Monozyten als Vermittler Immun globu lin-G

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Antikörpereffektoren
Monozyten als Vermittler Immunglobulin-G-abhängiger Effektorfunktionen
MARKUS BIBURGER, FALK NIMMERJAHN
LEHRSTUHL FÜR GENETIK AM DEPARTMENT FÜR BIOLOGIE, UNIVERSITÄT ERLANGENNÜRNBERG
Antibodies carry out effector functions either directly or by binding of
immune complexes to cellular Fc-receptors. Here we focussed on two
mouse models: a model for immune-thrombocytopenia, where platelets
are depleted by injection of anti-platelet antibodies, and a model for lymphoma treatment, where B-cells are depleted by CD20-specific antibodies. In both cases we found the activating Fc-receptors FcγRI and IV to
be essential for IgG activity.
DOI: 10.1007/s12268-012-0161-4
© Springer-Verlag 2012
ó Die Antikörper stellen einen der Hauptpfeiler der adaptiven Immunität dar. Dabei
handelt es sich um annähernd Y-förmige Proteine, die aus zwei leichten und zwei schweren Ketten zusammengesetzt sind und von
ausdifferenzierten B-Zellen, den Plasmazel-
A
B
len, gebildet werden. Die Antikörper oder
Immunglobuline liegen in Säugetieren in verschiedenen Isotypen vor, die sich in ihrer
Wirkungsweise und dem Ort ihres hauptsächlichen Vorkommens im Körper unterscheiden. Neben
¯ Abb. 1: Beteiligung
von Fcγ-Rezeptoren an
IgG-vermittelten Effektorfunktionen. A, Während einige der Funktionen von Antikörpern FcRezeptor-unabhängig
vermittelt werden können, ist die Bindung von
Immunkomplexen an diese Rezeptoren für andere
unabdingbar. Nur ein Teil
der vielfältigen Antikörperfunktionen ist hier
dargestellt. B, Fcγ-Rezeptoren in Maus und
Mensch. Stimulatorische
Signale werden über
ITAM-Domänen (immunoreceptor tyrosinebased activation motif)
vermittelt, inhibitorische
Signale über ITIM-Domänen (immunoreceptor
tyrosine-based inhibition
motif).
den stets als einzelnes Immunglobulin(Ig)Molekül vorkommenden IgG-, IgE- und IgDAntikörpern können andere Isotypen auch
in dimerer (IgA) und pentamerer Form (IgM)
auftreten. Die im Blut in der höchsten Konzentration vorliegenden Immunglobuline
gehören der Gruppe der IgG-Antikörper an,
die sich wiederum in vier Subklassen (IgG1,
IgG2, IgG3 und IgG4) untergliedert.
Effektorfunktionen
Die IgG erfüllen im Rahmen der adaptiven
Immunantwort eine Vielzahl von Effektorfunktionen. Einige davon, wie z. B. die Neutralisierung von Viren oder Toxinen, können
von Antikörpern direkt vermittelt werden
(Abb. 1A). Andere Funktionen erfordern die
Bindung von Antikörper/Antigen-Immunkomplexen an Fcγ-Rezeptoren, die auf der
Oberfläche verschiedener Effektorzellen des
angeborenen Immunsystems, wie etwa den
Monozyten, Makrophagen und Neutrophilen,
vorkommen. Hierzu gehören z. B. die Opsonisierung, bei der die Oberfläche zellulärer
Antigene mit Antikörpern besetzt wird,
sodass diese von phagozytierenden Zellen
des angeborenen Immunsystems „aufgefressen“ werden, weiterhin die Modulation der
Immunantwort sowie die Induktion einer
Antikörper-abhängigen zellvermittelten Zytotoxizität (ADCC, antibody-dependent cellular
cytotoxicity), das heißt der Eliminierung Antikörper-beladener Zielzellen durch Effektorzellen.
Fcγ-Rezeptoren
Sowohl im Menschen als auch in der Maus
als immunologischem Modellorganismus findet sich mit FcγRI ein aktivierender Rezeptor, der aufgrund seiner hohen Affinität zu
IgG-Molekülen in der Lage ist, diese als einzelne Moleküle zu binden (Abb. 1B). Alle
anderen Fcγ-Rezeptoren binden Antikörper
in der Form von Immunkomplexen, da sie
eine geringe bis mittlere Affinität aufweisen
und somit nur Komplexe binden können, die
mehrere Antikörpermoleküle beinhalten. In
Maus und Mensch existiert darüber hinaus
ein inhibitorischer Rezeptor, FcγRIIB.
