KAPITEL VII GRAVITATION 1. KRAFTFELDER Die experimentellen Erfahrungen haben gezeigt, dass Körper anscheinend auf zwei verschiedene Weisen Kräfte aufeinander ausüben können, und zwar durch die Vermittlung mehr oder weniger starrer Verbindungen, ohne jeden erkennbaren Übertragungsmechanismus durch den leeren Raum hindurch. FARADAY nahm an, dass die Anwesenheit eines elektrisch geladenen Körpers oder eines Magnets in dem umgebenden Raum gewisse Veränderungen verursacht, auch wenn dieser völlig leer ist. Diese Veränderungen des Raumes üben dann auf einen zweiten Körper bestimmte Wirkungen aus. Damit werden dem leeren Raum physikalische Eigenschaften zugeschrieben, die ihn befähigen, auf Körper Kräfte auszuüben. Wir setzen fest : Unter einem Kraftfeld oder einem Feld versteht der Physiker einen mit bestimmten physikalischen Eigenschaften ausgestatteten Raum, in dem auf Körper mit den entsprechenden, für das Feld charakteristischen physikalischen Eigenschaften Kräfte und Drehmomente ausgeübt werden. Die Kraftfelder spielen in der Physik eine große Rolle. Wir unterscheiden vor allem die vier folgenden Arten von Kraftfeldern : In der Umgebung eines Magneten oder eines stromdurchflossenen Leiterstückes ist ein magnetisches Feld vorhanden. In jedem seiner Punkte wird auf einen anderen Magneten ein Drehmoment ausgeübt. In der Umgebung einer elektrischen Ladung befindet sich ein elektrisches Feld, durch das auf eine andere elektrische Ladung innerhalb dieses Feldes eine Kraft ausgeübt wird. In der Umgebung eines materiellen Körpers befindet sich das Schwere- oder Gravitationsfeld. In jedem Raumpunkt wird auf einen anderen materiellen Körper eine Kraft ausgeübt, die ihre Ursache in dem Vorhandensein des ersten Körpers hat. Im Bereich der Atomkerne wirkt das Kernfeld. Dieses ist für die Übertragung der Kräfte zwischen den Kernbausteinen verantwortlich. GRAVITATION 2 2. PLANETENBEWEGUNG 2.1 GEOZENTRISCHES WELTBILD Man hat sich bereits im Altertum bemüht, eine Erklärung für die Bewegung der Himmelkörper zu geben und die zugrunde liegenden Gesetze aufzufinden. Das gesamte astronomische Wissen jener Zeit wurde von CL. PTOLEMÄUS (85 – 165 n. Chr.) in dem Buche Almagest zusammengefasst. Dieses Buch blieb 1400 Jahre für die Himmelskunde maßgebend. Der Lehre des Ptolemäus liegen folgende beide Annahmen zugrunde : Die Erde steht im Mittelpunkt der Welt. Die Himmelskörper bewegen sich mit konstanten Bahngeschwindigkeiten auf kreisförmigen Bahnen. Diese beiden Grundannahmen sind durch die Astronomen des Altertums einmal aus den Beobachtungen der täglichen Gestirnbewegungen, die den Eindruck erwecken, als ob die Erde ruhend im Mittelpunkt der Welt stünde, abgeleitet worden. Zum anderen sind sie aber auch ein Ausdruck mythischer Vorstellungen, nach denen man in den Himmelskörpern göttliche Wesen sah, denen nur die vollkommenste aller Bewegungen angemessen sein sollte. Als vollkommenste Bewegung betrachtete man damals die Kreisbewegung. Wenn nun bei bestimmten Himmelskörpern, wie den Planeten, Abweichungen von der Kreisbahn beobachtet wurden, so kombinierte man mehrere Kreisbewegungen miteinander, indem man sich vorstellte, dass der Planet P eine kreisförmige Bahn um einen gewissen Punkt beschreibt, der sich seinerseits wieder auf einer Kreisbahn um die Erde E bewegt. Die so entstandenen Kurven bezeichnet man als Epizykloiden. 