Streptokokken aus der Umwelt als Mastitiserreger: Häufigkeiten von Streptococcus uberis und Enterokokken im Untersuchungsmaterial eines Routinelabors R. Tschischkale Th. Peters J. Ramm Milchtierherden-Betreuungs- und Forschungsgesellschaft mbH ● ● ● ● ● ist ein privater tierärztlicher Anbieter von Dienstleistungen im Bereich der Eutergesundheit (keine Abgabe von Medikamenten) ist deutschlandweit tätig besitzt ein eigenes Labor für zytobakteriologische Untersuchungen ist aktiv an 7 Tagen pro Woche und 365 Tagen im Jahr 3 Tierärzte, zuständig für: - Beurteilung aller Bakterienkulturen - Erstellung der Befundberichte - Beratung – telefonisch und vor Ort - Streptokokken als Mastitiserreger Im Labor der MBFG festgestellte Mastitiserreger (Jahres-Statistik 2007) 199.168 untersuchte Milchproben (i. R. d. Mastitisdiagnostik); 59.256 mit Nachweis von Mastitiserregern (29,8%) ● ● St. aureus "Sc. uberis" KNS Coliforme Sc. dysgalactiae Sc. agalactiae sonst St. aureus: 34,7% “Sc. uberis”: 32,7% ● KNS: ● Coliforme: 6,7% ● Sc. dysgalactiae: 6,5% ● Sc. agalactiae: 2,2% ● Sonst.: 4,3% Relative Häufigkeiten von Mastitiserregern 12,9% Routinediagnostik (schnell und kostengünstig) Zellgehaltsmessung mittels Fossomatic am Tag des Probeneingangs Erregeranzüchtung auf einem Schafblut-Agar (mit Äskulinzusatz !) → Erregeridentifizierung über Koloniemorphologie und evt. einfache und schnelle zusätzliche Untersuchungen wie z. B. Gramfärbung oder Katalase-Test am ersten Tag nach dem Probeneingang →→ Antibiotikaresistenz-Test mittels Agardiffusionsverfahren (“Plättchen-Test”) Auswertung am zweiten Tag nach Probeneingang und →→→ Befundbericht Routinediagnostik Streptokokken als Mastitis-Erreger In der Regel betahämolysierend: Streptococcus agalactiae (Lancefield-Gruppe B) Streptococcus canis (Lancefield-Gruppe G) In der Regel alphahämolysierend ohne Äskulinspaltung: Streptococcus dysgalactiae (Lancefield-Gruppe C) In der Regel alphahämolysierend mit Äskulinspaltung: Streptococcus uberis (Lancefield-Gruppe E) Enterokokken (Lancefield-Gruppe D) und weitere wie z.B.: Streptococcus bovis, Lactococcus, Aerococcus, Leuconostoc Umwelt-assoziierte Streptokokken als Mastitis-Erreger Epidemiologisch “klassische” Einteilung: Umwelt-assoziert: Streptococcus uberis (Lancefield-Gruppe E) Enterokokken (Lancefield-Gruppe D) = ~ “äskulin-positive Streptokokken” Intermediär(?): Streptococcus dysgalactiae (Lancefield-Gruppe C) Euter-assoziiert: Streptococcus agalactiae (Lancefield-Gruppe B) Streptococcus canis (Lancefield-Gruppe G) Äskulin-positive Streptokokken ... in den Mastitislaboren ● ● ● ● ● ● Äskulinpositive Streptokokken Auf äskulinhaltigem Nährboden gut identifizierbare Kolonien Erreger mit der höchsten bzw. zweithöchsten Nachweisrate Bedeutung des Nachweises bei kontaminierten Milchproben oft unklar (Zellgehalt der Probe als ein Hilfskriterium) Sc. uberis ? Differenzierung von Sc. uberis, Enterokokken und anderen Sc. morphologisch nicht möglich! Solche Differenzierung mit anderen Methoden zeit- und kostenaufwändig Äskulin-positive Streptokokken ... in