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˘ Abb. 2: Die Bedeutung
Modellsysteme
In unserer Arbeitsgruppe untersuchen wir in
Mausmodellen die Bedeutung der Fc-Rezeptoren für verschiedene Antikörper-vermittelte Effektorfunktionen.
Zwei wichtige Modelle sind (1) die Depletion von Thrombozyten (Blutplättchen) durch
Injektion eines gegen Thrombozytenoberflächenproteine gerichteten Antikörpers als
Modell für eine autoimmunvermittelte Thrombozytopenie, und (2) die Depletion von B-Zellen durch Injektion eines gegen das Oberflächenantigen CD20 gerichteten Antikörpers
als murines Modell für die Behandlung z. B.
von B-Zell-Lymphomen im Menschen durch
entsprechende humane CD20-spezifische
Antiköper.
Die Thrombozytopenie ist durch sehr niedrige Thrombozytenzahlen im Blut charakterisiert und kann deshalb mit einem erhöhten Risiko für spontane Kapillarblutungen in
der Haut bis hin zu schweren inneren Blutungen einhergehen. Die immunvermittelte
Thrombozytopenie ist eine Autoimmunerkrankung, die durch Antikörper gegen die
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einzelner Fcγ-Rezeptoren für
IgG-Effektorenfunktionen
und ihre zelltypspezifischen
Expressionsmuster. A, Relevanz von FcγRI und IV. Die
Injektion von Thrombozyten(6A6) bzw. B-Zell-spezifischen (IgG2a) Antikörpern
führt innerhalb weniger
Stunden zur Depletion der
Blutplättchen bzw. der B-Zellen. In Mäusen, denen FcγRI
und IV fehlen sind beide
Effekte signifikant blockiert.
B, zelluläres Fcγ-Rezeptorrepertoire. Mittels fluoreszenzmarkierten Antikörpern gegen die jeweiligen
Fcγ-Rezeptoren wurde deren
relative Expression mittels
durchflusszytometrischer
Messungen bestimmt.
körpereigenen Blutplättchen ausgelöst wird. Die
Behandlung mit AntiCD20-Antikörpern (wie
Rituximab) stellt eine Standardtherapie für maligne
Tumoren des lymphati-
A
B
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A
B
C
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schen Systems dar, bei denen eine deregulierte Proliferation von CD20-exprimierenden Zellen vorliegt.
Anhand der genannten Mausmodelle möchten wir die der Antikörperaktivität zugrunde
liegenden molekularen und zellulären Mechanismen besser verstehen und damit eine
Grundlage für die mögliche Optimierung der
jeweiligen Therapien schaffen.
Bedeutung der Fcγ-Rezeptoren
Durch die Verwendung von Mausstämmen,
bei denen die Oberflächenexpression der
Fcγ-Rezeptoren einzeln oder in verschiedenen Kombinationen ausgeschaltet ist, konnten die jeweils relevanten Fcγ-Rezeptoren,
die für die Antikörperaktivität wichtig sind,
eingegrenzt werden. Während die Injektion
des Thrombozyten-spezifischen Antikörpers
6A6 vom IgG2a-Isotyp in Wildtyp-Mäusen
mit normaler Ausstattung an Fcγ-Rezeptoren innerhalb von vier Stunden eine ca. 90prozentige Depletion der Thrombozyten
bewirkte, waren Mäuse, denen alle aktivierenden Fcγ-Rezeptoren auf der Oberfläche
fehlen, davor geschützt. Von Mäusen, bei
denen einzelne Rezeptoren ausgeschaltet
sind, zeigten nur diejenigen, denen FcγRIV
fehlt, einen partiellen Schutz. Mäuse, denen
die aktivierenden Rezeptoren FcγRI und
FcγRIII fehlen, zeigten eine weitgehend normale Depletion. Im Gegensatz hierzu war in
Mäusen ohne die beiden Rezeptoren FcγRI
und FcγRIV die Depletion stark reduziert
(Abb. 2A, links) [1]. Dies deutet darauf hin,
dass als Effektor zelle am ehesten solche
infrage kommen, die diese beiden Rezeptoren exprimieren, und dass das Fehlen eines
dieser Rezeptoren zumindest teilweise vom
jeweils anderen kompensiert werden kann,
wobei FcγRIV scheinbar die wichtigere Rolle zukommt. In analoger Weise verhinderte
das Fehlen von FcγRI und FcγRIV auch
die Depletion der peripheren B-Zellen
durch CD20-spezifische IgG2a-Antikörper
(Abb. 2A, rechts).
