die resultierende Kraft nach links zeigt, also die Wand den
Defekt verlassen will. Die Domänenwand bleibt von einem seitlichen Loch fast unbehindert, wird nicht in dessen Mitte fixiert und kann sich im Defektbereich sehr
schnell bewegen.
82
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
Abbildung 4.37: Dielektrische Verschiebung mit der DW 0,03 mm vor dem mechanischen Defekt.
Abbildung 4.38: Treibende Kräfte auf die DW, die sich 0,03 mm vor dem mechanischen Defekt (links), bzw. sich in dessen Mitte befindet (rechts).
4.2.7. Orthogonales Domänensystem in GMO
4.2.7
83
Orthogonales Domänensystem in GMO
In manchen GMO-Einkristallen treten aufgrund vorhandener innerer mechanischer
Spannungsfelder Domänen auf, die von (110) orientierten Domänenwänden begrenzt
werden. Eine solche Domänenkonfiguration ist in GMO möglich, da die orthorhombische Struktur aufgrund der geringen Unterschiede der Gitterkonstanten
a = 1, 039 nm und b = 1, 042 nm [28] auch als quasi-tetragonal bezeichnet werden
kann. Diese Art von Domänenkonfiguration ist jedoch energetisch ungünstig, so daß
die Ausgangsstellung der planaren Domänenwand in einer Region liegt, in der die
inneren mechanischen Spannungen minimal sind und solche um 90◦ bezüglich der cAchse rotierten Domänenwände nicht vorliegen. Wird nun die Domänenwand durch
ein angelegtes elektrisches Feld in eine solche Region getrieben, folgt die Wand dem
äußeren Feld zunächst zögerlich (Abb. 4.39, linkes Bild). Erst bei einer ausreichenden Überhöhung des äußeren Feldes springt sie zum anderen Ende des Bereichs mit
dem inneren mechanischen Spannungsfeld, wobei in dieser Region ein rechtwinklig
zur bewegten Wand orientiertes Domänensystem entsteht (Abb. 4.39, rechtes Bild
und Abb. 4.40). Um die dabei entstehende Fehlpassung zu kompensieren, entstehen
von den Kristallrändern her keilförmige Domänen mit regulärer Domänenwandorientierung, die diese rechtwinklig orientierte Domäne durchdringen. Ein Vergleich
des Videos mit den AE-Daten zeigt, daß gerade das Durchdringen der rechtwinklig zueinander orientierten Domänenwände AE-Ereignisse mit großen Amplituden
darstellt (siehe Abbildung 4.41). Nach dem Umschalten des Kristalls bei maximaler
Feldstärke verbleibt die reguläre Domänenwand jenseits der rechtwinklig orientierten
Domäne, bei fallender Feldstärke (ca. 601 s in der Abb. 4.41) relaxiert sie lediglich
in eine günstigere Position.
Über eine Behinderung des Umschaltens bei rechtwinklig zueinander verlaufenden Domänen wurde bereits berichtet [80]. Nach Bhalla und Cross [81] wird die
Gitterfehlpassung zwischen den senkrecht zueinander orientierten Domänen durch
ein Dehnungsfeld ausgeglichen, in dem sich die Domänenwände der keilförmigen Domänen zu den Scheiteln hin verbiegen. Die Spitze eines solchen Keils kann als Ansammlung von Versetzungen betrachtet werden. Beim Durchdringen der keilförmigen
Domänen durch die senkrechte Domäne entstehen rechtwinklige Domänenwände, die
nach Bhalla und Cross durch Stufenversetzungen begrenzt werden. Somit läßt sich
auch das Auftreten von lauten AE erklären, da die abrupt auftretenden Dehnungsfelder stark genug sind, Versetzungen zu induzieren. Auch Yamamoto, Yagi und Honjo
beobachteten im Transmissionselektronenmikroskop rechtwinklige Domänenwände
und die Verbiegung benachbarter regulärer Domänenwände und erklärten dies mit
84
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
der Ansammlung von Versetzungen an der Spitze der rechtwinkligen Domänenwand
[36].
