Biologischer Lernbereich interaktiv Bestäubung und Befruchtung 19 02 43 Primarstufe / Orientierungsstufe Sachinformation Unter der Bestäubung einer Blüte versteht man das Übertragen des Blütenstaubes auf die Narbe des Stempels. Der Blütenstaub wird auch Pollen genannt (lat. Pollen = Staub, Mehl). Die Blüte dient der Fortpflanzung. Damit sich aus der Samenanlage der Same und aus dem Fruchtknoten die Frucht entwickeln kann, ist eine Befruchtung erforderlich. Diese Befruchtung setzt eine Bestäubung voraus. Jede Bestäubung hat aber nicht konsequenterweise eine Befruchtung zur Folge. Vielfach kommt aus verschiedenen Gründen trotz erfolgter Bestäubung keine Befruchtung zustande. Als Bestäubungsfaktoren kommen im Allgemeinen der Wind, die Tiere (hier hauptsächlich Insekten und Vögel) und das Wasser infrage. Unter den Insekten sind es besonders Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und Wespen, aber auch Fliegen und Käfer, die den Pollen von einer Blüte zur anderen transportieren. Die Tiere werden vorwiegend durch auffallende Blütenfarben oder durch spezifische Duftstoffe der Blüte angelockt. Die Honigbienen z. B. finden in der Blüte einmal den Pollen, der ihnen und besonders ihren Larven als hochwertige, eiweißhaltige Nahrung dient, zum anderen den Nektar, der von den Nektarien in der Blüte abgegeben wird und der ihnen Kohlenhydrate liefert. Der Blütennektar wird teils durch die Kapillarwirkung, teils durch eine spezielle Muskulatur angesaugt (ähnlich wie man Limonade durch einen Strohhalm saugt). Die behaarte Zunge wird dabei vor- und rückwärts bewegt. Nektar ist nicht mit Honig zu verwechseln. Bei der Biene wird der Nektar zunächst im Honigmagen (= Honigblase) in den Stock getragen und dort erbrochen. Dann wird er an zahlreiche Stockbienen verteilt und von diesen erneut ausgewürgt. Auf diese Weise wird der Nektar mehrfach mit Fermenten (= Enzymen) angereichert. In den offenen Zellen der Wabe wird er schließlich zu Honig eingedickt. Dieser Honig dient primär dem gesamten Bienenvolk als Nahrungsquelle, insbesondere während der Wintermonate. Der Honigmagen der Biene ist etwa so groß wie ein Stecknadelkopf. Man hat errechnet, dass eine Arbeiterin 1.000 bis 1.500 einzelne Kleeblüten aufsuchen muss, um einmal ihren Magen füllen zu können. Ein Bienenvolk aus ca. 40.000 - 70.000 Tieren kann unter günstigen Bedingungen an einem Tag mehr als 1 kg Nektar eintragen. Diese Zahlen beweisen die hohe Leistungsfähigkeit der Honigbiene. Liegen innerhalb von einer Blüte sowohl männliche als auch weibliche Blütenorgane vor (d. h. Staubblätter und Stempel) spricht man von Zwitterblüten. Bei manchen Zwitterblüten kann die Bestäubung innerhalb einer einzigen Blüte zur Befruchtung führen. Dieses Phänomen wird als Selbstbestäubung bezeichnet. Erfolgt die Bestäubung von einer Blüte zur anderen, aber auf derselben Pflanze, so liegt Nachbarbestäubung vor. In der Regel wird der Pollen allerdings von einer Blüte auf die Blütennarbe einer anderen Pflanze der gleichen Art übertragen. Diesen Vorgang nennt man Fremd- bestäubung. Erwähnenswert ist, dass viele Insekten nicht wahllos von Pflanzenart zu Pflanzenart fliegen, sondern über längere Zeit die Blüten einer einzigen Art bevorzugen. Die physiologischen Vorgänge, die der eigentlichen Befruchtung der Samenpflanze vorausgehen, sind recht schwierig. Sowohl in den Pollenkörnern als auch in der Samenanlage laufen Reifeteilungen ab, die von Schülerinnen und Schülern dieser Altersstufe nicht verstanden werden können. Es genügt zu wissen, dass die auf der Narbe haftenden reifen Pollenkörner zu einem Schlauch auswachsen, der bis zur befruchtungsfähigen Samenanlage vordringt. Dort findet u. a. die Verschmelzung der Kerne von weiblicher Eizelle und männlichem Pollenkern statt, der vom Pollenschlauch herangeführt wird. Dieser Verschmelzungsvorgang wird als Befruchtung bezeichnet. Die auf diese Weise entstandene Zygote entwickelt sich über mehrere Teilungsschritte zum Embryo. In den meisten Fällen wird der pflanzliche Embryo von Nährgewebe und Samenschale umgeben. Dieses pflanzliche Gebilde wird in seiner Gesamtheit als Same bezeichnet. Wenn also gesagt wird, dass die Bienen in der Blüte den Honig sammeln und die Blüte befruchten, so ist das doppelt falsch: Die Biene sammelt Nektar und bestäubt die Blüte. Didaktisch-methodische Hinweise Lernziele: Die Schülerinnen und Schüler sollen – den Unterschied zwischen Bestäubung und Befruchtung kennen und