Identifizierung potenzieller
Effektorzellen
Bei der Quantifizierung der Fcγ-RezeptorExpression in Blut, Knochenmark und Milz
konnten wir zeigen, dass insbesondere eine
Subpopulation von Monozyten eine deutliche
Expression von FcγRI und insbesondere
¯ Abb. 3: Funktionelle Bedeutung von Ly6C10Monozyten für IgG-vermittelte Effektorfunktionen. A, Die spezifische Eliminierung der Ly6CloMonozyten durch Clodronat bewirkt eine signifikante Reduktion der Antikörper-vermittelten
Thrombozyten-Depletion im Vergleich zu unbehandelten oder PBS-behandelten Mäusen. Die
Anti-CD20-vermittelte B-Zell-Depletion wird
hierdurch vollständig blockiert. B, Ly6Clo-Monozyten zeigen eine deutliche Befähigung zur Aufnahme von injizierten Polystyren-Partikeln mit
einem Durchmesser von einem Mikrometer. C,
Durch variierende Gaben von Clodronat liegen
zum Zeitpunkt der Antikörper-Injektion unterschiedliche Zahlen an Monozyten im Blut vor.
Für Ly6Clo-Monozyten korreliert deren Anzahl
gut mit der jeweiligen Effizienz der Thrombozyten-Depletion. D, Ly6Clo-Monozyten exprimieren
alle vier murinen Fcγ-Rezeptoren und erscheinen als wichtige Mediatoren für Antikörper-vermittelte Effektorfunktionen.
FcγRIV aufweist (Abb. 2B). Hierbei handelt
es sich um nicht-klassische (oder auch residente) Monozyten, die sich durch das weitgehende Fehlen des Oberflächenmarkers
Ly6C (Ly6Clo für low) von den klassischen
(oder auch inflammatorischen) Monozyten
unterscheiden, welche eine ausgeprägte
Expression von Ly6C zeigen (Ly6Chi für high).
Ly6Chi-Monozyten zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie in entzündete
Gewebe einwandern, während nicht-klassische Monozyten als patrouillierende Zellen
beschrieben sind. Die Injektion von Liposomen, die mit dem Zellgift Clodronat beladen
sind, erlaubt eine effiziente Eliminierung von
Monozyten und Makrophagen, während andere Zelltypen unbeeinflusst bleiben. Nach entsprechender Vorbehandlung waren Mäuse
weitgehend vor der Antikörper-vermittelten
Depletion der Thrombozyten als auch der BZell-Depletion geschützt. Durch Titration der
Liposomenmenge und eine kurze Vorbehandlungsdauer konnten wir Bedingungen
etablieren, unter denen Ly6Clo-Monozyten
weitgehend eliminiert waren, während andere Zellen (unter ihnen die klassischen Monozyten) nur geringfügig beeinflusst wurden
(Abb. 3A). Bei derart vorbehandelten Mäusen war die Effizienz der ThrombozytenDepletion signifikant reduziert. In ähnlicher
Weise war auch die Antikörper-vermittelte BZell-Depletion nach Eliminierung dieser
Monozytenpopulation vollständig inhibiert
(Abb. 3A).
Im Gegensatz zu B-Zellen handelt es sich
bei Thrombozyten nicht um vollständige Zellen, sondern um sehr viel kleinere Abschnürungen eines speziellen Zelltyps, der Megakaryozyten. Während also die Depletion von
B-Zellen über eine klassische Antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität erfol-
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gen dürfte, ist ein solcher Mechanismus
bei der Depletion von Thrombozyten
unwahrscheinlich. Naheliegend ist
indessen die Aufnahme von Thrombozyten durch phagozytierende Zellen.
