Jahrbuch 2012/2013 | Götzinger, Stephan; Sandoghdar, Vahid | Einzelne organische Moleküle als Bausteine für die Photonik Einzelne organische Moleküle als Bausteine für die Photonik Single organic molecules as building blocks for photonics Götzinger, Stephan; Sandoghdar, Vahid Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts, Erlangen Korrespondierender Autor E-Mail: [email protected] Zusammenfassung Neben der Erzeugung von Photonen können einzelne organische Moleküle in einem optischen Schaltkreis eine ganze Reihe von Phasenschieber Aufgaben agieren oder übernehmen. Das als optischer Molekül kann Transistor beispielsw eise verw endet Licht abschw ächen, als w erden. Das Grundprinzip dieser bemerkensw erten Funktionalität ist die starke Wechselw irkung fokussierten Lichts mit Quantenemittern w ie Atomen, Quantenpunkten, Farbzentren oder Molekülen. Bei Letzteren hat man es sogar geschafft, dass einzelne Moleküle mittels einzelner Photonen miteinander kommunizieren. Summary Single organic molecules can not only generate single photons, but also be used as basic building blocks to manipulate light in photonic circuits. A molecule can, for example, attenuate a laser beam, act as a phase shifter or be used as an optical transistor. The principle behind these remarkable functionalities is the strong interaction of focused light w ith quantum emitters such as atoms, quantum dots, color centers, or molecules, w hereby the latter offer exceptional opportunities. Experiments have reached a level w here single molecules can communicate w ith each other using single photons. Einleitung Organische Moleküle auf Basis von aromatischen Kohlenw asserstoffen besitzen bei kryogenen Temperaturen Eigenschaften, die es erlauben, verschiedene Bauelemente der Photonik mit nur einem Molekül zu realisieren. Besonders w ichtig hierfür ist der große Absorptionsquerschnitt der Moleküle, der nahe am theoretischen Maximum von 3λ2 /2π liegt, w obei λ die Wellenlänge des optischen Übergangs ist. Dies liegt daran, dass die Moleküle so gut w ie nicht an die spezielle Festkörpermatrix in die sie eingebettet sind ankoppeln. Fokussiert man nun Licht mit geeigneter Frequenz auf ein solches Farbstoffmolekül, so w ird dieses mit hoher Wahrscheinlichkeit absorbiert, w enn sich das Molekül im Grundzustand befindet. Die Möglichkeit den Zustand des Moleküls gezielt zu verändern um dadurch dessen intrinsische Nichtlinearität auszunutzen und die starke Abhängigkeit der Licht-Molekül-Wechselw irkung von der Frequenz des eingestrahlten Lichtes bilden die Grundlage für die Realisierung einer Reihe von photonischen Bauelementen. © 2013 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 1/6 Jahrbuch 2012/2013 | Götzinger, Stephan; Sandoghdar, Vahid | Einzelne organische Moleküle als Bausteine für die Photonik Abbildung 1(a) zeigt das vereinfachte Energieniveauschema eines organischen Moleküls. Man hat zw ei Möglichkeiten das Molekül anzuregen, entw eder über das Niveau S1,v=0 oder das Niveau S1,v=1 , w obei Letzteres innerhalb w eniger Pikosekunden nichtstrahlend in das Niveau S1,v=0 zerfällt. Der Übergang von dort in den Grundzustand S0 ist Lebensdauer-limitiert [1]. Dabei w ird genau ein sehr schmalbandiges Photon emittiert. Dieser Übergang mit seinem großen Streuquerschnitt führt umgekehrt dazu, dass einfallende Photonen besonders gut gestreut bzw . absorbiert w erden und bildet die Grundlage für die im Folgenden diskutierten Experimente. Ein Molekül als Abschwächer, Reflektor und Phasenschieber A bb. 1: (a ) Ve re infa chte s Ene rgie nive a usche m a e ine s orga nische n Mole k üls. (b) Sche m a tische Da rste