Allgemeine Information zu Propranolol www.hautnet.de Zur Information von Ärzten und Apothekern wurden die wichtigsten Informationen über die Propranolol-Therapie bei problematischen Hämangiomen zusammengestellt. Die Angaben zu Wechsel- und Nebenwirkungen sowie die Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen sind allgemein zugänglichen Quellen entnommen (z. B. Fachinformationen, Quelle: www.fachinfo.de). Man muss dabei berücksichtigen, dass sich insbesondere die Angaben zu Nebenwirkungen fast ausnahmslos auf die Anwendung bei Erwachsenen, zum Teil in wesentlich höheren Dosen beziehen und daher für die betroffene Altersgruppe der Neugeborenen und Säuglinge zum großen Teil nicht zutreffend sind. Soweit möglich wurden Informationen im Hinblick auf die Indikation und das Lebensalter der Patienten ergänzt. Im Jahre 2008 wurde die Zufallsbeobachtung publiziert, dass sich ausgedehnte Hämangiome im Gesichtsbereich unter Einwirkung von Propranolol (ein in der KinderKardiologie seit vielen Jahren verwendeter β-Blocker) zurückbilden. Seither gibt es umfangreiche Erfahrungen mit dem Wirkstoff in der Behandlung von ProblemHämangiomen. Er wird als Ersatz für die bisher übliche nebenwirkungsträchtige Therapie mit Cortisonpräparaten eingesetzt. Bisher ist die Propranolol-Behandlung noch nicht offiziell zugelassen. Mögliche Anwendungsgebiete Proliferierende infantile Hämangiome, die aufgrund ihrer Ausdehnung, Lokalisation oder drohender Organfunktionseinschränkung einer systemischen Behandlung bedürfen, und für die andere etablierte, gut verträgliche Therapieoptionen nicht verfügbar sind, wie z. B. folgende Hämangiomformen: Segmentale Hämangiome im Gesichtsbereich Flächige Hämangiome im Bereich der Ohrmuschel (hohe Ulzerationsgefahr) Ausgedehnte segmentale Hämangiome am Stamm und/oder den Extremitäten Alle therapiebedürftigen lokalisierten und nicht determinierten Hämangiome im Gesichtsbereich welche weder durch Kryotherapie noch mit gepulstem Farblaser therapiert werden können. Lokalisierte Hämangiome im Anal- oder Genitalbereich, welche weder durch Kryotherapie noch mit gepulstem Farblaser therapiert werden können. Tiefliegende Hämangiome im Augenbereich mit drohender Verdrängung. Dosierung Nach den bisherigen Erfahrungen hat sich die folgende Dosierung bewährt: Früh- und Neugeborene ab der 2. Lebenswoche sowie Säuglinge und Kleinkinder erhalten 2 mg/kg Körpergewicht pro Tag, verteilt auf zwei bis drei Einzeldosen. Seite 1 von 7 Es wird empfohlen, die Tagesdosis initial über ca. 3 Tage unter engmaschiger Kontrolle von EKG, Blutdruck und Blutzucker von 0,5 mg/kg über 1 mg/kg auf 2 mg/kg Körpergewicht zu steigern. Die Dosierung sollte regelmäßig an das veränderte Körpergewicht angepasst werden. Bei stark eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion kann die Elimination von Propranolol vermindert sein, so dass unter Umständen eine Reduzierung der Dosis erforderlich ist. Dauer der Behandlung Die Dauer der Behandlung ist individuell nach dem therapeutischen Ansprechen unter Beachtung möglicher Nebenwirkungen zu bestimmen. Bei frühzeitigem Behandlungsbeginn ist mit einer weitgehenden Rückbildung des Hämangioms innerhalb von ca. 3 (bis 6) Monaten zu rechnen. Hinweis: Die Behandlung sollte nach gegenwärtigem Wissensstand in der Proliferationsphase des Hämangioms begonnen werden. Daher ist die Behandlung in der Regel vor Ende des 2. Lebensjahres abgeschlossen. Kontraindikationen für eine Behandlung mit Propranolol Propranolol darf nicht angewendet werden bei: Überempfindlichkeit gegenüber Propranolol oder anderen Betarezeptorenblockern Früh- und Neugeborenen in der 1. Lebenswoche Frühgeborenen vor Erreichen eines Gestationsalters von 33 Wochen angeborenen Fehlbildungen des Herzens manifester