15 - Vienna Business School

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15.1.2003
Christliche Wirtschaftsethik
1.1
Definitionen
Definition der Ethik
Das Wort Ethik stammt aus dem Griechischen und bedeutet Sitte, Brauch. Die Ethik
ist die philosophische Wissenschaft vom Sittlichen. Sie befasst sich mit den Aussagen
über moralische Werte und moralische Handlungsnormen. Ethik ist die Theorie der
Moral, das heißt die Reflexion, die das menschliche Handeln anhand der
Beurteilungsalternative von Gut und Böse auf seine Sittlichkeit hin überprüft.
Definition der Sozialethik
Unter Sozialethik versteht man das an der Gemeinschaft orientierte sittliche
Verhalten. Der Begriff „Sozialethik“ ist erst in der Literatur des 20. Jahrhunderts
gebräuchlich. Die römisch-katholische Kirche unterscheidet zwischen christlicher
Sozialphilosophie und der kirchlichen bzw. päpstlichen Soziallehre. Während die
Sozialphilosophie die Grundprinzipien des Naturrechts zu entfalten hat, verbinden
sich in der Soziallehre der Kirche, aber auch in der Sozialethik der Theologen,
Grundsätze mit Zeitbedingten Reflexionen.
Definitionen der Wirtschaftsethik
Für die Wirtschaftsethik gibt es verschiedene Definitionen:
 Die Wirtschaftsethik ist ein Zweig der Ethik als Teil der Sozialethik, der die
sittlichen Normen des wirtschaftlichen Lebens behandelt, also die sittlichen
Forderungen auf die Gestaltung der Wirtschaft insgesamt wie das ökonomische
Verhalten des Einzelnen anwendet. Die Wirtschaft muss in Hinblick auf eine
optimale Güterversorgung wirtschaftliche Zweckmäßigkeit und Produktivität im
Auge haben, andererseits aber auch die Forderungen der Gerechtigkeit, der
persönlichen Unabhängigkeit, Freiheit und Menschenwürde. Diesen
Gesichtspunkten soll die Form der Produktion und Verteilung der Güter, gerechter
Lohn und gerechter Preis Angemessenheit und Zweckmäßigkeit der Steuern
entsprechen. Hierbei sind die wichtigen Punkte der Wirtschaftsethik die
Gleichstellung der Frau in der Wirtschaft, Respekt vor der natürlichen Umwelt,
weltweite Gerechtigkeit, trotz Gewinnstrebens auch die Achtung der sozialen
Aspekte wie Arbeitsumfeld zu bewahren und auf die Umweltverträglichkeit bei der
Produktion zu achten.
 Die Unternehmensethik stellt sich als eine wissenschaftliche Lehre von denjenigen
idealen Normen dar, die in der Marktwirtschaft zu einem friedensstiftenden
Gebrauch der unternehmerischen Handlungsfreiheit anleiten sollen. (Gabler 1993
Seite 3401)
 Die Wirtschaftsethik beschäftigt sich mit den Fragen, auf welche Weise und mit
welcher Konsequenz ethische Gesichtspunkte und Prinzipen in der modernen
Wirtschaft zur Geltung gebracht werden können. Dabei ist die Auffassung leitend,
dass Wirtschaft als ein kulturelles Phänomen allgemeine gesellschaftliche
Problemstellungen mitbeachten muss, wenn es um die Frage der Gegenwarts- und
Zukunftsgestaltung geht.
 Das Grundprinzip der Wirtschaftsethik ist dass das Handeln aller Beteiligten in der
Marktwirtschaft und die Gestaltung der rechtlichen bzw. politischen
Rahmenordnungen von ethischen Grundsätzen geleitet werden. Basis hierfür ist
die marktwirtschaftliche Wettbewerbsordnung und das wirtschaftliche Handeln im
Wettbewerb darf nicht einseitig am Gewinnstreben orientiert sein. Außerdem ist
die Ethik in der Wirtschaft auf eine Rahmenordnung angewiesen, welche von den
Personen eingehalten werden muss.
