Immunzellen mit eingebauter Bremse

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Manfred Braun
Pressesprecher
3. Juli 2006
Presseinformation
Immunzellen mit eingebauter Bremse
Das Molekül GPR83 kann Killerzellen zu Friedensstiftern machen
Einem natürlichen Bremsmechanismus des Immunsystems sind Braunschweiger Forscher jetzt auf
die Spur gekommen. Ein Molekül namens GPR83, so fanden Wissenschaftler der Gesellschaft für
Biotechnologische Forschung (GBF) heraus, kann überschießende Reaktionen der körpereigenen
Abwehr rechtzeitig blockieren, bevor sie das eigene Gewebe schädigen. GPR83 erreicht das, indem
es Abwehrzellen von einem aggressiven Zustand in einen friedfertigen „umschaltet“. Störungen
dieses Mechanismus könnten sowohl bei Autoimmunerkrankungen wie Rheuma oder Typ I-Diabetes
als auch bei schweren Entzündungsreaktionen eine Rolle spielen. Ihre Erkenntnisse beschreiben die
Wissenschaftler in der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift Journal of Immunology.
Ein stetes Wechselspiel von anfeuernden und hemmenden Signalen lenkt die Aktivität der
menschlichen Immunabwehr. Gelangen Bakterien oder Viren in den menschlichen Organismus,
müssen Abwehrzellen schnell und effektiv gegen sie vorgehen: Deshalb haben Immunreaktionen die
Tendenz, sich auch bei kleinen Anlässen durch selbstverstärkende Mechanismen rasch
hochzuschaukeln. Im Fall eines falschen Alarms kann das dazu führen, dass das eigene
Körpergewebe angegriffen wird und verheerende Schäden erleidet. Deshalb sind spezifische HemmMechanismen, die die Immunreaktion dämpfen, unverzichtbar.
Dabei spielt die umfangreiche Klasse der T-Zellen, die unter anderem infizierte Zellen abtöten
können, eine entscheidende Rolle. „Einige T-Zellen besitzen offenbar eine Art eingebauter Bremse
auf ihrer Oberfläche“, erklärt die GBF-Wissenschaftlerin Dr. Wiebke Hansen. „Das Molekül GPR83
dient ihnen als Rezeptor – als Antenne, die auf heftige, entzündliche Reaktionen des Immunsystems
reagiert.“ Wird GPR83 aktiviert, wandelt sich die kriegerische T-Zelle zu einer friedfertigen
„regulatorischen T-Zelle“, kurz: TREG. Sie bewirkt fortan Immuntoleranz, indem sie andere T-Zellen
inaktiviert. „Wer allerdings im Körper auf diese Bremse tritt – und unter welchen Umständen – das
muss noch genauer geklärt werden“, sagt Hansen.
Von der Erforschung der Funktion und Wirkungsweise der T-Zell-Bremse GPR83 versprechen sich
die Braunschweiger Wissenschaftler langfristig viel: „Sollte es der Medizin künftig einmal gelingen,
GPR83 mit Medikamenten gezielt zu stimulieren, könnte man das bei der Bekämpfung von Überoder Fehlreaktionen des Immunsystems einsetzen – etwa gegen Autoimmunerkrankungen und
Entzündungen“, sagt GBF-Arbeitsgruppenleiter Prof. Jan Buer. Das gezielte Blockieren von GPR83
würde im Gegensatz dazu das Immunsystem „schärfer“ und angriffslustiger machen. Buer: „Das
könnte einmal für schwere Infektionen oder für die Tumor-Therapie interessant werden.“
Hinweise für die Medien
Ausführliche Informationen bietet der Originalartikel: W. Hansen, K. Loser, A. Westendorf, D. Bruder,
S. Pförnter, C. Siewert, J. Huehn, S. Beissert and J. Buer: GPR83-overexpression in naїve CD4+CD25- T cells
leads to the induction of Foxp3+ regulatory T cells in vivo. Journal of Immunology 2006, Vol. 177, pp. 209215.
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