Als%20die%20alten%20Leute%20jung%20waren

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Als die alten Leute jung waren:
Alltag von Kindern
und jungen
Erwachsenen
in den
1920-30er Jahren
Lebensbiographie im
gesellschaftlichen Wandel
• Bei verwirrten Menschen spielen die Prägungen aus der Kinder- und
Jugendzeit oft eine dominante Rolle
• Diese Zeit liegt bei verwirrten alten Menschen ungefähr 60 bis 70 Jahre
zurück; die meisten wuchsen während der Zwischenkriegszeit, also in
den 1920er bis 1930er Jahren auf.
• Für uns sind die Prägungen jener Generation oft nicht mehr geläufig.
Wer weiss schon, welch zentralen Stellenwert beispielsweise die
Konfessionszugehörigkeit in jener Zeit spielte, oder die strikte
Unterscheidung zwischen Werktagen und Feiertagen?
• Im Umgang mit verwirrten alten Menschen ist es deshalb enorm wichtig,
die Prägungen des Alltagslebens jener Zeit zu kennen, um diese
Einsichten und Erkenntnisse in den Pflegealltag einzubauen.
Leben in der Schweiz der
Zwischenkriegszeit
• Weltwirtschaftskrise
• Nach einem weltweiten Börsenkrach verloren
viele Leute ihre Sparguthaben, und
hauptsächlich viele Männer ihre Arbeitsstellen
in der Industrie.
• Angst vor Krise und Armut dominierte den
Arbeits- wie den Familienalltag
• Politische Bedrohung durch Nazideutschland
• Atmosphäre der Verunsicherung
Leben in der Schweiz der
Zwischenkriegszeit
Rahmenbedingungen
• "Standbein" mit Selbstversorgung
• Kinder sammelten Holz oder Beeren
• Man hielt in der Küche einige Kaninchen oder
Hühner, um den schmalen Geldbeutel zu
schonen.
Leben in der Schweiz der
Zwischenkriegszeit
• Unterschiedliche Mentalitäten zwischen Stadt
und Land
• unterschiedlichen Mentalitäten zwischen
katholischer und protestantischer Konfession
• Schweiz der Zwischenkriegszeit hatte knapp vier
Millionen Einwohnerinnen, wovon ungefähr die
Hälfte in bäuerlicher ländlicher Umgebung wohnte
• Ehemals führende Textilindustrie in der Ostschweiz
Leben in der Schweiz der
Zwischenkriegszeit
• Ein wichtiger Graben bestand zwischen
den Konfessionen
• In "gemischten" Regionen (St.Gallen)
wurde im Alltag genau unterschieden:
man kaufte nur beim katholischen, resp.
protestantischen Metzger oder Bäcker
• Es gab getrennte Wirtschaften, und je
nach Gegend auch noch konfessionell
getrennte Schulen.
Leben in der Schweiz der
Zwischenkriegszeit
Hierarchie der Geschlechter
• In der Schule verschiedene Lehrpläne für Knaben und
Mädchen.
• Die Möglichkeiten zu Berufslehre oder
weiterführenden Schulen standen in ärmeren Familien
- wenn schon - nur den Knaben offen.
• Spektrum der Berufslehre für junge Frauen wesentlich
kleiner als dasjenige für junge Männer.
• So genannten Frauen- und Töchterberufe waren
generell sehr schlecht bezahlt.
• Am weitesten verbreitete Frauenberuf war das
Dienstmädchen.
• Mentalität: eine rechte Frau sei verheiratet und arbeite
zu Hause für das Familieneinkommen.
Was arbeiteten Frauen, Männer
und Kinder?
• Erwerbsmöglichkeiten regional sehr verschieden.
• Gegenden mit überwiegend bäuerlichen und gewerblichen Haushalten
• Gebiete mit Fabrik- und Heimarbeitsmöglichkeiten,
• Je nach Region betätigten sich Frauen, Männer und Kinder mehr im Haus oder
ausser Haus, um ihren Anteil am Familieneinkommen zu leisten.
• In breitesten Kreisen der Bevölkerung existierte der "Alleinernährer" nicht.
• Ein einziges Einkommen genügte in aller Regel- ausser in ganz reichen
Familien - nicht, um eine Familie zu finanzieren.
Was arbeiteten Frauen, Männer
und Kinder?
Sämtliche Familienmitglieder hatten die Pflicht,
einen Beitrag zum Auskommen zu leisten.
Was arbeiteten Frauen, Männer
und Kinder?
• In Bauernfamilien und Familienbetrieben wie Metzgerei, Verkaufsladen
usw. arbeiteten alle miteinander, und unter dem gleichen Dach.
• Männer waren in der Regel untertags ausser Haus, ebenso die älteren
Kinder; sie brachten Geld nach Hause und gaben es ab.
• Die Frauen und kleineren Kinder sorgten für die Selbstversorgung; oft
verdiente die Frau zu Hause auch noch Geld mit Heimarbeit,
Zimmervermieten, Gemüseanbau für Konservenfabriken usw.