1.2. Geschichte der Ethik:
Platon und sein Streit mit den Sophisten über die Frage nach der Lehrbarkeit der
Tugend.
Aristoteles beschäftigte sich als erster mit dem Grundgedanken der Ethik. Die
Tugendlehre war, bei Aristoteles, ein wesentlicher Teil der Ethik. Er philosophierte
über den Tod und was einem Sterbenden Erfüllung bringt.
Thomas von Aquino entwickelte aus der Ethik, die unter seiner Zeit eher
philosophisch-theologisch war, eine neue Form ohne theologische Elemente.
TH. Hobbes stellte die sittlichen Normen der Menschheit in den Mittelpunkt der
Ethik und es entstand die Gefühlsethik und Gewissensethik.
Immanuel Kant revolutionierte die Ethik. Er spaltete sie in zwei Gruppen
(Tugendlehre und Rechtslehre). Die neue Ethik befasste sich mit den Gedanken des
Menschen. Die Handlungen der Menschen wurden von ihm analysiert und bewertet.
N. Hartmann und M. Scheler entwickelten eine andere Richtung im 20 Jh. Die
materiale Wert Ethik beschäftigt sich mit der Erfahrung des Menschen und dessen
Auswirkungen auf seine Handlungen.
J-P. Sartre begründete die existentialistische Ethik die die Sinnfrage des Menschen
außer Acht lies.
Entwicklung der Wirtschaftsethik
Ethik des Wirtschaftslebens war schon ein Thema in den späten vierziger Jahren an
der «Handelshochschule» St. Gallen.
Pionier war Arthur Lisowsky, der von 1931 bis zu seinem Tod 1952 Professor an der
HSG war. Seine Antrittsvorlesung erschien 1932 erweitert unter dem Titel „Vom Sinn
organischen Wirtschaftens“. In seinen „Grundproblemen der
Betriebswirtschaftslehre“ (1954) beginnt er mit Ethik und Wirtschaftsethik.
Doch erst Ende der siebziger Jahre wurde das Thema wieder aufgegriffen und durch
eine Management-Ethik ergänzt, welche den «Charakter» der Führungskräfte ins
Visier nahm und gleichzeitig deren Wertvorstellungen untersuchte.
In den 60er Jahren boten einige amerikanische Business Schools erstmals Kurse
über soziale Verpflichtungen von Unternehmen (corporate social responsibility) an.
Als eigenständiger Forschungsschwerpunkt und als Lehrfach etablierten sich
„Business Ethics“ in den 70er Jahren.
Am spektakulärsten war in den 80er Jahren eine 30-Millionen-Dollar-Spende von
John Shad, dem ehemaligen Vorsitzenden der amerikanischen „Securities and
Exchange Commission“ (Börsenkommission), die er der Harvard Business School mit
der Auflage zukommen liess, Unternehmensethik in ihr Curriculum aufzunehmen
und ihre Studenten davon zu überzeugen, dass Ethik (genauer: moralisches
Verhalten) „sich auszahlt“.
In Europa ging es nicht so schnell. Immerhin erschien bereits 1966 das Werk von L.
H. Hodges: „Geschäft und Moral. Die soziale Verantwortung des Unternehmers.“
Am Davoser Symposium von 1973 wurden die Unternehmer auf ihre soziale
Verantwortung verpflichtet.
1983 wurde an der Hochschule St. Gallen eine Forschungsstelle für Wirtschaftsethik
eingerichtet (der umstrittene Leiter war ein Jesuit). Daraus wurde 1989 das Institut
für Wirtschaftsethik (IWE-HSG) als erstes derartiges Institut im deutschsprachigen
Raum. Im selben Jahr schilderte sehr schön Johannes Rüegg die
„Unternehmensentwicklung im Spannungsfeld von Komplexität und Ethik“.
Das massgeblich Handbuch des IWE-Direktors Peter Ulrich heisst: „Integrative
Wirtschaftsethik. Grundlagen einer lebensdienlichen Ökonomie“ (1997).
