Campus C 3 Grundkenntnisse im Bereich Realien Vom Mythos zum

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Campus C 3
Grundkenntnisse im Bereich Realien
Vom Mythos zum Logos
In der Antike erklärte man sich von jeher die jährliche Nilüberschwemmung damit, dass ein Gott
die Schleusen der in den Nil einströmenden Flüsse geöffnet habe – das ist die mythische
Vorstellung, die ein Naturereignis vom Willen der Götter abhängen lässt. Der Grieche Thales
dagegen vermutete, dass der Nil durch entgegen wehende Passatwinde gestaut werde und es so
zum Anstieg des Wasserspiegels und zur Überschwemmung komme. Thales versuchte also mithilfe
des Verstandes eine naturwissenschaftliche Erklärung des Geschehens.
Dieses Umdenken gilt als Geburt der Philosophie in Europa. Philosophie heißt eigentlich „Liebe zur
Weisheit“ und meint zunächst das Streben nach verstandesgeleiteter Erkenntnis. der Welt. Später
befasste sich die Philosophie auch mit dem Menschen , etwa mit der Frage nach dem Glück und mit
dem menschlichen Zusammenleben – also der Ethik.
Griechisches und römisches Theater
Mit dem Aufkommen philosophischen Denkens hatte der Mythos keineswegs ausgedient: Viele
künstlerische Schöpfungen der Griechen sind ohne den Mythos nicht denkbar. In den Schauspielen
z.B. wurden Probleme des Einzelnen und der Gemeinschaft im Spielgel mythischer Gestalten und
Geschichten dargestellt. Griechisches Theater war stets Freilufttheater: Meist war in einen Berghang
ein Halbrund mit Sitzplätzen für die Zuschauer geschlagen worden. Vor der eignetlichen Bühne
befand sich die sogenannte Orchestra, ein runder Platz, auf dem vor allem der Chor auftrat.
Dahinter lag die Bühne für die Schauspieler mit dem Bühnenhaus, einer Fassade mit
Hauseingängen, die den Schauspielern zum Auftritt und Abgang dienten.
Die Römer übernahmen die Bühnentechnik und die Formen der Theaterstücke von den Griechen,
entwickelten aber beides weiter.
Die Dichtung der Griechen als Vorbild
Die römische Literatur ist ohne die griechische Dichtung nicht denkbar. Römische Dichter nahmen
sich ganz selbstverständlich berühmte griechische Dichter und deren Werke zum Vorbild und
versuchten diese zu übertreffen. Römische Schriftsteller wollten also nicht etwas gänzlich Neues
erfinden und damit berühmt werden, sondern durch kunstvolle Nachahmung eines griechischen
Originals die eigene Kenner- und Meisterschaft unter Beweis stellen: So nahm sich Vergil für seine
Äneis die Epen des Homer (Ilias und Odyssee) zum Vorbild, der Dichter Catull die Gedichte der
griechischen Lyrikerin Sappho.
Rom und Griechenland
„ Das eroberte Griechenland eroberte den unzivilisierten Sieger“ - so beschrieb der römische
Dichter Horaz das Verhältnis zwischen Rom und Griechenland. Rom hatte aufgrund seiner
militärischen Überlegenheit Griechenland zu einer Provinz des Reiches gemacht, hatte aber in
kultureller Hinsicht gegenüber den Griechen ein Menge aufzuholen. Die stolzen römischen Sieger
sahen sich einem Volk gegenüber, das auf den Gebieten der Literatur, Philosophie, Redekunst,
Architektur und Wissenschaft Gewaltiges geleistet hatte. Damit umzugehen war für manchen
konservativen Römer zunächst nicht einfach. Später waren gebildete Griechen als Lehrer und Ärzte
in den Haushalten römischer Adeliger sehr begehrt.
Alt und Jung – Politik und Dichtung
Rom war eine patriarchalische Gesellschaft, in der die Männer alle führenden Positionen besetzten.
So wie der pater familias (pater familiae) in der Familiae den Ton angab, sah man es auch im Staat
als selbstverständlich an, dass junge Männer älteren zu weichen hatten, wenn es um die Besetzung
politischer Ämter ging.
Zur Zeit Cäsars wurden wichtige Staatsämter zunehmend auch über große militärische Taten
errungen. Damit verloren junge Adelige die Hoffnung auf eine politische Karriere, die ihnen früher
zugestanden hatte. Manche von ihnen zogen sich daher gänzlich ins Privatleben zurück. Nicht
wenige versuchten sich auch als Schriftsteller und wagten es, Würdenträger in ihren Dichtungen
öffentlich zu kritisieren – wie der junge Catull, der in seinen Gedichten über Größen wie Cicero und
Cäsar spottete.
