2-Berger_Erhaltungsgroessen

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Erhaltungsgrößen
Egon Berger
Didaktik der Physik
29.11.05
Voraussetzungen:
•
•
•
•
•
Newtonschen Axiome
Konzept des Schwerpunkts
Gravitationsgesetz
Vektorrechnung: Addition, Skalarprodukt und Kreuzprodukt
Differenzieren von Vektoren
Im Besonderen benötigen wir davon im Folgendem:
• Zur Vektorrechnung:
Das Kreuzprodukt ist bilinear.
Seien u, v ,w Vektoren und l ein Skalar. Dann gilt:
(u  v)  w  u  w  v  w
 (u  v)  u  v
Analog für die zweite Komponente.
• Zur Differenzialrechnung:
Seien v(t) und w(t) Vektoren, welche sich in der Zeit verändern.

v w bezeichne das Skalarprodukt, v x w das Kreuzprodukt. Dann gilt:
d
d
2



(
v
)  2v  v
(v  w)  v  w  v  w
dt
dt
d

(v  w)  v  w  v  w
dt
Frage: Was ergibt
d
(v  v )
dt
(v  v )  0
?
Was wir im Folgendem ebenfalls benötigen!
Zielgruppe des Vortrages:
Der Vortrag ist für Schulklassen gedacht, welche obige Voraussetzungen erfüllen.
Erhaltungsgrößen:
Definition:
Eine Erhaltungsgröße E ist eine Kombination aus physikalischen Größen (Ort, Zeit,
Masse,…) dessen numerischer Wert im Zeitablauf gleich bleibt.
Mathematisch ausgedrückt bedeutet dies:
d
E0
dt
Ist der Wert einer Erhaltungsgröße für einen Zeitpunkt bekannt, dann ist er - weil sich
dieser Wert nicht ändert – für den gesamten Zeitablauf bekannt.
Erhaltungsgrößen am Bsp. der Planetenbewegung Erde-Sonne:
Erstellen ein idealisiertes Modell bzw. Gedankenexperiment:
• Erde und Sonne bewegen sich im freien Raum

FS
mS

xE

FE

xS
OV
Newtonsche Bewegungsgleichung:


m E xE  FE


m S xS  FS
mE
Nach dem 3. Netwonschen Axiom gilt:


FS   FE
Damit:



mE xE  FE



mS xS   FE
Nach Addition der beiden Gleichungen erhält man:


mE xE  mS xS  0
Was gleichbedeutend ist mit:




d
mE xE  mS xS  0
dt
Dies bedeutet, dass sich die Größe


mE x E  mS xS
im Zeitablauf nicht ändert.
Anstelle von zwei Planeten betrachten wir nun n Teilchen im freien Raum, ein
so genanntes n-Teilchensystem:
m
F
m
j
ij
i
F
ij
bezeichnet die Kraft, die das j-te
Teilchen auf das i-te ausübt
erster Index: herausgegriffene Teilchen
zweiter Index: Teilchen das die Kraft
erzeugt
Bewegungsgleichung des i-ten Teilchens:



mi xi   Fij
j i
Addition aller Bewegungsgleichungen:



 mi xi   Fij
i
i
Veranschaulichung der Summe:
ji


  Fij   Fij
i j
ji


  Fij   Fji  0
i j
ji
Was gleichbedeutend ist mit
  

F1, 2 F1,3 F1, 4  F1,n

 

F2,1
F2,3 F2, 4  F2,n
 
F3,1 F3, 2



Fn -1,n
 

Fn ,1 Fn , 2  Fn,n -1
 
d 
  mi xi   0
dt  i

Dies bedeutet, dass sich die Größe

 mi xi
i
im Zeitablauf nicht ändert.
Ergebnis vorheriger Überlegungen ist, dass sich die Größen


mE xE  mS xS
bzw.

 mi xi
i
im Zeitablauf nicht ändern.
Die Kenntnis dieser Tatsache verringert den mathematischen Aufwand bei der
Lösung eines Problems.
Aus diesem Grund hat das Produkt „Masse mal Geschwindigkeit“ eine besondere
Bedeutung in der Physik und erhält den Namen Impuls.
Definition:
Sei m die Masse und x die Geschwindigkeit eines Körpers.

