Zusammenfassung Grundlagen der Politik 1. Politikbegriffe Wissenschaft legt Wert auf eindeutige Begrifflichkeit. Es gibt allerdings in Politikwissenschaft keine einheitliche Begrifflichkeit weil: Begriffe nie richtig oder falsch sind sondern für Fragestellung brauchbar oder nicht Wesen der Sozial od. Geisteswissenschaft: niemals DIE EINE richtige Lösung bzw. Perspektive Aussage Politikwissenschaftler John Kingdom: „In der Politik geht es darum, wie Menschen ihr Zusammenleben in Communities organisieren.“ Menschen sind keine Einsiedler sondern soziale Wesen in Gemeinschaften. Daraus resultieren Konflikte: Unterschiedliche Vorstellungen von der Organisation Egoismus Ressourcenverteilung Aussage vom Konfliktforscher Ralf Dahrendorf: „ Wo immer es menschliches Leben in der Gesellschaft gibt, gibt es auch Konflikte. Gesellschaften unterscheiden sich nicht darin, dass es in einigen Konflikte gibt und in anderen nicht; Gesellschaften unterscheiden sich in der Gewaltsamkeit und in der Intensität von Konflikten.“ Unterscheidung WIE mit Konflikten umgegangen wird ist der Maßstab für die politische Güte. Politik als Konfliktregelung auf Basis verbindlicher Werte bedingt als Voraussetzung, dass Konflikte auch wahrgenommen werden. Alternative Perspektiven auf Politik: Politikwissenschaft kennt viele Definitionen: Politik als Suche nach Kompromiss: Otto von Bismark: „Die Kunst des Möglichen“ Aristoteles: Höchste Form der menschlichen Gemeinschaft mit Ziel „Gemeinwohl“ Ist ein Idealzustand oder ethisches Ideal, das empirisch nicht haltbar ist. (Real: Interessensstreit, Manipulation, Gewaltanwendung.) Kann als Referenzgröße zur Evaluierung realweltlicher Prozesse dienen; Politik als Herrschaft: Herrschaft bedeutet Entscheidungen zu treffen, die einen größeren Personenkreis betreffen. Max Weber: „Die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angegebenen Personen Gehorsam zu finden.“ Herrschaft beruht auf Legitimität: Bezeichnet den Glauben an die Rechtmäßigkeit politischer Herrschaft bzw. die Bereitschaft der Beherrschten zur Anerkennung des Herrschaftsanspruches. 1 Legitimitätskrise: Wenn große Teile der Bevölkerung an der Rechtmäßigkeit des Handelns der Herrschenden zweifeln. Max Weber unterscheidet drei Idealtypen von Herrschaft: Rationale/Legale Herrschaft Traditionale Herrschaft Charismatische Herrschaft Realität ist immer einer Mischform der Herrschaften. Politik als Ausübung von Macht: Nicht alle Handlungen werden vom Volk als legitim angesehen, Macht ist das Mittel um weniger populäre Maßnahmen durchzusetzen und damit Erklärung für Phänomene. Kommunikationstheoretiker Harold D. Lasswell: „Politics is about who gets what when and how. “ Macht aufgrund von: Legitimität, Reichtum, Geschlecht, physischer Stärke; 1. Gesicht der Macht: A hat Macht über B und kann B dazu anweisen etwas zu tun was B normal nicht tun würde. 2. Gesicht der Macht: „non-decision making“, politische Tagesordnung bestimmen, ist latentes Gesicht der Macht, selectiv agenda setting, Umgehung von Machtkonflikten; 3. Gesicht der Macht: B entscheidet von sich aus etwas zu tun was A will obwohl es B’s Interessen widerspricht, „the ability to influence another by shaping what he or she thinks, wants or needs“ 4. Gesicht der Macht: Die Definition der Norm. Z.B. Magersucht eines Mädchens weil die Norm dünn und schlank vorgibt. Politik als Manipulation: Manipulation der Massen, im täglichen Gebrauch wird Politik oft mit den Begriffen hinterhältig oder gerissen gleichgesetzt. Britischer Historiker Lord Acton: „Power tends to Corrupt and absolute Power corrupts absolutely. “ Macht korrumpiert weil Machthaber ihre Position Missbrauchen. Italienischer Politiker & Philosoph Niccolo Machiavelli: „Politik ist die Summe der Mittel die nötig sind, um zur Macht zu kommen und sich an der Macht zu halten und um von der Macht den nützlichsten Gebrauch zu machen.“ Das Englische kennt drei Politikbegriffe, die ins Deutsche übernommen wurden: Polity: Ordnung des politischen Systems, formale und Institutionelle Dimension des Normengefüges Politics: Prozess der Entscheidungsfindung Policy: Problembearbeitung und Aufgabenerfüllung durch System mit verbindlichen Entscheidungen, Inhalte, Ziele, konkrete Programme; Alle drei Begriffe zusammen werden als Politik bezeichnet…. 2 2. Politisches System Definition: Ein System ist aus Elementen aufgebaut, die untereinander und auf sich bezogen wechselwirken. Darum können sie als zweckgebundene Einheit angesehen und gegenüber der Umwelt abgegrenzt werden. Die Struktur bezeichnet das Muster der Systemelemente und ihre Beziehung zueinander, wodurch das System funktioniert und sich erhält. (Strukturloser Zusammenhang: Aggregat) Makroebene: System als Ganzes Mikroebene: Systemelemente (Wechselwirkungen bestimmen Eigenschaften des Gesamtsystems) Wechselwirkungen: Austauschprozesse, Stoff-, Energie-, Informationsflüsse; „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“: Beobachtungen auf Makroebene lassen sich aus dem Verhalten der Elemente nicht erklären. Systemansatz entstand in 40er und 50er Jahren, geht v.A. auf den Soziologen Talcott zurück Systemansätze als Versuch wissenschaftlicher Spezialisierung entgegen zu wirken bedeutet: Integratives Konzept und einheitliches Vokabular. Beispiel: Ein politisches System (PS) lässt sich vom wirtschaftlichen System abgrenzen. Das PS hat Struktur und Wechselwirkung, es steht im Austausch mit der Umwelt (Input-Output-Modelle). Das PS ist ein analytisches Konstrukt: Der Versuch durch Analyse ein Modell zu basteln, dass für die jeweilige Anwendung seine Funktionen zur Erklärung erfüllt. Struktur des Funktionalismus (Talcott Parson 1902-1979, Soziologe und Theroretiker): Die Theorie funktional differenzierter Systeme: Versuch einer Universaltheorie der Soziologie, die für alle Zusammenhänge und Phänomene gleichermaßen Gültigkeit besitzt. Von Mikroproblemen bis zur Differenzierung von Gesamtgesellschaft Wenn ein Phänomen eine zeitlich stabile Struktur hat, ist es nach Parson als System zu betrachten: (Struktur: Austauschprozesse (Wechselwirkung), umwelt-offene-Systeme od. Input-Output-System) Nach Parson muss jedes System 4 Funktionen aufrechterhalten um zu existieren. Vier Funktionen des AGIL- Schemas: Adaption (Gewöhnung): Anpassungsfähigkeit, um auf veränderte Bedingungen reagieren zu können Goal Attainment (Erreichen von Zielen): Fähigkeit, Ziele zu definieren und zu verfolgen Integration (Einbindung): Fähigkeit, Eingliederung und Zusammenhalt herzustellen und abzusichern Latency (Verborgenheit): Latent Pattern Maintenance, Aufrechterhaltung der Struktur und des Wertemusters Innerhalb jedes Systems müssen Subsysteme (Strukturen) diese 4 Funktionen erhalten bzw. sich identifizieren lassen, um als System nach Parson zu gelten. 