SPEZIAL: BIOPHOTONIK Strahlführung Protonen eröffnen neue Wege in der Strahlentherapie AUGENKREBS IN EINER WOCHE HEILBAR Bei der bisherigen Strahlentherapie wird auch gesundes Gewebe beschädigt. Die Bestrahlung mit Protonen lässt sich präziser ausrichten, ist aber aufgrund der schwierigen Protonenerzeugung noch selten. JENS HEUFELDER OLAF MEYER ie Diagnose Krebs kann jeden treffen. Glücklicherweise verbessern sich die Heilungschancen insbesondere durch die Fortschritte in der Protonentherapie. Der hohe Aufwand für die Protonenerzeugung lässt diese Behandlung in Deutschland momentan nur für medizinische Randbereiche wie einen Tumor im Augeninneren zu. Mit etwa 500 bis 600 Neuerkrankungen pro Jahr ist in Deutschland das bösartige Aderhautmelanom die häufigste Krebs- D form im Auge. Ziel der Behandlung ist die Vernichtung des Tumors und der Erhalt des Sehvermögens. Da die operative Entfernung eines Augentumors in meist zu riskant ist, wird die Strahlentherapie eingesetzt. Die Strahlen schädigen die Erbsubstanz und führen den Zelltod herbei. Lässt sich die Strahlenwirkung aber nicht präzise auf den Tumor begrenzen, dann wird auch das umliegende gesunde Gewebe zerstört. Im Auge kann unter anderem der Sehnerv beschädigt werden und der Patient erblinden. Mit Elektronen- oder Gammastrahlen, die normalerweise bei der Strahlenthera- Systemaufbau bei der Protonenstrahltherapie pie eingesetzt werden, lässt sich die hohe Präzision, die bei der Bestrahlung von Tumoren im Augeninnern notwendig ist, nicht erreichen. Sie geben Energie schon vor und auch noch hinter dem Tumor ab und schädigen damit auch gesundes Gewebe. Individuelle Strahlanpassung 1 Die Protonenstrahlung wird genau dosiert und präzise auf den Augentumor gerichtet. Während der Bestrahlung überwacht man kontinuierlich die Blickrichtung 32 Laser+Photonik Behutsamer ist die Bestrahlung des Aderhautmelanoms mit Protonen, also den positiv geladenen Teilchen, die zusammen mit den Neutronen den Atomkern bilden. Wenn Protonen mit einer bestimmten Energie auf den Tumor treffen, geben sie ihre Energie volumengenau ab. Gesundes Gewebe davor, dahinter und auch seitlich 5 | 2005 Strahlführung des Tumors wird geschont. Der Erfolg der Behandlung hängt von der individuellen Anpassung und Ausrichtung des Protonenstrahls auf den Augentumor ab. Seit 1998 wird in Berlin am Hahn-Meitner-Institut in Zusammenarbeit mit der Charité die Protonenstrahlenergie zur Behandlung von Aderhautmelanomen erfolgreich angewendet. Für zehn Wochen im Jahr steht ein Teilchenbeschleuniger, ein so genanntes Zyklotron, der normaler- weise nur zu Forschungszwecken dient, für die Protonenstrahltherapie bereit. Das Zyklotron beschleunigt die Protonen auf eine Energie von 68 MeV, mit der sie bis zu 36 mm tief in das Gewebe eindringen könnten. Im Auge liegen die Tumore nur in einer Tiefe von etwa 24 bis 28 mm. Die Protonen werden daher für die Behandlung mit einem Reichweitenschieber auf die benötigte Eindringtiefe abgebremst (Bild 1), indem zwei Plexiglaskeile gegeneinander verschoben werden. Zur Erzeugung eines Tiefenplateaus mit gleichmäßig verteilter Strahlendosis (ausgedehnter Bragg-Peak) wird ein an den Beschleuniger angepasstes Modulatorrad verwendet. Dieses Rad besteht aus sternförmig angeordneten Kunststoffkeilen, die die Protonenstrahlung individuell absor- 5 | 2005 bieren und ihre Eindringtiefe nach Bedarf reduzieren. Während der Bestrahlung