2.2 HELIOZENTRISCHES WELTBILD Eine neue Vorstellung der Planetenbewegungen bahnte sich an, als N. KOPERNIKUS (1473-1543) im Jahre 1543 sein Werk „De revolutionibus orbium coelestium“ veröffentlichte. Der grundlegende Unterschied gegenüber der Lehre von Ptolemäus besteht darin, dass die Erde ihre bevorzugte Stellung als ruhender Mittelpunkt der Welt verliert und sich ebenso wie die anderen Planeten um die Sonne bewegt. Der Lehre des Kopernikus liegen die beiden folgenden Annahmen zugrunde : Die Erde dreht sich täglich einmal um ihre eigene Achse. Die Erde und die Planeten bewegen sich auf Kreisbahnen um die Sonne. Man bezeichnet die Lehre von Kopernikus nach der die Sonne der Mittelpunkt der Welt und insbesondere des Planetensystems sein sollte als heliozentrisches Weltbild. Aber auch Kopernikus selbst konnte sich noch nicht völlig von den überlieferten Anschauungen frei machen. Er hielt nach wie vor an der Vorstellung fest, dass allein die Kreisbewegung als die vollkommenste Bewegung für die Himmelskörper in Frage kommt. GRAVITATION 3 Durch J. KEPLER (1571-1630) wurde die Lehre von Kopernikus zur allgemeinen Anerkennung gebracht. Sich auf das umfangreiche Beobachtungsmaterial von T. BRAHE stützend, konnte Kepler nachweisen, dass die Planeten sich nicht auf Kreisen um die Sonne bewegen. Schließlich fand Kepler nach sechsjährigen Berechnungen die drei folgenden nach ihm benannten Gesetze. 2.3 1. KEPLER-GESETZ Die Planeten bewegen sich auf Ellipsen, die einen gemeinsamen Brennpunkt haben, in dem die Sonne steht. Die Ellipse ist die Menge aller Punkte P mit der Eigenschaft PF1 + PF2 = const., dabei sind die Punkte F 1 und F2 die Brennpunkte der Ellipse. Die Strecke MA=MB ist die große Halbachse a der Ellipse; MC=MD entsprechend die kleine Halbachse b. Unter der linearen Exzentrizität versteht man die Längen F 1M=F2M=e, während die numerische Exzentrizität der Quotient aus e und a ist. Für ellipsenförmige Bahnen liegt zwischen 0 und 1. Für = 0 ist e = 0 und damit F1 = F2 = M. Die Bahn ist dann ein Kreis. Die Bahnen von Venus, Neptun und Erde weichen nur sehr wenig von der Kreisbahn ab ( < 2%), während die Bahnen von Merkur und Pluto ausgeprägte Ellipsen sind ( > 20%). 2.4 2. KEPLER-GESETZ Der Radiusvektor, das heißt die Verbindungslinie Sonne-Planet, überstreicht in gleichen Zeiten gleich große Flächen. Das 2. Kepler-Gesetz wird auch als Flächensatz bezeichnet. Wenn man die an verschiedenen Stellen der Planetenbahn in einem bestimmten Zeitintervall t zurückgelegten Wege s1, s2 und s3 ermittelt, so zeigt sich, dass diese verschieden lang sind; sie sind so beschaffen, dass die entsprechenden Flächen A1, A2 und A3 gleich sind. Man bezeichnet den sonnen-nächsten Punkt eines Planeten auf seiner elliptischen Bahn als Perihel und den sonnenfernsten Punkt als Aphel. Die Erde erreicht den sonnennächsten Punkt Anfang Januar und den sonnenfernsten Punkt im Juli. Der Flächensatz, der von Kepler aus den Beobachtungen der