Der Islam als weltpolitischer Faktor Die muslimische Welt wurde zu Beginn des 20. weitgehend von Jahrhunderts europäischen Kolonialmächten kontrolliert. So war der Nahe Osten nach dem Ersten Weltkrieg zwischen Großbritannien und Frankreich aufgeteilt. Viele Muslime empfanden die Dominanz der Europäer Bestrafung nach der Scharia: Eine Frau wird für ein Vergehen mit dem Rohrstock geprügelt. Quelle: www.dradio.de/ 22.06.07 in Anbetracht der großen und langen historischen Tradition vieler islamischer Staaten als demütigend. Als eine erste Antwort darauf entstand 1928 in Ägypten die Partei der Moslembruderschaft, die es sich zum Ziel gemacht hatte, Ägypten in einen Staat zu verwandeln, in dem allein das islamische Recht, die Scharia, gelten sollte. Alle westlichen Einflüsse lehnte man strikt ab. Bildung, Wirtschaft und gesellschaftliches Leben sollten sich einzig am Koran orientieren. Diese politische Form des Islams erhielt mit der Gründung Israels und den Niederlagen der arabischen Staaten in den Nahostkriegen starken Auftrieb. Nun wurden in erster Linie die USA als Verbündetet Israels und als Inbegriff des westlichen verhassten Lebensstils Feinbild der zum radikalen Moslems. 1979 wurde im Iran der prowestliche Diktator Schah Reza Pahlewi gestürzt. Aufgrund der schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lage des Landes hatten sich radikale Moslems Die Taliban hatten in Afghanistan einen islamischen Gottesstaat errichtet bis nach dem 11. September 2001 verrieben wurden. Mittlerweile sind sie in Afghanistan wieder aktiv und fügen den Truppen der ISAF (International Security Assistance Force) immer wieder Verluste zu Quelle: www.dw-world.de/ 22.06.07 zum Putsch entschlossen. An die Spitze des Staates trat der aus dem Exil in Frankreich zurückgekehrte oberste Geistliche des Landes, Ayatollah Khomeini (1902-1989). Viele Iraner verbanden mit dem Geistlichen die Hoffnung auf ein Ende der Grausamkeiten und der Korruption des Schah-Regimes. Das Land wurde in „Islamische Republik Iran“ umbenannt und das gesamte gesellschaftliche Leben an den Geboten des Korans orientiert. Straftäter jeglicher Art wurden nach der Scharia bestraft, d.h. sie erhielten körperliche Züchtigungen (Auspeitschen, Verstümmelung, Enthauptung); alle neuen Gesetze mussten nun vom obersten geistlichen Rat genehmigt werden. Khomeini erklärte die USA zum größten Feind des Iran. Doch seine Agitation richtete sich auch gegen verwestlichte gesellschaftliche Gruppen in den durch die Erdölförderung reich gewordenen arabischen Ländern (z. B. Kuwait und SaudiArabien). Mit der Besetzung der US-Botschaft in Teheran und der Geiselnehmung der Botschaftsangehörigen erreichte der Konflikt mit dem Westen einen ersten Höhepunkt. Bis zum heutigen Tage haben sich, auch unter Berufung auf Khomeini, überall in der islamischen Welt radikale Gruppen formiert, die sich gegen die angeblichen Feinde des Islams wenden (z. B. die Hamas in Palästina, die Taliban in Afghanistan u.a.). Zulauf erhalten diese Gruppierungen aus den immer noch von Armut und Machtlosigkeit geprägten Bevölkerungsgruppen in den islamischen Staaten. Sie predigen eine fanatische, auf Menschenleben keine Rücksicht nehmende, gegen den Westen gerichtete Politik. Bisheriger Höhepunkt des fanatischen Kampfes und Hasses der radikalen Islamisten waren die Anschläge auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001. Die