1998 hat die Société Générale de Surveillance (SGS) mit SA8000 (Social
Accountability 8000) eine weltweite Norm für ethisches Verhalten auf den Markt
gebracht. Das sich unter den wichtigen Themen Kinderarbeit, 48-Stunden-Woche,
Recht auf Ferien, usw. finden, ist diese Norm primär für transnationale
Unternehmen interessant, die ihre Produkte in der Dritten Welt produzieren lassen.
Die antike Ethik fragte ursprünglich nach dem höchsten Gut, als dem letzten Ziel, das
seinem Streben Erfüllung bietet und bestimmte dieses Ziel als die Glückseligkeit
(Eudaimonia)
1.3. Bereichsethiken innerhalb der Wirtschaftsethik


Die "Marketingethik", bei normative Leitlinien der Werbung und
Öffentlichkeitsarbeit einbezogen werden, sollen
kommunikationspolitische Maßnahmen reflektiert werden. Das
Marketing zielt auf das Verständnis der Umworbenen. Die
Verantwortung für Produkt und Werbestrategie wird ebenso
thematisiert wie die Legitimiät ggf. nicht vertretbarer Produkte. Die
Kommunikationspolitik beschäftigt sich mit der Wahrheit von
Werbebotschaften, und plädiert für die Wahrung des lauteren
Wettbewerbes.
Die "Managementethik" beschreibt das Dilemma zwischen
unternehmerischen und moralischem Handeln, die ggf.
widersprüchliche Ziele haben. Die Verantwortung für die Arbeitsplätze
der eigenen Mitarbeiter kann dabei ebenso eine Rolle spiele, wie
Selbstbeschränkungen im Bereich des freiwilligen Umweltschutzes. Eine


2.
Änderung von Geschäftspraktiken bei nicht akzeptablen Produkten kann
sich u.U. daraus ergeben. Die Erhaltung von Arbeitsplätzen und die
Rentabilität des Unternehmens können dabei in einen Zielkonflikt
geraten.
Innerhalb der "Führungsethik" erfolgt eine Evaluierung, welche Werte
für Mitarbeiter verbindlich gemacht werden können. Die Identifizierung
mit dem Unternehmen spielt dabei eine zentrale Rolle. Grundsätzlich ist
der Abbau hierarchischer Strukturen vorgesehen.
Die "Ethik ökonomischer Entscheidungsfindung" bezieht sich unter
anderem auf das Handeln unter Risiko und rechnet mit unbekannten
Größen, Prognosen und Nebenwirkungen ökonomischen Handelns.
Ebenen der Wirtschaftethik
Die Makroebene, auf dieser rücken das Tun und Unterlassen des Staates bzw. der
Wirtschaftssysteme in den Blick, während auf der Mesoebene Unternehmen und
Korporationen untersucht werden. Auf der Mikroebene werden Fragen des individuell
richtigen Handelns im ökonomischen Lebensbereich problematisiert.
3.
Aufgaben der Wirtschaftsethik
- nach Werten zu suchen und diese zu bestimmen und benennen, die in einer
humanen Wirtschaftswelt wichtig sind
- konkrete Aufgaben zu erarbeiten, um die Arbeitswelt humaner zu gestalten
- Forderungen an die Wirtschaft
Die Frage der Verbindlichkeit der Wirtschaftsethik:
 Relativismus: es gibt keine universellen Standards für alle
 Utilitarismus: der Nutzen entscheidet was ethisch ist
 Universalismus: (Kant) Das Wohl einer Person ist das wichtigste
Entscheidungskriterium
 Theorie der Gerechtigkeit: Jede Person soll die größt mögliche
Freiheit bekommen
 Wertetheorie: (tugendhaftes Verhalten, Ehrenkodex,
Unternehmenskultur werden gefördert)
Christliche Forderungen im Rahmen einer humanen Wirtschaftsethik:
1. Das Organisationsmodell der Wirtschaft muss der freien und
selbstverantwortlichen Würde des Menschen gerecht werden.
2. Selbstentfaltung und Selbstverwirklichung des Menschen soll gefördert
werden.
3. Basisfreiheit von existentiellen Sorgen soll gewährleistet werden. (z.B.
Grundeinkommen auch für arbeitslose Menschen)
4. Verteilungsgerechtigkeit für alle
5. flexibel für Veränderungen
6. demokratisch !!