Planetenbewegungen entwickelt worden ist, stellt nicht anderes als den uns bekannten Drehimpulserhaltungssatz dar. Um diesen Zusammenhang zu erkennen, betrachten wir einen Massenpunkt mit der Masse m , der sich zunächst in einem Punkt P1 in der Nähe des Perihel befindet. Er bewegt sich in dem Zeitintervall t mit der Winkelgeschwindigkeit 1 nach Q1, wobei der Radiusvektor den Winkel 1 überstreicht. Nach einiger Zeit befindet sich der Massenpunkt in der Nähe des Aphels im Punkt P2. Er bewegt sich in dem Zeitintervall t mit der Winkelgeschwindigkeit 2 nach Q2, wobei der Radiusvektor den Winkel 2 überstreicht. Nach dem Flächensatz von Kepler heißt es : A1 A2 Da allgemein für die vom Radiusvektor r überstrichene Fläche A die Formel A 1 2 r 2 1 2 r22 2 gilt, ergibt sich 1 2 r12 1 GRAVITATION 4 r12 1 m r12 r22 2 1 t m r22 m t 2 t Aufgrund früherer Ergebnisse gilt für die Trägheitsmomente J1 m r12 und J2 m r22 2 und für die Winkelgeschwindigkeiten 1 1 t und 2 . t Setzt man diese Ausdrücke oben ein, so erhält man J1 1 J 2 2 L2 L1 wobei L1 und L2 die Drehimpulse des Massenpunktes m im Perihel und im Aphel darstellen. Bemerkenswert ist dabei, dass diese Ableitung keine bestimmte Voraussetzung über die Größe der wirkenden Kraft erfordert. Es genügt allein die Tatsache, dass die auf den bewegten Massenpunkt ausgeübte Kraft stets auf ein bestimmtes Zentrum gerichtet ist. Der Flächensatz und der Satz der Erhaltung des Drehimpulses gelten deshalb nicht nur für die Planetenbewegung, sondern für alle Zentralbewegungen. Diese Bewegungen gehören zu den ungleichförmigen Bewegungen. 2.5 3. KEPLER-GESETZ Die Quadrate der Umlaufzeiten T1 und T2 zweier Planeten verhalten sich wie die dritten Potenzen der großen Halbachsen a1 und a2 der Bahnellipsen. T12 T22 a13 a 23 oder T12 a13 T22 a 23 k Die Konstante k hat also für alle Planeten des Sonnensystems den gleichen Wert. Man kann diesen Wert berechnen, indem man die Umlaufzeit T und die Länge der großen Halbachse a für irgendeinen Planeten einsetzt. Aus den Werten der Erde ergibt sich für unser Sonnensystem k T2 a3 T 1 a 365,25 d 3,16 10 7 s a 1,50 1011 m 3,16 10 1,50 10 7 2 k k 2,95 10 19 s 2 m 3 11 3 Für ein anderes Planetensystem, das anstatt der Sonne ein Zentralgestirn mit anderer Masse besitzt, ergibt sich ein anderer Wert der Konstanten k . Das 3. Kepler-Gesetz gilt auch für die Bewegung künstlicher Satelliten um die Erde. Auch hier gehört zu jeder Umlaufzeit T ein ganz bestimmter Bahnradius r bzw. eine ganz bestimmte große Halbachse a. Es ist daher unmöglich bei einem Satelliten die Umlaufzeit als auch den Bahnradius bzw. die große Halbachse willkürlich zu wählen. Wenn man das eine Bestimmungsstück frei gewählt hat, dann ist das andere damit zwangsläufig gegeben. GRAVITATION 5 3. NEWTONSCHES GRAVITATIONSGESETZ Obwohl die Kepler-Gesetze die Bewegung der Planeten richtig wiedergeben, machen sie keine Aussage über die für das Zustandekommen der Planetenbewegung erforderlichen Kräfte. Newton hat als erster erkannt, dass die Kraft, die für das Fallen eines Apfels zur Erde verantwortlich ist, auch den Mond auf seine bahn um die Erde und die Planeten auf ihre Bahnen um die Sonne