den milcherzeugenden Betrieben ● ● ● ● Erreger von klinischen und subklinischen Mastitiden Besonders häufiger Nachweis in Milchproben aus Betrieben mit Tiefstreu oder Tretmist Oft Rückmeldungen über “Erfolglosigkeit” kurzzeitiger antibiotische Behandlungen Berichte in landwirtschaftlicher Fachpresse: “Unlösbare Euterprobleme” Wichtige Fragen im Zusammenhang mit äskulin-positiven Streptokokken ● ● ● ● ● Warum können ubiquitäre Bakterien zu nachhaltigen Störungen der Eutergesundheit führen? Wie ist die Häufigkeitsverteilung von Sc. uberis und Enterokokken unter jenen äskulin-positiven Streptokokken, die aus Milchproben von Tieren mit gravierenden Mastitiden isoliert wurden? Wie sind die derzeit bekannten, begrenzt aufwändigen und preisgünstigen (nichtmolekularbiogischen / genetischen) Methoden zur Differenzierung zu bewerten? (Lohnend?) Wie ist das aktuelle Resistenzverhalten von Sc. uberis und Enterokokken? Führt die Kenntnis der Bakterienart zu Verbesserungen bei Vorbeuge, Prognose und Therapie? Einschlusskriterien für zu untersuchende Isolate äskulin-positiver Streptokokken ● ● ● ● ● ● ● ● Untersuchungszeitraum: 01.07.2008 – 09.09.2008 (“Saison”) Isolierung aus Viertelgemelksproben, die im Rahmen der Mastitisdiagnostik an das Labor der MBFG eingeschickt wurden (“Routineproben”, zufällige Auswahl !) massenhaftes Wachstum auf äskulinhaltigem SchafblutAgar (Lieferant: Oxoid) saubere Probe Zellgehalt der Sekretprobe >1 Mio. Zellen / ml bzw. Sekretveränderungen wie z.B. Flocken als Zeichen einer akuten Mastitis → mit hoher Wahrscheinlichkeit Ausdruck einer intramammären Infektion mit dem betreffenden Erreger gute Identifizierung mit der “Referenz-Methode” = Bunte Reihe (“api strep” von Bio Merieux) nur ein Isolat pro Herkunftsbetrieb Untersuchte Merkmale der äskulin-positiven Streptokokken ● Enzymatische “Kompetenz” mittels Bunter Reihe (System “api strep”) → Artbestimmung (“Referenzmethode”) ● Zugehörigkeit zu Lancefield-Gruppe D (Latex-Agglutinations-Test auf ScD ; ● Sc. uberis: - / Enterokokken: +) Wachstum auf Galle-Äskulin-Agar (Sc. uberis: - / Enterokokken: +) ● Wachstum auf Slanetz und Bartley-Medium (Sc. uberis: - / Enterokokken: +) ● Pyraseaktivität ● Wachstum auf Blutagar bei 45°C (Schnelltest auf Testkarte) (Sc. uberis: - / Enterokokken: +) (Sc. uberis: - / Enterokokken: +) ● Antibiotikaempfindlichkeit (Agardiffusionstest) Bilder zu Untersuchungsverfahren (I) Bestimmung der Lancefield-Gruppe Artbestimmung mittels “ “api-strep” Pyrasenachweis Bilder zu Untersuchungsverfahren (II) Wachstum auf Slanetz und Bartley-Medium Wachstum auf Galle-Äskulin-Agar Antibiotikaresistenz-Test Agardiffusionsverfahren Ergebnisse I Zahl der eingeschlossenen Isolate: 135 (zufällig ausgewählt!) Ergebnisse mit “Referenzmethode”: Sc. uberis: 129 Enterokokken: 6 (1x E. avium, 1x E. durans, 2x E. faecalis, 2x E. faecium) (Gute Identifizierung als Einschlusskriterium!) ● Sc. uberis-Nachweise kommen somit sehr viel häufiger vor als Enterokokken-Nachweise ! (mit gewählter “Referenzmethode”). (95,6 % : 4,4 %) Ergebnisse II Reaktionen