Shur, Gruverman, Kuminov und Tonkachyova berichteten über Methoden, solche inkohärenten Domänenwände zu erzeugen und daß sie entweder durch mechanische Fixierung mit Klebstoff oder nach angelegtem elektrischen Feld einer Dauer
von 30 - 60min elektrisch stabilisiert werden können [79].
Morosova und Serdobolskaja schalteten GMO-Einkristalle mechanisch und untersuchten dabei die AE-Ereignisse beim Entstehen und bei der Vernichtung keilförmiger Domänen [82]. Ihren Messungen nach ist der Kollaps einer keilförmigen
Domäne etwa dreimal lauter als ihre Nukleation. In dieser Arbeit wurde das Verschwinden des orthogonalen Domänensystems unter den verwendeten elektrischen
Belastungsbedingungen nicht beobachtet.
Abbildung 4.39: Rechtwinkliges Domänensystem in GMO bei Entstehungsbeginn.
Abbildung 4.40: Rechtwinkliges Domänensystem in GMO gegen Ende der Entstehung.
4.2.7. Orthogonales Domänensystem in GMO
85
1 0
8
4 5
Feldstärke (kV/cm)
AE - Amplitude (dB)
5 0
6
4 0
4
3 5
2
3 0
0
5 8 0
5 9 0
6 0 0
Z e it (s )
Abbildung 4.41: AE bei Entstehung des rechtwinkligen Domänensystems in GMO.
86
4.3
4.3.1
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
Stöchiometrisches Lithium-Niobat (SLN)
Umpolen von SLN-Einkristallen
In den Abbildungen 4.42 und 4.43 ist der Verlauf des Umpolens eines SLN-Einkristalls
gezeigt. Die Nukleation neuer Domänen mit umgekehrter spontaner Polarisation geschieht an den Kanten des Kristalls, wo der Kristallbau durch die Begrenzung endet.
Dort reicht bei steigender angelegter Feldstärke die lokale Energiedichte aufgrund
der Feldverteilung zur Nukleation neuer Domänen zuerst aus. Deutlich ist auch die
trigonale Symmetrie des Kristalls zu erkennen, die sich in den Winkeln der Domänenwände zueinander (60◦ bzw. 120◦ ) zeigt.
Abbildung 4.42: Domänenwände in einem SLN-Einkristall bei beginnendem Umschalten, rechts schematisch; graue Flächen sind bereits umgepolt.
Abbildung 4.43: Domänenwände in einem SLN-Einkristall bei fast beendetem Umschalten, rechts schematisch; graue Flächen sind bereits umgepolt.
4.3.1. Umpolen von SLN-Einkristallen
87
Das Umpolen in SLN ist mit relativ lauten und sehr vielen AE-Ereignissen
verbunden, wie in Abbildung 4.44 gezeigt. Es ist eine deutliche Asymmetrie zwischen dem Schalten in die eine Richtung und dem Zurückschalten zu erkennen. Die
maximalen Amplituden erreichen rund 60 dB im einen und etwa 50 dB im anderen
Fall.
4 9
8 0
1 6
6 0
0
5 0
-1 6
4 0
-3 3
-4 9
3 0
5 5 0
5 6 0
5 7 0
5 8 0
5 9 0
6 0 0
Z e it (s )
A E - A m p litu d e (d B )
7 0
Feldstärke (kV/cm)
AE - Amplitude (dB)
8 0
3 3
7 0
6 0
5 0
4 0
3 0
-4 9
-3 3
Feldstärke (kV/cm)
-1 6
0
1 6
3 3
4 9
Abbildung 4.44: AE in SLN bei beginnendem Zyklieren.
Nach Aufbringen der feldreduzierenden Defekte beginnt das Umpolen des Kristalls an den gleichen Stellen wie ohne die Defekte, vergleiche Abbildungen 4.42
und 4.45. Sobald jedoch eine Domänenwand an den im Bild linken Bereich mit verminderter Feldstärke grenzt, schaltet der Kristall zunächst auf der rechten Seite in
Abbildung 4.45, dort wo er ohne Defekte erst zu einem späteren Zeitpunkt umgeschaltet hatte, siehe Abbildung 4.43.
