Die gotischen „ga” – Komposita: Semantik und Kategorialfunktion

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Die gotischen „ga” – Komposita: Semantik und Kategorialfunktion
aus synchroner und diachroner Sicht
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung .............................................................................................. 3
2 Die Wortbildung ................................................................................... 6
2.1 Arten der Wortbildung ................................................................. 9
2.2 Typen der Komposition ............................................................. 11
2.3 Verbalkomposita ......................................................................... 13
2.4 Aspekt im Gotischen................................................................... 16
2.5 Aspekt in den ga-Komposita ....................................................... 21
2.6 Geschichte der Goten .................................................................. 24
2.7 Kurze Charakteristik der gotischen Sprache ............................. 25
1
3 Aktionsart- und Aspektsemantik der gotischen ga-Komposita ....... 27
3.1 Die ga-Komposita, die kein entsprechendes Simplex besitzen 28
3.2 Die ga-Komposita, die ein entsprechendes Simplex besitzen .... 30
3.3 Die ga-Komposita, in denen das Präfix „ga-” den perfektiven
Aspekt ausdrückt ................................................................................... 31
3.4 Die ga-Komposita, in denen das Präfix „ga-” die Bedeutung des
Verbs modifiziert .................................................................................. 52
4 Schlusswort .......................................................................................... 70
5 Anhang: Die Liste aller gotischen ga-Komposita ................................ 72
6 Bibliographie ........................................................................................ 81
7 Internetquellen...................................................................................... 84
1. Einleitung
Das Thema der vorliegenden Arbeit sind Verben der gotischen
Sprachen mit dem Präfix ga- (z.B. ganiman, gafilhan, gaqiman etc.), die
eigentlich keine Komposita, sondern Ableitungen sind, da das Element
ga- seinem Status nach kein Bestimmungswort, sondern ein Präfix ist.
Der Terminus ga- Komposita wurde von Wilhelm Streitberg eingeführt
und hat sich bis heute in der Forschungstradition gehalten. Daher wird er
auch hier verwendet.
ganiman ,nehmen, mitkommen'
gafilhan ,verstecken, begraben'
gaqiman ,zusammenkommen'
2
Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht in der Untersuchung des
Zusammenhangs zwischen semantischer und grammatischer Funktion
des Präfixes ga- in Verbindung mit verschiedenen Verbalstämmen.
Um dieses Ziel zu erreichen, müssen folgende konkrete Aufgaben
gelöst werden:
1. Die Analyse der vorhandenen wissenschaftlichen Literatur zu dem
Forschungsthema,
deren
Präsentation
und
deren
kritische
Sichtung.
2. Die Erarbeitung eines Forschungsmodells für die Untersuchung
des empirischen Sprachmaterials.
3. Die Erhebung der zu untersuchenden Entitäten aus den
entsprechenden Quellen.
4. Die Klassifikation der zu erforschenden sprachlichen Einheiten
nach ihren relevanten Merkmalen und Aufstellung von formalen
und semantischen Gruppen der jeweiligen Entitäten.
5. Die
Untersuchung
morphologischen,
der
syntaktischen
wichtigsten
etc.
semantischen,
Eigenschaften
der
entsprechenden Entitäten und deren Verwendung in konkreten
Kontextbelegen.
6. Die Formulierung der wichtigsten Schlussfolgerungen zu dem
untersuchten Sprachmaterial.
Das Korpus der Arbeit bilden die Texte der gotischen Bibel
(zusammengestellt im 5./7. Jh. nach Christus) nach der Ausgabe von
Wilhelm Streitberg im Jahre 1965, einschließlich des in derselben
Ausgabe vorhandenen Gotisch-Griechisch-Deutschem Wörterbuches.
Die entsprechenden Einheiten werden dem Wörterbuch entnommen und
an konkreten Textbeispielen analysiert.
In der Arbeit werden folgende Forschungsmethoden benutzt:
3
1. Historisch–vergleichende Analyse mit den Elementen der internen
und externen Rekonstruktion.
2. Synchrone und diachrone Wortbildungsanalyse.
3. Kategorialgrammatische Analyse, darunter sprachvergleichend.
In der vorliegenden Arbeit werden keine Hypothesen formuliert, da es
die Spezifik meines Forschungsgegenstandes nicht sinnvoll macht.
Stattdessen werden folgende Fragen gestellt, die im Laufe der
Untersuchung beantwortet werden:
1. Von welchen Verbalstämmen werden die „ga”-Komposita
gebildet?
2. Wie stark ist im Gotischen die Parallelität zwischen Simplizia und
„ga”-Komposita?
3. Was ist das Verhältnis zwischen semantischer Modifikation des
Simplexes
durch
das
Präfix
„ga”
und
der
kategorialgrammatischen (aspektuellen) Funktion dieses Präfixes?
Die Arbeit besteht aus dieser Einleitung, dem theoretischen Teil, dem
empirischen
Teil,
dem
Schlussteil,
der
Literatur
und
dem
Quellenverzeichnis.
In der Einleitung werden die Aufgaben, Fragen, Ziele und
Methoden der vorliegenden Arbeit dargestellt. Hier wird gezeigt, wozu
eigentlich diese Arbeit entsteht, wie sieht ihre Gliederung aus und was
mit ihr bewiesen sein soll.
Der theoretische Teil präsentiert historische und grammatische
Grundlagen für den praktischen Teil, was die Analyse des Korpuses
ermöglicht. In diesem Teil wird die analysierte Literatur dargestellt.
Verschiedene Standpunkte und Diskussionen werden verglichen und mit
entsprechenden Textbeispielen argumentiert.
Der empirische Teil befasst sich mit konkreten Beispielen der
„ga”-Komposita, die nach ihren Merkmalen klassifiziert werden. Sie
4
werden hier auch gruppiert, beschrieben und erklärt. Dieser Teil ist der
Kern der Arbeit, weil die praktische Untersuchung der beschriebenen
Verben das Ziel der Arbeit ist.
In dem Schlussteil werden die Schlussfolgerungen aus der
Korpusanalyse gezogen. In diesem Abschnitt werden die dargestellten
Fragen beantwortet. Hier ist auch eine kurze Zusammenfassung der
gesamten Arbeit enthalten.
In dem Abschnitt „Literatur” werden alle gebrauchten Bücher und
Artikel mit ihren Autoren und bibliografischen Daten genannt. Dieser
Teil ermöglicht das Finden der Werke, aufgrund deren diese Arbeit
entstanden ist.
In dem Quellenverzeichnis befinden sich alle Internetquellen, die
zur Literatur nicht gehören und in dieser Arbeit genutzt wurden.
2 Die Wortbildung
Nach Heinz Vater 1999, S. 75 ist die Wortbildung „die Erzeugung eines
lexikalischen Worts.” In jeder Sprache kann man eine unbegrenzte Zahl
neuer Wörter bilden, indem man beliebige Laute miteinander mischt. Die
meisten neuen Wörter entstehen jedoch auf eine andere Weise. Die
Menschen behalten die neuen Lexeme schneller, wenn sie aus bereits
vorhandenen
gebildet
werden.
Vater
unterscheidet
sechs
Wortbildungsverfahren, nach denen die Wörter entstehen. Zu ihnen
gehören:
Komposition,
Derivation,
Konversion,
Abkürzung,
Kontamination und Entlehnung. (Vgl. Vater 1999, S.75) In meiner
5
Arbeit sind zwei Wortbildungsweisen wichtig: Komposition und
Derivation. Die Komposition ist die einfachste und häufigste
Möglichkeit der Entstehung neuer Wörter. Ein Kompositum wird durch
die Zusammensetzung zweier oder mehrerer vorhandener Lexeme
gebildet. Vater 1999, S. 77 unterscheidet zwei Typen von Komposita:
a.) Determinativ-Komposita, die unbedingt zweigliedrig sind, z.B.
hellblau, Holzhaus. In diesem Fall determiniert das Erstglied das
Zweitglied.
b.) Kopulativ-Komposita, die nicht unbedingt zweigliedrig sind, z.B.
Hosenrock, schwarzrotgold. Die einzelnen Glieder sind einander
kopulativ, also verbindend zugeordnet.
Der Kopf, also das Grundglied des Kompositum ist der letzte Teil der
Zusammensetzung und bestimmt sowohl die Katogorie als auch das
Genus.
Eine andere Weise der Wortbildung ist die Derivation, anders genannt:
Ableitung oder Affigierung. Die Derivation ist „die Produktion eines
lexikalischen
Worts
aus
einem
bestehenden
mit
Hilfe
von
Derivationsaffixen (Derivativen).” (Vater 1999, S.82) Das Ergebnis
dieses Prozesses ist ein Derivat, z.B.Fahrer, freundlich, trinkbar. Höhle
1982 (zitiert nach Vater 1999, S. 82) meint, dass die Affixe Wörter sind.
Die Affixe gelten allgemein als Morpheme, die keine lexikalischen,
sondern nur grammatikalische Bedeutung haben. Mit Hilfe von ihnen
bildet man neue Wörter. Man unterscheidet vier Affixe: Präfix, Suffix,
Infix und Zirkumfix. In dieser Arbeit sind die Präfixe am wichtigsten, sie
kommen vor einem Morphem vor, z.B. gehen – begehen. Die Suffixe
werden nach einem Morphem hinzugefügt, z.B. lieben – Liebling. Die
Infixe sind in einem Morphem enthalten, sie treten aber nicht in der
deutschen Sprache auf, aus diesem Grund kann ich kein passendes
Beispiel nennen. Die letzte Gruppe der Affixe bilden die Zirkumfixe, die
6
um ein Morphem vorkommen, z.B. geleitet – „ge” und „et” sind in
diesem Fall Zirkumfixe. (Vgl. Glück 2005, S. 127) Höhle ist jedoch der
Meinung, dass die Derivation eine Form der Komposition ist. Für den
einzigen Unterschied zwischen Affigierung und Komposition hält er die
Tatsache, dass die Affigierung aus zwei freien Konstituenten und die
Komposition aus einer freien und einer gebundenen Konstituente
entstehen. Die freien Konstituenten existieren allein in der Sprache als
Wörter, die gebundenen Konstituenten kommen nur mit anderen
Lexemen vor und haben nur in der Verbindung mit ihnen eine
Bedeutung. (Vgl. Vater 1999, S. 82 ) Eine ähnliche Definition der
Wortbildung gibt Stepanova 1986 in ihrem Buch „Lexikologie der
deutschen
Gegenwartssprache”
an,
wobei
sie
eigentlich
zwei
Definitionen darstellt. Nach ihr ist die Wortbildung sowohl „ein der
Wege der Entwicklung des Wortschatzes” als auch „die Wortstruktur”.
(Stepanova 1986, S. 78) Sie ist der Meinung, dass die Lehre von der
Wortbildung in zwei Richtungen geht. Zum einen ist diese Lehre
„Beschreibung der Prozesse, die der Entwicklung des Wortschatzes
dienen”, zum anderen ist sie „Analyse der fertigen Wortstruktur”. (ebd.,
S. 78) Sie behauptet, dass die einzelnen Affixe verschiedene Aufgaben
bei der Wortbildung erfüllen. „Eine präfixale Struktur hat die allgemeine
Bedeutung eines kategorialen Merkmals, das durch das Präfix zum
Ausdruck gebracht wird (un- bei Substantiven – Merkmal der
Verneinung oder der Verstärkung, zer- bei Verben – Merkmal der
Trennung oder der Zerstörung usw.); eine suffixale Struktur weist auf
eine weite semantische Kategorie hin (-er bei Substantiven – Kategorie
der handelnden Person, -en bei Adjektiven - Beziehung auf den durch
das Grundwort bezeichneten Stoff usw.)”. (ebd., S. 91) Stepanova
beschreibt in ihrem Buch dreizehn Grundwortbildungsmodelle der
deutschen
Gegenwartssprache,
darunter
7
vier
betreffen
präfixale
Ableitungen. Die Autorin gliedert diese Modelle in zwei Gruppen:
Modelle der präfixalen Ableitung (normales und mit Veränderung des
Wurzelmorphems) und Modelle der präfixal-suffixalen Ableitung
(normales und mit veränderter Wurzel).
Bei den Modellen der
präfixalen Ableitung unterscheidet Stepanova zwischen deutschen und
fremden Präfixen. Sie werden hier in die Wortarten gruppiert:
Präfixe der Substantive:
a.) deutsche: erz-, ge-, miß- (misse-), un-, ur-;
b.) fremde: a-, anti-, auto-, ex-, extra-, hyper-, in-, inter-, ko- (kon-),
makro-, mikro-, mini-, mono-, poly-, pseudo-, re-, super-, ultra-,
vize-.
Präfixe der Adjektive:
a.) deutsche: erz-, ge-, miß-, un-;
b.) fremde: a-, anti-, extra-, hyper-, in-, inter-, makro-, mikro-, mono-,
poly-, super-.
Präfixe der Verben:
a.) deutsche: be-, ent-, emp-, er-, ge-, miß-, ver-, zer-;
b.) fremde: de-, dis-, ex-, ko-, re-. (Vgl. ebd., S. 107)
Die Autorin weist darauf hin, dass einige Präfixe in zwei oder drei
Wortarten gebraucht werden, z.B. erz- oder un- (Substantiv, Adjektiv)
und ge- oder miß- (Substantiv, Adjektiv, Verb). Bei den Modellen der
präfixal-suffixalen Ableitung werden auch drei Wortarten beschrieben,
die bei der Wortbildung genutzt werden:
Präfixal-suffixale Substantive: es sind Strukturen mit dem Präfix ge- und
meist mit dem Suffix –e (seltener mit einigen anderen Suffixen), z.B.
Gefrage, Gelaufe, Gespiele, Geschreibsel. Die Hauptbetonung fällt in
der Regel auf das Wurzelmorphem.
Präfixal-suffixale Adjektive: „sie werden nach dem Modell der
Partizipialformen der schwachen Verben gebildet, ohne dass ein
8
Verbalparadigma dazu existiert” (ebd.,110), z.B. gestiefelt, befrackt,
entmenscht, vertiert, zertalt. Das Suffix –t und das Präfix ge- gelten hier
nicht als grammatische, sondern als lexikalische Morpheme.
Präfixal-suffixale Verben: sie sind nicht zahlreich, zu ihnen gehören z.B.
beerdigen, befriedigen usw. Das verbale Suffix –en wird zu den
grammatischen Merkmalen gezählt. (Vgl. Stepanova 1986, S.110)
2.1 Arten der Wortbildung
Keller 1995, 100 unterscheidet zwei Arten der Wortbildung:
Zusammensetzung (anders genannt: Komposition), bei der mindestens
zwei freie Morpheme zusammengefügt werden (z.B. Landstadt) und
Ableitung, bei der ein gebundenes oder Affixmorphem zu einem freien
Morphem hinzugefügt wird (z.B. länd-lich, städt-isch). (Vgl. Keller
1995, 100) Bergmann 2004, 45f. ordnet die Morpheme aufgrund ihrer
Funktion verschiedenen Klassen zu. Grundlage für jedes Wort ist immer
ein oder mehrere Morpheme, die die inhaltliche Beziehung zu dem
bezeichneten Sachverhalt und zu anderen Wörtern begründen und
manchmal auch allein als Wörter auftreten, zum Beispiel schön in
Schönheit. Diese Morpheme nennt er Grundmorpheme, weil sie die
wichtigsten
Teile der
Wörter sind. Ein
Wort kann mehrere
Grundmorpheme enthalten, z.B. Hoch-sommer. Die Morpheme in dieser
Bildung können als selbstständige Wörter allein auftreten (hoch,
Sommer).
Solche
Grundmorpheme
bezeichnet
man
als
freie
Grundmorpheme. In dem Wort Halte-platz ist Platz ein freies
Grundmorphem, aber Halte kommt in der Sprache nicht selbstständig
vor. Solche Grundmorpheme nennt man gebundene Grundmorpheme.