überwältigende Mehrheit der Muslime weltweit lehnt, trotz aller Kritik am Westen, den Terror als Mittel der Politik jedoch ab. Quellen und Arbeitsfragen zu „Der Islam als weltpolitischer Faktor“ Q1 Der Islam als Weltreligion Die Karte zeigt Länder mit einem Moslem-Anteil von mehr als zehn Prozent: Grün zeigt Sunniten, Rot die Schiiten und Blau die Ibaditen an. (Quelle: upload.wikimedia.org/ 27.06.07) Q2 Der Revolutionsführer und oberste Geistliche des Iran, Ayatollah Khomeini, nennt die Grundsätze einer islamischen Regierung: „Der Unterschiede zwischen der islamischen Regierung und (…) einer Republik liegt eben hierin, dass in den Regierungsformen die Vertreter des Volkes (…) die Gesetze erlassen, während die gesetzgebende Gewalt und die Befugnis, die Scharia festzulegen, im Islam auf Gott beschränkt ist. Aus diesem Grunde gibt es in der islamischen Regierung anstelle des die Gesetze beschließenden Parlaments (…) die Programmversammlung, die bestimmt, wie im ganzen Land die öffentlichen Dienste tätig werden sollen.“ (Quelle: Tilman Nagel, Staat und Glaubensgemeinschaft im Islam, Bd. 2, Zürich/München 1981, S. 310f.) Q3 Aus der Rede der Islamwissenschaftlerin Annemarie Schimmel anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels am 15. Oktober 1995: „In einer Kultur, deren traditioneller Gruß `Salam`, `Frieden` heißt, findet zurzeit eine erschreckende Verengung und Verhärtung (der Glaubensauslegung statt). Mochte man anfangs noch glauben, dass es sich dabei um Versuche handelte, sich gegen den wachsenden Einfluss des Westens abzuschotten, um sicher zu sein, dass man dem vom Propheten Muhammed vorgezeichneten Weg so getreulich wie möglich folgte, so sieht es jetzt anders aus. Wir stehen weithin einem Ausdruck reiner Machtpolitik gegenüber, Ideologien, die sich des Islams als eines Schlagwortes bedienen und mit seinen religiösen Grundlagen kaum noch etwas gemein haben. Ich habe weder im Koran noch in der Traditionsliteratur irgendetwas gefunden, das Terrorismus oder Geiselnahme befehle oder auch nur gestatte (…)“ (Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. Oktober 1995, S.10.) Aufgaben Zu Q1: Benennen Sie die Gebiete, in denen sich die Mehrheit der Bevölkerung zum Islam bekannt! Was unterscheidet Schiiten, Sunniten und Ibaditen? Sammeln Sie in Gruppen Informationen zum Islam und präsentieren Sie Ihre Erkenntnisse in der Klasse! Zu Q2: Worin liegt nach Khomeini der Unterschied zwischen einer demokratischen und einer islamischen Regierung? Welche gefahren liegen in einer rein religiöse begründeten Herrschaftsform und Gesellschaft? Was sind religiöse Fundamentalisten? Informieren Sie sich! Zu Q3: Von welcher Entwicklung ist bei Frau Schimmel die Rede? Was beklagt die Wissenschaftlerin? Der Islam als weltpolitischer Faktor Zu Q1: Benennen Sie die Gebiete, in denen sich die Mehrheit der Bevölkerung zum Islam bekannt! Afrika nördlich des Äquators; der Nahe Osten; Teile Zentralasiens; Indonesien Was unterscheidet Schiiten, Sunniten und Ibaditen? Schiiten: Die zweitgrößte Konfession des Islam; die Anhänger der Schia, die Schiiten, betrachten Alī ibn Abī Ṭālib, den Schwiegersohn und Vetter des Propheten Mohammed, als dessen designierten Nachfolger und als ihren ersten Imam. Ihrem Glauben nach kann die Prophetennachfolge nur von einem Nachfahren Alis bzw. einem Imam erfolgen, da dieser als einziger göttlich legitimiert