zwingt und dass wir es schließlich bei der Anziehung, die zwei beliebige Massen aufeinander ausüben, ebenfalls mit der gleichen Kraft, der Gravitationskraft, zu tun haben. Zur Berechnung der Gravitationskraft stützte Newton sich auf die Zentripetalkraft, die drei Keplerschen Gesetze und das von ihm entdeckte Wechselwirkungsgesetz „actio=reactio“. In Abweichung zu den Kepler-Gesetzen nahm Newton vereinfachend an : - Die Planeten bewegen sich auf Kreisbahnen. - Auf diesen Kreisbahnen bewegen sich die Planeten mit gleich bleibender Geschwindigkeit. Zunächst berechnete er die Zentripetalkraft, die nötig ist um einen Planeten auf seiner Bahn zu halten: FZ m 2 r FZ FZ FZ FZ 4 2 mr T2 4 2 mr k r3 4 2 m k r2 4 2 m k r2 2 T 3. Kepler Gesetz T 2 k r 3 Aus dieser Gleichung folgt: Die Gravitationskraft ist der Masse m des Planeten direkt und dem Quadrat seines Abstandes von der Sonne umgekehrt proportional. Als Proportionalität erhält man F ~ m r2 [A] Hieran schloss Newton einen neuen Gedanken an: Alle Körper ziehen sich aufgrund ihrer Masse gegenseitig an. Wenn also die Sonne mit der Masse M auf einen Planeten mit der Masse m die Gravitationskraft FS ausübt, muss auch der Planet auf die Sonne die Gravitationskraft FPl ausüben. Die Proportionalität [A] erhält dann für beide Gravitationskräfte die symmetrischen Ausdrücke FS ~ m r2 [B] und FPl ~ M r2 [C] Nun zog Newton zusätzlich das Wechselwirkungsgesetz heran, nach dem die beiden Gravitationskräfte FS und FPl gleich groß sind. Demnach lassen sich die beiden Proportionalitäten [B] und [C] vereinen zu F ~ M m r2 GRAVITATION 6 Unter Einfügung einer Proportionalitätsfaktors ergibt sich schließlich das Gravitationsgesetz F G M m r2 Darin bedeuten M die Masse der Sonne, m die Masse des Planeten und r der Abstand zwischen den Mittelpunkten beider Himmelskörper. Die Proportionalitätskonstante G heißt Gravitationskonstante. G ist eine Naturkonstante, sie hat stets und überall den gleichen Wert G = 6,6710-11 m3kg-1s-2 Wenn man das Gravitationsgesetz nicht auf die Bewegung der Planeten um die Sonne anwendet, sondern die Gravitation zwischen zwei beliebigen Körpern mit den Massen m1 und m2 untersucht, dann schreibt sich das Gravitationsgesetz allgemein : F G m1 m2 r2 GRAVITATION 7 4. GRAVITATIONSFELD 4.1 GRAVITATIONSFELD DER ERDE In der Gleichung für die Gravitationskräfte gehen beide Massen m1 und m2 in völlig symmetrischer Weise ein. Man kann sich aber auch auf einen anderen Standpunkt stellen. Dieser ist dann nützlich, wenn die Masse des einen Körper (zum Beispiel der Erde) gegenüber der Masse des zweiten Körpers (zum Beispiel des Apfels am Baum) so groß ist, dass von den zwei entgegengesetzt gerichteten und gleich großen Kräften nur eine Gravitationswirkung (der Fall des Apfels) beobachtbar ist, während die zweite Wirkung (der Fall der Erde zum Apfel) nur eine theoretische Erörterung darstellt. Diesen Standpunkt nehmen wir jetzt für die Erde an. Dann können wir an jeder Stelle im erdnahen Raum des Weltalls die Gravitationskraft der Erde auf einen Körper nachweisen. Einen Raum mit solchen Eigenschaften nennt man in der Physik ein Kraftfeld oder Feld. Da die Kraft allein