Das Schalten im Bereich der Defekte geschieht erst bei höheren angelegten Feldern als zuvor ohne die feldreduzierten Bereiche. Dadurch werden die AE deutlich
lauter, da nach dem reziproken Piezoeffekt (siehe Gl. 2.6) mit zunehmender Feldstärke der elastische Dehnungsunterschied wächst. Ein solcher besteht zwischen dem
die Defektbereiche umgebenden Material, das bereits umgepolt ist und sich daher
ausdehnt, und den Kristallbereichen oberhalb der Defekte, die sich zusammenziehen
und dann erst umschalten, wenn insgesamt eine größere Feldstärke anliegt. Die diskontinuierlichen DW-Bewegungen des Schaltens erzeugen sehr laute AE, da eine größere elastische Energie frei wird, die vorher als mechanischer Spannungsunterschied
zwischen dem kontrahierenden und expandierenden Volumen gespeichert war. Das
Schalten in eine Richtung erzeugt AE-Ereignisse mit Amplituden von bis zu 70 dB,
im Fall des Schaltens in die andere Richtung sogar Amplituden bis zu 80 dB, siehe
88
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
Abbildung 4.45: SLN-Einkristall mit zwei nachträglich aufgebrachten feldreduzierenden Defekten, rechts schematisch; graue Flächen sind bereits umgepolt. Die Abfolge
des Umpolens in den verschiedenen Kristallbereichen ist durch die nummerierten
Pfeile angedeutet.
Abbildung 4.47.
Als Vergleich wird in rhomboedrischen PZT-Keramiken fast die gesamte makroskopische Dehnung durch den intrinsischen Piezoeffekt, d.h. die Gitterdeformation verursacht, Domänenschalten ist hier fast vernachlässigbar [83]. Die AE des
Schaltens treten in diesen Keramiken fast alle erst bei Feldstärken größer als der
Koerzitivfeldstärke auf, da nur kollektives Schalten (bei geklemmten Konfigurationen) detektierbar ist.
Vollständiges Umpolen wurde unter gleichbleibender elektrischer Belastung
mit den Defekten nur in den ersten beiden Zyklen erreicht. Schon im dritten Zyklus
blieb der Streifen zwischen den Defekten, der in den beiden vorhergehenden Zyklen
nur für relativ kurze Zeit umgepolt war, in der ursprünglichen Richtung polarisiert
(siehe verbleibende weiße Fläche in Abbildung 4.46). Aus Abbildung 4.48 ist zu erkennen, daß die AE-Ereignisse mit Amplituden größer 70 dB ausbleiben, da bei sehr
hohen Feldstärken nun kein Umpolen mehr stattfindet.
Nach dem Entfernen der beiden Defekte wurde der SLN-Einkristall erneut geschaltet, und dabei ist festzustellen, daß nach nunmehr 15 Zyklen zum einen die
AE-Amplituden deutlich kleiner geworden sind, zum anderen die Asymmetrie der
Amplituden fast verschwunden ist, vergleiche Abbildungen 4.44 und 4.49; das Schalten in beiden Richtungen erzeugt AE-Amplituden von nur etwa 55 dB. Nachdem
der Kristall für ca. einen Monat altern konnte, wurde der Kristall mit einer Anzahl von 230 Zyklen geschaltet. In Abbildung 4.50 ist die Probe nach 230 zyklischen
Schaltungen mit den Gelelektroden gezeigt. Es ist deutlich zu erkennen, daß die Kris-
4.3.1. Umpolen von SLN-Einkristallen
89
Abbildung 4.46: Domänenwände im SLN-Einkristall mit Defekten während des
Schaltens, nahezu vollständig umgepolt, rechts schematisch; graue Flächen sind bereits umgepolt. Der Verlauf des Schaltens gegen Ende ist durch die weit strichpunktierten Linien und zuletzt durch die feiner strichpunktierten Linien angedeutet.