Herzinsuffizienz Schock AV-Block II. oder III. Grades Sinusknoten-Syndrom (sick sinus syndrome) sinuatrialem Block Bradykardie (Ruhepuls vor Behandlungsbeginn unter 50 Schlägen pro Minute) Hypotonie Azidose bronchialer Hyperreagibilität (z. B. bei obstruktiver Bronchitis bzw. Asthma bronchiale) Störungen der Blutzuckerregulation mit Hypoglykämien (zweimalig < 40 mg/dl in den letzten 14 Tagen) Die intravenöse Applikation von Calciumantagonisten vom Verapamil- und Diltiazemtyp oder anderen Antiarrhythmika (wie Disopyramid) bei Patienten, die mit Propranolol behandelt werden, ist kontraindiziert (Ausnahme: Intensivmedizin). Seite 2 von 7 Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung Zur Therapie von Hämangiomen mit Propranolol liegen bisher nur eingeschränkte klinische Erfahrungen vor. Es wird empfohlen, die Therapie (üblicherweise 2-3 Tage stationär) unter engmaschiger Kontrolle von EKG, Blutdruck und Blutzucker einzuleiten und im weiteren Behandlungsverlauf regelmäßig EKG-Kontrollen durchzuführen. Strukturelle Fehlbildungen oder funktionelle Störungen des Herzens sind vor Therapiebeginn auszuschließen. Eine besonders sorgfältige ärztliche Überwachung ist erforderlich bei: AV-Block I. Grades Diabetes mellitus mit stark schwankenden Blutzuckerwerten Hypoglykämieneigung, z. B. bei Diarrhoe, Erbrechen, unregelmäßiger Nahrungsaufnahme und schwerer körperlicher Belastung. In diesem Fall wird eine Unterbrechung der Propranoltherapie empfohlen. eingeschränkter Leber- und Nierenfunktion (siehe Abschnitt Dosierung). Bei Patienten mit Psoriasis in der Eigen- oder Familienanamnese sollte die Verordnung von Betarezeptorenblockern nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Betarezeptorenblocker können die Empfindlichkeit gegenüber Allergenen und die Schwere anaphylaktischer Reaktionen erhöhen. Deshalb ist eine strenge Indikationsstellung bei Patienten mit schweren Überempfindlichkeitsreaktionen in der Vorgeschichte geboten. Da unter der Therapie mit anderen Betarezeptorenblockern vereinzelt Leberschäden beobachtet wurden, sollten die Leberwerte regelmäßig überprüft werden. Interaktionen Die folgenden bekannten Wechselwirkungen von Propranolol sind zu beachten: Insulin und orale Antidiabetika: deren Wirkung kann verstärkt oder verlängert werden. Die Warnzeichen einer Hypoglykämie, insbesondere Tachykardie und Tremor, sind maskiert oder abgemildert. Daher sind regelmäßige Blutzuckerkontrollen erforderlich. Andere blutdrucksenkende Arzneimittel, Diuretika, Phenothiazine, Vasodilatatoren, trizyklische Antidepressiva, Nitroglycerin, Barbiturate: verstärkter Blutdruckabfall möglich. Reserpin, Alphamethyldopa, Guanfacin, Herzglykoside, Clonidin: stärkeres Absinken der Herzfrequenz bzw. Verzögerung der Überleitung. Überschießender Blutdruckanstieg ist möglich beim abrupten Absetzen von Clonidin, wenn nicht einige Tage zuvor bereits Propranolol abgesetzt wurde. Anschließend kann Clonidin stufenweise abgesetzt werden (s. Fachinformation Clonidin). Die Behandlung mit Propranolol erst mehrere Tage nach dem Absetzen von Clonidin beginnen. Seite 3 von 7 Calciumantagonisten vom Verapamil- oder Diltiazemtyp oder anderen Antiarrhythmika (z. B. Disopyramid): Hypotonie, Bradykardie oder andere Herzrhythmusstörungen; eine sorgfältige Überwachung des Patienten ist daher angezeigt. Hinweis: Die intravenöse Applikation von Calciumantagonisten vom Verapamil- und Diltiazemtyp oder anderen Antiarrhythmika (z. B. Disopyramid) ist während der Behandlung mit Propranolol kontraindiziert (Ausnahme: Intensivmedizin). Verapamil i.v. erst 48 Stunden nach dem Absetzen von Propranolol verabreichen. Die kardiodepressiven Wirkungen von Propranolol und Antiarrhythmika können sich addieren. Calciumantagonisten vom Nifedipintyp: verstärkte Blutdrucksenkung; gelegentlich Ausbildung einer Herzinsuffizienz Indometacin: Verringerung der blutdrucksenkenden Wirkung Adrenalin, Noradrenalin: beträchtlicher Blutdruckanstieg MAO-Hemmstoffe: wegen möglicher überschießender Hypertonie nicht zusammen verabreichen Periphere Muskelrelaxanzien (z. B. Suxamethonium, Tubocurarin): Verstärkung der neuromuskulären Blockade durch die Betarezeptorenhemmung Narkotika: verstärkte Blutdrucksenkung. Die negativ inotropen Wirkungen beider Substanzen können sich addieren. Für den Fall, dass Propranolol vor Eingriffen in Allgemeinnarkose oder vor der Anwendung peripherer Muskelrelaxanzien nicht abgesetzt werden kann, muss der Narkosearzt über die Behandlung mit Propranolol informiert werden. Cimetidin: Verstärkung der Wirkung von Propranolol Chinidin bzw. Propafenon, Rifampicin, Theophyllin, Warfarin, Thioridazin sowie Calciumantagonisten vom Dihydropyridintyp wie Nifedipin, Nisoldipin, Nicardipin, Isradipin und Lacidipin: Aus pharmakokinetischen Studien geht hervor, dass es zwischen Propranolol und den genannten Substanzen zu Wechselwirkungen kommen kann, da Leberenzymsysteme, die Propranolol und diese Wirkstoffe metabolisieren, beeinflusst werden können. Die Konzentrationen von Propranolol und diesen Wirkstoffen im Blut können verändert werden, so dass gegebenenfalls eine Dosisanpassung erforderlich ist (siehe auch Wechselwirkungen mit Calciumantagonisten vom Nifedipintyp). Seite 4 von 7 Mögliche Nebenwirkungen Propranolol ist der Betablocker, mit dem in der Kinderheilkunde die langfristigsten und größten Erfahrungen bestehen. Er wird in anderen Indikationen seit etwa 40 Jahren vor allem in der Kinderkardiologie verwendet. Nach Aussagen führender, erfahrener Kinderkardiologen ist in der empfohlenen Dosierung bei Kindern nur sehr selten mit Nebenwirkungen zu rechnen. Die bisherige Erfahrung in deutschen Zentren und im Ausland bestätigt die gute Verträglichkeit der Therapie. Aus Gründen der Vollständigkeit werden nachfolgend die in der Erwachsenenmedizin beschriebenen möglichen Nebenwirkungen aufgelistet. Erkrankungen des Nervensystems Insbesondere zu Beginn der Behandlung Müdigkeit, Schwindelgefühl, Benommenheit, Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Nervosität, Schwitzen, Schlafstörungen, depressive Verstimmungen, Albträume, Halluzinationen, Parästhesien und Kältegefühl an den Extremitäten, Auftreten eines der Myasthenia gravis ähnlichen Krankheitsbildes mit Muskelschwäche, Verstärkung einer bestehenden Myasthenia gravis Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts Vorübergehende Magen-Darm-Beschwerden (Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, Diarrhoe), Mundtrockenheit Herzerkrankungen Verstärkter Blutdruckabfall, Bradykardie, Synkopen, Palpitationen, atrioventrikuläre Überleitungsstörungen oder Verstärkung einer Herzinsuffizienz, bei Angina pectoris Verstärkung der Anfälle, Verstärkung der Beschwerden von Patienten mit peripheren Durchblutungsstörungen (einschließlich Claudicatio intermittens, Raynaud-Syndrom) Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes Allergische Hautreaktionen (Rötung, Juckreiz, Exantheme) und Haarausfall, Auslösung einer Psoriasis, Verstärkung der Symptome dieser Erkrankung oder psoriasiforme Hautausschläge Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und des Mediastinums Infolge einer möglichen Erhöhung des Atemwegswiderstandes kann es bei Patienten mit Neigung zu bronchospastischen Reaktionen (insbesondere obstruktiven Atemwegserkrankungen) zu Atemnot kommen. Augenerkrankungen Einschränkung des Tränenflusses, Konjunktivitis, Keratokonjunktivitis und Sehstörungen Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen Bei Langzeittherapie Arthropathie (Mono- und