• Je nach Familiensituation wurde auch am Abend gearbeitet
• Junge Frauen verdienten sich mit Servieren ein Sackgeld, das für die
Aussteuer zusammengespart wurde
• Jede Gelegenheit, Geld zu verdienen oder dank Selbstversorgung
weniger Geld zu verbrauchen, wurde wahrgenommen.
Was arbeiteten Frauen, Männer
und Kinder?
Was arbeiteten Frauen, Männer
und Kinder?
Kinderalltag
• Kinder hatten in all diesen Familien keine Kindheit im heutigen Sinn.
• Die Schule bedeutete in der Regel eine Zeit der Erholung, und Schulferien
waren oft gefürchtet, weil man dann zu Hause voll eingespannt wurde.
• Meist arbeiteten die schulpflichtigen Kinder eng mit der Mutter zusammen.
Sie war sozusagen Chefin der Arbeitsgemeinschaft.
• So erlebten viele Kinder in Arbeitsgemeinschaften ihre Mutter kaum als
liebevollen Hort, sondern eher als fordernde und auch strafende Autorität.
Kinderalltag
• Oberster Chef war jedoch in der Regel der Vater.
• Er bestimmte, unter Umständen zusammen mit der Mutter, die Lebens- und
Berufsperspektiven der Kinder.
• Am meisten Chancen, eine Berufsbildung zu erhalten, hatten grundsätzlich
die jüngeren Knaben. Während die älteren Geschwister, Brüder wie
Schwestern, sofort nach der Schule beim Geldverdienen mithelfen mussten
Mädchen
• Die jüngeren Mädchen hatten sich in der Regel mit einem Welschlandjahr zu
begnügen; doch durften sie unter Umständen eine Lehre absolvieren, welche
ihnen nach der Heirat zugute kommen würde, beispielsweise als Schneiderin
oder sogar als Krankenschwester.
• Die Position in der Geschwisterreihe und das Geschlecht waren sehr
entscheidend für die Lebensperspektive - so sehr, dass Frauen oder Männer
bis ins hohe Alter mit Bitterkeit oder auch mit Genugtuung an ihre
entsprechenden Chancen zurückdenken.
Leben in der Schweiz der
Zwischenkriegszeit
Die Arbeitsanforderungen an alle Familienmitglieder waren hart.
1.
Wer nicht arbeitet, ist nichts wert
2.
Sparen lohnt sich, um wenigstens ein Stück individuelle
Unabhängigkeit zu erlangen. Hauptsächlich junge Frauen sparten
in einem erstaunlichen Ausmass.
1.
Die Arbeitslosigkeit der Zwischenkriegszeit prägte Frauen und
Männer ganz verschieden. Wurden Männer arbeitslos, verbrachten
sie Tage und Wochen beim Arbeitsamt auf der Suche nach einer
neuen Stelle. Ohnmachtsgefühle und Depressionen prägten die
Zeit der Suche; oft arbeiteten Männer in dieser Zeit überhaupt
nichts und überliessen beispielsweise die Arbeit auf dem Acker
oder im Garten weiterhin ihrer Frau. Im Gegenteil, sie sassen mit
anderen Arbeitslosen zusammen, tranken und verbrauchten so
noch zusätzlich Geld.
Leben in der Schweiz der
Zwischenkriegszeit
Viele Frauen schleppten ihre Familie zusammen mit
ihren Kindern durch die Krise.
Alltagsleben der
Zwischenkriegszeit
• Aus finanziellen Gründen war es praktisch unmöglich, sich als
Einzelperson eine eigene Wohnung zu leisten.
• Zogen junge Frauen oder Männer vor ihrer Heirat von zu Hause weg,
mussten sie sich notgedrungen einem anderen "Bienenstock"
anschliessen –
- sei es als Dienstmädchen
- als Knecht oder Magd im bäuerlichen Haushalt,
- oder auch als "Schwestern" in den Mutterhäusern der Diakonissen oder
Klosterschwestern.
Ein Leben allein war, ausser in reichen Familien,
unvorstellbar.
Wohnverhältnisse
• Einfach und für unsere heutigen Vorstellungen ungemein eng.
• Mittelpunkt war meist die Stube, der einzige geheizte Raum, wo sich zum Essen
und am Abend alle zusammendrängten.
• Geschlafen wurde in ungeheizten Kammern, nicht selten zu zweit oder dritt in
einem Bett.
• Auch die Grosseltern hatten in der Regel kein eigenes Bett zugute und teilten es
mit einigen Kindern.
Wohnverhältnisse
• Badezimmer gab es kaum; der einzige Wasserhahn
befand sich in der Küche.
• Auf dem Land war der Brunnen vor dem Haus noch
häufig die einzige Wasserquelle.
• Auch Aborte waren rar; in der Stadt befanden sie
sich im Treppenhaus für mehrere Familien
gemeinsam, auf dem Land unter Umständen noch
in der Nähe des Güllenlochs.
• Nachtgefässe waren unter diesen Umständen
durchaus üblich.