3 David Easton schließt an Parsons Überlegungen an: Er formuliert das PS als besonders ausdifferenziertes Teilsystem der Gesellschaft. Easton kritisierte die politische Wissenschaft, weil sie vor allem die Geschichte politischer Ideen betrachtet(e) -> „Historicism“; eine theorielose Sammlung von Daten, deren Relevanz nicht nachvollziehbar ist (/war). Darum Notwendigkeit einer empirisch orientierten Theorie der Politik oder ein Konzept des PS. Eastons Grundfrage: „Wie erreichen es politische Systeme, sich in einer Welt, die zugleich Stabilität und Wandel aufweist, zu behaupten? Die Suche nach einer Antwort wird schließlich das aufdecken, was ich den Lebensprozess von PS genannt habe – d.h. jene fundamentalen Funktionen, ohne die kein System existieren kann sowie jene typische Reaktionsweise, durch die Systeme diese Prozesse in Gang halten. Die Untersuchungen dieser Prozesse sowie die Beschaffenheit und die Bedingungen dieser Reaktionen halte ich für das zentrale Problem der politischen Theorie.“ Grundlegende Überlegungen von Easton: Festlegung der Analyseeinheit: Politisches System Identifikation der politischen Interaktionen und die Abgrenzung zu der Gesamtmenge gesellschaftlicher Interaktion Funktionsbeschreibung (Zweck): Herstellung und Durchsetzung von allgemein verbindlichen Entscheidungen und Werten durch Handelnde bzw. Rollenträger (d.h. Akteure bzw. Minister Abgeordnete usw.) Es gibt Austauschbeziehungen mit der Umwelt (= Gesellschaft bzw. Environment) Umwelt ist zu differenzieren: Intra-societal enviroment (ökologisches und ökonomisches System) und extra-societal environment (internationale Organisationen und internationale politische Systeme: NATO, UNO, …) Das PS ist ein Grenzen erhaltendes System: Es differenziert sich eindeutig aus der Gesellschaft. Grad der Differenzierung: Unterscheidung politischer Rollen, Hierarchie, Wahlmodi, Gruppenbildung von Rolleninhabern Für die Presistenz (Dauerhaftigkeit) des PS ist nach Easton folgendes notwendig: Einflüsse/Forderungen der Gesellschaft notwendig bzw. unvermeidlich Entscheidungsträger/Akteure brauchen Feedback bzw. Rückkopplung Es braucht Beharrlichkeit und Fortdauer. Easton: „persistence through change“ Nicht statisch sondern dynamisch angepasst Input conversation output feedback …. Input: demands and support (Erwartungen, Interessen, Steuerleistung, konkrete Impulse, Wehrdienst, Loyalität, Wahlbeteiligung). Materielle und immaterielle Unterstützung unabkömmlich, Forderungen sind konkrete Impulse. PS haben allerdings begrenzte Kapazität, darum Selektion. 4 Specific and diffuse Support: Entsteht von Kindheit an durch Sozialisation (Werte, Normen, Erfahrungen,…) Specific Support: Forderungen durch Output realisiert Support Diffuse Support: Forderungen durch Output nicht realisiert Support (zumeist kurzfristig) Ausreichend Diffuse Support ist für Fortbestehen notwendig Vertrauensvorschuss für neuen Lösungsansatz. Modell nach Easton: Kritik an Eastons Systemtheorie: + Universell anwendbar, Aufschlüsselung von Struktur und Funktion, erklärend und nicht wertend - Interner Willensbildungsprozess bleibt offen (Black Box) Gabriel A. Almond Entwickelte Eastons Modell für die empirische Anwendung / Prüfung weiter Vergleich von Regionen und Staaten möglich Vergleich NICHT anhand begriffsgleicher Elemente sondern anhand von Elementen analoger Funktion (z.B. Institution der Interessensartikulation) Funktionen des PS nach Almond: Input Funktionen: Sozialisierung und Rekrutierung der politischen „Personals“ Interessenartikulation und Aggregation, politische Diskussion und Kommunikation Output Funktionen: Rulemaking, Rule-application, Rule adjudication (Outputfunktion entspricht im Wesentlichen den traditionellen drei Gewalten: Legislative, Exekutive, Judikative) 5 3. Politische Akteure Der Staat als Institution ist als abstraktes Normen- und Regelsystem unabhängig von Personen. Die Realität zeigt aber, dass er erst durch Akteure im Rahmen von Institutionen tätig werden kann. Politik wird von politischen Akteuren gestaltet. Das Handeln von politischen Akteuren wird von Begrenzungen kanalisiert und folgt kulturellen Standards. Akteure: Werden durch Handlungsressourcen durch den institutionellen Kontext und durch die Handlungsorientierung charakterisiert. Handlungsressourcen: Persönliche Stärke (Intelligenz, physische Stärke, Human- und Sozialkapital, Geld, Ressourcen) Im Kontext der Policy Forschung gemeint: Institutionelle Regeln, Kompetenzen, Partizipationsrechte, Vetorechte, Recht zur autonomen Entscheidung Handlungsorientierung: persönliche Wahrnehmung und Präferenzen … Institutioneller Kontext: formale und rechtliche Normen Soziale und Idealistische Normen Staatliche Programme sind nicht von einem einheitlichen Akteur produziert und nicht ausschließlich auf das Gemeinwohn ausgerichtet. Es ist eher (=wahrscheinlicher) ein Produkt strategischer Interaktion zwischen einer Vielzahl von Akteuren. Interaktionsformen (vier Idealtypen): Einseitiges Handeln, Verhandlung, Mehrheitsentscheidung hierarchische Steuerung; Das Verhalten von Akteuren, Akteurskonstellationen und Interaktionsformen, kann nur vor dem Hintergrund des institutionellen Kontextes verstanden werden. Institutionen sind Regelsysteme und Umfassen formale, rechtliche und soziale Normen. 6 Wie beeinflussen Institutionen politische Ereignisse: Sie beeinflussen in begrenzter Bandbreite (wegen Regelsystem) und wirken damit als Filter von Teilaspekten die Entscheidungen betreffen Kompetenzen und Handlungsressourcen geben Ziele teilweise vor (z.B. Umweltschutz) Aufmerksamkeit wird auf bestimmte Aspekte (= selektive Wahrnehmung) gelenkt. Unterschiedliche Institutionen (kollektive Akteure) sehen unterschiedliche Probleme (Umweltministerium, Naturschutzbehörde, usw.) Es gibt verschiedene Arten (Typologien) von Akteuren, diese sind allerding eine Vereinfachung. Zwei werden vorgestellt: 1. Akteurszentrierte Institutionalismus (Scharpf) 2. Eine an inhaltlichen Interessenslagen orientierte Typologie (Prittwitz) Typologiebeispiel 1: Akteurszentrierte Institutionalismus (Scharpf) Als Modellbeispiel zur Erklärung der Handlungen von Akteuren wird (u.A.) der am Max Plank Institut von Renate Mayntz und Fritz W. Scharpf ausformulierte akteurzentrierte Institutionalismus verwendet: Das Modell geht von der Annahme aus, dass soziale Phänomene, damit auch die Politik, als Produkt von Interaktion von Akteuren erklärt werden muss und kann. Unterscheidung zwischen individuellen und komplexen Akteuren; Komplexe Akteure: kollektive und korporative Akteure Ansammlungen von Individuen bezeichnet man als Komplexe Akteure. Untersuchung aus 2 Perspektiven nötig: von außen als Einheit betrachtet. Von innen Individuen, die