llung de s Ex pe rim e nts. De r Signa lla se r wird a uf da s Mole k ül fok ussie rt. Da s tra nsm ittie rte Licht wird da nn wie de r k ollim ie rt und a uf e ine n De te k tor ge richte t. (c) De r Signa lla se r wird übe r die R e sona nzfre que nz de s Mole k üls ge sca nnt. Auf R e sona nz wird de r La se r um 12% a bge schwä cht. (d) P ha se nve rschie bung de s Signa lla se rs in Abhä ngigk e it von de r Mik roe le k trode nspa nnung und da m it von de r Ve rstim m ung de r m ole k ula re n R e sona nz. © Ma x -P la nck -Institut für die P hysik de s Lichts Eines der einfachsten photonischen Bauelemente, das man sich vorstellen kann, ist ein Abschw ächer. Um einen solchen mit einem einzelnen Molekül zu realisieren, muss man dafür sorgen, dass der Durchmesser des Lichtstrahls in etw a dem Durchmesser des Absorptionsquerschnitts (w enige Hundert nm) entspricht, d. h. das Licht muss stark auf das Molekül fokussiert w erden. Da die kryogene Umgebung den Einsatz von hochauflösenden Objektiven, die mit Immersionsöl arbeiten, verbietet, kommen Asphären mit hoher numerischer Apertur in Verbindung mit solid immersion Linsen (kleine Glashalbkugeln mit hoher Brechzahl) zum Einsatz. Die Kombination dieser beiden Linsen erlaubt auch bei tiefen Temperaturen eine numerische Apertur von 1,2 und einen Fokusdurchmesser von etw a 300 nm. Im Experiment w ird nun ein schw acher Laserstrahl auf ein Molekül fokussiert und dessen Frequenz über die molekulare Resonanz (S0 → S1,v=0 ) gescannt. Das transmittierte Licht w ird dann von einer w eiteren Linse w ieder aufgefangen und auf einen Detektor gerichtet (Abb. 1(b)). W ie man in Abbildung 1(c) sehen kann, hat das Molekül auf den Laserstrahl einen merklichen Effekt [2]: Es schw ächt diesen, je nach Laserverstimmung, um bis zu 12% ab. Theoretisch konnte gezeigt w erden, dass ein idealer Emitter bei entsprechender Mode und Fokussierung den Laserstrahl sogar komplett abblocken könnte [3]. Dies ist durch einen Interferenzeffekt zu verstehen. Das Licht – also die Photonen – passieren das Molekül direkt, oder w erden von diesem gestreut. Da die Phase zw ischen diesen beiden Wegen © 2013 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 2/6 Jahrbuch 2012/2013 | Götzinger, Stephan; Sandoghdar, Vahid | Einzelne organische Moleküle als Bausteine für die Photonik in Vorw ärtsrichtung gerade π ist, kommt es zu destruktiver Interferenz in Richtung des Detektors. Die Interferenz in Reflektion ist konstruktiv. Das heißt es gehen keine Photonen verloren; sie w erden vielmehr zurückreflektiert. Das Molekül w irkt sozusagen als ein nanoskopischer Spiegel, dessen Transmission über die Verstimmung eingestellt w erden kann. Das Molekül muss aber nicht unbedingt Photonen streuen, um einen Effekt auf den Laserstrahl zu haben. Es kann auch die Phase des Laserstrahls beeinflussen, indem es die optische Weglänge – man könnte auch sagen den Brechungsindex – verändert. Abbildung 1(d) zeigt w ie sich die Phase eines fokussierten Laserstrahls mit der Frequenzverstimmung relativ zum Molekül verändert. In diesem Fall w ar die Frequenz des Lasers fest und die Übergansfrequenz des Moleküls w urde mit Hilfe des Stark-Effekts variiert. Dazu w urde eine veränderliche Spannung V an Mikroelektroden angelegt, zw ischen denen sich das Molekül befand. W ie aus Abbildung 1(d) zu sehen ist, kann ein Molekül die Phase einen Laserstrahls um mehr als 6 Grad verändern [4]. Ein Molekül als optischer Transistor A bb. 2: Ein Mole k ül a ls optische r Tra nsistor. Ist de r P um pla se r a bge scha lte t, e rgibt sich e ine Abschwä chung de s tra nsm ittie rte n La se rstra hls (a ). Je na ch