sei. Sunniten: Die größte Konfession des Islam; die Unterschiede zu den Schiiten waren anfänglich nicht theologischer Natur, sondern entsprangen der Frage, wer die Gemeinschaft der Muslime leiten soll. Bei den Sunniten bildete sich das Kalifat heraus, bei den Schiiten das Imamat. Im Kalifat ist ein Nachfolger Mohammeds mit der Führung der islamischen Gemeinschaft betraut. Ibaditen: Die Ibaditen sind ein eigenständiger Zweig des Islams und folgen der von ’Abd Allah ibn-Ibad gegründeten Rechtsschule. Die meisten Ibaditen leben im Oman. Der Oman ist das einzige Land, in dem sie (mit 75%) die Mehrheit der Bevölkerung bilden. Sammeln Sie in Gruppen Informationen zum Islam und präsentieren Sie Ihre Erkenntnisse in der Klasse! (Gründer; Glaubensgrundsätze, Sitten) Offen Zu Q2: Worin liegt nach Khomeini der Unterschied zwischen einer demokratischen und einer islamischen Regierung? In einer demokratischen Regierungsform erlassen die Vertreter des Volkes die Gesetze. In einer islamischen Regierungsform stammen alle Gesetze von Gott. Welche gefahren liegen in einer rein religiöse begründeten Herrschaftsform und Gesellschaft? Reformen sind nur sehr schwer möglich, da sie einen Verstoß gegen Glaubensgrundsätze bedeuten können. Eine gesellschaftliche und politische Erstarrung wäre auf Dauer die Folge. Auch jegliche Form von Opposition könnte in diese Richtung gedeutet werden. Was sind religiöse Fundamentalisten? Informieren Sie sich! Religiöse Fundamentalisten betreiben eine radikale, da kompromisslose Rückbesinnung auf die Wurzeln der jeweiligen Religion. Zu Q3: Von welcher Entwicklung ist bei Frau Schimmel die Rede? Es findet eine Verengung und Verhärtung der islamischen Glaubensauslegung statt. Was beklagt die Wissenschaftlerin? Die Verengung der Glaubensauslegung findet nicht statt, um dem vom Propheten vorgezeichneten Weg so genau wie möglich zu beschreiten, sondern ist Ausdruck reiner Machtpolitik. Mit den religiösen Wurzeln hat diese Entwicklung kaum noch etwas zu tun. Schaubild: Radikaler Islamismus Dominanz der Europäer während der Kolonialzeit wird als Demütigung empfunden Gründung Israels und arabische Niederlagen in den Nahost-Kriegen Rolle der USA in der Weltpolitik und als Unterstützer Israels; USA als Sinnbild des westlichen Lebensstils Verzweiflung der von Armut und Machtlosigkeit gekennzeichneten islamischen Bevölkerungsgruppen Radikaler Islamismus Ablehnung jeglicher westlichen Einflüsse; Bildung, Wirtschaft und gesellschaftliches Leben sollten sich einzig am Koran orientieren; westliche Andersgläubige gelten als „Feinde des Islams“ Weiterführende Informationen im Internet: http://www.islam.de/72.php Website des Zentralrats der Muslime in Deutschland http://www.bpb.de/publikationen/5IY8HR,0,0,Der_Islam.html Site der BpB http://de.wikipedia.org/wiki/Ruhollah_Chomeini Zu Khomeini http://de.wikipedia.org/wiki/Islamische_Revolution Islamische Revolution im Iran http://www.br-online.de/politikwirtschaft/mittagsmagazin/dynamisch/specials/iranrevolution/iranrevolution.htm Der Iran heute http://www.fr-online.de/islam/ Islam, Islamismus und Terrorismus http://www.bpb.de/publikationen/TYWE4P,1,0,Die_vielen_Gesichter_des_Islamismus.html Sehr ausführlich zum selben Thema http://www.suedasien.info/laenderinfos/255 Zu den Taliban http://www.wdr.de/online/politik/bin_laden_video/ausstrahlung.phtml September 2001 von Bin Laden Video zum 11.