Die Zeit des Augustus
Augustus war es gelungen, das Jahrhundert der Bürgerkriege in Rom zu beenden und den
innenpolitischen Frieden wieder herzustellen. Dies hatte einen hohen Preis, denn die Herrschaft des
Augustus bedeutete den Beginn des Kaisertum und das Ende der Republik. Auch wenn Augustus
öffentlich so tat, als fielen die politischen Entscheidungen noch im Senat, - tatsächlich bestimmte er
allein die Richtlinien der Politik. Augustus wurde als vorbildlicher Herrscher und als Friedenskaiser
berühmt, er führte aber auch blutige Eroberungsfeldzüge gegen andere Völker – und gegen seine
persönlichen Widersacher. Durch eine strenge Ehe- und Sittengesetzgebung wollte er die Moral
seiner Landsleute heben. Wer sich diesen Vorstellungen entgegenstellte, wurde hart betraft, so z.B.
Augustus` eigene Tochter Julia und der Dichter Ovid, die er beide in lebenslange Verbannung
schickte.
Die Römer und die Philosophie
nach der Eroberung Griechenlands verdienten griechische Gelehrte in Rom ihren Lebensunterhalt
als Hauslehrer bei Adeligen. Bald wurde es für wohlhabende junge Römer üblich, in Athen
Philosophie zu studieren. Dort lernten sie die drei großen Disziplinen der griechischen Philosophie
kennen: Ethik (die Lehre vom richtigen Handeln), Physik (die Lehre von der Natur), und Logik (die
Lehre vom richtigen Argumentieren).
Ein wichtiger Grund, warum die Römer sich für die Philosophie interessierten, waren die
schlimmen Erfahrungen der langen Bürgerkriege: Man sucht Trost in der Philosophie und erwartete
sich von ihr Antworten auf die Frage, wie man richtig leben solle. Die althergebrachte römische
Religion bot vielen Menschen offensichtlich keine ausreichenden Antworten mehr auf dies Fragen.
Griechische Theorie und römische Praxis
Griechische Denker beobachteten und beschrieben genau die Erscheinungen der Natur und das
Verhalten der Menschen. Alle, was sie wussten, setzten sie systematisch zueinander in Beziehung
und leiteten daraus Schlussfolgerungen ab, d.h. sie bildeten Theorien So kamen sie durch reines
Nachdenken auf die Idee, die Welt könnte aus kleinsten unteilbaren Teilchen, sogenannten Atomen,
bestehen. Die moderne Naturwissenschaft hat durch Experimente diese Theorie bestätigt.
Das philosophische Denken der Römer bezog sich vor allem auf die praktische Lebensführung
(Ethik). Hier übernahmen sie von der griechischen Philosophie, was ihnen nützlich schien, um das
Leben besser zu bewältigen und Regeln für ein funktionierendes Staatswesen zu entwickeln.
Die Leistung Ciceros
Es ist das Verdienst Ciceros, den Römern die griechische Philosophie in lateinischer Sprache
vermittelt zu haben – in über 30 Büchern, die in der kurzen Zeitspanne von Cäsars Diktatur (44-46
v. Chr.) entstanden. Cicero ging es vor allem darum, die Gedanken der Griechen seinen römischen
Lesern zu vermitteln. Nicht zuletzt ist es ihm gelungen, wichtige philosophische Begriffe und
Sachverhalte in der lateinischen Sprache auszudrücken.
Das römische Recht
Als römisches Recht bezeichnet man das Recht, das zunächst im antiken Rom und später im ganzen
römischen Weltreich galt. Dabei handelt es sich um eine eigenständige Schöpfung der Römer mit
ungeheurer Wirkung: Es wurde zur Grundlage für unsere modernen Gesellschaften, in denen durch
Staatsverfassungen und schriftlich fixierte Gesetze das Zusammenleben der Menschen verbindlich
geregelt ist.
Die seinen Anfängen war das römische Recht lediglich ein sogenanntes Gewohnheitsrecht, d.h. ein
ungeschriebenes Recht, das aufgrund langer Rechtspraxis entstanden war. Die Oberpriester
(pontifices) waren ursprünglich die einzigen Rechtskundigen. Im Verlauf der Ständekämpfe
zwischen Plebejern und Patriziern entstand das sogenannte Zwölftafelgesetz, das auf Bronzetafeln
geschrieben und auf dem Forum für jedermann sichtbar aufgestellt wurde. Damit besaßen auch die
Plebejer eine Kontrollmöglichkeit über die Rechtsprechung.
