Tugendethiken Prof. Dr. H. Simon-Hohm: Interkulturelle Ethik Studium Generale - 2.12.2008 Tugendethiken Tugendethiken beschäftigen sich mit Leben und Handeln im Alltag, in der Familie, in Beziehungen usw.. Tugendethiken kümmern sich um die Erziehung, also darum, wie Menschen tugendhaft werden können. Tugendethiken fragen danach, warum soll man/frau überhaupt moralisch sein? Prof. Dr. H. Simon-Hohm 2 Tugendethiken beantworten die Frage: Wie soll ich handeln? Moral ist das Tun des Richtigen, des Rechten. Ausschlaggebend für moralisches Handeln ist der Charakter des Handelnden. Moral entsteht und festigt sich durch Gewohnheit, Nachahmung von Vorbildern und Identifikation mit Eigenschaften, die als charakterliche Vorzüge bewundert werden. Prof. Dr. H. Simon-Hohm 3 Tugend (griechisch: arete) Sokrates (470 – 399 v. Chr.) Tugend ist eine Gesinnung, die auf die Verwirklichung moralischer Werte ausgerichtet ist. Tugendhaft handeln kann nur derjenige, der weiß, was Tugend ist! Platon (428 – 327 v. Chr.) Tugend ist lehrbar! Grundtugenden Gerechtigkeit Tapferkeit/Mut/ Standhaftigkeit Weisheit/Klugheit Besonnenheit/Mäßigung Prof. Dr. H. Simon-Hohm 4 Aristoteles unterscheidet: Verstandestugenden (Dianoethische Tugenden) Vernunft Wissenschaft Weisheit Kunst Einsicht Ethische (Charakter) Tugenden Prof. Dr. H. Simon-Hohm Besonnenheit Gerechtigkeit Freigebigkeit Großherzigkeit Freundschaft Wahrhaftigkeit Milde Gewandtheit Tapferkeit 5 Aristoteles (384 – 322 v.Chr.) Nach Aristoteles wird Tugend (arete) durch Erziehung und tugendhaftes Handeln erworben. Alle ethischen (moralischen) Tugenden sind auf Mitte und Maß ausgerichtet. Richtig tugendhaft handelt, wer einen Mittelweg beschreitet zwischen Feigheit und Tollkühnheit, Geiz und Verschwendung. Bei den Verstandestugenden gibt es dagegen kein schädliches Extrem. Prof. Dr. H. Simon-Hohm 6 Tugend und Gerechtigkeit Aristoteles: Zur Vervollkommnung braucht der Mensch die Gemeinschaft. Die Tugend des einzelnen spiegelt sich in der gerechten Verfassung für das Staatswesen. Umfassende Gerechtigkeit ist nur dann erreichbar, wenn alle Individuen sie als Teil ihres Glücks ansehen. Prof. Dr. H. Simon-Hohm 7 Christliche Tugenden ergänzen die Kardinaltugenden Apostel Paulus: Korinther-Briefe Christliche Tugenden: Glaube (Nächsten-)Liebe Hoffnung Thomas von Aquin (1224 - 1274 n.Chr.) „... darum ist unter den Kardinaltugenden die vornehmste die Klugheit, die Gerechtigkeit ist die zweite, die Tapferkeit die dritte, Zucht und Maß die vierte.“ Prof. Dr. H. Simon-Hohm 8 Benjamin Franklins (1706 –1790) Katalog umfasste 13 Tugenden Mäßigkeit Schweigen Ordnung Entschlossenheit Sparsamkeit Fleiß Aufrichtigkeit Gerechtigkeit Mäßigung Reinlichkeit Gemütsruhe Keuschheit Demut Problematik der Sekundärtugenden! Prof. Dr. H. Simon-Hohm 9 Tugendethiken heute Renaissance der Tugendethiken durch Neoliberalismus und Kapitalismuskritik Kommunitarismus Feminismus: männliche/weibliche Moral Tugendethik ist die Lehre von wesentlichen, in sich wertvollen Charaktereigenschaften. Tugenden sind das Ensemble jener individuellen Verhaltensdispositionen, deren Zusammenspiel ein befriedigendes menschliches Leben verheißt. Prof. Dr. H. Simon-Hohm 10 Tugendethik - Fürsorgeethik Die Verwirklichung eines guten Lebens in modernen Gesellschaften ist nicht nur von intakten Institutionen, sondern auch von den inneren Einstellungen ihrer Mitglieder abhängig. Auf der Suche nach einer zeitgemäßen Moral und realistischen Ethik spielen daher Fürsorge (care), Abhängigkeit, Anteilnahme, universelle Achtung und Vertrauen eine zentrale Rolle. Die Herstellung von Gerechtigkeit wird als kooperatives Unternehmen gesehen mit dem Ziel der Vermehrung der „Kraft, Geschicklichkeit und Sicherheit“ aller Gesellschaftsteile. Annette C. Baier (US-amerikanische Philosophin) Prof. Dr. H. Simon-Hohm 11 Theorie der Tugenden „Erst eine Theorie der Tugenden kann darüber Auskunft geben, welche Formen von Wohlwollen, Mitleid und Pflichtbewusstsein, welches Amalgam moralischer Gefühle und Einsichten das „moralische Selbst“ von Menschen in ihrer ganzen Komplexität ausmacht.“ Philippa Foot: Die Wirklichkeit des Guten. 1997 Prof. Dr. H. Simon-Hohm 12