aufgrund der Masse des in dieses Feld gebrachten Körper ausgeübt wird, nennt man dieses Feld Gravitationsfeld. Die Gravitationskraft G F der Erde auf abhängig : - mE m r2 Körper der Masse m in ihrem Gravitationsfeld ist von drei physikalischen Größen der felderzeugenden Masse mE der Erde, der Masse m des Köpers im Feld, dem Abstand r des Körpers zum Erdmittelpunkt. Die Gleichung für die Gravitationskraft enthält also einerseits Größen, die zur Erde und damit zum Gravitationsfeld gehören, andererseits die Größe m , die zum Körper im Feld gehört. mE F beschreibt dabei mathematisch die Eigenschaften eines von der Masse m r2 mE erzeugten Gravitationsfeldes am Ort mit dem Abstand r zum Erdmittelpunkt. Man bezeichnet diesen Ausdruck als Gravitationsfeldstärke g . Der Ausdruck G Die Gravitationsfeldstärke g an einem bestimmten Ort des Gravitationsfeldes ist der Quotient aus der Gravitationskraft F, die ein Körper aufgrund seiner Masse an diesem Ort erfährt, und seiner Masse m . g F m G mE r2 Die Einheit der Gravitationsfeldstärke ist N/kg. Die Richtung der Gravitationsfeldstärke entspricht der Richtung der Kraft auf den Körper. Kennt man an einem Ort im Gravitationsfeld die Gravitationsfeldstärke g , so kann man die an diesem Ort auf einen Körper mit der Masse m ausgeübte Gravitationskraft F berechnen mit F m g Diese Gleichung erinnert an die Gleichung für die Gewichtskraft G . Die Gravitationsfeldstärke g der Erde und die Schwerebeschleunigung g der Erde stimmen in ihren Beträgen überein. GRAVITATION 8 Sie werden entsprechend ihren unterschiedlichen physikalischen Bedeutungen nur in verschiedenen Einheiten angegeben. So beträgt die Gravitationsfeldstärke in den geografischen Breiten Mitteleuropas 9,81 Nkg-1, während die Schwerebeschleunigung 9,81 ms-2 beträgt. Zur Veranschaulichung des Gravitationsfeldes benutzt man Feldlinien. Als Richtung der Feldlinien wählt man die Richtung der Gravitationsfeldstärke. Das Gravitationsfeld der Erde ist annährend kugelsymmetrisch. In zweidimensionaler Darstellung erscheint es als Radialfeld. 4.2 POTENTIELLE ENERGIE IM GRAVITATIONSFELD Die im Kapitel III aufgestellte Formel für die potentielle Energie E POT m g h setzt voraus, dass die Gravitationskraft konstant ist. Dies ist in der Nähe der Erdoberfläche annährend gegeben. Beschränken wir das Anheben eines Probekörpers jedoch nicht mehr auf erdnahe Bereiche, sondern weiten es auf große Höhen aus, kann die Gravitationskraft nicht mehr als konstant gelten. Für die auf einen Probekörper mit der Masse m0 Gravitationsgesetz von Newton F G wirkende Gravitationskraft gilt dann das mE m0 r2 Zum Heben des Probekörper muss gegen diese von dem Abstand r abhängende Kraft Energie aufgebracht werden. zum Erdmittelpunkt Der Probekörper möge sich zunächst auf der Erdoberfläche befinden und vom Zentrum der Erde den Abstand rE haben. Er soll in der Vertikalen, also parallel zu den Feldlinien, nach oben bewegt werden, bis er vom Erdmittelpunkt den Abstand r besitzt. Um die für diese Anheben erforderliche Energie zu berechnen, denkt man sich den Gesamtweg in eine große Anzahl kleinerer Wegintervalle r zerlegt, die so beschaffen sind, dass die