• In besser gestellten Familien hatten die
Dienstmädchen jeden Morgen sämtliche Hafen zu
leeren.
• Bemühungen um Intimität und Distanz unter den
Familienmitgliedern waren sehr klein.
Wohnverhältnisse
Ernährung
• Auch die Ernährung war für heutige Vorstellungen ungemein einfach.
Grundsätzlich wurde streng unterschieden zwischen Werktag und
Sonntag.
• Die Basis der Werktagsmahlzeiten waren je nachdem Brot, Kartoffeln,
Suppen, Kaffee. Je nach Region kamen weitere Grundnahrungsmittel
hinzu, im Rheintal beispielsweise der Mais (Ribel) oder in
Bauernfamilien auch Gemüse.
Ernährung
Ernährung
•
Selbstverständlich wurde alles gegessen, was auf den Tisch kam,
und auf den Tellern durfte nichts zurückbleiben.
•
Oft erhielt der Vater noch irgend etwas Besonderes wie einen Zipfel
Wurst oder Käse.
•
Am Sonntag gab es das besondere, fettige Essen, möglichst mit
Fleisch, und die Desserts möglichst süss.
Salate wurden wenig gegessen.
Sparsamkeit
• Höchste Sparsamkeit prägte auch den Umgang
mit Wasser oder Licht; Verschwendungen wurden
oft streng bestraft. Selbstverständlich wurde auch
grösste Sorgfalt gefordert im Umgang mit Möbeln,
Kleidern oder Geschirr.
• Auch Lumpen warf man nicht fort, alles musste
und konnte noch verwertet werden.
• Einen Topf zu zerschlagen oder das Hemd zu
zerreissen war für viele Kinder ein Alptraum.
• Sie wurden für Vergehen, die Geld kosteten, in der
Regel härter bestraft als für freche Streiche.
Bekleidung
• Die Kleider waren streng unterschieden in
Werktags- und Sonntagskleider. Ein
Sonntagskleid hielt oft jahrzehntelang.
• Üblicherweise heirateten auch Frauen in
Schwarz und benützten ihr Hochzeitskleid so
lange es ging als Sonntagskleid. Ohne
Sonntagskleid und Schuhe konnte man nicht
zur Kirche gehen.
• Zur Sonntagskleidung gehörte wenn möglich
ein kleines Schmuckstück oder ein selbst
gehäkelter Kragen, der das dunkle Kleid
aufhellte.
Eltern - Kindbeziehung
• Eltern waren Respektspersonen, die
häufig noch mit "Ihr" angesprochen
wurden.
• Junge Erwachsene gehorchten - wenn
auch häufig mit Murren - den Befehlen
hauptsächlich des Vaters.
• Vater u. Mutter straften unnachgiebig Prügel galten in Familie u. Schule normal.
•
• Die emotionale Distanz zu den Eltern war
häufig sehr gross.
Eltern - Kindbeziehung
• Zärtlichkeit u. körperliche Nähe boten oft
Grossmutter oder Grossvater, welche ja in der
Regel mit ihren Enkeln im gleichen Bett schlafen
mussten.
• Die Grossmutter oder der Grossvater hatten auch
mehr Zeit, den Kindern Geschichten zu erzählen
oder auch bei den Schulaufgaben zu helfen.
• Die Erinnerung an die Grosseltern ist für viele der
heutigen Betreuten mit mehr zärtlichen Gefühlen
verbunden als diejenige an die Eltern.
Vereinsleben
• Praktisch jedes Dorf hatte einen Theaterverein, wo
die jungen Erwachsenen jeweils im Winter ein
Stück aufführten.
• Für viele der heutigen Betagten sind diese
Erlebnisse unvergesslich.
Alltagsleben und Religion
• Die scharfen Grenzen zwischen den Konfessionen hatten besonders
dramatische Auswirkungen bei so genannten Mischehen, also Ehen
zwischen katholischen und protestantischen Partnerinnen.
Alltagsleben und Religion
• Im katholischen Milieu war der
Pfarrer eine dominante Figur,
ebenso häufig auch im Dorf.
Zentral war die Botschaft, sich in
das Schicksal zu fügen. Das
individuelle Schicksal galt als von
Gott vorausbestimmt; mit Hilfe der
Kirche konnte jeder Mensch sein
Schicksal annehmen und somit
den Weg zum Paradies
beschreiten.
Alltagsleben und Religion
• Katholische Kirche bot mit ihren
vielfältigen Riten auch Trost und Stütze.
• Von Messe über Rosenkranz bis zu den
verschiedenen Prozessionen war das
Kirchenjahr immer gleich strukturiert; das
Kircheninnere bot mit seinen Farben,
Gerüchen und lateinischen Formeln
einen zutiefst vertrauten und doch auch
fremden Raum zur Sammlung.
Alltagsleben und Religion
• Protestantische Konfession übte weniger Druck
auf ihre Mitglieder aus; sie bot anderseits jedoch
auch sehr viel weniger rituelle Geborgenheit.
Fragen?
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