Handlungen produzieren, die von außen dem komplexen Akteur zugerechnet werden. (Handlungen im Namen von …) 7 Kollektive Akteure: Koalition: relativ dauerhafte Konstellation, miteinander vereinbare Ziele, separate Handlungsressourcen im Rahmen von koordinierten Strategien auf Grundlage von Vereinbarungen Soziale Bewegung: freiwillige Kooperation, große Mitgliederschaft, moralisches oder ideologisches gemeinsames aber einfaches Ziel, keine Führungsstruktur, verteilte Handlungsressourcen, gegenüber gut organisierten Gegnern im Nachteil Clubs: profitieren von kollektiven Handlungsressourcen, Mitgliedschaft freiwillig oder verpflichtend, regelmäßige Beiträge zum Kollektiv (Mitgliedsbeitrag). Beispiele: internationale Organisationen, OECD (mit „Sekretariat“ und zentralem Budget) Verbände: Kollektive Handlungsressourcen und Präferenzen, z.B. Berufsverbände oder Kammern, Principal-Agent-Theorie (Auftraggeber-Beauftragen-Theorie), „Bottom-up“, faktische Kontrolle liegt bei Führung - diese ist allerding den Mitgliedern gegenüber verantwortlich Korporative Akteure: „Top-Down“ Organisation, Strategie und Präferenz von Führung festgelegt, hoher Grad an Effizienz und Effektivität. Negative Seite: Um sich greifende Beherrschung der Welt durch große, mächtige Einzelne, die niemandem gegenüber verantwortlich scheinen. Die Realität kann oft zwischen den verschiedenen Akteurstypen liegen. Typologiebeispiel 2: Eine an inhaltlichen Interessenslagen orientierte Typologie (Prittwitz), Verursacher-, Betroffenen-, und Helferinteressen An inhaltlicher Interessenslage festgemacht, Modell vor allem zur Erklärung von umweltpolitischen Prozessen. Verursacherinteressen: Interesse an der Aufrechterhaltung einer umweltbelastenden Tätigkeit Betroffeneninteressen: wollen Abbau von Umweltbelastungen Helferinteressen: Dritte, die Nutzen aus der umweltpol. Problembewältigung ziehen Wiederum handelt es sich bei der Beschreibung um Idealtypen. (Auch Chemiekonzern braucht für die Produktion der Chemikalien sauberes Wasser.) Interaktionsformen: Annahme: zwischen den Akteuren gibt es normalerweise keine Übereinstimmung, es treten Konflikte auf. Drei Idealtypen: Hierarchie: ungleiche Machtverteilung von Rechten und Pflichten, vor allem in Behörden, Verwaltung, Justiz, wichtig für eindeutige Streitentscheidungen, Zuordnung von Verantwortlichkeit, Form von Gewaltentrennung, stellt Entscheidungsfähigkeit sicher, spart 8 Entscheidungskosten, erzeugt Differenzierung von steuernden, kontrollierenden und ausführenden Stellen; Wettbewerb: vor allem im wirtschaftlichen Bereich oder konkurrierende Parteien (wichtig für Demokratie), weil sich besseres Programm durchsetzen sollte, aber auch konkurrierende Verbände (Lobby- Aktivitäten) um Einfluss bzw. um Zuteilung von Ressourcen kämpfen müssen. Konkurrenz zwischen Staaten und Gemeinden (Gebietskörperschaften) (z.B.: Standortkonkurrenz) ist allerdings durch internationale Regime und Organisationen beschränkt. Verhandlung: Konfliktregelung zwischen formal gleichberechtigten, Kooperationswille und vernünftiger sowie angemessener Argumentationsprozess sind Voraussetzung; man unterscheidet korporatistische Verhandlungssysteme (tripartistische Struktur, Regierung vermittelt) und relativ dauerhafte Politiknetzwerke. Interaktionsformen sind in der Realität immer Mischformen! Beispiel: (von Fritz Scharpf): negative Koordination (bilaterale Verhandlung, Anhörung) und positive Koordination (multilaterale Verhandlung). Multilaterale Verhandlung nur bei kleinen Beteiligtenzahlen effektiv. Positive Koordination in Behörden und Verwaltung, weil rein hierarchisch unbrauchbar, um Entscheidungen konfliktfrei zu lösen. Dezentrale Verhandlungen entlasten Leitungsebene, Hierarchie wird dadurch allerdings nicht außer Kraft gesetzt (Scharpf: „Im Schatten der Hierarchie“). Die Gefahr unfairer Verhandlungen ist gering, weil es nur relativ geringen Verhandlungsspielraum gibt und Ergebnisse in der Regel kalkulierbar sind. 9 Handlungslogiken ausgewählter Akteure Bürger: Unterscheidung zwischen der Rolle als Staatsbürger und als Akteur sowie als Akteur in gesellschaftlichen Bereichen. Nicht wie in totalitären Regimen Einbeziehung der ganzen Persönlichkeit. Bürger muss als Citoyen (zumindest als Teil der politischen Öffentlichkeit [= Publikum]) aktiv sein (z.B. wählen gehen), damit die Demokratie funktionieren kann. Verfolgung kollektiver Interessen. Bürger muss auch als Bourgeois /Privatperson (ohne öffentliches Amt) seine eigenen Interessen verfolgen. In modernen Staaten ist der Bürger Citoyen und Bourgeois gleichermaßen Bürger können Verträge mit den Staat aushandeln, Bürger als Kunde von Leistungen Die Rolle des Bürgers wandelt sich mit der Zeit Der Bürger als Amtsinhaber verfügt über Staatsgewalt und fungiert im doppelten Sinn als Repräsentant: als Staatsvolk und gleichermaßen die jeweilige Institution, in der er ein Amt inne hat. Politiker (Idealtypen): 1) Stimmenmaximierer oder primär an Umsetzung von Programmen interessiert. Negativ behaftet, allerdings nicht schlecht, weil sie sich in der Konkurrenz um Stimmen nur mit guten Programmen durchsetzen können. 2) Parteipolitiker streben danach, ihre Interessen zu verwirklichen, indem sie Interessen ihrer Partei verwirklichen. Ist nicht zwingend am Gemeinwohl orientiert, sondern an Willensbildungsprozessen durch Kommunikation. 3) Demagoge: Nutzt Vorurteile und Ängste aus, um Stimmen zu bekommen. 4) Ideologe: an kohärenten Programmen interessiert. 5) Staatsmann: Durchsetzung von Programmen unabhängig von leicht mobilisierbaren Bedürfnissen, handelt verantwortungsethisch kalkuliert; also langfristige Folgen (Max Weber) Beamte: (lt. Max Weber) modellhafter „klassischer“ Beamter: arbeitet frei von persönlichen Interessen, in fester Amtshierarchie, nach Fachqualifikation angestellt, hauptberuflich, geordnete Laufbahn; Ökonomische Theorie der Bürokratie: weniger durch Regeln, viel mehr durch Eigeninteressen, Budget und Einfluss maximieren, streben nach: Mittel, Einkommen, Macht, Prestige. Darum eine Ausdehnung der Staatsausgaben. 