Manchmal werden die neuen Wörter mit Morphemen wie -keit, -lich,
usw. gebildet (z.B. amt-lich). Solche Grundmorpheme bezeichnet man
9
als Präfixe, wenn sie vor Grundmorphemen auftreten (z.B. er-, ge-, be-,
ver-) oder als Suffixe, wenn sie hinter Grundmorphemen vorkommen
(z.B.-lich, -heit, -ung, -nis). Als Oberbegriff für Präfixe und Suffixe
gelten Affixe. (Vgl. Bergmann 2004, 45f.) Schmidt 1927, 387 (zitiert
nach Bühler 1999, 334) definiert die Prä- und Suffixe als Formen, die
inhaltlich keine Bedeutung haben und dazu dienen, die formalen und
grammatischen Beziehungen der Wörter auszudrücken. (Vgl. Schmidt
1927, 387) Bergmann 2004, 47 unterscheidet, genauso wie Keller, zwei
Arten
der
Wortbildung:
Komposition
(Zusammensetzung)
und
Derivation (Ableitung). Er ergänzt nur diese Aufteilung mit der
Bemerkung, dass die Komposition und Derivation in einem Wort
zusammen vorkommen können. Als Beispiel nennt er das Wort
Aussegnungshalle, das man als Kompositum zweier Wörter Aussegnung
und Halle betrachten soll. Das erste Morphem Aussegnung ist eine
Ableitung eines Substantives auf -ung. Dieses Substantiv wird von dem
Verb aussegnen abgeleitet, das aus einem Präfix aus- und einem
Grundmorphem segnen besteht. Das Wort Halle ist ein Grundmorphem
und das Element -s- ist ein Fugenelement. (Vgl. Bergmann 2004, 47)
2.2 Typen der Komposition
Bergmann 2004, 47f. unterscheidet vier Typen der Komposition:
Determinativkompositum, Possessivkompositum, Kopulativkompositum
und Zusammenrückung. Aufgrund des Textes von Thomas Mann
untersucht
er
die
Determinativkomposita.
Die
Wortart
dieser
Zusammensetzung wird durch das Zweitelement der Komposita
bestimmt. Z.B. die Bildung Hochsommer gilt als ein maskulines
Substantiv,
weil
Sommer
ein
maskulines
Substantiv
ist
und
Vormittagsstunde ist ein feminines Substantiv, denn Stunde ist ein
feminines Substantiv. Das Zweitelement nennt man Grundwort, weil die
10
Flexion des Kompositums an ihm ausgewiesen wird. Die Bedeutung des
Kompositums ist sowohl vom Erstelement als auch vom Grundwort
abhängig, z.B. Frühlingsnachmittag bedeutet „Nachmittag im Frühling”
oder
Gedächtnistafeln
bedeutet
„Tafeln
zum
Gedächtnis”.
Die
Erstelemente bestimmen die Bedeutung des Grundwortes näher, aus
diesem Grund werden sie Bestimmungswörter genannt. Die Komposita,
die aufgrund der Bedeutungsbeziehung zwischen Bestimmungswort und
Grundwort gebildet werden, bezeichnet man als Determinativkomposita.
Ihr wichtiges Merkmal ist, dass sie durch ihr Grundwort ersetzt werden
können. Frühlingsnachmittag kann durch Nachmittag ersetzt werden,
Gedächtnistafeln durch Tafeln. (Vgl. Bergmann 2004, 47f.)
Nach Bergmann 2004, 48f. wird im Possessivkompositum auch wie bei
dem Determinativkompositum das Zweitglied durch das Erstglied
determiniert, wobei die Bedeutung der ganzen Bildung außerhalb der
Bedeutung des Grundwortes liegt. Er gibt zwei Bespiele an:
„Rotschwänzchen ist ein Vogel, der einen roten Schwanz hat und
Langbein ist eine Person, die lange Beine hat.” (Bergmann 2004, 48)
Ein Rotschwänzchen ist kein Schwänzchen und ein Langbein ist kein
Bein, deshalb kann das Kompositum durch das Grundwort nicht ersetzt
werden.
Als dritter Typ der Komposita gibt Bergmann 2004, 49 das
Kopulativkompositum an. In dieser Zusammensetzung sind die beiden
Elemente, also das Erstelement und das Zweitelement, semantisch
gleichwertig. In dem Beispiel „nasskalt” bilden die Bedeutungen zweier
Elemente die Bedeutung des Kompositums: sowohl nass, als auch kalt.
Beim Kopulativkompositum vertreten die beiden Elemente dieselbe
Wortart. Die Elemente können vertauscht werden, ohne dass sich die
Bedeutung verändert: nasskalt = kaltnass, aber die Umkehrung der
Reihenfolge ist nicht üblich. Zum Vergleich: bei Determinativkomposita
11
verädert die Umkehrung der Reihenfolge der Elemente die Bedeutung,
z.B. Hochsommer ist nicht Sommerhoch gleich. (Vgl. Bergmann 2004,
49)
Die letzte Art der Komposita ist die Zusammenrückung. In diesem Fall
ist eine syntaktische Wortgruppe unter Beibehaltung der Wortfolge und
der Flexion zu einem neuen Wort verbunden, z.B.:
„drei Käse hoch” zu Dreikäsehoch
„nimmer satt” zu Nimmersatt
„lange Weile” zu Langeweile. (Vgl. Bergmann 2004, 49)
Nach Bühler 1999, 320ff. ist das Kompositum „ein Wort mit gefügtem
Symbolwert und verlange (…) faktisch (unter gewissen Voraussetzungen
und
mit
bestimmten
Einschränkungen)
mehrere
nennende
Bedeutungspulse”. (Bühler 1999, 320ff.) Brugmann 1900, 359ff.
bezeichnet die Komposition als Urschöpfungsakt, bei dem die neuen
Wörter erschöpft werden (zitiert nach Bühler 1999, 320ff.). Nach ihm ist
„der wirkliche Anfang des Vorganges, den wir Kompositionsbildung
nennen, vielmehr immer eine Modifikation der Bedeutung des
syntaktischen Wortverbandes” (Brugmann 1900, 359ff., zitiert nach
Bühler 1999, 320ff.).
2.3 Verbalkomposita
Keller 1995, 196ff. unterscheidet zwei Arten der Verbalkomposition:
Zusammensetzung von Substantiv + Verb und Verbalpräfigierung.
a.) Der Typ: Substantiv + Verb. Beispiele:
fuazfallōn – „zu Füssen fallen”
halsslagōn – „ohrfeigen”
castluamen – „Gast sein”
welaqhedan – „segnen”
12
ābandmuasōn – „zu Abend essen”
Diese
Komposita,
Lehnsübersetzung
außer
des
dem
Wort
lateinischen
welaqheden,
„benedicere”
das
eine
ist,
sind
Verbalableitungen von Nominalkomposita, z.B. castluamī =
= „Gastlichkeit”.
b.) Verbalpräfigierung. Die Partikeln, die in den germanischen
Verben präfigiert werden konnten, hatten eine adverbiale sowie eine
präpositionale Funktion und waren unbetont. Die Funktions- und
Betonungdifferenzierung vor der Zeit des Ahd. hatte die Präfixe in zwei
Klassen geteilt. Zu einer Klasse gehörten Partikeln, die stets unbetont
und reduziert waren, obwohl die Vokale mundartlich variierten (z.B. gi-,
ge-, ga-). Einige historisch auseinanderzuhaltende Partikeln waren
zusammengefallen, z.B. got. faír-, fra-, faúr-: ahd. fir- oder got. and-,
in-: ahd. in-. Sie traten immer vor dem Verb auf, und das Partizip
Präteritum des Verbs hatte kein gi-.
Die zweite Klasse bildeten
Präfixpartikeln, die stärkere adverbielle Funktion hatten und semantisch
gesehen deutlicher definiert waren, solche Partikeln trugen Betonung.
Die Mehrheit der Partikeln ließen sich in zwei Klassen klar aufteilen,
d.h. in trennbare oder untrennbare Partikeln, einige konnten gleichzeitig
zu beiden Gruppen gehören. (Vgl. Keller 1995, 196ff.)
*Untrennbare Partikeln: bi- biborgēn – „sich hüten”, int- (in-) intfliahan- „entfliehen”, ir- irbaldēn – „Mut fassen”, gi- gibeiten – „nötigen”, firfirneman – „vernehmen”, zi- zibrechan – „brechen, bändigen”; auch die
folgenden standen stets vor dem Verb: duruh- thuruhstechan –
„durchstechen”, hintar – hintarqueman – „erstaunen, erschrecken”,
missi- missidrūēn – „mißtrauen”.
*Trennbare Partikeln: aba- „ab”, abasnīdan – „abschneiden”, lat.
abscisio;
after: afterruafan – „nachrufen”; ana: „an” anablāsan –
„anblasen”, lat. inspirare; fram: framgangan – „vorgehen”, lat.
13
procedere; fora: forachunden – „verkündigen”, lat. pronuntiāre; furi:
furibringen – „herbeibringen”; in: ingān – „hineingehen”; hera: „her” –
herafuaren – „herführen”; hina: „weg” hinaneman – „wegnehmen”;
miti: „mit” mitiloufan – „mitgehen”; nāh: „nach” nahloufan –
„nachlaufen”; nidar: „nieder” nidarfallan – „niederfallen”; dana: „weg,
fort” thanasnīdan – „wegschneiden; ubar: „über” ubarwinnan –
„besiegen”, lat. superāre; ūf: „auf” ūfgangan – „aufgehen”; umbi: „um,
herum” umbirītan – „umreiten”; ūz: „aus” ūzirdrīban – „austreiben”;
widar: „gegen, wider” widarwerban – „zurückkehren” zua: „zu”
zuaruafan – „zurufen”; ubar, untar, umbi kamen sowohl in der
trennbaren wie untrennbaren Klasse vor. (Keller 1995, 196ff.)
Keller 1995, 561ff. sondert drei Möglichkeiten der Verbbildung aus:
Ableitung, Komposition und Präfigierung. Mit der Ableitung hat man
nur bei der Umwandlung zu Verben durch ein Suffix des Infinitivs -en
zu tun. Es kann erweitert werden zu -el-n, -er-n, -ig-en, -ier-en, -is-ieren. „Die Umwandlung von Substantiven hat besonders fachsprachlich
beträchtlich zugenommen (drahten, gummieren, sanden) und ist
namentlich zusammen mit Präfixen beliebt (verlanden, entwässern,
ausbrauchen) (Keller 1995, 561). Die Ableitungen sind immer
untrennbar. Die zweite Art der Verbbildung ist die Komposition.
Grundsätzlich entstehen die Zusammensetzungen aus der Verbindung
eines Verbs mit einem anderen Verb, z.B. fließdrücken, schleifputzen,
tauchhärten, mähdreschen. Komposita mit einem Substantiv als
Bestimmungselement kommen sehr selten vor und sind trennbar, z.B.
achtgeben,
teilnehmen,
zugrundegehen,
schlittenfahren,
maschineschreiben, radfahren. Trennbare Verbzusammensetzungen,
deren erster Bestandteil ein Adjektiv ist, treten häufiger auf: heißlaufen,
glattreiben, trockenlegen, fremdgehen. Als erste Bestandteile können
auch
adverbiale
Partikel
vorkommen:
14
hinauswerfen,
dableiben,
herkommen,
weiterwursteln,
zusammenlöten.
Typisch
für
die
Verbbildung ist die Präfigierung, die zwei Arten aufweist. Zu der ersten
Klasse gehören sechs Partikeln, die gebundene Morpheme sind: be-, er-,
ent-, ver-, zer-, miss-. Früher trat auch ge- auf, alle Verben mit ge- sind
heute lexikalisiert (z.B. fallen-gefallen), weil dieses Präfix nicht mehr
produktiv ist. Die zweite Gruppe bilden präfigierte Adverbien und
Präpositionen, die freie Morpheme sind (z.B. ab, an, auf, usw.). Die
meisten von ihnen sind trennbar, aber einige (durch, über, um, unter,
manchmal wider) können auch untrennbar sein, z.B. 'übersetzen über'setzen. Viele Morpheme sind polysem, also haben sie mehrere
Bedeutungen und bilden zahlreiche Klassen. Nur die untrennbaren
Präfixe haben Hauptbedeutung und sind deshalb nicht kompliziert.
Unten werden sie aufgelistet, mit ihrer Bedeutung und mit Beispielen
versehen:
ver- a.) „versehen mit” : verzieren, vergolden
b.) „rückgängig oder falsch machen” : verlernen, versteigen
c.) „zu etwas machen oder vollenden” : verlanden, verwildern
d.) „weg” : verschenken, verreisen
be-
a.) Hauptfunktion: Bildung transitiver Verben: besingen, besteigen
b.) „versehen mit” : beringen, berasen, bebildern
c.), „etw. an etw. tun” : beschmieren, befriedigen
er-
a.) „Übergang in einen anderen Zustand” : erlahmen, erwachen
b.), „entfernen” : entkeimen, entnazifizieren
zer- a.) „entzwei machen” : zersetzen, zersingen
b.), „Handlungsintensivierung” : zerschneiden, zerschmettern
miß- a.) „falsch oder gar nicht machen” : mißbrauchen, mißglücken.
(Vgl. Keller 1995, 561ff.)
2.4 Aspekt im Gotischen
15
Schleicher 1855, 197 hat das Gotische mit dem Altkirchenslavischen
verglichen. Als Resultat seiner Untersuchungen hat er ein paar
Gemeinsamkeiten zwischen diesen beiden Sprachen entdeckt. Als erste
Gemeinsamkeit nennt er den Verlust der alten Futurformen. Nach
Schleicher hat das Verschwinden der Futurformen zur Unterscheidung
zwischen Verba Perfecta und Verba Imperfecta geführt. Der Unterschied
verschwand im Neuhochdeutsch, als die Umschreibung überhand
genommen hat (zitiert nach Leiss 1992, 54). Die Ähnlichkeiten zwischen
den gotischen (sowie deutschen) und slavischen Verben hat auch Grimm
1824/1974, LII bemerkt. Nach ihm haben die Perfectiva ein Futurum und
kein Präsens. Als Bespiel gibt er den Satz: „zurück oder ich schieße”
an. Er weist auch darauf hin, dass die Perfectiva im Präsens als Antwort
auf die Frage „was machst du” nicht auftreten können. Von einem
Sterbenden, Reisenden, Lesenden oder Bleibenden sagt man nicht dass
er verstirbt, verreist, durchliest und verbleibt, sondern dass er stirbt, reist,
liest und bleibt (zitiert nach Leiss 1992, 55). Grimm 1824/1974, LIII
stellt nicht fest, ob dem perfektiven Verb ebenso wie im Slavischen
jeweils ein semantisch äquivalentes Verb entspricht. Er weist auf die
mögliche perfektivierende Bedeutung von ge- im Tatian hin und als
Beispiel gibt er den Satz, in dem das Simplexverb mit dem gipräfigierten Verb verwendet wird: „thaz siu bâri, inti gibar” („Während
ihres dortigen Aufenthalts fant für Maria die Zeit ihrer Niederkunft und
sie gebar ihren ersten Sohn”). (zitiert nach Leiss 1992, 56) Streitberg
1891, 176 beschäftigt sich mit dem Gebrauch von ge- (ahd.gi-, got. ga-),
jedoch beschränkt er sich nicht nur auf dieses Präfix, sondern er
untersucht alle präfigierten Verben im Gotischen. Er unterscheidet nicht
zwischen Aktionsart und Aspekt. Die sowjetischen Aspektologen haben
darüber diskutiert, ob Simplexverben und die jeweils dazugehörigen
16
Präfixverben im Russischen Aspektpaare darstellen. Nach diesem
Gedankengang gibt es im Gotischen keine Aspektkategorie, sondern nur
Aktionsarten. Als Aspektpaare dienen Verbpaare wie
„pisat’ – napisat’ , „schreiben” impf. vs. pf.
