Begleitung der geriatrischen Patienten in der Kleintierpraxis 1 Begleitung ist abhängig von der Praxisstruktur Homöopathie kann mehr als man glaubt. Das liegt nicht nur an der Homöopathie alleine, sondern an der ganzheitlichen Betrachtungsweise dieser Methode. Denn wer wird alt? Die Gelenke, das Herz oder die Nieren? Das alte Tier hat bisher selten einen allgemeinen Blick bei Vorträgen oder Referaten verdient und ich sehe in meinem Vortrag lediglich einen Anstoß dazu, zu zeigen, dass auch für Tiere das Altsein lebenswert ist. Alte und kranke alte Tiere brauchen, wie die alten Menschen auch, mehr Zeit, mehr Aufmerksamkeit, Dinge, die in der heutigen Zeit rar geworden sind. Dürfen die Tiere oder wir Menschen würdevoll alt werden? 2 Wann spicht man von alten Tieren? 3 Fotos 4 Erfahrung mit Tieren, die in meiner Praxis alt werden 4.1 Selten krank Das sind Tiere, die bis ins Alter psychisch und physisch gesund sind. Ihre Lebenskraft ist so stark, dass sie alle Wehwehchen selbst ausheilen können. Häufig bei Katzen, weniger bei Hunden oder Pferden. Oder es sind Tiere, die nie krank waren und dann ganz plötzlich schwer tumorös erkranken. 4.2 Chronisch krank, aber lange keine schwerwiegende Rezidive oder Krankheiten „Axel“, Münsterländer, geb. 2.1997. Mit 4 Jahren Myasthenia gravis, nach schulmedizinischer Behandlung Lähmungen deutlich besser, aber nicht gut. Wird seit 2002 in meiner Praxis behandelt. Nach Erstanamnese und mehreren Gaben Calc-c, treten keine Lähmungen mehr auf. Wird die Jahre über mal wegen Zwingerhusten, Augenentzündungen, Virusdiarrhoe, Hundebissen behandelt. Mit 10 Jahren beginnende Herzinsuffizienz mit Räuspern und Husten bei Aufregung oder Freude. Therapie: Mit 11 Jahren zitternde Hinterbeine, Prostataprobleme. Therapie: Autounfall mit anschließender Angst Auto zu fahren, beginnendes Epuli, Therapie: Mit 15 Jahren dicke Backe einseitig, vereiterte Molaren, frisst schlecht. Therapie: 4.2.1 Wie werden Tiere, die unter Konstitutionsmittel stehen alt? Sehen oft jünger aus, als sie sind Werden spielend alt Selten akute Erkrankungen Rassebedingte Erkrankungen, Bsp. Bewegungsapparat gehen lange ohne Entzündungshemmer gut 4.3 Immer wieder andere Erkrankungen 4.3.1 Simile aber nicht Similium Bleibt das Allgemeinbefinden gut oder wird es besser, dann hat das Tier eine gute Lebenskraft, obwohl man nicht das richtige Simile gefunden hat. 4.3.2 Unterdrückung Je nachdem in welcher Reihenfolge die Krankheiten auftreten. Mit guter Follow up Kontrolle und Hering’scher Regel, weiß man immer, was man tut 5 Erfahrung mit Tieren, die alt in die Praxis kommen 5.1 Selten krank 5.1.1 Schnelles Ansprechen auf die Homöopathie Fallbeispiel: „Beckat“ grauer Kater, geb. 1989 Diagnose: Schleimhautzubildung im äußeren Gehörgang, Warze auf der Nase Beckat kam 2004 zum ersten Mal in die Praxis. Er kratzte sich ständig am Ohr. Bei der Untersuchung stellte ich einen großen Polypen im Gehörgang fest, der die freie Sicht auf das Trommelfell verhinderte. Bei Berührung fing er an zu bluten, im Gehörgang war nur wenig gelber, trockener – bröckeliger Ohrschmalz. Auf der Nasenspitze hatte Beckat schon seit einiger Zeit eine kleine schwarze Warze, die aber niemanden störte. Beckat ist einer von drei Insassen des Katzen – Altersheims, wie die Besitzer ihr Haus nennen. Beckat ist mit 15 Jahren der Jüngste und drangsaliert alle. Es muss immer nach seinem Kopf gehen. Wenn er bei der Katzenklappe sitzt, geht keiner rein oder raus