dreht sich das Modulatorrad mit 1200 Umdrehungen pro Minute. Präzise Ausrichtung schützt die Sehkraft Hinter dem Modulatorrad hat der Protonenstrahl als Summe aus allen monoenergetischen Bragg-Peaks einen konstanten, ausgedehnten Bragg-Peak. Zur Sicherheit wird vor jeder Bestrahlungsperiode das Tiefenplateau der Dosisverteilung in allen drei Raumrichtungen mit dem linearen Präzisionsversteller von Owis kontrolliert. Zusammen mit der Schrittmotorsteuerung ›SMS 60‹ erreicht man die Zuverlässigkeit und Wiederholgenauigkeit, von der der Erhalt der Sehkraft abhängt. Der Kopf des Patienten wird mit einer für ihn angefertigten Gesichtsmaske und einem Beißblock fixiert (Titelbild). Vor der Bestrahlung markiert der Augenarzt den Tumor mit Metallplättchen, die auf die Lederhaut des Auges genäht werden. Mit einer Röntgenkamera sowie axialen und lateralen Bildverstärkern überwacht man die Lage des Tumors während der Bestrahlung. Mit einer Kamera beobachtet man kontinuierlich die Blickrichtung des Patienten (Bild 1). Der Kranke blickt bei der Bestrahlung auf einen projizierten Lichtpunkt, der mit dem Strahlführungssystem von Owis individuell angepasst wird. Schweift der Blick von dieser Position ab, wird die Bestrahlung sofort unterbrochen. Diese Maßnahmen sind notwendig, um den Tumor mit einer Genauigkeit von weniger als einem Achtel Millimeter zum Protonenstrahl auszurichten. Die Bestrahlung dauert zirka 30 s, und nach nur vier Sitzungen innerhalb von einer Woche ist der Tumor in der Regel besiegt. Standardbehandlung mit Protonen durch Laser Größere Beschleuniger können Protonen mit mehr Energie erzeugen, die auch Tumore in tieferen Gewebeschichten errei- SPEZIAL: BIOPHOTONIK chen. Wünschenswert wäre das beispielsweise bei Gehirntumoren, bei denen ein chirurgischer Eingriff mit großen Risiken behaftet ist. Der technische und finanzielle Aufwand für eine Beschleunigeranlage ist jedoch groß. Daher stehen weltweit nur wenige Anlagen zur Verfügung. Kostengünstiger und weniger aufwändig ist die Erzeugung von Protonen mit Laserlicht. Ein gepulster Laser bestrahlt zu diesem Zweck eine kunststoffbeschichtete Goldfolie im Terawattbereich. Durch den Laserpuls werden aus der Folie Protonen mit hoher Energie herausgeschlagen. Diese Methode ist nicht nur billiger, die Protonenerzeugung könnte außerdem wenige Meter neben dem Patienten stehen und die Therapie breitflächig verfügbar machen. Bisher haben die mit Lasern erzeugten Protonen aber noch nicht genug Energie, um in tiefe Gewebeschichten einzudringen. Setzt sich jedoch die rasante Laserentwicklung fort, könnte die Krebsbekämpfung mit Protonen zukünftig eine Standardbehandlung werden. n Fazit: Laser für die Protonenerzeugung Bisher stehen nur wenige Zyklotrons für die Erzeugung von Protonen zur Verfügung. Da die Krebsbekämpfung mit der bisher üblichen Elektronen- und Gamma-Strahlentherapie nicht nur den Tumor, sondern auch das gesunde Gewebe schädigt, wäre eine schnelle Verbreitung der präzisen Protonentherapie wünschenswert. Eine Hoffnung liegt darin, Protonen mit kostengünstigen Lasern zu erzeugen und so der Diagnose Krebs den Schrecken zu nehmen. AUTOREN Dr. JENS HEUFELDER ist Medizinphysiker am Hahn-Meitner-Institut in Berlin. Dipl.-Wirt.-Ing. OLAF MEYER ist Verkaufsleiter Nord bei Owis in Staufen. KONTAKT OWIS GmbH, 79219 Staufen, Tel. 0 76 33 /95 04 –0, Fax 0 76 33 /95 04 –44, www.owis-staufen.de Laser+Photonik 33