Die Entsprechung des russischen Beispieles „pisat’ – napisat’ ist das
Verbpaar „meljan – gameljan”, und in einer älteren germanischen
Sprache lautet es: „skrîҌan – giskrîҌan”. Genauso ist es im Polnischen,
diese Formen lauten: „pisać – napisać”. Das Gotische verfügt über viele
Verbpaare vom diesen Typ. Ga- ist das semantisch leerste Präfix im
Gotischen. Ursprünglich bedeutete ga- „zusammen”, wie bei den
Wortbildungen von Ge- mit Substantiv in der gegenwärtigen deutschen
Sprache auch sichtbar ist, z.B. Gehirn als die Gesamtheit des Hirns;
Gewässer, usw. Die zentrale Funktion des verbalen ga-Präfixes ist es,
die Gesamtheit einer Verbalsituation anzuzeigen. Weitere Verbpaare:
taujan
gataujan
„tun”, „machen”
„vollbringen”
saihvan
gasaihvan
„sehen”
„erblicken”
laisjan
galaisjan
„lehren”
hausjan
gahausjan
„hören”
„vernehmen”
brikan
gabrikan
„brechen”, „zerstören”
bindan
gabindan
„binden”
bairan
gabairan
„tragen”
„gebären”
matjan
gamatjan
17
„essen”
(Vgl. Leiss 1992, 56-63)
Rice 1932, 122 hat die Häufigkeit der gotischen Verben mit den
griechischen Verben in einer Übersetzung verglichen. Er hat festgestellt,
dass die Präfixverben (Rice nennt sie „Komposita”) im gotischen Text
häufiger als im griechischen auftreten (5948:4047). Auch die Anzahl der
verwendeten Präfixe im Gotischen ist höher als im Griechischen (28:18).
Fast die Hälfte der belegten Präfixverben im Gotischen (2516 von 5948)
ist mit ga- präfigiert. Für das nächsthäufigste Präfix (us-) gibt es 905
Belege. Rice beweist, dass Wulfila nicht mechanisch übersetzt hat und
dass es keine genaue Entsprechung von griechischen und gotischen
Präfixen gibt. (Vgl. Leiss 1992, 64) Leiss 1992, 67f. stellt fest, dass viele
der präfigierten Verben (mehr als die Hälfte der Belege nach Rice) keine
ga-Verben sind. Im Gotischen gab es sowohl die Kategorie der
Aktionsartverben als auch die des Aspekts. Die Aspektopposition wurde
vor allem durch die ga-Verben gebildet. Nur einige wenige ga-Verben
können nicht als perfektive Aspektverben klassifiziert werden. So ist es
immer, wenn ga- an bereits „perfektive” Grundverben tritt. In diesem
Fall entfaltet ga- nicht seine aspektuelle Bedeutung, sondern seine
konkrete
Grundbedeutung
„zusammen”
:
ga-qiman
bedeutet
„zusammenkommen”, weil qiman wie das nhd. kommen bereits als
Grundverb über eine außenperspektivierende Semantik verfügt. Es gibt
auch eine Gruppe von Verben, die Aktionsarten sind, weil sie über
keinen Aspektpartner verfügen. Zu ihnen gehören z.B.:
fra-qiman
„vertun, verbrauchen”
us-qiman
„umbringen”
ana-qiman
„überkommen”
ana-meljan
„aufschreiben”
18
(Vgl. Leiss 1992, 67f.)
Leiss 1992, 70f. weist auch darauf hin, dass im Unterschied zum
Englischen die aspektuellen Verbpaare gerade nicht synonym werden. Es
fand eine Art Verdoppelung des Systems statt:
- dem englischen sein-Passiv (be + Partizip II) stehen im Deutschen zwei
Passivformen gegenüber: das sog. Zustandspassiv (sein + Partizip II) und
das Vorgangspassiv (werden + Partizip II);
- dem englischen haben-Perfekt (have + Partizip II) stehen im Deutschen
zwei Perfektvarianten gegenüber: haben + Partizip II und sein + Partizip
II;
- vielen der englischen Verben, die seltsam homonym geworden sind,
entsprechen im Deutschen zwei oder mehrere Verben, z.B.:
tear
reißen und zerreißen
burn
brennen und verbrennen
freeze
frieren und einfrieren
stop
halten und anhalten
Die homonymen Verben, wie z.B. Kochen, sind im Deutschen
Ausnahmen. (Vgl. Leiss 1992, 70f.)
Kotin 1988-89, 19 stellt fest, dass im Gotischen und Althochdeutschen
eine
aspektartige
Kategorie
–
die
Kategorie
der
potentiellen
Abgeschlossenheit/ Nichtabgeschlossenheit vorhanden war. Das Präfix
ga-/gi-
trat
als
abstraktes
Merkmal
potentiell
abgeschlossener
Verbbedeutung auf. Vergleichsweise gibt er folgende Beispiele an:
got. niman – ganiman „nehmen”; ahd. quedan – giquedan „sagen”; vs.
got. wisan ahd. wesan „sein”. Kotin 1988-89, 19f. weist auch darauf hin,
dass die Verbindung des Präfixes ge- mit einem Verb zu einer
Bedeutungsmodifikation
des
letzteren
führt.
Die
in
der
Gegenwartssprache semantisch nicht korrelierenden Verben:
„hören”- „gehören”, „fallen”- „gefallen”, „raten”- „geraten” hatten im
Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen ähnliche Bedeutungen. Bei
19
diesen Verben wiesen sowohl das Simplex als auch das Derivat alle
Sememe auf, die heute bei den Gliedern der entsprechenden Opposition
vorhanden sind: ahd.
(gi) fallan, mdh. (ge) vallen bedeutete: „fallen, geschehen, entsprechen,
zusammenfallen, plötzlich kommen, sündigen, gelingen, mißlingen”,
später auch „gefallen”. Die letztere Bedeutung entwickelte sich aus dem
Wort „gelingen”, das auf den alten Brauch zurückgreift, über wichtige
Angelegenheiten durch Würfelwerfen zu entscheiden; ahd. (gi)hôr(r)an
mhd. (ge)hœren „hören, anhören, zu jdm. oder etw. gehören, zukommen,
erforderlich sein”. Ein anderes Beispiel: das Simplex ahd. râtan, mhd.
raten, got. (ga-)redan hatte eine ursprüngliche Bedeutung „über etw.
nachdenken,
etw.
durch
Raten
zu
lösen
versuchen”.
Im
Althochdeutschen entwickelten sich die Bedeutungen „jdm. etwas raten,
jdn. beratend umsorgen”. Die Bedeutungen des Derivats ahd. giratan
mhd. geraten sind mit denen von raten identisch. Das Präfixverb weist
sowohl die alten als auch die neuen Bedeutungen auf. Die neuen
Bedeutungen sind: „gelingen” und „zufällig irgendwohin gelangen”.
(Vgl. Kotin 1988-89, 19f.)
Nach Kotin 1988-89, 20f. lässt sich eine ähnliche ursprüngliche
semantische Korrelation und Bedeutungsentwicklung auch bei folgenden
Derivaten in der deutschen Gegenwartssprache beobachten: geschehen
(ahd. (gi)skehan – „sich beeilen, geschehen, passieren”), gebühren (ahd.
(gi)burien, mhd. (ge)bürn – „heben, sich erheben, sich zutragen, sich
schicken, passen usw.”), gedeihen (ahd. thîhan, mhd. (ge)dîhen; vgl. got.
(ga)peihan, niederl. gedijen, aengl. gedion – „wachsen, gedeihen.
(urspr.) sich verdichten”), gewinnen (ahd. (gi)winnan, mhd. (ge)winnen –
„kämpfen, siegen”), gewöhnen (ahd. (gi)wennen, mhd. (ge)wenen –
„jmdn. an etw. (hauptsächl. an eine bestimmte Nahrung) gewöhnen”,
vgl. engl. to wean – „ein Kind an eine andere Nahrung als Muttermilch
20
gewöhnen”), gelingen (ahd. gilingan, mhd. (ge)lingen, mnd. lingen –
„glücken, gedeihen”). Ein gutes Beispiel dafür ist auch das Verb gebären
(vgl. got. bairan, ahd. beran, mhd. bern – „tragen”; also got. ga-bairan,
ahd. gi-beran, mhd. ge-bern = (sukzessiv, resultativ) – „(die Frucht) bis
zu Ende tragen (und zur Welt bringen)”. (Vgl. Kotin 1988-89, 20f.)
2.5 Aspekt in den ga-Komposita
Nach Kotin 2007, 38ff. ist die Verbalpräfigierung und das Präfix ga- das
einzige Kodierungsmittel der Perfektivität im Gotischen. Im Gotischen
(und somit im Gemeingermanischen) erfüllen die ga-Komposita nur die
Funktion der Aspektualität. Sie sind weder immer resultativ noch immer
perfektiv. Das Präfix ga- drückt im Gotischen verschiedene Aktionsarten
aus, vgl. die Belege aus dem Evangelium des Matthäuses und des
Johannes:
„iþ Iohannes gahausjands in karkarai waurstwa Xristaus, insandjands bi
siponjam seinaim qaþ du imma…” – „als Johannes im Kerker von
Christi Taten gehört hatte, schickte er einige seiner Schüler und sagte
(durch diese) zu Ihm…”;
„ …gaggandans gateihiþ Iohanne þatei gahauseiþ jah gasaihᵤiþ – „geht
und sagt dem Johannes, was ihr gehört und gesehen habt”;
„blindai ussaihᵤand, jah haltai gaggand, þrutsfillai hrainjaj wairþand, jah
blindai gahausjand, jah dauþai urreisand, jah unledai wailamerjanda: jah
audags ist hᵤazuh saei ni gamarjada in mis – „Blinde werden sehend,
und Lahme gehen, Aussätzige werden rein, und Taube bekommen
Gehör, und Tote erstehen auf, und Arme verkünden, und selig ist, wer
nicht Ärgernis nimmt an Mir”;
„ …jah gahailnoda sa þiumagus is in jainai hᵤeilai” – „ …und in diesem
Augenblick wurde sein Diener gesund”;
21
„ …jah gatauhun ina du Anin…” – „und führten Ihn zu (dem
Hohenpriester) Anna…”. Aus diesen Belegen kann man schlussfolgern,
dass die ga-Komposita keine Einschränkungen bezüglich des Tempus
und der Diathese haben, d.h. sie können wie die Simplizia sowohl im
Präsens als auch im Präteritum sowie im Mediopassiv auftreten. In
anderen Sprachen gibt es auch da Aspektpräfix, z.B. im Russischen cund co-, im Polnischen z-, ze-, za- usw. In den gotischen Belegen (auch
in den oben angeführten) findet man eine Gemeinsamkeit – Profilierung
einer generalisierenden Synthese, einer synthetischen Allgemeinheit
gegenüber der analytischen Einzelheit. Diese Erscheinung gilt als
sprachlicher Ausdruck der Idee des einheitlichen Ganzen bzw. als der in
der Einheit aufgehobenen Pluralität, die wir sowohl bei den gePrädikationen wie bei den ge-Nominalkomposita (z.B. Gestirn, Gehege,
Gelände, Gemälde etc.) vorfinden.
Auch in anderen Sprachen – im Althochdeutschen, Altsächsischen,
Angelsächsischen
und
Altnordischen
(Altisländischen)
werden
synthetisch-ganzheitliche Bedeutungen verschiedener Modifikationen
durch Präfixbildungen ausgedrückt. Bei dem perfektiven Aspekt können
die Präfixe als Perfektivierungsmittel gelten. Bis auf das Altisländische,
wo diese Funktion die präfixalen Partikeln of- und um- übernehmen,
handelt es sich meistens um das am stärksten grammatikalisierte
germanische Präfix ga- (got. ga-, ahd. gi-, ga-, ge-, as. gi-, ge-, ags. ge-):
Asächs. „ …thes thu mit thinum handon gidedos” – „das Du mit Deinen
Händen getan hast”;
„ …þone yldo bearn aéfre gefrúnon” – „[ein Gebäude], das die
Menschen schöner niemals gesehen haben”;
„ …der gisizzit, der dar suonan scal” – „wenn Der sich [auf den
Richterstuhl] setzt [wörtl. zum Sitzen kommt”], Der dort richten soll
[wird]…”;
22
„Hiltibrant gimahalta (Heribrantes sunu) – „Hildebrant sprach [fing an
zu reden]”. Auch andere Präfixe konnten Perfektivität ausdrücken, z.B.
ahd. ir-, ar-, ur-, ags. a- (=er-), ahd. fir-, far-, fer-, ags. for- (=ver-) etc.
Im Hochdeutschen entwickeln sich die inaktivischen Konstruktionen
werden + Part. II und sein + Part. II paralel. Im Mittelhochdeutschen
können sie synonymisch verwendet werden, z.B.:
„gesuochet was sîn vrouwe” – „seine Frau war [=wurde] gesucht”;
„er was von ir geminnet” – „er war [=wurde] von ihr geliebt” vs.:
„daz nie von manne mêre / wîp geminnet wart sio siere” – „dass nie eine
Frau von einem Mann so stark geliebt wurde”.
Seit
dem
Frühneuhochdeutschen
setzt
eine
entscheidende
Differenzierung beider Konstruktionen ein, deren Hauptimpuls eine
aspektual markierte Gegenüberstellung von Vorgang und Zustand
gewesen ist. Die Konstruktion werden + Part. II konnte durch den
endgültigen Verlust der transformationellen Semantik von werden zur
aspektual
unmarkierten
Hauptkodierungsform
eines
passivischen
Vorgangs werden, vgl. „das Buch wurde (lange, aber auch bis zu Ende)
gelesen, die Unterlagen wurden gesucht, aber auch gefunden” etc. Die
Funktion der Verbindung sein + Part. II ist die Bezeichnung eines
inaktiven Zustandes, da die Hauptleistung des medialen Prädikats in der
Kodierung der Qualität bzw. des Zustandes eines inaktiven Subjekts
besteht. Zugleich drückt die Konstruktion sein + Part. II einen
resultativen Zustand aus, d.h. einen Zustand, der infolge der
vorhergegangenen Handlung entstanden ist: „die Tür ist/war geöffnet”,
„der Soldat ist/war verwundet”, „die Bücher sind/waren ausverkauft”
etc. Es gibt auch Ausnahmen wie „die Blüten sind/waren geschlossen”,
die deutlich zeigen, dass der inaktive Zustand den resultativen Vorgang
dominiert. Der Aspektbezug kommt jedoch in den meisten Fällen vor
23
und davon zeugt die Unmöglichkeit von Sätzen wie * die Brille ist
gesucht oder * hier ist getanzt. (Vg. Kotin 2007, 38ff.)
2.6. Geschichte der Goten
Kotin 2012, 13ff. beschreibt den Ursprung des gotischen Volkes. Die
Geschichte der Goten beginnt zwischen Ende des ersten Jahrtausends vor
Christus und Mitte des zweiten Jahrhundert nach Christus. Die ältesten
Zeugnisse über die Goten stammen aus dem ersten Jahrhundert nach
Christus. Die Frage der Siedlung von diesem Volk ist umstritten. Es gibt
zwei Annahmen, für die archäologische und sprachliche Beweise
vorhanden sind, aber diese zwei Thesen schließen sich oft aus. Nach der
ersten Hypothese sind die Goten aus der Halbinsel Skandinavien in die
östlichen Gebiete der Ostseeküste übergesiedelt. Der zweiten Ansicht
zufolge siedelten sie bereits ursprünglich an der Weichsel-Mündung.
Gegen die Mitte des 2. Jh. n. Chr. beginnt für die Goten die
entscheidende Etappe ihrer Geschichte. Sie dauert bis zum 6. Jh. n. Chr.,
dann wurde die Mehrheit des gotischen Volkes vernichtet und ist sie
ausgestorben. Die Goten gehören zu den Völkern, die besonders intensiv
an der Großen Völkerwanderungen teilgenommen haben. Sie haben
längsten Weg zurückgelegt: von der Ostseeküste die Weichsel aufwärts
und längs der Oder nach Süden bis Transilvanien und zum
Schwarzmeergebiet, dann nach Süden, über Transilvanien und die
Halbinsel Krim nach Byzanz sowie nach Italien und Spanien. Die Goten
siedelten, insbesondere seit der Hunnen-Invasion im Jahre 375, in
Pannonien und auf dem Balkan. Der gotische Stammesverbund weist
deutliche Züge einer Gliederung auf, die sich u.a. in deren Bezeichnung
als Tervingi („Waldbewohner”) und Greutungi („Bewohner einer
steinigen Gegend”) zeigt, die im Jahre 269 zum ersten Mal dokumentiert
24
ist. Im vierten Jahrhundert entsteht das gotische Alphabet, das auf den
griechischen Buchstaben basiert. Einige Schriftzeichen im Gotischen
sind lateinischen Ursprungs. (Vgl. Kotin 2012, 13ff.)