ohne seine Zustimmung. Er duldet Streicheleinheiten nur ungern, ist aber viel zu Hause auf seinen warmen Lieblingsplätzen. Repertorisation: Therapie: Nach drei Monaten war der Polyp deutlich kleiner und man sah bei der Othoskopie noch einen weiteren kleineren Polypen dahinter, das gelbe Sekret war noch da, die Warze auf der Nasenspitze sei schon nach wenigen Wochen verschwunden gewesen. Nach weiteren 5 Wochen hielt der Kater den Kopf etwas schräg und kratzte wieder zum ersten Mal. Der Polyp im Ohr war deutlich kleiner geworden, das Sekret viel weniger. Er hatte aber plötzlich eine kleine Warze unterhalb des kranken Ohres. Der Kater zog sich sehr viel mehr zurück und wollte nicht angefasst werden. Therapie: Zwei Monate später kein Polyp mehr zu sehen, keine Warze auf der Nasenspitze und am Ohr. Keine Beschwerden mehr aufgetreten. Mit 18 Jahren wurde Beckat deutlich dünner, blieb aber sonst der Alte. Er ist mit fast 19 Jahren einfach morgens tot auf dem Sofa gelegen. 5.2 Ständig wechselnde Erkrankungen „Ringo“, 15jähriger Cocker Spaniel, schwarz kommt nach frischer Mastzelloperation zum ersten Mal in die Praxis. Er war immer viel krank gewesen: Ohrenentzündungen, Augenentzündungen, Futterunverträglichkeit und seit einigen Jahren beidseitige Ellbogenarthrose, die mit Carprofen® gut behandelt wurde. Nach Impfungen und Entwurmungen ist er immer sehr schlapp und jetzt frisst er nicht gut und hat geronnenes Blut im Kot. Nach Absetzten von Carprofen® wurde diese Symptomatik wieder gut, aber er blieb müde und schlapp und zeigt eine starke Lahmheit beidseits vorne. Er war früher als Junghund hyperaktiv und jetzt schlafe er sehr viel, er ist ein sehr defensiver Hund, interessiere sich nicht sehr für andere Hunde, nur für läufige Hündinnen, dann werde er plötzlich jünger. Ringo hat vor nichts Angst. Symptome: Repertorisation: Therapie: Follow up: Es geht sehr gut, er ist um Jahre jünger geworden und die Lahmheit ist so gut wie unter Carprofen®. Fortlaufende Gabe von Arthrovet plus. Nach einem Jahr stellen die Besitzer Ringo wieder vor. Er ist wieder müder geworden, pinkelt morgens spontan ins Haus, obwohl man gerade draußen war. Steht manchmal verunsichert im Haus oder Garten, als ob er nicht wüsste, was er gerade wollte. Dreht bei Spaziergang plötzlich um und geht anderen Weg, ohne auf Besitzer zu achten. Dazwischen sei er aber auch ganz jugendlich. Beim Liegen oder nachts hustet er manchmal. Herzauskultation: normal, Urinstick: o. B., Sediment: o.B. Repertorisation: Therapie: Follow up: Schon am nächsten Tag keine Inkontinenz mehr, wirkt viel wacher, einige Tage später kein Husten zu hören, trinkt deutlich weniger. Drei Monate später nach Aufenthalt in Tierpension deutlich abgenommen, säuft extrem viel, wieder Unsauberkeit und deutliche Verwirrung. Blutentnahme: Altersprofil und c-reaktives Protein perfekt. Lediglich Harnstoff und Kreatinin an oberer Normalgrenze. Therapie: Follow up: Besser, aber nicht wieder der Alte. Nach zwei Wochen immer noch sehr dünn, Durst besser, aber deutliche Demenz. Therapie: Nach 5 Wochen, in denen es ihm gut ging, er aber nicht mehr so jung wurde wie früher, nachts Hirnschlag, Nystagmus, keine Koodination mehr und wurde vom Notdienst direkt eingeschläfert. Kopf - Apoplexie acon. ant-c. ant-t. arn. ars. aur. BAR-C. Bell. calc. chen-a. COCC. coff. CROT-H. ferr. gels. Glon. HYDR-AC. hyos. Ip. kali-br. kali-m. lach. lyc. nux-m. NUX-V. op. ph-ac. phos. plb. puls. rhus-t. samb. sep. sil. staph. stram. thuj. verat. verat-v. Allgemeines - Schwäche - Apoplexie, durch Anac. Bar-c. nux-v. 5.2.1 Beobachtung der Reise einer Krankheit In der Anamnese erzählen die Besitzer von vielen chronischen Erkrankungen, die in kurzen Abständen hintereinander auftreten. „Sehr empfindliches Tier“, „nie richtig gesund“. 