82 - Arznei

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arznei-telegramm 9/91
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BETABLOCKER PLUS KALZIUMANTAGONIST
Im transparenz-telegramm 90/91 (S. 427) führen Sie unter NIF-TEN
aus, daß die gleichzeitige Anwendung von Betablockern und Kalziumantagonisten zur Behandlung der Hypertonie nicht selten eine Herzinsuffizienz auslöst.
Gilt dies auch für die gleichzeitige Anwendung, wenn beispielsweise der Kalziumantagonist (Nifedipin) morgens und eventuell mittags und der Betablocker
(Propranolol) abends oder der Kalziumantagonist in der erforderlichen Dosierung (z. B. 3x täglich Nifedipin 10 mg) und zusätzlich zur Vermeidung einer
durch Nifedipin hervorgerufenen Tachykardie ein Betablocker in der kleinstmöglichen Dosierung, z. B. morgens und abends 10 mg Propranolol, genommen wird.
H. MÜLLER
W-5060 Bergisch Gladbach
Betablocker wie Propranolol (DOCITON u. a.) und
Kalziumantagonisten wie Nifedipin (ADALAT u. a.) wirken
negativ inotrop, hemmen also die Kontraktionskraft des
Herzens. Bei gleichzeitiger Einnahme addieren sich die
Hemmeffekte. Dies ist ein Nachteil der Fixkombinationen
aus beiden Stoffgruppen. Der Effekt kommt zum Tragen,
wenn die Kontraktionskraft des Herzens nur grenzwertig
ist (latente Herzinsuffizienz). Dann kann aus der grenzwertigen Herzleistung ein Versagen des Herzens im Sinne
einer Herzinsuffizienz werden. Bei Herzen mit ausreichender Kontraktionskraft, z. B. bei Patienten im jüngeren
Lebensalter, muß die Hemmwirkung auf die Kontraktilität
nicht zum Versagen der Herzleistung führen.
Werden Nifedipin morgens und mittags und der
Betablocker abends eingenommen, dürfte kein additiver
Effekt zu erwarten sein, da Nifedipin selbst eine kurze
Wirkungs-Halbwertzeit hat. Reagiert der Patient auf den
Kalziumantagonisten mit einer Tachykardie, sind Betablocker in der Regel angezeigt. Der Nutzen der Reduktion
der Herzschlagfrequenz überwiegt dann die mögliche
Hemmung der Kontraktionskraft. In diesen Fällen kann die
kombinierte Anwendung von Nifedipin und Propranolol in
der angegebenen sehr niedrigen Dosierung durchaus
angezeigt sein (–Red.).
NIMOTOP UND NIMOTOP S: WIDERSPRÜCHE
Eine ältere Patientin ist seit geraumer Zeit wegen zerebraler Durchblutungsstörungen in meiner Behandlung. Neurologisches und HNO-ärztliches
Konsil verliefen ergebnislos. Alle gängigen Pharmaka brachten keinen Erfolg,
angedeutet psychotherapeutische Versuche waren ebenso mühsam wie sinnlos.
NIMOTOP setze ich persönlich nicht ein, die Patientin erhielt es von
einem Kollegen, den sie in unserer Vertretung aufsuchte. Über die gewünschte
Wirkung läßt sich noch keine Aussage machen. Als unerwünschte Wirkung
traten prompt Unterschenkelödeme auf. Die Patientin ließ sich jedoch in ungebrochenem Vertrauen auf das Präparat eine neue Packung aufschreiben und
kam 2 Tage später völlig aufgelöst zu mir, weil sie in der Apotheke NIMOTOP
S erhalten habe. Das könne doch gar nicht dasselbe sein, denn sie nahm bisher nur 3 x 1 und nun soll sie nach vorheriger Infusion 6 x 2 nehmen!
Ich war selbst auch irritiert, besonders, als ich beim Vergleich der Beipackzettel feststellte, daß es sich um die gleiche Substanz in gleicher Menge
handelt, aber mit sehr unterschiedlicher Beschreibung in eigentlich allen
Punkten...
Dr. med. D. LOSKILL
W-6520 Worms 23
NIMOTOP und NIMOTOP S enthalten pro Tablette
jeweils 30 mg Nimodipin. Der vom Nifedipin (ADALAT
u.a.) abgeleitete Dihydropyridin-Kalziumantagonist soll
besonders ausgeprägte Wirkungen auf die Zerebralgefäße
haben. Wegen der geringen Bioverfügbarkeit von nur etwa
10% ist die orale Behandlung umstritten. Bisher gibt es
Hinweise auf einen Nutzen bei zerebralen Vasospasmen
nach Subarachnoidalblutungen oder nach intrazerebralen
Eingriffen mit Blutungen (vgl. a-t 11 [1989], 102).