talloberfläche vor allem an den Rändern mit einer ungleichförmigen Schicht belegt
ist. Diese Schicht könnte das Resultat einer elektrochemischen Reaktion sein. Da es
gelang, mit einem Q-Tip und Aceton den größten Teil dieses Belages zu entfernen,
könnte man vermuten, daß sich Bestandteile oder Fragmente des Elektrodengels hier
abgeschieden haben. Dieser Vorgang wurde wahrscheinlich durch die hohen elektrischen Felder im Gel an den Domänenwänden unterstützt, denn in den Randbereichen
findet die Nukleation der Domänenwände statt, wodurch sich diese dort für einen
viel längeren Anteil der Periodendauer befinden, als zur Mitte des Kristalls hin, wo
das Schalten sehr schnell abläuft.
90
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
4 9
8 0
1 6
6 0
0
5 0
-1 6
4 0
-3 3
-4 9
3 0
2 5
5 0
A E - A m p litu d e (d B )
7 0
Feldstärke (kV/cm)
AE - Amplitude (dB)
8 0
3 3
7 0
6 0
5 0
4 0
3 0
7 5
-4 9
Feldstärke (kV/cm)
-3 3
-1 6
Z e it (s )
0
1 6
3 3
4 9
Abbildung 4.47: AE in SLN mit zwei nachträglich aufgebrachten feldreduzierenden
Defekten.
4 9
3 3
7 0
Feldstärke (kV/cm)
AE - Amplitude (dB)
8 0
1 6
6 0
0
5 0
-1 6
4 0
-3 3
-4 9
3 0
3 5 0
3 7 5
Z e it (s )
Abbildung 4.48: AE in SLN mit zwei nachträglich aufgebrachten feldreduzierenden
Defekten, bei unvollständigem Schalten im Kristallbereich zwischen den Defekten.
4.3.1. Umpolen von SLN-Einkristallen
91
4 9
8 0
1 6
6 0
0
5 0
-1 6
4 0
-3 3
-4 9
3 0
1 9 0 0
1 9 1 0
1 9 2 0
1 9 3 0
Z e it (s )
1 9 4 0
1 9 5 0
A E - A m p litu d e (d B )
7 0
Feldstärke (kV/cm)
AE - Amplitude (dB)
8 0
3 3
7 0
6 0
5 0
4 0
3 0
-4 9
-3 3
Feldstärke (kV/cm)
-1 6
0
1 6
3 3
4 9
Abbildung 4.49: AE in SLN ohne feldreduzierende Defekte nach 15 Zyklen.
Abbildung 4.50: SLN-Einkristall nach 230 Zyklen. Deutlich zu erkennen ist ein Belag
auf der Oberfläche, besonders dort, wo die Domänennukleation stattfand und sich die
Domänenwände für längere Zeit aufgehalten hatten als in anderen Kristallbereichen.
92
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
4.3.2
Entalterung von SLN-Einkristallen
Beim zyklischen Schalten stöchiometrischen Lithiumniobats wurde ein ausgeprägtes Entaltern festgestellt. Abbildung 4.51 zeigt die Feldstärken des ersten Schaltens
Est bei zyklischem Umpolen beim Vorwärts- und Rückwärtsschalten. Das Vorwärtsschalten ist einer ausgeprägten Entalterung unterworfen. Die Daten wurden mit
einer Exponentialgleichung zweiter Ordnung gefittet, siehe Gleichung 4.15.
Est (N ) = Est, max + ∆Est, 1 exp(−N/Ne1 ) + ∆Est, 2 exp(−N/Ne2 )
(4.15)
Die effektiven Zyklenzahlen betragen für die gezeigte Kurve 1, 55±0, 09 und 85±25.
Die Anzahl der Datenpunkte ist zu gering, um einen guten Fit für die effektive Zyklenzahl des zweiten Exponentialterms zu erhalten, deshalb ist der Fehler hier so groß.