2.7. Kurze Charakteristik der gotischen Sprache
Kotin 2012, 17ff. stellt die wichtigsten Ereignisse in der Geschichte der
gotischen Sprache dar. Die dank der Christianisierung entstandene
Schriftlichkeit und die gotischen Bibeltexte machen die Goten zu einem
Volk, das zur Verbreitung des Christentums und der christlich geprägten
Kultur unter den Germanen beiträgt. Das berühmteste gotische Bischof
Wulfila hat ein eigenständiges gotisches System von Buchstaben
entwickelt. Er hat an der Übersetzung der Mehrheit der heute bekannten
gotischen Texte teilgenommen und eine Übersetzerschule gegründet. Im
Buch von Kotin werden die Merkmale der gotischen Sprache und die
Änderungen
beschrieben,
die
gemeinsam
eine
allgemeine
Charakteristika des Gotischen bilden. In der vorhandenen Arbeit
erwähne ich einige von ihnen :
 Im Frühgotischen gab es einen stärkeren Unterschied zwischen
Längen und Kürzen als im Gotischen des 4. Jh.
 Die gemeingermanischen Endsilbenvokale wurden im Mittel- und
Spätgotischen (im 4. und im 5.-7. Jh.) abgeschwächt, was im
Frühgotischen nicht vorkommen kann.
 Das Gotische ist die einzige schriftlich beibehaltene Sprache, die
keinen Rhotazismus des nach Verners Gesetz stimmhaft
gewordenen Konsonanten s kennt: batiza, nimaza, vgl. ahd.
bezziro „besser”, aisl. dagr „Tag”.
 Das Gotisch weist eine konsequente Verengung des germanischen
kurzen Vokals e und zu i auf, vgl. germ. *neman, got. niman
25
sowie eine Stimmlosigkeit der germanischen stimmhaften
Konsonanten im absoluten Auslaut bzw. vor auslautenden
stimmlosen Konsonanten, vgl. germ. *guᵭ-a – „Gott, Gottheit”,
got. guþ – „Gott” neben ags. goᵭ, as. god; got. gaft 2. Pers. Sg.
Prät. Ind. zu giban – „geben”.
 Im Gotischen treten die Typen der Stämme auf, die in anderen
germanischen Sprachen völlig oder größtenteils verschwunden
sind: die u-Stämme, die r-Stämme, die nd-Stämme, die meistens
in die a- (Maskulina und Neutra), ô- (Feminina) oder auch iStämme (Maskulina und Feminina) übergegangen sind.
(Vgl. Kotin 2012, 17ff.)
3 Aktionsart- und Aspektsemantik der gotischen ga-Komposita
Alle Komposita, die in der vorliegenden Arbeit beschrieben werden,
lassen sich nach vier Hauptkriterien unterteilen.
Am Anfang werden sie in zwei Gruppen gegliedert, abhängig davon, ob
sie die ihnen entsprechenden Simplizien haben oder nicht.
Das zweite Kriterium ist der Ursprung der Verben. Sie werden also in
Gruppen eingeteilt, nach der Regel: aus welcher Wortart sie gebildet
wurden.
Die drittte Gruppe bilden Verben, bei denen das entsprechende Präfix
Aspektfunktion aufweist. Dazu gehören die Komposita, die die
26
Perfektivität ausdrücken. Hier werden diese Komposita mit dem
Polnischen
als
einer
klassischen
Aspektsprache
verglichen
im
Unterschied zum Deutschen. In diesem Kapitel müssen auch die Verben
berücksichtigt werden, bei denen der perfektive Aspekt nicht durch das
Präfix „ga-”, sondern auf eine andere Art und Weise kodiert wird.
Neben ihnen wird eine Gruppe von Verben dargestellt, bei denen das
Präfix „ga-” nicht die grammatische Funktion hat, sondern die
lexikalische Bedeutung des Wortes modifiziert.
Die dritte Gruppe ist in dieser Arbeit am wichtigsten, denn das Ziel
dieser Untersuchung ist, wie schon in der Einleitung angedeutet wurde,
den Zusammenhang zwischen semantischer und grammatischer Funktion
des Präfixes „ga-” in Verbindung mit verschiedenen Verbalstämmen zu
erforschen. Es werden auch die Zweifelsfälle dargestellt, die
demonstrieren, dass eine deutliche Differenzierung der grammatischen
vs. semantischen Funktion des Präfixes sehr schwierig ist. Alle
beschriebenen Verben werden an den Beispielen in den Kontexten
dargestellt.
3.1 Die ga-Komposita, die kein entsprechendes Simplex besitzen
Zu dieser Gruppe gehören die Komposita, die im Korpus nur als
Zusammensetzungen vorkommen. Wie ich schon in dem theoretischen
Teil meiner Arbeit angedeutet habe, gibt es nur einen schriftlichen Text
in der gotischen Sprache – die Bibelfragmente mit dem Wörterbuch. Sie
ist die einzige Quelle, in der man nachschlagen kann, welche Wörter in
der gotischen Sprache vorkamen. Es gibt aber auch viele Wörter, für die
man keinen Beweis im Korpus hat und die in der gotischen Sprache
dennoch existierten. Grundsätzlich geht man davon aus, dass nur die
Wörter, die im Wörterbuch zu finden sind, sicherlich in der
27
Vergangenheit existiert haben. Man kann aber nicht ausschließen, dass
es auch andere Wortformen gegeben hat. Aus diesem Grund ist es
schwierig, die Verben nach diesem Merkmal zu analysieren. Zu dieser
Gruppe habe ich die Verben gezählt, die in der gotischen Bibel nur als
Komposita auftreten. Weder im Text noch im Wörterbuch habe ich das
entsprechende Simplex gefunden, z.B. für:
ga-diupjan *vertiefen
L 6,48
galeiks ist mann timrjandin razn, saei grob jah gadiupida jah gasatida
grunduwaddjau ana staina. at garunjon þan waurþanai bistagq ahva bi
jainamma razna jah ni mahta gawagjan ita; gasulid auk was ana þamma
staina.
Er ist gleich einem Menschen, der ein Haus baute und grub tief und legte
den Grund auf den Fels. Da aber Gewässer kam, da riß der Strom zum
Hause zu, und konnte es nicht bewegen; denn es war auf den Fels
gegründet.
Obwohl dieses Kapitel den Komposita, die kein entsprechendes Simplex
haben, gewidmet wurde, darf man die anderen Verben mit dem Präfix
ga-, die im obigen Beispiel vorkommen, nicht auslassen. Ich
konzentriere mich auf das Verb gadiupjan, das ein Vertreter dieser
Gruppe ist, aber ich beschreibe auch andere Komposita.
In diesem Beispiel haben wir mit dem Kompositum gadiupjan zu tun.
Das ist auch der einzige Kontext in der Bibel, in dem dieses Verb
überhaupt vorkommt. Es gibt auch keine Stelle im Text, wo man das
Simplex diupjan finden kann. Man kann aber nicht ausschließen, dass es
dieses Wort in der gotischen Sprache gab.
Die anderen Zusammensetzungen in diesem Satz sind:
28
gasatida in der Vergangenheitsform vom Verb gasatjan * hinsetzen,
hinstellen, hinlegen;
bistagq in der Vergangenheitsform vom Verb bi-stigqan *anstoßen an;
gawagjan *einen in Bewegung setzen, Infinitivform
gasulid – Passivform vom Verb gasuljan * das Fundament legen,
begründen.
Ein anderes Beispiel ist das Kompositum ga-leiþan *kommen, gehen. Im
Wörterbuch von Streitberg gibt es kein Verb leiþan, aber es gibt viele
Komposita mit diesem Stamm:
af-leiþan *weggehen, entweichen, verreisen
bi-leiþan *verlassen, zurücklassen
inn-galeiþan *hineingehen
miþ-inngaleiþan *mithineingehen
hindar-leiþan *hinzukommen, vergehen
þairh-leiþan *hindurchgehen, vorbeigehen
ufar-leiþan *übersetzen
us-leiþan *hinausgehen, weggehen, vergehen
In diesem Fall kann man vermuten, dass das ga-Kompositum gerade
vom Simplex leiþan entstanden ist, es gibt viele Zusammensetzungen
mit diesem Stamm. Dieses Beispiel lässt auch vermuten, dass das
Kompositum ga-leiþan vom Simplexverb stammt. Man geht davon aus,
dass ein Kompositum von einem Verb abgeleitet wird, wenn es ein
entsprechendes Simplex hat. Diese Regel ist nicht hundertprozentig
gültig, weil die Komposita von anderen Wortarten stammen können,
sogar dann, wenn sie ein Simplex haben. Die Untersuchung des
Ursprungs eines Kompositums ist eine schwierige Aufgabe.
3.2 Die ga-Komposita, die ein entsprechendes Simplex besitzen
29
Im Gegensatz zu der vorherigen Gruppe gibt es im Wörterbuch von
Streitberg viele ga-Komposita, die ein Simplex haben. An dieser Stelle
möchte ich nur Beispiele zeigen, die genauere Analyse kommt bei der
Besprechung der Rolle des Präfixes „ga-” vor. Diese Untersuchung
beruht auf der Suche nach den Funktionen des Präfixes in den
Komposita im Vergleich zu den Simplizien.
hailjan *einen oder etwas heilen
ga-hailjan *herstellen
M 9,35
jah bitauh Iesus baurgs allos jah haimos laisjands in gaqumþim ize, jah
merjands aiwaggeljon þiudangardjos jah hailjands allos sauhtins jah alla
unhailja.
Und Jesus ging umher in alle Städte und Märkte, lehrte in ihren Schulen
und predigte das Evangelium von dem Reich und heilte allerlei Seuche
und allerlei Krankheit im Volke.
Mc 1,34
jah gahailida managans ubil habandans missaleikaim sauhtim jah
unhulþons managos uswarp jah ni fralailot rodjan þos unhulþons, unte
kunþedun ina.
Und er half vielen Kranken, die mit mancherlei Seuchen beladen waren,
und trieb viele Teufel aus und ließ die Teufel nicht reden, denn sie
kannten ihn.
30
3.3 Die ga-Komposita, in denen das Präfix „ga-” den perfektiven Aspekt
ausdrückt
Zu dieser Gruppe gehören alle Komposita, bei denen das Präfix „ga-” die
Aspektfunktion erfüllt. Ich werde hier die Simplizia mit den Komposita,
in denen „ga-” die Abgeschlossenheit der Handlung ausdrückt,
vergleichen.
Ich
habe
vier
Simplizia
mit
entsprechenden
Zusammensetzungen ausgewählt, außerdem bespreche ich das Wort gadauþnan, das nur als ein Kompositum vorkommt, also in diesem Kapitel
werden neun Verben in den Kontexten untersucht. Zu jedem Beispiel
habe ich fünf Zusammenhänge analysiert, nur in drei Fällen ist es anders,
weil sie nicht oft in dem gotischen Text erscheinen.
Diese Verben sind:
hausjan *hören
ga-hausjan *hören, vernehmen
meljan *schreiben
ga-meljan *schreiben
ga-dauþnan *sterben
nasjan *retten
ga-nasjan * retten
sweran *ehren
ga-sweran *verherrlichen
Obwohl in diesem Kapitel die Aspektfunktion in den obigen Verben
analysiert wird, werden auch andere ga-Komposita, die in den
Beispielsätzen auftreten, beschrieben.
Am Anfang werden die Verben hausjan und gahausjan in Kontexten
dargestellt und analysiert. Es lässt sich in den unten gezeigten Beispielen
beobachten, dass das Verb hausjan nur in der Bedeutung „hören”
31
vorkommt. Es drückt die Handlung aus, aber die Abgeschlossenheit der
Tätigkeit ist nicht zu erschließen, abgesehen davon, ob das Verb in der
Vergangenheits-,
Gegenwarts-
oder
Zukunftsform
auftritt.
Das
Kompositum gahausjan kommt in der Bedeutung „hören, vernehmen”
vor. In diesem Fall ändert sich die Bedeutung nicht, aber das
Kompositum weist auf die Abgeschlossenheit der Handlung hin und
erfüllt die Aspektfunktion. In einigen Bibelkontexten lässt sich
beobachten, dass das Verb gahausjan zwar die Bedeutung „hören” hat,
aber es heißt genauer „das Hörvermögen bekommen”, also „zum ersten
Mal hören”. Diese Beispiele sind: M 11, 5-6; L 7,22-23; Mc 7,37 (Seiten
34-35). Aus semantischer Sicht ist es selbstverständlich, dass gahausjan
nur die beendete Handlung ausdrücken kann. In dem theoretischen Teil
der vorliegenden Arbeit wurde die Meinung von Grimm dargestellt.
Nach ihm haben die perfektiven Verben, zu denen auch gahausjan
gehört, kein Präsens. Von einer tauben Person sagt man nicht in der
Gegenwart, dass sie in einem konkreten Augenblick die Hörfähigkeit
bekommt. Des Weiteren ist es auch unmöglich, dieses Verb in dieser
Bedeutung ohne Abgeschlossenheit der Handlung zu verwenden. Um
diese These zu begründen, werden hier zwei Situationen beschrieben, in
denen die Semantik des Verbs gahausjan erklärt wird:
Eine taube Person hat das Hörvermögen bekommen.
1. Eine taube Person konnte früher nicht hören und jetzt hat sie diese
Fähigkeit.
2. Jemand (z.B. Gott) hat angefangen, einer tauben Person das
Hörvermögen zu geben, aber in einem Moment hat er aufgehört und die
Handlung nicht beendet, so dass diese Person weiter taub ist.
In dem ersten Beispiel wird die richtige Bedeutung des Kompositums
dargestellt. Der zweite Satz wurde künstlich geschaffen, weil solche
Situation nicht vorkommen kann. Das Verb gahausjan kann nur in der
32
Aspektfunktion und nicht in der Vergangenheit als eine nicht
abgeschlossene Tätigkeit auftreten.
hausjan* hören
J 10,20
qeþunuh managai ize: unhulþon habaiþ jah dwalmoþ; hva þamma
hauseiþ?
Viele unter ihnen sprachen: Er hat den Teufel und ist unsinnig; was höret
ihr ihm zu?
hauseiþ – Präsensform, 2. Person des Dualis vom Verb hausjan * hören
L 2,46
jah warþ afar dagans þrins, bigetun ina in alh sitandan in midjaim
laisarjam jah hausjandan im jah fraihnandan ins.
Und es begab sich, nach drei Tagen fanden sie ihn im Tempel sitzen
mitten unter den Lehrern, wie er ihnen zuhörte und sie fragte.
hausjandan * Partizip I vom Verb hausjan * hören
L 6,47
hvazuh sa gaggands du mis jah hausjands waurda meina jah taujands þo,
ataugja izwis hvamma galeiks ist.
Wer zu mir kommt und hört meine Rede und tut sie, den will ich euch
zeigen, wem er gleich ist.
33
hausjands – Partizip I vom Verb hausjan * hören
C 1,21-23
jah izwis simle wisandans framaþidans jah fijands gahugdai in
waurstwam ubilaim, iþ nu gafriþodai in leika mammons is þairh dauþu
du atsatjan izwis weihans jah unwammans jah usfairinans faura imma,
jabai sweþauh þairhwisiþ in galaubeinai gaþwastidai jah gatulgidai jah
ni afwagidai af wenai aiwaggeljons, þoei hausideduþ, sei merida ist in
alla gaskaft þo uf himina, þizozei warþ ik Pawlus andbahts;
Und euch, die ihr weiland Fremde und Feinde waret durch die Vernunft
in bösen Werken, hat er nun versöhnt mit dem Leibe seines Fleisches
durch den Tod, auf daß er euch darstellte heilig und unsträflich und ohne
Tadel vor ihm selbst; so ihr anders bleibet im Glauben, gegründet und
fest und unbeweglich von der Hoffnung des Evangeliums, welches ihr
gehört habt, welches gepredigt ist unter aller Kreatur, die unter dem
Himmel ist, dessen Diener ich, Paulus, geworden bin.
gafriþodai – Partizip II vom Verb gafriþon *versöhnen mit;
gaþwastidai – Partizip II vom Verb gaþwastjan *befestigen;
gatulgidai – Partizip II vom Verb gatulgjan *befestigen, bestärken;
hausideduþ – Partizip II vom Verb hausjan *hören.