5.3 Viele Medikamente 5.3.1 Zuwenig Kontrollen, ob Medikament noch gebraucht wird Bsp.: Antiepileptika, Arzneien bei Hypothyreose, Arzneien gegen Blasenschwäche usw. 5.3.2 Dosiskontrollen nach Gewichtsrückgang 6 Arzneimittelbilder bei alten Tieren 6.1 Alle Polycreste 6.2 Barium carbonicum, Bar-c. 6.2.1 Die Substanz Barium ist ein silberweiß glänzendes Leichtmetall, das an der Luft grauschwarz anläuft. Beim Anlaufen verbindet es sich mit dem Kohlenstoffdioxid der Luft zu schwarzem Bariumcarbonat. Es wird daher unter Luftabschluss aufbewahrt. Barium ist relativ weich, aber etwas härter als Blei. Barium ist eines der unedelsten Metalle und ein sehr starkes Reduktionsmittel. Barium gehört im Periodensystem zu den Erdalkalimetallen, der 2. Gruppe zu der unter anderem auch Calcium und Magnesium gehören. Barium steht an 18. Stelle der Elementhäufigkeit und ist damit ein relativ häufiges Element. Es kommt fast so häufig wie Stickstoff vor. In der Natur kommt es nicht elementar vor. Die wichtigsten Bariumminerale sind der Baryt (Schwerspat, Bariumsulfat) und der seltenere Witherit (Bariumcarbonat). Bei der Herstellung der Arznei werden die ersten 3 Potenzstufen durch Verreibung gewonnen. Arzneimittelbild Der rote Faden von Bar-c wird in der Humanhomöopathie mit Unreife im körperlichen und psychischen Bereich beschrieben. Es sind Menschen, die noch nicht vollständig entwickelt sind. Bar- c wird als Arzneimittel beschrieben, das man vor allem bei Kindern und alten Menschen findet. Die Kinder sind in ihrer Entwicklung verzögert, besser gesagt unentwickelt. Sie sitzen da, ohne dass sie etwas beobachten, sie spielen nicht. Einzelne Körperorgane bleiben in ihrer Entwicklung zurück. Zum Beispiel das Gehirn. Das sieht man rücklaufend dann auch im Alter. In jungen Jahren tritt schon Kahlköpfigkeit auf. Die Patienten sehen alt aus. (lyc, sil) Es sind sehr scheue und ruhige Tiere, sie fallen kaum auf. Bar-c Tiere brauchen auch ihre Routine wie die Bar-c Menschen, alles was anders ist als sonst, macht ihnen Angst. Fremde Leute, Handwerker, ungewohnte Geräusche, auch Gewitter usw. und sie verstecken sich im Haus, bis der Spuck sicher vorüber ist. Sie lassen sich gerne streicheln und kuscheln, aber jede Initiative geht vom Besitzer aus. Diese Tiere binden sich sehr stark an den Besitzer, denn ohne Leittier, wie soll da Barium carbonicum erkennen, was richtig ist oder falsch, wann Gefahr droht oder nicht? Diese Tiere haben wenig Ausstrahlung, ihr Blick ist leer oder man hat das Gefühl man bekommt fast keinen Kontakt. Die Jungtiere spielen nicht. Bar-c spielt auch nicht mit Artgenossen, sie meiden eher den Kontakt. Das schnellere Altern sieht man bei Tieren, die konstitutionell Bar-c brauchen. Als „Akutmittel oder Altersmittel“ hat es aber einen besonderen Verdienst. Alte Tiere mit Durchblutungsstörungen im Gehirn, die Zeichen von Demenz senilis zeigen, reagieren gut auf diese Arznei. Die Allgemeinsymptome und Körpersymptome helfen bei der Unterscheidung der Demenzarzneien. 