Die Tatsache, daß zwei Exponenten benötigt werden, um den Verlauf der Feldstärke
des ersten Schaltens zu beschreiben legt nahe, daß die Entalterung in SLN durch
zwei überlagerte Mechanismen funktioniert, von denen der erste bedeutend schneller
als der zweite abläuft.
Beim Rückwärtsschalten ist eine weniger starke Abhängigkeit vom Schalten zu beobachten.
Das Entstehen eines sichtbaren Belages auf den Kristalloberflächen nach höheren Zyklenzahlen führt zur Vermutung, daß möglicherweise eine elektrochemische
Oberflächenreaktion die Ursache für eine Reduktion des abschirmenden Feldes in einer eventuell nicht sichtbaren Schicht ist. Denn die sichtbaren Fragmente könnten ja
auf einer nicht sichtbaren chemisorbierten Schicht adsorbiert sein. Diese potentielle
chemisorbierte Schicht kann sich, da sie nur sehr dünn ist, sehr schnell aufbauen und
beeinflußt das Alterungs- und Entalterungsverhalten des SLN-Kristalls vom ersten
Kontakt mit dem Elektrodengel an.
Jin und Zhu schreiben in [68], daß Williams [84] für eine BaTiO3 -Schicht mit
wässrigen KCl-Elektroden ein homogenes elektrisches Potential über die gesamte
Schicht und demzufolge alterungsfreies Verhalten beobachtet hat; Die Autoren verwenden den Begriff ’ermüdungsfrei’, der hier jedoch unpassend ist. Bei AluminiumElektroden fand Williams einen großen Potentialsprung an der Grenzfläche nahe der
Elektrode.
Im Fall von LN muß eine gewisse Feldstärke nahe der Oberfläche abfallen, anders
läßt sich das beobachtete Verhalten nicht erklären.
Gopalan et al. beschreiben das Vorhandensein eines inneren Feldes Eint von
20 - 30 kV/cm in c-Richtung in kongruent schmelzendem LN, das sich im umgepolten Zustand bei Raumtemperatur auch nach einem Monat noch nicht vollständig
umgekehrt hat. Bei 200◦ C jedoch genügt schon ein Umpolen für 30 s, um 95% des
4.3.2. Entalterung von SLN-Einkristallen
93
Feldstärke (kV/cm)
5 5
N
N
5 0
4 5
v
v
e1
e2
= 1,55 ± 0,09
= 85 ± 25
4 0
3 5
3 0
2 5
2 0
1
1 0
1 0 0
Z y k le n z a h l
Abbildung 4.51: Entalterung in SLN. Die Quadrate geben Est in Vorwärtsrichtung
an, die Kreise Est beim Zurückschalten.
inneren Feldes umzukehren [47]. Das innere Feld berechnen sie wie folgt
Eint = (Ef − Er )/2 ,
(4.16)
wobei Ef das Schaltfeld in Vorwärtsrichtung und Er das Schaltfeld in der Richtung
zurück bezeichnet.
Wengler, Müller, Soergel und Buse untersuchten ebenfalls die Dynamik des
Umpolens der kongruent schmelzenden Zusammensetzung von LN und fanden eine
Verminderung des Koerzitivfeldes mit kleiner werdenden Wartezeiten zwischen den
Umpolungen [85]. Ab einer Wartezeit von etwa 200 s war kein Einfluß mehr auf die
Koerzitivfeldstärke meßbar. Obwohl sie als flüssige Elektroden Wasser verwendeten,
kann auch hier eine elektrochemische Oberflächenreaktion nicht ausgeschlossen werden. Im Fall von Wasser gibt es sicher keine sichtbaren Adsorbate, doch es genügt
eine sehr dünne chemisorbierte Schicht, um den hier beobachteten Entalterungseffekt
entstehen zu lassen.