Die Firma Bayer erklärt die unterschiedlichen
Bezeichnungen NIMOTOP und NIMOTOP S mit verschiedenen Indikationen (Vorbeugung neurologischer Defizite
nach zerebralen Vasospasmen bzw. hirnorganisch be-
dingte Leistungsstörungen im Alter) und den unterschiedlichen Dosierungsempfehlungen: „Um auszuschließen,
daß die betroffenen Patienten durch die stark unterschiedlichen Dosierungsempfehlungen irritiert werden, halten wir
auch im Interesse der Therapie- und Arzneimittelsicherheit
unterschiedliche Bezeichnungen mit entsprechend unterschiedlichen Packungsbeilagen für notwendig” (Schreiben
der Bayer AG vom 9. Aug. 1991).
Die fehlenden Hinweise im Beipackzettel von NIMOTOP S auf Tachykardie, Schwindel, Schwächegefühl,
Ödeme, Zeichen einer übermäßigen Anregung des Gehirns u.a. sind nicht nachvollziehbar, zumal NIMOTOP S
vierfach höher dosiert werden soll als NIMOTOP. Bei
NIMOTOP wiederum fehlt ein Hinweis auf starke Blutdrucksenkung durch gleichzeitige Verwendung von Betarezeptorenblockern (–Red.).
ABFÜHRMITTELMISSBRAUCH – WAS TUN?
#6 #7
Welche Möglichkeiten sehen Sie für die Entwöhnung nach Mißbrauch
anthrachinonhaltiger Abführmittel? Dieses Problem beschäftigt uns sehr seit
Beginn der Apothekenpflicht für diese Mittel. Jahrzehntelange Einnahme der
entsprechenden Drogen ist die Regel. Meistens werden Mischungen von gleichen Teilen Sennesblättern und -schoten verlangt, teils als Tee, mehr aber
noch als Pulver. Hinweise unsererseits werden mit den zu erwartenden Bemerkungen über die Gewöhnung beantwortet, auch seien zum Beispiel die Kaliumwerte normal... Unsere Erfahrungen mit Entwöhnungsplänen, den Patienten
auch schriftlich mitgegeben, sind negativ.
Dr. T. RASCHE
Schloß-Apotheke
W-4000 Düsseldorf 30
#8
Abführmittelmißbrauch begünstigt durch Kaliumverarmung Obstipation. Anthrachinonhaltige Mittel (Präparate
mit Aloe, Faulbaumrinde, Rhabarber, Sennesblätter und schoten) schädigen zudem die Innervation des Plexus
myentericus zum Teil irreversibel. Im Endstadium ist der
Darm ein funktionsloses Rohr (RIEMANN, J. F. et al.:
intern. prax. 23 [1983], 155). Abführmittelverwender müssen eindringlich auf dieses Risiko der oft verharmlosend
als „natürlich” oder „rein pflanzlich” bezeichneten Laxantien hingewiesen werden. Die Präparate sind ggf. sofort
abzusetzen. Im Gespräch ist nach den Ursachen der mißbräuchlichen Dauereinnahme zu forschen, die möglicherweise auf falschen Vorstellungen zur Stuhlfrequenz
beruht, aber auch medikamentenbedingt (Anticholinergika,
Psychopharmaka, Antihistaminika, Opioide etc.) sein
kann. Etwa zugrundeliegende Erkrankungen (Schilddrüsenunterfunktion, Tumoren im Magen-Darm-Trakt etc.)
sind auszuschließen bzw. zu behandeln.
Meist bereitet eine Entwöhnung von Laxantien
wenig Probleme. Mehr Bewegung sowie Gewichtsreduktion unterstützen die Bemühungen, den Darm wieder
„abführmittelunabhängig” zu machen. Von besonderer
Bedeutung ist die Umstellung von ballaststoffarmen Nahrungsmitteln wie Weißbrot auf ballaststoffreiche Kost
(Getreide, Gemüse, frisches Obst). Diese fördert –
gegebenenfalls
unterstützt
durch
Pflanzenfasern
(Weizenkleie, Quellmittel) – über eine Volumenzunahme
die Dehnung des Darmes und damit die Darmperistaltik –
sofern der Darm noch nicht zu sehr geschädigt ist. Reichliche Flüssigkeitszufuhr verhindert ein Hartwerden des
Darminhaltes.
Im Einzelfall kann plötzliches Absetzen von Laxantien einen Subileus oder Ileus auslösen. Wenn nach
mehrtägigem Warten eine Defäkation nicht in Gang
kommt, sind Arzneimittel angezeigt, meist Einläufe, mitunter auch Darmwand-reizende Stoffe wie Bisacodyl
(DULCOLAX u.a.). Ist die Ansprechbarkeit des Rektums
auf einen Dehnungsreiz herabgesetzt, bringen Glyzerinsuppositorien (GLYCILAX) mitunter Erleichterung. Dies
muß die Ausnahme bleiben (–Red.).
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