J 10,16
jah anþara lamba aih þoei ni sind þis awistris, jah þo skal briggan, jah
stibnos meinaizos hausjand, jah wairþand ain aweþi, ains hairdeis.
34
Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stalle; und
dieselben muß ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und
wird eine Herde und ein Hirte werden.
hausjand – Präsensform, 3. Person des Dualis vom Verb hausjan *hören
gahausjan *hören, vernehmen
M 10,27
þatei qiþa izwis in riqiza, qiþaiþ in liuhada, jah þatei in auso gahauseiþ,
merjaiþ ana hrotam.
Was ich euch sage in der Finsternis, das redet im Licht; und was ihr hört
[eigentlich: gehört habt] in das Ohr, das predigt auf den Dächern.
gahauseiþ – Präsensform, 2. Person des Dualis vom Verb gahausjan
*hören, vernehmen
M 11,5-6
blindai ussaihvand, jah haltai gaggand, þrutsfillai hrainjai wairþand, jah
daubai gahausjand, jah dauþai urreisand, jah unledai wailamerjanda: jah
audags ist hvazuh saei ni gamarzjada in mis.
die Blinden sehen und die Lahmen gehen, die Aussätzigen werden rein
und die Tauben hören, die Toten stehen auf und den Armen wird das
Evangelium gepredigt; und selig ist, der sich nicht an mir ärgert.
gahausjand – Präsens, 3.Person des Dualis vom Verb gahausjan *hören,
vernehmen;
gamarzjada – Passivform vom Verb gamarzjan *Ärgernis erregen;
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L 7,22-23
jah andhafjands Iesus qaþ du im: gaggandans gateihats Iohannen þatei
gasehvuts jah gahausideduts, þatei blindai ussaihvand, haltai gaggand,
þrutsfillai gahrainjanda, baudai gahausjand, naweis urreisand, unledai
wailamerjanda; jah audags ist sahvazuh saei ni gamarzjada in mis.
Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Gehet hin und verkündiget
Johannes, was ihr gesehen und gehört habt: die Blinden sehen, die
Lahmen gehen, die Aussätzigen werden rein, die Tauben hören, die
Toten stehen auf, den Armen wird das Evangelium gepredigt; und selig
ist, wer sich nicht ärgert an mir.
gateihats – Imperativform des Dualis vom Verb gateihan *anzeigen,
verkündigen;
gasehvuts – Vergangenheitsform des Dualis vom Verb gasaihvan
*erblicken;
gahausideduts – Präteritumform, 2. Person des Plurals vom Verb
gahausjan *hören, vernehmen, das Gehör bekommen;
gahrainjanda – Passivform des Plurals, 3. Person vom Verb gahrainjan
*reinigen;
gahausjand – Präsensform, 3.Person des Plurals vom Verb gahausjan
*hören, vernehmen, das Gehör bekommen;
gamarzjada – Passivform des Singulars, 3. Person vom Verb gamarzjan
*Ärgernis erregen.
Mc 7,37
jah ufarassau sildaleikidedun qiþandans: waila allata gatawida jah
daubans gataujiþ gahausjan jah unrodjandans rodjan.
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Und sie wunderten sich über die Maßen und sprachen: Er hat alles wohl
gemacht; die Tauben macht er hörend und die Sprachlosen redend.
gatawida – Vergangenheitsform vom Verb gataujan *tun, vollbringen,
bewirken;
gataujiþ – Präsensform vom Verb gataujan *tun, vollbringen, bewirken;
gahausjan – Infinitivform vom Verb gahausjan *hören, vernehmen, das
Gehör bekommen.
L 14, 35
nih du airþai, ni du maihstau fagr ist; ut uswairpand imma. saei habai
ausona gahausjandona, gahausjai.
Es ist weder auf das Land noch in den Mist nütze, sondern man wird's
wegwerfen. Wer Ohren hat, zu hören, der höre!
gahausjandona – Partizip I vom Verb gahausjan *hören, vernehmen;
gahausjai – Optativ in imperativischer Funktion vom Verb gahausjan
*hören, vernehmen
Das zweite Verbpaar sind die Wörter meljan und gameljan. Die
Bedeutung der beiden Verben ist gleich, nämlich „schreiben”. Meljan
kommt in den Beispielsätzen in verschiedenen Formen vor, z.B. als
Infinitiv, Imperativ oder Partizip.
Gameljan
tritt nur in der
Vergangenheitsform auf und drückt die abgeschlossene Handlung aus.
Das Kompositum gameljan kommt meistens im Partizip II vor und führt
das Zitat ein. In diesen Fällen ist die Bedeutung dieses Verbs: „steht
geschrieben”, das auf den schriftlichen Beleg des Zitates hinweist. Das
37
zeugt auch von der Aspektfunktion dieses Verbs. Wenn jemand etwas
geschrieben hat und das Resultat dieser Handlung in Form von einem
nachweisbaren Text bezeugen kann, weist es auf die Abgeschlossenheit
des Schreibens hin. In zwei Beispielen, die unten angeführt wurden (L
2,3 und L 2,1), kommen die Verben meljan und gameljan in der
Bedeutung schätzen, zählen vor. Im Kontext mit dem Wort meljan gibt
es die Information, dass das ganze Volk in die Stadt ging, um sich
registrieren zu lassen. Die Abgeschlossenheit dieser Handlung ist hier
nicht erkennbar. Das Beispiel, in dem das Verb gameljan auftritt: das
ganze Volk sollte niedergeschrieben (verzeichnet) werden, deutet auf das
Resultat der Handlung hin, nämlich dass infolge der Tätigkeit ein
Register enstehen soll.
meljan *schreiben
L 1,1-4
Unte raihtis managai dugunnun meljan insaht bi þos gafullaweisidons in
uns waihtins, swaswe anafulhun unsis þaiei fram frumistin silbasiunjos
jah andbahtos wesun þis waurdis; galeikaida jah mis [jah ahmin
weihamma] fram anastodeinai allaim glaggwuba afarlaistjandin gahahjo
þus meljan, batista Þaiaufeilu, ei gakunnais þize bi þoei galaisiþs is
waurde [a]staþ.
Sintemal sich's viele unterwunden haben, Bericht zu geben von den
Geschichten, so unter uns ergangen sind, wie uns das gegeben haben, die
es von Anfang selbst gesehen und Diener des Worts gewesen sind: habe
ich's auch für gut angesehen, nachdem ich's alles von Anbeginn mit Fleiß
erkundet habe, daß ich's dir, mein guter Theophilus, in Ordnung
schriebe, auf das du gewissen Grund erfahrest der Lehre, in welcher du
unterrichtet bist.
38
meljan – Infinitivform vom Verb meljan *schreiben;
gafullaweisidons – Partizip II vom Verb gafullaweisjan *vollenden,
beglaubigen;
galeikaida – Präsensform, 3. Person, Singular vom Verb galeikan
*gefallen;
gakunnais – Präsensform, 2. Person Optativ, Singular vom Verb
gakunnan *kennen lernen, erfahren, erkennen;
galaisiþs – Partizip II vom Verb galaisjan *lehren.
L 2,3
jah iddjedun allai, ei melidai weseina, hvarjizuh in seinai baurg.
Und jedermann ging, daß er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine
Stadt.
melidai – Partizip II vom Verb meljan *schreiben
L 16,7
þaþroh þan du anþaramma qaþ: aþþan þu, hvan filu skalt? iþ is qaþ:
taihuntaihund mitade kaurnis. jah qaþ du imma: nim þus bokos jah melei
ahtautehund.
Darnach sprach er zu dem andern: Du aber, wie viel bist du schuldig? Er
sprach: Hundert Malter Weizen. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen
Brief und schreib achtzig.
melei – Imperativform, 2. Person, Singular vom Verb meljan *schreiben
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Mc 10,4
iþ eis qeþun: Moses uslaubida unsis bokos afsateinais meljan jah afletan.
Sie sprachen; Mose hat zugelassen, einen Scheidebrief zu schreiben und
sich zu scheiden.
meljan – Infinitivform vom Verb meljan *schreiben
ga-meljan *schreiben
L 2,1
Warþ þan in dagans jainans, urrann gagrefts fram kaisara Agustau,
gameljan allana midjungard.
Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein Gebot von dem Kaiser Augustus
ausging, daß alle Welt geschätzt würde.
gameljan – Infinitivform vom Verb gameljan *schreiben
M 11,10
sa ist auk bi þanei gameliþ ist: sai, ik insandja aggilu meinana faura þus,
saei gamanweiþ wig þeinana faura þus.
Denn dieser ist's, von dem geschrieben steht: "Siehe, ich sende meinen
Engel vor dir her, der deinen Weg vor dir bereiten soll."
gameliþ – Partizip II vom Verb gameljan *schreiben;
gamanweiþ – Präsensform, 3. Person, Singular vom Verb gamanwjan
*einem etwas (zu)bereiten zu
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J 5,46
jabai allis Mose galaubidedeiþ, ga~þau~laubidedeiþ mis; bi mik auk
jains gamelida.
Wenn ihr Mose glaubtet, so glaubtet ihr auch mir; denn er hat von mir
geschrieben.
galaubidedeiþ – Präteritumform, 2. Person des Plurals Optativ vom Verb
galaubjan *glauben, anvertrauen;
gamelida – Präteritumform, 3. Person, Singular vom Verb gameljan
*schreiben.
J 6,31
attans unsarai manna matidedun ana auþidai, swaswe ist gameliþ: hlaif
us himina gaf im du matjan.
Unsere Väter haben Manna gegessen in der Wüste, wie geschrieben
steht: "Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen."
gameliþ – Partizip II vom Verb gameljan *schreiben
R 10,11
qiþiþ auk þata gameliþ: hvazuh sa galaubjands du imma ni gaaiwiskoda.
Denn die Schrift spricht: "Wer an ihn glaubt, wird nicht zu Schanden
werden."
gameliþ – Partizip II vom Verb gameljan *schreiben;
galaubjands – Partizip I vom Verb galaubjan *glauben, anvertrauen;
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gaaiwiskoda – Passivform, 3. Person Präsens, Singular vom Verb
gaaiwiskon *beschämen, beschimpfen.
Das dritte Beispiel ist das Verb ga-dauþnan *sterben. In der gotischen
Bibel gibt es keine Textstelle, wo man das Simplex dauþnan finden
kann. Ein Grund dafür ist die Bedeutung des Kompositums gadauþnan.
Das Verb sterben enthält in sich die Aspektfunktion. Man benutzt es vor
allem,
wenn
man
von
der
Vergangenheit
oder
von
der
Zustandsveränderung spricht. Im Deutschen gibt es kein Verb, das die
Handlung des Sterbens in der Gegenwart ausdrückt, es gibt nur die
Wendung „im Sterben liegen” mit dieser Bedeutung. Im Polnischen
kommen zwei unterschiedliche Verben vor, die das Tempus der
Handlung genauer unterscheiden: umierać – „im Sterben liegen” und
umrzeć – „sterben”. Das Wort umierać drückt zwar die Gegenwart, aber
es weist darauf hin, dass jemand bald, also in der Zukunft, stirbt. Das
Verb umrzeć tritt meistens in der Vergangenheit auf, in der Bedeutung:
„Jemand ist gestorben”, aber es kann auch auf die Zukunft deuten, z.B.:
„Jemand will nicht sterben” oder „Jemand ist bereit, zu sterben”.
Abgesehen davon, in welchem Tempus die Verben umrzeć und sterben
vorkommen, drücken sie die Abgeschlossenheit der Handlung aus. Die
unten angeführten Kontexte zeigen unterschiedliche Situationen und
Tempora, in denen das Verb gadauþnan *sterben vorkommt. Im ersten
Beispiel, Mc 9, 47-48, tritt dieses Wort in der Gegenwart auf, in der
Bedeutung: der Wurm wird nie sterben, weil er unsterblich ist. Der
zweite Satz drückt die Vergangenheit mit dem Handlungsabschluss aus:
die Herde ersoff im Wasser und ist gestorben. Das letzte Beispiel ist ein
Konditionalsatz mit dem Versprechen: wer dieses Brot isst, stirbt nicht
(wird nie sterben). In allen diesen Sätzen kommt die Aspektfunktion vor.
Man kann nicht ausschließen, dass es im Gotischen kein Simplex
42
dauþnan gab, obwohl es keinen Beweis dafür gibt. Die Bedeutung des
Verbs dauþnan würde mit der Semantik des polnischen Wortes umierać
vergleichbar sein.
gadauþnan *sterben
Mc 9, 47-48
jah jabai augo þein marzjai þuk, uswairp imma; goþ þus ist haihamma
galeiþan in þiudangardja gudis, þau twa augona habandin atwairpan in
gaiainnan funins, þarei maþa ize ni gadauþniþ jah fon ni afhvapniþ.
Ärgert dich dein Auge, so wirf's von dir! Es ist dir besser, daß du
einäugig in das Reich Gottes gehest, denn daß du zwei Augen habest und
werdest in das höllische Feuer geworfen, da ihr Wurm nicht stirbt ihr
Feuer nicht verlöscht.
gadauþniþ – Präsensform, 3. Person, Singular vom Verb ga-dauþnan
*sterben;
galeiþan – Infinitivform vom Verb galeiþan *kommen, gehen
M 8,32
jah qaþ du im: gaggiþ! iþ eis usgaggandans galiþun in hairda sweine; jah
sai, run gawaurhtedun sis alla so hairda and driuson in marein jah
gadauþnodedun in watnam.
Und er sprach: Fahret hin! Da fuhren sie aus und in die Herde Säue. Und
siehe, die ganze Herde Säue stürzte sich von dem Abhang ins Meer und
ersoffen im Wasser.
43
galiþun – Präteritumform, 3. Person, Plural vom Verb galeiþan
*kommen, gehen;
gawaurhtedun – Präteritumform, 3. Person, Plural vom Verb
gawaurkjan *bewirken, erwirken, bereiten;
gadauþnodedun – Präteritumform, 3. Person, Plural vom Verb
gadauþnan *sterben
J 6,50
sa ist hlaifs saei us himina atstaig, ei saei þis matjai, ni gadauþnai.
Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, auf daß, wer davon isset,
nicht sterbe.
gadauþnai – Präsensform, 3. Person, Singular Optativ vom Verb
gadauþnan *sterben
Die Verben nasjan und ganasjan haben gleiche Bedeutung, nämlich:
„retten”. Nasjan kommt in der gotischen Bibel grundsätzlich in zwei
Formen vor: im Imperativ, wenn sich jemand an Gott wendet und um die
Rettung bittet sowie im Infinitiv als Vermutung oder Wunsch, damit
jemand errettet wird. Das Kompositum ganasjan hat eine andere
Funktion. Es tritt in den meisten Fällen in der Vergangenheitsform auf
und drückt die abgeschlossene Handlung aus, dass jemand von
jemandem errettet wurde. Die Rolle des Retters erfüllt vor allem Gott.
Die Rettung beruht darauf, dass er die Menschen heilt und selig macht
sowie ihnen das Leben gibt.
nasjan *retten
M 8,25
44
jah duatgaggandans siponjos is urraisidedun ina qiþandans: frauja, nasei
unsis, fraqistnam.
Und die Jünger traten zu ihm und weckten ihn auf und sprachen: HERR,
hilf uns, wir verderben!
nasei – Imperativform, 2. Person, Singular vom Verb nasjan *retten
L 9, 24
saei allis wili saiwala seina nasjan, fraqisteiþ izai; aþþan saei fraqisteiþ
saiwalai seinai in meina, ganasjiþ þo.
