Verschiedene Formen der Agrarstützung Wirkungen und Nebenwirkungen Sitzung SP-Kommission Landwirtschaft 13. Dezember 2012 Martin Raaflaub Mitglied der SP-Kommission Landwirtschaft Inhalt und Aufbau 1. Ziele und Messlatten der Agrarstützung / Agrarpolitik 2. Formen der Agrarstützung und ihre Beurteilung Ziele und Messlatten der Agrarstützung / Agrarpolitik Gemäss Art. 104 Bundesverfassung: Sichere Versorgung Pflege der Kulturlandschaft Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen Dezentrale Besiedlung des Landes Förderung besonders naturnaher, umwelt-und tierfreundlicher Produktionsformen + sozialverträgliche Entwicklung Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Ziele und Messlatten der Agrarstützung / Agrarpolitik Gemäss weiteren Anspruchsgruppen, z.B. Bauernverband: Einkommenssicherung: «Die dafür ausgerichteten Direktzahlungen stellen aber keine Einkommensverbesserung dar, sondern sind lediglich eine Abgeltung für den damit verbundenen Mehraufwand.» Bäuerliche Landwirtschaft: «Das Ziel der Agrarpolitik ist es auch eine bäuerliche Landwirtschaft zu erhalten, das heisst Familienbetriebe, der Wunsch ist nicht grosse industrielle Unternehmen zu haben, welche riesige Flächen bewirtschaften.» Ziele und Messlatten der Agrarstützung / Agrarpolitik Weitere Ziele? Z.B. nicht explizit formulierte Ziele? Ablehnung von Technologieanwendungen in der Landwirtschaft? Ablehnung des Primat des Marktes bzw. der Ökonomie? Blick, Radio DRS: «Mit Gentech gegen Feuerbrand» «… gerade einmal ein Dutzend Unternehmen den Markt unter sich aufgeteilt haben» «Das Problem ist, dass unsere Landwirtschaftspolitik immer noch will, dass diese Bauern unternehmerisch produzieren sollen.» Hans Weiss, Landschaftsschützer, Bund, 4.12.2012 Ziele und Messlatten der Agrarstützung / Agrarpolitik Kriterien der Beurteilung gemäss BLW(Lanz et al., 2010) • Effektivität (Wirksamkeit): Eine Massnahme gilt als effektiv, wenn die definierten Ziele damit erreicht werden können. • Effizienz: Eine Massnahme gilt als effizient, wenn die definierten Ziele mit möglichst tiefen Kosten erreicht werden. • Targeting (Zielausrichtung): Eine Zahlung ist dann als zielgerichtet zu betrachten, wenn sie die spezifischen Soll-Werte eines definierten Ziels verfolgt und dabei unbeabsichtigte Transfers und negative Auswirkungen auf Dritte (sog. spill-overs) minimiert (OECD 2007). • Tailoring (massschneidern): Die Höhe und Dauer einer Zahlung soll genau so bemessen sein, dass das definierte Ziel erreicht wird. Anreize, die über das für die Zielerreichung notwendige Mass hinausgehen, sind zu vermeiden (OECD 2003). Weitere Kriterien (bzw. andere Formulierungen): Keine übermässige Belastung (von Staat, Konsumenten, …) Keine Verzerrungen, WTO-Tauglichkeit Keine Beeinträchtigung von Innovation, Wettbewerb, keine Bremsung des Strukturwandel Akzeptanz bei Stakeholdern, Gleichbehandlung administrative Umsetzbarkeit Preisstützung (Grenzschutz, Markteingriffe, Stützungszahlungen) Beispiele Schweiz: • Grenzschutz: alle ldw. Produkte ausser Käse, • Stützungszahlungen: Verkäsungszulage Beispiele Ausland: • Grenzschutz ist weitverbreitet • Markteingriffe: am bekanntesten ist das Milchmarktmodell in Kanada Vorteile: geringe Belastung des Staates hohe Akzeptanz bei Produzenten Entschädigung bezieht sich auf sehr konkrete Leistung Nachteile: geringe Wirkunsgorientierung generell Marktverzerrung intern und international Behinderung der Wettbewerbsfähigkeit finanz. Belastung der Konsumenten Durchreicheffekte/Rentenbildung … An Produktionsfaktoren gekoppelte Zahlungen Bindung an die Fläche Vorteile: Nur geringe Verzerrungen (Fläche ist nicht ausdehnbar) rel. geringer Verwaltungs- und Kontrollaufwand Nachteile: Durchreicheffekte an Grundbesitzer via Pachtund Bodenmarkt Rentenbildung Variante EU: Entkoppelung = Bindung an Fläche, aber separate Handelbarkeit von FlächenPrämienrechten und Produktionsflächen (Ziel Verhinderung der Durchreicheffekte) An Produktionsfaktoren gekoppelte Zahlungen Bindung an Produktionsfaktoren (Nutztiere, Arbeitskräfte, …): Vorteile: verringerte Durchreicheffekte am Boden- und Pachtmarkt geringere Rentenbildung Nachteile: hohe Verzerrungsanreize tw. Durchreicheffekte an Markt/ Konsumenten WTO-Kompatibilität ? tw. verringerte Einkommenswirkung (Kosten) Betriebsprämie Vorteile: geringer Verwaltungs- und Kontrollaufwand keine Verzerrungen Wahrung des Besitzstandes Nachteile: Durchreicheffekte geringe Legitimation Gleichbehandlung? Wohl nur als Übergangslösung mit jährlicher Abschmelzung möglich, analog Anpassungsbeiträge CH leistungsgebundene Zahlungen Vorteile: Sehr hohe Legitimation Sehr gute Voraussetzung für Targeting und Tailoring Geringe Durchreicheffekte Nachteile: Eingeschränkte einkommensstützende Wirkung wegen Erbringungskosten Legitimation und Effizienz weniger gut als erhofft, wenn Leistungen und Unterdeckung aus Produkterlösen nicht konkret beschrieben werden können Unsicherheit wegen Möglichkeit von laufend neuen/ geänderten Anforderungen Fokus auf Art der Leistungserbringung (und nicht auf Resultat) kann als Einschränkung des unternehmerischen Handlungsspielraums empfunden werden WTO-Kompatibilität Versorgungssicherheitsbeiträge ? Weitere: Subvention von Produktionshilfsmitteln (früher verbreitet, z.B. Dünger in Neuseeland, Norwegen) Subvention von Beratungsleistungen (z.B. ldw. Offizialberatung) Subvention von Schadensversicherungen oder Marktabsicherungen (USA) … Mein Fazit : Was wollen die Schweizer für eine Landwirtschaft? >>> optimaler Mittelmix hängt von der «Zielpalette» ab