Gravitationskraft für jedes dieser Intervalle als konstant betrachtet werden kann. Für das erste von rE nach r1 reichende Intervall beträgt die Gravitationskraft am Anfang der Intervalls FA G mE m0 rE2 am Ende des Intervalls FE G mE m0 . r12 GRAVITATION 9 Man verwendet nun einen Mittelwert, indem man als mittlere Entfernung ri das geometrische Mittel von rE und r1 einsetzt : ri rE r1 . Dann ergibt sich für die mittlere Gravitationskraft im ersten Intervall FE G mE m0 ri 2 G mE m0 . rE r1 Dieser Mittelwert kann für das ganze erste Intervall als konstant angesehen werden, so dass zum Anheben des Körpers im ersten Intervall die Energie E1 aufgebracht werden muss mit E1 F1 r1 rE G 1 1 mE m0 r1 rE G mE m0 . rE r1 rE r1 In analoger Weise ergibt sich für die als konstant zu betrachtende mittlere Gravitationskraft F2 des zweiten, von r1 bis r2 reichenden Intervalls F2 G mE m0 . r1 r2 Die in diesem Intervall aufzuwendende Energie ist dann E2 F2 r2 r1 G 1 1 mE m0 r2 r1 G mE m0 . r1 r2 r1 r2 Für ein drittes, von r2 bis r3 reichendes Intervall, erhält man entsprechend E3 1 1 G mE m0 r2 r3 Diese Verfahren kann dann auf alle übrigen Intervalle ausgedehnt werden. Um die Gesamtenergie zu bestimmen, die zum Anheben des Körpers bis auf den Abstand r erforderlich ist müssen alle Teilenergien addiert werden. Dabei ergibt sich E E1 E2 E3 ... En1 En 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 E G mE m0 ... rE r1 r1 r2 r2 r3 rn2 rn 1 rn 1 r E 1 1 G m E m0 r E r Das hier gefundene Ergebnis gilt natürlich nicht nur für den Fall, dass die Erde die felderzeugende Masse ist, sondern es handelt sich um eine für alle felderzeugenden Massen gültige Erkenntnis, die allgemein so formuliert werden kann. Um einen kleinen Probekörper der Masse m in einem von der kugelförmigen Masse M erzeugten Gravitationsfeld gegen die Gewichtskraft von dem Punkt P1 mit dem Abstand r1 vom Zentrum der felderzeugenden Masse – Zentralkörper – nach einem Punkt P2 mit dem Abstand r2 zu bringen, muss die Energie E1, 2 1 1 G M m r1 r2 aufgewendet werden. GRAVITATION 10 Wird der Probekörper, z.B. ein Satellit, vom Zentralkörper, z.B. der Erde, wegbewegt (r2 > r1 ), dann ist die Energie größer als Null und dem Gravitationsfeld wird Energie zugeführt. Umgekehrt wird dem Gravitationsfeld Energie entzogen, wenn sich der Satellit der Erde nähert, denn nun gilt r2 < r1 . Diese Energie ist als potentielle Energie im Gravitationsfeld gespeichert. Für die potentielle Energie EPOT kann der Ausgangspunkt oder Bezugspunkt P1 beliebig gewählt werden. So könnte man im Fall des Erdfeldes die Erdoberfläche wählen mit r1 = rE = R. Es ist aber üblich in der Physik für die potentiellen Energien in Kraftfeldern den Bezugspunkt P 1 ins Unendliche zu legen mit r1 . Die potentielle Energie eines Körpers der Masse m im radialen Gravitationsfeld eines Körpers der Masse M ist in einem Punkt P (r ) gegenüber dem Bezugspunkt im Unendlichen E POT ,r GmM r Im Unendlichen (r1 ) ist die potentielle Energie EPOT, = 0. Da dies der höchste Wert ist, den die potentielle Energie im Kraftfeld annehmen kann, sind die potentiellen Energien aller endlichen Abstände r stets negativ. GRAVITATION 11