10 Unterscheidung in: Aufsteiger (climbers), Bewahrer (conservers), Eiferer (zealots), Anwälte (advocates) (arbeiten im Interesse eines bestimmten Klientels), Statesmen (dient der Allgemeinheit, Promotoren von Reformen). Moderne Verwaltung benötigt immer mehr Technokraten (Spezialisten). Oft wird versucht so viele Ressourcen wie möglich für die Aufgabenerfüllung zu mobilisieren. Generalisten sind fächerübergreifende Akteure. Leistungsfähigkeit ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Spezialisten und Generalisten. Parlament: Parlament ist ein Organ der Gesetzgebung, Vertreter durch Volk gewählt, Entscheidungen nach Mehrheitsregeln, in öffentlichen Auseinandersetzungen (im Parlament) Konkurrenz um Wählerstimmen. Politikstile variieren in verschiedenen Regierungssystemen. Im britischen Parlament ist Debatte und Konfrontation wichtig, im schwedischen eher Verhandlungen in unabhängigen Ausschüssen. Das Österreichische Parlament (Exkurs) Das politische System Österreichs ist ein parlamentarisches. Im Zentrum ist formal das Parlament. Bundesebene: Nationalrat; Landesebene: Landtage; Gemeineebene: Gemeinderat. Alle Gesetze müssen im NR debattiert und mehrheitlich beschlossen werden. In Parlament tritt die Regierung der Opposition gegenüber, starke Opposition bedeutet starke Kontrolle. Die Regierungsbildung erfolgt indirekt und ist im Parlament auf eine Mehrheit angewiesen. In manchen Bereichen braucht die Regierung die Zustimmung des NR, z.B. Politik im EU-Rat, Ratifizierung von Staatsverträgen. Das Parlament bildet eine öffentliche Tribüne zur Austragung und Darstellung der Akteurspositionen. Parlamente der Länder und Gemeinden bestehen aus jeweils einer Kammer. Der Nationalrat besteht aus zwei Kammern: dem direkt gewählten NR und dem von den Landtagen bestückten Bundesräten. Man spricht von einem „unechten Zweikammernsystem“, weil der NR mehrfach Vorrang hat. Das Parlament beschließt Gesetzte die meist in einem vorgelagerten Bereich (vorparlamentarischer Raum) vorbereitet werden. Der NR wird auf Basis von Gesetzesinitiativen tätig, diese können von verschiedenen Akteuren ausgehen: Von der Bundesregierung in Form von Vorlagen, 5 Abgeordnete können Initiativantrag stellen, Ausschüsse des NR in Form von Ausschussanträgen, ein Drittel der Bundesräte durch Gesetzesinitiative, 100.000 Wahlberechtigte in Form eines Volksbegehren. Gesetzesinitiativen gelangen zunächst zum zuständigen Ausschuss (nicht öffentlich), die Abgeordneten können sich hier von Experten aus Ministerien oder von Verbänden beraten lassen. In Plenarsitzungen werden nur in Ausnahmefällen Änderungen an den Gesetzestexten vorgenommen. Das Plenum dient wiederum als öffentlichkeitswirksame Tribüne. Abgeordnete treten in der Regel einstimmig auf. (Fraktionsdisziplin) Veränderung der Einfachen Bundesgesetze benötigen 50% plus eine Stimme; Verfassungsgesetze ohne Gesamtänderung der Bundesverfassung benötigen eine Zweidrittelmehrheit, Verfassungsgesetze mit Gesamtänderung der Bundesverfassung eine Volksabstimmung. 11 Nach Beschluss des NR wird Bundesrat befasst, nach Beschluss durch Bundesrat (gegebenenfalls nach Beharrungsbeschluss) wird das Gesetz von Bundeskanzler, von Bundespräsidenten und von den jeweiligen Ministern unterzeichnet. Parlament bestimmt inhaltlich mit und legitimiert, führt aber nicht aus. Regierung und Verwaltung übernimmt diese Aufgabe und erfüllt allgemein zwei Aufgaben: Steuerungsfunktion (Gestaltung im Rahmen der gesetzlich bereits beschlossenen Vorgabe), Durchführungsfunktion (durch ergänzende Rechtssetzungen, organisatorische, personelle, sachliche Maßnahmen nach dem Willen des Parlaments). Die Vollziehung setzt sich aus Bundespräsident, Bundesregierung und den Bundesministern zusammen. Das Ministerialsystem hat das Schwergewicht bei der Vollziehung. Machtstellung der Bundesminister ist durch das Prinzip der Einstimmigkeit im Ministerrat eingegrenzt. Bei Koalitionsregierungen verlagert sich die Macht vom Bundeskanzler auf den Koalitionsausschuss. Die Regierung ist ein Kollegialorgan. Die Regierung ist vertikal (Bund, Länder, Gemeinden) gegliedert, aber auch horizontal nach Ressorts (Ministerien). Zwischen Ressorts gibt es Konkurrenz beziehungsweise Ziele, Ideen und Konzepte. Die Grenzen zwischen den Ressorts werden durch Fachkompetenz und politische Macht gezogen. Bundesregierung besteht aus Bundeskanzler, Vizekanzler, Bundesministern, Staatssekretär. Wenn sie als Ministerrat zusammentreten, handeln sie als Kollektivorgan. Beschlüsse müssen einstimmig sein. Bundeskanzler hat Vorsitz. Er verabschiedet Regierungsvorlagen und fasst Entscheidungen (z.B. Spitzenpositionen in der Bürokratie und im Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof). Konsens und Kompromiss sind gefragt weil die Einstimmigkeit ein Vetorecht für jeden bedeutet. „Ressortprinzip“ bedeutet: jeder Minister trägt die politische Verantwortung für sein Ministerium, in Form möglichen Misstrauensvoten seitens des NR. Benötigt 50% plus eine Stimme. Ressortprinzip bedeutet also auch Personalhoheit (Ausnahmen: wenige Spitzenpositionen). Werden Ministerien lange von derselben Partei geführt, werden vor allem Beamte dieser Partei eingesetzt (Politisierung des Beamtentums). Mitglieder der Regierung können sich mit einem persönlichen Mitarbeiterstab umgeben (Kabinette, Ministerbüros). Die Kabinette haben in der Zwischenzeit einen erheblichen Umfang erreicht. Verwaltung Übernimmt die Aufgabe des Vollzugs, bestehen aus einer Vielzahl von Akteuren, sind/weil intern stark untergliedert; Bürokratiemodel von Weber: Prinzip der Zweck- Mittel-Rationalität, politische Programme streng nach Problemlösung vor Ort Unparteiisch durch den Einsatz geeigneter Mittel, strenge Regeln binden und verhindern Missbrauch und Vernachlässigung 12 Festgelegte Hierarchiebereiche und Kompetenzen, Regelgebundenheit, Hauptamtliche Fachbeamte Inhaltsreiche Zielvorgaben Realpolitisch ist die inhaltsreiche Zielvorgabe eher selten Problem. In konfliktreichen Fragen mit nicht herstellbarer politischer Einigung wird die Entscheidung damit auf eine andere (hierarchische) Ebene verfrachtet. Im Routinegeschäft ist die Bürokratie erfolgreich. Mit Ausnahmesituationen kommt das System aufgrund seiner Starrheit nicht so gut zurecht. Diese Starrheit bewahrt die Verwaltung vor kurzfristigen Politikmoden, verhindert aber auch rasche nachhaltige Anpassung. Bürokratiemodel des New Public Managements NPM: Stark an die Steuerungsverfahren der Privatwirtschaft angelehnt Es soll unklare politische Zielorientierung der Verwaltung für betroffenen Bürger verbessert werden (unklare Zielvorgaben dennoch ein Problem) Überwindung verwaltungsinterner Hemmnisse wie starre nicht angepasste Maßnahmen Kundenorientiertheit Dezentrale Steuerung durch Verträge, Festlegung von Leistungsanforderungen und Handlungsspielräumen Flexibilität und Leistungsanreize durch Konkurrent. Leistungskontrolle durch Kennzahlen (benchmarks) erhöhen Standard. Dadurch entstehen Märkte für Wettbewerb und Leistungssteigerung Qualitätssicherung und Controlling Grenzen liegen dort wo öffentliche Ausgaben sich grundlegend von der gewinnorientierten Produktion auf Märken unterscheiden Die Demokratische Steuerung und Kontrolle des NPM steht in Frage Informale Handlungspläne der Verwaltung (reale Abweichung vom Idealtyp nach Weber oder dem NPM): Informationsnetzwerke spielen eine wichtige Rolle, jede Teilinstitution gibt selektiv Information weiter. Die Spitze ist auf die Kooperation der untersten Stellen angewiesen. Die Machtbeziehung ist komplexer als in der idealtypischen formalen Welt. Untere Stellen können Informationen verweigern, verzögern oder abändern; Informale Aufgabensicht ist behördenintern oft ideologisch gefärbt (z.B. Naturschutz bei Naturschutzbehörde) Informale Organisationsziele: jede Teilinstitution will ihre Zuständigkeit, Macht usw. ausdehnen, Kampf um Ressourcen und der gleichen. Insgesamt kann das Verhalten von Behörden ohne die Berücksichtigung informaler Interessen nicht befriedigend erklärt werden. 