D1 Das Ende der Antike – der Anfang des Mittelalters Der Begriff „Mittelalter“ kommt auf im 15. Jahrhundert, als man – vor allem in Italien – die griechisch-römische Antike wiederentdeckte und an diese anknüpfen wollte. Diejenigen, die sich am Modell der Antike orientierten, die sogenannten Humanisten, nannten die zwischen der Antike und ihrer eigenen Gegenwart liegende Zeit medium tempus, media tempestas oder media aetas, also: „die mittlere Zeit“, eben Mittelalter. Es war wohl als erster der Humanist Leonardo Bruni (gest. 1444), der in seiner „Historia Florentini populi“ von einer solchen mittleren Zeit gesprochen hat. Auf ähnliche Weise verwendete der Florentiner Humanist Giovanni Andrea Bussi den Begriff im Jahre 1469. Wichtig ist also der negative Ursprung des Begriffs Mittelalter, und diese negative Färbung hat der Begriff, vor allem im nichtwissenschaftlichen Sprachgebrauch, nie ganz verloren. Es hat dann jedoch noch eine ganze Zeit lang gedauert, bis das Dreigliederungsschema Antike-Mittelalter-Neuzeit als weltgeschichtliches Periodisierungsmuster verwendet wurde; erstmals getan hat dies der Hallenser Historiker Christoph Cellarius (Keller) im Jahre 1688. Die Menschen des Mittelalters selbst sahen sich nicht einem besonderen Zeitalter lebend, schon gar nicht in einem namens „Mittelalter“; für sie gab es im Prinzip zwei entscheidende Eckpunkte: die Geburt Christ einerseits, das Ende der Welt andererseits. Innerhalb dieses linearen Geschichtsablaufs war der Platz des Menschen relativ statisch, er blieb stabil; für Revolutionen und Brüche war in der Regel kein Raum (der Theorie nach). Das färbte ab auch auf das Gesellschaftsmodell; dieses blieb bei allen Differenzierungen im einzelnen relativ stabil. Beispiel: Modell der Dreiteilung der Gesellschaft: Wehrstand (bellatores), Betstand (oratores), Nährständ (laboratores). D2 Die Epochengrenze zwischen Altertum und Mittelalter – Datierungsvorschläge Man hat – sowohl für den Anfang wie auch für das Ende des Mittelalters – immer wieder eine ganze Menge von Ereignissen und Daten herbeigebracht. Das entspricht der Tatsache, dass der Mensch in seinem Ordnungs- und Gliederungswillen bestimmte Dinge mit festen Daten verbunden haben möchte, obwohl man ganz genau weiß, dass man es so einfach nie wird sagen können. Wenn man sich jedoch dieser grundsätzlichen Problematik bewusst ist, kann man sich durchaus einige dieser Daten vor Augen führen und sich darüber unterhalten, welches dieser Daten das möglicherweise sinnvollste und plausibelste ist. 312 Sieg des römischen Kaisers Konstantin über seinen Rivalen Maxentius an der Milvischen Brücke. Nach Eusebius 313 375 378 391 394 395 410 476 482 486 496 529 562 622 633 711 732 800 von Caesarea soll Konstantin vor der Schlacht eine Kreuzesvision gehabt und eine Stimme gehört haben („In diesem Zeichen wirst Du siegen!“) Das Toleranzedikt von Mailand: Nach dem Sieg Konstantins über Maxentius wird der christliche Glaube im Römischen Reich toleriert Einfall des asiatischen Reiterstammes der Hunnen in Europa Schlacht bei Adrianopel: Sieg der Westgoten über den römischen Kaiser Valens Verbot der heidnischen Kulte durch Kaiser Theodosius. Das Christentum wird offizielle Staatsreligion im Römischen Reich Ende der Olympischen Spiele (der Antike) Tod Theodosius’ des Großen. Unter seinen Söhnen Honorius und Arcadius wird das Reich aufgeteilt in ein Westreich und ein Ostreich. Der Wandale Stilicho ist – als Vormund des noch minderjährigen Honorius – der ‚leitende Staatsmann’ im Westen Eroberung Roms durch die Westgoten unter Alarich Absetzung des weströmischen Kaisers Romulus Augustulus durch den germanischen Heerführer Odoaker Herrschaftsantritt des Merowingers Chlodwig im Frankenreich Chlodwig besiegt den Römer Syagrius in Nordgallien. Ende der römischen Herrschaft in Nordgallien Taufe Chlodwigs in Reims durch Erzbischof Remigius Schließung der Platonischen Akademie in Athen; im selben Jahr: Gründung des Benediktinerordens durch Benedikt von Nursia Langobardeneinfall in Italien „Hedschra“ (Hiðra): Flucht Mohammeds von Mekka nach Medina. Von hier aus Beginn der Islamisierung der arabischen Stämme. Beginn der islamischen Zeitrechnung Beginn der islamischen Expansion im Mittelmeerraum Landung der Araber in Spanien und Zerschlagung des Westgotenreiches. Schlacht zwischen Tours und Poitiers: Der fränkische Hausmeier Karl Martell stoppt den Vormarsch der Araber in Westeuropa Kaiserkrönung des Frankenkönigs Karls des Großen in Rom durch Papst Leo III. Arbeitsauftrag: Stellt fest, wann das Mittelalter beginnt...