der mit „Referenz-Methode“ (Bunte Reihe) identifizierten Sc. uberis und Enterokokken in den fünf weiteren Testverfahren. Erreger Lancefield D Pyrase Galle-Äskulin Slanetz/Bartley Wachstum 45°C Sc. uberis 7 + / 122 - 3 + / 126 - 3 + / 126 - 1 + / 128 - 124 + / 5 Enterokokken 3 + / 3 - 4 + / 2 - 4 + / 2 - 4 + / 2 - 6 + / 0 - Ergebnisse III ● Ergebnisse der Antibiotikaresistenz-Teste (Methode: Agardiffusionstest) Antibiotikum s = sensibel Penicillin G Oxacillin Ampicillin Amox. + Clavulans. Pirlimicin Linco- + Neomycin Sulfon. + Trimethop. Erythromycin Tylosin Enrofloxacin Marbofloxacin Danofloxacin Cefazolin Cephalexin Cefaperazon Cefquinom Sc. uberis (n = 129) nicht s (n) nicht s (%) 3 2 2 2 0 0 0 0 5 4 70 54 1 1 13 10 15 12 26 20 10 8 79 61 2 2 2 2 4 3 0 0 Enterokokken (n = 6) nicht s (n) nicht s (%) 4 67 5 83 1 17 3 50 2 33 4 67 3 50 2 33 3 50 6 100 5 83 5 83 3 50 4 67 4 67 2 33 ≥ 20% nicht sensibel ● Sc. uberis weisen weit weniger Antibiotika-Resistenzen auf als Enterokokken. Diskussion I ● ● ● ● Wegen des unterschiedlichen Resistenzverhaltens erscheint eine Differenzierung von äskulin-positiven Streptokokken in Sc. uberis und Enterokokken sinnvoll. Dies gilt insbesondere, wenn in Einsendematerial eines Betriebes viele Proben mit äskulin-positiven Streptokokken auftreten und nicht für jedes Isolat ein Antibiogramm angefertigt wird. Die verwendeten Differenzierungsmethoden können innerhalb des Zeitrahmens der “Routinediagnostik” angewandt werden. Die sechs eingesetzten Methoden führten aber zu nicht zu deckungsgleichen Ergebnissen. Diskussion II ● ● ● Durch Prüfung auf Wachstumsmöglichkeit bei 45°C ist eine Unterscheidung von Sc. uberis und Enterokokken nicht möglich. Auch die anderen (“Nicht-Referenz”-)Methoden bieten hinsichtlich der Identifizierung von Sc. uberis keine zufriedenstellende Sicherheit. Enterokokken reagieren in den verwendeten Testverfahren (außer Wachstum bei 45°C) sehr uneinheitlich. (Zu den Enterokokken gehören verschiedene Arten!) Diskussion III ● ● Zusätzliche Untersuchungen verursachen zusätzliche Kosten. Die hier gewählte “Referenzmethode” (Bunte Reihe) ist von den vorgestellten Methoden am teuersten! (Auch mittels Bunter Reihe ist nicht jedes Isolat [gleich gut] zu identifizieren!) ● ● PCR als Ausweg?? (Zeit, Kosten???!) Lohnt die weitere Differenzierung???? Diskussion IV ● ● ● Direkt mögliche Konsequenzen: Äskulin-positive Streptokokken in Befundberichten nur als solche ausweisen. Im Zweifelsfall mehr Antibiogramme für äskulin-positive Streptokokken pro Auftrag. (→ Im Zweifel ungünstigstes Antibiogramm für die anderen festgestellten äskulin-positiven Streptokokken annehmen.) ● Möglichkeit der optionalen weitergehenden StreptokokkenDifferenzierung (und dadurch zusätzliche Kosten) gegenüber den Kunden stärker betonen. Restunsicherheit hinsichtlich der Bestimmung der Zugehörigkeit zu einer Bakterienart oder -untergruppe bleibt! (methodische Unsicherheiten und biologische Variabilität!) Streptokokken aus der Umwelt als Mastitiserreger Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!