13 Parteien Sind Zusammenschlüsse von politisch aktiven Bürgern und übernehmen die Vermittlung zwischen Volk und Staat. Ohne konkurrierende Parteien wäre eine Demokratie nicht möglich. Die Parteien bewirken Vertrauen und sorgen für Unterstützung für Institutionen der Politik, schaffen damit Legitimität. Außerdem mobilisieren die Parteien Beteiligung und stehen im Wettbewerb um politische Inhalte. Weiters: Rekrutierung politischer Eliten, Repräsentation von Bürgerinteressen. Weiters gibt es pragmatischer Weise Vorteile der Mitgliedschaft. Parteien stellen kritische Öffentlichkeit und Kontrolle der Abgeordneten und der Regierung sicher. Parteitypen: In den USA eher lose Gebilde oder Wählervereine. Die europäischen Parteien viel stärker in das politische System integriert. Innerhalb der EU allerdings gewichtige Unterschiede. Differenzierung von Parteien: Weltanschauungsparteien: Mobilisierung von Bürgern aufgrund von Ideologien Volksparteien (catch-all-Parteien): vertreten weniger partikulare Interessen, eher an Gemeinwohl orientiert Protestparteien: eher Außerhalb des Staates für Unterstützung der Opposition Klientelparteien: schwerpunktmäßig für Interessen mehr oder weniger eng definierten Bevölkerungsgruppen Rechtsgrundlage ist nicht in Verfassungsurkunde, obwohl die erste und die zweite Republik Österreichs von Parteien ausgerufen wurden. Verfassungsrechtliche Grundlage im Parteiengesetz 1975 (Regelung: Aufgaben, Finanzierung und Wahlwerbung). Verfassung nennt lediglich „Wahlpartei“. Parteien in Österreich Staatstragend. Gate-Keeper-Funktion von SPÖ und ÖVP. Parteienstaat, der sich durch die Verflechtung von Parteien mit Wirtschaft, Gesellschaft, Staat äußert, in der Besetzung von Spitzenpositionen nach dem Proportionalitätsprinzip (Proporz). Verbände Verbände oder Interessensvertretungen dienen der Interessenvermittlung zwischen Staat und Gesellschaft. Ausarbeiten von Entscheidungsalternativen, Vorbereiten von Gesetzesentwürfen, liefern von Informationen für die Politik; zu diesem Zweck werden Mitglieder mobilisiert, die die Verbandsarbeit finanziell und ideell unterstützen. Verbände treten nur für die eigenen Interessen (Mitgliederinteressen) ein. Beziehung zwischen Staat und Verbänden durch Konflikte und Kooperation geprägt. Staatlichen Akteuren wird teils vorgeworfen, dass sie sich von Verbänden vereinnahmen lassen (capturing). Die Macht der Verbandfunktionäre ist teils beträchtlich obwohl unzureichender demokratischer Legitimation. Mitgliedschaft kann obligatorisch oder freiwillig sein. Beispiel Hochschülerschaft mit Zwangsmitgliedschaft, weil der Verband die Interessen aller Studenten vertritt und so Trittbrettfahren und Genießen von Vorteilen ohne Beitrag verhindert werden soll. Ist ein Verband 14 groß genug, ist für den einzelnen die Beteiligung nicht mehr sinnvoll, weil sich „schon andere darum kümmern“. Das betrifft speziell große Verbände. Große Verbände werden in diesem Zusammenhang als „latente“ (unsichtbare) Verbände bezeichnet. (Mancur Olson: Dilemma der Verbandsbildung) Kleine Verbände werden als „privilegierte“ Gruppen bezeichnet. Mechanismen um Mitglieder zu gewinnen: gesetzliche Verpflichtung (Berufsinnung, Kammern), Ideelle Bindung, Angebot von Dienstleistungen. Medien Wirklichkeit wird in der Regel nicht abgebildet sondern vielmehr sozial konstruiert, verzerrt und ungenau wiedergegeben, tendenziöse und ideologische Weltsicht, den Zwängen der Nachrichtenproduktion unterworfen (Verkaufszwang, Konkurrenz zu anderen Medien). Ausrichtung nach Nachrichtenfaktoren wie: Nähe (räumlich), Prominenz, Überraschung, Konflikt, Kriminalität, Personalisierung, … Zweck der Berichterstattung: Genuine Ereignisse: Ereignisse, die ihren eigenen Gesetzlichkeiten gehorchen Mediatisierte Ereignisse: Vorfälle, die zwar ohne Medien auch geschähen, allerdings aufgrund von erwarteter Berichterstattung einen mediengerechteren Charakter erhalten haben. Inszenierte Medienereignisse, deren Zweck nur die Berichterstattung ist Inszenierte Medienereignisse, von der Parteiendemokratie zur Mediokratie, bedeuten unabsehbare Folgen. Die Medien sollten die Politik beobachten. In der Mediendemokratie beobachten Akteure die Medien um auf der Medienbühne einen sicheren Platz zu gewinnen. Politik wird zu Politainment. Politik verändert sich aufgrund von Medien. Wie soll der Bürger unterscheiden was bloße Schaustellung und was gut dargestellte Realität ist? Wissenschaft Die Wissenschaft ist ein gesellschaftlicher Akteur. Gerade im Bereich der Umwelt- und Ressourcenpolitik wichtig. Die Integration von Wissenschaft in die Politik: Wissenschaft von öffentlichen Geldern finanziert, daher wird ein Beitrag zur Gestaltung von staatlicher Politik erwartet. Neuer Begriff: evidence-based-policy-making: Politik soll auf eine solide Wissensbasis gestellt werden Hinzuziehung von Expertise erhöht oft den Grad an Unsicherheit Es wird Partizipation und Transdisziplinarität gefordert Demokratische Legitimation von Wissenschaft ist eine Herausforderung Expertenbasierte Entscheidungen oft unter Technokratieverdacht 15 Lösungsansatz von Jürgen Habermas: „pragmatisches Model“ der kritischen Wechselwirkung und wissenschaftlich angeleiteten Diskussion. Problem besteht darin, das Wissen von einem Ort zum anderen (Politik) zu transportieren. Wissenschaftliche Expertise als zusätzliche Ressource für Akteure zur Durchsetzung von Interessen Wissenschaft als Problemerkennungs- und Frühwarnsystem Wissenschaft als Entscheidungsstütze Wissenschaft als Rechtfertigungs- und Feigenblattfunktion (Kehrtwende in Politik ohne das Gesicht zu verlieren wegen neuer Erkenntnisse) Verschiebungs- und Entlastungsfunktion Neutralisierungs- und Sündenbockfunktion Prestige und Dekorfunktion Politische Prozesse Zusammenfassung der Fallstudie „Tropenwaldpolitik“ Allgemeine, einleitende Anmerkungen: Soll der Veranschaulichung und Diskussionsgrundlage dienen Fall eignet sich besonders für UBRM, direkter Bezug Natur- und Umweltpolitisch Gegenstand war der Schutz der Tropenwaldes sowie die politische Diskussion Prozess der Tropenwaldpolitik war unmittelbarer Ausgangspunkt für umstrittene Fragen der