Inte nsitä t de s P um pla se rs wird de r tra nsm ittie rte La se rstra hl we nige r a bge schwä cht (nicht da rge ste llt), ga r nicht a bge schwä cht (b) ode r soga r ve rstä rk t (c). (d) Abschwä chung bzw. Ve rstä rk ung de s tra nsm ittie rte n La se rstra hls in Abhä ngigk e it von de r Le istung de s e inge stra hlte n P um pla se rs. © Ma x -P la nck -Institut für die P hysik de s Lichts Im vorherigen Abschnitt w urde beschrieben, w ie ein einzelnes organisches Molekül als passives Bauelement in der Photonik eingesetzt w erden kann. Mit Hilfe eines w eiteren Lasers kann man aber auch ein aktives Bauelement – nämlich einen Transistor – realisieren [5]. Der Pumplaser verändert kontrolliert den Zustand des Moleküls, indem er über S1,v=1 den ersten angeregten Zustand S1,v=0 bevölkert (Abb. 1(a)). Die Besetzung dieses Zustandes w irkt sich auf die Interaktion des eingestrahlten Signallasers mit dem Molekül aus. Ist der Pumplaser ausgeschaltet, ergibt sich die bereits zuvor diskutierte Extinktion des Signallasers (Abb. 2(a)). Mit zunehmender Leistung des Pumplasers w ird die Extinktion schw ächer (nicht dargestellt), bis das Molekül scheinbar keinen Einfluss mehr auf den Signallaser hat. Pumprate und spontane Emissionsrate kompensieren sich gerade (Abb. 2(b)). W ird die Pumprate w eiter erhöht, so invertiert sich die Besetzung des Moleküls und es kommt zu einer Verstärkung des Signallasers durch stimulierte Emission (Abb. 2(c)). In Abbildung 2(d) w ird das Transmissionsverhalten © 2013 Max-Planck-Gesellschaft des Signallasers in w w w .mpg.de Abhängigkeit von der Pumplaserleistung 3/6 Jahrbuch 2012/2013 | Götzinger, Stephan; Sandoghdar, Vahid | Einzelne organische Moleküle als Bausteine für die Photonik zusammenfassend dargestellt. Kommunikation von zwei Molekülen mittels einzelner Photonen A bb. 3: (a ) De r e infa chste photonische Scha ltk re is be i de m a lle Kom pone nte n Q ua nte nobje k te sind. Einze lne P hotone n we rde n von e ine m Mole k ül ge ne rie rt. Die se k önne n da nn m it Hilfe e ine s zwe ite n Mole k üls m a nipulie rt we rde n. (b) Ex tink tionssigna l von e inze lne n P hotone n, die m it de m 2. Mole k ül we chse lwirk te n. © Ma x -P la nck -Institut für die P hysik de s Lichts Ein einzelnes Molekül ist also in der Lage einen klassischen Laserstrahl in verschiedenster Weise zu beeinflussen. Man kann nun noch einen Schritt w eiter gehen und das Molekül auch als Einzelphotonenquelle verw enden. Eine erste Realisierung ist in Abbildung 3(a) dargestellt. Einzelne Photonen w erden von einem Molekül erzeugt und auf ein zw eites Molekül gerichtet, so dass sie mit diesem w echselw irken können. Abbildung 3(b) zeigt das Extinktionssignal für einzelne Photonen die auf Molekül 2 fokussiert w urden [6]. Die Frequenz der Photonen kann durch das Anlegen einer Stark-Spannung an Molekül 1 verändert w erden. Für den Erfolg dieses Experimentes ist die Qualität der Einzelphotonenquelle mitentscheidend. In der Tat gehören organische Moleküle zu den besten Einzelphotonenquellen überhaupt [1,7,8]: Sie sind sehr hell, durchstimmbar und äußerst schmalbandig. Optische Antennen © 2013 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 4/6 Jahrbuch 2012/2013 | Götzinger, Stephan; Sandoghdar, Vahid | Einzelne organische Moleküle als Bausteine für die Photonik A bb. 4: (a ) Sche m a e ine r pla na re n Ante nne um P hotone n m it na he zu pe rfe k te r Effizie nz a ufzusa m m e ln. (b) W ink e la bhä nigk e it de r Em ission e ine s se nk re cht zur Gre nzflä che orie ntie rte n Em itte rs, de r sich in e ine r Ante nne nstruk tur be finde t. Mit Hilfe e ine s ge e