6.2.2 Allgemeinsymptome bei Mensch und Tier Bar-c ist ein langsames Arzneimittel. Die Symptome nehmen langsam zu und verschlimmern sich auch nur allmählich. Bar-c ist ein ausgezeichnetes Drüsenmittel. Überall im Körper können die Drüsen mit harten, schmerzhaften Schwellungen reagieren. Sie eitern nicht schnell, sondern werden immer härter induriert. Diese Entzündungen rezidivieren häufig. DD: lyc, sil, tub Allgemeines, Krankengeschichte, wiederkehrender von persönliche, Tonsillitis Auslöser für alle Erkrankungen, aber auch besonders bei den Tonsillitiden sind Kälte und Nässe. Frische Luft und leichte Bewegung bessern die Beschwerden. Neben der Drüsenentzündung Drüsenkrebs. findet man häufig aber auch 6.2.3 Lokalsymptome bei Mensch und Tier Starke Erkältungsneigung bei jedem Luftzug oder Kälteeinfluss Apoplexie, besonders Schwäche nach Apoplexie 6.2.4 Augen Trübung der Hornhaut Hornhautulcus 6.2.5 Magen und Darm Nach dem Essen fühlt sich Bar-c schlechter oder die Symptome verschlechtern sich Eher Obstipation als Diarrhoe Diffuse Drüsenschwellungen 6.2.6 Atemwege Häufig katharrhalische Entzündungen durch Kälte und Nässe mit viel Schleim Rasselnde Atmung Rasselnde Atmung bei alten Menschen bzw. Tieren, DD: lyc, kali-bi, ant-t Atmung, rasselnd, alten Menschen bei 6.2.7 Ohren Schwerhörigkeit nach rezidivierenden Halsentzündungen 6.2.8 Geschlechtsorgane Atrophie der Geschlechtsorgane Sterilität Kryptorchismus 6.2.9 Extremitäten Stinkender Fußschweiß DD: sil 6.2.10 Haut Häufig wird ein Bar-c. deutlich verschlimmert durch unterdrückte Ekzeme. Lipome, Warzen, Tumore und Ekzeme 6.3 Kalium carbonicum, Kali-c 6.3.1 Wesen der Substanz Kali-c Kaliumcarbonat ist ein farbloses, pulverförmiges, ätzendes Salz. Sein Geschmack ist alkalisch und sehr scharf. Es löst sich in Wasser, ist aber unlöslich in Alkohol oder Äther. Man findet Kaliumcarbonat in der Asche aller Pflanzen, außer in solchen, die am Meer wachsen. Deshalb wird es auch als das pflanzliche Alkalimetall bezeichnet. Es wird durch das Verbrennen von Weinstein oder einem Gemisch aus Salpeter und Kohle gewonnen. Daher entstanden auch die Bezeichnungen Weinsteinsalz oder Pottasche. Zur Potenzierung dieser Substanz werden Dynamisierungsstufen als Verreibung hergestellt. 6.3.2 Physiologie und allgemeine Mittelwirkung Was bewirkt Kalium in unserem Körper? die ersten drei K hat eine vagotrope Wirkung. Es steht für den Parasympathikus und hat im Körper Ca als Gegenspieler. K und Na sind für die osmotischen Druckverhältnissen verantwortlich. Wie wir alle wissen kommt K überwiegend intrazellulär vor. Der K – Spiegel wird nach Mezger vermutlich durch die Leber reguliert und zu 90 % über die Nieren ausgeschieden. Höchste Konzentration findet man in den Erythrozyten, dann folgt die Skelettmuskulatur. Die alkalischen Karbonate bewirken in niederen Dosen und bei einer Einnahme über einen längeren Zeitraum eine langsame Vergiftung. Das Blutbild wird quantitativ und qualitativ verändert. Erythrozytopenie und Leukozytose treten auf. Mit der Anämie entwickelt sich auch ein starkes Frösteln. Es kommt zu physischer und psychischer Schwäche. Ödeme und ausgesprochen heftige Kreuzschmerzen gehören zur allgemeinen Mittelwirkung. Die Alkalien rufen immer eine Dyspepsie hervor. Dieses Wirkungsspektrum aus der Einnahme der Ursubstanz findet man auch im Arzneimittelbild von Kalium carbonicum wieder. 6.4 Arzneimittelbild 6.4.1 Was ist die zentrale Idee von Kalium carbonicum, mit der sich viele Symptome erklären lassen? Es ist das Bild der Schwäche, das man bei vielen Symptomen wiederfindet. Schon der Ausbruch der Erkrankung tritt nur schwach in Erscheinung. Es sind immer schleichende Krankheitsverläufe. Die Tiere wirken sehr müde und schwach. 