Da die in der Literatur vorliegenden
Daten zur endozytotischen Aktivität der
Monozytensubpopulationen uneinheitlich sind, führten wir dahingehende Untersuchungen der Ly6Chi- und
Ly6Clo-Monozyten und anderer Leukozyten im Blut unter steady state-Bedingungen durch. Hierzu injizierten wir
Polystyren-Kügelchen, die mit einem
Mikrometer Durchmesser in der Größenordnung von Thrombozyten liegen,
oder alternativ dazu fluoreszenzmarkierte Liposomen. Hinsichtlich der Polystyren-Partikel zeigten im Blut die
Ly6Clo-Monozyten die ausgeprägteste
endozytotische Aktivität (Abb. 3B),
Liposomen wurden im Beobachtungszeitraum sogar ausschließlich von diesen Zellen aufgenommen.
Zudem konnte eine deutliche Korrelation der Autoantikörper-vermittelten
Thrombozyten-Depletionseffizienz mit
der Anzahl von Ly6Clo-Monozyten im
Blut nachgewiesen werden, während
Ly6Chi-Monozyten nur eine Tendenz
erkennen ließen (Abb. 3C). Interessanterweise scheinen bereits sehr
geringe Zahlen an Ly6Clo-Monozyten
für eine effektive Depletion auszureichen.
Basierend auf diesen und weiteren
Ergebnissen [1] nehmen wir an, dass
die Ly6Clo-Monozyten, die auch das
breiteste Repertoire an Fcγ-Rezeptoren
aufweisen, eine zentrale Rolle sowohl
bei der Antikörper-vermittelten Depletion von Blutplättchen als auch beim
Wirkmechanismus der Anti-CD20-vermittelten B-Zell-Depletion spielen
(Abb. 3D). Zumindest für die hier verwendeten IgG2a-Immunglobuline sind
offensichtlich die Fcγ-Rezeptoren I und
IV von zentraler Bedeutung, die das
Fehlen des jeweils anderen wohl teilweise kompensieren können [1].
Zukünftige Experimente werden zeigen, ob auch in Modellen mit IgG1-vermittelten Effektorfunktionen, die nicht
von FcγRIV, sondern von FcγRIII abhängig sind, die Monozyten eine zentrale
Bedeutung haben, da insbesondere
Natürliche-Killer-Zellen (NK-Zellen) in
der Maus eine überraschend geringe
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FcγRIII-Expression im Vergleich zu
Monozyten aufweisen [2].
ó
Danksagung
Unsere Arbeiten werden durch die
Deutsche Forschungsgemeinschaft
(SFB 643) und das Bayerische Genomforschungsnetzwerk (BayGene) unterstützt.
Literatur
[1] Biburger M, Aschermann S, Schwab I et al. (2011)
Monocyte subsets responsible for immunoglobulin gdependent effector functions in vivo. Immunity
35:932–944
[2] Biburger M, Nimmerjahn F (2012) Low level of
FcγRIII expression on murine natural killer cells.
Immunol Lett (im Druck)
Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. Falk Nimmerjahn
Lehrstuhl für Genetik
Department Biologie
Universität Erlangen-Nürnberg
Erwin-Rommel-Straße 3
D-91058 Erlangen
Tel.: 09131-8525050
Fax: 09131-8528526
[email protected]
AUTOREN
Markus Biburger
Jahrgang 1967. 1987–
1992 Biologiestudium
und Promotion an der
Universität Erlangen.
1998 Postdoc an der
Klinik für Tumorbiologie, Universität Freiburg. 1999–2002 Chemotherapeutisches Forschungsinstitut Georg-Speyer-Haus,
Frankfurt a. M. 2002–2007 Institut für
Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Erlangen. Seit 2007
bei Prof. Dr. Nimmerjahn, LS Genetik der
Universität Erlangen-Nürnberg. 2010 Habilitation.
Falk Nimmerjahn
Jahrgang 1972. 1993–
1998 Biologiestudium
an den Universitäten
Bayreuth und Erlangen.
1999–2002 Promotion
an der LMU München
und wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Helmholtz-Zentrum München. 2004–2007 Postdoc im Labor von
Prof. Dr. Ravetch an der Rockefeller University, New York, USA. 2007–2010 W2Professor für Immunologie und Immuntherapie am Universitätsklinikum Erlangen-Nürnberg. Seit 2010 Leiter des Lehrstuhls für Genetik am Department für
Biologie der Universität Erlangen.
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