Der römische Prozess – die römische Rechtswissenschaft
Wenn es bei einem Rechtsstreit zum Prozess kam, so war dieser bei den Römern grundsätzlich
zweigeteilt: Nachdem sich ein Kläger an den Prätor, den für öffentliche Rechtssachen zuständigen
Beamten, gewandt und seine Klage vorgebracht hatte, bestimmte der Prätor zunächst, ob ein
Prozess überhaupt möglich war; dann einigte man sich auf die Person des Richters, der die
Angelegenheit entscheiden sollte. Der zweite Teil des Verfahrens vollzog sich vor dem Richter
(iudex). Er hörte sich die Standpunkte beider Parteien an und fällte sein Urteil, gegen das es keine
Einspruchsmöglichkeit mehr gab.
Das Besondere am römischen Rechtswesen war, dass weder die Richter noch der Prätor noch die
Anwälte ausgebildete Fachjuristen waren: Sie bezogen ihr Wissen aus Gutachten (responsa) von
Juristen, die Rechtswissenschaft aus privatem Interesse betrieben. Diese Rechtsgelehrten schufen
eine höchst präzise Fachsprache, um Missverständnisse auszuschließen. In der Spätantike allerdings
drohten ihre Lehren in Vergessenheit zu geraten.
Daher veranlasste der oströmische Kaiser Justinian im 6. Jahrhundert n. Chr. eine Sammlung aller
bekannten Gesetztestexte. Diese gewaltige Sammlung wurde unter der Bezeichnung Corpus Iuris
Civilis bekannt. Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurde auf der Grundlage dieser Rechtssatzung in
den meisten Staaten Europas Recht gesprochen. Römische Rechtsgrundsätze wie „Audiatur et altera
pars“ („Auch die andere Prozesspartei muss gehört werden.“) oder „Ne bis in idem“ („Nicht
zweimal in derselben Sache!“) sind bis heute gültig.
Latein als Sprache der Kirche
Latein ist über Jahrhunderte hinweg die Sprache der Kirche geblieben – im Gottesdienst, in
manchen Predigten der Päpste und bis heute in den sogenannten Enzykliken: Dabei handelt es sich
um Rundschreiben des Papstes zu religiösen, politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, die
an Bischöfe und Gläubige gleichermaßen gerichtet sind. Ihre amtliche Erstfassung ist lateinisch
gehalten; dann werden die päpstlichen Botschaften in alle Landessprachen übersetzt. „Radio
Vatikan“, der Rundfunksender des römischen Kirchenstaates, sendet seine Nachrichten auch auf
Lateinisch – nachlesbar in seinem Internetauftritt.
Wissenschaftssprache Latein
Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit war Latein die Sprache der Gebildeten. Gleichgültig, ob
man als Student die Universität in Bologna (Italien), Oxford (England), Heidelberg oder Paris
besuchte – Verständigungsschwierigkeiten gab es nirgendwo, da die Professoren und Mitstudenten
selbstverständlich Latein sprachen. bis ins 18. Jahrhundert hinein wurden wichtige
wissenschaftliche Werke auf Latein verfasst. Berühmte Physiker, Astronomen und Mathematiker –
wie zum Beispiel Nikolaus Kopernikus, Johannes Kepler, Isaac Newton und Galileo Galilei – haben
ihre Epoche machenden naturwissenschaftlichen Werke auf Latein geschrieben.
Noch bis ins 19. Jahrhundert wurden an den Universitäten die Vorlesungen in lateinischer Sprache
gehalten. Wie sehr das Lateinische die Universität geprägt hat, erkennt man an den vielen Begriffen,
die dort noch verwendet werden: Professor, Doktor, Magister, Student, Kommilitone, Universität,
Fakultät, Institut, Seminar, Kolloquium, Auditorium, Klausur, Diplom, Examen, Mensa und –
Campus (!)
Tradition bis heute
Obwohl das Englische mittlerweile die allgemein anerkannte Wissenschaftssprache ist, hat Latein
nichts von seiner sprachprägenden Rolle eingebüßt: Nach wie vor werden die meisten Fachbegriffe
aus dem Lateinischen gebildet. Sie erklären sich selbst, da sie von Wortwurzeln abstammen, die
nur übersetzt zu werden brauchen, um verständlich zu sein – etwa der medizinische Fachausdruck
„intravenös“, der aus der Präposition „intra“ (= innerhalb“) und dem Nomen „vena“ (= „Ader“,
„Vene“) zusammengesetzt ist: Darunter versteht man die Zuführung eines Medikaments, über die
Blutbahn. Auch viele andere Disziplinen wie die Mathematik, die Rechtswissenschaft oder die
Sprach- und Literaturwissenschaften nutzen für ihre Begriffsbildung die Kürze und Genauigkeit
der lateinischen Sprache.
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