6.4.2 Fallbeispiel Es handelt sich um einen 16 jährigen, mittelgroßen Rüdenmischling mit Herzinsuffizienz und rezidivierender Cystitis. Guacho leidet seit vier Monaten unter einer rezidivierenden Cystitis, die mehrmals, sogar in einer größeren Tierklinik ohne längeren Erfolg behandelt wurde. Nun reagiert er auf nichts mehr und soll euthanasiert werden. Von seinem Haustierarzt wurde er vor zwei Jahren auf Lanitop und Crataegus gesetzt. Mir wird ein alter, schwacher Hund vorgestellt, der sich gleich unter den Tisch legt und dort auch die gesamte Anamnese verbringt. Die Besitzerin erzählt, daß Guacho vor einem halben Jahr plötzlich aus dem Rücken nicht mehr hoch kam und vom Tierarzt mit Cortison und Phenylbutazon behandelt wurde. Zurück blieb eine Schwäche und immer wieder knicken ihm nun die Hinterbeine einfach weg. Guacho begleitet seine Besitzerin überall hin, sogar bis zur Toilette und ist sehr eifersüchtig auf ihren eineinhalb jährigen Sohn. Wenn dieser nur in Sichtweite kommt, wird schon geknurrt. Guacho schläft bei Frau und Sohn mit im Bett. Er hat es gerne warm. Er hechelt immer viel, auch zu Hause, wenn er der Besitzerin nur im Haus hinterher läuft. Gefressen wird alles was vor die Nase kommt und die Schokolade muss mit ihm geteilt werden, sonst wird er penetrant. Früher stanken nur seine ständigen Blähungen, die jetzt aber durch den beißenden Uringeruch ganz neue Nuancen bekamen. Nachts pinkelt er ständig in die Wohnung, obwohl die Besitzerin zweimal nachts aufsteht und ihn raus lässt. Zum Ende der Anamnese stoße ich zufällig an die Beine von Guacho und dieser fährt knurrend in die Höhe. Das habe er schon immer gehabt, erzählt gleich die Besitzerin, er könne es nicht ertragen, wenn ihn jemand an den Beinen berühren würde. Bei der anschließenden allgemeinen Untersuchung sind die Schleimhäute blass, der Puls langsam und die Herztöne leise und unregelmäßig. Guacho hat eine kräftige Statur und leidet auch unter einem leichten Aszites. 6.4.3 § 153 Symptome Guacho hat ein für Kalium carbonicum auffallendes, sonderliches (§ 153 ) Symptom. Kalium carbonicum Patienten sind sehr empfindlich auf Berührung, besonders der Füße. Sie fahren dabei wie Guacho richtig in die Höhe. 6.4.4 Geistes- und Gemütssymptome Bei den Verhaltenssymptomen findet man reizbare Charakteren mit wechselhaften Stimmungen. Sie besitzen eine Überempfindlichkeit auf Schmerz, Geräusche und wie schon erwähnt auf Berührung. Sie schrecken hoch oder fahren zusammen. Die Tiere scheinen gerade einzuschlafen und schrecken plötzlich wieder knurrend auf. Gemüt - Empfindlich - Geräusche, gegen - Abneigung gegen Gemüt - Auffahren, Zusammenfahren - Erwachen, beim Gemüt - Erschreckt leicht - Berührung, durch Gemüt - Erschreckt leicht - Kleinigkeiten, über Gemüt - Empfindlich - Geräusche, gegen Gemüt - Berührt zu werden; Abneigung - Kitzeligkeit Gemüt - Berührt zu werden; Abneigung Gemüt - Auffahren, Zusammenfahren - Schreck oder wie durch Schreck; durch Gemüt - Auffahren, Zusammenfahren - leicht Gemüt - Auffahren, Zusammenfahren - Geräusche, durch Gemüt - Auffahren, Zusammenfahren - Berührung, bei Gemüt - Furcht - Kleinigkeiten; vor Gemüt - Furcht - berührt zu werden Gemüt - Reizbarkeit, Gereiztheit - leicht Gemüt - Reizbarkeit, Gereiztheit - Geräusche, durch Gemüt - Gewissenhaft, peinlich genau in bezug auf Kleinigkeiten