Denn wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren; wer aber sein
Leben verliert um meinetwillen, der wird's erhalten.
nasjan – Infinitivform vom Verb nasjan *retten;
ganasjiþ – Präsensform, 3. Person, Singular vom Verb ganasjan *retten.
L 19,10
qam auk sunus mans sokjan jah nasjan þans fralusanans.
Denn des Menschen Sohn ist gekommen, zu suchen und selig zu
machen, das verloren ist.
nasjan – Infinitivform vom Verb nasjan *retten
M 27,49
iþ þai anþarai qeþun: let, ei saihvam, qimaiu Helias nasjan ina.
45
Die andern aber sprachen: Halt, laß sehen, ob Elia komme und ihm helfe.
nasjan – Infinitivform vom Verb nasjan *retten
Mc 3,4
jah qaþ du im: skuldu ist in sabbatim þiuþ taujan aiþþau unþiuþ taujan,
saiwala nasjan aiþþau usqistjan? iþ eis þahaidedun.
Und er sprach zu ihnen: Soll man am Sabbat Gutes tun oder Böses tun,
das Leben erhalten oder töten? Sie aber schwiegen still.
nasjan – Infinitivform vom Verb nasjan *retten
ga-nasjan * retten
L 6,19
jah alla managei sokidedun attekan imma, unte mahts af imma usiddja
jah ganasida allans.
Und alles Volk begehrte ihn anzurühren; denn es ging Kraft von ihm und
er heilte sie alle.
ganasida – Präteritumform vom Verb ganasjan *retten
J 12,39-40
duþþe ni mahtedun galaubjan; unte aftra qaþ Esaeias: gablindida ize
augona jah gadaubida ize hairtona, ei ni gaumidedeina augam jah
froþeina hairtin jah gawandidedeina jah ganasidedjau ins.
46
Darum konnten sie nicht glauben, denn Jesaja sagte abermals: "Er hat
ihre Augen verblendet und ihr Herz verstockt, daß sie mit den Augen
nicht sehen noch mit dem Herzen vernehmen und sich bekehren und ich
ihnen hülfe."
galaubjan – Infinitivform vom Verb galaubjan *glauben, anvertrauen;
gablindida – Präteritumform, 3. Person, Singular vom Verb gablindjan
*verblenden;
gadaubida – Präteritumform, 3. Person, Singular vom Verb gadaubjan
*verstocken;
gawandidedeina – Präteritumform, 3. Person des Plurals vom Verb
gawandjan *(hin)wenden;
ganasidedjau – Präteritumform, 1. Person, Singular vom Verb ganasjan
*retten
L 7,3
gahausjands þan bi Iesu insandida du imma sinistans Iudaie, bidjands
ina ei qimi jah ganasidedi þana skalk is.
Da er aber von Jesu hörte, sandte er die Ältesten der Juden zu ihm und
bat ihn, daß er käme und seinen Knecht gesund machte.
gahausjands – Partizip I vom Verb gahausjan *hören, vernehmen;
ganasidedi – Präteritumform, 3. Person, Singular vom Verb ganasjan
*retten
J 12,47
jah jabai hvas meinaim hausjai waurdam jah galaubjai, ik ni stoja ina;
nih þan qam ei stojau manased, ak ei ganasjau manased.
47
Und wer meine Worte hört, und glaubt nicht, den werde ich nicht
richten; denn ich bin nicht gekommen, daß ich die Welt richte, sondern
daß ich die Welt selig mache.
galaubjai – Präsensform, 3. Person, Singular vom Verb galaubjan
*glauben, anvertrauen;
ganasjau – Präsensform, 1. Person, Singular vom Verb ganasjan *retten
L 6,9
qaþ þan Iesus du im: fraihna izwis hva skuld ist sabbato dagam, þiuþ
taujan þau unþiuþ taujan, saiwala ganasjan þau usqistjan?
Da sprach Jesus zu ihnen: Ich frage euch: Was ziemt sich zu tun an den
Sabbaten, Gutes oder Böses? das Leben erhalten oder verderben?
ganasjan – Infinitivform vom Verb ganasjan *retten
Das letzte Beispiel für die Aspektfunktion der ga-Komposita in der
gotischen Sprache sind die Verben sweran und gasweran. Die beiden
Verben bedeuten: „ehren, verherrlichen”. In der Bibel wird Gott und sein
Sohn verherrlicht. Des Weiteren gibt es im vierten Gebot einen Befehl,
nach dem man die Mutter und den Vater ehren soll. Das Simplex sweran
kommt nicht in der Vergangenheitsform vor. Dieses Verb drückt nur die
Gegenwart und eventuell auch die Zukunft aus. Zur Bescheibung der
Vergangenheit und gleichzeitig der Abgeschlossenheit der Handlung
dient das Kompositum gasweran. Diese Abgrenzung der Tempora
erfolgt aus der Anwendung zweier Verben mit derselben Bedeutung in
verschiedenen Kontexten. Gasweran ist ein perfektives Verb und enthält
in sich die Aspektfunktion. In diesem Fall ist es eher unmöglich, dieses
48
Wort
in
der
Vergangenheitsform
zu
benutzen,
ohne
den
Handlungsabschluß auszudrücken. Wenn jemand eine Person geehrt hat,
ist sie jetzt verherrlicht. Der Zustand dieser Person hat sich geändert.
sweran *ehren
J 12, 23
iþ Iesus andhof im qiþands: qam hveila ei sweraidau sunus mans.
Jesus aber antwortete ihnen und sprach: Die Zeit ist gekommen, daß des
Menschen Sohn verklärt werde.
sweraidau – Präsensform, 3. Person, Singular vom Verb sweran *ehren
L 18,20
þos anabusnins kant: ni horinos; ni maurþrjais; ni hlifais; ni
galiugaweitwods sijais; swerai attan þeinana jah aiþein.
Du weißt die Gebote wohl: "Du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht
töten; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis reden; du
sollst deinen Vater und deine Mutter ehren."
swerai – Imperativform, 2. Person, Singular vom Verb sweran *ehren
Mc 7,6
iþ is andhafjands qaþ du im þatei waila praufetida Esaïas bi izwis þans
liutans, swe gameliþ ist: so managei wairilom mik sweraiþ, iþ hairto ize
fairra habaiþ sik mis.
49
Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Wohl fein hat von euch
Heuchlern Jesaja geweissagt, wie geschrieben steht: "Dies Volk ehrt
mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist ferne von mir.
gameliþ – Partizip II vom Verb gameljan *schreiben;
sweraiþ – Präsensform, 3. Person, Singular vom Verb sweran *ehren
Mc 10,19
þos anabusnins kant: ni horinos; ni maurþrjais; ni hlifais; ni sijais
galiugaweitwods; ni anamahtjais; swerai attan þeinana jah aiþein þeina.
Du weißt ja die Gebote wohl: "Du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht
töten; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis reden; du
sollst niemand täuschen; ehre Vater und Mutter."
swerai – Imperativform, 2. Person, Singular vom Verb sweran *ehren
J 12,26
jabai mis hvas andbahtjai, mik laistjai: jah þarei im ik, þaruh sa andbahts
meins wisan habaiþ; jah jabai hvas mis andbahtiþ, sweraiþ ina atta.
Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein
Diener auch sein. Und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren.
sweraiþ – Präsensform, 3. Person, Singular vom Verb sweran *ehren
ga-sweran *verherrlichen
J 13,31
50
qaþ þan Iesus: nu gasweraids warþ sunus mans, jah guþ hauhiþs ist in
imma.
Da er aber hinausgegangen war, spricht Jesus: Nun ist des Menschen
Sohn verklärt, und Gott ist verklärt in ihm.
gasweraids – Partizip II vom Verb gasweran *verherrlichen
J 12,16
þatuþ~þan ni kunþedun siponjos is frumist; ak biþe gasweraiþs was
Iesus, þanuh gamundedun þatei þata was du þamma gameliþ, jah þata
gatawidedun imma.
Solches verstanden seine Jünger zuvor nicht; sondern da Jesus verklärt
ward, da dachten sie daran, daß solches von ihm geschrieben war und sie
solches ihm getan hatten.
gasweraiþs – Partizip II vom Verb gasweran *verherrlichen;
gamundedun – Präteritumform, 3. Person des Plurals vom Verb
gamunan *sich einer Sache erinnern;
gameliþ – Partizip II vom Verb gameljan *schreiben;
gatawidedun – Präteritumform, 3. Person des Plurals vom Verb gataujan
*tun, vollbringen, bewirken.
3.4 Die ga-Komposita, in denen das Präfix „ga-” die Bedeutung des
Verbs modifiziert
Zu dieser Gruppe gehören Verben, die sowohl ein Simplex als auch ein
Kompositum mit dem Präfix „ga-” haben. In diesem Fall gilt „ga-” als
51
semantischer Modifikator. Jedes Simplex hat eine Grundbedeutung, die
durch dieses Präfix in den Komposita geändert wird. In diesem Kapitel
werden folgende Verben in den Kontexten analysiert:
beidan * auf etwas warten
ga-beidan *ausharren, ertragen
rinnan *rennen, laufen
ga-rinnan *zusammenlaufen, zusammenkommen, erlaufen, erringen
fullaweisjan *überreden
ga-fullaweisjan *vollenden oder beglaubigen
filhan *verbergen
ga-filhan *begraben
wenjan *warten, hoffen auf
ga-wenjan *erwarten
Zu jedem Verb werden die Texstellen der Bibel gezeigt, in denen sie
vorkommen. Einige Verben erscheinen nur in einem oder in zwei
Kontexten. Diese Beispiele sind besonders wichtig, weil sie zeigen, dass
man die These der Bedeutungsmodifizierung sogar nur an zwei Sätzen
begründen kann.
Als erstes Beispiel werden die Verben beidan und gabeidan analysiert.
Die Bedeutung des Simplexes beidan ist „auf etwas warten”, mit dem
Präfix „ga-” heißt dieses Verb „austragen, ertragen”. Die beiden Wörter
haben denselben Stamm, aber die Bedeutung des Simplex unterscheidet
sich von der Bedeutung des Kompositums. In diesem Fall ist keine
Aspektfunktion vorhanden. Aus semantischer Sicht ist es leicht zu
begründen. Das Verb beidan in der Vergangenheitsform drückt die
Handlung aus, in der jemand auf jemanden oder auf etwas gewartet hat.
52
Zwar ist es möglich, dass man mit dieser Tätigkeit irgendwann aufhört,
aber im Kontext der Bibel ist es anders.
z.B. Ein Mann hat auf seine Frau zwei Stunden lang vor dem Kino
gewartet und dann ist er nach Hause gegangen.
Wenn dieser Mann nach Hause gegangen war, hat er das Warten
aufgegeben und die Handlung wurde abgeschlossen.
Gleich ist es mit derselben Tätigkeit, aber mit dem anderen Resultat:
z.B. Ein Mann hat auf seine Frau zwei Stunden lang vor dem Kino
gewartet und dann sie ist endlich gekommen.
In diesem Fall ist die Frau dieses Mannes gekommen, er wartet nicht
mehr auf sie, die Handlung ist auch abgeschlossen.
Das obige Beispiel gehört zu den alltäglichen Situationen. Die Bibel ist
ein spezifischer Text, weil er das menschliche Innere betrifft. Der
Kontext ist anders. Man betrachtet das Warten nicht nur als einen
einfachen Prozess mit unterschiedlichem Resultat, der in einem Moment
zu Ende ist. Die Menschen, die in der Bibel beschrieben wurden,
erwarten etwas Wichtiges, z.B. das Kommen von Christus, die
Gerechtigkeit Gottes, usw. Sie wissen nicht, wann das passiert, sie
beeilen sich nicht, sondern sie warten in aller Ruhe. In dieser Sitution ist
die Handlung nicht abgeschlossen, weil sie weiterhin dauert.
beidan * auf etwas warten
L 2,25
þaruh was manna in Iairusalem, þizei namo Swmaion, jah sa manna was
garaihts jah gudafaurhts, beidands laþonais Israelis, jah ahma weihs was
ana imma.
53
Und siehe, ein Mensch war zu Jerusalem, mit Namen Simeon; und
derselbe Mensch war fromm und gottesfürchtig und wartete auf den
Trost Israels, und der heilige Geist war in ihm.
beidands – Partizip I vom Verb beidan * auf etwas warten
Mc 15,42-43
jah juþan at andanahtja waurþanamma, unte was paraskaiwe, saei ist
fruma sabbato, qimands Iosef af Areimaþaias, gaguds ragineis, saei was
<jah> silba beidands þiudangardjos gudis, anananþjands galaiþ inn du
Peilatau jah baþ þis leikis Iesuis.
Am Abend ging Joseph von Arimathia, ein geachtetes Mitglied des
Hohen Rates, zu Pilatus. Joseph wartete auf das Kommen des Reiches
Gottes. Weil am nächsten Tag Sabbat war, entschloss er sich, Pilatus
schon jetzt um den Leichnam Jesu zu bitten.
beidands – Partizip II vom Verb beidan *auf etwas warten;
galaiþ – Vergangenheitsform vom Verb ga-leiþan *kommen, gehen
G 5,5
aþþan weis ahmin us galaubeinai wenais garaihteins beidam;
Wir aber warten im Geist durch den Glauben der Gerechtigkeit, auf die
man hoffen muß.
beidam – Präsensform, 1.Person des Dualis vom Verb beidan *auf etwas
warten
54
M 11,2-3
iþ Iohannes gahausjands in karkarai waurstwa Xristaus, insandjands bi
siponjam seinaim qaþ du imma: þû is sa qimanda þau anþarizuh
beidaima?
Da aber Johannes im Gefängnis die Werke Christi hörte, sandte er seiner
Jünger zwei und ließ ihm sagen: Bist du, der da kommen soll, oder
sollen wir eines anderen warten?
gahausjands - Partizipform vom Verb gahausjan *hören, vernehmen
beidaima – Optativum, 1. Person des Dualis vom Verb beidan *auf
etwas warten
L 1,21
jah was managei beidandans Zakariins, jah sildaleikidedun hva latidedi
ina in þizai alh.
Und das Volk wartete auf Zacharias und verwunderte sich, daß er so
lange im Tempel verzog.
beidandans – Partizip II vom Verb beidan *auf etwas warten
ga-beidan *ausharren, ertragen
K 13,4-7
friaþwa usbeisneiga ist, sels ist: friaþwa ni aljanoþ; friaþwa ni flauteiþ, ni
ufblesada, ni aiwiskoþ, ni sokeiþ sein ain, ni ingramjada, nih mitoþ ubil,
nih faginoþ inwindiþai, miþfaginoþ sunjai; allata þulaiþ, allata
galaubeiþ, all weneiþ, all gabeidiþ.
55
Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe
treibt nicht Mutwillen, sie blähet sich nicht, sie stellet sich nicht
ungebärdig, sie suchet nicht das Ihre, sie läßt sich nicht erbittern, sie
rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht der Ungerechtigkeit, sie
freut sich aber der Wahrheit; sie verträgt alles, sie glaubet alles, sie
hoffet alles, sie duldet [eigentlich: erträgt] alles.
galaubeiþ – Präsensform vom Verb galaubjan *glauben, anvertrauen;
gabeidiþ – Präsensform, 3. Person, Singular vom Verb gabeidan
*ausharren, ertragen
Das zweite Beispiel ist das Verbpaar rinnan und garinnan. Rinnan
bedeutet „rennen” oder „laufen” und das Kompositum garinnan bedeutet
„zusammenlaufen”, „zusammenkommen”, „erlaufen”, „erringen”. Die
Semantik des
Simplexes ist mit der Semantik des gegenwärtigen
deutschen Verbes rennen vergleichbar. Das Kompositum garinnan
enthält die ursprüngliche Bedeutung des Präfixes „ga-”, nämlich
zusammen. In fast allen Belegen ist es sichtbar, dass die Menschen
zusammengekommen sind. Sie haben sich versammelt und jetzt bilden
sie eine gemeinsame Gruppe.
rinnan *rennen, laufen
Mc 5,6-7
gasaihvands þan Iesu fairraþro rann jah inwait ina jah hropjands stibnai
mikilai qaþ: hva mis jah þus, Iesu, sunau gudis þis hauhistins? biswara
þuk bi guda, ni balwjais mis!