Dann heißt

P  m  x
sein Impuls.
Die Summe aller Impulse eines Systems wird mit Gesamtimpuls bezeichnet.
Impulserhaltung:
Der Sachverhalt, dass sich der Gesamtimpuls eines Systems in der Zeit nicht ändert,
also eine Erhaltungsgröße ist, wird mit Impulserhaltung bezeichnet.
Nun betrachten wir wiederum das n- Teilchensystem und eine weitere
trickreiche Umformung der Bewegungsgleichungen:
i-te Bewegungsgleichung :


mi xi   Fij
j i
Trick :
Multiplizieren die i-te Bewegungsgleichung vektoriell mit dem i-ten Ortsvektor x

 




xi  mi xi  xi   Fij   xi  Fij
ji
ji
Addieren alle Bewegungsgleichungen:




 xi  mi xi   xi  Fij
i
i
ji
Veranschaulichen nun wieder die Summe:


x 2  F2,1
 
x 3  F3,1
   
x1  F1, 2 x1  F1,3


x 2  F2,3
 
x 3  F3, 2
 
 
x1  F1, 4  x1  F1,n




x 2  F2, 4  x 2  F2,n


 




x n  Fn ,1 x n  Fn , 2

x n  Fn,n -1


 

 xi  mi xi   xi  Fij
i
i

x n -1  Fn -1,n
ji

 

  xi  Fij   xi  Fij
i j
ji


 
  xi  Fji    x j  Fij
i j
ji

 
  ( xi  x j )  Fij  0
i j
Ergebnis:

x  0
x

m
 i i i

i

 
d 
  xi  mi xi   0
dt  i

Dies bedeutet, dass sich die Größe


x

m
x
 i i i
i
im Zeitablauf nicht ändert.
Aus diesem Grund hat das Vektorprodukt „Ortsvektor x Impuls“ eine besondere
Bedeutung in der Physik und erhält den Namen Drehimpuls.
Definition:
Sei x der Ortsvektor und p der Impuls eines Körpers.
  
Dann heißt
L  x p
sein Drehimpuls.
Die Summe aller Drehimpulse eines Systems wird mit Gesamtdrehimpuls bezeichnet.
Drehimpulserhaltung:
Der Sachverhalt, dass sich der Gesamtdrehimpuls eines Systems in der Zeit nicht
ändert, also eine Erhaltungsgröße ist, wird mit Drehimpulserhaltung bezeichnet.
Für das Auffinden der dritten Erhaltungsgröße kehren wir zur Planetenbewegung
Erde-Sonne zurück:

FS
mS

xE
Die Bewegungsgleichungen lauten:

FE

xS
mE
OV




m E mS


mE xE  FE  G 
 3 ( xS  x E )
xS  x E




m E mS


mS xS  FS  G 
 3 ( xS  x E )
xS  x E
Die Bewegungsgleichungen:


mE mS

mE x E  x E  G 

xS  x E


mE mS

mS xS  xS  G 

xS  x E
3



( xS  x E )  x E
3



( xS  xE )  xS
Trick:
Skalarmultiplikation der Bewegungsgleichungen mit der jeweiligen Geschwindigkeit.
Addition beider Gleichungen ergibt:
 
 


m E x E  x E  mS x S  x S 
m E mS
G 

xS  x E
3




( xS  x E )  ( x E  xS )
Behauptung: bei obigen Termen handelt es sich um die Zeitableitung folgender
(jedem Physiker bekannter) Funktionen:
 2
d  mE x E

dt  2
 2
 d  mS x S


 dt  2


Beweis:
Erster Term:
 2
d  mE xE

dt  2
 1
 
  2mE xE  xE
 2

Zweiter Term: analog

mE mS
d 

 dt  G x  x
S
E






Nochmals die ursprüngliche Gleichung zum Vergleichen:
 
 


m E x E  x E  mS x S  x S 
m E mS
G 

xS  x E
3




( xS  x E )  ( x E  xS )
Dritte Term:
d
dt


 2  12 
d  
1
 

( xS  xE )




 x x 
dt 

E 
 S
3







1
 
2

   ( x S  x E ) 2 2( x S  x E )  ( x S  x E )
2




1
 
 3 ( xS  xE )  ( xE  xS )
xS  xE




Ergebnis vorheriger Überlegung ist, dass sich die Größe
 2
 2
mS x S
m E mS
mE x E

G 

2
2
xS  xE
im Zeitablauf nicht ändert. Sie erhält in der Physik den Namen Energie des Systems
Erde-Sonne.
Die beiden ersten Terme heißen kinetische Energie oder Bewegungsenergie der Erde
bzw. Sonne, da sie von der Geschwindigkeit der Körper abhängt.
Der dritte Term heißt potentielle Energie des Systems Erde-Sonne.
Definition:
Sei x der Ortsvektor, x die Geschwindigkeit und m die Masse eines Körpers.