österreichischen Waldpolitik Analyse aus Loefler-Obermayr anhand des Models „Policy Cycle“ Es wird eine Reihe unterschiedlicher pol. Steuerungselemente anhand von Beispielen konkret diskutiert, außerdem bietet diese Fallstudie für alle Phasen empirisches Material Phasen und Ablauf Problemwahrnehmung: zuerst Thematisierung im Rahmen internationaler Prozesse, Sorge um Verschlechterung der Klimas und Reduktion der Artenvielfalt, von Industrieländern wird Konvention zum Schutz dieser Wälder gefordert, massiver Widerstand der Entwicklungsländer keine Konvention, UNCED (United Nations Conference on Environment and Development) verabschiedet Waldprinzipien die nachhaltige Waldbewirtschaftung fordert und damit ein neue forstpolitische Ära einläutet sowie Grundlage für internationale und regionale Prozesse ist. Thematisierung durch Umweltorganisationen, Tropenholzhandel wird für Ursache der Zerstörung verantwortlich gemacht Problemdefinition: Tropenholzboykottkampagnen bringt Regierungen unter Zugzwang, öffentliche Aufmerksamkeit, Umweltministerin Flemming spielt wichtige Rolle, durch Problemdefinition der Umweltverbände erfolgt Agenda Setting Agenda Setting: Juli 1990 Entschluss des NR zu geeigneten Wirtschafts- und Umweltpolitischen Maßnahmen sowie Unterstützung von Projekten zum nachhaltigen 16 Waldwirtschaften, Oktober 1990: „Selbstverpflichtungserklärung der österreichischen Holzimporteure“; Verzicht auf Tropenholz aus nicht-nachhaltig bewirtschafteten Tropenwäldern sowie Forderung auf Verzicht nach gesetzlichen Maßnahmen solange Verletzung der Selbstbeschränkung nicht nachgewiesen wird. Versuch, Agenda Setting zu beeinflussen, ineffiziente Kontrolle. Politikformulierung: Abgeordnete der SPÖ Initiativantrag (Juli 1991) nach Importverbot von nicht nachhaltigem Tropenholz (de facto Importverbot, weil es keine nachhaltige Bewirtschaftung gab). Durch Druck der Grünen und Umweltverbände mobilisieren bevorstehende UNCED für Konsens aller beteiligten Akteure, dass es eine Entscheidung geben muss (Frühjahr 1992). Zwei Gutachten zu handelsrestriktiven Maßnahmen stellen fest: keine GATT-Konformität (General Agreement on Tariffs and Trade), Deklarationspflicht möglich, handlungsrestriktive Maßnahmen aufgrund internationaler Signalwirkung hohe Attraktivität. Zeitdruck; Untersuchungs-Ausschuss von SPÖ + ÖVP + Grüne formuliert Maßnahmen, diese werden am 8. Juli 1992 beschlossen. Maßnahmen: verpflichtende Kennzeichnung, freiwilliges Gütezeichen, Erhöhung von Zöllen um 70%; dadurch finanzielle Mittel zu Projektförderung nachhaltiger Waldbewirtschaftung. Durch diese Maßnahmen sind auch österreichische Wälder betroffen. Reformulierung und Umsetzung: wirtschaftliche Boykottdrohung von Malaysien und Indonesien, daher Gefährdung von Aufträgen und Arbeitsplätzen in Millionenhöhe; Initiativantrag von SPÖ und ÖVP zur Abschaffung der verpflichtenden Kennzeichnung und neuerliche Bestätigung der freiwilligen Kennzeichnung; Handlungsalternativen: Außen- und wirtschaftspolitisches Kräftespiel, Vollkommener Rückzug und Gesichtsverlust, teilweiser Rückzug; Nicht die Diskriminierung von Tropenholz führt zum Ziel sondern globaler Waldschutz! Spezifische Merkmale der politischen Prozesse der Tropenwaldpolitik: Politikformulierung basiert auf parlamentarischen Initiativen und vollzieht sich fast ausschließlich in den parlamentarischen Ausschüssen. Motivation primär aufgrund des politischen Umfelds; Druck von Umwelt- und Grünenbewegung. Zentral sind handelsrestriktive Maßnahmen, die jedoch von vielen Experten in Frage gestellt werden. Handlungskalkül ist die politische Profilierung. Innerstaatliche Durchsetzung wird durch Externalität des Problems begünstigt. Wirtschaftliches Interesse nur marginal. Spannungsfeld in der Beziehung zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern. In Österreich wird bereits 1992 ein Weg eingeschlagen, der in der Folge auch International unter dem Begriff der „Holzzertifizierung und Kennzeichnung“ thematisiert wird. 17 Prozess der Umsetzung: Notwendigkeit von positiven Anreizen anstatt von Verbotsmaßnahmen setzt sich auch auf Ebene der Umweltverbände durch und manifestiert sich insbesondere in der Errichtung des Forest Stewardship Councils (FSC) Neue Strategien: Internationale Konsenslösungen auf diesem Gebiet, Förderung nachhaltiger Waldbewirtschaftung mit Instrumenten auf freiwilligen, marktwirtschaftlichen und entwicklungspolitischen Grundsätzen Marktorientierter Anreiz durch Förderung und marktpolitische Vorteile durch Gütezeichen auf Konsumentenseite Politik als Prozess der Problemverarbeitung Politik ist ein Prozess in dem lösungsbedürftige Probleme artikuliert, politische Ziele formuliert, alternative Handlungsweisen entwickelt und schließlich eine verbindliche Festlegung gewählt wird. Phasenmodell: Politik als Abfolge von Schritten, die mit der Artikulation und Definition anfängt und mit einer verbindlichen Festlegung von pol. Programmen und Maßnahmen, deren Durchführung und der Evaluation ihrer Auswirkungen endet. Outputs werden zu einem zentralen Gegenstand der Analyse. Der beschriebene Ablauf ist allerdings ein Idealtyp und wirklichkeitsfremd, weil die pol. Rolle der Verwaltung unterschätzt wird. Empirische Untersuchungen bestätigen die wichtige Rolle der Verwaltung (auch in der Politikformulierung). Verwaltung verfügt durch ungenaue Zielvorgabe über einen erheblichen Handlungsspielraum. Die Annahme, dass die Verwaltung ohne politische Motivation genau die Vorgaben umsetzt, muss zugunsten einer komplexeren Sichtweise aufgegeben werden. Lasswells Konzept der Phasen des „Policy-Making“ Der ursprüngliche Anstoß politische Prozesse als eine Folge diskreter Phasen zu betrachten geht auf Harold D. Lasswell zurück. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Intelligente: Sammlung, Verarbeitung und Vorbereitung von relevantem Wissen Promotion: Unterstützung ausgewählter Alternativen Prescription: die verbindliche Festlegung der gewählten Entscheidung Invocation: die Durchsetzung der Policy Application: Die Anwendung und Umsetzung innerhalb der Bürokratie oder Gerichten Termination: die Beendigung der Policy und Appraisal: die Bewertung gegenüber der ursprünglichen Ziele Fast vollständige Übereinstimmung mit der Planungs- und Entscheidungstheorie: Informationsbeschaffung, mögliche Alternativen, Analyse (Kosten, Nutzen, Effizienz), Auswahl der Alternative, Umsetzung, Kontrolle; 18 Obwohl empirische Untersuchungen das Phasenmodell immer wieder in Frage stellen, ist es immer noch das Idealbild rationaler Entscheidungen. Eastons (vereinfachtes) Konzept „Policy Output“ Input aus Umwelt (National, International) durch Input-Kanäle gefiltert (Medien, Eliten, Interessensgruppen, Parteien), interne Umwandlung in Entscheidungen, Output; Ergebnisse der Politikformulierung sind Programme in nicht ausformulierter Form (Verordnungen, Regierungserklärungen, politische Willensbekundungen) Ergebnisse der Implementation sind die eigentlichen Outputs Outputs haben einen Einfluss (Impact) erwünschte Wirkung bis aktiver Wiederstand, aber auch Nebenwirkungen und Auswirkungen (Outcomes) Policy Cycle Abfolge als Kreis denkbar, kreisförmige Betrachtung ist Idealtyp, in der Realität eher selten. Systematische Überprüfung, eher selten eindeutige Anfänge und Abschlüsse, Politikinhalte werden ständig formuliert, durchgeführt, evaluiert und verändert, allerdings in einer vielfältigen und verflochtenen Form. Policy-Making endet nie oder nur selten durch Termination. 