Chao et al. untersuchten die Zeitabhängigkeit des Koerzitivfeldes nach Umpolen in LiTaO3 [86]. Ihr Ergebnis ist gut vergleichbar mit den Ergebnissen zur
Alterung in dieser Arbeit. Auch sie erhielten einen exponentiellen Verlauf. Durch Beleuchtung der Probe wurde der Alterungsprozeß beschleunigt, änderte jedoch nicht
seinen generellen Verlauf. Ihren Schlußfolgerungen nach besteht im Inneren des Kristalls ein elektrisches Feld, das der spontanen Polarisation entgegengerichtet ist und
aus dem depolarisierenden Feld sowie einem zeitabhängigen Raumladungsfeld be-
94
KAPITEL 4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
steht. Diese Ergebnisse sind in guter Übereinstimmung mit den Resultaten, die für
GMO und auch für SLN erhalten wurden.
Kapitel 5
Zusammenfassung
Die Wechselwirkungen von ferroelektrischen Domänenwänden (DW) mit mechanischen und elektrischen Defekten auf unterschiedlichen Längenskalen standen im Zentrum des Interesses. Die beiden Materialsysteme Gadolinium-Molybdat (GMO) und
Lithium-Niobat (LN) waren für die durchgeführten elektrischen Schaltexperimente
gut geeignet.
Vor allem GMO ist ein typisches Modellsystem und für grundlagenwissenschaftliche
Untersuchungen bestens geeignet, da hier einzelne Domänenwände erzeugt werden
können, deren eindimensionale Bewegung sich leicht analysieren läßt.
Alterung und Entalterung
Für einachsige ferroelektrische Kristalle wurde gezeigt, daß diese trotz potentieller vollständiger Kompensation durch die Elektroden altern und entaltern. Damit
ist die Existenz einer dielektrischen Schicht zwischen dem ferroelektrischen Material
und den Elektroden nachgewiesen. Innerhalb der Meßgenauigkeit der durchgeführten Experimente waren die Aktivierungsenergien für Alterung und Entalterung in
GMO gleich, ebenso die jeweiligen Raten. Deshalb ist es naheliegend anzunehmen,
daß der selbe Prozeß in umgekehrten Richtungen die beiden Phänomene hervorruft.
Die Aktivierungsenergie von etwa 0,7 eV deutet auf elektronische Ladungsträger
hin. Da über die Defektstruktur dieser Substanz wenig bekannt ist, können auch
Protonen oder Sauerstoffleerstellen nicht ausgeschlossen werden.
Bei den Entalterungsmessungen von GMO mit höheren Zyklenzahlen und auch bei
der Alterung von GMO bei längeren Alterungszeiten wird deutlich, daß tatsächlich
zwei Prozesse für den Effekt verantwortlich sind. Durch die extrem kleine Zeitkonstante des zweiten, wesentlich langsameren Prozesses, konnte die über einen sehr
langen Zeitraum eingeprägte Ursprungsposition der Domänenwand innerhalb der
95
96
KAPITEL 5. ZUSAMMENFASSUNG
Meßzeit nicht entaltert werden.
Für die Domänenwandgeschwindigkeit in GMO wurde gezeigt, daß diese vom Alterungszustand abhängt und mit fortschreitender Entalterung ansteigt. Es handelt
sich somit um eine triebkraftabhängige Geschwindigkeit. Dadurch wird belegt, daß in
GMO innere Felder vorhanden sind, deren Größe den Alterungszustand bestimmen.
In LN wurde bei zyklischem Schalten auch eine Entalterung vor allem des Vorwärtsschaltens festgestellt, die möglicherweise durch eine elektrochemische Oberflächenreaktion des Kristalls mit dem Elektrodengel hervorgerufen wurde. Dafür spricht
die Beobachtung einer adsorbierten Schicht nach längerem Schalten, die besonders
gut an den Kristallrandbereichen zu sehen ist, wo die Nukleation von Domänen mit
umgekehrter spontaner Polarisation auftritt. An der Grenze einer Domänenwand
an der Kristalloberfläche wirken starke elektrische Felder auf das Elektrodengel. Es
könnte sich dabei zersetzen und reaktive chemische Spezies bilden, die diese Schicht
hervorrufen.