56
Da er aber Jesum sah von ferne, lief er zu und fiel vor ihm nieder, schrie
laut und sprach: Was habe ich mit dir zu tun, o Jesu, du Sohn Gottes, des
Allerhöchsten? Ich beschwöre dich bei Gott, daß du mich nicht quälest!
rann – Präteritumform, 1. Person, Singular vom Verb rinnan *rennen,
laufen;
gasaihvands – Partizip II vom Verb gasaihvan *erblicken
R 9,16
þannu nu ni wiljandins ni rinnandins, ak armandins gudis.
So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an
Gottes Erbarmen.
rinnandins – Partizip I vom Verb rinnan *rennen, laufen
K 9,24
niu wituþ þatei þai in spaurd rinnandans allai rinnand, iþ ains nimiþ
sigislaun? swa rinnaiþ, ei garinnaiþ.
Wisset ihr nicht, daß die, so in den Schranken laufen, die laufen alle,
aber einer erlangt das Kleinod? Laufet nun also, daß ihr es ergreifet!
rinnandans – Partizip I vom Verb rinnan *rennen, laufen;
rinnand – Präsensform, 3. Person des Plurals vom Verb rinnan *rennen,
laufen;
rinnaiþ – Präsensform, 2. Person des Plurals Optativ vom Verb rinnan
*rennen, laufen;
57
garinnaiþ – Präsensform, 2. Person des Plurals Optativ vom Verb
garinnan *zusammenlaufen, zusammenkommen, erlaufen, erringen
Mc 9,25
gasaihvands þan Iesus þatei samaþ rann managei, gahvotida ahmin
þamma unhrainjin, qiþands du imma: þu ahma, þu unrodjands jah bauþs,
ik þus anabiuda: usgagg us þamma jah þanaseiþs ni galeiþais in ina.
Da nun Jesus sah, daß das Volk zulief, bedrohte er den unsauberen Geist
und sprach zu ihm: Du sprachloser und tauber Geist, ich gebiete dir, daß
du von ihm ausfahrest und fahrest hinfort nicht in ihn!
gasaihvands – Partizip I vom Verb gasaihvan *erblicken;
rann – Präteritumform, 3. Person, Singular vom Verb rinnan *rennen,
laufen;
gahvotida – Präteritumform, 3. Person, Singular vom Verb gahvotjan
*einen bedrohen;
galeiþais – Präsensform, 2. Person, Singular vom Verb galeiþan
*kommen, gehen
L 8,33
usgaggandans þan suns þai unhulþans af þamma mann galiþun in þo
sweina, jah rann sa wriþus and driuson in þana marisaiw jah
afhvapnodedun.
Da fuhren die Teufel aus von dem Menschen und fuhren in die Säue; und
die Herde stürzte sich von dem Abhange in den See und ersoff.
58
galiþun – Präteritumform, 3. Person des Plurals vom Verb galeiþan
*kommen, gehen
J 7,38
saei galaubeiþ du mis, swaswe qaþ gameleins, ahvos us wambai is
rinnand watins libandins.
Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von des Leibe werden Ströme
des lebendigen Wassers fließen.
galaubeiþ – Präsensform, 3. Person, Singular Optativ vom Verb
galaubjan *glauben, anvertrauen;
rinnand – Präsensform, 3. Person des Plurals vom Verb rinnan *rennen,
laufen
garinnan *zusammenlaufen, zusammenkommen, erlaufen, erringen
L 5,15
usmernoda þan þata waurd mais bi ina, jah garunnun hiuhmans managai
hausjon jah leikinon fram imma sauhte seinaizo.
Es kam aber die Sage von ihm immer weiter aus, und kam viel Volks
zusammen, daß sie ihn hörten und durch ihn gesund würden von ihren
Krankheiten.
garunnun – Präteritumform, 3. Person des Plurals vom Verb garinnan
*zusammenlaufen, zusammenkommen, erlaufen, erringen
K 14,26
59
hva nu ist, broþrjus? þan samaþ garinnaiþ, hvarjizuh izwara psalmon
habaiþ, laisein habaiþ, andhulein habaiþ, razda habaiþ, skerein habaiþ,
allata du timreinai wairþai.
Wie ist es denn nun, liebe Brüder? Wenn ihr zusammenkommt, so hat
ein jeglicher Psalmen, er hat eine Lehre, er hat Zungen, er hat
Offenbarung, er hat Auslegung. Laßt alles geschehen zur Besserung!
garinnaiþ – Präsensform, 2. Person des Plurals Optativ vom Verb
garinnan *zusammenlaufen, zusammenkommen, erlaufen, erringen
Mc 14,53
jah gatauhun Iesu du auhumistin gudjin; jah garunnun miþ imma
auhumistans gudjans allai jah þai sinistans jah bokarjos.
Und sie führten Jesus zu dem Hohenpriester, dahin zusammengekommen
waren alle Hohenpriester und Ältesten und Schriftgelehrten.
gatauhun – Präteritumform, 3. Person des Plurals vom Verb gatiuhan
*wegziehen, wegführen;
garunnun – Präteritumform, 3. Person des Plurals vom Verb garinnan *
zusammenlaufen, zusammenkommen, erlaufen, erringen
J 12,10-11
munaidedunuþ~þan auk þai auhumistans gudjans, ei jah Lazarau
usqemeina, unte managai in þis garunnun Iudaiei jah galaubidedun
Iesua.
60
Aber die Hohenpriester trachteten darnach, daß sie auch Lazarus töteten;
denn um seinetwillen gingen viele Juden hin und glaubten an Jesus.
garunnun – Präteritumform, 3. Person des Plurals vom Verb garinnan *
zusammenlaufen, zusammenkommen, erlaufen, erringen;
galaubidedun – Präteritumform, 3. Person des Plurals vom Verb
galaubjan *glauben, anvertrauen
Mc 1,33
jah so baurgs alla garunnana was at daura.
Und die ganze Stadt versammelte sich vor der Tür.
garunnana – Partizip II vom Verb garinnan * zusammenlaufen,
zusammenkommen, erlaufen, erringen
E 4, 11-14
jah
silba
gaf
sumansuþ~þan
sumans
apaustauluns, sumanzuþ~þan
aiwaggelistans,
sumansuþ~þan
praufetuns,
hairdjans
jah
laisarjans, du ustauhtai weihaize du waurstwa andbahtjis, du timreinai
leikis Xristaus, unte garinnaima allai in ainamundiþa galaubeinais jah
ufkunþjis sunus gudis, du waira fullamma, in mitaþ wahstaus fullons
Xristaus, ei þanaseiþs ni sijaima niuklahai uswagidai jah uswalugidai
winda hvammeh laiseinais, liutein manne, in filudeisein du listeigon
uswandjai airzeins,
Und er hat etliche zu Aposteln gesetzt, etliche aber zu Propheten, etliche
zu Evangelisten, etliche zu Hirten und Lehrern, daß die Heiligen
zugerichtet werden zum Werk des Dienstes, dadurch der Leib Christi
61
erbaut werde, bis daß wir alle hinkommen zu einerlei Glauben und
Erkenntnis des Sohnes Gottes und ein vollkommener Mann werden, der
da sei im Maße des vollkommenen Alters Christi, auf daß wir nicht mehr
Kinder seien und uns bewegen und wiegen lassen von allerlei Wind der
Lehre durch Schalkheit der Menschen und Täuscherei, womit sie uns
erschleichen, uns zu verführen.
garinnaima – Präsensform, 1. Person des Plurals Optativ vom Verb
garinnan * zusammenlaufen, zusammenkommen, erlaufen, erringen
K 9,24
niu wituþ þatei þai in spaurd rinnandans allai rinnand, iþ ains nimiþ
sigislaun? swa rinnaiþ, ei garinnaiþ.
Wisset ihr nicht, daß die, so in den Schranken laufen, die laufen alle,
aber einer erlangt das Kleinod? Laufet nun also, daß ihr es ergreifet!
rinnandans – Partizip I vom Verb rinnan *rennen, laufen;
rinnand – Präsensform, 3. Person des Plurals vom Verb rinnan *rennen,
laufen;
rinnaiþ – Präsensform, 2. Person des Plurals vom Verb rinnan *rennen,
laufen;
garinnaiþ – Präsensform, 2. Person des Plurals vom Verb garinnan
*zusammenlaufen, zusammenkommen, erlaufen, erringen
Zu dem weiteren Verbpaar fullaweisjan und gafullaweisjan gibt es in der
gotischen Bibel jeweils einen Beleg. An diesen zwei Beispielen ist es
nachvollziehbar, dass das Präfix ga- die Bedeutung des Simplexes völlig
62
verändert. Im ersten Kontext ist die Bedeutung von fullaweisjan
überreden und das Kompositum gafullaweisjan heißt beglaubigen.
fullaweisjan *überreden
K 5,11
witandans nu agis fraujins mannans fullaweisjam, iþ guda swikunþai
sijum. aþþan wenja jah in miþwisseim izwaraim swikunþans wisan uns,
Dieweil wir denn wissen, daß der HERR zu fürchten ist, fahren wir
schön mit den Leuten; aber Gott sind wir offenbar. Ich hoffe aber, daß
wir auch in eurem Gewissen offenbar sind.
fullaweisjam – Präsensform, 1. Person des Dualis vom Verb fullaweisjan
*überreden
ga-fullaweisjan *vollenden oder beglaubigen
L 1,1-4
Unte raihtis managai dugunnun meljan insaht bi þos gafullaweisidons in
uns waihtins, swaswe anafulhun unsis þaiei fram frumistin silbasiunjos
jah andbahtos wesun þis waurdis; galeikaida jah mis [jah ahmin
weihamma] fram anastodeinai allaim glaggwuba afarlaistjandin gahahjo
þus meljan, batista Þaiaufeilu, ei gakunnais þize bi þoei galaisiþs is
waurde [a]staþ.
Sintemal sich's viele unterwunden haben, Bericht zu geben von den
Geschichten, so unter uns ergangen sind, wie uns das gegeben haben, die
es von Anfang selbst gesehen und Diener des Worts gewesen sind: habe
ich's auch für gut angesehen, nachdem ich's alles von Anbeginn mit Fleiß
erkundet habe, daß ich's dir, mein guter Theophilus, in Ordnung
63
schriebe, auf das du gewissen Grund erfahrest der Lehre, in welcher du
unterrichtet bist.
gafullaweisidons – Partizip II vom Verb ga-fullaweisjan *vollenden oder
beglaubigen;
galeikaida – Partizip II vom Verb galeikan *gefallen;
gakunnais – Präsensform, 2. Person, Singular vom Verb gakunnan
*kennen lernen, erfahren, erkennen;
galaisiþs – Partizip II vom Verb galaisjan *lehren
Das nächste Beispiel sind Verben filhan und gafilhan. Das Simplex
filhan hat eine Bedeutung, nämlich: verbergen. In der Bibel gibt es nur
eine Stelle, wo man dieses Verb im Kontext finden kann. Das
Kompositum gafilhan kommt in mehreren Sätzen vor und ist
gewissermaßen eine Ausnahme in der Analyse der vorliegenden Arbeit.
Hier werden einige Kontexte gezeigt, in denen ga- die Bedeutung
modifiziert, aber es gibt auch ein paar Sätze, in denen dieses Präfix die
Aspektfunktion erfüllt. Drei Beispiele am Anfang weisen darauf hin,
dass gafilhan die Bedeutung: begraben hat. Die weiteren Kontexte
zeigen, dass dieses Kompositum die gleiche Semantik wie das Simplex
aufweist, aber gleichzeitig die Abgeschlossenheit der Handlung
ausdrückt. Sie kommen nur in der Vergangenheitsform vor.
filhan *verbergen
T 5,25
samaleiko þan jah waurstwa goda swikunþa sind, jah þoei aljaleikos sik
habandona filhan ni mahta sind.
64
Desgleichen auch etlicher gute Werke sind zuvor offenbar, und die
andern bleiben auch nicht verborgen.
filhan – Infinitivform vom Verb filhan *verbergen
ga-filhan *begraben
M 8,22
iþ Iesus qaþ du imma: laistei afar mis jah let þans dauþans gafilhan
seinans dauþans.
Aber Jesus sprach zu ihm: Folge du mir und laß die Toten ihre Toten
begraben!
gafilhan – Infinitivform vom Verb gafilhan *begraben
M 8,21
anþaruh þan siponje is qaþ du imma: frauja, uslaubei mis frumist
galeiþan jah gafilhan attan meinana.
Und ein anderer unter seinen Jüngern sprach zu ihm: HERR, erlaube mir,
daß hingehe und zuvor meinen Vater begrabe.
galeiþan – Infinitivform vom Verb galeiþan *kommen, gehen;
gafilhan – Infinitivform vom Verb gafilhan *begraben
L 16,22
warþ þan gaswiltan þamma unledin jah briggan fram aggilum in barma
Abrahamis; gaswalt þan jah sa gabeiga jah gafulhans warþ.
65
Es begab sich aber, daß der Arme starb und ward getragen von den
Engeln in Abrahams Schoß. Der Reiche aber starb auch und ward
begraben.
gaswiltan – Infinitivform vom Verb gaswiltan *sterben;
gaswalt – Präteritumform, 3. Person, Singular vom Verb gaswiltan
*sterben;
gafulhans – Partizip II vom Verb gafilhan *begraben
J 8,59
þanuh nemun stainans, ei waurpeina ana ina; iþ Iesus þan gafalh sik jah
usiddja us alh usleiþands þairh midjans ins, jah hvarboda swa.
Da hoben sie Steine auf, daß sie auf ihn würfen. Aber Jesus verbarg sich
und ging zum Tempel hinaus.
gafalh – Präteritumform, 3. Person, Singular vom Verb gafilhan
*begraben
J 12,36
þande liuhaþ habaiþ, galaubeiþ du liuhada, ei sunjus liuhadis wairþaiþ.
þata rodida Iesus, jah galaiþ jah gafalh sik faura im.
Glaubet an das Licht, dieweil ihr es habt, auf daß ihr des Lichtes Kinder
seid.
galaubeiþ – Imperativform, 2. Person des Plurals vom Verb
galaubjan *glauben, anvertrauen;
66
galaiþ – Präteritumform, 3. Person, Singular vom Verb galeiþan
*kommen, gehen;
gafalh – Präteritumform, 3. Person, Singular vom Verb gafilhan
*begraben
Als letztes Beispiel werden die Verben wenjan und gawenjan analysiert.
Auf den ersten Blick sind sie semantisch ähnlich, jedoch sind ihre
Bedeutungen ein bisschen anders. Wenjan bedeutet: warten, hoffen. Die
unten dargestellten Beispielen zeigen, dass dieses Verb auf die
Gegenwart und Zukunft hinweist – ich warte auf etwas, also ich hoffe,
dass etwas passiert und umgekehrt – ich hoffe auf etwas und ich warte
darauf. In diesen beiden Fällen ist es nicht sicher, ob das, worauf man
hofft und wartet, wirklich passiert. Die deutsche Entsprechung des
Kompositums gawenjan heißt: „erwarten”. Der Unterschied zwischen
den Verben beruht darauf, dass gawenjan die eigene Meinung und
Vermutung ausdrückt, z.B. Ich erwarte von dir, dass du nett bist. Dieser
Satz bedeutet: nach mir, aufgrund meines Wissens, schätze ich dich als
eine nette Person ein. Hier geht es nicht darum, dass jemand hofft oder
wartet darauf, dass dieser Mensch nett ist. Mit dieser Aussage wird die
persönliche Meinung einer Person über eine andere Person gezeigt.
wenjan *warten, hoffen auf
L 3,15-16
at wenjandein þan allai managein jah þagkjandam allaim in hairtam
seinaim bi Iohannein, niu aufto sa wesi Xristus, andhof þan Iohannes
allaim qiþands: ik allis izwis watin daupja, iþ gaggiþ swinþoza mis, þizei
ik ni im wairþs andbindan skaudaraip skohis is; sah izwis daupeiþ in
ahmin weihamma jah funin.