beschreiben können, – einen Einblick in das zeitliche Nacheinander von Bestäubung und Befruchtung erhalten, – verstehen, dass der Bestäubungsvorgang ein Nebeneffekt ist, der z. B. bei insektenbestäubten Pflanzen beim Aufsuchen der Blüte durch das Tier erzielt wird und der zur Arterhaltung vieler Blütenpflanzen bedeutungsvoll ist, – erkennen, dass die Bestäubung der Nutzpflanzen (z. B. Obstbäume) durch Insekten wirtschaftliche Bedeutung besitzt. Das interaktive Tafelbild wäre im günstigsten Falle im Anschluss an einen Unterrichtsgang einzusetzen, auf dem die Schülerinnen und Schüler das Verhalten der Bienen beim Blütenbesuch beobachten und unterschiedliche Entwicklungsstadien verschiedener Blüten kennen lernen konnten. Im interaktiven Tafelbild sind die Vorgänge der Bestäubung und Befruchtung der bedecktsamigen Blütenpflanze dargestellt. Als Beispiel wurde die Kirschblüte ausgewählt, die von einer Honigbiene bestäubt wird. Dabei wird vorausgesetzt, dass der Aufbau der Kirschblüte, die als Naturobjekt den Kindern noch zur Verfügung steht, vorher erarbeitet wurde (siehe auch interaktives Tafelbild 19 02 45 „Von der Blüte zur Frucht“). Aufgrund einer konsequent durchgehaltenen Farbgebung in den interaktiven Tafelbildern ist der Stempel (aus Fruchtknoten mit der Samenanlage, Griffel und Narbe) als weibliches Blütenorgan rot gezeichnet. Für die männlichen 1 Blütenorgane, also die Staubblätter (aus Staubfäden, Staubbeuteln und den darin enthaltenen Pollen), wurde die gelbe Farbe gewählt. Der Kelch mit den angeschnittenen Kelchblättern ist grün gezeichnet. Inhalt des interaktiven Tafelbilds Das interaktive Tafelbild 01 zeigt eine Honigbiene, die gerade eine Kirschblüte angeflogen hat und sie nach Nektar untersucht. Dabei ist deutlich der ausgestreckte Rüssel sichtbar, der in der Ruhelage zurückgeschlagen ist. Während dieses Vorgangs fallen zahlreiche Pollenkörner aus den reifen Staubbeuteln der Blüte und verfangen sich in dem dichten Haarpelz der Biene. Die Kirschblüte ist schematisch dargestellt; daher entspricht die Anzahl der Staubblätter nicht der Wirklichkeit. Weiterhin wird der Flugweg der Biene von einer Kirschblüte auf eine andere, durch einen schwarzen Pfeil symbolisiert. Während des Aufenthalts in der ersten Blüte hatte die Biene ihren Körper hinreichend mit Pollen bepudert, der mit etwas mitgebrachtem Honig aus dem Honigmagen angefeuchtet wurde. Das Abbürsten des Pollens erfolgt meist im Flug über der Blüte, wobei der Pollen sehr geschickt außen am dritten Beinpaar zu zwei Klümpchen, den so genannten Höschen, verfestigt wird. Diese sind bei der angeflogenen Biene deutlich zu erkennen. Kopf- und Brustpartie der Biene enthalten noch hinreichend Blütenstaub von der ersten Blüte. Er gelangt nun beim Hineinstecken des Kopfes in das Blüteninnere der zweiten Blüte auf die feuchte Narbe des Fruchtknotens. Damit ist die Bestäubung der Blüte erfolgt. Dieser Vorgang ist als Nebeneffekt bei der eigentlichen Nahrungssuche der Biene zu werten und dennoch für die Arterhaltung der Pflanze sowie für die wirtschaftliche Bedeutung unserer Nutzpflanzen ungemein wichtig. In Deutschland werden vermutlich bis zu 80 % der Obstbäume von Honigbienen bestäubt. Im Unterricht sollte auch diesbezüglich die Bedeutung der Honigbiene herausgestellt werden. Weiterhin zeigt Tafelbild 01 in Großformat eine schematische Kirschblüte nach erfolgter Befruchtung. Ein Pollenschlauch ist bereits bis zur Samenanlage im Fruchtknoten vorgedrungen; ein zweiter Pollenschlauch ist daraufhin in seinem Wachstum gehemmt worden. Der Fruchtknoten ist deutlich angeschwollen, und die Staubblätter der Blüte sind weitgehend vertrocknet. Bei der Wiedergabe dieser Verhältnisse ist auf anatomische Details des Griffel- und Fruchtknotengewebes bewusst verzichtet worden. Das interaktive Tafelbild 02 zeigt den Ablauf des Bienenfluges von Blüte zu Blüte. Kopiervorlage Wesentlich ist nach dem Erarbeiten des Aufbaus einer Blüte das Herausarbeiten der wechselseitigen Abhängigkeit zwischen – in diesem Fall – Biene und Blüte (exemplarisch). Falsch ist die erste Bildreihe; richtig ist der Weg vom Staubbeutel zur Narbe. Autor: Prof. Dr. Ferdinand Rüther, Grafik: Hanns Holtwiesche © Copyright 1971/2010 by Lehrmittelverlag Wilhelm Hagemann GmbH, Düsseldorf Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf deshalb der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hagemann Bildungsmedien Postfach 10 35 45, D-40026 Düsseldorf 2