Polyarthritis) Erkrankungen der Nieren und Harnwege Verschlechterung der Nierenfunktion bei schweren Nierenfunktionsstörungen. Deshalb sollte während der Therapie mit Propranolol die Nierenfunktion entsprechend überwacht werden. Seite 5 von 7 Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen Sehr selten kann ein latenter Diabetes mellitus manifest werden oder ein bereits bestehender sich verschlechtern. Bei Patienten mit Hyperthyreose können die klinischen Zeichen einer Thyreotoxikose (Tachykardie und Tremor) maskiert sein. Nach längerem Fasten bzw. unregelmäßiger Nahrungsaufnahme oder schwerer körperlicher Belastung kann es zu hypoglykämischen Zuständen kommen. Diese können von Krampfanfällen oder – in Einzelfällen – von Koma begleitet sein. Warnzeichen einer Hypoglykämie (insbesondere Tachykardie und Tremor) können verschleiert werden. Es kann zu Störungen im Fettstoffwechsel kommen. Bei meist normalem Gesamtcholesterin wurden eine Verminderung des HDL-Cholesterins und eine Erhöhung der Triglyceride im Plasma beobachtet. Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems Thrombozytopenie oder Purpura Untersuchungen Erhöhung der Transaminasen (GOT, GPT) im Serum Überdosierung Symptome einer Überdosierung Das klinische Bild ist in Abhängigkeit vom Ausmaß der Intoxikation im Wesentlichen von kardiovaskulären und zentralnervösen Symptomen geprägt. Überdosierung kann zu schwerer Hypotonie, Bradykardie bis zur Herzinsuffizienz, zum Herzstillstand und kardiogenen Schock führen. Zusätzlich können Atembeschwerden, Bronchospasmen, Erbrechen, Bewusstseinsstörungen und gelegentlich auch generalisierte Krampfanfälle auftreten. Therapiemaßnahmen bei Überdosierung Bronchospasmen können in der Regel durch Beta-2-Sympathomimetika wie Salbutamol zum Inhalieren (bei ungenügender Wirkung auch intravenös) behoben werden. Zur Aufhebung der durch Propranolol herbeigeführten Betablockade können hohe Dosen erforderlich sein, die entsprechend ihrer Wirkung titriert werden sollten. Auch Aminophyllin i.v., Ipratropriumbromid als Inhalationsnebel oder Glucagon. Bei Überdosierung oder bedrohlichem Abfall der Herzfrequenz oder des Blutdrucks muss die Behandlung mit Propranolol abgebrochen werden. Neben allgemeinen Maßnahmen der primären Giftelimination müssen unter intensivmedizinischen Bedingungen die vitalen Parameter überwacht und gegebenenfalls korrigiert werden. Als Gegenmittel können gegeben werden: Atropin 0,5-2 mg i.v. als Bolus. Glucagon initial 1-10 mg i.v., anschließend 2-2,5 mg/h als Dauerinfusion. Sympathomimetika in Abhängigkeit vom Körpergewicht und Effekt: Dopamin, Dobutamin, Isoprenalin, Orciprenalin und Adrenalin. Seite 6 von 7 Bei therapierefraktärer Bradykardie sollte eine temporäre Schrittmachertherapie durchgeführt werden. Bei generalisierten Krampfanfällen empfiehlt sich die langsame intravenöse Gabe von Diazepam. Medikamente Ein Propranolol-Saft ist (für kinderkardiologische Indikationen) unter der Bezeichnung „SyprolTM 5 mg/5 ml (bzw. 10 mg/5 ml) Oral Solution“ in Großbritannien zugelassen. SyprolTM ist in 150-ml-Flaschen erhältlich und kann als Importarzneimittel kurzfristig (innerhalb 24 h) über die Firma InfectoPharm bezogen werden. Als Dosierhilfe sollte eine Plastikpipette oder Einmalspritze verwendet werden. Alternativ kann die zuständige Apotheke patientenindividuell entsprechend der Dosierung und des Gewichtes des Kindes Propranolol-Kapseln herstellen. Propranolol wird von verschiedenen Firmen in Form von Kapseln mit 10, 40 und 80 mg vertrieben. Die Apotheke füllt die verschriebene Einzeldosis in Kapseln unter Zusatz von Traubenzucker ab. Der Inhalt wird dann mit ca. 2 cm3 abgekochtem Wasser verabreicht (bewährt hat sich das Aufziehen in eine Einmalspritze). Seite 7 von 7