67
Als aber das Volk im Wahn war und dachten in ihren Herzen von
Johannes, ob er vielleicht Christus wäre, antwortete Johannes und sprach
zu allen: Ich taufe euch mit Wasser; es kommt aber ein Stärkerer nach
mir, dem ich nicht genugsam bin, daß ich die Riemen seiner Schuhe
auflöse; der wird euch mit dem heiligen Geist und mit Feuer taufen.
wenjandein – Partizip I vom Verb wenjan *warten, hoffen auf
L 7,18-19
jah gataihun Iohannen siponjos is bi alla þo. jah athaitands twans siponje
seinaize Iohannes insandida ins du Iesua qiþands: þû is sa qimanda þau
anþaranu wenjaima?
Und es verkündigten Johannes seine Jünger das alles. Und er rief zu sich
seiner Jünger zwei 19 und sandte sie zu Jesu und ließ ihm sagen: Bist du,
der da kommen soll, oder sollen wir eines andern warten?
gataihun – Präteritumform, 3. Person des Plurals vom Verb gateihan
*anzeigen, verkündigen
K 16,7
ni wiljau auk izwis nu þairhleiþands saihvan; unte wenja[n] mik hvo
hveilo saljan at izwis, jabai frauja fraletiþ.
Ich will euch jetzt nicht sehen im Vorüberziehen; denn ich hoffe, ich
werde etliche Zeit bei euch bleiben, so es der HERR zuläßt.
wenja[n] – Präsensform, 1. Person, Singular vom Verb wenjan *warten,
hoffen auf
68
J 5,45
þatei ik wrohidedjau izwis du attin; ist saei wrohida izwis, Moses, du
þammei jus weneiþ.
Ihr sollt nicht meinen, daß ich euch vor dem Vater verklagen werde; es
ist einer, der euch verklagt, der Mose, auf welchen ihr hofft.
weneiþ – Präsensform, 2. Person des Plurals vom Verb wenjan *warten,
hoffen auf
K 15,19
jabai in þizai libainai [ainai] in Xristau wenjandans sijum þatainei,
armostai sium allaize manne.
Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christum, so sind wir die
elendesten unter allen Menschen.
wenjandans – Partizip I vom Verb wenjan *warten, hoffen auf
ga-wenjan *erwarten
L 7,43
andhafjands þan Seimon qaþ: þana gawenja þammei managizo fragaf.
þaruh is qaþ du imma: raihtaba stauides.
Simon antwortete und sprach: Ich achte, dem er am meisten geschenkt
hat. Er aber sprach zu ihm: Du hast recht gerichtet.
69
gawenja – Präsensform, 1. Person, Singular vom Verb gawenjan
*erwarten
4 Schlusswort
In der Arbeit wurden alle gotischen ga-Komposita mit ihren Simlizien
und deutschen Entsprechungen dem Wörterbuch von Streitberg
entnommen und aufgelistet. Dann wurden diese Verben analysiert und in
6 Gruppen eingeteilt. Die erste Aufteilung betraf die Abgrenzung der
Komposita, die ein Simplex und die kein Simplex besitzen. Später
wurden sie wieder in 2 Gruppen eingeteilt, abgesehen davon, von
welcher Wortart sie stammen. Während der Untersuchung wurde
festgestellt, dass die genaue Angabe des Ursprungs aller Verben eine
schwierige Aufgabe ist. Aus diesem Grund wurden die Komposita, die
ein Simplex haben der Gruppe der Verben zugewiesen, die von den
Verben stammen; die anderen Komposita gehören zu der zweiten
Gruppe, die von anderen Wortarten stammen. Die wichtigste Aufgabe, in
der eigentlich das Ziel der vorliegenden Arbeit bestand, beruhte auf der
Untersuchung der Funktion des Präfixes „ga-” bei den gotischen Verben.
Um diese Funktionen festzustellen, mussten die Komposita in
Kontexten analysiert werden. Nach der Analyse dieser Verben lässt sich
feststellen, dass dieses Präfix in Verbindung mit den Simplexverben
zwei Funktionen erfüllen kann. Entweder drückt es den Aspekt aus oder
es modifiziert die Bedeutung des Simplexes. Die gotischen Verben
werden oft präfigiert, am häufigsten tritt der Fall auf, dass ein Simplex
mehrere Präfixe hat, z.B.
bairan * tragen; leiden
at-bairan * bringen
inn-atbairan * hineinbringen
70
fra-bairan * vetragen
ga-bairan * etwas zusammentragen, vergleichen; gebären
Þairh-bairan * hindurchtragen
us-bairan * hinaustragen, hervorbringen
ūt-bairan * hinaustragen
Das weist darauf hin, dass die meisten Komposita von anderen Verben
gebildet wurden. In dieser Arbeit wurde die These aufgestellt, dass die
Zusammensetzungen, die ein Simplex haben, von einem Verb stammen.
Die Situation, in der ein Simplex nur mit einem Präfix „ga-” auftritt oder
in der es kein Simplex, sondern ein Kompositum mit „ga-” auftritt,
kommt sehr selten vor.
In der vorliegenden Arbeit wurden 19 von 241 Verben mit dem Präfix
„ga-” analysiert. Die Liste aller Verben befindet sich im Anhang. Bei
den meisten Verben erfüllt das Präfix „ga-” die Aspektfunktion.
Die gotischen ga-Komposita sind ein interessantes Forschungsobjekt, da
sie eine wichtige Rolle einer Vorsilbe in einem Verb begründen können.
Leider konnten nicht alle Verben in aller Kontexten analysiert werden.
Manchmal mussten viele Textstellen gefunden werden, um die Funktion
des Präfixes „ga-” zu begründen, in anderen Beispielen, wie fullaweisjan
und gafullaweisjan reichten nur zwei Kontexte, um den Unterschied in
der Bedeutung beider Verben darzustellen.
5 Anhang: Die Liste aller gotischen ga-Komposita
71
ga-aggwjan *bedrängen
ga-aiginon * in Besitz nehmen, übervorteilen
ga-ainan * vereinzelnen, trennen
ga-aistan * sich scheuen vor
ga-aiwiskon * beschämen, beschimpfen
ga-arman * sich eines erbarmen
ga-aukan * sich vermehren, zunehmen
ga-baidjan * einen zwingen
ga-bairan * etwas zusammentragen, vergleichen; gebären
ga-bairgan * einen bergen, bewahren
ga-bairhtjan * offenbaren
ga-bandwjan *durch Winke andeuten
ga-batnan *Vorteil erlangen
ga-bauan *Wohnung aufschlagen
ga-beidan *ausharren, ertragen
ga-beistjan *durchsäuern
ga-bidjan *beten, bitten
ga-bindan *binden
ga-biugan *beugen, sich beugen
ga-blauþjan *abschaffen
ga-bleiþjan *sich erbarmen
ga-blindjan *verblenden
ga-botjan *verbessern, herstellen
ga-brannjan *verbrennen
ga-brikan *zerbrechen
ga-daban *s.ereignen, eintreffen
ga-dailjan *zuteilen, zerteilen
ga-daubjan *verstocken
72
ga-daursan *sich erkühnen, wagen
ga-dauþjan *Tod bringen, töten
ga-dauþnan *sterben
ga-digan *kneten, aus Ton bilden
ga-diupjan *vertiefen
ga-domjan *urteilen, entscheiden
ga-draban *aushauen
ga-dragan *zusammentragen
ga-dragkjan *tränken mit
ga-drausjan *hinabstürzen
ga-drigkan *trinken
ga-driusan *hinfallen
ga-drobnan *in Bestürzung geraten
ga-fāhan *ergreifen, erfassen, ertappen
ga-fahrjan *zubereiten
ga-faihon *übervorteilen
ga-fastan *behalten, bewahren
ga-filhan * begraben
ga-fraihnan * erfragen
ga-fraujinon *unterjochen
ga-frisahtjan *abbilden
ga-frisahtnan *ein Abbild werden
ga-friþon *versöhnen mit
ga-fulljan *mit etw. erfüllen
ga-fullnan *erfüllt werden von
ga-gaggan *zusammenkommen
ga-geigan *gewinnen
ga-haban *ergreifen; behalten, festhalten; sich enthalten
ga-haftjan *sich heften, hängen an
73
ga-gáhaftjan *zusammenheften, verbinden
ga-haftnan *anhangen
ga-hailjan *herstellen
ga-hailnan *hergestellt werden
ga-haitan *zusammenrufen
ga-hamon *sich bekleiden mit
ga-hardjan *verhärten
ga-haunjan *erniedrigen
ga-hausjan *hören, vernehmen
ga-hilpan *helfen
ga-hnaiwjan *erniedrigen
ga-hnipnan *sich betrüben
ga-horinon *Ehebruch begehen
ga-hrainjan *reinigen
ga-huljan *verhüllen
ga-ƕeilan *zur Ruhe kommen, aufhören; verweilt
ga-ƕeitjan *weißen
ga-ƕotjan *einen bedrohen
ga-ïbnjan *gleich machen
ga-ïdreigon *bereuen, Buße tun
ga-jiukan *besiegen
ga-kannjan *verkünden
ga-karon *besorgen
ga-kausjan *erproben
ga-kiusan *erproben
ga-kroton *zerbrechen, zerschellen
ga-kunnan *sich unterordnen, gehorchen
ga-lagjan *hinlegen
ga-laisjan *lehren
74
ga-laistjan *Gastfreundchaft pflegend
ga-latjan *verhindern
ga-laþon *zusammenberufen, einladen, berufen
ga-laubjan *glauben
ga-laugnjan *verborgen bleiben; sich verbergen
ga-lausjan *erlösen, befreien
ga-leikan *gefallen
ga-gáleikon *sich verwandeln, eine Gestalt annehmen
ga-leiþan *kommen, gehen
ga-leikinon *herstellen
ga-lewjan *hingeben, überlassen, überliefern
ga-lisan *zusammenlesen, versammeln
ga-liugan *ein Weib nehmen
ga-liuhtjan *etw.erleuchten, ans Licht bringen
ga-lūkan *etw. verschließen
ga-luknan *sich verschließen
ga-magan *gelten, bedeuten
ga-gámainjan *verunreinigen
ga-maitan *zerschneiden, verschneiden
ga-manwjan *einem etw. zubereiten zu
ga-markon *grenzen
ga-marzjan *Ärgernis erregen, Ärgernis nehmen an
ga-matjan *essen
ga-maudjan *einen erinnern an
ga-maurgjan *verkürzen
ga-meljan *schreiben
ga-mikiljan *preisen
ga-mitan *zumessen
ga-motan *Raum finden
75
ga-motjan *einem begegnen
ga-munan *sich einer Sache erinnern
ga-nagljan *festnageln an
ga-naitjan *beschimpfen
ga-namnjan *benennen
ga-nanþjan *aufhören
ga-nasjan *erretten, herstellen
ga-natjan *benetzen
ga-nawistron *begraben
ga-niman *mitnehmen, erhalten, empfangen
ga-nisan *genesen, errettet werden
ga-niutan *ergreifen, erwischen
ga-nohjan *genügsam sein, sich genügen lassen
ga-nohnan *zur Genüge versehen sein mit
ga-paidon *(mit einem Leibrock)bekleiden
ga-qiman *zusammenkommen, hinkommen
ga-qiþan *sich verabreden, übereinkommen, beschließen
ga-qiujan *beleben
ga-qiunan *aufleben
ga-raginon *einen Rat geben
ga-rahnjan *abschätzen
ga-raidjan *befehlen, verordnen, bestimmen
ga-raþjan *zählen
ga-redan *Vorsorge treffen für
ga-rinnan *zusammenlaufen, zusammenkommen, erlaufen, erringen
ga-saiƕan *erblicken
ga-sakan *schelten, den Mund stopfen, zum Schweigen bringen,
überführen, widerlegen
ga-salbon *(be)salben
76
ga-saljan *zum Opfer bringen
ga-sandjan *entsenden, geleiten
ga-satjan *hinsetzen, hinstellen, hinlegen
ga-sibjon *sich mit einem versöhnen
ga-sigljan *besiegeln, bestätigen
ga-siggqan *versinken, untergehen
ga-sitan *sich niedersetzen, Platz nehmen
ga-skaidan *sich zurückziehen
ga-skaidnan *geschieden werden
ga-skaman *beschämt werden
ga-skapjan *erschaffen
ga-skaþjan *einem Schaden zufügen in
ga-skeirjan *erklären, übersetzen
ga-slawan *verstummen
ga-sleiþjan *beschädigen
ga-slepan *entschlummern, entschlafen
ga-smeitan *aufstreichen auf, bestreichen
ga-smiþon *(durch Schmieden) bewirken
ga-sniumjan *hineilen, kommen
ga-sniwan *ereilen, gelangen zu
ga-sokjan *aufsuchen
ga-soþjan *ersättigen
ga-speiwan *ausspeien
ga-spillon *verkünden
ga-stagqjan *etwas anstoßen an
ga-staldan *erwerben, bekommen
ga-standan *stehen bleiben, halt machen, bestehen, verbleiben, beharren
ga-staurknan *vertrocknen
ga-steigan *hineinsteigen
77
ga-stiggqan *anstoßen
ga-stojan *ein Urteil abgeben über , beurteilen, verurteilen, urteilen
ga-stoþan *aufrecht erhalten
ga-straujan *bestreuen
ga-suljan *das Fundament legen, begründen
ga-sunjon *rechtfertigen
ga-supon *würzen
ga-sweran *verherrlichen
ga-swikunþjan *etw. bekannt geben
ga-swiltan *sterben
ga-swinþjan *stärken
ga-swinþnan *erstarken
ga-swogjan *erseufzen
ga-taiknjan *ein Zeichen geben, belehren
ga-tairan *zerreißen, zerstören, aufheben
ga-talzjan *belehren, erziehen
ga-tamjan *bezähmen, bezwingen
ga-tandjan *mit einem Brandmal versehen
ga-tarhjan *kennzeichnen
ga-tarnjan *berauben
ga-taujan *tun, vollbringen, bewirken
ga-taurnan *vergehen, aufhören
ga-teihan *anzeigen, verkündigen
ga-tewjan *durch Wahl bestimmt, verordnet
ga-tilon *erlangen
ga-gátilon *zusammenfügen
ga-timan *geziemen für
ga-timrjan *erbauen
ga-tiuhan *wegziehen, wegführen
78
ga-trauan *vertrauen
ga-trudan *zertreten
ga-tulgjan *befestigen, bestärken
ga-þahan *verstummen
ga-þairsan *verdorren
ga-þarban *sich enthalten
ga-þaursnan *verdorren, vertrocknen
ga-þeihan *vorwärtskommen
ga-þiuþjan *einem den Segen geben
ga-þiwan * unterjochen, in Dienstbarkeit bringen
ga-þlahsnan *erschrecken
ga-pláihan *ermahnen, einem zusprechen, ihn trösten
ga-þliuhan *die Flucht ergreifen, entfliehen
ga-þrafstjan *ermuntern, empfangen
ga-þreihan *bedrängen
ga-þulan *erdulden
ga-þwastjan *befestigen
ga-wadjon *zusammenfügen, verloben
ga-wagjan *einen in Bewegung setzen
ga-wairpan *hinwerfen
ga-gáwairþjan *versöhnen mit
ga-gáwairþnan *sich versöhnen mit
ga-waknan *erwachen
ga-waldan *sich der Herrschaft bemächtigen, einen vergewaltigen
ga-waljan *erwählen
ga-wandjan *(hin)wenden
ga-wargjan *einen verurteilen zu
ga-wasjan *bekleiden mit, sich bekleiden
ga-waurkjan *bewirken, erwirken, bereiten
79
ga-weihan *weihen, heiligen
ga-fullaweisjan *vollenden, beglaubigen
ga-weison *heimsuchen, besuchen, besorgen
ga-wenjan *erwarten, annehmen
ga-widan *zusammenbinden, verbinden
ga-wigan *bewegen
ga-winnan *erleiden
ga-wisan *verweilen, verbleiben
ga-wrikan *bestrafen, Rache nehmen an
ga-wrisqan *Frucht bringen
ga-wundon *verwunden
80
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7 Internetquellen
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http://www.wulfila.be/gothic/browse/text
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