igne te n O bje k tivs la sse n sich m e hr a ls 96% de r e m ittie rte n P hotone n a ufsa m m e ln. © Ma x -P la nck -Institut für die P hysik de s Lichts Um photonische Schaltkreise, w ie sie im vorherigen Absatz in ihrer einfachsten Form beschrieben w urden, w eiterentw ickeln zu können, ist entscheidend, w ie gut, d. h. mit w elcher Effizienz man letztendlich die von der Einzelphotonenquelle emittierten Photonen aufsammeln kann. Ein neues Konzept dafür sind planare Antennen (Abb. 4(a)). Bettet man ein Molekül in eine w ellenleiterartige Struktur auf einem hochbrechenden Substrat ein, so w ird die Emission des Moleküls fast ausschließlich in das Substrat gerichtet (Abb. 4(b)). Mit Hilfe dieser planaren Antennenstrukturen können nahezu 100% der Photonen mit einem Objektiv aufgesammelt [8,9] und zu einem anderen Quantenemitter geschickt w erden. Integriert man diesen ebenfalls in eine identische Antenne, so sollte sich damit auch die W echselw irkungsw ahrscheinlichkeit noch einmal drastisch erhöhen [3]. Ausblick Die hier beschriebenen Experimente zeigen, dass die Wechselw irkung eines einzelnen Quantenemitters mit Licht sogar dann sehr effizient sein kann, w enn man auf den Einsatz von Mikroresonatoren, w ie sie gew öhnlich in der Quantenoptik eingesetzt w erden, verzichtet. Auf diesen konzeptionell einfachen Resultaten aufbauend, sollte es in den nächsten Jahren möglich sein, kompliziertere Experimente zu realisieren, in denen viele einzelne Quantenemitter über einzelne Photonen verbunden sind. Solch ein System, w äre nicht nur für die Quanteninformationsverarbeitung äußert interessant, sondern w ürde auch eine neue Art „gekoppelter Licht-Materie“ darstellen. Literaturhinweise [1] Lettow, R.; Ahtee, V.; Pfab, R.; Renn, A.; Ikonen, E.; Götzinger, S.; Sandoghdar, V. Realization of two Fourier-limited solid-state single-photon sources Optics Express 15, 15842-15847 (2007) [2] Wrigge G.; Gerhardt, I.; Hwang, J.; Zumofen, G.; Sandoghdar, V. Efficient coupling of photons to a single molecule and the observation of its resonance fluorescence Nature Physics 4, 60-66 (2008) [3] Zumofen, G.; Mojarad, N. M.; Sandoghdar, V.; Agio, M. Perfect reflection of light by an oscillating dipole Physical Review Letter 101, 180404 (2008) © 2013 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 5/6 Jahrbuch 2012/2013 | Götzinger, Stephan; Sandoghdar, Vahid | Einzelne organische Moleküle als Bausteine für die Photonik [4] Pototschnig, M.; Chassagneux, Y .; Hwang, J.; Zumofen, G.; Renn, A.; Sandoghdar, V. Controlling the phase of a light beam with a single molecule Physical Review Letter 107, 063001 (2011) [5] Hwang, J.; Pototschnig, M.; Lettow, R.; Zumofen, G.; Renn, A.; Götzinger, S.; Sandoghdar, V. A single-molecule optical transistor Nature 460, 76-80 (2009) [6] Rezus, Y .; Walt, S.; Lettow, R.; Zumofen, G.; Renn, A.; Götzinger, S.; Sandoghdar, V. Single-photon spectroscopy of a single molecule Physical Review Letter 108, 093601 (2012) [7] Lettow, R.; Rezus, Y .; Renn, A.; Zumofen, G.; Ikonen, E.; Götzinger, S.; Sandoghdar, V. Quantum interference of tunably indistinguishable photons from remote organic molecules Physical Review Letter 104, 123605 (2010) [8] Lee, K. G.; Chen, X.; Eghlidi, H.; Kukura, P.; Lettow, R.; Renn, A.; Sandoghdar, V.; Götzinger, S. A planar dielectric antenna for directional single-photon emission and near-unity collection efficiency Nature Photonics 5, 166-169 (2011) [9] Chen, X.; Götzinger, S.; Sandoghdar, V. 99% efficiency in collecting photons from a single emitter Optics Letters 36, 3545-3547 (2011) © 2013 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 6/6