Gemüt - Lustig, fröhlich Im Laufe der Krankheitsgeschichte taucht dann die bekannte Schwäche von Kalium carbonicum auf. Die Tiere werden schwach und müde und können sehr eigensinnig sein, wenn die Besitzer nicht so wollen wie sie selbst. Trotz der Schwäche sind es nach wie vor dominante Tiere. Knurren und andere Unmutsäußerungen sind dabei schon angesagt. In ihrer Krankheit ziehen sie sich eher zurück und wollen keine Streicheleinheiten oder tröstende Worte. Die allgemeine Schwäche, die Überempfindlichkeit und Reizbarkeit sollte uns in Zukunft Kalium carbonicum ins Gedächtnis rufen. Gemüt - Heikel, pingelig Gemüt - Heftig, vehement Gemüt - Eigensinnig, starrköpfig, dickköpfig Gemüt - Eifersucht Gemüt - Ermahnungen - agg. Gemüt - Reizbarkeit, Gereiztheit - Trost - agg. Gemüt - Trost - agg. Kalium carbonicum ist bekannt für die vielen Ängste und für die Furchtsamkeit. Diese ist in der Anamnese aber nicht sehr leicht zu finden. Es sind keine selbstbewussten Tiere, aber sie reagieren in ihrer Ängstlichkeit ganz anders als zum Beispiel Pulsatilla oder Phosphor, bei denen man die Auslöser für Ängste viel klarer erkennen kann, wie zum Beispiel Furcht vor Gewitter. Kalium carbonicum Tiere werden eigensinnig, sie bestehen auf bestimmte Rituale und widersetzen sich bei Gehorsamsübungen. Alles was die gewohnte Routine durcheinander bringt, kann Beschwerden auslösen. Gemüt - Beschwerden durch - Schreck Gemüt - Beschwerden durch - Erwartungsspannung Gemüt - Beschwerden durch - Erregung - Gemütes; des Gemüt - Beschwerden durch - Enttäuschung Es sind richtige Eigenbrötler, die aber die Bezugsperson in ihrer Nähe brauchen. Gemüt - Gesellschaft - Verlangen nach - amel. in Gesellschaft Gemüt - Gesellschaft - Verlangen nach - allein; agg. wenn Gemüt - Furcht – allein zu sein Neben der Furcht allein zu sein, haben sie auch Angst im Dunkeln und bleiben dort immer nah bei den Besitzern. In der Humanhomöopathie haben Kalium carbonicum Typen ihr Leben auf allen Ebenen unter Kontrolle. Bei den Tieren und gerade auch bei den älteren Tieren kann man eine solche Routine erkennen. Sie wollen ihr Fressen zu festen Zeiten, drängen zur gewohnten Zeit zum Gassi gehen und bewegen sich zu anderen Zeiten nicht vom bequemen Sofa. Vithoulkas sagt zu Kalium carbonicum: Alle Gemütsregungen werden unterdrückt, wodurch der Lebenskraft ein Ventil genommen wird. Die Destruktivität schlägt sich dann auf körperlicher Ebene nieder, bevorzugt an den lebenswichtigen Organen. Herz, Lunge, aber auch Deformationen der Knochen und Gelenke. 6.4.5 Allgemeinsymptome Nach einer Erkrankung erholen sich die Tiere nur sehr langsam, die Lebenskraft kommt nur allmählich wieder. Es sind fröstelige Tiere, Kälte und jeder Luftzug verschlimmert die Beschwerden, in der kalten Jahreszeit bleiben sie lieber im Haus. Die Tiere erkälten sich leicht und jeder Wetterumschwung macht ihnen Beschwerden. Allgemeines - Wetter - kaltes Wetter - trocken kaltes - agg. Allgemeines - Wärme - Luft, warme - amel. Allgemeines - Wärme - Erwärmung, Warmwerden - amel. Allgemeines - Luft - Zugluft - agg. Allgemeines - Luft - Freien, im - Verlangen nach Aufenthalt im - Zugluft agg.; aber Allgemeines - Luft - Freien, im - Abneigung gegen Aufenthalt im Freien Allgemeines - Luft - Freien, im - agg. Allgemeines - Kälte - Luft, kalte - agg. Allgemeines - Kälte - Erkältungsneigung Allgemeines - Kälte - Abkühlung, Kaltwerden; bei Allgemeines - Jahreszeiten - Winter, im - agg. Allgemeines - Hitze - Lebenswärme, Mangel an Alle Absonderungen sind reichlich und scharf. Die Beschwerden treten häufig nachts zwischen 2 Uhr und 3 Uhr auf. Sie haben eine Schwäche für Süßigkeiten. Wie schon bei der allgemeinen Mittelwirkung erwähnt wurde, neigt Kalium carbonicum zu Ödemen, Ödeme der Oberlider beispielsweise. Die Tiere sind immer anämisch. Wärme und Bewegung bessern alle Beschwerden. Diese bringen die Zirkulation in Gang. Während der Läufigkeit, Rosse oder Brunst wirken die Tiere unruhig und gereizt. Viele Symptome verschlechtern sich vor oder während dieser Zeit. Gemüt - Ruhelosigkeit - Menses - während Gemüt - Ruhelosigkeit - Menses - vor Gemüt - Ruhelosigkeit - Hunger, mit Gemüt - Reizbarkeit, Gereiztheit - Menses - während Gemüt - Reizbarkeit, Gereiztheit - Menses - vor Allgemeines - Menses - während - agg. - Beginn der; zu Allgemeines - Menses - während - agg. Allgemeines - Menses - während Die Schmerzen sind sehr heftig, keine andere Arznei der Materia medica hat stärkere stechende Schmerzen. Bei Kalium carbonicum kommt noch hinzu, daß die Schmerzen ständig den Ort wechseln. Mal hier mal da, ständig lahmt das Tier an einem anderen Bein. Es kann auch zu kreuzweisen Schmerzverschiebungen kommen. Allgemeines - Berührung - agg. - Füße, der Allgemeines - Berührung - agg. Allgemeines - Anämie Allgemeines - Alter - alte Menschen Allgemeines - Nachts - Mitternacht - nach - 3 h Allgemeines - Nachts - Mitternacht - nach - 2 h - 2 - 4 h 6.4.6 Lokalsymptome Auch bei den Lokalsymptomen zieht die allgemeine Muskelschwäche wie ein roter Faden über die Symptome hinweg. 6.4.6.1 Augen Auge - Schwellung - Lider - ödematös Auge - Schwellung - Lider - Oberlider Auge - Schwellung - Lider - unter den Lidern Gesicht - Ausdruck – leidend Gesicht - Schwellung - Augen - um die Gesicht - Schwellung - Augen - unter den 6.4.6.2 Magen Bei Kalium carbonicum ist der Magen empfindlich und aufgetrieben. Die Tiere fressen kleine Mengen auf einmal und verweigern das Fressen, wenn es ihnen schlecht geht. Ist ein anderes Tier im Haushalt, so überwiegt der Futterneid. Sie fressen gerne süße und saure Dinge. Man findet Übelkeit mit und ohne Erbrechen und auch Übelkeit mit Gähnen. 6.4.6.3 Abdomen Egal welches Futter nun eingesetzt wird, das Tier, besser gesagt die Besitzer, leiden unter den folgenden Blähungen. Das Abdomen ist aufgetrieben und gespannt. Kalium carbonicum hat sowohl Durchfall, als auch Verstopfung. Chronischer Durchfall, der nur tagsüber oder während der Zeit der Läufigkeit in Erscheinung tritt. Statt der Diarrhoe können die Tiere aber auch unter Verstopfung während und nach der Läufigkeit leiden oder eine Verstopfung wechselt mit Diarrhoe. Beim Gassigehen braucht das Tier lange bis zum Kotabsatz. Hämorrhoiden können auftreten. 6.4.6.4 Harnwege Auch beim Urinabsatz findet man wieder die Schwäche. Die Tiere haben einen starken Harndrang, aber der Urin fließt nur langsam und spärlich. 6.4.6.5 Weibliche Genitalie Die Läufigkeit ist verspätet, reichlich und wundmachend. Dadurch auch häufig Rötung und Hautausschläge an der Vulva. Die Tiere sind unruhiger oder reizbar, es können gastrische Beschwerden zusätzlich auftreten. Dabei ist sowohl Durchfall, als auch Verstopfung möglich. Bei den Trächtigkeiten kann es zu Frühabort oder habituellem Abort kommen. Die Gebärmutter scheint zu schwach, um die Frucht auszutragen. Auch in der Geburt ist Kalium carbonicum eine wichtige Arznei. Die Wehen sind schwach und ungenügend. Nach der