Übungen II: Roche-Grenze Eine Gezeitenkraft wird durch die Gravitationswirkung eines schweren (Himmels)körpers verursacht, und wirkt auf ein ausgedehntes Objekt in diesem Gravitationsfeld. Allerdings ist die Gezeitenwirkung deutlich geringer als die Gravitationswirkung: Die Gravitation bewirkt allgemein eine anziehende Kraft, die das Objekt beschleunigt. Die Gezeitenwirkung dagegen entsteht, wenn an verschiedenen Stellen des Objektes eine unterschiedlich starke Gravitationskraft wirkt. Sie ist also ein der direkten Gravitationswirkung nachgeordneter Effekt. Ein starres Objekt im Gravitationsfeld bewegt sich (zumindest im Rahmen der klassischen Mechanik) als ob all seine Masse im Schwerpunkt vereint sei. Da die Gravitation mit der Entfernung abnimmt, ist die Anziehungskraft auf der Seite des Objekts, die der Gravitationsquelle näher ist, höher als auf der gegenüberliegenden Seite. Deswegen entsteht im Objekt eine Zugspannung: Die Stärke der Gezeitenkräfte hängt von der Differenz der Gravitationskraft an beiden Seiten des Objektes ab. Offensichtlich bewirkt ein steiles Gravitationspotential, wie es in der Nähe kleiner, sehr massiver Objekte auftritt, starke Gezeitenkräfte. Daneben ist die Ausdehnung des Objektes von Bedeutung: Je größer das Objekt, desto größer kann die Differenz der Gravitationskraft an Vorder- und Rückseite werden. Exakt folgt die Gezeitenkraft näherungsweise einem inversen kubischen Gesetz. Diese Näherung kann durch Differenzbildung der Gravitationskraft (M ist die Masse des Körpers, der die Gravitation bewirkt; m ist die Masse des Objekts im Gravitationsfeld; r ist der Abstand) zwischen den nahen und fernen Punkt des Objekts motivieren: Im Grenzfall kleiner Abstände dr entsteht hieraus Die Abhängigkeit von der dritten Potenz des Abstandes zeigt, dass die Gezeitenkraft viel stärker mit dem Abstand abnimmt als die Gravitationskraft. Damit leuchtet auch ein, dass auf der Erde die Gezeitenkräfte der Sonne wegen der größeren Entfernung nicht einmal halb so stark wie die des Mondes, obwohl die Gravitationskraft rund 175 Mal so stark ist. Roche-Grenze Ist der Abstand eines Trabanten zu seinem Zentralkörper sehr gering, so werden die Gezeitenkräfte sehr stark. Um die Stabilität eines Körpers zu untersuchen, betrachtet man die Gezeitenkräfte im Vergleich zu den Gravitationskräften, die den Körper selbst zusammenhalten. Die Stabilitätsgrenze ist hierbei erreicht, wenn die Gezeitenkräfte größer werden als die Gravitationskräfte, wobei man zur Abschätzung den Trabanten in zwei Teilkörper unterteilt, mit jeweils der halben Trabentenmasse seinem Radius rt entspricht: in einem Abstand, der , mit dem Abstand r von der Zentralmasse , c ist hierbei eine Konstante von der Größenordnung 1. Mit den mittleren Dichten ρ und ρt des Zentralkörpers und des Trabanten, sowie dem Radius R des Zentralkörpers erhält man . Eine genauere Rechnung ergibt . Bei einem Abstand von weniger als dem 2,44-fachen des Radius seines Zentralkörpers wird ein Trabant mit vergleichbarer Dichte durch die Gezeitenkräfte auseinander gerissen bzw. kann sich gar nicht erst bilden. Dieser Abstand wird Roche-Grenze genannt. Aufgaben: mp m m R r Rp 2.) Von zwei direkt aneinander liegenden gleich großen Massen m1 = m2 = m wir die näher zum Planeten mp liegende stärker von diesem angezogen (siehe Abb.). Ist der Unterschied ihrer Anziehungskräfte durch den Planeten größer ist als ihre gegenseitige Gravitationswirkung, so werden sie auseinander gerissen. Zeigen Sie dass dieser Vorgang nur innerhalb einer bestimmten Entfernung vom Planeten, dem Roche-Radius auftreten kann. Zeigen Sie, dass wenn beide kleinen Massen und der Planet Kugelgestalt haben und ihre mittlere Dichten ρP, ρm ist, für den Zeigen Sie, das für den Roche-Radius gilt: 3.) Phobos ist im Mittel 5984 km von der Marsoberfläche entfernt. Er ist Ellipsoid und nur etwa 17 x 23 km groß mit einer mittleren Dichte 2,85 g/cm³, seine Umlaufzeit um den Mars ist 7.65 Stunden. Wie viel Kilometer oberhalb der Roche-Grenze von Mars verläuft die Bahn von Phobos? 4.) Wie viel Kilometer oberhalb der Roche-Grenze von Saturn verlaufen die Bahne der Saturn-Monde Mimas, Enceladus, Tethys, Dione, Rhea, Titan, Hyperion, Iapetus, Phoebe? (Nehmen Sie die Daten aus der Tabelle 11) 5.) Wenn sich ein Meteorit der kleinen Masse m mit weiter Ferne gemessener Differenzgeschwindigkeit v∞ in Richtung Planet der weitaus größerer Masse M bewegt und von diesem gerade noch eingefangen werden kann, so darf der Impaktparameter S den Wert SMax nicht überschreiten (Abb. oben). Man ermittle den maximalen möglichen Impaktparameter SMax in Einheiten des Planetenradius R. 6.) Man ermittle dem maximal möglichen Impaktparameter SMax, den ein Meteorit auf einer Nachbarkreisbahn der Erde (mit der großen Halbachse r= a, und der Masse = ME) mit Bahnradius r+r um die Sonne (Masse =Mʘ) maximal besitzen kann, um gerade noch eingefangen zu werden. 7.) Am Ort der ursprünglichen Planeten war die Flächendichte E= 3 / 2 a g / cm 2 anzutreffen, wobei a die entsprechende große Halbachse ist. Man 10 AE ermittele, wie viel Masse die Erde und der Jupiter jeweils erringen konnten, wenn sie sich ausschließlich und vollständig aus einer Zone um die Sonne bedienen konnten, die zwischen a + SMax uns a - SMax liegt. 8.) Hill-Geschwindigkeit des Planeten VH ist gegeben, und VH < v( r)-v(r + SMax) (Abb). Rp V H dar, wobei Rp und Rʘ der Radius des Planeten und der Leiten Sie die Formeln R a Sonne sind. Man ermittle, wie sieht die normierte Wachstumsrate des Planeten als Funktion der Masse M, Masse der Sonne Mʘ, keplerischer Kreisgeschwindigkeit , großer Halbachse dM ? a, des Radius des Planeten Rp und der Hill-Geschwindigkeit VH: M dt