Wechselwirkung mit Defekten
In GMO wurden durch Laserablation zwei Arten künstlicher Defekte erzeugt. Zum
einen wurden Löcher in die obere Elektrode eingebracht, um elektrische Defekte
zu erhalten, zum anderen wurden seitlich in den Kristall Löcher eingebracht, die
in erster Näherung nur mechanisch mit einer Domänenwand wechselwirken. Für
mechanische Defekte wurde eine kleine Wechselwirkung mit der DW festgestellt,
für elektrische Defekte eine starke, die mit zunehmender Defektgröße tendenziell
zunimmt. Diese Feststellungen basieren auf Messungen der DW-Kinetik durch akustische Emissionen (AE) und ferroelektrische Barkhausen-Pulse (BHP) und wurden
durch digitale Videoaufzeichnungen ergänzt. Die Ergebnisse stimmen qualitativ sehr
gut mit Finite-Elemente-Modellierungen (FEM) der beiden Defekttypen in GMO
überein.
In LN werden durch das wesentlich kompliziertere Schalten durch zweidimensionale DW-Bewegungen bedeutend höhere AE-Amplituden beobachtet, auch die
Anzahl der Ereignisse ist viel größer.
Durch das Erzeugen feldreduzierender Defekte wurde das Schalten der Kristalle in
diesem Defektbereich zu höheren Feldstärken verschoben. Somit ist aufgrund des
reziproken piezoelektrischen Effekts die Dehnungskompatibilität des umgebenden
Materials mit dem Material im Defektbereich nicht mehr gegeben und die AEAmplituden wachsen signifikant für dieses Schalten bei hohen externen Feldern.
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PZT = Pb(Zrx Ti1-x )O3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blei-Zirkonat-Titanat
ICE . . . . . . . Inter City Express, Hochgeschwindigkeitszug der Deutschen Bahn AG
US = Ultraschall, Schallfrequenz jenseits des menschlichen Hörbereichs, f > 20 kHz
f . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frequenz, [f ] = Hz
GMO = Gd2 (MoO4 )3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gadolinium-Molybdat
(S)LN = LiNbO3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Stöchiometrisches) Lithium-Niobat
LT = LiTaO3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lithium-Tantalat
DW = Domänenwand, Bereich zwischen zwei Kristallbereichen mit verschiedenen
Richtungen spontaner Polarisation (ferroelektrische Domänen)
ε0 = 8, 854187871 · 10−12
δij
A·s
V·m
. . . . . . . . . . . . . . . Dielektrizitätskonstante des Vakuums
mit δij = 1 für i = j und δij = 0 für i 6= j . . . . . . . . . . . . . . . . Kronecker-Symbol
BHP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ferroelektrischer Barkhausen-Puls
TEM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transmissions-Elektronen-Mikroskopie
AE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akustische Emission
fg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grenzfrequenz eines Filters, [fg ] = Hz
kB = 1, 380658 · 10−23 J/K . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Boltzmann-Konstante
PTFE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Poly-Tetrafluor-Ethylen (z.B. Teflon)
EKG . . . . . . . . Elektrokardiogramm (zeitlicher Verlauf der elektrischen Herzsignale)
e = 1, 60217733 · 10−19 C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elementarladung
A∗∗ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Effektive Richardson-Konstante
A∗ ≈ 6 · 10−3 A/m−2 K−2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Richardson-Konstante