Dann heißt
mx
seine kinetische Energie.
Ekin 
2
Energieerhaltung:
Der Sachverhalt, dass sich die Gesamtenergie eines Systems in der Zeit nicht
ändert, also eine Erhaltungsgröße ist, wird mit Energieerhaltung bezeichnet.
Zusammenfassung:
Wir haben nun, ausgehend von den Newtonschen Axiomen 3 Erhaltungsgrößen
abgeleitet. In der folgenden Zusammenfassung beschränke ich mich auf zwei Körper,
also auf ein so genanntes Zweikörperproblem:
Zwei Körper befinden sich im ansonsten freien Raum. Dann kann man
ihnen drei Größen zuordnen, welche im Zeitablauf konstant bleiben:



Pgesamt  m1 x1  m2 x2
Impuls:
Drehimpuls:
Energie:





Lgesamt  x1  m1 x1  x2  m2 x2
Egesamt
 2
 2
mS x S
m E mS
mE x E


G 

2
2
xS  xE
Nun betrachten wir ein
Beispiel zur Energieerhaltung im freien Fall:
Der Klippenspringer
Modellierung des Klippenspringers:

xK
OV
mK

ez

xE
h
R
mE
Die Gravitationskraft der Erde auf den Klippenspringer beträgt:

mE mK 
FK  G
ez
2
R  h 
Das realistische Maximum eines Klippensprungs liegt mit Sicherheit unter 50m. Der
Erdradius beträgt 6370 km. Der Abstand R + h kann also mit R ersetzt werden.
Damit:

mE   m g e
mK mE 
K
z
FK  G
ez  mK G 2 ez
2
R
R
: g
Jeder kennt aus den Schulbüchern folgende Formel:
E gesamt
 2
mK x K

 mK g h, wobei E gesamt erhalten bleibt
2
Dies scheint im Widerspruch zu unserer Erhaltungsgröße zu stehen, welche lautet:
E gesamt
 2
 2
mK x K
mE x E


 mK g h
2
2
Falls die Formel aus den Schulbüchern richtig ist, muss die kinetische Energie der
Erde im Vergleich der übrigen Terme zumindest verschwindend klein sein.
Die Richtigkeit dieser Vermutung wird im Folgendem mittels der Impulserhaltung
gezeigt. Danach gilt:



Pgesamt  PK  PE
Die Geschwindigkeiten beider Körper sind am Beginn unserer Betrachtung gleich
Null. Daher ist der Gesamtimpuls zu Beginn gleich Null. Da er seinen Wert behält, gilt
zu jedem Zeitpunkt:

Pgesamt  0


 PE   PK
Quadrieren der Gleichung ergibt:
 2
2 
m xE  mK xK2
2
E
Wird nun die Gleichung durch 2 mE dividiert, so erhält man:
 2
 2
mE xE  mK  mK xE

 
2
 mE  2
Die Erde hat eine Masse von 6*10^24kg. Angenommen der Klippenspringer wiegt 80
kg, so ergibt sich für den Faktor:
Und für obige Gleichung:
 mK

 mE

  1022

Ekin Erde  10 22 Ekin Klippenspringer
Die kinetische Energie der Erde kann also in der Tat vernachlässigt werden. Damit
erhält unser Energiesatz die endgültige Form:
E gesamt
 2
mK x K

 mK g h
2
Abschließend diskutieren wir die
Energie und Impulserhaltung bei der Pendelkette:
„Eine Kugel fliegt rein,
eine Kugel fliegt raus.“
Allg. Behauptung: Dies
ist eine Folge von Energie-Impulserhaltung!
Im Folgenden werden wir diese Aussage überprüfen.
Wir beginnen mit zwei Kugeln:

v1

v20
m2
m1
Der Einfachheit halber reduzieren wir die Pendelkette auf einen eindimensionalen
Stoß mit Kugeln gleicher Masse:
v20
v1
m
m
Wir haben also:
Vorher:
v1
Danach:
v20
n1?
n2?
Energieerhaltung:
mv12 mv22
mn12 mn22



2
2
2
2

v12  v22  n12  n22
gegeben
Impulserhaltung:
mv1  mv2  mn1  mn2

gesucht
v1  v2  n1  n2
Wir haben zwei Gleichungen und zwei Unbekannte. Die Geschwindigkeiten nach
dem Stoß sind also eindeutig bestimmt.
Ergebnis:
n1  0, n2  v1
Stimmt mit
Aussage
überein
Nun betrachten wir drei Kugeln:
v20 v30
v1
Energie- und Impulserhaltung:
v12  v22  v32  n12  n22  n32
gegeben
gesucht
v1  v2  v3  n1  n2  n3
Wir haben nun zwei Gleichungen und drei Unbekannte. Die Geschwindigkeiten nach
dem Stoß sind nicht mehr eindeutig. Es gibt unendlich viele Lösungen.
Warum aber beobachten wir im Experiment immer nur die eine Lösung:
„Eine Kugel fliegt rein,
eine Kugel fliegt raus.“
Fragen, die sich stellen:
• Ist unser Modell brauchbar, wenn es keine eindeutige Lösung gibt?
• Haben wir etwas übersehen, sodass unser Modell im allg. doch brauchbar ist?
Frage:
Was glaubt ihr, wie viel Platz ein Stoß von zwei Kugeln braucht?
Gibt es auch andere Lösungen, wenn die Kugeln keinen Abstand zueinander haben?
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