4.
Konkrete Umsetzung der Wirtschaftsethik durch die Kirche:
I. Caritas
Die Caritas trägt, als kirchliche Organisation, zur gerechten Verteilung und zur
Wirtschaftsethik bei. Dazu einige Eckdaten:
Engagierte Mitarbeiter: Österreichweit hat die Caritas 7.440 hauptamtliche und
über 20.000 ehrenamtliche Mitarbeiter.
Flüchtlinge: Die Caritas bietet asylsuchenden Kindern, Frauen und Männern in 16
Flüchtlingsheimen und 8 Beratungsstellen Unterkunft, Verpflegung und Betreuung.
Hospiz: 560 MitarbeiterInnen der mobilen Caritas-Hospizdienste helfen
Schwerkranken und Sterbenden. Zu Hause, im Pflegeheim oder im Krankenhaus.
Für Menschen mit Behinderungen: Die Caritas bietet 69 Einrichtungen für
Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung, mit über 3.000 Betreuungen.
Manche Behinderte werden ausgebildet und haben die Möglichkeit in Werkstätten
einen geschützten Arbeitsplatz zu bekommen, der ihnen Helfen soll sich in die
Arbeitswelt zu integrieren.
Familienhilfe: 250 Familienhelferinnen unterstützen Familien in Not- und
Krisensituationen, zum Beispiel bei Überlastung, Tod eines Elternteils,
Schwangerschaft, psychischer Erkrankung oder bei der Betreuung behinderter
Kinder.
Ziel der Caritasarbeit ist „Normalisierung“: Wichtig ist immer als Ziel die
Normalisierung, dass Menschen sich selber erhalten können, dazu ist es nötig einen
geeigneten Arbeitsplatz zu finden. Deshalb wird in den Einrichtungen versucht
Begabungen und Talente der Menschen zu finden und zu fördern. Hilfe erfahren hier
aber nicht nur die Arbeitnehmer sonder auch die zukünftigen oder jetzigen
Arbeitgeber.
II. Arbeitsgemeinschaft der Katholischen Kirche und der Wirtschaft
Kardinal Christoph Schönborn und Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl
planen eine "Plattform Kirche - Wirtschaft" als Ansatzpunkt für eine Vernetzung
tragender Kräfte der Gesellschaft.
Die Grundsätze dieser Plattform:
Wir sind überzeugt, dass

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eine menschengerechte Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft auf
Grundlage des christlichen Welt- und Menschenbildes möglich ist,
unternehmerisch Tätige in einer freien Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung
eine unverzichtbare wirtschaftliche und politische Funktion erfüllen,

Unternehmer/innen und Führungskräfte die christliche Soziallehre durch
ethisch verantwortetes Handeln in Wirtschaft und Politik verwirklichen können
und sollen.
Wir wollen
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
als kirchliche Anlaufstelle für Unternehmer/innen und Führungskräfte zur
Verständigung zwischen Kirche und Wirtschaft beitragen,
Anliegen und Anregungen der Wirtschaft an die Kirche/Diözese aufgreifen und
weiterentwickeln,
Interessen und Impulse der Kirche/Diözese an Unternehmer/innen und
Führungskräfte herantragen und mit ihnen diskutieren.
Wir verfolgen unsere Ziele durch Aktivitäten regelmäßige Kontakte mit
Interessensvereinigungen der Wirtschaft (v.a. Industriellenvereinigung OÖ,
Wirtschaftskammer OÖ) und Bildungseinrichtungen (z.B. Volkswirtschaftliche
Gesellschaft OÖ) im "Arbeitskreis Kirche – Wirtschaft",
Kommunikation mit dem Bischof und anderen kirchlichen
Verantwortungsträgern bei Belangen, welche die Wirtschaft betreffen,
Orientierungsveranstaltungen (z.B. Begegnungs- oder Besinnungstage für
Unternehmer/innen und Führungskräfte), Veranstaltungshinweise,
Medienarbeit und Publikationen.
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