FERAM . . . . . . . . Ferroelectric Random-Access-Memory (nicht-flüchtiger Speicher)
FEM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finite-Elemente-Modellierung
105
Lebenslauf
Persönliche Daten
Name:
Thomas Utschig
Geburtsdatum:
04. November 1975
Geburtsort:
Bensheim an der Bergstraße
Familienstand:
Verheiratet mit Dr. Elena Groznaya
Ausbildung
Goethe-Gymnasium, Bensheim an der Bergstraße
(09.86 - 05.95)
Technische Universität Darmstadt
(10.95 - 04.05)
Diplom-Ingenieur (Materialwissenschaft)
(11.01)
Doktor-Ingenieur (Materialwissenschaft)
(04.05)
Berufserfahrung
Technische Universität Darmstadt, Wiss. Mitarbeiter
(02.02 - 04.05)
Ural State University, Ekaterinburg, Gastwissenschaftler
(03.04 - 05.04)
Degussa-Hüls AG, Hanau, Edelmetall F&E, Diplomand
(05.01 - 11.01)
IIT Madras, Chennai, Dept. of Chemistry and RSIC, (09.00 - 12.00)
DAAD-Stipendiat
Technische Universität Darmstadt, Wiss. Hilfskraft
107
(05.98 - 07.00)
Veröffentlichungen
• D.C. Lupascu, T. Utschig, V.Ya. Shur, A.G. Shur, ”The Dynamics
of Domain Walls Determined from Acoustic Emission Measurements”,
Ferroelectrics 290, 207-215 (2003)
• T. Utschig, M. Schwarz, G. Miehe, E. Kroke, ”Synthesis of carbon
nanotubes by detonation of 2,4,6-triazido-1,3,5-triazine in presence of
transition metals”, Carbon 42, 823-828 (2004)
• V.Ya. Shur, E.V. Nikolaeva, E.I. Shishkin, I.S. Baturin, A.G. Shur,
D.C. Lupascu, T. Schlegel, T. Utschig, ”De-Aging due to Domain Wall
Motion in Gd2 (MoO4 )3 during Cyclic Switching”, J. Appl. Phys. (2004),
eingereicht
• L. Zhou, R. Zuo, G. Rixecker, A. Zimmermann, T. Utschig, F. Aldinger, ”Electric fatigue in antiferroelectric PZST ceramics”, J. Appl. Phys.
(2004), eingereicht
• D. Schrade, R. Mueller, D. Gross, T. Utschig, D.C. Lupascu, ”Interaction of Domain Walls and Defects in Ferroelectric Materials”, Mech.
Mater. (2004), eingereicht
108
Vorträge
D.C. Lupascu, T. Utschig, V.Ya. Shur, ”Dynamics of Single and Multiple Domain Walls Studied by Acoustic Emission”, Abstracts of 7th International Symposium on Ferroic Domains and Mesoscopic Structures,
September 15-19, 2002, pp. A2P12
V.Ya. Shur, E.V. Nikolaeva, A.G. Shur, Y.V. Vitrov, P.V. Samarin, D.C.
Lupascu, T. Utschig, ”Jerky Domain Wall Motion and Barkhausen Noise
in Gadolinium Molybdate Single Crystals”, Abstracts of 10th European
Meeting on Ferroelectricity, August 03-08, 2003, pp. 307
V.Ya. Shur, E.V. Nikolaeva, E.I. Shishkin, I.S. Baturin, D.C. Lupascu,
T. Utschig, ”Wake-up Effect in Gadolinium Molybdate: Self-consistent
Domain Wall Motion during Cyclic Switching”, Abstracts of 4th International Seminar on Ferroelastic Physics, September 15-18, 2003, pp. 25
V.Ya. Shur, E.V. Nikolaeva, E.I. Shishkin, A.G. Shur, A.P. Chernykh,
Y.V. Vitrov, P.V. Samarin, D.C. Lupascu, T. Utschig, ”Barkhausen Noise and Jerky Domain Wall Motion in Gadolinium Molybdate and Lithium Tantalate”, Abstracts of 4th International Seminar on Ferroelastic
Physics, September 15-18, 2003, pp. 75
V.Ya. Shur, E.V. Nikolaeva, I.S. Baturin, D.C. Lupascu, T. Utschig,
”Wake-up and Fatigue Effect during Cyclic Motion of the Single Plane
Domain Wall in GMO”, Abstracts of The 8th International Symposium
on Ferroic Domains and Micro- to Nanosopic Structures, August 24-27,
2004, eingereicht
109
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