Geburt treten unter Umständen Blutungen auf, durch eine Atonie der Blutgefäße und der Uterusmuskulatur. Weibliche Genitalien - Menses - spät, zu - reichlich, und Weibliche Genitalien - Menses - spät, zu - Pubertät, in der Weibliche Genitalien - Menses - scharf, wundfressend Weibliche Genitalien - Menses - lange sich hinziehend Weibliche Genitalien - Jucken - Menses - während Weibliche Genitalien - Hautausschläge - Menses - während Weibliche Genitalien - Atonie des Uterus Weibliche Genitalien - Abort - Neigung zu Abort Weibliche Genitalien - Abort - Beschwerden durch Weibliche Genitalien - Schwangerschaft - nach der; Beschwerden Weibliche Genitalien - Schwangerschaft - während der; Beschwerden Weibliche Genitalien - Placenta - retiniert Weibliche Genitalien - Metrorrhagie - Placenta - retinierte, durch Weibliche Genitalien - Metrorrhagie - Entbindung - während und danach Weibliche Genitalien - Entbindung - nach; Beschwerden Weibliche Genitalien - Entbindung - während; Beschwerden 6.4.6.6 Herz Die Herztöne sind schwach, unregelmäßig, die Pulsfrequenz reduziert. Die Muskelschwäche kann sich bis zum drohenden Herzversagen steigern. Peri- oder Endokarditis gehören zum Arzneimittelbild. 6.4.6.7 Atmung Die Tiere leiden unter cardialer Dyspnoe, sie sind kurzatmig und haben keinerlei Ausdauer. Die Atmung ist oberflächlich. Vor allem morgens kann Husten auftreten mit schleimigem Auswurf. Auch bei asthmatischer Atmung ist Kalium carbonicum angezeigt, wenn die Atmung sich durch Bewegung verschlechtert. Der Husten ist sehr schmerzhaft. Lungenentzündung bei Jungtieren ist ein Einsatzgebiet von Kalium carbonicum, wenn die übrige Symptomatik passt. 6.4.6.8 Bewegungsapparat und Rücken Zum Arzneimittelbild gehört auch eine Muskelschwäche des Rückens und der Extremitäten. Die Tiere sind in ihrer Beweglichkeit reduziert und zeigen häufig ein Wegknicken der Hüfte oder der Extremitäten. Es können Krämpfe auftreten, starke Schmerzen in Ruhe und zu Beginn der Bewegung. Später kommt es dann zu Ausfallserscheinungen und Lähmungen. Die Knochen und Gelenke sind im Zuge der Pathologie deformiert. Die Überempfindlichkeit der Fußsohlen auf Berührung. Alle Beschwerden wirken sich auf den Rücken aus. Der Rücken ist schwach, wie zerbrochen, wird das Gefühl der Humanpatienten beschrieben. Die Schmerzen bessern sich bei Bewegung oder bei Druck. Jede Region des Rückens kann betroffen sein. 6.5 Zusammenfassung 6.5.1 Kaliumsalze Alle Kaliumsalze, nicht nur Kali-c zeigen in ihrem Arzneimittelbild als wesentliches Symptom eine Schwäche auf allen Ebenen. Diese Schwäche ist bei Kalium carbonicum von allen Kali – Salzen am stärksten ausgeprägt. Sie sind fröstelig, haben einen Mangel an Lebenswärme. Die Beschwerden verschlimmern sich durch Berührung und in der Nacht nach Mitternacht, wobei jedes Salz seine eigene Verschlimmerungsstunden hat. Alle Kali – Salze sind von kräftiger Statur. Nach Farringthon ist die Trias Schwäche- Schweiß- Rückenschmerzen ein fast sicherer Hinweis auf Kalium carbonicum. 6.5.2 DD: Arnica montana 7 Literaturliste oerike, William: Homöopathische Mittel und ihre Wirkungen; Materia Medica; Leer; 1986; 3. Auflage Lathoud, Joseph Amédée: Materia Medica; Band 1-3; Berg am Starnberger See; 1986; 1. Auflage Mezger, Julius: Gesichtete homöopathische Arzneimittellehre; Saulgau; 1950; Phatak, S. R.: Homöopathische Arzneimittellehre; Göttingen; 1999; Seyfried, Anne-Lore: Praxisfälle Anne-Lore Seyfried, Überlingen Oktober 2012