19 Problemwahrnehmung und Agenda Setting: es muss zwischen der öffentlichen Agenda und politisch-administrativer Agenda unterschieden werden. Weiters muss zwischen der formalen (Parlament) und informalen Agenda (vorpolitischer Raum) unterschieden werden. Agenda Setting ist ein zutiefst politischer Prozess, mitunter werden wichtige Probleme von der Tagesordnung ausgeschlossen; ein systematisches Ignorieren, so können evtl. unliebsame Entscheidungen von vornherein unterbunden werden (non-decision-making). Studien (im umweltpolitischen Bereich) zeigen, dass der objektive Problemdruck kaum ein entscheidender Faktor ist. Wichtig sind eingängige (klare, schlüssige) Problemdefinitionen und Abgrenzungen des Problemkomplexes. Ähnlichkeit von Problemen (Waldschäden, Mülldeponie, Wasserverschmutzung) haben eine bessere Chance, gemeinsam auf die Agenda zu kommen. Wenn Probleme (mangels Information) nicht angepackt werden können, kommen diese kaum auf die Tagesordnung. Bei fehlendem Bewusstsein zur Beeinflussbarkeit kann etwas als „gottgegeben“ angesehen werden und deshalb nicht auf die Agenda kommen. Die breite öffentliche Thematisierung ist oft die einzige Chance auf die Tagesordnung zu kommen, insbesondere für Themen die von Mächtigen dethematisiert werden. Die öffentliche Problemwahrnehmung ist oft stark situitiv geprägt, so kann sich für kurze Zeit ein Policy-Fenster öffnen. 20 Politikformulierung und Entscheidung: In dieser Phase werden aus artikulierten Problemen Programme. In der Regel ein mehr oder (eher) weniger umfangreicher, offener und informeller Austausch- und Verhandlungsprozess, bei dem Ministerien und Interessengruppen von entscheidender Bedeutung sind. Prozesse in Policy-Netzwerken besitzen großen Einfluss, das Ergebnis wird durch die Interessenkonstellation der Akteure bestimmt. In westlichen Ländern ist dies ein zunehmend offener gesellschaftlicher Prozess, bei dem staatliche Akteure nicht notwendigerweise entscheidend sind. Theorie zur Politikformulierung: „Garbage Can Theroy“: geht davon aus, dass komplexe Entscheidungsprozesse als Zusammentreffen bzw. Nicht-Zusammentreffen von vier voneinander unabhängigen Strömen verstanden werden können: - Lösungen die nach Problemen suchen (Kommunikationstechnologie) - Teilnehmer, die auf eine Gelegenheit warten, in relevanten Entscheidungsprozessen eine Rolle zu spielen - Situationen, die es erlauben Entscheidungen zu treffen oder einen Entscheidungsprozess abzuschließen - Probleme, die auf Lösung warten; Implementation: Entscheidung für Handlungsoptionen, durch Zielvorgaben nicht eindeutig steuerbar, Verzögerung, Vereitelung, Veränderung , … Elemente der Phase: Programmkonkretisierung, Ressourcenbereitstellung; In der Politikforschung wurde die Implementations-Phase als eine der wichtigsten festgestellt und wurde zum zentralen Forschungsfeld. Es gilt zu fragen mit welchen Mitteln (Instrumenten: Geld, Anreiz, …) eine Gruppe von Akteuren intentional gesteuert werden kann, um Gemeinwohlorientierung zu erreichen. Wird immer weniger als Top-down-Prozess verstanden, Blick auf Integration von Adressaten. Das Leitkonzept der Hierarchie wird zunehmend in Frage gestellt. Evaluierung und Terminierung: Die Erreichung und Wirkung von Programmen steht im Vordergrund, Evaluation findet immer als Teil von politischen Auseinandersetzungen statt. Die wissenschaftliche Evaluation ist davon allerdings zu unterscheiden. Ein Evaluationsprozess kann mit der Terminierung eines pol. Prozesses enden. Weil Ziel erreicht, oder Geld knapp. Terminierung kann im Fall einer Förderung aber auch an Mächtigen scheitern. Kritik am Phasenmodell: Empirische Untersuchungen und theoretische Debatten zu den einzelnen Phasen des Policy Cyles haben zu einem verbesserten Verständnis der politischen Gliederung und der Prozesse beigetragen. Die Trennung in einzelne Phasen ist allerdings in der Praxis kaum anzutreffen. Aus empirischer Sicht erweist sich die Gliederung als nicht tragfähig. Die Phasen können nicht eindeutig getrennt werden. Die Implementierung zum Beispiel beeinflusst wiederum das Agenda Setting und so weiter. Zu wenig fließt die Tatsache ein, dass ein großer Teil der politischen Aktivitäten nicht ziel- und umsetzungsorientiert ist, sondern rituellen Charakter zum Zweck des Machterhaltes besitzt. Der Policy Cycle dient der begrifflichen und analytischen Orientierung. 21 Politische Steuerungsinstrumente Ohne Steuerungsinstrumente ist die politische Zielerreichung nicht möglich. Es kommt auf das richtige Instrument an, die Auffassung über das „Richtige“ kann aber je nach politischer Großwetterlage unterschiedlich sein. Steuerung im Sinne von Governance nach Easton bedeutet: die materiellen und immateriellen Werte und Ressourcen zu verteilen und das gesellschaftliche Handeln zu koordinieren. Bei Verteilung stellt sich die Frage, wie Werte am Gerechtesten und Effizientesten in der Gesellschaft verteilt werden können. Bei der gesellschaftlicher Koordination gibt es vertikale (Staatlich, übergeordnet) und horizontale Koordination (innergesellschaftlich). Heute gibt es eine „Steuerungsdiskussion“, die einen Wechsel von interventionistischen zu neoliberalen und kooperativen Typen zur Folge hat. Marktwirtschaftlich und Aufklärend. Interventionsstaat war für strategische gesellschaftliche Weichenstellung. Der neoliberale Staat verlangt eine Reduktion des Staates aber weiterhin wichtige soziale Koordinationsfunktion und die Regelung eines optimalen Marktprozesses. Governance-Typ hängt von politischen und gesellschaftlichen Werten ab. Zwei Hauptkategorien: Zwang und indirekte Steuerung Staat besitzt legitime Gewalt: Gebote, Verbote regulative Politik Beeinflussung durch Bereitstellung von Infrastruktur und Institutionen kann neue Handlungskapazitäten erschließen (öffentlicher Verkehr …). In der Politikwissenschaft werden Instrumente häufig nach dem Grad der staatlichen Verhaltensdeterminierung zwischen den Polen Zwang und Freiwilligkeit gemessen. Zwangsmittel rufen schon bei der Politikformulierung Widerstände hervor. 22 Bereitstellung öffentlicher Güter und Dienstleistungen: Der Staat erfüllt in westlichen Länder viele Policy-Ziele unmittelbar selbst. Dazu werden Instrumente eingesetzt, in erster Linie Hoheitsrechte: Verteidigung, Außenbeziehungen, Polizei, Justiz, Steuer- und Finanzrecht. Ohne Hoheitsrechte wäre der Staat nicht handlungsfähig. Güter und Dienstleistungen: Die von privaten Akteuren nicht genügend wahrgenommenen Aufgaben werden vom Staat erfüllt: Kultur, Bildung, Krankenwesen, Wohlfahrt, Umweltschutz, Infrastruktur, Schulen. Diese Güter sind eine Vorbedingung für Wirtschaftswachstum. Damit kommt zum Ausdruck, dass es eine Abhängigkeit zwischen demokratischem Staat und kapitalistischer Wirtschaft gibt. Öffentliche Forschung: Ressortforschung mit Zielvorgaben der Politik. 23 Externe Steuerungselemente: Zielt auf das Verhalten ab. Direkt und indirekt. Individualles Handeln regulieren. Ge- und Verbot ist das zentrale Element des Umweltschutzes, anders in diesem Bereich sehr schwer umzusetzen. Indirekte Steuerung: Der Gedanke ist, dass sich durch Überzeugung bessere Erfolge als durch Zwang erzielen lassen. Information ist Voraussetzung für das wirksame Wahrnehmen von Problemen oder auch Beteiligungsrechten. Z.B. Umweltinformation (oft als Wegleitmaßnahme im Instrumentenmix). Wenn Medien vor gefährlichen Stoffen warnen, sind sie oft schon am nächsten Tag aus den Regalen entfernt. Die Wirkungsbreite und Wirkungsgeschwindigkeit bei den langen Entscheidungswegen des Staates würde viel langsamer ausfallen. Auch finanzielle Anreize, positive und negative, gehören zu den indirekten Steuermöglichkeiten. Z.B. Verbrauchersteuer oder Steuervergünstigung, aber auch Förderungen. Ökonomische Anreize haben allerdings häufig erhebliche Mitnahmeeffekte und verstoßen oft gegen das Verursacherprinzip. Umweltpolitikansatz: ökologische Steuerreform, weniger Steuerbelastung. Auf z.B. Arbeit und auf umweltverschmutzende Produktion einer Industrie mehr Steuer. Redistributive Maßnahmen stoßen oft auf erheblichen Widerstand. Strukturierung: Verhaltensgebote, Selbsthilfegruppen, techn. Infrastruktur; Anleitung zur Selbstorganisation, bedeutet mitunter partiellen Rückzug des Staates entlastet Staat; Moderation zwischen Gruppen …. „selbst-regulative“ Steuerungselemente entlasten den Staat. Z.B. Absprachen zwischen Umweltschutz und Industrie im staatlichen Rahmen führt zu „Waffengleichheit“ der beiden Akteure. Gebrauch von Steuerungselementen: Paradigmenwechsel zu Privatisierung und Liberalisierung als Folge von neoliberalen Modellen. Das Problem bei diesen Konzepten ist, sensible Sektoren vor negativen sozialen, ökonomischen und ökologischen Problemen zu bewahren. Ein Mindestmaß an Kontrolle muss gewährleistet werden. Staat beschränkt seine Handlungen zunehmend auf die Definition der Tätigkeiten und die Kontrolle. Privatisierung nach marktwirtschaftlichen Maßstäben ist nicht in allen Bereichen möglich. Wenn die Ressource Elektrizität liberalisiert wird muss man darauf achten, dass es zu keinen monopolartigen Absprachen kommt. Beauftragte Agenturen stehen in relativer Distanz zum politischen System. Es gibt zunehmend Zweifel an Top-down-Verfahren, diese werden als immer weniger legitim erachtet. Prominentes Beispiel von neunen Steuerungselementen: Kyoto Protokoll: Klimarahmenkonvention zur Emissionsreduktion auf der Erde, Vergabe von Emissionsrechten ist handelbar. Grenzwerte werden nach wie vor hoheitlich vorgegeben, aber der Spielraum der Wahl bei der Umsetzungsart der Adressaten wird größer. 24 Es ist der Verbreitung solcher Verhandlungssysteme zu verdanken, dass prozedurale Steuerung einflussreicher wird. Damit wird deutlich, dass sich auch im externen Bereich der Steuerungsinstrumente die Tendenz fortsetzt, die direkte hoheitliche Nutzung von Steuerungsinstrumenten in vielen Bereichen - vor allem solchen, die komplexe und vernetzte Probleme aufweisen - zugunsten von mehr indirekten Steuerungsinstrumenten ein Stück weit aufzugeben. Dezentralisierung, Privatisierung und Liberalisierung waren die Maßnahmen des Staates in Bezug auf seine Binnenorganisation bzw. die direkte staatliche Breitstellung von Gütern und Dienstleistungen. Bei den externen Steuerungsinstrumenten bleibt „harte“ Regulierung zwar wichtig, sie wird aber zunehmend in einen Verhandlungs- oder Konsultationskontext eingebettet und verliert in vielen Policy-Bereichen relativ an Einfluss gegenüber eher „weichen“ Formen politischer Steuerung. Neuer Formen der politischen Steuerung: Neue Qualität von Umweltproblemen, nur global und nicht regional lösbar; Darum neue Lösungsstrategien: Ausweitung des Steuerungsrepertoires und des Akteurspektrums, traditionelle Formen der hierarchischen Intervention werden durch kooperatives Regieren ergänzt. Umweltgefährdung liegt teils außerhalb der traditionellen Kompetenzbereiches (Bergbau, Landwirtschaft) Lösung bedarf einer Veränderung der Funktionslogik in der Wirtschaft Vielzahl unterschiedlicher Akteure und Interessen Begrenzte Akzeptanz weitreichender Maßnahmen, weil noch kein grundlegendes Bewusstsein, Problemlage hochgradig komplex, wissenschaftliche und mediale Vermittlung ist dringend notwendig Effektive Problemlösung teilweise nur international möglich bzw. sinnvoll, daher die Schwierigkeit der Problemkoordination im internationalen Mehrebenensystem Governance: Definiert durch vielfältige Form der pol. Steuerung, die nicht auf Staat beschränkt ist sondern auch wirtschaftliche und zivile Akteure hereinholt. Von global bis lokal. Analytisch bedeutet Governance die empirisch ermittelte Veränderung des Regierens Normativ bedeutet Governance teilweise wertbesetzte konträre Visionen z.B. „good Governance“ , „minimaler Staat“ Veränderung: Umweltpolitik seit 1970/80 Seit 1990 Umweltverbände und Medien als weitere Akteursgruppe Immer mehr kooperative Ansätze Verantwortlichkeitsverlagerung in alle politischen Bereiche Mehrebenensteuerung: Akteure wechselseitige Beeinflussung Inter/supranationale Ebenen gewinnen an Bedeutung Gleichzeitig starke Vernetzung mit subnationalen und lokalen Ebenen (multi-levelgovernance) 25 Steuerungskonzept der Agenda 21 Agenda 21 ist auf UN-Konferenz in Rio (1992) verabschiedetes strategisches Steuerungskonzept Zentrale Merkmale sind Strategischer Ansatz: langfristig angelegte konsensuale Ziele auf breiter Basis Umwelt-Politikintegration in anderen Sektoren (Wirtschaft) Partizipation von Verbänden und Bürgern Kooperation: Zusammenwirken staatlicher und privat(wirtschaftlicher) Akteure Monitoring Mehrebenensteuerung Ziele: bessere Kalkulierbarkeit für Investoren, Verringerung der Widerstände von Adressaten, Lerneffekt und Konsensfindung, Triebfeld für Verwaltungsreformen und Innovation; 26